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J
(l HORATIUS FLACCUS.
i>nL'C!T/''ij'n
MIT VOEZLTGSWKI^SEK KrOKSICHT
AUP DIE UNECHTEN STELLEN UND GEDICHTE
H E U A U S Ü E G E B E N
vii:.
K. LEHKS.
iitorr.ssnii IX K«»Mfis«r:no.
StreLuu 110» exorcet incitia
Ilnr. Epirt. I, II, 18.
LEIPZIG,
F. C. W. VOGEL.
^r.^96-
'/
V Vn.t A^ '
A
MEINEN FREUNDEN .
RUDOLPH SKRZECZKA
UND
C. F. WILHELM MÜLLER
ZUGEEIGNET.
VORREDE.
Und ist es oinUieh dir geluwgon,
Und bist du vom Gefühl durchdrungen,
Was fi*uchtl>ar ist allein ist wahr:
Du prüfst das allgemeine Walten:
Es wird nach seiner Weise schalten:
Ges«'lle dich der kleinsten Schaar.
üass der gesunde Meusehenverstand sieh zu richten habe
nacli der Ueberlieferung, nicht die Ueberlieferung ihr Urtheil
zu erwarten habe «aus dem gesunden Menschenverstände, nach
dieser Norm ist zwar von Jeher in der Kritik in ziemlicher
Breite gehandelt worden, und breiter wol nirgend, aus
alter lieber Gewohnheit und pädagogischer Herzensangst,
als im Horaz. Dass aber solche menschliche Schwachheit
formulirt wird als die rechte Weisheit, das geschah wol
erst in neuerer Zeit. Die Erscheinungen, welche daraus
her\'orgingen , konnten nicht anders sich gestalten als er-
heiternd. Und so sind sie denn auch, jene^Kleinbürger der
Ueberlieferung, wenn sie ihre trockene Ueberlieferung mit
der vornehm gemachten Etikette ^Methode' (denn Schema-
tismus ist es ja oder Schablone) unter grossem Wichtigthun,
auch wol, wenn's trifft, unter charlatanischem Ausruf als
Universalmittel von Hand zu Hand vertreiben. Und in der
VI VORREDE.
Gebrauchsanweisung liest man unterstrichen 'objective Kritik'.
Die es nicht giebt. Jede Kritik, sobald sie über das Hand-
werk hinausgeht, sobald sie ihren rechtmässigen Ehrennamen
desUrtheilens verdient, ist natürlich subjectiv. Ein gescheites
Subject macht gescheite Kritik — was nicht dasselbe ist
mit irrthumsloser — , und umgekehrt. Und ein jedes Pro-
blem verlangt seine eigene Lösung: für jeden einzelnen Fall
ist der Weg zu finden, zu ahnen, der zum Ziele führt, die
Richtung, in der er liegen möcht«, die Mittel, welche durch
Berg und Wald die ihn verdecken hindurchführen. Sich
fort und fort innerhalb der Berge nach rechts und links
herumdrehen, als gäbe es da hinten nichts weiter, während
das Ziel und die Aussicht draussen liegt, wie fruchtbar und
unterhaltend das ist, kann man in den Horazausgaben lernen.
Unangenehm ist es freilich, dass man zu dem würdigen Per-
gamen das Beste erst selbst mitbringen soll : aber es ist nicht
anders: sogar den Geschmack. Auf den sie unter dem
Namen der ästhetischen Gründe — nun es muss ausgedrückt
werden wie ' es sich giebt — eine ganz besondere Pique
haben. Das wäre! Ein jeder Kunstkenner und Kunstkri-
tiker thut's: der Gemäldebeurthdler, der Archäolog: und
wir, denen die edle Aufgabe geworden, die Kunstwerke des
menschlichen Worts zu deuten und einzureihen, wir sollten
mit dem Armuthszeugniss vor ein Publicum treten, das Schil-
ler und Goethe hinter sich hat, und uns bei Kunstwerken
das Kriterium des Geschmacks versagen!
Die bisher geschilderte Erscheinung, welche augenblick-
lich nicht unberührt bleiben konnte, wird in dieser Art, als
grundsätzliche, sich bald verziehen. Sie ist ein künstliches
Product. Demohngeachtet wird das Widerstreben aus den
bekannten natürlichen Neigungen und Abneigungen der Men-
VORREDE. VII
sehen auch im Horaz fortdauern. Aber es bewegt sich doch,
und wird fortfahren sich zu bewegen.
'Accidit etiam litteratis hominibus ut ea quibus a puerili
aetate adsueverunt omni errorrs suspicione exclusa pro veris
habeant. Insigne exemplum praebent carmina Horatii, quae
omni tempore lectitata explicamuii, laudamus, admiramur
tanta credulitate, ut etiam ad claram lucem eaecutiamus.
coepit tamen soporem istum excutere vir acuti iudicii, P.
HoAnan Peerlkamp, quamquam ille mea sententia nunc Ion-
gius quam par erat, nunc non eo usque quo oportebat pro-
gressus.^ Was diese Worte Gottfried Hermann's enthalten
(de primo carmine Horatii), dass wir auf der Grundlage des
Peerlkampschen Gedankens eine neue Ausgabe brauchen^
ist bisher nicht in Erfüllung gegangen. Wie viel weiter
würden wir aber sein, wenn an MeinekC; dessen kurzem
Kommentar wir auch in dieser Richtung nicht weniges ver-
danken, die Forderung einer neuen Ausgabe herangetreten
wäre. Wie sehr hätte ich darauf gehoflft! Dass ich mich
bestimmt sehe zu einer solchen Ausgabe des Horaz, in der,
wenn auch nicht mehr allein, doch immer ganz besonders
die Oden ins Auge zu fassen sind, da wiederholt sich mir die
Erfahrung, welche ich schon einmal in einer Vorrede auszu-
sprechen hatte, dass wir zu unsern Büchern durch Schicksal
kommen. Denn wie sehr mein Herz und Sinn von jeher an
den Satiren und Episteln hing, so wenig habe ich eine
gleiche Stellung gegen die Oden gewinnen können. Zu wel-
chen Horaz ja auch gar nicht aus zwingender Anlage, son-
dern durch Umstände kam. Es wäre ja auch schlimm, wenn
wir von einem ganzen Strom herrlichster Lyrik umgeben,
ausheimischer und einheimischer, nicht Urtheil und Empfin-
dung für wahre LjTik berichtigt hätten I Aber Horaz ist doch
immer Horaz, den wir hinreichend zu beurtheilen die Mittel
VIII VORREDE.
Iiaheu und dem wir auch in den Oden noch cinipres absp
cheu müssen, was hinausgeht über dasjenige, was allerdü
der grosseste Theil unserer Athetesen triflft, das Unsinni
und Absurde, das Läppische • und Blödsinnige. Ich bin
der Erkenntniss der Sachlage nicht von den Oden herj
kommen, sondern von eigigcn Episteln, die ich in ihrer .
tzigen Gestalt durchaus nicht verstehen konnte, die ich
früheren Jahren, da ich Episteln erklärte, jedesmal üIm
schlug, weil ich mir nicht zu helfen wusste, bis ich dei
endlich einmal mich angeregt fand in solcher Trägheit nie
zu verharren.
So ging ich denn auch als ich zuerst, was im Jah
1863 geschah, uflFentlich über Horaz sprach, von den Ej
stein aus. Einige Oden berührt« ich auch damals sclia.
manche andere 1864 und 1867. In den Satiren sind mc
ner Ueberzeugung nach nur einige wenige interpolirte Ver»
in den Epoden einer.
Die Au(^abe, welche ich mir allein gestellt habe, ist di
Untersuchung über den Bestand des horazischen Text«
Sie ist die erste und ist, darauf muss ich hier wie in alle
ähnlichen Fällen bestehen, unabliängig und muss unabhfti
gig gehalten werden, wenn man nicht der Unbefangenhei
des Blickes und der Empfindung Eintrag thun will, von eine
andern Aufgabe, welche die spätere ist, die Geschichte de
Textes. Gewiss eine anziehende Aufgabe und, wie schwierij
auch, jedenfalls des Versuches werth. Da sich diese Untei
suchung, was überall zu sehr vernachlässigt ist, hier voi
zugsweise auf diejenigen Schicksale zu richten haben wird
welchen die Texte in den allerfrühesten Stadien ihres Ein
tritts und ihrer Verbreitung in die Oeffentlichkeit nach dei
damaligen Umständen ausgesetzt sein konnten, so wird wo
auch hier die Ueberlieferung nicht das Beste geben, Bonden
VORREDE. IX
der Scharfblick und die Umsicht eines alles, was in Frage
kommen muss, erspähenden und verbindenden Geistes.
Ueber mein Vorgehen in Betreff der Echtheit und Unecht-
heit habe ich nichts weiter zu sagen. Nur über mein Ver-
halten in denjenigen Stellen, in denen ich meine dass nur
eine Entstellung, entstanden durch Verderbung eines oder
mehrerer Worte, vorliege. Es sind an dem Horaz doch meh-
rere Männer von dem bedeutendsten Conjecturtalent be-
schäftigt gewesen. Sie sind vielfach gescheitert und sie haben
gemeint sich wider ihr sonstiges Genie behelfen zu müssen.
Und nach mehreren hat ein Mann wie Meineke, dem ja
auch in diesem Punkt jedermann das Höchste zutraut, sieh
an einer ganzen Zahl von Stellen veranlasst gefunden, durch
ein Zeichen zu erkennen zu geben, dass er die Stelle für
verdorben halten müsse, eine Conjectur aber nicht zu finden
wisse. Diese Vorgänge schienen mir hinreichende Berech-
tigung zu dem Glauben zu gewähren, dass überhaupt mit
einer Herstellung aus Buchstabenverderbung noch viel öfter
nicht durchzukommen sei als man bisher %ich dazu ent-
schlossen: dass der Fall viel öfter vorliege, dass die Ver-
derbung durch verlorea gegangene und schlecht ausgefüllte
Worte, ja mitunter Zeilen, entstanden sei. Hienach bin ich
mit Entschiedenheit verfahren.
Mit Ribbeck freue ich mich darin in Uebereinstimmung
mich zu finden, dass wir beide den schönen Bentleyschen Les-
arten, die in den Winkel gestellt waren, ihren gebührenden
Platz gegeben. Wirklich ist es zu verwundem, wie viele
der gewöhnlichen Horazherausgeber mit ihm umgehen als
treibe er Spielereien dieser Mann mit dem göttlichen Dä-
monium, dem aus seinem Haupte die bewaffneten Gedanken
entsprangen, wie Minerva dem Jupiter.
X VORREDE.
Die interpolirten Strophen und Verse sind eingerückt,
Lücken durch Punkte angezeigt. Gedichte, die einer grossem
Umgestaltung bedürftig erschienen, sind zuerst in ihrer her-
kömmlichen Gestalt abgedruckt, hinterher in der veränderten
unter derselben Nummer, also z. B. etwa II, dann II''. Wenn
was nach gewöhnlicher Ansicht ein Gedicht ist uns in zwei
zu trennen schien, 'ist dies bezeichnet durch z. B. Vr, VP.
Nur bei denjenigen Lesarten des Textes, welche gar keiner
Ueberlieferung entsprechen, ist die üeberlieferung darunter
angegeben und der Urheber der aufgenommenen Textesworte.
Wobei B Bentley und M Meineke bedeutet. Wo kein Name
steht rühren sie von mir her: so weit ich weiss. Etwaiges
Nichtwissen — nattlrlich stelle ich hiemit jedem Berechtig-
ten sein Eigenthum zurück — zu entschuldigen habe ich
wol nicht. Wenigstens um eine Verpflichtung anzuerkennen,
von der Horazlitteratur, der ganzen oder der meisten, Kennt-
niss zu nehmen, dazu gehören jedenfalls ganz andere An-
sichten über die Aufgaben des Lebens als ich sie nun ein-
mal habe. Ich* habe mir ein heiteres Sprüchlein von Goethe
über die Deutschen Zeitschriften schon längst auf meinen
Fall übertragen:
Wer hätte auf alle Horatiana Acht,
Morgens, Mittag, Abend und Mittemacht,
Der war* um alle seine Zeit gebracht.
Hätte weder Stunde noch Tag noch Nacht,
Und war' ums ganze Jahr gebracht :
Das hätt' ich ihm gar sehr verdacht!
Die VcTschleifung bei Horaz.*)
1. Bei Behandlung der Horazisclien Verschleifungen
darf man, und es wird zweckmiiszig und übersichtlich sein
dies zu thun, die Oden und Briefe einerseits zusammen be
handeln, abgesondert die Satiren. Ich will hier einiges über
die Horazischen Verschleifungen aufschreiben, und zwar wie
es für die Oden und die Briefe mit Einschlusz der ars pve-
lica geltend ist, deren SynalOphen ich tibersehe. Für die
zweite Silbe der Verschleifung darf man keine für unanstöszi-
ger gebrauclit ansprechen als et und est, jenes natürlich noch
viel häufiger als dieses erscheinend, und man darf sich ge-
faszt machen beide in manchen Fällen häufig oder auch
allein angewendet zu finden, wo andere Silben Bedenken
hätten. Dann folgen Präpositionen, einzeln oder in Zusam-
mensetzungen, nebst dem untrennbaren /// privativum. Dann
erst nominale und verbale Stämme, pronominale nebst Par-
tikelstämmen. Diese Unterscheidung der Stämme ist bei der
lateinischen Verschleifung sehr wichtig. Die fünfzehn Gedichte
z. B. des vierten Buches enthalten überhaupt 48 Verschlei-
fungen, wobei wir das Vindelici et A, 18 als vermuthlich
richtig mitzählen, das voltu et einiger 9, 43 als ganz und
gar unwahrscheinlich weglassen. Darunter sind nun auszer
\'S mit (jue et noch 6 andere mit et, also 19, mit est 5,
mit Präpositionen 16, mit nominalen und verbalen Stäm-
men (eingeschlossen 2 und zwar ausländische Propria, de-
nen, wie die Vergleichung der Beispiele an die Hand zu
*) Zuerst im Jabre 1S63 in Fleckeisens Jahrbüchern. Dortige Ver-
zdhlungen jetzt berichtigt mit Unterstützung von Julius Schultz, dessen
Schrift de prosodia satiricorum Romanorum capita duo, de muta cum
liquida et de synalocphe Regim. 1SG4 für die von mir nur m zweiter
Reihe herbeigezogeneu Satiren zur Ergänzung dient.
Lehr!» , Horatius. A
II VERSCHLEIFUNG.
geben scheint, das Ohr auch in diesem Falle gröszcre Frei-
heit gab) 8, und endlich ein rieque entm. Bei der Verteilung
der letzten Classen in die einzelnen Oden findet hin und
wieder Zufall statt. Bisweilen wieder eigentümliche Aus-
* gleichung. Auf einiges Jlitspielen des Zufiills musz man
überhaupt in diesem Bereich der lateinischen Wortverschlei-
fung gefaszt sein und starren Schematismus nicht erwarten :
z. B. wenn, um bei Horatius zu bleiben, in den Briefen hin
und wieder in 20— 30 Versen jede Synalöphe ausbleibt, wie
epist. 1 7, 33—54, I 16, 56-79, II 2, 35—63, II 1, 141 —
175. 226—244. 253—270, selbst in den Satiren doch wenig-
stens I 4, 44—56, II 5, 61 — 80 mit nur einer einzigen Syn-
alöphe tandem et in V. 68. Doch zurück zu jenem vierten
Buche der Oden. Das Phidanim quisqitfs — hat 60 Verse mit
4 Synalöphen , was ein ungemein geringes Verhältnis ist für
ein so langes Gedicht (worüber später). Wenn darunter drei
VerSchleifungen sind mit .Nominalstamm, so ist dies wieder
ein ganz ungewöhnlich hohes, ich glaube in keiner einzigen
Ode sonst erscheinendes Verhältnis. Aber freilich sind sie
in Art sehr gemildert: pugilemre equumve 18, moresque \
aureos 22, ego apis Matmae 27 (die vierte ist nigroque \ in-
videt 23). Wie viel weniger wiegen diese als z. B. in II 1
(Motiim ex Metello — )y vierzig Versen mit 7 Verschleifungen,
die drei hieher gehörigen: principum amicitias 4, plenmn opus
aleae 6, atrocem animum 24.
2. Ehe wir weitergehn, stehe hier noch etwas über die
schon erwähnte Verschleifung que et Ganz herA'orstechend
ist dieselbe im vierten Buche der Oden : unter den fünfzehn
• Gedichten dieses Buches sind mehrere, wo das que et be-
sonders beliebt ist. Die erste Ode (40 Verse) enthält drei
Synalöphen: XZnamque etnobil/s, 22 h/raeque et Beren/fitiae,
dann noch 35 decoro \ inter—. In der fünften Ode (40 Verse)
zwei: 13 ominibusque et predbus. 22 macuhsum edomuit.
In der neunten V. 7 Ceaeque et Alcaei, und ausserdem in
dem 52 Verse haltenden Gedicht ante Agamemnona 25 und
das ganz zweifelhaft« vultu et 43. In dem dreizehnten Ge-
dicht (28 Verse) drei Synalöphen: 4 ludisqne et bib/x, 21 no-
VER8CHLE1FÜN0. III
taque et artium : dann 28 diiapsam in cinerem. Ferner das
vierzehnte enthält 52 Verse mit 6 Verschleifungen , davon 4
in que et: 24 mittere. equnm, 33 consilium ety 31 prhnosque
et eurfremos, 39 Imidemque et optntum, 42 Medusque et InduSy
46 Xiiusque et Jxter. Das fünfzehnte (32 Verse) V. 10 rectum
eragantt\ \A famnque et impert, 25 nosque et profest is, 31
Troiamqite et Anchisen,
So steht in den Oden des vierten Buchs dieses que et
dreizehnmal, wahrend es in den drei ersten Büchern höch-
stens siebenmal vorkommt, zweimal im dritten: 6, 35 P//r-
rhumque et ingentem und 21, 18 riresque et addh^ im zweiten
Buche gar nicht, im ersten Buche zweimal echt: 32, 9 TV
Hfremque et illiy 35, 10 gentesque et Latiumy und zweimal
vermutlich unecht in dem Pastor cum traheret — (15)
nemlich V. 12 currusque et rabiem und V. 18 strepitumque
et re/erem.*) Noch sei bemerkt dasz im carmen saeadare
(76 Verse) von sieben Synalöi)hen zwei sind mit que et:
V. 11 aliusque et identy 47 remque prolemque \ et decus — .
Man wird sagen dürfen dasz in den Jahren, in denen
die Oden des vierten Buches entstanden, Horatius zu der
Anwendung von que et eine grossere Neigung hatte. Und
wer bemerkt dasz dieses que et auszerdem auffallend häufig
ist in der (n*s poet/ca, aber nur in der erstem kleinem Hälfte
bis V. 214, wird l)eiläufig es vielleicht nicht unwahrschein-
lich finden, dasz an dieser Partie der ars. p. Horatius in den-
selben Jahren arbeitete. Vielleicht hieng jenes wenigstens
für das vierte Buch der Oden zusammen mit der in demsel-
ben noch etwas gesteigerten und noch ausnahmsloser liefolg-
ten Neigung — so wird man sich etwa ausdrücken können
*) Darunter ein regumquc dnatntque et tristia hella, was doch
Schwerlich ein etwas feinerer Mund wenigstens hören liesz regumrjue du-
cHmquett und mehrere Beispiele, wo durch solche Annahme Verse ohne
Caesur entstehen. Denn es scheint in der That noch nicht ganz über-
riüssig immer wieder einmal daran zu erinnern dasz man durch den —
endlich ganz abzuschaffenden — Namen E 1 i s i o n sich nicht die Vorstel-
lung über die Sache verwirren lasse. Ov, Amor, I, 6, 57 aut e<jo tarn
fcrroque ignique paratior ipse. Und mit Interpunction : VergUio Ffl-
rioque? ego cur acquirere pauca —
A 2
IV VERSCHLEIFIXÜ.
ohne zu wenig oder zu viel zu sagen — zur Anwendun
einer niilszigeu Zahl und zur Anwendung namentlich auc
der milderen Versehleifungen. Und que et ist wol von alle
die mildeste: das giif" selbst unter denen mit kurz e in c
ster Silbe besonders leicht und oft zugelassen: und o
von dem vorher und spüter.
3. Nach diesen Vorbemerkungen will ich nun aber wa
ich über die Versehleifungen bei Horatius zu sagen gedenk
go darstellen, dasz ich sein längstes Gedicht, äiG ars poeiici
zugrunde lege, welches sich in seinen maszvoU gehaltene
Versehleifungen sehr geeignet erweist von ihm auszugehei
.1. Also zuerst ein Wort über die Anzahl. Die 47G Vers
enthalten 100 Synaluphen, also nahezu auf 5 Verse c^iu€
Die ars p. tritt hiermit ganz wohl in die Rcilic der übrigei
groszen Episteln, ja auch groszen und gröszem Oden. Voi
den übrigen 22 Episteln geben die acht nächst gruszten fol
gonde Verhaltniszahlen der Versehleifungen, wo})ei wir durcl
einen oben angesetzten Strich die Zahl mit 'einem Bruch aus
drücken wollen.
I 2 (71 Verse) 6' (das heiszt also auf je 6' Verse
*ino Verschloifung). I 16 (73 V.) 6'. II 2 (216 V.) G. 1
7 (98 V.) 5'- 118 (lll V.) o. II 1 (270 V.) 5'. I l
(107 V.) 4'. 16 (68 V.) 4'. Nun treten aber dieselben Zah-
len ganz überwiegend in den groszen und gruszern Oden,
lu^hon von etwa 40 Versen an, der ersten drei Bücher auf. Weuu
man eine Dehnbarkeit innerhalb eines Bereiches wie der obigen
/«ahlou ganz natürlich finden wird, so wird man sich auch
wioht wundern, wenn in einem achtzigzeiligen oder vierund-
«Oi^h]ügzoiligon Gedicht (III \ Descende cnelo — 29 Tjfrrhona
rr^um— ) die genaue Zählung nur 3' ergibt, übrigens mit
«iomUohor Annäherung zu 4. — Diese Zahlen sind keine zu-
fiiUi^nu SJo drücken den Maszstab für Ohr und Empfindung
d\Vi Uomtiu8 aus, den er für die gröszem Gedichte nicht
wwr duldolo. «ondern für angemessen hielt. Für die gröszem—
»^^i 0* d«*i ihm erschien, ein lang fortgehendes Gedicht rö-
nuHohou Mundes ohne alle oder nahezu ohne alle Verschlei-
ftu\s maoho den Eindruck der Affeetation, sei es dasz er für
VERSCHLEIFÜNG. V
den Ernst und das Gewicht des Inhalts, wie er den langem
Gedichten doch wol meistentheils eigen sein wird, den glat-
ten Schliff nicht angemessen fand, der einem kleinem ear-
men amabile anstand oder einer Studie. Dennoch auch un-
ter den Oden kleinem Umfangs erscheinen jene Zahlen no(jh
häufig genug, ja er hat in einigen, wiewol wenigen, eine
noch gröszere Anzahl Verschleifungen zugelassen, z. B. so
dasz die Verhältniszahl ist 2' und einmal, wie wir sehen
werden, T.*) Allein nun gibt es eine ganze Anzahl Oden,
welche nach einer andern Richtung hin gearbeitet sind; ja
es gibt eine Zahl Oden von 16, 20, 30 Versen teils ohne
alle Verschleifung, teils mit 6iner oder zwei und bisweilen
ganz milden Verschleifungen. Ohne Verschleifung I 4 Sol-
ri(f/r acris hiems — , 5 Quis muita graciUs — , 14 0 navis refe-
rent. Mit 6iner sehe man I 8 Lydia die — , 9 Vides ut aita
— , 13 Cum tu Lydia Telephi — , 18 Nullam Vure sacra
— , sehr interessant in Beziehung auf die Verschleifung zu
vergleichen mit CatuUus c. 30. Auch die beiden andern in
diesem Metmm bei Horatius von 8 Zeilen haben das eine
111 gar keine, das andere IV 10 6ine Verschleifung (LJgU'
rinp in). Ferner 25 Parcius iunctas — , 3 1 Quid, dedicatum —
(aurum aut V. 6), 37 Nunc est bihendum — (ausa et V. 25),
II 8 Vlla si iuris — , 10 Rectius vives — (nur tieque altum V.
1), III 10 Extremum Tanain — , 19 Quantum distet ab Inacho
— , IV 7 Diffugere nives — (blosz ein neque enim V. 25).
Mit zwei Verschleifungen II 5 (1 — 16) Nondum subacta — ,
14 Eheu fugaces — . Wenn bei groszen Oden die Verschlei-
fungen gegen die vorhin angegebenen Normen auffallend ge-
ring werden, wie im vierten Buche in Pindarum quisquis --
♦) Das 0 nala mecum — , nicht unversehrt und also schwer zu beur-
teilen, wird unter allen Umständen wol keine höhere Ziflfer aufzuweisen
haben als 2'; dies thun auch die freilich auch nicht sicher zu beurteilenden
Dianam tencrae — I 21 und Parcus deorum — 134. Sicher ist Exegi
moiiumentum — , wovon sogleich. — II 3 Aequam memenlo — 3'. —
In der im Text zunächst folgenden Aufzählung sind ein paar Gedichte
mit aufgezählt, die nicht völlig in Ordnung sind, solche jedoch die wahr-
scheinlich in dem Punkte, worauf es uns ankommt^ nicht wesentlich
anders waren.
VI VERSCHLEIFÜNG.
60 Verse — 15, in Qualew minist rum — 70 Verse — 12', n
Erwägung namentlich auch ihres Inhalts, ebenso IV 5 Dh
orte bonis — mit zwei und IV 6 Dive quem protes — n
nur iiner Verschleifung auf 40 Verse — und was jetzt a
Carmen saeculare vorliegt enthält auf 76 Verse 7 Verschic
fungen, darunter 5 mit f/ue und est — dann also darf ma
sich die Frage vorlegen, ob Horatius damit einen Fortschri
, gemacht oder ob er nachgegeben einer Verzärtelung dt
Zeit und des Ohrs, die übrigens, wie wir uns zu erii
nem nicht unterlassen wollen, auch bei den griechische
Alexandrinern in die Versbildung eindrang. Sollten jen
Oden damit gewonnen haben? Wenn er ganz im Gegenthei
in einer Ode kleinen Umfangs begann:
Exogi moDumentum aerc pereiinius
regaliquc situ pyraiuidum altius,
quod non imber cdax, non aquilo iopoteus
possit diruere aut innumerabilis
und in jedem Verse dieser Anfangsstrophe eine Verschlei-
fung zuliesz, nicht einmal ganz milde, und dieses ganz gewis
seinem Bewustsein oder seiner Empfindung nicht unbemerkt
blieb, wenn er hier jene glatte Politur nicht zuliesz oder nicht
. erstrebte, angemessen dem kräftigen und römisch be wüsten
Inhalt, so mochte man dies lobenswerther finden. So hat das
Gedichtchen auf seine 16 Verse 7 Verschleifungen erhalten.
Auch werde ich ihm wol nichts unrichtiges unterlegen,
wenn ich bemerke, wie in dem Donvc gratus eram tibi — ,
welches auf seine 24 Verse 6 Verschleifungen hat, fünf da-
von sich zusammendrängen in die letzten 6 Verse:
si flava cxcutitur Cliloc
reiectaeque patct ianua Lydiae?
quamquam siderc pulcrior
ille est. tu levior cortice et inprobo
iracundior Hadria,
tecum viverc amem, tccum obeam libens.
d. h. von da an wo das Gedicht leidenschaftlich wird. Viel-
leicht darf man etwas ähnliches anwenden auf II 7 0 saepe
mecum — , vielleicht auch auf IV 3 Quem tu Melpomenesemei
— . Doch möchte ich das hier so sicher nicht sagen — denn
VEK8CHLE1FÜNG. VU
man darf nickt vergessen; man soll es vielmehr durch Be-
obachtung wissen, wie sehr auch Zufälle spielen — als in
jenem so bestimmt gegliederten und mit unverkennbarer
Liebe ausgearbeiteten Donec gratus ei^am tibi — . Freilich
nahm er gewis als Verschleifungen nicht die ersten besten
sich darbietenden; aber dergleichen ganz aufzugeben für
eine gleichmässige Glätte mochte nicht als das weisere
erscheinen, und, wenn man etwa an Aequam meniento — 3'
— schon Anstosz zu nehmen begann, als Verwöhnung. Nun
wieder im Gegenteil ist es gewis kein Zufall, wenn das
sechzehnte Gedicht in den Epoden Altera iam teritur —
mit wechselnden Hexametern und ganz reinen lamben
in den 33 Hexametern nicht eine einzige Verschleifung
hat, und auch in den lamben nur fünf Verschleifungen zu-
gelassen sind, deren drei in (jue. Dies jedoch wie epod,
13 scheint sich als metrisches Schaustück darzustellen,
wie auch die Spondiaci zeigen 7 (V. 17. 29j, welche dem
Horatius da, wo er sich selbst schreibt, so fremdartig sind
und hier gar gebildet in jener gezierten Art mit griechischen
Wörtern und dem berüchtigt gewordenen Apenninus. (S. den
Anhang über die versus spondiaci.) Und ich meinesteils
würde dies besser verstehen als warum eine Ode von dem
Ton des Nunc est bibenduni — in ihren wenn auch nur 32
Zeilen keine andere Verschleifung hat als ein ausa et (V.
25), und ähnlich einige andere der oben genannten, welche
nicht in die Classe griechischer Studien oder Spielereien fal-
leu, wenn nicht auch hier Horatius gerade römisch politischen
Inhalt venvendet hätte. Bei einem Gedicht wie dieser IG.
E])ode also mag es doch leicht geschehen sein dasz es man-
chem noch gar nicht altvaterischen, aber vaterländischen Sinn
widerstand, dasz es manchen bedünkte der altrömische Most
sei für solche neumodische Schläuche nicht, manchen auch
von denjenigen, die gar nicht an allen Freiheiten des Luci-
lius in versu facienda ein für allemal festzuhalten ge-
dachten und solche schalkhafte Erinnerung an seine Un-
ebenheiten verstanden und beifällig lasen. Und 'das Ge-
dicht ist nicht um des Inhalts willen gemacht' — der Ein-
VIII VERSCHLEIFUNG.
druck verbleibt doch; und wenn das einem Nullam Va
Sacra — gar nichts schadet, so kann es verdrieszen bei <
nem sich romisch und innerlich anstellenden Inhalt. U
weiter auf die Verschleifungen insbesondere zu kommen , i
verfuhr Horatius ein andermal bei einem nur auf die For
gearbeiteten Gedicht ganz anders, als er nemlich das Mist
rarum est componierte, das gar keinen andern Zweck un
Ursprung haben kann als die Form, imd bei dem er gan
genau ge^vust haben musz was er that, das er ganz zu se:
ner Zufriedenheit in der Form machen muste oder gar nich'
Dieses kleine Gedicht nun hat auf seine zwölf Verse siebei
Verschleifungen. Diese klangen ihm doch also auch gut
natürlich diese wie 6r sie machte und wie der Nationalmun(
eines gebildeten Römers sie sprach. Was sollen wir alsc
sagen ? Horatius hatte die Ueberzeugung von einer Verban-
nung der römischen Verschleifungen in den griechischen
Dichtungsformen nicht, gewis die Ueberzeugung von der Not-
wendigkeit und Angemessenheit einer Regelung fllr die neuen
Formen und für die neue Zeit. Er dichtete nach zwei Rich-
tungen hin: als griechische Nachahmung, als Studie, als
Studie auch zur Schmeidigung der Sprache nach jener die
Verschiffung ausschlieszenden Richtung mit voller Berechti-
gung. Aber der Reiz der Glätte und Eleganz ward ihm ge-
fährlich, und hatte er schon in den Dichtungen älterer Zeit
ihm hin und wieder nachgegeben an bedenklicher SteHe, so
gab er diesem Reiz noch um ein mehreres nach, als er
nach einer Reihe dazwischen liegender Jahre in dieses
Gebiet noch einmal wider seinen Willen einkehren muste
und die sonstigen Reize, welche ihn zu dieser Gattung
gezogen, hinter ihm lagen. Und es lag in der römi-
schen Luft ein Keim , der jene Atmosphäre entwickelte —
auch in unserer Literatur wissen wir davon zu sagen — in wel-
cher alles von weichem Wohllaut träuft. Die römischen Muster-
verse dieser Richtung, die Persius aufgestellt, 1 , 93 sind be-
kannt: eine Verschleifung bieten sie auch nicht; die dem
Romantiker des Tiberius, dem Julius Montanus 'der auszer-
erdentlich gern Sonnenauf- und Untergänge anbrachte' ange-
X'ERSCHLEIFUNG. IX
hörigen Verse bei Seneca ep. 122 sind in derselben Form
geschmolzen. Auf die griechisch lyrischen Formen sind wol
die oben besprochenen Vorgänge des Horatius nicht ohne
Einflusz gewesen , wenn z. B. Statins ein Sapphisches
Gedicht flV 7) in 56 Versen mit zwei Verschleifungflü
bildete , ein Alcäisches in 60 Versen (IV 2) gleichfalls mit
zwei, dem gemäsz 135 Hendekasy Haben mit 5 Verschlei-
fangen (H 7), 190 mit 8 (IV 3), 55 mit 2 (IV 9),
sanfter, vielmehr fast sämtlichen sanftester Art, dasz eine
Schilderung eines reiszenden Wassers IV 3 , durch welche
an einer Stelle gehäufte Verschleifungen herbeigeführt sind,
so aussiebt: 76 et nunc Ute ego turbidus, 79 qui terras rapere
et rotare Silvas,
Von den Episteln haben wir auszer der ars p. die acht
nächst groszten besprochen. Es bleiben 14, deren längste
50 Verse hat (die diine Epistel 17 von 62 Versen ist ein
Wahn», die kürzeste 13. Ohne alle Verschleifung ist keine,
üebrigens wäre, was sie in Betreff der Anzahl der Ver-
schleifungen aufweisen, unter ihnen nicht weiter nach Um-
fang zu verteilen. Es bieten noch 5 die oben besprochenen
Verhältniszahlen 4 bis 6', drei sogar 3' und 2'. Aber 6 bie-
ten eine geringere Anzahl Verschleifungen, und es scheint
nicht zufällig, wenn die Epistel 3 an die jungen litterari-
schen Freunde auf 36 Verse nur zwei Verschleifungen hat,
oder die an Vinias, natürlich für Augustus beigelegte, auf
18 Verse ebenso zwei, oder das Si potes Arckiacis — auf
32 Verse 3, und zwar drei et. Die andern sind nach den Verhält-
niszahlen: 17 Quamvis Scaeva — 32 oder 33 V. die ich allein
fftr den echten Bestand halten kann — 10'. Und 10 Prisco
si credis — 49 V.— 9'. Und 10 Vrbis amatorem — 50 V.— 8'.
Es kommen Sonderbarkeiten vor. In 10 hören die Ver-
schleifungen bei V. 34 auf bis auf 6ine die nach 45 kommt.
Hingegen in 19 ist keine Verschleifung bis V. 38, in den übrig-
bleibenden 1 1 Versen 5, von denen freilich 4 et. Solche Zu-
fälligkeiten der Verteilung habe ich schon oben berührt.
Es können auch in der Zahl überhaupt Zufälle mitgespielt
haben: für Horatius möchte ich doch vielmehr sagen —
X VEKSCHLEIFUNO.
nach dem was die Durchmusterung bei ihm, ich sage
ihm, an die Hand zu geben scheint — eine Laune eini
etwas geputzter, gleichsam auf einem farbigen Briefbog
zu schreiben, die mir in keinem der obigen Beispiele um
giBmessen erscheinen würde.
Doch genug. Von diesem Versuch aus der Statistik d
Zahlen einen Sinn herauszulesen kann ich nicht fortgeh
ohne um Verzeihung zu bitten. Ganz vollzogen kann
niemals werden, da der Verschleifungen Beschaffenheit, d
man immer sogleich ins einzelne nicht wol verbinden kan
immer doch auch auf den Zahlenwerth influiert. Zu A
und Beschaffenheit der angewendeten Verschleifungen gehe
wir jetzt.
B, In jenen 476 Versen der (ws p. sind 32 , in dene
die zweite Silbe der Verschleifung gebildet ist durch et, 1
mit est (V. 99 esse), 25 mit einzelner oder Zusammengesetz
ter Präposition und in privativum, womit 73 von den hun
dert Verschleifungen , welche die ars p, überhaupt enthält
absorbiert sind.
Demnächst bemerken wir vier Beispiele mit einsilbigei
Partikel, nemlich aut (18. 105. 119. 443): dasz alle in dei
Stelle der Penthemimeres stehen ist Zufall.
Es bleiben die Fälle, wo die zweite Silbe Stamm eines
zwei- oder mehrsilbigen Wortes ist (auszer natürlich Prä-
position). Darunter zuerst 5 mit Pronomina, und zwar drei
(55. 272. 416) mit eyo, welches, wie man sich bei einiger
DichterlectUre leicht überzeugt, zu Verschleifungen in seinen
beiden Silben mit am leichtesten verwendbar ist. Auszer-
dem primum ipsi tibi 103. poteraf (juia cena sine istis 370.
Dann folgende mit pronominalen Adverbien : ütquc ita meu-
titur 151. verum ita risores 225. verum ubi pluru fiitent*dbi.
ttullum ultra verbum 443. Ferner einmal etiam : pes citus unde
etiam 252. Dasz unter den mit Nominal- und Verbalstämmen
gebildeten in der ars p. mit nur zwei Ausnahmen kein Beispiel
ist, in dem die erste Silbe der Verschleifung nicht in m aus-
gienge, dabei ist Zufall; aber die übermegende Neigung, auf
welche dies deutet, wird kein Zufall seiu, sondern wird sich
VERSCHLEIFUKÜ. XI
auch sonst bestätigen. Weiter kein Zufall ist dasz unter den
beiden abweichenden das eine einen Infinitivus in -re hat (423
eripere artis)^ den man in Verschleifung häufig trifft; das
letzte Beispiel ist cur pgo amicum 450.
Nach diesem allem bleibt noch ein in der ars p. einzig
stehendes Beispiel : primum t)m tibij tunc tua me infortunia
laedent 103. Meineke bemerkt zu catnn. I 16, 8, wo Peerl-
kamp emendieren wollte non Liter aeque, iion $i acuta, dies
könne nicht gebilligt werden : denn 'monosyllabas voces prae-
ter pronomina ie et 7ne icarm. II 3, {jscu te in romoto. epod, 5,
9 quid ut noverca me intucris) Horatius in lyricis nunquam
elisit.' Da die Epoden mit genommen sind, so wäre noch
an das iam iam efßcaci do manus scientiae 17, 1 zu erin-
nern. Uebrigens trifft diese Bemerkung einen wichtigen Punkt.
Horatius hat in Oden, Epoden und Briefen überhaupt mit
groszer Sparsamkeit die erste Silbe der Verschleifung aus
einsilbigem Wort gebildet. Also in Oden und Epoden auszer
den genannten drei Stellen noch carm, III 29, 5 iam dudum
apud. me est, 55 rirtute me involvo. — In den Briefen also
jenes tua me infortuiüa laedent in der ars p., ferner 11,3
me includerCy 27 ul his ego me ipse regam, 75 omnia te ad-
versum, I 2, 33 ut te ipsum series, 1 7, 24 me eliam, II 1, 111
me adfirmOy 112, 1^ me inter, 138 nie occidistis, 2[2 quid (e
exempta. Hiezukommt //// 1 18, 112 aequum mi animum ipse
parabo (zw^eites Beispiel vor Kürze); /w I 12, 14 cum tu in-
ter scabiem, I 14, 41 horum tu in numerum] qui II 2, 133.
Alles Pronominalform, und in der That in seltener Anwen-
dung. So wie man aber einen Blick in die Satiren wirft, sieht
es ganz anders aus. Jenes *i: si et vivo l, 6, 70, age si et sfra-
mentis II 3, 117, hoc si erit in le II 3, 41, si obsecret 204,
81 acceperis 07, si interdicta I 2, 96, si exierit I 2, 120,*/ incre-
Äi//YIl5,93. Und auszerdem zweimal osi, wobei Nominalstamm
erseheint, o si angulus, o si urnam 116, 8. 10. w/: atniid
fit — ich bemerke dasz ich aus den Satiren meist nicht
Vollständigkeit beabsichtige — I 1, 44; cum, tum, dum,
num, Präp. cum, iam, aber auch quam, nam. Ja Substantiva,
rem II 2, 27. II 3, 189. re II 4, 48. di II 6 54. Auch sum,
XII VKR.SCHLEIFUXCJ.
z. B. (lUuUpud suni etjo II l, 74, tihi quid sunt ego II 7, i.
— Daez übrigens in den Beispielen aus Oden nur zwei,
den Briefen nur ein Beispiel ist, in dem die zweite Sil!
ein einsilbiges Wort ist, das honim tu in numerum ep. I 1
4^ und seu te in remoto cann. II 3, G und iam dudum api
nie est III 29, 5, ist eine nicht zufällige Sparsamkeit, di
gegenüber wieder gleich ein Blick in den Satiren bietet z. I
at ni id ßt I I, 44. dum r.r parva 52. y//ff//i ex 56. dm
aes I 5, 13. .v/ et vivo IG, 70. ?ia/N ul 27. se a volgo II 1
71. SP in II, 75. inm ftaec auferet 113, 151. neque tu ho
facis 132. — Uebrigens auch mehrere einsilbige in demsel
ben Verse nii Juerit mi inquit cum u.rorihus umquam alieni
I 2, 57. Auf die verwendeten Stämme wird man merken
C. Reden wir denn bei dieser Gelegenheit Überhaupi
von den Versen die mehr als 6ine Verschleifung enthalten.
Verse mit zwei Verschleifungen sind« in der ars p. folgende
10, von denen 7 mit einem et: 214 sie priscae motumque et
lujcuriem addidit arti, 234 nofi ego inornata et dominantia
nomina solum, 272 ne dicam stulte mirati, si modo ego et
vos. 309 scribendi rede saper c est et principium et Jons, 318
doctum imitatorem et virus kinc ducere voces. 375 et cras-
sum unguentum et Sardo cum melle papaver. 423 et spon^
dere levi pro paupere et eripere artis. Die drei andern sind :
103 primum ipsi tibi, tunc tua me infortunia laedent. 410
nee rüde quid possit video ingenium : alterius sie. 443 nul-
ium ultra verbum aut operam insumebal inanem. In den üb-
rigen Episteln gibt es Hexameter mit zwei Verschleifungen
29, darunter 14 in denen et spielt, und 5 mit ^.v^: II 2, 183
cur alter fratrum cessare et ludere et ungui. I 1, 4S discere
et audire et meliori credere non vis. 6, 17 / nunc, argentum
et marmor vetus aeraque et artes. 14, 19 meque et te, nam
quae deserfa et inhospita tesqua, 8, 1 Celso gaudere et bene
rem gerere Albino vano. 15, 2 quorum hominum regio et qua-
lis via, 42 nimirum hie ego sum, nam tuta et parvola laudo.
2, 15 scelere atque libidine et ira. 12, 17 cum tu inter sca-
biem täntam et contagia lucri. 17, 54 aut cistam effractam
et subducta viatica plorat, 14, 42 lignorum et pecoris tibi
VERSCHLEIFITJG. XIU
cttio argutus. II 1, 78 nee veniam anü'quis, sed konoretn et
praemia posci. 214 rerum age et A/s, I 6, 34 mil/e talenta
rotundentur, totidem aliern, porro et. II 1 , 31 fiil intra est
olea/fi, nil extra est in nuce duri, II 2, 64 quod petis idsane
est invlsum acidumque duobus. 1 2, 54 sincerum est nisi vas,
juodcumque Inf und is acescit. 7, 72 ut ventum ad cenam est.
98 metiri se quemgue suo moduio ac pede verum est. Die üb-
rigen sind I 1, 3 Maecenas, iterum antiquo ine includere iudo.
27 restat, ut his ego me ipse regain solerque elementis. II 1,
IS2 saepe etiam audavem J'ugat hoc terretque poetam. I 6, 52
porrigere, hie multum in Fabia valet. 7, 86 verum ubi oves.
18, 112 aequum mi animum ipse parabo. II 1, 111 ipse ego
qui nullos me adfirmo. II 2, 99 discedo Alcaeus puncto iiiius.
112 <*^ sijie pondere erunt et honore indigna ferentur. 13
nemo hoc mangonum faceret tibi, non temere a me.
In den Oden sind^einunddreiszig Verse mit zwei Ver
Schleifungen: darunter fünfzehn, in welchen wenigstens
die 6ine mit einem et, auch est, gebildet ist. I 32, 9 Libe-
rum et Musas Veneremque et Uli. 34, 13 mutare et insigncm
attenuat. 113, 13 A//c vina et unguenta et nimium breves. 27
exitura et nos in aeternum \ exilium inpositura. 6, 2 Cantabrum
indoctum juga ferre nostra et. III 2, 13 dulce et decorum
est. 3, 49 aurum inrepertum et. 4,6 insania ? audire et vi-
deor. 6, 28 primum inquinavere et. 9, 22 iiie est, tu lerior
cortice et inprobo. 12, 1 miserarum est neque amori. 29, 5
iam dudum apud me est. IV 3, 24 quod spiro et piaceo
si piaceo tuum est. 4, 52 f allere et effugere est trium-
phus. 12, 2S dulce est desipere in loco. Die übrigen sind
I 15, 25 sice opus est imperitare equis. 33, 11 formus atque
animos sub iuga aeneu. 16, 21 hostile aratrum exercitus in-
solens. 24, 8 quando ullum inveniet parem. 34, 4 vela dare
atque iterare eursus. II 3, 10 umbram hospitalem consociare
amant III 4, 49 magnum illa terrorem intulerat loci. 9, 24
tecum vivere amem, tecum obeam libens. 16, 1 fore enim tu-
tum Her. 21, 13 tu lene tormentum ingenio admoves. 21, 20
regum apices neque militum arma. 24, 4 (?) Tyrrhenum omne
tuis et mare Apulicum. 24, 31 virtutem mcolumem odimus.
XIV VERSCHLEIFUNC;.
2b, 8 indictum ove aiio, 30, 7 Libithiam usquc ego. 12,
Jruticefo excipere upnnn.
Von mehr als zwei Versclileifungcn in demselben Yen
enthalten Oden und Briefe zusammen sieben Beispiele: can
I 21, \A pestemque a popith et principe Caesare in. a,p. 44
nullum ultra verbum ant operam insumebat inanem, rp, I '
57 et properare loco et cessare et quaerere et uti, 11,1
quid t*erum atque decens curo et rngo et omnis in hoc sum
I 18, 76 qualem coinmendes etiam ntque etiam adspice*) 11 1
114 nuvim ayere ignarus nai*is timet^ abrotonum aegro. Un(
der einzige merkwürdige mit vier Verschleifungen : epist
II 1 , 46 pauliafim vello et demo unum^ demo et iten
unum, oder wie wenigstens zu Persius Zeit (s. 6, 58) aucl
schon in Exemplaren stand, demo etiam untim.
Nun aber nehme man auch hier die Satiren dagegen.
Wie jenen Vers 13, 20 nutlane habes vitia'^ immo a/ia et
fortasse minora. Und in derselben: 33 non alius quisquam
at tibi amicus^ at ingenium ingens. 39 turpia decipiunt cae^
cum ritia aut etiam ipsa kaec. 87 mercedem aut nummos
unde unde extricat amaras, 1 1 1 iura inrenta metu iniusti
fateare necesse est. Da ist man wirklich in einer andern
Welt und wird stark an die Komödie erinnert und an ihre
bisweilen kettenhaften Verschleifungen. Es müssen aber
auch noch die Verse mit nur zwei Verschleifungen hinzuge-
nommen werden, in einem (demselben) Gedicht von 142
*) Vielleicht ist die beilautigc Bemerkung hier nicht ungeeignet, dass
von den vier Versen, in denen Lucretius sich fünf Verschleifungen er-
laubt hat (I 234. II 213. III 6S9. IV 1200), die drei letzten etiam atque
etiam enthalten. Auch sonst mehrfach, wo sich die Synalöphen steigern.
So di? zwei Verse im zweiten Buche, welche vier Synalöphen enthalten
(377. 1064», haben gleichfalls ein etiam atque etiam. Es ist sein belieb-
ter Versanfang (Juare etiam atque etiam — . Die^e Bemerkungen zu ma-
chen wird mir leicht, weil mir eine vollständige nach meinen hier ange-
wendeten Rubriken geordnete Sammlung der Lukrezischen Verschleifun-
gen aus den Händen eines jungen Mannes Namens Rud. Wölk vorliegt.
Es ist schade, dass wir kein Institut haben, in welchem solche nützliche
Sammlungen zum Druck gelangen können.
VERSCHLEIFUNG. XV
Versen, in Zahl und Art: 22 qiudam ait njnoras te an ut
ignotum ihre nobis. 27 quam aut aguila out serpens Epi-
daurius, 92 aut positum ante viea quia pullum in parte ca-
tini, 97 cum ventum ad verum est. d8 atque ipsa utilitas, 100
mittum et turpe pecus glandem atque cuhilia propter, 115 nee
rincef ratio hoc tantundem ut peccet idemquc. 131 ahiecto
imtrumento artis. Gewi8 ist in den Satiren die Behandlung
nicht eine ganz gleichartige. Die Motive dieser Abstufun-
gen mögen oft recht feine nach Ton und Stimmung sein.
Die römischen Dichter der Augusteischen Zeit besaszeu je-
denfalls in der manigfaltig abgestuften Behandlung der Syn-
alGphe ein auszerordentlich werthvoUes Kunstmittel, um so
werth voller bei der unaussprechlichen Armut ihrer poetischen
Kunstmittel gegenüber den griechischen, die gewis Männer
wie Horatius und Ovidius oft bis ins innerste empfanden.
iK Hiemilchst noch eine Bemerkung zu et und est, Sie
ei-scheinen auszerordentlich überwiegend da wo eine Ver-
schleifung in der letzten Silbe eines Verses zugelassen ist.
In den Oden ist est selten, und et häufig, djigegen est
in den Briefen häufig, natürlich da im Hexameter ein
neuer Anfang mit et doch nur zu den Seltenheiten gehören
kann, hingegen in jener Verknüpfung der Verse innerhalb
der lyrischen Strophe Horatius etwas gesucht hat. Er würde
sonst jenes et nicht so häufig angewendet haben, so häufig
diisz wir uns nicht wundern dasz auch die Nachahmer es
annahmen. Jene Verknüpfung kann auch durch den Mund
noch besser unterstützt werden, wenn dies et durch Posi-
tionslänge mit einem anfangenden Consonanten des zusam-
mengeknüpften Verses sich gezogen spricht. So sind auch
9ämmtliche Fälle mit Ausnahme vermutlich nur eines einzigen
wirklich von Horatius geschriebenen: H 13, 22 sedesque di-
srriptas piorum et \ AeoHis ßdibus querentem. In unserem
so genannten Horatius sind auszerdem noch zwei Beispiele :
I 7, 9 carmine perpetuo celebrare et \ undique decerptam, eine
auch von Hermann für unecht gehaltene Stelle, und III 27,
22 sentiant motus orientis Austri et \ aequoris in der Europa,
die sicher nicht von Horatius ist, deren Verfasser aber diese
XVI VERSCHLEIPUKO.
Eigentümlichkeit geflisseutlicli iiaclialimt. Er hat soll
ßchlicszende et in seinen 76 Versen noch zweimal : 29 m
in pratis studiosa florxnn ei \ debitae , 46 dedat iratae l
rare ferro et \ frangerc. Er ahmte nach , man darf es
nennen eine Liebhaberei des Horatius, der es doch III
in 60 Versen viermal anzuwenden sich nicht scheute, i
II 6, 1. 2 zweimal in unmittelbar hintereinander folgern
Versen, wenn er auch auszerdem es in keinem einzeli
Gedichte mehr als Einmal hat. Die Silbe vor et lang 1
er (das unechte Austri und sacro et lasen wir eben) 111
39 triremi et, 3, 69 luno ef, 29, 49 iiegotio et. Später \s
ihm dieses et fremd geworden, und in den Gedichten d
vierten Buches kommt es nicht vor, wol aber eine Verknü]
ung durch das, wie mich dünkt, noch auffallendere im ]
6, 11 procidit late posuitgue Collum in \ pulvere. Dies
auszerdem III 8, 3 plena miraris positusque carbo in
caespite. Und in zwei Beispielen im ersten Buch 21, 1
pestenigue a populo et principe Caesare in und 35, 3
mcude difßngas retuaum in \ Massngetas. Endlich könnte ma
zu dieser Verknüpfung noch ziehen I 19, 13 hie rivum mit
cnespitem, hie \ verbenas. Eine Partikel also hat Horatiu
auszer et nicht gebraucht.*) Meineke hat 11 8, 3 vorge
schlagen dente si nigro ßeres rel uno aut \ turpior ungut
Dazu würde man sich, glaube ich, wenn man übrigens die
Aenderung für entsprechend und nutig hielte, entschlie
szen können. Wenigstens ist aut diejenige einsilbige Par
tikel welche, nächst et, Horatius zur sonstigen Verschleifun
innerhalb des Verses in Briefen und Oden noch am häufig-
sten gebraucht hat, mit Einschlusz zweier Beispiele in den
Epoden achtzehnmal. Auszerdem kommen noch so gebraucht
vor, wenn ich eben Oden, Epoden und Briefe zusammen-
nehme, ac, an, ut, o epod. 17 30 ö mare o terra ardeo.
Ausserdem hie haec usw., hinc, hie, huc. Und esepist. I 1,
76 belua multorum es capitum. In den Satiren kommen wol
*) Prudentius cathem. VIII 29 hctat hortatu levis ohscquella ut \
mulceat artus.
VEU^CnLEIFUNO. XVH
nur dazu at , id (ni id fit) und // : lusum it Maecenas I 5, 48. —
Doch was noch weiter die Schluszsilbe des Verses betrifft, so
liest horae ac III 8, 27 niemand mehr, und es bat auch al-
les gegen sich der Vorschlag Horkels III 14, 10 vos o pueri
et pue/lae ac \ iam vhmm experlae. Auch das dasz die Ver-
sohleifung des ae zu gefährlich ist, von der in den Oden
nur 6in Beispiel ist III 4, 78 neguitiue udditus, und ebenso
iior eines in den Briefen I 6, 26 porticus Agrippae et via te.
Weshalb es dem Horatius um so näher lag die happigen
EiijmUnae aUtes epod. 5, 100 lieber mit Hiatus vorzuführen:
«»bgleich er in den Epoden noch zweimal unter mildernden
Umständen schrieb siticulosae Apuliae 3, 16 und u fixere
matres Iliae addictum feris 17, 11. — In den Satiren fol-
^'ende: quid causac est I 1, 20. (juae invideaiit I 2, 100. *////-
titiae atque II 3, 276. sive est naturae hoc II 4, 7. quartae
esto partis Vli.res II 5, 100. nee longae invidit at^enae II 6,
S4. Damae auf I 6, 38. Scipiadae et IL 1, 72. togatae est
(Schluszi I 2, 82. — Die Beispiele des am Schlüsse ver-
schliffenen et in den Episteln, eingeschlossen ars p, , sind
I 7, 27 reddes ridere decorum et. Und in der Länge I 6,
34 porro et. In den Satiren auch nur II 2, 58 vinum et, 11
S, 92 carum et, und II 5, 97 urgue et.
Die Beispiele der Verschleifung in Schluszsilbe mit est
sind in den Oden I 3, 37 ardui est, II 16, 25 animus quod
ultra est. IV 3, 24 tuum est und 21 tui est: wo der Paral-
lelismus mehr dafür spricht als dagegen, dasz es nicht auf
eine gänzliche Vernichtung des selbständigen est abgesehen
war durch ein absichtlich crass gesprochenes tuist. Das
tuumst bleibt doch ebenso wie die ähnlichen hier wie bei
Ovidius und andern, von tuumst bis adulteriumst, jedenfalls
eine Verschleifung, da es ja niemandes Meinung ist einen Laut
darzustellen wie das deutsche ^umst'. Solche Zusammen-
schreibung tuumst oder tuumJX usw. ist und war (bisweilen
noch compendiöser tuuß) eine orthographische Sitte. Und
so konnte sie möglicherweise auch nur als solche von eini-
gen angenommen werden eben so in vocalisch auslautenden
Wörtern, um so mehr da nichts so häufig zu schreiben kam
Lehri, Horatiiu. B
XVlll VERSCHLEIFIJNG.
als ein solches est und nichts unzweideutiger war als solch-
Ausgänge in ast, ist, ost, die niemals etwas anderes seh
konnten als Formen entstanden durch ein est, während z. B
das unendlich seltnere es, das überdies doch das Aussehei
von selbständigen Redeteilen und Casusendungen erhaltei
konnte, r^etulas u. a., angefangen von ins, weniger dazu ein-
lud. Welches Gefühl ist es wol eigentlich, welches auch
diejenigen Männer, welche die Sitte angenommen das st zu-
sammenzuschreiben, doch nicht sich entschlieszen läszt zum
*, sondem dann den Apostroph einzuführen?*) Wenn Ho-
ratius die Verschleifung der langen Silbe im vierten Buche
fast ganz mied, so konnte er doch gerade ein est sich er-
lauben, wie ein et in quod spiro et plaeeo und wahrschein-
lich ein zweites Mal in V/ndelici et 4, 2{ und selbst das cur'
Jacunda parum decoro \ mterverba cadit lingua silentio 1, 35^
Ich vermag die Ueberzeugung von der Notwendigkeit des?
tuist bei Horatius mit jener Sicherheit, wie sie Lachmann
aufstellte, nicht zu gewinnen.
In den Briefen wie Satiren ist dies est hinreichend häu-
fig, in der ars p, viermal; darunter zweimal in Länge {quid"
ergo est, retinqui est), in den übrigen Briefen zehnmal (*a—
piente bonoqiie est \ \, b verdient vielleicht angemerkt zu
werden), darunter (Einmal in Länge in aula est l 1, 87 in.
derjenigen Epistel in welcher dies Schlusz-e*/ viermal vor-
kommt, während es sonst in keiner mehr als dnmal steht.
Man sieht, es herrschen hier, wie nicht zu verwundern, Zu-
♦) Bei Blanc italiän. Grammatik S. 97 lese ich folgendes, was zu meiner
Annahme orthographischer Sitte sehr in Analogie stehen würde ; 'gli kann
durchaus nur vor i apostrophirt werden .... In Boccaccio , Gicv.
Villani und anderen ' Alten findet man zwar häufig gF al(n\ gV
occhi, gV anihasciadori, allein das ist Fehler der neueren Herausgeber j
die Alten schrieben glallri, glocchi und verlieszen sich darauf dasz nie-
mand falsch lesen würde; beim Abdruck der Handschriften hätte man
das aber in gli altri usw. auflösen sollen*. — Ich meine, die Frage tut
est oder tuisl bei Horaz und diesen gebildeten Dichtern ist gar keine^
Frage der Aussprache sondern der Orthographie, der Schreibegewohnheit,
und Schreibebequemlichkeit.
VERSCULEIFUNO. XIX
ßl%keiten in der Verteilung. Wie in den Satiren auch.
Doch wtlrde Horatius vielleicht zwei hintereinander folgende
Verse mit Schlusz-c*/, wie sat. I 3, 68- 69, in den Episteln
nicht zugelassen haben. Es haben die Satiren überhaupt 52
Beispiele mit diesem est — denn in der Reisebeschreibung
lagse ich mir meinen Glauben an den epischen Schlusz char-
taeque viaeque nicht rauben — , darunter 7 in der Länge.
Sie haben nun aber auszer et und est noch penes te es II 3^
39. cruemven't atque hie I 2, 22 , II, 50 jugcra centum an,
und Einmal ein Substantiv atque os I 4, 43. Aber dies zur
Haierei, um den Mund voll zu nehmen : mgenium cui sitj cui
mens divmior atque os \ magna sonaturum — . Nach dem allem
wäre es vielleicht gar nicht so auffallend, dasz man in ^iner
feinem Gattung, am Schlusz des Pentameters, in welchem
et durch die Gliederung des lateinischen Distichon von selbst
wegfiel und wegfielen die milden ersten Silben ywc, wenn
nicht einmal ein neque, und re und das infinitive -re im
Pentameter mit zweisilbigem Ausgang auch fast ganz und
gar — dasz man sich nur das est erlaubte, ob mit der In-
tention ist dst recht absichtlich verbunden zu sprechen, oder
möglichst auseinander gehalten, möchte so sicher nicht
sein. Vielleicht jenes eben so w^enig als penes tes,
E. Die obige Bemerkung über das seltene Vorkommen
des ae in Episteln und Oden hängt mit der andern zusam-
men, dasz alle lange Vocale in erster Silbe zur Verschlei-
fung ungemein selten angewendet sind mit Ausnahme des ö,
welches ein höchst merkwürdiges Uebergewicht hat. luden
Briefen, eingeschlossen ars p. , sind — abgerechnet die
oben genannten einsilbigen me, te, mi, tu, qui — lange erste
Silben in Verschleifung (auch jene am Versschlusz mitgezählt)
in o 53
dagegen in / 3 (ars p. 417 relinqui est, 456 pueri incau-
tique. ep, I 6, 5 lateri est)
in a 6 (I 1, 87 in aula est. I 6, 24 sub terra est.
I 14, 3 /w culpa est, II 1, 31 nil intra est,
nil extra est, II 2, 200 magna an parva)
B2
XX. VERSCHLEIFUNO.
in r 2 (I 12, 13 peregre est, 11 2, 64 sane est
inae 1 (I 6, 24 porticus Agn'ppae elu
In den Oden, gleichfalls das me und te abgerechnet, übrige
echtes und unechtes gezählt:
in o 45
in / 8 (I 17, 14 et musa cordi ost. I 34, 10 d
auffallendste invisi horrlda. III 1,
trirrmi et. III 4, 65 vis comHi earpei
12, 11 Huuhin et. 27, 22 Austn et. 1
3, 21 Uii est, IV 4, 21 das wahrschei
lieh richtige Vindelici et)
in a 1 (II 16, 25 anmus quod ultra est)
in e 0
in ae 1 (nequitiae additvs III 4, 78)
In den Satiren hat man einige 40 i (darunter das tantu
eget in der zweiten Silbe des Dactylusj, einige 20 a, wäl
rend, wenn ich recht gezahlt, etwa 65 o. In e rede est II
232, recte hoc ebd. SS, pure apparere 12, 100, in re i/«.
II 4, 4S. Und das bisher (auszer tu) ausgebliebene u — dem
mit voltu et ist der Stelle IV 9, 43 nichts geholfen — finde
sich ein , wenn auch nur in vigilare mptu exanimem I 1 76
iura inventa metu iniusti 13, 111, cornu ipse bilibri II 2, 61
— Auch in den Epoden ist kein w. Dem Horatius schie-
nen diese u offenbar divtu gravia, perpes^u aspera. *) — Bei
Gelegenheit jenes übenviegenden o will ich bemerken dasz
in dem Verzeichnis der verkürzten Schlusz-ö im Substantiv
bei Corssen Ausspr. I 344 fehlt, was für die allmähliche
Entwicklung nicht gleichgültig ist, dasz doch bei Horatius
ein mentiö vorkommt sut. I 4, 93, und das Polio auch schon
bei ihm, zwehnal in den Satiren und selbst in den Oden
einmal II 1, 14, und das sartagö auch schon bei Persius 1,
80, nicht erst bei Juvenalis. Daran zu denken wenigstens,
dasz man hier mit dem Buchstaben zu thun hat, der jenen
*) Bei Lucretius nur (nach Woelk^ 1,677 abitn auf aditu. III, 49
conspectu ex, 946 in offensu est. Vf., 74t casu atque, II, ^% tu am'mo.
VERSCHLEIFUNG. XXI
Keim zur Verkürzung in sich trug, kann man sich nicht
enrehren.
F. Das Uebergewicht der Verschleifungen in derArsis ist
in der ars p. auszerordentlich grosz. In altera brevi dactyli
folgende : non ego uiomata 234, cur etjo amicum 450, si modo
fgoetvos 212^colludere et iram 159, sine pondere et arte 320, et
ipondereleri propaupere et eripere artis 423. Auch hier spielt
et wieder seine Rolle. So in den übrigen Briefen: II 1, 214
temm age et his, 72 pulcraque et exactis^ 252 dicere et arces,
267 donatus munere et una, II 2, 28 et sibi et*hosti, 183 /w-
dere et ungui, 207 formidine et tra. I 6, 17 aeraque et artes,
I 1, 11 e^ rogo et omnis in hoc sutHj 48 discere et audire et,
69 liberum et erectum, I 2, 15 libidine et ira. I 7, 57 quae-
rere et uti, 95 obsecro et obtestor. 14, 21 fomix tibi et
uncta popina, 16, 28 et tibi et urbi, 20,20 natum patre et
in tenui re. Und auszer diesen nur: 112, 112 e^ sine pon^
dere erunt^ I 6, 65 sine amore iovisqu^, 10, 33 praecurrere
amicos, 7, 86 verum ubi oves. Hienach möchte das regiuni
opus, welches Meineke ars p. 65 wünschte, doch wol nicht
dringend genug sein. (Ausonius Mos, 290 las regis opus,) Aus
den Satiren wären ähnlich, nicht gleich, iVi^e/zri/wi edax II 2, 92,
rancidum aprum ebd. 89. Die Satiren weisen auch hier einen
sehr verschiedenen Character auf. Unter den gegen fünfzig Bei-
spielen welche sie enthalten ist die vorherrschende Anwen-
dung im fünften Fusz auch dort bemerkbar und dem zu-
nächst im ersten, sonst aber trotz dem nicht seltenen Auf-
treten auch in ihnen des Infinitivs ist doch die Anwendung
von kurz e in der ersten Silbe, wenn sie es auch einmal
in einer einzelnen Satire ist wie 18. n 8 , doch im ganzen
nicht die überwiegende, sondern erreicht nicht voll die Hälfte
der Beispiele. Auszer andern Vocalen (z.B. ianea et effi-
gieSf aequora alebant, peccati conscia erilisj maxima avis) er-
scheint -um wiederholt, wovon einige Beispiele oben. Noch
einige seien: ptisanarium oryzae, inclutum Vlixen^ magnum
spectaculum utrumque, nee modum habet. Auch -em namque
parabilem amo, in diem et horam. Das et als zweite Silbe
ist überraschend selten, wol nur eben in in diem et horam.
XX« VERSCHLEIFLNO.
lanea et ejjifiics^ llia et Egeriu est, alten/m et huic, spiritu
et inressum, wogegen nun also Präposition, andere Partikc
plaudere vt audax, nescio «w, occupo, at ille, und häufig n
minale und verbale Stämme. Das amieos in eomponere am
cos, quaerere amabam, contemnere honores^ non sine aceti
anulo equestri u. a., man sehe nur die schon im Verlauf vo:
gekommenen. Das pronominale quam ex hoc fonticulo tart
tundem sumere. eo ßt mag hergeschrieben werden wege:
der dazwischen tretenden Interpunction. Wie occupo. at iUt
Lange Silben scheinen die Briefe doch zu geben ii
Verbal-ö, curo et rogo et omnis in hoc sum , und obsecro e
obtestor. Doch lasse ich es dahin gestellt, da Haui)t anden
urteilt in der bekannten Untersuchung obscrvationes critica<
S. 18, wo er diese Beispiele bereits aufgeführt so wie die in doi
Satiren vorkommenden: occupo. at ille, anulo equestri, at qw
tantuli eget. — Bei Corssen I 345 hätte das diligö aus dem
Scherz des Mäcenas 7<i te visceribus meis, Ilorati, plus tarn
diligo, tu tuum sodalem — eine Stelle verdient. — Die
Beispiele der Verschleifung in lang / der ersten Silbe in
den Satiren sind vielleicht um eines zu vermehren, wenn
man einige Wahrscheinlichkeit fände in dem Versuch, die
unerklärliche Stelle II 5, 90 difßcilem et morosum äffendes
garrulus nitro (oier ultra) \ nonetiam sileas so zu schreiben : dif-
ßcilemet ?norosum äffendes gorrulus : ultra \ noli et iam sileas,
in dem Sinne eines Vorder- und Nachsatzes verbunden : 'wirst
du Anstosz geben: gleich höre auf.' Oder besser verstan-
den sage: ^ ultra nolo!
VERSUS SPONDIACI. XXIU '
Anhang zu I, 3 A.
Ueber die versus spondiaci der Römer. Von Anton Viertel.
Aaszug aus dessen Abhandlung über diesen Gegenstand in Fleckeisens
Jahrbüchern 1862 S. 801 ff.
Spondeische Verse hat Horaz, wenn man von dem
bedenkliehen Vers invitum qui servat idem facit occidmti der
a, p. 467 absieht, nur vier: Od. I. 28, 21 (wenn echt). Epod.
Xni, 9. XVI, 17, 29. Wie sie sich denn überhaupt bei la-
teinischen Dichtem selten finden. Während die homerischen
Gedichte 1558 spond. Verse enthalten, (durchschnittlich
kommt auf 18 Verse ein Spondeus — s. Arthur Ludwich de
hexametris poetarum Graecorum spondiacis, Habs typts
Orphanolrophei 1866 — ), hat die ganze römische Literatur
von (Ennius) Lucrez bis auf Claudian kaum über 220 auf-
zuweisen. Lucrez hat 30, Cicero 2, Catull verhältniszmäszig
am meisten. In dem epithalammm, das aus 408 Versen be-
steht, sind nicht weniger als 30, so dasz auf je 14 Verse
einer kommt, die elegischen Gedichte enthalten 12; nächst
Catull hat sein Nachahmer, der Dichter der Ciris, die ver-
hältniszmäszig groszte Zahl, unter 38 Versen einen, im
Ganzen 14. Tibull hat keinen, Properz 7, Vergil 32, davon
einen doppelt III, 12 und VIII, 679, in der Aen. 26, in den
Eklogen 3, in den Georgicis 5. Ovid in den Met. 39 (unter
285 einen), in den Fast. 10, in den-4/wör. 2, in den übrigen
Gedichten keinen ; die Verfasser der Heroiden 5, Manilius
6 oder 5, Persius keinen, Petronius einen, Lucan 14, Silius
6, Valerius Flaccus einen, Statins 7, (6 in der Thebais, nur
einen in den Silvae), Juvenal 33 (unter 113 einen), Martial
14, die Catalecta Vergiliana einen, die Sulpicia, Avian, Cal-
pumius, Nemesian keinen, Serenus einen, Ausonius 23, Ru-
tilius 3, Claudian 6, der Dichter des Aelna 1, Cato in der
Lydia 3.
Zwei Spondeen hinter einander hat die lat. Literatur
nicht, Catull hat im Epith. einmal drei aufeinander folgen
lassen.
XXIV VERSUS SPONDIACr.
Nur von sehr wenigen Versen läszt sich die Behaupti
aufstellen , duss der Dichter mit dem spond. Ausgang eh
Sinnes oder einen Gemüthseindruck hat hervorbringen ^
Icn. Dahin gehurt des Ennius Vers dono duale doque vol
tibus cum magnis dis Ann. 207, welchen SchUisz Vei^l 2 3
wiederholt hat ; CatuU epith. 34 und vielleicht 24., Verg. Eci
4, 49, der sich in der Ciris 39S wiederfindet, Aen. II, (
VII, 634. Georg, II, 5. Mehr derartige Verse hat Ovid M
VI, 247. VII, 5S1. I, 732. XIII, 6S4. III, 669. V, 2t
VI, 69. VII, 114. Vielleicht auch V, 165. Unter alh
übrigen Versen könnte man höchstens noch Lucan I, 3*
hierher ziehen.
Ungesucht erscheint der spondcische Ausgang nur i
den Versen des Lucrez und in der Mehrzahl der Verse de
Juvenal, sowie in einem und dem andern der übrigen Diel
ter; die Spoudeen im fünften Fusz sind von denselben ang€
nommen, wie sie der Sinn am Schlusz des Verses ai
die ITand gab.
Catull hat zuerst die spondeischen Verse zur Anwendung
gebracht, um durch Unterbrechung des gewöhnlichen Rhyth-
mus einen gewissen Ohreukitzel auszuüben. Diesem Zwecke
entsprechen auch die zum Schlusz gewählten Worte. Ee
sind dies bei Catull an 11 Stellen griechische Worte
meist mit von Natur langen Vocalen oder Diphthongen. Dasz
derartige Verse mit griechischen Worten am Schlusz schon
bei den Dichtern der republikanischen Zeit sehr in der Mode
waren, beweist Ciceros Spott ad Att, VII, 2. Bnmdisium ve-
nimus VII KaL Dec, usi tua felkitate navigandt; ila belle
nobis
pavit ab Epiro lenissimus Onvhesmites,
hunc a/iovdsia^ovta sicui voles rußv riwregiov pro tuo vendila.
Auch Persius I, 95 spottet über die, qui claudere sie ver^
sum didicerunt: et costam longo subdu,rimus Apennino. Und
auch Petron hat vielleicht nicht unabsichtlich seinem schwül-
stigen Philosophen Eumolpus 269 einen Spondeus in den
Hund gelegt yalta petit gradiens juga nobiUs Apennini ) —
Cicero selbst hat seine beiden spond. Verse mit Oriona ge-
VERSUS SPONDIACI. XXV
schlössen, Horatius (oder Pseudohoratius) I, 28, 21 Orionis;
epod, 13, 9 Cyllenea, ib. 16, \1 Fhocaeorum, einmal den la-
teinischen Eigennamen Apennlnus epod, 16, 29.; Vergil hat
17 Verse mit griech. Worten geschlossen, 2 mit lat. Eigen-
namen. Der Vers des Helvius Cinna schlieszt mit cristallus.
Propert. hat unter 7 Versen 6 mit griech. Worten, Ovid 31, 4
mit lat. Eigennamen ; unter den 5 spond. Versen der Heroiden
endigen 4 auf griech. Eigennamen, in der Ciris 9, bei Lucan 10
und einer auf Aperminus» Der Vers des Valer Fl. endigt auf
Orithi/ia; Silius hat 3 mal griech. Worte, 2 Mal Apenninus.
Manilius hat 2, Statins 6 griech., auszerdem Surrenthium.
Juvenal hat 1 1 griech. Worte und 5 rum. Eigennamen , Mart.
4 griech. , 8 lat. Eigennamen ; Ausonius 7 lat. , 5 griech.,
Claudian hat unter 6 Versen 5 mit griech. Eigennamen, Ru-
tilius hat Oriotii und Apenninus,
Uebrigens wurde dasselbe Wort wiederholt zum Aus-
gang des Spondeus benutzt und ein Dichter entlehnte es vom
andern. So findet sich centaurea 3 Mal bei Lucret. Verg.
Georg. IV, 270 und Lucan., der Eigename Centauri 3 Mal bei
Ovid und Luc; Orion 10 Mal bei Cic, Verg., Hör., Luc,
Man., Cir.y Rut., Claud. Orithyia 9 Mal bei Verg., Prop.,
Ov., Val. Fl., Stat., Amphilrile 8 Mal bei Cat., Ov., Cir„
Claud.; Hellespontus 8 Mal bei Cat., Ov., Luc, Sil., Man.,
Cir. u. 8. w.
Den Schlusz bildet meist ein viersilbiges, seltner ein
dreisilbiges Wort; ausnahmsweise Bildungen sind die Aus-
gänge cum magnis dis bei Ennius und Verg. und ad cennm
si bei Juven.; zweisilbige Worte am Schlusz finden sich nicht.
XXVI zu ODE 1, l.
Od. I, l Maecenas atavis —
'Jeder hat seine eigenen Neigungen, denen er seiner Nat
gemasz nachgeht und in denen er sich trotz Mlihen sogar l
glückt fühlt. Jenen zieht und beglückt Olympischer Si(
und Ruhm, diesen höchste Ehrenstellen des Stats, den u
gemessne Reichthümer, einen andern Sicherheit und Muä
auf dem väterlichen Landgütchen u. s. w. Mich beglUcl
der Gedanke an zu erwerbenden Dichterruhm: mich ziel
als zu meiner Beschäftigung es fort aus dem Getriel
der Welt hin in die Frische der Wälder, wo ich den Re
gen und Gesängen der Satjni und Nymphen und der Mi
sik der Musen horchen darf. Und wenn du mich danael
Mäcenas, unter die lyrischen Dichter einreihen willst, (ml
unter den lyrischen Dichter einen Platz einräumen willst
eyxQivetv), so werde ich glau])en, das allerhöchste Glück er
reicht zu ha))en.' — Dies alles ist vollkommen in der Ord-
nung des Gedankens und in der Ordnung der Latinität^
bis auf ein in der eben gegebenen Paraphrase verhehl-
tes Wörtchen des überlieferten Textes, nemlich das si im
V. 32. Bemerken will ich gleich noch, dasz mit dem zwei-
ten gleichsam parallelen Teil des Gedichtes: me doctarum
hederae praemia frontiuin dis miscetit superis — das beim
Eintreten des ersten Teils angCAvendete dominos evehit
ad deos absichtlich auch im Ausdruck wieder aufgenom-
men ist. —
Ferner nun das secemunt popuh könnte man vielleicht
verstehen wollen — denn es würde das wol heiszen kön-
nen— metaphorisch: 'meine poetischen Neigungen scheiden
mich vom Volk, d. h. heben mich darüber empor, machen
mich zu etwas besserem.' — Allein das stört den rechten
Gedankengang. —
Und für das si, worauf wir nun kommen, ist auch da-
mit nichts gewonnen. Man erhielte: 'Mein Umgang mit
Satyni und Nymphen erhebt mich über das Volk, wenn mir
die Musen günstig* sind.' Und was thut dieser Umgang
zu ODE I, 1. XX VU
^onst? Und wenn er nichts thut, wozu wird er erwähnt?
Kurz das ist eine von jenen Verbindungen, bei denen es
sogleich finster wird vor dem Greist. — Uebrigens verlangt
der Gedankengang, dasz er mit dem me gelidum nemus elc,
seine Beschäftigung, seine Neigung angebe. — Mit
dem si kann ich nicht fertig werden : ich muss es für falsch
halten. Der Sinn fordert cum, oder noch besser dum: 'Meine
Beschäftigung und Neigung führt mich vom Lebensgewühl
hinweg in den Wald zu Satyrn und Nymphenreigen, wäh-
rend auch (wobei denn auch) die Musen nicht verschmähen
{non rrfugit) — mich also nicht als einen unwürdigen, un-
eingeweihten betrachtend— ihre Musik ertönen zu lassen . —
Will vielleicht jemand lieber cui\ so würde ich dagegen we-
nig einzuwenden haben.
Quod si heiszt, was es ursprünglich heiszt, und was
es häufig heiszt: wenn nun also, wenn demnach. — Das
heiszt es z. B. Epüf. I 7, 25 und 10; (dasselbe yt/örf eben-
daselbst V. 94: yuod le per gentum etc.): femer Ep. I 19,
17. II 1, 90. Od. I 24 y 13 (wo für den gleichmäszigen
Ton des Gedichts quodsi — non viel besser scheint als
quid si — f num — ?) und III 1, 41 (wenn nun also.) —
Sollte vielleicht si dem Bestreben verdankt werden, den
Horaz bescheiden zu macheu? Was er nur in so fern ist
als er seine Gabe der Muse verdankt : übrigens aber in den
Büchern der Oden, für welche er diese Einleitungsode schrieb,
ist er der Muse sich sehr bewuszt und commandiert sie : de^
scende coelo etc. —
Bis auf jenes si musz ich meinerseits alles in dem Ge-
dicht in der besten Ordnung finden: soweit es einen Ein-
flusz auf Zusammenhang und Verständnis hat. — Für den
Stil befremdet mich allerdings das hmw, V. 7, mit seinem
knappen Eintreten mit hinzuzurechnendem Verbum aus dem
vorigen: während man ein neues Verbum erwarten würde. Ich
bin sehr geneigt zu glauben, dasz in dieser Gegend 4 Zei-
len ausgefallen seien; ob zusammenhängende 4 erst hinter
tollere honoribus oder in andrer Art, ))leibt natürlich un-
gewis.
XXVIII ZV ODE T, 2.
0(1, I, 2 lam satis terris —
Es trifft sich gut dasz gleich dieses zweite Gedicht ein (
gchiedenes Beispiel vor das Auge stellt, in welchem Umfa
iWs zu welchem Grade Interpolation und Verderbung geh
Dasz die zweite und dritte Strophe, lerrnit ijentcs — , piscl
et summa genus unecht sind , ebenso die fünfte und sechs
Iliae dum se, audiet ches^ endlich die zehnte, und zwar n
Einschlusz des von Peerlkamp gegen Guietus Meinung b
behaltenen ersten Verses heu nimis longo saliate ludo fals
sind, darin musz ich Peerlkamp, in mehreren derselben na<
Guietus Vorgang, durchaus beistimmen. Auch darf i(
grosztentheils in den Gründen ihm folgen. Das tibrigo ausz*
den genannten Strophen musz ich anders behandeln als e
Ich finde auszer ihnen weitere interpolirte Verse anzunehme
keinen Anla«iz: wohl aber AnLiw. mich zu wundern wie c
den Schluszvers (e duce Cuesai* unangefochten konnte voi
übergehen lassen. Also zuerst zur zweiten und zur dritter
auch von Buttmann und Meineke verworfenen Strophe. Ein*
Tiberüberschwemmung in der Stadt Rom, ein übrigens, wem
auch nicht immer in gleichem Grade und unter gleichen
Unwetter, nicht seltenes Ereignis, schreckt nicht nur die
Stadt oder nächste Gegend, sondern gleich „die Völ-
ker", und zwar befürchten sie gleich davon eine Deu-
kalionische Wasserflut. Und diese Befürchtung ist hier aus-
gesprochen und geschildert, ehe noch überhaupt die Uebcr-
schwemmung erwähnt ist, was erst V. 9 geschieht. Und
es entsteht ein unmöglicher Antiklimax wie dieser: Jupi-
ter hat mit Unwetter die Stadt geschreckt und die Völ-
ker, es möchte eine Deukalionischo Ueberschwemmung her-
einbrechen. „Sahen wir ja" oder „xmd so sahen wir" oder
„denn wir sahen" den Tiber die Regia und den Vestatem-
pel bedrohen. — Auch ist die Schildening derDeukalionischen
Flut in gesuchten und kleinlichen Ztlgen, nicht, wie Butt-
mann sagt, empfindsam, sondern läppisch und abgeschmackt.
Die Fische wohnen auf den Ulmen, wo sonst die
Tauben wohnten. Warum denn? Schwimmen sie nicht
zu ODE I, 2. XXIX
nach wie vor in ihrem Wasser-Element ? Und die
furchtsamen dammae schwimmen in dem Meer. Wie es auch
mit ihrer Schwimmkunst beschaffen sein mag, sie werden
es wol nicht weit bringen, nalari autem in diluvio et in
iila rnpina polest? sagt Seneca (die Stelle ist von Peerlkamp
angeftihrt, Quaest. nat. III, 27) in Beziehung auf das Ovi-
dische nat lupus inte?* oves^ fulvos vehit unda leones {Met, I
304j, und nennt das sehr gut pueriles ineptias. Wie ist es
denn aber mit der Schwimmkunst der dammae beschaffen?-
Sie müssen vorzugsweise zum Schwimmen unfähig sein. Denn
um das unmögliche zu schildern sagt Claudiau in Prob,
Olt/br. cons. 169 Ante dubunt hiemes Xilum (etwa lu'olamf),
per ßumina dammae errabunt (jlacieque niger damnabitur
Indus, —
Also diese dammae schwimmen superiecto aequore, sie
schwämmen, und sie schwimmen gar in dem über sie ge-
worfenen Meer, sie schwimmen unter dem Meer. Was ein
vernünftiger Mensch nennt: sie ertranken in dem sie über-
flutenden Meer. Diejenigen, die alles erklären, sagen: das
superiecto gehe nicht auf die dammae^ sondern es ist allge-
mein zu fassen: in dem über das Land geworfenen (omnia
iam tegente Orelli). Peerlkamp sagt sehr richtig : so könne
man nicht verstehen; das heiszt nemlich ein vernünftiger
Leser, der einen vernünftigen Stylisten zu lesen voraussetzt,
kann und wird et superiecto pavidue natarunl aequore dam-
mae nicht anders verstehen als dam?nis superiecto. — Aber
nun auch die vorangehende Strophe: sie fürchteten dasz
wiederkehre das Zeitalter der Pyrrha, das sich über neue
Ungeheuerlichkeiten beklagte. Oder: über die neue Unge-
heuerlichkeit der Ueberschwemmung. Denn moiistra steht
auch in der Bedeutung des Singulars z. B. Ov. Met. V, 216,
459. Und nova monstra selbst so XI, 391. (monstri novitate
XII, 175). — Sie beklagten sich, „klagten" über die grosze
herankommende ungeheuerliche Wasserflut? Welcher matte
und nichtssagende Ausdruck für die Situation!
Femer nun Proteus omne pecus egit altos visere montes.
Omne pecus soll also heiszen seine ganze Herde, seine ganze
zu ODE I, 2.
Robbeuheerde, die er täglich iuis Land trieb, wie aus i
Odyssee bekannt. Was soll denn die ganze Heerde? Sei
Heerde >vird verlangt: „seine ganze Heerde" ist nicht i
nichts zur Sache thuend, sondern ungehörig und störend.
Orelli sagt: omne pecus dictum est vt Sat, 1, 5, 2 omne oi
'omnh ffeneris bcluas marinas! Alle Arten von Seeungethtime
deren Heimath und wohliger Aufenthalt das Wasser n
treibt er ans Land. Wie das? — Uebrigens könnten d
beiden Strophen viel besser sein, sie könnten sogar vortrel
lieh sein : wenn desselben Inhalts, mUszten sie wegen ihrt
verkehrten Stellung und des entstehenden oben angegebene
Antiklimax für eingeschoben gelten.*)
Ueber die fünfte Strophe Iliae dum se ist nur das z
sagen notwendig, dasz das love non probante ujcorius am
nis sie ganz sicher als unecht kennzeichnet, da dies in
Widerspruch steht damit, dasz Jupiter ja oflFenbar Unwettei
und Flut zur Strafe absichtlich sendet, also mit solcher Ue-
berschwemmung gar sehr einverstÄudcn ist. Dasz dei
erw^achsenc oder unerwachsene Schüler, welcher sich mit
einer mythologischen Erweiterung ül)er den Tiberis Stoflf
schaffte, eine Strophe zu bauen, sich oberflächlich an das
obige terruit hielt und nun gemeint hat: 'llberis, der aus
Galanterie für seine Frau über die Intentionen des Zeus
*) Sonderbar ist es, dasz bei 0\id, der sich nach seiDem auch soust
bisweileu frei gegebeuen Hange mit der Beschreibung der Deukalioni-
sehen Flut eine Spielerei gemacht hat, von Seneka oben ganz gut cha-
racterisirt, dennoch die Verse mit der Ulme 295. 6 Itle supra segetes
aut mersae admina HUae Navigat , hie summa piscem deprendit in
ulmo auch nicht ursprünglich scheinen. Der hie im Gegensatz scheint
ein Schwimmender sein zu müssen, der wunderlich bei dem gleich wie-
der folgenden Figitnr iti viridis wo der Schiflfende foitgesetzt wird, da-
zwischen kommt. Man möchte für in'c verlangen et. Aber selbst dann
fragt man noch: I/fe supra segetes uavigat — was ist denn das ande-
res als das unmittelbar vorher gesagte dueit remos uhi nupcr ararat.
Das auf den Verf. der Horazverse die Deukalionische Flut des Ovid von
Einflusz war, möchte man nach einigen Anzeichen glauben dürfen. Und
80 ist auch wol die Ulme früher in die Ovidische Beschreibung gepflanzt
worden als in die Horazische.
zu ODE I, 2. XXXI
Ünaus beinah Ernst gemaeht hätte mit der Zerstörung, da
Japiter nur schrecken wollte*' kann sein. Dasz nicht nur
ein Scholiast C terreri iussii Juppüer populuni non perire)
solches allen Sinn und vernünftigen möglichen Gedanken-
gang auf den Kopf stellende Zeug befriedigt annimmt, son-
dern auch neuere Interpreten, das kann leider auch sein.
Denn es ist. — Nun also zur nächsten Strophe: Andient —
Was werden also die spärlich heranwachsenden Kinder^
wenn sie zum verständnisfähigen Alter gekommen sein wer-
den , über die Generation ihrer Eltern hören ? Dasz die Bür-
ger die Schwerter geschärft haben, durch welche vielmehr
die Parther hätten umkommen sollen, und Schlachten. Dasz
beidemal der HauptbegriflF ausbleibt, 'Schlachten gegen
einander geführt', nachdem eben auch vorher nur ungenau
gesagt war, die Bürger haben die Schwerter geschliflfen,
nicht gegen einander geschliflFen, das zeigt einen Menschen,
der was er sagen wollte nicht in seinen Vers zu bringen
TCTStand. Da mr dadurch ganz sicher sind, keine Horazi-
sche Strophe zu haben, brauchten wir nicht einmal mehr
zu fragen, welchen Zusammenhang sie denn habe, über den
allerdings durch Wendung oder Partikel ein Anzeichen na-
türlich erscheinen dürfte. Die Meinung des Interpolators
kann doch wol nur gewesen sein : Und in der That haben
wir durch die Versündigung der Bürgerkriege solche Strafe
verdient.
Nach Entfernung der bisherigen unechten Strophen wbrd
noch ein Fehler sichtbar, den der ursprüngliche Text, —
auf leicht erklärliche Weise, — angenommen, f^s schlie-
szen zwei Strophen unmittelbar hintereinander mit templague
Vesiae und carmina Vestam. Was man als unmöglich
empfindet. Ich habe das erstemal geschrieben ^«w/j/a^wp casta.
V. 33. 34. 31. Die Schilderung der Venus mit ihrer
gewohnten Umgebung und in ihrer gewohnten Persönlich-
keit {ridens: quam locus circum volat et Cvpido) auch hier,
wo sie nicht gerade als Liebesgöttin, sondern als Stamm-
mutter, herbeikommt, die Not zu wenden, darf nichts auf-
fallendes haben. S. pop. Aufs. S. 138.
xxxrr zu ode i, 2.
Ja es kann vielleicht die Lieblichkeit ihrer gewohnten
scheinimg die Hoffnung auf das Entv\'eichen der Trauer
gleich um so mehr bestärken. Allein um so mehr ents
die Frage: warum soll Apollo kommen V. 31 nube cande
umeros amiclus ? Icli habe dies nie verstehen können.
Götter kommen in Wolken gehüllt, um sich unsichtbar
machen. Das hciszt: dies ist eines von den Mitteln, wel
sie dazu anwenden können. Wie kann Hoi-az dem Apc
vorschreiben, ob er sichtbar oder unsichtbar kommen so
Ob erkennbar oder unerkennbar? Und wenn unsichtb
welches Mittels er sich dazu bedienen soll ? Wie wenn il
beliebte, auch unter fcmder Gestalt zu kommen, ^ne es »
gleich von Merkur vorausgesetzt wird dasz er wol in c
Gestalt des Augustus verborgen sein könnte? — Es gie
noch einen FjiII, dasz die Götter sich in Wolken hülle
den ich quaest, rp. S. 240 bemerkt, zu Hes. op. 225 i^ii
loaafttvr] vmymv avdgioTroiai (pigovaa, nemlich wenn 8
trauern. Und wie sollte Horaz sagen: Komme endlie
Apollo, in Trauer gehüllt? Auch das kann ich nicht glai
ben. Er hat ihm auch das nicht vorzuschreiben: und i
wäre traurig ominös und ])aszte nicht zu der folgenden he
teren Beschreibung der Venus , die wir wol am Platze fii
den. Auch hier möchten wir einen Zug von Apollos heitt
rer und herrlicher Glanz-Erscheinung. Ich habe geschriebei
luce candentis vmeros amiclus,
V. 37 — Mars freut sich an Lärm , an glatten Helmei
und an dem kühnen Blick eines mit festem Fusze gegei
den blutigen Feind dastehenden Soldaten. Dies ist dei
natürliche und schöne Sinn, der sich bei den Worten dei
Phantasie darstellt. Sonderbar dasz Peerlkamp das ausdrucks-
volle/;erf/7?* nicht empfindet, sondern fragt: warum nicht mi-
litis \ das elien nur der Autor nicht habe in den Vers brin-
gen können ! „Der blutige Feind" verstehe ich eollectir und
sehe eine feststehende Fussmiliz, welche feststehenden Fu-
szes einem Feindesheer gegenüber kühn entgegengerichteten
Blickes seinen Angriff erwartet, oder auch des Zeichens zum
eigenen geschlossenen Angriff harrt. Cruentus hostis ist *der
zu ODE I, 2. XXXIII
roller Blut ist', nicht aber augenblicklich, sondern weil er
feer seiner Natur nach immerfort blutigen Krieg sucht und
»achte, weil blutiger Krieg ihm behagt, wie wenn Mars oder
auch Hannibal sanguineus heiszt, Verg. Aen. XII, 322, Ov.
Rem. am, 153. Sil. Ital. I, 40. Oder Achilles, und der Krieg
selbst, cruentus: Cur tarnen ille ferox belloquc cruentior ipso
Vivii arfhuc operis nostri populator Achilles Ov. MeL XII,
591. (quem cruenla per tnedias rapit ira caedes Od. 111,2, 11.)
Wie durchaus unpassend nun für die Situation des pe-
ditis hier, denBentley natttrlich wohl verstand, der Mamas
pedes sei, da die Mauren keine Fuszsoldaten sind, sondern
Reiter, und nach Neigung und Bewaffnung vielmehr zum
Schwärmen geeignet als zum Feststehen, hat Bentley glän-
zend nachgewiesen, ebenso dasz nichts passender als Marsi
peditis, was Faber vermutet hatte. Natürlich sind gegen
Bentley hübsche Dinge vorgebracht, z. B. dasz doch auch
ein Reiter ein Fuszsoldat sei, wenn er eben kein Pferd hat,
und was der Puerilia mehr sind. Denn es versteht sich dasz
die Herausgeber ihren kosakischen Fuszsoldaten festhalten
müssen. Ganz unbedenklich, wenn die Strophe von Horaz
ist, schreibt man Marsi: wahrscheinlich thut man Recht auch
dann so zu schreiben wenn sie nicht von Horaz ist: doch
das läszt sich nicht ganz sicher behaupten, hat auch kein
Interesse mehr. Ist sie denn nun aber von Horaz, trotzdem
dasz sie an sich anständig erscheint und keineswegs in so
lumpigem Aufzug als die früheren falschen Strophen? Ich
stosze doch jedesmal dabei an. Es ist mir jedesmal, ich
musz schon den Ausdruck gebrauchen, in welchen meine
Empfindung sich mir umgesetzt hat, als wenn Jemand sich
mutwillig den Teufel an die Wand malt. Peerlkamp will
ja wol dasselbe wenn er sagt: Haec aliena sunt et animum
a re proposita nimis abducunt, Dixerat Horadtis Martern
tarn esse satiatum beÜis. Nunc idem laudaret amorem Mar-
tis erga bella? Schade dasz das laudaret, wie leider nur
zu oft bei Peerlkamp, vrieder nebenbei schlägt. Warum musz
es denn nothwendig als Lob gesagt sein? — Ich hätte nach
meiner Art folgendes zu sagen. Mars hat sich bisher um
Lehr», Horatias. C
XXXIV Zu ODE I, 2. 3.
die Römer nicht gekllnimert. Dies mit dem aiisdriieklicheu
yffieyiecttim genus'^ weiszt darauf bin dasz Horaz in diesem
Augenblick von ihm als Kriegsgott abstrabirt, ibn nur als
woblwollenden Stanmigott denkt, der ja eben kommen soll
um dem Innern Blutvergieszen ein Ende zu maeben, um
Frieden zu bringen. Und in diesem Augenblick ibn gerade
an seine Kriegsgelüste zu erinnern, ihm den Spiegel seiner
Kriegsfreude vorzuhalten, in dem er sich gefällt, das wäre
doch verkehrt.
Wollte man verstehen saiiaftt für saliatus „oder magst
du auf deine veniacblässigten Nachkommen rücksichtigen,
Stammvater, weil du nun endlich durch ach nur zu lange
Kriege gesättigt bist", so enthält das nebentretende guem
iurat — gleich wieder die Trostlosigkeit der Hoffnung voll-
kommen zur Unzeit.
V. 52. Endlich musz ich nun den letzten Vers, der
tiberliefert ist, te duce Caesar, für unmöglich erklären. Dasz
er den Merkur, zu dem er drei Strophen gesprochen — denn
es ist durchaus nicht anders — plötzlich Caesar nennt, ist
ganz unvernünftig. Natürlich habe ich auch hier nicht«,
wenn nur der Caesar entfernt wird, gegen eine andere pas-
sende Aendenmg. Ich habe angenommen, dasz der ganze
Vers verlöscht war und dumm ersetzt wurde. Ich habe arra
fiegata geschrieben.
Od. I, 3. Sic te diva potens Cypri —
V. 17. Es wirdwol kein Irrthum sein, die Strophe quem
mortis timiiit (jradiim für unhorazisch zu halten. Dasz der
erste SchiflFer gerade in die jetzigen nächst beschiiften Ge-
genden gesetzt wird hat allerdings etwas befremdende«. Für
mich ist der Hauptgrund dasz das quem mortis timuit t/ra-
dum, 'welchen Schritt (Anschritt Orelli) des Todes fürchtete
der — gewiss gerade an dieser Stelle (viel weniger z. B. in
einer Schlacht) auch dem Ausdruck nach gesucht, doch wol
deutlich auch im Klang und Laut die Nachahmung verrätb
von V. 33 fett corripuit gradum,
2G. gens humana ruit per retitum nejas. Mit Recht wird
zu ODE 1, 4. XXXV
an vetilum nefas Anstosz genommen, vetttinn ist fttr nefas ein
ganz unpassend mattes Wort. Ich habe Oudendorps per
vetitum in nefas geschrieben.
Od. I, 4 Solvitiir acriö hiems —
V. 5 ist überliefert iam Cytherea ekoros dura Venus im-
nünrntfi Imia. Gegen Bentleys Bemerkung dasz nie zusam-
men Kvi^fQ€ta lt4(pQodhrj, Cytherea Venus gesagt worden,
bringt Meineke die Stelle aus Musaeus de Herone V. 38
aX)! ahi Kvv^tQetav ihjeaxoftevt^ \4tpQodiTriv, Allein dies ist
gegen die Hiatusgesetze des Musaeus: s. AVernicke zu Try-
]»hiodor, welcher, ohne Zweifel richtig, vorschlug Uaaxoufvv;
ßaGiliiav. Hier schreibt sich für Venus sehr leicht hvisy
sich leicht im Tanze schwingend, wie \t/mp/iarum(jne leides
vhori I, 1, 31. Das sonstige Gerede (ich habe leider kein
anderes Wort) bei den Auslegern, womit Cytherea Venus be-
wiesen werden soll, oder ihre Stellen wie Arnoh. p. 143
numquid ex pelugi spiima, itt ej' Coeii genitniibus amputaifSj
Ci/ihereiae Vener is concretnm roalutsse vandorem (deutlich
sich beziehend auf Hes. Theog. 190 If.) hat Meineke mit Recht
der Erwähnung nicht werth gehalten. Die Stelle eines spä-
ten grammatist'hen Kompilator«, welche Peerlkamp anführt
^EjriOeza ^AipQodiirjq. Xqvar^. Kioltag. (DiXo^iBidi]g. Kvd'SQeia
beweiszt für ein nothwendig zusammen vorkommendes ^ArpQo-
ditf^ Kv&egeia so viel als folgendes im schol. zu IL K. 26S
Nid-r^gade vtjaog Tt}g^1[ay,(üviy,rj(;^ i^ XafATtQioQ Tiuarai^AfpQO-
diir-. dib xa/ Kv^iqua l/rit'hFTiyjog t] &e6^.
V. 7 ist eine doppelte üeberlieferung du/n gratis Cyclo-
pum Volcanus ardens uril ofjicinas und visit (woraus auch
das ganz unbrauchbare ^tssil geworden war) ojjflcinas. Bentley
erklärt das urit offivinas für unmöglich. Denn urere cami-
Ri/z/t könne man zwar sagen, oJJ!cina?n urere heiwie Aie Werk-
statt in Brand setzen, sie verbrennen. Vielleicht liesze sich
doch annehmen, wenn man sagen darf, auch nach Bentley rich-
tig sagen darf, was bei Propertius steht II, 1, 54 Colchis Jolci-
acis urit ahena focis sie brennt die Kessel, d. h. sie hitzt
sie mit umgebendem oder untergelegtem Feuer, so wäre
C2
XXXVI zu ODE I, 4.
auch denkbar zu sagen: Volcmuis urit officinas er setzt die
Werkstatt in Hitze, -er hitzt die Werkstatt mit daiin ange-
ztlndetem Feuer. Allein das hülfe uns nicht. Denn es könnte,
dies vorausgesetzt, wol heiszen : während Volkan seine Werk-
statt hitzt, nicht aber während Volkan die Werkstatt der Cy-
klopen hitzt. Denn das thun und thaten ehe er kam die
Cyklopen. Will man nicht unvernttnftig verdrechselte Aus-
drucksweise schaffen, so ist das nicht anders. Also kommen
wir auf visit. Was Bentley aufgenommen. Allein das ist
erstaunlich matt gesagt, dasz Volkan die Cyklopen nur re-
vidiren geht: es muszte dem Horaz ebenso nahe liegen,
vielmehr das ausdrucksvolle ttrget zu schreiben, als es uns
nahe liegt (Jul. Scaliger that es) wenigstens aus urit gleich
ein urget zu emendireu. Wogegen uns, wenn es sonst das
ausdrucksvolle und treffende ist, wahrlich dadurch kein An-
stand entstehen soll, dasz die Ueberlieferung es uns in tirit
verschrieben oder verschlimmert bringt. Doch es kommt
noch das ardens in Betrachtung. Verstand Bentley, >vie es
scheint, ardens in sinnlicher Bedeutung, somuszich sein ardens
Visit auch dadurch für unzulässig erklären. Die Herausgeber
scheinen auch sonst so zu verstehen und vergleichen Clau-
dian epiyr, XXII de chlamyde et frenis T. II, p, 690 Lern-
nia non semper supplex ardefitis adibat (nemlich Achilles
Mutter) Antra dei nato galeam factura eomantem und Stat.
siliK 3, 1, 133 Jiec maior ab antris Leinniacis fragor est, ubi
Jlammeus aegida caelat Mulciher, Die Erklärung ^ßafnmis
relucens scheint auch ftlr das ardens bei Claudian richtig
zu sein. Aber so, Jlammeus oder ardens, kann er nur ge-
nannt werden, wenn man ihn sich, wie es an beiden Stellen
der Fall ist, selbstthätig an seinem Feuer sitzend und von
ihm glühend beleuchtet denkt.
Zu Visit paszt das nicht. Aber wie paszt es zu urget f
Gleichfalls nicht. Ich verstehe ardens 'eifrig,' wie Vergil.
Aen. Xn, 731 at perßdus e?isis Frangitur in medioque ar-
dentem deserit ictu. Ich glaube dasz Horaz ardens urget
ganz sorglos schrieb, dasz ihm der Gredanke, bei Volkan,
der ein Gott ist, welcher mit Feuer arbeitet, könne mit dem
zu ODE I, 4. XXXVU
Beiwort ardens eine Zweideutigkeit entstehen gar nicht kam
oder nicht anfocht^ da eben nur der eine Sinn in dem Vol-
canus Cyclopum officinas ardens urget verständiger Weise
sieh darbietet. Dasz Volkan in Nächten die Werkstatt der
Cyklopen besucht, um sie besonders zur Arbeit anzufeuern,
beruht doch wol darauf dasz Nachts tlber dem feuerspeien-
den Orte, wo man sich die Werkstatt dachte, ein Feuer-
schein lag, der Tags nattlrlich schwindet. Wie es von der
aeolischen Insel Hiera oder Volkansinsel beschrieben wird
von Elallias bei dem Scholiasten des Apollonius Rhodius
in, 41: vvxrwQ fihv ovv navTa %a neqi jfjv igyaalav tov
&eov yivoiieva yuxXwg drilovrai, fi€&' ^fiigav de ix rrjg
TtOQVfplg o&ev r^ q>l6^ avirjoiv äaneg vi<pog vneQxeifiSvov
bgatai. Und Horaz wird sich wol auch gerade diese Insel
gedacht haben, die uns auch Vergil ja {Aen. 8, 415 fif.) als
die Werkstatt der Cyklopen beschrieben in einer Scene, wo
Volkan zu ihnen vom Olymp herabsteigt und sie treibt zu
einer neuen und zu beschleunigenden Arbeit: wo es dann
mit dem gewaltigen Arbeiten erst recht losgeht. Dasz Vol-
kan in den ersten Frühlingsnächten besonders gern zu der
Werkstatt der Cyklopen auf die Erde geht, (denn auch das
musz zum vollen Verständnis der Horazischen Stelle ange-
nommen werden, auch Volkans nächtliche Abwesenheit vom
Olymp musz durch den Frühling motivirt sein), schlosz
sich entweder daran dasz der Gang vom Olymp auf die
dann liebliche Erde, ebenso wie seiner Frau, ihm einladend
ist, oder daran dasz man in jener Zeit bei klarem Frühlings-
himmel die Feuerscheine besonders hell zu sehen glaubte. Mit
solchen Deutungen, im Frühling schmieden die Cyklopen die
Blitze, welche lupiter sich zum Gebrauch im Sommer und
Herbst bei Seite legt, wolle man uns doch verschonen. Mit
soleben Nüchternheiten verkümmere man uns nicht das Ver-
ständnis und den Genusz derjenigen wirklich schönen und gra-
ziösen Horazischen Gedichte, in welchen er ein ihm wahres
und tiefes Gefühl zum Ausdruck bringt, vor allem sein
Frtthlingsgefühl.
V. 1 6. Die üeberlieferung ist lam te premet nox fa-
XXXVllI ZC ODE I, 4, 0.
bulaeque mahos. Bei Persius V, 151 steht InduUje ijeii
carpamvs dulctUy noslniin est Quod riris: chu's et manes
Jahula fiCs. Da Persius hier die fubulae manes nachj
sprochen, so hat er sie nicht nur gelesen sondern au
verstanden. Und m fabulae manes ^ wo Meineke ihn bezeic
nete, liegt also der Fehler nicht. Aber da jedenfalls in de
Yforte fabuiae die Nichtigkeit der manes ausgedrückt liej
so paszt dazu nicht dasz ihnen ein premere , ein Festhalte
eine Energie zugeschriehcn wird. Und das premere ist •
was ich für falsch halten musz. Schreibe ich jnafiet (wie I
18, 31. I, 2S, 15) so ist alles in Ordnung, fahulae mam
bezeichnet sie als a^evr^va xagt^va, energielose, fahula wii
genannt dessen ganze Existenz nur noch im Munde d(
Leute ist, während er selbst sich durch keine Realität de
Wirkens mehr geltend machen kann. Wie allerdings ja auc
von alten Leuten, welche die Jugend auf ihr Thun keinei
Einflusz mehr gewinnen läszt, in jener Stelle Ter. Heeifr
4, 3, 14 nos iani fabula sttmus seyiex atque anus,
I, 6. Scriberis Vario —
Die vierte Strophe 13 — quis MarUnn tunica (nach Peerl-
kamp auch von Meineke verworfen) ist unmöglich. Es kön-
nen liier nicht noch einmal Beispiele hochepischer und tra-
gischer Stoflfe, welche in der zweiten Strophe absolvirt waren,
und nachdem auch schon die ganze angelegte Periode zu
ihrem Zielpunkt (nicht dich und Augustus vermag ich zu
singen) geführt worden, nachhinken. Das wäre selbst dann
nicht möglich wenn die Beispiele in der vierten Strophe eine
Steigerung gegen die frühern enthielten. Nachdem Ilias mit
dem Namen Achilles und Odyssee und Pelopidengeschlecht
genannt worden, den Meriones zu bringen (von dem er
auch nichts zu sagen weisz und der auch an und für sich
schon zwischen Mars, Pallas und Diomedes sonderbar eintritt)
das ist gar läppisch.
Sehr komisch ist aber der überlieferte Schlusz nos eon-
vivia^ nos proelia virginum stnclis in hivenes nngutbus acn'um
cantamus vacui sii^e quid urimur, non praeter sali tum
zu ODE, I, 6. 7. XXXIX
leves: wie er nämlich dem Agrippa eingesteht, wenn er
war ein Liebesdichter sei, oder vielmehr, wie im Gedanken-
gange liegt, wenn seine Aufgabe zwar sei ein Liebesdichter zu
sein, so dichte er doch auch seine Liebesgedichte oft ohne ver-
liebt zu sein, und jedenfalls solle Agrippa deshalb ihm nicht für
einen ungewöhnlichen Suitier halten. Wie wenn ein Schulmei-
ster, der es nicht hätte lassen können, einige leichtfertige Ge-
dichte in Dnick zu geben, sich bei seinem Herrn Schulrath ent-
schuldigte, er möchte deshalb von seiner Solidität nicht
schlechter denken. — Ich glaube, dasz fast alles nach vacuiver-
löscht war. Ich habe geschrieben cantamvs racui: me decel
Euhlutn plectro ludere Teio. Vacui in der Entfernung von
Staatsgeschäften, in Dichtermusze: wie I, 32, 1.
Od. I, 7. Laudabunt alii —
Dasz Anfang und Schlusz dieses Gedichts nicht zusam-
menstimmen, ist schon mehrmals bemerkt. Der zweite Theil
besagt: 'Man musz der Trauer nicht nachgeben, es wird
ja auch wieder besser werden; man musz seine Trauer er-
heitern und die Hoffnung neu beleben durch den Wein!
That es ja so auch Teucer, wie die Mythe erzählt, in trau-
rigst scheinender Lage.' — Was hat dieser Inhalt zu thun
mit dem Anfang bis V. 15? Dieses in einem Theil der
Handschriften und meist noch in den Ausgaben als eines
gehende Gedicht sind zwei Gedichte, von denen aber das
erste den Schlusz (nach V. 14 mohllihus pomaria nvis) ver-
loren hat, das zweite den Anfang. Für diesen fehlen wol
zwei Verse, z. B. :
Tnduiffere iuvat dir/s sub peciore curis ?
Laeta dei solacia quaere!
Das Gedicht auch mit dem aus dem Mythus hergenom-
menen Ausgang ist sehr ähnlich dem dreizehnten Epodus.
Im 27. Verse hat tlberdera gegen die vor ihm allgemeine Les-
art: Tffl desperandum Tettcro duce et auspiee Teuere Bent-
\ey vortreflflich gesprochen, und Teucro duee et mispiee Phoe-
XL ZU ODE I, 7.
bo empfohlen, auch mit der Bemerkung, dasz aus einer E
klärung in den Seholien diese Lesart hervorgehe. Sie wir
jetzt auch aus mehreren Handschriften nachgewiesen. Würd
sie das auch nicht und hätten die Scholiasten keine Spm
das wäre ganz gleichgiltig: schon auch allein deszhalb wei
nil desperandum Teucro duce et auspice Teucro: certus enin
promisit Apollo — gegen alle Logik ist: was natttrliel
Bentley auch bertlhrt. Ich glaube aber, dasz mit dieser Les-
art (die auch Meineke aufgenommen) das ursprüngliche noch
nicht hergestellt ist. Mich beleidigt jedesmal und macht 4en
Eindruck einer unzeitigen Bravade in dieser Lage vor seinen Ge-
nossen und vor sich selbst dieBeniftmg auf sich: ich glaube es
hat an Stelle von Teucro vor duce ein Adjectiv zu stehn : magno
duce et auspice Phoebo, oder fido, oder divo, Stand magno
oder ßdo duce, so ist Teucro vielleicht hineingekommen durch
falsches Verständnis, indem einer magno duce verkehrt als
Teucro glossierte. Oder wenn nicht, so ist es hineingekom-
men, wie es auch statt Phoebo sich eingeschlichen, durch
Schreibfehler im Vorschweben des Teucer, — Mir sagt divo
am meisten zu. Sodann: Es ist kein andrer, als eben der
unfehlbare Apollo, von dem ich das Versprechen habe, dasz
in neuem Lande ein Doppel-Salamis entstehen werde.
Doch wir haben nun tlber das erste Gedicht Laudabunt
alii etc, zu sprechen. 'Andre mögen Rhodos oder Mitylene,
Ephesos, Korinth, Theben, Delphi, Tempe, Athen, Argos,
Mycenä preisen: auf mich hat keiner von allen diesen Or-
ten einen so überwältigenden Eindruck gemacht, alsTibur.'
Ja! das steht aber nicht da! sondern: auf mich hat
weder Lacedämon noch Larissa einen so überwältigenden
Eindruck gemacht als Tibur.* Das ist ja wider den noth-
wendigsten Verstand. Sollten auch nach dem 'mich' wie-
der Namen genannt werden , so muszten es doch vor allen
vorhergehenden sich hervorhebende sein, und dem entspre-
chen doch wahrlich Lacedämon und gar Larissa nicht; und
auch noch einen sprachlichen Ausdruck dieser Hervorhebung
würde man kaum vermissen dürfen, etwa: mich hat selbst
das ruhmvolle Athen nicht, noch das herrliche Tempe so über-
zu ODE I, 7. XLI
rascht als — denn diese oder solche zwei Namen wür-
den hieher gehören. —
Aber schon vorher V. 5 — 9, welche Sonderbarkeiten
betreflTen uns da! 'Einige haben kein anderes Geschäft
als durch Lied auf Lied Athen zu loben — so nemlich
perpeluo carmine zu erklären 'Lied auf Lied', was ohne
Zweifel angeht, lassen wir den Versen zu gute kommen.
Denn yersteht man ein zusammenhängendes langes Epos,
oder nur ein Gredicht, das gar kein Ende nimmt, so
drangt sich immer gleich ein unwesentlicher, den natür-
lich erwarteten Fortschritt störender Beigedanke auf. Also:
'Einige haben kein anderes Geschäft als durch Lied Athen
zu loben und sich — insofern sich nemlich Athens Lob aus
allen Sphären her, aus Krieg, Kunst, Wissenschaft seinen
Stoff zu nehmen hat — einen von allen Seiten her ge-
pflöckten Olivenkranz zu erwerben.' Allein da der Oli-
venkranz nicht allgemein den Dichterkranz andeutet, son-
dern gerade den in Attika erworbenen, so wird er eben
nicht von überall gepflückt: und der hier stehende Ausdruck,
unwissentlich verdreht oder absichtlich verdrechselt, kann
Horaz unter keinen Umständen zugeschrieben werden. Wir
würden also die Gonjectur des Erasmus , welche aus diesem
richtigen Gefühl hervorgegangen ist, aufnehmen: tindique
decerpiae frondi praeponere oh'ram, wenn dem Gedicht da-
mit aufgeholfen wäre!
Nun aber gar plurimtis in lunojiis honorem oder honore !
Wir hatten bisher doch immer: der eine singt diesen Ort,
der andre jenen : nun wird ein andrer Begriff, ein andres
Ziel hervorgekehrt: 'wer recht ausführlich ist in der Ehre
der Inno, oder recht wiederholt die Inno ehren will, der
besingt Argos und Mycenä'. Oder: 'Sehr viele besingen zu
Ehren der Inno etc.*, was jedoch die Sache ebenso wenig
erlaubt, und die Latinität gar nicht ; wie G. Hermann zeigt,
de prhno earmine Horati p. 8, wo Beispiele, wie -die von
Orelli mit einem ^quomodo, quaeso, expUcabunf eingeführten,
plurimu* mit einem Substantiv enthaltenden : plurimus oleaster,
plurimus aeger moritur vigilando usw. längst als unpassend
XLU ZU ODE I, 7. S. 9.
abgemeseu sind. Kur/: das 'm Ehren der Inno' ist ei
unaussteldicher Quergedanke. Dabei habe ich von den Ep
thetis, welche noch mehr verwirren, noch gar nicht gespn
eben! — Ich sehe nur: es sind hier Fetzen eines Horazische
Gedichtes, das ganz unverständig mit Geograjihie interpoliei
worden war:
Laudabuni aiü ciaram Rhodon mit Mittflenen
aut Epheson bimarisre Corinlfu
mocfiiny rel Baccho Thebas vpI Apollino Dolphos
tnsignis, aut Thessala Tempe.
Me domiis Albwioae resoiumlis
et prapceps Anio ar Tiburni lucus v( uda
mobilibus pomaria rivis
Die vier ersten Zeilen hat eben einer erweitert, welcher
meinte, Athen dürfe doch wol nicht fehlen und einige an-
dere bekannte Orte auch nicht, die nun eine ganz krause
Sammlung sind. —
Die Orte der vier ersten Zeilen sind Orte von gemein-
samem Inhalt: durch Naturschönheit und historische Erinne-
rungen wohlbekannte und vielgenannte, und vielbesuchte
Orte; Gegensatz: das an Naturschonheit fllr mich mit allen
wetteifernde, stille und in seiner Stille zu Poesie begeisternde
Tibur. Denn das wird wol, nach andern Horazischen Stel-
len, in dem verlorenen ausgesprochen gewesen sein.
I, 8» Lydia, die —
Die Ueberlieferung in V. 4 cur apricuvi oder/t campum
ist unmöglich. 'Sage warum du eilst ihn durch Liebe zu verder-
ben, warum er den Campus meide. — ^ Natürlich aus Liebe.
Das ist ja schon beantwortet. Mit cur apncum geht schon
die Reihe der directen Fragen an wie sie fortgesetzt wird.
Ich habe geschrieben cur apricum odit et campum — ?
Od» I, 9. Vides ut alta —
Von der dritten Strophe permitte divis cetera sagt Mei-
neke: "^Haec siquis paullo attentius legat fiec dulci verbo-
rum sono se decipi patiatur pennepte dicta esse infellegel,
Toto enhn sententia eo redit, ut tempestas postquam detonuerit
zu ODE I, 9. XLIII
detanuisse dicahü\ Die Strophe enthält doch etwas mehr:
'wenn die Götter die von ihnen erregten Stürme besänftigt
haben (worin denn wol eingeschlossen liegt: was sie doch
immer wieder thun), finden auch alsbald alle diejenigen,
die unter jenen Stürmen gelitten, ihre Ruhe wneder/ An
das vorige angeschlossen heiszt das also: 'siehe schon ist
es Winter geworden: lass* uns der bösen Jahreszeit durch
Trinken begegnen. Alles übrige tiberlasse den Göttern: welche
ja nach der bösen Zeit auch wieder gute geben, wo auch
wir dann nicht mehr zu leiden haben ? Dies möchte angehn.
Ls geht aber gar nicht an in Verbindung mit dem folgen-
den : 7rage nicht was der morgende Tag bringen wird, son-
dern geniesze den heutigen : denn die bösen Tage kommen
dennoch/ Und da dieses mit den vorigen Strophen unverein-
bare Thema sich offenbar bis zum Schlusz als das beabsi«h-
tigte Thema des Gedichtes ausweist, so ist die dritte Stroj)he
dennoch falsch. Nach dem Fortschritt, welchen die dritte
Strophe gab, war das Hauptgewicht gelegt auf den Winter
als böse Jahreszeit, die man einigermaszen durch den Wein
vertreiben müsse, bis die Götter wieder die gute Zeit geben.
Nach dem dagegen, was die vierte Strophe aufnimmt und
fortführt, ist der Winter angenommen als eine willkommne
Gelegenheit zum Genieszen, die man auf das schnellste er-
greifen müsse, wie, unbekümmert was der morgende Tag
noch gestatten werde, einen jeden Tag, der den Genusz ge-
stattet, ausnutzen. Und vor allem die Jahre der Jugend,
so lange die Zeit des Alters, der mancher Genusz versagt
ist, noch nicht kam. — Also ist die dritte Strophe, wie ge-
sagt, falsch. Sie musz entfernt werden. Allein sie hat eine
richtige Strophe verdrängt, die folgenden Inhalt hatte. 'Was
stehst du? lasz dir sagen (man denke sich einen beliebigen
Anfang wie audi monentem : nc mora sU u. s. w.) : lasz auch
drauszen die Natur selbst dich erinnern, wie auch die schöne
Zeit des Menschenlebens, die Jugend, nicht besteht und vom
Winter überkommen wird.'
Mir hat ein Uebergang der Art hier stets nöthig ge-
schienea. Ohne den Anlasz, dasz der Jüngling nicht schnell
XLIV ZU ODE I, 10. 11.
genug sich entfernt, ist es auffallend, dasz er gerade an dei
Jttngling und so naelidrücklich sich mit seinen Lehren wen-
det, von welchem man doch der Natur gemäsz voraussetzen
darf, — ich mOclite fast sagen auch dem Namen gemäsz, den
er ihm gegeben — dasz er zu den schönen Dingen von
selbst 'sehr geneigt ist. Dasz der Alte oder Aeltere aber so
treibt: es kann gar nicht schnell genug sein, kein Augenblick
ist zu verlieren , mit Alcäisch-Anakreontischer Nachdrücklich-
keit, dazu musz ein augenblicklicher Anlasz gegeben sein. Je
kleiner dieser ist, desto schöner ist die Genuszstimmung des
Alten charakterisirt. — Uebrigeus sagte ich eine Strophe,
weil eine vollkommen was nöthig ist fassen kann.
Od. I, 10 Merciiri faciinde —
Die vierte Strophe qum et Atridas ist ganz unmöglich.
Diese Leistung des Merkurius dasz er den Priamus heimlich
vor den Wächtern der Griechen zum Zelte des Achilles ftthrte,
gehört zu seinen alltäglichen und kann unmöglich als eine
Steigemng eintreten nach dem Stückchen, womit er einen
Gott getäuscht. — Uebrigens sind vielleicht durch diese
falsche Strophe einige richtige verdrängt. Jedenfalls ist diese
compresse Herzählung zu dürftig, und wenn es, wie der
Scholiast sagt, Nachahmung eines Alcäushymnus auf Hermes
war , sicher ein zu dürftiger Auszug, als dasz man nicht ge-
rechten Verdacht haben dürfte, so sei das Lobgedicht auf
Merkurius, das Horaz beabsichtigte, nicht beschaffen gewe-
sen, wenn es vollständig war. Möglich ist auch dasz es
nicht in der Mitte gefüllt, sondern hinter der letzten Strophe
fortgesetzt war oder fortgesetzt werden sollte. Vielleicht
dasz dort nun eine bestimmte den Hermes verherrlichende
Fabel aus der Hermeslegende ausführlicher eintrat oder
eintreten sollte.
Od. I, 1 1 Tu ne quaesieris —
Im dritten Verse ist die Ueberlieferung ut melius quid-
quid eril pati, so dasz uf ffielius wäre gleich quanto melius.
Da so nicht gesprochen wird, musz es geändert werden.
Ich habe für ut melius geschrieben utilius 'förderlicher .
zu ODE I; 12. XLV
Dm dieses gut und poetisch ist, dafür wird es doch nicht
nöthig sein Beispiele heizuschreihen.
Od. I, 12. Quem virum aut heroa —
'Sei's dasz Augustus die drohenden Parther besiegt ha-
ben wird, sei es dasz die fernen Serer und Inder, so wird
er, nur geringer als du lupiter, den Erdkreis regieren.'
V. 53. Es scheint mrklich als ob an diesem Unsinn noch
kein Anstosz genommen worden. Unmöglich ist das aus ei-
nem einigermaszen klaren Kopfe gekommen (einem unklaren
mag Ode III, 5 Anfang vorgeschwebt haben), am wenigsten
aas einem ganz klaren wie Horatius. Wohl bemerkt worden
ist das unmittelbar vorhergehende tu secundo Caesare rcgnes,
welches im Widerspruch steht mit V. 18 tmde nil malus
generatur ipso nee vujet quidquam simile aut secundum, im
Widerspruch, oder falls dies tu secundo Caesare refjnes ohne
alle Beziehung auf jenes Vorangegangene geschrieben wor-
den, eine Nachlässigkeit des Styls verriethe, welche meder
einem Horaz sehr fremd wäre. Buttmann hat angenom-
men, secundo stehe hier in prägnanter Bedeutung: auf
das erste unmittelbar in der Reihe folgend, so dasz kein
bemerkbarer Zwischenraum bleibt. Und er sieht nun diesen
Gedanken, den er schön findet : Dir, lupiter , ist die Sorge
fQr Augustus durch das Fatum tibertragen: wohlan, in der
Reihe der Götter unmittelbar hinter dir ist ja — dessen ich
oben bei Erwähnung deiner Hoheit zu gedenkenhatte (V. IS) —
eine Stelle leer: so setze in diese Stelle den Augustus. — Schön
wäre das? Nein scheusslich wäre es: alle andern Götter
mit einem Schlage herabgesetzt und abgesetzt gegen den
Augustus. Was Horaz auch in Beziehung auf Augustus als
Gott gesündigt hat, diesen Grad von Impietät weise man
doch nach ! Die drei letzten Strophen sind ni -ht von Horaz
und sind ein elendes Machwerk. So steht es mit den Schlusz-
gtrophen dieses Gedichtes ; gehen wir zum Anfang. Welchen
Mann oder Heros oder Gott nimmst du zu feiern, Klio?
wessen Name wird Echo nachtönen, sei's auf dem Pindus
oder EEämus? Wen sollte ich eher preisend nennen als den
XLVI ZU ODE 1, 12.
lupiter? Die Sonderbarkeit des Uebergangs von dem „du''
zu dem „ich" bemerkte Bernays und schlägt vor, mit dem
quid prius df'cum die Muse redend und dem Horatius ant-
wortend zu verstehen. Was allerdings sogleich die Folge
luittc, dasz er die Strophe Retjulum — tnsujni referam Ca-
wenn für eingeschoben erklären muszte. Dagegen könnte
ich nichts haben. Aber ich ha))e gegen seine Annahme
sonst sehr viel.
Mich beleidigt in dem Munde der Muse, die selbst eine
Göttin ist, das emphatische du 'auch dich werde ich nicht
verschweigen, Liber/
Sodann aber: man vergegenwärtige sich doch die Situ-
ation. Die Muse sitzt auf dem Hämus oder Pindus oder
Helikon — und z\n8chen Kom und einem jener Berge geht
das Gesi)räch vor sich. Horaz richtet nach dem Hämus seine
Anfrage und von dort aus spricht die Muse an ihn — oben-
ein be>ginnend in einem ziemlich bequemen Gesi)räch8ton : was
sollte ich eher sagen ? — die lange Antwort. Dies musz ich
für unmöglich erklären. Wenn Honiz fragt Quem rimm aut
heroa lyra vel acri tibia sutnis cf^hbrare Cito ? so musz er die
ihn inspirirende Muse in seiner nächsten Xähe denken oder
in sich selbst. — Die zweite und dritte Strophe , hllbsch an
sich, können nicht hieher gehören. Fragt Horaz die Muse
in sich selber an: wen meine Muse nimmst du zu feiern?
dann ist auch der Ue))ergang in die erste Person wenigstens
ni<-ht so schroff. Es wäre also zu denken: in Tibur oder
sonst in einem freien Platze — denn Echo wird seinen Ge-
sang nachtönen — fühlt er die Kegung zum Dichten, fühlt
er die Muse in sich sich regen. Wer Klio wird es sein?
(.v//w/*.v würde ich vorziehn). Doch es versteht sich ja wol
von selbst dasz ich keinen eher zu singen habe als vor
allen lujnter. — Und doch, und obgleich Statins schon die
zweite Person fand, wieTheb. 1,41 zeigt Qtwm prinA- /leroum
Ciio (iai)is, dennoch taucht mir immer die Frage auf, ob
Horaz nicht geschrieben sumami Ich könnte leicht glauben
dasz ein früher und gelehrter Poet, der den Horaz der Pin-
darischen Stelle mehr annähern wollte, die zweite Person
zu ODE I, 12. XLVU
hineingebraclit und vielleicht dadurch auch den Anlasz gab
zur Einführung der zweiten und dritten Strophe.
Gegen die Strophen quid pruis bis recujnbit lassen sich,
glaube ich, keine haltbaren Einwendungen machen. Die
Verse 13 — 18 sind auch schön und nicht gewöhnlich aus-
gedrückt, die übrigen allerdings schwunglos und gewöhn-
lich. Interessanter gefaszt ist die nächste Strophe, wo-
mit von den Heroen auf die historischen Männer, und zwar
die Römischen, übergegangen wird: deren Jljenge ihm so
grosz entgegentritt dasz er nicht w^eisz wo er anfangen soll.
Eine Wendung, mit der ü])rigeu8 auf eine chronologische
Folge sogleich verzichtet ist. Die Strophe Rointditm schlieszt
sich an die vorigen ohne Anstosz an, nur musz man eine
Verderbung in dem Tarquhü annehmen, was wol unter allen
Umständen nicht ursprünglich ist. Nichts musz ich für un-
glücklicher halten als Buttmanns Vertheidigung, dasz in dieser
Reihe Tarquinius superbus sehr wohl stehe. Denn freilich mit. vm-
perhi Tarquini fascesg?Lr einen andern Tarquinius bezeichnet zu
wähnen als den allgemein durch das Beiwort superbus unter-
sciiiedenen, dasz Horaz so ungeschickt oder verkehrt gewesen,
auf diese Seite ist Buttmann nicht getreten. Dasz aber Horaz
um die höchste Stufe des Römischen Königthums zu bezeich-
nen denjenigen genannt, der es ruinirt, und zwar nicht etwa
durch überspannte doch ruhmvolle Thaten nach auszen
ruinirt, sondern durch Nichtachtung der Rechte im innern,
das und was es sonst ist werden Buttmanns erpreszte Be-
gründungen uns wahrlich nicht glaublich machen. Wir brau-
chen einen Mann von anerkannten Römerthaten oder Römer-
charakter. Die superbi fasces zwischen zwei Königen und
Cato scheinen nichts natürlicher zu erfordern als einen jener
stolzen Vertreter der Republik, einen jener alten, charakter-
festen republikanischen Consuln. ¥An Brutus, zugleich Grün-
der der Republik, würde vortrefflich passen. Da hätten
wir denn statt des zufällig verlornen oder durch Einwirkung
des 9uperbus neben den beiden Königen absichtlich und un-
verständig verdrängten Namens zu schreiben Tunios fasces.
Und dagegen hätte ich meinerseits ein diplomatisches Be-
XLVIII ZU ODE I, 12.
denken auch nicht. Ich habe aber ein anderes, dasz Hoi
neben dem unbedenklichen Calo auch noch sollte z u g 1 e i e h (
Bruti genannt haben, nemlich in einem Gedichte, das ga
ausdrtlcklich dem Augustus unter die Augen zu komm»
berechnet war. Daher gehe ich einen andern Gang. Gera»
die beiden folgenden Strophen sind mehrfach ftlr unecht g
halten. Nun musz ich gestehen, dasz mir die Gründe nie
zwingend scheinen bis auf einen. Ueber die Erwähnur
der Scauri und namentlich zwischen Regulus und Paulh
und lauter Alten, während jene alten Zeiten keinen Scaun
aufweisen, kann ich nicht fort. Also wird die Strophe R*
gulum bis Fabrtciumque nicht ursprünglich sein. Dann du]
fen wir für Tarquini schreiben Fabricij der dort auch gan
wohl paszt.*) Während mir wenigstens ein gleich passende
Mann mit hineinpassendem Namen nicht zu Gebote stehl
Vielleicht erhalte ich ihn von einem andera. Maximi (wie
wol Fabius Maximus ein stolzer Consul war) will mir nich
gefallen, aus einigen Gründen. Erst nach der Verder
bung in Fabrici wäre diese Strophe gemacht. **) Die folgende
Strophe habe ich beibehalten, vielleicht mit Unrecht. Nui
habe ich Bentlevs Vorschläge sancta paupei*tas (für saeva,
nothwendig allerdings nicht) und arto für apto aufgenommen.
Natürlich der Ausfall einer echten Strophe vorher musz
dann angenommen werden. Allein ausgefallene Strophen
müssen ja auch angenommen werden, wenn die jetzigen bei-
den unecht sind. Nach nur zwei genannten Namen aus
♦) Im Boethius cons, IT carm. 7 steht Vbi ntaic fidelis ossa Fabri-
cfi(80) matient, quid Brutus rigidtis autCato? Dasz dies nicht geschrie-
ben ist ohne Erinnerung an unser Gedicht, ist wol klar. Dasz er auch
den Brutus darin gefunden , bleibt natürlich doch ungewisz. (In dem
Gedicht des Boethius kommen die "Wörter superhus und artus (so)
auch vor.)
**) Vor Quintilian bekanntlich: dessen Bemerkung IX, 3, IS nur
verstanden werden kann, wenn er sich die Interpunction so dachte:
Fabriciumgue , hunc et incomptis Curium capiüis utilem hello, tulit et
Camiilum saeva paupertas. —
zu ODE I, 12. 15. XLIX
der ganzen republikanischen Zeit konnte er unmöglich gleich
Siüf die Marceller kommen.
V. 46. Marceliis für das tiberlieferte Marcelli rührt von
Peerlkamp her und ist nothwendig. Auch von Meineke und
Haupt aufgenommen.
Diese zwölfte Ode bietet die schwierigste aller Aufgaben
im Horaz. Was vorliegt ist voll Unmöglichkeiten durch und
durch- Dies ist ganz und gar ausgemacht und kann dagegen
nichts zugelassen werden. Im tibrigen aher ^ quid novisli rec-
tiujf istig candidusi'mperti:yiel\e\QhtSi}xc\i si non, his titere inecum.
L 15 Pastor cum traheret —
^Dasz dieses Gedicht von V. 21 an mit seiner zufällig
ziisammmengeworfenen Heldenaufzählung , beginnend mit
Nestor, dem unpassendsten, der hier eintreten konnte, den
Achilles entweder ganz auslassend oder ihn so kopflos ein-
führend wie in der letzten Strophe geschieht, mit den lächer-
lichen prosaischen Ausdrücken non Xestora respicisf Merio-
nen quoque nosces, nicht von Horatius ist, versteht sich von
von selbst. Aber ob die Partie bis V. 20 acht sein kann,
musz auch sehr zweifelhaft erscheinen. Das ganz unmoti-
virte Hereinbrechen des Nereus, der den Winden gebietet:
*seid einmal still, damit ich reden kann — lag doch die Mo-
tivirung durch seinen Enkel Achilles und den bevorstehen-
den Kummer seiner Tochter so nahe — : ohne alle Indivi-
dualisirung sei es des Locals sei es der ferneren Angaben,
diese Fehler gerade, und so auffallend, scheinen nicht die
Horazischen. Immer aber will mir es scheinen dasz, wenn
gleich schon die Verse bis 20 nicht von Horatius sind, die
>iel dümmere Fortsetzung von V. 21 dennoch wieder von
einer andern Hand herrührt.'
So schrieb ich über dieses Gedicht im Jahre 1864 (Fleck-
eisen Jhb. 1864 Heft 3 S. 173). Jetzt kann wer es bedarf
die Anstoszigkeiten und besonders die zufällige Zusammen-
würfelung der Helden einzeln ausgeführt lesen, und zwar
von keinem geringem Manne als 0. Jahn, im Hermes vom
Jahre 1868 (lU. 2 S. 184). Ich will von ihm die Bemer-
Lehr$, Huraiiiu. D
L ZU ODE I, 15.
kung hierher setÄCii , dasz namentlich auch das Fehlen
Philoktet, der dem Paris die todtliche Wunde beibrachte, i
des Menelaus befremdet. — Zu den Worten über Aias S.
erlaube ich mir die Bemerkung, dasz zwischen Aias d
Telamonier und Paris ein Zusammentreffen bei der Leic
des Achilles erzählt ward, bei dem es dem Paris re<
schlimm erging, Quint. III, 330. Es bleibt aber besteh
dasz hier unter Aiaa: celer sequi vernünftiger Weise i
<ler Lokrer verstanden werden kann, der 'OiXr^oi; rax
A'tag. — Dasz 0. Jalin jenen Aufsatz schrieb unbewuszt d(
sen, was ich in demselben Sinne über das Gedicht gesa
hatte, das kann mir nur angenehm sein und kann mein
Sache bei den Zaghaften und Urtheilsbefangenen nur j
gute kommen. Jedoch die Folgerung, welche er nach Da
le^ung der vor keiner Entschuldigung Stich haltenden Misei
ausspricht, musz ich dem ausgezeichneten Manne bestreitei
Er schreibt: *Wie dem auch sei, wir werden annehme
müssen, dasz Horaz Gründe hatte oder zu haben glaubte
auch weniger gelungene Versuche dem Publicum nicht voi
zuenthalten. Vielleicht machte er Studien durch selbstän
dige Bearbeitung mythologischer Partien aus Griechische!
Lyrikern , ehe er den Versuch machte, solche Darstellungei
seinen eigenen Oden wie im dritten Buch einzuverleiben
Dasz Horaz auch weniger gelungene Versuche aufnahm, dag
glaube ich allerdings: denn sonst hätte ich noch manches
Gedicht geringeren Ranges nicht unangefochten lassen kön-
nen : ich hätte vielmehr den Wegen Peerlkamps oder Grup-
pes nachgehen müssen. Er konnte immer noch auf seine
neue, schöpferische und patriotische Thätigkeit als Römi-
scher Nachahmer Altgriechischer lyrischer Formen hinwei-
sen. Er durfte auch dichten, wie ich oben einmal mich
ausgedrückt, ^als griechische Nachahmung, als Studie, als
Studie auch zur Schmeidigung der Sprache'. Und dazu kommt
für die Zulassung von Gedichten zweiten oder überhaupt
geringeren Ranges, um bei dieser Gelegenheit hierauf et-
was einzugehen, noch zweierlei. Sollte Horaz es bei den
Satiren nicht gewuszt haben, dasz sie nicht alle auf glei-
zu ODE 1, 15. LI
(her Stufe stehen ? sollte er wol selbst die zweite Satire für
gleich gut gehalten haben als z.B. die achte, oUm truncm eram,
oder die neunte, den Litteraten? Gewisz nicht. Aber es
war ihm begegnet, was allen Dichtern, ganz gleich gelingt
nicht jedes, und er that was sie alle thaten, er liesz nicht
nur Gedichte des ersten Ranges bekannt werden. Eben so
bei den Oden. Und ich denke darüber wird keine Uneinig-
keit bestehen. Wer von uns wird denn, um ein namhaf-
teres zu nennen, das carmen saeculare für ein Gedicht ersten
Banges Horazischer 0 Jen halten ? Ob aber auch nur zwei-
ten, das ist fraglich. Wir kommen noch auf etwas anderes.
Horaz hat einige Oden auf Ordre gemacht und gerade diese
konnte er auch der OeflFentlichkeit nicht entziehen. Und
gerade diese, da sein Herz nicht dabei war oder sie zu der
hohen Grattung gehören muszten, für welche er sich selbst
ja ungeeignet wuszte, gelangen ihm am wenigsten. Die Stats-
oden des vierten Buches auf Tiberius und Augustus gehören
dahin, und ich möchte es dem Horaz zutrauen , dasz er von
ihrer wahren Beschaffenheit eine Einsicht hatte. Neben die
Ordre konnte wol auch in den Verhältnissen, in denen er
nun einmal war, ein Gebot der Höflichkeit treten: und da
konnten die Folgen für die Poesie ähnliche werden. So
erscheint mir die Ode an Polio II, I . Aber es konnte auch
kommen, dasz bei einem oder dem andern Gedicht irgend eine
Rücksicht ihm selbst den ganz freien Blick benahm. Viel-
leicht bei dem carmen jraecei/«rre ein gehobenes patriotisches und
persönliches Gefühl über die Aufgabe, wie es sich Ode IV, 6
aasspricht So viel über Gedichte geringeren Ranges. Aber hier
handelt es sich nicht um ein solches, das in irgend eine der
genannten Kategorien fallen könnte. Es handelt sich nicht
um einen weniger gelungenen Versuch, sondern um eine ab-
surde Schfllerarbeit. Und wir wissen es ganz bestimmt dasz
Horaz die entscheidendste Gründe hatte, solche Schülerarbeiten
nicht aufzunehmen: er, welcher eine neidische Opposition
sich gegenüber yniszte, er, welcher die Fahrlässigkeit der
Römiselien Poeten geiszelte und der sich ob seiner eigenen
Un verschämtlieit ; als er z. B. die ars poetica schrieb, wol
D2
LH ZV ODE I, 10.
hätte dii8 Gesicht verhüllen müssen, wenn er selbst d
ROiuisichcn Publicum so etwas geboten hätte wie dieses (
dicht. — Dasz Horaz Welerlei Uebungstudien gemacht, (
auf seinen Tafeln und Papieren stehen blieben oder wegj
wischt wurden, versteht sich von selbst, dasz er auch Gr
einsehen mythoh)gischen ÖtoflF zu diesen üebungen geno
men bezweifle ich nicht ; aber dasz er selbst solche Uebun«
stücke aufgenommen, musz ich für das unglaublichste erklär
was wir annehmen können. Während es doch wahrli
nichts glaubwürdigeres giebt als dasz Nachahmungen a
den Namen des Horaz gesetzt wurden, dasz auch unter d
Horazischen Gedichte, wofür es doch auch sonst an anc
kannten Beis])ielen nicht fehlt, nachgeahmte Stücke gekoi
men sind. Wir würden unter allen Umständen dahin gedrän;
werden zu sagen, nicht Horaz selbst hat dieses Uebung
stück jemals in seine Werke aufgenommen, sondern ma
fand es nach seinem Tode unter seinen Papieren und ui
verständige Freunde reihten es ein. Gruppe hat einen so
chen Vorgang bei den Ausgaben der Horazischen Werk
oder Oden nach seinem Tode angenommen. Und ich bi
gar nicht abgeneigt, dies von einzelnen Strophen, die gu
oder gar schön genug sind um Horazisch zu sein, anzuneh
men. Aber von unserem Gedicht behaupte ich, Horaz hab(
solches Zeug als die letzten Strophen von V. 21 auch zuj
Uebung niemals gemacht, es müszte denn sein als ein Knabe
also doch zu einer Zeit, wo er in der Mythologie nocl
eben so unwissend gewesen wäre als in einer von ihm zu-
erst eingeführten Griechischen Versform frühreif. Ich habe
auch bei diesem Gedicht das äuszerste gethan, indem ich
über den ersten Theil, der äuszerst bedenklich ist, mich^so
vorsichtig ausgedrückt als ich gethan. An dem ersten Theil
bis V. 16 nimmt Jahn keinen Anstosz; weit43rgehend wird
jedoch der 'willkürlich herbeigeführten Situation gedacht.
Das wäre also was ich als Mangel aller Motinrung und
Localisinmg bezeichnet. Ich musz auch jetzt festhalten
was ich über die erste Partie gesagt als sehr bedenklich,
aber, wie es scheine, gegen die folgende sich doch abhebend.
zu ODE I, 15. 16. 17. 19. 20. LIII
Indem ich, um einen Absehlusz zu liaben^ die Verse 16 — 20,
wfi schon die Zufälligkeit der Heroenauswahl könnte aiizu-
^hen scheinen, noch zu dem frühem Theile zog, erklärte
ich mir den Sinn also: vergebens wirst du im Gemach blei-
ben um zu meiden die Gefahren, die deiner Phantasie er-
sclieinen werden, die Speere und Pfeile und das Schlacht-
Geräusch und jenen fuszschnellen Ajax, der sogar das —
bei einem Feigling wie du noch allein tröstliche — Ent-
fliehen unmöglich macht. — Horaz freilich schrieb auch das
nicht, benannte auch schwerlich die vor Troja gehandhab-
ten Pfeile Knosische. Aber er schrieb auch nicht das ge-
schmacklose, vielleicht abgeschmackte : schon jetzt setzt Pal-
las ihren Helm, ihre Aegis und ihre Wuth in Bereitschaft.
0(1. L 16 0 matre pulclira —
Die Ueberlieferung no/i acuta si tjemmant Cortfhantfs aei-a
und sie. Es wird erfordert qui. Dies habe ich geschrieben.
Öd. I, 17 Velox amoenum --
V. 4. Die Ueberlieferung usqu^y was wider den Sinn
ist. Ich habe Pecrlkamps ipse aufgenommen.
Od. I, 19 Mater saeva cupidinum —
V. 12 musz ich das überlieferte nee quae nihil attinent
für Unsinn halten. Ich habe geschrieben nee qnaerere publica.
Od. I, 20 Vile potabis —
Peerlkamp sagt : * Ego pro carmine scholastico habeo. Thema
fuit: Horatius Maecenateminvitans, metro Sapphico* Sehr wahr,
maf der Scholar die Aufgabe, die er so dürftig löste, erhalten
oder sich selbst gestellt haben. In der letzten Strophe V. 10
ist die Ueberlieferung theils ht bibis uvam, theils tu hibes uvam.
Soll es einigermaszen verständlichen Verstand haben, so
musz der Verfasser geschrieben haben bibis. Bei mir wirst
du nur geringen Sabiner trinken. Du freilich trinkst (bist
gewöhnt zu trinken) feine Weine, dergleichen in meine
Becher nicht kommen. Was bibes sein sollte ist Unverstand-
LIV ZU ODE I, 20. 21. 22.
lieh. Döderleins tum bibes noch unverständlicher. Hat
aber bibh mit dem verlängerten bis geschrieben , so lie
darin auch ein sicheres Zeiclien nicht Horazischer Hand. W;
den Sabinerwoin betrifft, so meint Meincke, der übrigei
auch nicht an das Gedi(*lit (verzeihen mir die Musen die B
nennung!) glaubt, der sei sehr passend, weil Mäcenas viel a
Fieber litt und nach Galen der Sabinerwein Fiebernden geg
ben wurde, desaf, rictu roL XVI p. 64S Lips. zma rt]v Yn
).lav 6 äiovog aafiJvog, öv xai dtdoaai xolg nvQSTTOvai
Allein wenn das die Meinung war, warum heiszt der woh
thätige Wein ohne weiteres riie? Warum entschuldigt i
sich in der dritten Strophe Über das viie Snbinmn, das c
reichen werde, damit, ilasz bei ihm kein feiner Wein z
erwarten sei? Das stimmt alles gar nicht. Uebrigens könnt
die erste Strophe mehr so aussehen als hätte der Verfasse
Wein vom eignen Gute des Horaz verstanden: vergessen«
dasz jener aiujulus feret ptper et tus ociusuva ep. I, 14, 23
Warum er gerade an jenem Tage eine Flasche schlechtei
Weins selbst versiegelt hat, welcher Dienst damit den
Wein oder dem Mäcenas geschah, ob das klar ist, weisz icl
nicht. Aber klar ist, dasz die modici canthari das aller
gröszte Befremden mit Recht eiTOgt haben. Orelli's Recht-
fertigung wu-d die Sache auf eine heitere Weise vorführen;
"ErriO^nov tnodicis vonsiilto vfdctur delectum, quia, ut owempfn
demonstrarit Hof man Peerlkampj cofitftarusj poculum ansatum
mttius y multfbibis potissimum placehat!
Od. I, 2 t Dianam tenerae —
Musz doch jedenfalls am Sehlusz einer Strophe beraubt
sein über Diana.
Od. I, 22 Integer vitae -
In dieser Ode können nur die beiden ersten schönen
Strophen von Horaz sein, und sind es wahrscheinlich. Im fol-
genden hat man (Peerlkamp und Meineke) die vierte Strophe
qtiale portentum — herausgeworfen, die allerdings lächerlich
gräulich ist. Aber was ist denn damit viel gewonnen ? Dasz
zu ODE I; 22. 25. 26. LV
mit den beiden letzten Stropben der Faden ganz abreiszt ist
doch anleugbar. Alle Uebergänge oder Uebergangspartikeln,
die man versuchen wird, werden eine Lächerlichkeit an den
Tag legen. Etwa: und wie kein Wolf so wird auch kein
Klima mich abhalten Lalage zu besingen. Wie ist's denn
aber mit der dritten Strophe? Dasz sie im höchsten Grade
das Bedenken herausfordert mit dem Abfall des Tons gegen
die ersten, darauf darf man bestehen. Ich habe nicht um-
hin gekonnt; mich manchmal mit einer Fictiou zu vergnügen.
Wenn es denkbar wäre dasz der Schalk Fuscus Aristius,
wie wir ihn aus der neunten Satire leibhaftig kennen, von
Horatius eine Ode mit dem Anfang dieser drei Strophen er-
hielt, wenn er nach dem feierlich mysteriösen Ton der ersten
beiden, in welchen die Phantasie in die afrikanischen und
asiatischen Wüsten und Wildnisse versetzt war mit ihren
Löwen und Tigern und Hyänen, wenn er da auf den trivia-
len Wolf und den wohlbekannten Sabinerald gerathen
wäre, und die Nonchalance , womit das Ereignis von beiden
Seiten vor sich geht, oder von Seiten des Wolfs könnte man
fast sagen die prompte Höflichkeit, mit welcher er, unge-
legen kommend, sich empfiehlt, hätte er sich da nicht ver-
anlaszt sehen können, die parodische vierte Strophe hinzu-
zusetzen: *ihr mUszt aber deshalb doch von diesem Wolf
nicht falsch urth eilen: dieser Wolf das war kein gewöhn-
licher Wolf, das war ein Wolf der über den Löwen geht?'
Od. I, 25 Pareius iunctas —
V. 5 ianua — quae prius multum faci/is movebat cardio
nes, aut/i'. — Es ist ja doch von einer Spröden die Rede,
die dafftr nun gestraft wird dasz sie die Liebhaber nicht
leicht einliesz. Die Ueberlieferung ist unmöglich richtig. Ich
habe geschrieben quae pinus nullt facilis movebas eardinesjaudh,
— Aber amatque ianua Urnen wird wol auch nicht richtig sein.
0(1. I, 26 Musis amicus —
Offenbar nur Einleitungsstrophen. Nur erst die Auffor-
derung an die Muse, wozu das übrige, der eigentliche Gegen-
LVI ZU ODE I, 26, 2S.
Stand fehlt. Unten Ode 32 Poscimur ist merkwürdiger Wc
noch einmal derselbe Fall, dasz v«)rlianden ist nur der i
fang eines Gedichtes, welcher die Autforderung an die L]
enthält. Will jemand freilich sagen: Horaz konnte nimn
solche drei Strophen als ein Gedicht veröffentlichen, al
ein stoffarmer Nachahmer konnte schon solch ein Uebunj
stück machen und meinen das sei schon ein Gedicht,
läszt sich dagegen nichts sicheres sagen. Aus Beschaffe
heit imd Form wird sich nichts beibringen lassen, waru
sie nicht von Horaz sein sollen. Etwas anzumerkendes i
wol das : dir, iluse, und deinen Schwestern ziemt es — , nid
etwa mit bestimmtem Namen einer der Musen: dir, Klii
und deinen Schwestern. — Allein es ist doch so gesagt Ot
III 19, 15 tres prohibet supra rixarum metuens langer
Gratia mtilh itmcla sororihns. Od. IV 7, 5 Gratia cum Nym
phis gemmtsque sororWus amiel ducere nuda choros.
Od. I, 28. Archytasode.
Zur Erinnerung an die verwunderlichen Erklärungen,
mit welchen man das Verständnis dieser Archytasode hat
erzwingen wollen, will ich folgende Worte Meinekes her-
setzen ausdemPhilologusV. (1850 S. 171). W^o er noch darauf
hinwies dasz statt des überlieferten aerias domos (was Von
einem Luftschiffer richtig gesagt wäre') V. 5. nach allem Sprach-
gebrauch von Horaz aetherias müsse geschrieben sein. Was
wir natürlich auch aufgenommen. Meinekes Worte also
sind : 'Bekanntlich ist in jüngster Zeit die dialogische Fonn
in umfangreichen Abhandlungen wieder behauptet worden.
Ohne mich auf eine Widerlegung dieser Ansicht in allen
ihren unlogischen Streif- und Querzügen einzulassen, will ich
an ihre Vertreter nur die Frage richten, wie sie den Dich-
ter ge^en den Vorwurf einer durch und durch unkünstlerischen,
aller Concinnität ermangelnden Composition in Schutz neh-
men wollen? Wie Horaz die dialogische Composition einer
Ode behandelt, hat er im neunten Gedicht des dritten Buchs
gezeigt. Wie will man es femer mit den Gesetzen einer
vernünftigen Interpretation vereinigen, wenn die Worte pul-
zu ODE I, 28. LVII
ren's exigul cohibettt te munera den Sinn haben sollen,
Aifhytas liege hier unbeerdigt, und nicht vielmehr den,
dasz Archytas, der mit seinem Geist die Welt umfaszt habe,
jetzt auf den engen Raum eines winzigen Grabes beschränkt
sei? Die Unhaltbarkeit jener Erklärung zeigen ja deutlich
genug die folgenden Beispiele von der unabwendbaren Noth-
wendigkeit des Todes. Und nun gar te iudice im Munde
des Archvtas! Wer sich so auf das Urtheil eines anderen
beruft, wie hier Archytas thun würde, der kann das nur,
wenn dieser andere, also hier der Schiffer, sein Urtheil über
die Sache, um die es sich handelt, also hier über die Weis-
heit des Pythagoras, wirklich ausgesprochen hat. Und das
hatte Archytas in seinen Schriften gethan. Die Erklärung
*wie selbst du, ein ungebildeter Schiffer, zugeben wirst' ist
durchaus willkürlich und verleiht dem Ausdruck eine Fär-
bung , die mit dem Gebrauch unvereinbar ist.' —
Dieser hier berührte und alle anderen Versuche, welche
mit einem Beiwort zu charakterisircn schwer wäre, hat aus-
fQhrlich in ihrer Nichtigkeit und Unmöglichkeit nachgewie-
sen B. G. Weiske 'über die achtundzwanzigste Ode im ersten
Buche des Horaz' in Jahns J<ahrbüchern Bd. XII, 1 (1S30)
S. 349 — 362 : mit einer geduldigen Müh waltung, bei welcher
sich mir wenigstens, der ich also wol weniger optimistische
Ansichten über Belehrung haben musz, stets die Frage auf-
drangt: für wen? Doch hat Weiske auch eine eigene An-
sicht aufgestellt: und Meinekc spricht sich in der Ausgabe
dahin aus, über Sinn und Composition dieses Gedichtes
schienen ihm alle im Irrthum zu sein, die früher oder in
neuerer Zeit einer anderen Ansicht gefolgt wären als der
von Weiske aufgestellten. Ein merkwürdiges Wort, auf wel-
ches wir fuszen, dasz auch Meineke alle Erklärungen ver-
werflich findet. Der einen, die er glaubt annehmen zu können,
haben wir nun nachzufragen. 'Es spricht ein Schiffbrüchiger,
— au das Kalabrische Ufer Ausgeworfener. — Der Schatten
redet den unfern im Grabe ruhenden Archytas an, durch
sein und andrer Beispiel sich tröstend wegen des To-
de», und zuletzt bittet er irgend einen etwa Vorbeischif-
LVIU ZU ODE I, 28.
f enden um Bestattung seiner Gebeine'. Ich bin nun in dei
Übeln Lage, auch das bestreiten zu müssen. Wir erhielten
folgende Situation: ein eben an das Ufer geworfener Leich*
nam, neben welchem sein eigner Schatten steht (man sagt
wol lieber, er umschwebt ihn: mir kommt der schwebende
declamirende Schatten noch komischer vor) und redet. Dtr
bei kann dieser Schatten noch lesen : denn er hat eben
vom Grabe abgelesen, dasz dies Grab den Archytas hirgi»
Neben diesen Gründen, welche ich für ganz entscheidend
halten musz, wäre es kaum noch nOthig, anderes, was auch
jedenfalls verwunderlich erscheinen musz, zu erwähnen, ich
meine wie dieser Verunglückte sich , ohne alle Vorbereitung,
die wir erhalten hätten, eben auch als einen philosophisch
gebildeten Mann erweist, der eben herausgeworfen augen-
blicklich in groszer Seelenruhe und man darf wirklich sagen
als ob gar nichts vorgefallen wäre sieh philosophisch tröstet
Doch dies mag gelten oder nicht: es gilt aber: die oben
genannte Situation, welche dabei nothig ist und dem Hora-
tius nimmer zugemuthet werden kann, ist auch gegen diese
Auslegung entscheidend. Es bleibt nur übrig, wohin der
ganze Anfang führt : Horatius stellt die Betrachtung an (fin-
giert sie anzustellen) im Erschauen des in der Nähe seiner
Heimath befindlichen und ihm wahrscheinlich selbst bekann-
ten unscheinbaren Grabes des Archytas : 'auch du, der durch
alle Welten geschweift, wirst hier in dem kleinen Grabe,
in wenig Erde festgehalten.* Und fort bis V. 20. Denn
zur Verdä(*htigung der Strophe 17 — 20 ist wol kein hinrei-
chender Grund, und der Sclilusz mit Proseq)ina eindringlicher
und gesteigerter.
Den Hiatus captti inhumato würde Meineke wol heute
nicht mehr als Horazisch vertheidigen. Peerlkamp vermu-
thete intumulato (Heroid. 2, 136). Und, mich dünkt, über
diesen Hiatus wird es sehr fraglich bleiben ob man ihn selbst
dem Kachahmer beimessen darf, der in demselben Versmasze
ein Gedicht (V. 21—36) sich zur Aufgabe stellte. Denn für
ein selbständiges Gedicht halte ich es, nicht für eine Fort-
setzung des vorhergehenden. Der Inhalt ist auch nicht zwei-
zu ODE I, 28. 29. 30. IJX
feihafty man lese uiir genau was die lateinischen Worte be-
8ag:en. Der Nachahmer stellte sich das dumme Schulthema
(80 dumm und nicht d&mmer als wir so viele aus der pro-
saischen fihetorik kennen) : eines in den nördlichen Gegenden
des Adriatischen Meers im Sturm ertrunköneu, dann dort an
das Ufer geworfenen Leichnam bittet einen vorüberfahrenden,
nach Tarent zum Waareneinkauf schiffenden Seefahrer, ein
wenig anzuhalten und ihn mit Staub zu bestreuen. Wofür
er ihm denn mit den dort aus aller Herren Ländern einge-
kauften reichlichen Waaren eine vom Sturm unbeschädigte
Rückkehr vorzugsweise an den gefährlichen Südküsten Ita-
lienS; den Calabrischen wünscht, damit jene Waare ihm un-
gefährdet und ruhig — wie auf ruhigem Wasser heim-
fliesze. — Me quoque 'mich wie so viele andere.' Bei dem
etwas ungeschickten und übertriebenen unde polest kann
man selbst bei diesem Nachahmer fragen ob es richtig ist,
ob es nicht heiszen müsse unde petis.
Od. I, 29 Icci beatis —
V. 16 Orelli sagt zu polUcHus meliora: ^Excidere vide-
titr ex ironid. Dies ist ein sehr richtiges Gefühl, wenn polli"
citus meliora in dem Sinne verstanden wird des deutschen:
du hattest doch besseres versprochen: wie das wol ein
Lehrer zum Schüler sagt. Aber poliicitus ist (ein etwas
stärkeres) prqfessus und meliora xgeiTTio was den Vorrang
hat, das Uebergewicht (Hauptstelle Ov. Met, VHI, Alb).
Melior Venus Od. I 33, 13 höher stehend im Range. Ver-
steht man also das poliicitus meliora etwa gleich professus
maiora, altioroj so fällt der Anstosz weg. — Die Frage kehrt
mir Ton Zeit zu Zeit wieder, ob Horaz geschrieben, cum tu
coemptos undique nobilis libros Panaeti socraticam et domum
mutare loricis Hiberis sollicitus meliora temnis. Natürlich
meliora in demselben Sinn. Der Abschlusz jueliora temnis
wird etwas schlagender.
Od. I, 30 O Venus regina —
Venus mit allen jugendlichen Göttern (eingeschlossen
LXn zu ODE I, 31. 32.
ländischen und ausländischen Weine haben. Dasz sich a
die Erwähnung des Weinlandes noch der Gedanke des fl]
pigen und kostspieligen Lebensgenusses knüpft, der gerad
in dem Weine seine Höhe sucht, scheint mir doch so übe
nicht, und auch nicht die noch einflieszende neue Steigerung
dasz er bei vielen reichen Leuten mit immer neuer Unruhe
verbunden ist. — Ich habe geglaubt diese Strophe beibe
halten zu müssen oder zu können : vielleicht mit Unrecht.
Od. I, 32 Poöcimur —
Poscimur: eine gangbare Redeweise: jetzt ist es an
uns, kann man es von uns erwarten, einzutreten, zu zeigen
was wir vermögen. Ist uns je schon ein Lied gelungen,
das uns Dauer versprechen darf, mein Barbiton, so ist es
jetzt unsere Sache, bei dieser freudigen Grelegenheit, bei Ge-
legenheit dieses freudigen Ereignisses, das unsem Freund
betroffen, mit einem trefflichen Liede einzutreten, so gewähre
mir jetzt ein solches, du Barbiton, -das du ja schon von dei-
nem ersten Urheber her gewöhnt bist in allen Lagen des
Lebens erheiternd und verschönernd einzutreten. Denn jetzt
unser Mäcenas hat sich eine herrliche Braut erworben usw.
So nämlich mit bestimmter Erwähnung des Freundes und
der jetzigen Gelegenheit — wie ich der Verdeutlichung we-
gen etwa passendes angedeutet — muszte es fortgehen. Dasz
es eine freudige Gelegenheit, die gemeint, darauf scheint
alles zuführen, schon das vacui lu^imus: auch, dünkt mich,
dasz eine Liebesangelegenheit,, wofür wenigstens die zweite
und dritte Strophe besonders passend scheinen. Nun wäre
das alles, wohin der Gang durchaus zieht, ganz in Ordnung,
wenn nicht das durchaus unpassende und unerträgliche La--
tinuin stände. Dies musz ich durchaus für falsch halten.
Ich habe amoenum geschrieben. Und, was sich nach dem
gesagten von selbst versteht, musz ich das Gedicht für un-
vollständig halten. Es ist eben nur die Einleitung vorhan-
den. Wie man diese Strophen für etwas anderes halten
kann als für eine blose Einleitung bleibt mir ganz verbor-
gen. Ob zu dieser Einleitung auch noch die Strophe o decus
zu ODE I, 32. LXIII
— , Yon welcher ich noch nicht gesprochen, von Horaz her-
rührt; oder ob sie von einer andern Hand unpassend hinzu-
^{figty das bliebe noch zu fragen.
Ich musz das letzte glauben. Alles was er dem Barbiton
zu sagen hat ist in den drei ersten Strophen erschöpfend,
treflfend fftr den Fall und geistreich gesagt. Ein neuer
und obenein — wie soll ich sagen — viel allgemeiner und
salopper gehaltener Anruf an das Barbiton scheint gar nicht
zu erwarten. So würde man wol auch urtheilen müssen,
wenn dieser Anruf in verständlichem Latein ausgedrückt
wäre, lieber das cumque, das niemand versteht, welches
heiszen müszte, was niemand belegt, 'zu jeder Zeit, bei jeder
Gel^enheit' ist mehrfach gesprochen worden. Bentleys
allerdings von ihm selbst hinreichend als miszfäUig bezeich*
netes cuique und Lachmanns lenimen medxcum {Lucret.p. 288)
sind Versuche der Verzweiflung. Aber was ist denn saive
mihi? Heiszt denn saive mihi sei mir günstig? — Ich denke
doch und sehe doch nur dasz mihi salve heiszt, auch als feier-
liche Formel: sei mir gegrüszt, d. h. nimm von mir den
Pietätsgrusz salve an. Dies mihi cumque salve kann doch
auch der Verfasser dieser Strophe nicht geschrieben haben.
Soll ich etwas vorschlagen was dieser Verfasser doch ge-
schrieben haben könnte, so sei es:
o decus Phoebi et dapibus supremi
grata testudo lovis, o deorum
dulce lenimen mihi luxque ^ salve
rite vocanli.
'wenn ich dich in der Noth wie eine Gottheit verehrend
herbeirufe', rexque, lexque^ noxquey luxque (Od. Met, IX, 760)
haben bekanntlich sogar die besten Dichter gesagt —
Uebrigens mag hier, wo zwischen unserm Poscimur —
und dem vorhergehenden Gedicht gar keine Aehnlichkeit
des Inhaltes ist, darauf aufmerksam gemacht werden, dasz
dieses vorhergehende in der ersten Zeile hat poscit. Dasz
luck bei Anordnug der Horazischen Oden diese jetzt öfter
besprochene Wortgleicbheit über den Zufall hinausgeht, da-
LXIV ZU ODE I, 34. 35.
von wird man sich überzeugen. Interessant ist auch d
Gegensatz: I 26, 1 irlsfitiam und 27, 1 laetitiae.
Od. I, 34 Pareiis deoriim —
Ein Mann, der sich geheilt von der Epikureischen Ph
losophie l)ckennt, der schlieszt damit die Fortuna zu feien
welche in der Epikureischen Philosophie bekanntlich alU
hX'i fortuna (jubernans : Lucr.5, JOS. Ein Mann, der an Jupitc
glaubte und an einen Wagen des Jupiter, durch dessen Fahre
er alles bis in die Unterwelt erschüttert, der nennt sich ut
glaubig bisher und nun erst gläubig geworden, da Jupite
mit diesem Wagen auch einmal über den klaren Himmel
anstatt, wie er sonst glaubte, nur über den wolkigen gefah
ren ist? Ein Mann, der nunmehr zum festen und religiösei
Glauben an die Götter gekommen ist, an Jupiter obenan
der verehrt nicht die absichtsvollen, vorsehungsvollen Pläm
des Jupiter, sondern seine durch die Fortuna repräsentirte
nach Belieben spielende Willkürmacht?
Ein unklarerer Gedankenwirrwarr ist nie erhört wor-
den. Uebrigens auch als Epikureer warum ist er so viel
dümmer geworden und aus vernünftigem Epikureer ein un-
vernünftiger, — als damals da er bei einer ihm unerklärli-
chen Naturerscheinung sagte: namque deos didici seciirum
atjere aemtm, nee si quid miri faeiat natura deos id trislis
ex alto coeli demiitere lecto Sat I 5, 103.
Wer nicht annimmt dasz Horatius in den Perioden wenn
er Oden dichtete zeitweise von Geistesverdunkelung befallen
wurde, der kann auch diese Ode ihm nicht beilegen.
Od. I, 35 O diva gratum quae re^s Antiura —
An diesem Gedicht sind verschiedene Zweifel laut ge-
worden, auch bis zur Ausscheidung oder Umstellung von
Strophen. Hier bin ich nun einmal in der Lage, die
Vertheidigung zu übernehmen. Die Berechtigung augenblick-
lich bei der ersten, zweiten Leetüre an einem und dem an-
dern Punkte zu stutzen, nicht alsbald glatt hinüberzuschrei-
zu ODE I, 35. LXV
tetij ist anzuerkennen. Allein das ist noch kein Beweis,
däs ist auch kein Fehler: das darf Dichtem, die auf küh-
ner Hohe sich bewegen, — denken wir doch an Pindar, wo
wir stets darauf gefaszt sind, — zugestanden werden. Auf
so kühner Höhe geht nun Horatius gewöhnlich nicht. Aber
meiner Ueberzeugung nach ist er gerade in dieser Ode über
sich selbst hinausgeschritten, wie in dem ganzen des Ge-
dichtes, das sich hinaushebt über die gnomische Begion, um
der leidigen politisch rhetorischen Pathetik gar nicht zu ge-
denken, 80 in der kühnen Abgerissenheit und Ueberraschung
der Gedanken, namentlich zweimal, beim Auftreten der
Xecessiias und bei dem Eintreten des patriotischen Schlus-
ses V. 29. Dem angemessen ist die Kühnheit der Phantasie,
aus welcher die plastischen Bilder gestaltet sind. Es ist eine
wahrhaft prachtvolle und energische Plastik, in welcher die
g:egen den Tyrannen anbrechende Revolution geschildert
wird, wie ein kühner Führer die Denk- und Ehrensäule um-
stürzt und anf dieses Zeichen und Vorgang das herangesam-
melte Volk mit wildem Ruf zu den Waffen auch die Zaudern-
den und Bedenklichen zur Theilnahme anreizend ansteckt.
Ich musz es aufrichtig sagen: wie man hier ein einziges
Wort, eine einzige Sylbe miszverstehen könne oder ändern,
wenn man sich dem natürlichen Zuge der durch die Um-
stände, die Worte und Sylbeu angeregten Gedanken und
Bilder überläszt, ist mir unbegreiflich, wie man columnam
irgend anders verstehen könne als eben gesagt, wie man
das cessantes beanstanden könne. Was ich allerdings gegen
Bentley sagen musz und sein cursuntesy gegen den aber aller-
dings noch einiges andere zu sagende auch gilt. Schön und
verständlich ist die Schilderung in der sechsten Strophe, wie
die bisher reiche — in Sammet und Seide prangende For-
tuna des hohen Hauses sich plötzlich in die dürftige Fortuna
mit dflrftigem Kleide verwandelt und auszieht. Es ist die
Fortuna der Familie, die nicht an das Haus gebannt ist,
sondern an die Familie. Eine reiche Familie, in deren
mächtigem Hause bisher reiches, von Schmeichlern und Mit-
genieszenden getheiltes Leben waltete, verarmt, musz aus-
Lehx», Uontins. E
LXVI ZU ODE I, 35.
wandern (ins Exil vielleicht) aus dem reichen Palast un
die vermeintlichen Freunde verlassen sie. An die Stelle d<
Familie setzt Horaz die Fortuna der Familie: dieses lang
Zeit freundliche Glück fam/ca forUina) verwandelt sich plöfc
lieh in ein unfreundliches (inimica) : in dem Palast heimisc
bisher wandert es hinaus: reich prunkend bisher ist es na
plötzlich in dürftigem Bettclkleide. Dieselbe Fortuna ist die«
gerade auf diese Weise und in ihrer Natur der Wandelbai
keit, der plötzlichen Wandelbarkeit proteusartig dargestellt
Es bleibt fast etwas mystisch Befremdliches in der Figu
wie in ihrem Wesen. Aber diese Figur wie der ganze aus
ziehende Zug wären in der Thjit werth und geeignet einei
Maler zu einem Bilde anzuregen. Ja auch die Revolutions
scene fordert schon zu einem Bilde auf. Und ein dritte*
Bild, ein ganzes Volk mit seinem Cäsar vor ihr anflehend
stellte sie schlieszlich in ihrer Hoheit dar. — Also die bis
•
herigen Hausfreunde und Schmarotzer der Familie ziehen
nicht mit : sie finden Vorwände sich zu entziehen : mit zieht
die Hoffnung und die Treue, die, wie man weisz, über-
haupt eine seltene Erscheinung ist, sie, welche als Candida
anima jeden Aufputz und Farbenjiufputz verschmäht, nur den
weiszen und den einfachsten Mantel trägt. Das bedeutet
panniis (eine riiis resfis, trita braucht sie nicht zu sein). Die
Stelle aus Horaz, wo es von dem Mantel des Diogenes ge-
sagt ist, im Gegensatz ein feines Kleid, epist. I, 17, 32, ist
bekannt: alter Mileti lextum cane peius et angvi vitahit
chlami/dem , morietur fHijore si non rettuleris pannum. Auch
das abnegat ist trefflich : denn auch daran hat man Anstoss
genommen: nicht etwa zu verstehen se abnegat^ sondern das
ganz natürliche comitem te altnegat. Wenn die arme Fortuna
auszieht, so sagen alle übrigen alsbald: wir bedanken uns
dafür in deiner Begleitung zu gehen, an dir einen Weg-
gesellen zu haben, dessen wir uns nur zu schämen hätten,
malam fortiinam comitem abrwgant, nur Spes et Fides iilam
comitem non abnegant. Es wäre noch ein Wort über die
rara Fides zu sagen. Ich weisz kaum ob es nöthig i8t zu
sagen, es sei ein Verschwimmen der Personification mit dem
zu ODE I, 35. LXVII
Be^ff oder der Sache. Ich weisz nicht ob dieses auch nur
80 stark ist als in den Stellen 1 , 24 , 6 Ergo Quintilium
perpetuus sopor Urget? cui pudor et iustitiae soror, incor-
mptaßdes^ nudaque veritas guando ullum inveniel parem?
Und I, 18, 16 saeva tene cum berecyntio Comu tympanay
(juae subsequitur caecus amor suiy Et toUens vacuum plus
nimio gloria verticem Arcanigue ßdes prodiga^ perlucidior
ritro. Ich nehme das rara Fides wie rara Occasio bei Au-
sonius epigr. XII „iVi simulacrum Occasiom's*' : Sum dea, quae
rara et paucis Occasio nota , also eine Gottin, die sich selten
unter den Menschen sehen lässt.*)
Das Schwierigste ist die Strophe 17 — 20, Bedeutung
und Darstellung ({^r Necessitas. Als was tritt sie auf? Ich
kann nicht umhin zu sagen: auch hier, wenn man die Worte
auf sich ohne weiteres wirken läszt, wird man sogleich die
Vorstellung haben: als ein Scherge. Das wird wol zuerst
(ladurcli herbeigeführt, dasz die Fortuna von Anfang an so
sehr als Macht, als Herrin auftritt, dasz der Gedanke, sie
nun plötzlich als eine Dienerin zu denken, als eine Dienerin
des Fatums, denn das Fatum soll nun Necessitas nach
Einigen sein, durchaus fem liegt. Und es ist nichts ge-
than, diesen Gedanken uns näher zu bringen. Vielmehr
zweitens sind auch die lusignien und Werkzeuge, welche
sie trägt, nicht dahin leitend; im Gegentheil. Diese sind
zunächst in den clari trabales und cunei Symbole der Ver-
festigung: aber mit den Worten nee severvs uncus abest Uqui-
dumque plumbum erwarten wir durch die Sprachwendung
schon nicht nur eine adäquate Aufzählung von noch ein
Paar Werkzeugen der Verfestigung, sondern etwas anderes,
am natürlichsten in Steigerung, durch die Wendung schon,
aber ganz schlagend durch das severus. Wenn mit dem
uncus auch nichts anderes als nur eine Klammer gemeint
ist neben Nagel und Keil, wie sie der Maurer braucht, wa-
*) Sonderbar, dasz MartialLXXVIII alle drei eben genannte Hora-
zisc^ Stellen vorschwebend hatte als er schrieb: Ibis litoreas , Macer,
SaloTtaSn Ibit rara fidcs amorque recti Et secum comitem trahet
pudor em.
E2
LXVIII ZV ODE I, o5. 37.
nun heiszt die Klammer gerade severus? nicht aber ,,d
starke'^ oder dergleichen: sondern mit diesem auf mon
lischeS; menschliches deutenden Epitheton. Den uncus blc
als Mauerklammer hier severus zu nennen, das hat, ich b(
haupte dies dreist, gar keinen Sinn: demjenigen, der dei
natürlichen Zuge der Worte folgt, wird es auch gar nicl
in den Sinn kommen. Sondern er wird den uncus, womi
der Leichnam geschleppt wird, verstehen, und dann unte
liquidum plumbtim — sei's ein AVerkzeug der Tortur — odei
wozu ich viel mehr neige, das liquidum plumbum, mit den
die vincuia, die Ketten, verlothet werden. Also wir habei
einen unerbittlichen und auch zu grausamster Strafausführunj
ausgerüsteten Schergen. Ein solcher Scherge ist römiscl
gedacht, und so schreitet er voran, ein Lictor. Als Zeicher
ihrer Maeht und höchster Gewalt, welclie stets streng, ofi
strafausführend zu walten hat, geht der Fortuna der Lictoi
Necessitas voran. Das will ich nicht bestimmt behaupten,
aber mir schwebt es immer vor, dasz auf Haken und Ketten
hier Horatius verfiel in Anschlusz au die eben geschilderte
Scene des durch den Volksaufstand gestürzten Tyrannen,
dessen ferneres Schicksal sein wird und uns noch durch
diese Worte angedeutet vor die Phantasie tritt, mit dem
imrus geschleift oder in Ketten geschmiedet zu werden.
Ifi einem solclien Gedicht darf man auf Kühnheiten in
der Sprache gefaszt sein. Dahin rechne ich das mortale
corpus^ V. 3, ungewöhnlich angewendet, x^vrjtov aiTßua, einen
sterblichen Leib, für homiiiem mortulem. Und das amici
feiere iuqum pariter dolosi V. 28 : ad iiigum pariter ^ferendum
dolosi wenn es gilt das Joch mitzutragen voller hinterlistiger
Ausflüchte.
Od. I, 37 Nunc est bibendum —
V. 10 contamifiato cum grege turpium morbo virorum.
— Dasz Horaz die unangenehme Sache, nicht zufrieden mit
dem cofitamiriatus und turpis, noch einmal mit morbo sollte
ausgedrückt haben, dasz er sein hinreichend bezeichnetes
iurpiutn noch selbst sollte erklärt haben durch das morbo^
zu ODE I, 35. 37. LXLX
und dazu mit einem im ersten Fnsze gesetzten und zum
Nachdruck herausfordernden morho, das haben ausgezeich-
nete Männer sich nicht wollen aufreden laszen. Sie empfan-
den geschmacklos starkes Auftragen und stjiistisches Unge-
schick oder Unschicklichkeit. Vielleicht ist morbo Glossem :
turpiumj nämlich ^ morbo turpium , erklärte einer. Und es
hiesz ursprünglich contamiiiato cum grcge turphnn auda.v (oder
prorajc) viromm, Bentley freilich findet auch das virorum
anstuszig. * Virorum nomine , nisi fuUor^ non diynaretur
Eunuchos: qui semiviri potius vel feminae vel moiustra dicendi
erani, hoc sa/tem in loco , cum eos exserrarptur et contemtui
haberei! * Nun ich weisz doch nicht : sie war so wahnsinnig
(dement/s ruinös) y dasz sie wagte dreist oder muth willig
herausfordernd zu sein, nicht etwa umgeben von tapferen
energischen Männern, sondern inmitten einer unzüchtigen
Schaar schimpflicher Männer. Bei Aufnahme einer passen-
den Lesart habe ich Bentley die Ehre geben wollen und
habe sein Opprobriorum geschrieben : welches zu dem ron-
taminattis und lurpis. die allerdings zunächst ihre körper-
liche Beschaffenheit kennzeichnen sollen, noch den vollen
Ausdruck moralischer Indignation hinzubringt.
14 mentertique h/mphutam Marrotico redegit in rcros
tiinores^ 'ihren Geist, der voll ihres süssen Weines sich in
phantastischen Bildern der Hoffnung erging, brachte er zu-
rück in die Wirklichkeit der Furcht', oder in die Furcht, '
die eine wirkliche, und nicht wie ihre Hoffnung eine i)han-
tastische war. Wenn der Mareotische ohog xalliaToc im ein-
zelnen so beschrieben wird (Athen. 1, 59 S. 3'^.) ^levAog
zeyag xai ridix, bI' Ttvovc, euavddorog, Xerttoc, xefpalrjg ov xai'>-
tx>oL'iieyogj so ist das ein rechter Frauenwein, ein recht
verführerischer Wein für eine Frau: und das Gehirn einer
zechenden Frau anzugreifen wird er schon vermocht haben.
24 nee lalentis clugse cita reparavil oras. Peerlkamp sagt :
'Ciasse^ dicuntj pro una nave. Viri docli de eo saepe eycrunt^
ut ad Lucan. VIII, 575. Frontin, IV, 7. Flotntm /, 18.
Sueton. Caesar 39. Hoc ita sit in aiiis poetarufn locis,
quamquam de multis haud immer ito dubitari possit: hoc loco
LXX ZU ODE I, 37.
ea siijnißcaUo admitli von rede potesL PauUo enhn m
Cleopairae viw una navis fuit sospes de magna cloi
Ntinc eadem non bene dicerelur ctta vlasse Aegypti m
riora petere. Xeque oras reparavif pro adiit Latm
est, hl gen tose Bentleius penetruvity idque exemplfs api
shnis coinmendat, qnihus alia addere possim, r, c, Flori I
22 de Sertorio. Hier miisz man jedem Worte beistimnu
bis auf das eine, dasz non rede und non bene* gesagt
für das was 'unmöglich' ist. Ja noch mehr : auch wenn ^
keine Flotte hätten, sondern ein SehifiF, was wir erreich«
konnten indem wir für Hasse schrieben pappe, wäre eb»
so wenig geholfen. AVo sollte sie denn hinfahren mit de
schnellen (citus obenein, was noch ganz etwas anderes!
als veloa;) Schiff?
Sehen wir auch in den Text, so hat August sie an ifa
Küste getrieben: mit V. 31 sind wir auf Aegyptischem Bodi
und es heiszt nun weiter mit sehr deutlicher Beziehung a
historische Ueberlieferungen : hier hatte sie zwei Wege, de
Ketten, die Augustus ihr drohte, zu entgehen : entweder sie
den Tod zu geben — dies versuchte sie, es ward ihr ab<
das Schwert entriszen (Plut. Anton, 79) — oder um den Pre
der Aufgabe ihrer Königswürde in verborgene Gegende
sich zurückzuziehn. Dies verschmähte sie nach Horaz: -
der in diesem Punkte anders spricht als die Historiker, ebei
so wie da, wo er sie nur mit wenigen öchifiFen von Actioi
entkommen läszt — aber die Sache, der Gedanke an /a/«
tes oras ist von den Historikern bezeugt, nur, wie gesag*
dasz nach diesen sie den Versuch wirklich machte: praepa
rata in Oceamnnjuga Flor. IV, S. usiaaraaig üg ttjv Iqv&qci
x^akaaaav Dio 51, 6. f'^tü yiaTOixeiv an;oq)vyovaa dovlsia
xai noXe^iov Plut. Anton, 69. Sie wollte in das rothe Mee
gelangen: indem sie nach Einigen ihre Schiffe über dei
Isthmus von Suez zu ziehen begann (Plut. Anton. 69», nacl
Andern (Dio 51, 7) im Arabischen Meerbusen zu diesen
Zwecke Schiffe erbaute. Jeder Versuch der Art erfordert«
Umstände und Zeit: und es kann dabei von classe cita ode
nuüis cita nicht die Rede sein. Ich kann nicht ander
zu ODE I, 37. LXXI
glauben als dasz hier wieder schlechte Ausfüllung einer
Lücke ist. Es läszt sich vielerlei Passendes ausdenken.
Ich habe geschrieben re trepida penetravit oras. Denn was
das penetravit anbetrifft, so hat auch davon Peerlkamp ganz
richtig gesagt, dasz Bentleys Beispiele dafür sehr passend
sind: man sehe sie ja nach. — Meinekes Vorschlag über
den Vers Vp quo nihil adhuc prolatum est quod probari
possif ist soUicitare paravit oras i, e, non instituit inferiores
regni partes ad bellum renovandum instigare' Allein dies hat
gegen sich, dasz es ja keine Groszthat ist, kein Beweis von
Energie, den Versuch, die Innern Völker zum Kriege auf-
zuregen, nicht zu machen. Sodann dasz ein zu unange-
nehm klingender Vers entsteht soUicitare \ paravit \ oras.
Kein gleich gebildeter Vers ist in den Horazischen Alcäischen
Strophen vorhanden. Der ähnlichste ist II, 1, 36 quae caret
ora cruore nostro : gewisz auch kein guter Vers — übrigens
in einer von Ritschi aus andern Gründen für verdächtig
erklärten Strophe: — doch um vieles noch beszer als der
unsrige, weil der ei-ste Theil noch Wortabschnitte bildet,
welche den Einschnitt nicht so stark ins Ohr fallen laszen
als wenn das einheitliche Wort gerade dahinter die erste
Möglichkeit eines Halts gewährt ; und ein guter Leser wird
gewisz in jenem Verse die früher gegebene Möglichkeit wol
benutzen, durch einen recht hörbaren Halt hinter quae. Alle
übrigen Verse, die überhaupt hinter der fünften Silbe einen
Halt haben, sind ganz anders, sei es durch den Sinn, sei es
rhythmisch gegliedert. (Im zweiten Theil meistens Wortab-
schuitt bei der Hebung in der siebenten Silbe.) Da sie mir
vorliegen, so will ich sie sämmtlich, auch die mit Synalöphe
an der Stelle, hersetzen : und zwar nach der Reihenfolge der
Oden, weitre Unterscheidung bei der überhaupt kleinen Zahl
der Einsicht des Lesers überlassend.
I, 9, 7 0 Thaliarche merum diota. 10, 12 luppiter ipse
ruens lumultu. In der zwar zweifelhaften 26, 12 teque tuas-
que decet sorores. 35, 36 liquimus? unde manuin iuventus.
— n, 1, 24 praeter atrocem animum Catonis. 36 jenes quae
varet ora cruore ?iostro. 3, 8 interiore nota Falerni. 7, 24
LXXII ZU ODE I, 38. II, 1.
deproperare apto Coronas, 13, 9 hospttfs, We venena Cohhm
16 caeca timetvn aliunde fata. 17, 8 (von Horaz oder niohti
integer^ ille dies iitrumque. — III, 2, 32 deseruit pede poent
ciaudo (vielleicht malerisch). 29, 32//i.v trepidat: quod adeti
memento, — IV, 4, 76 expediunt per acuta helU. 9, 9 Ste^
sichorique (jraves Camenae,
Od. I, 38 Persicos odi —
V. 6 simpUvi ini/rto nihil adlahores sedulus curo. Ich
kann dies niclit für richtig halten, Meinekes Versuch e»
zu rechtfertigen ist wol künstlich. 'Sollte es verdorben seia
80 sei das beste Peerlkamps Vorschlag sedulus curae. Dies
scheint mir auch.
Od. II, 1 Motuni ex Metello —
Diese Ode ist von Ritschi behandelt worden im Rhein.
Mus. 1S50 S. 62S ff., trefflich ^vie sich versteht und sehr entschie-
den gegen den 'tief eingefressenen Rost des Schulvorur-
theils von der intacten Ueberlieferung Horazischer Poesien*.
In unserem Gedicht hat er drei Strophen für unecht erklärt,
die dnitefpaullum sererae — j, die siebente (Tuno etdeorum — )
und die vorletzte. Was nun zunächst die vorletzte betrifft,
80 ist alles, was er sagt, vollkommen unwiderleglich, was
er sagt von der pedantischen nichtssagenden Aufzählung,
von der Logik und scharfsinnigen Unterscheidung, wonach
das Wasser eingetheilt >vird in 1) Strudel, 2) Flttsse, 3)
Meere und 4) Küsten, alles eben so treffend und sicher
als in der humoristischen Energie des Tones erquicklich.
Als Zugabe macht er dann die Bemerkung, dass die über-
wiegende Ueberlieferung für qui yuryes (gegen quis gunjes)
ist, und wenn der Urheber der Strophe qui gurges geschrie-
ben haben sollte, dasz dies verrätherisch sei, man möge
ein solches qui für qualis nehmen wollen oder es nach dem
Sprachgebrauch des Horaz selbst und des hier in Betracht
kommenden Literaturkreises messen, die nur quis in allen
solchen Fragen kennen. Wir hatten soeben auch noch bei
zu ODE II, 1. LXXIII
Ode I, 37 auf den nicht unbedenklichen Bau des Verses
qvae caret ora cruore nostro aufmerksam zu machen. Auch
fllr die Strophe hino et deorum — weiss ich, je mehr ich
mich damit beschäftige, um so weniger zu i)laidiren. Dasz
alle die Opfer, welche den Staat dem Untergang nahe
brachten, wie die nächste Str(»phe ausführt, nur sollten ihren
Grund haben in einem Racheopfer für einen Jugurtha (Horaz
weisz sonst ganz andere Grtlnde beizubringen) — allerdings,
wie gesagt, je mehr ich versuche es zu überdenken; desto
unhaltbarer erschien es mir. Dabei aber habe ich dann die
Frage aufzuwerfen, ob der plötzliche Uebergang nach praeter
otrocem animum Catonis — auf quis non latino samjuine phi-
guior — nicht einen Zwischengedanken vermissen lasse,
wie den: und überhaupt mit welchen traurigen Opfern war
es uns bestimmt diese Unterjochungen zu erkaufen! Das
liegt ja freilicli auch in der Strophe qufs non — implieirt :
aber die Frage ob nicht ein schroffer Uebergang entstehe,
wird man, hoffe ich, nicht unberechtigt finden. Auch viel-
leicht nicht die andere: ob, wenn die traurigen Opfer von
Bürgerzw^etracht und Bürgerblut nur in einer Strophe be-
handelt sind, dann das Abbrecfhen mit sed ne — nicht zu
rasch käme. Die Kenia, die jetzt abgebrochen wird, hat
dann nur eine Strophe eingenommen. Ich würde also ge-
neigt sein, anzunehmen, wozu ich auch an einigen andern
Stellen gedrängt worden bin, dasz die nicht echte Strophe
luno et deorum — eine Parallelstrophe zu einer echten
Horazischen Strophe sei, welche durch jene verdrängt wor-
den. Aber eine Vertheidigung der dritten Strophe müehto
ich versuchen auf folgende Art. *) Das Beiwort severa zu
(ragoedia ist gerade deshalb, weil eine Tragödie nie anders
als ernst sein kann, ein charakteristisches, ihre eigenthümliche
und hohe Natur kurz bezeichnendes. Ebenso kann sie unter
♦) Eine Umstellung derselben nach der folgenden, um den Namen
Polio nicht so spät zu bringen, wenn es für nöthig erachtet wird, hätte
kdn Bedenken. In Ode IV, 2 steht jetzt, nachdem das lule entfernt
igt, der Name des Angeredeten in V. 2ß.
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^ ' :>i". roil'iui.::.
- •. •.-.ii; rr.i-iHilit* sirli ir.if kurz
> iltf i'> wirklirh so iuMu-iiV
• "A* Tra-i<cli(.' hiclitcrlie-alnini:
^v -virV. ilasz s v i n u Mii-^c •^oinvii;
A '.* IiOirrirt' Von Musu sicli nitnli
■'■\\ ileu Z^salllllK'llllan;L^ imloii
: f'.w ihm .iri's]»r(M-lieii winlV
, ./iIk'U, ilass die (loschiclitseliiei
.... ciirireircnircsutzt wird, küniR' 1>e
i^'/Jy jnihh'nis res heliaiuleliul
\'i«ri:äii.i:'e des Stats, der Dipl«»
„ -iviii* I*<>et bidiaiidelt /au' fSoyii
K^A\^\<:\, und p'ittlielifs S(diii-k>al.
. h/i OS also, (»rdnot er die Stals-
>-,v:rd das rulie Material duroli seine
. '.liin,:r (^rdimn::' irewinnon. Iiidom
\\\x\\s den man vom praktistdien
^^., ■•. könnte, kommt diese Vorstellnn.::
. .%■ vos ordinaris * überaus prosaisidi'
h/:! nicht .sa«:'on: dass es immer noch
•\-ll ich ni<dit streiten. Indessen —
' .kt, auf welehem mir Kinstimmunu
'.•»ionilioh erwiins(dit sein würde —
,^>os dediolites nieht pr(»8aisehV die
•i ein kleines weui^^crV Ist es iiiidit
^; ;>ei der ersten, man denke hei der
■ -oml ein Frairment eines ( Jrieehisehen
. »adot form lieh auch hier einen Schrei*k
Tud daran muss man sieh bei
zu ODE U, 1. 3. 4. LXXV
Horaz doch auch gewöhnen. Man muss sich gewöhnen, den poe-
tischen Maszstab für ihn nicht zu hoch zu stellen und mitunter
auf bedeutenden Abfall gefaszt zu sein. In diesem Gedicht;
wie ich glaube (vgl. zu 1, 15) durch Rücksichten der Höflichkeit
abgepreszt sind die ersten vier Strophen ohne Plastik, ohneGe-
fflhlsausdrucky ohne Gredanken. Erst mit der fünften Strophe
kommt etwas von Plastik hinein; die in dem Glanzpunkt
des ganzen Gedichtes, dem empfundenen und gedachten
Wort über Cato, gipfelt. — In V. 20 gibt bekanntlich die
Ueberlieferung das unmögliche audire magnos mm v/deor
duccs (Reminiscenz aus Od. III, 4, 6). Ritschi gab seine
Conjectur sudare video. Nach ihm hat man erfunden anteire.
Also Horaz hatte nöthig, ein grosses Geschichtswerk abzu-
warten, um die Feldherren vorangehen, ich will noch eine
Concession machen, voranschreiten zu sehen !. Natürlich hat
Ritschi auch V. 5 Bentleys tincta für imcia geschrieben.
Od. II , 3 Aequum memento —
V. 9 fiF. (juo pinus ingens albaque popuhis umbram kospi-
taiem consociare amant ramisf quid oblique laborat h/mpha
fugax trepidare rivof huc — So lautet mit diesen Frage-
zeichen, deren Wunderlichkeit Meineke und Haupt gewiss
empfanden als sie sich dazu entschlossen, die Strophe bei
ihnen und Andern. Die Ueberlieferung hat statt quo auch
qun^ und variirt sehr in quid (so auch 2 Blandinii), mit
qMod, quo und noch anderem. Mir ist auch das nachschlep-
pende ramis immer störend. Ich habe geschrieben: quo
prnus ingens albaque populus umbram hospitalem consociare
amant, errans ubi obliquo laborat lympha fugax trepidare rivo,
huc — (dahin, eo — III, 1, 34. Epod. XVI, 59.)
Od. II, 4 Ne sit ancillae —
'Schäme dich nicht eine Sklavin zu lieben: auch Achill,
Ajax, Agamemnon haben ob ihrer Schönheit Sklavinnen ge-
liebt, Briseis, Tekmessa, Kassandra. Ja, wird man sagen,
aber das waren Königstöchter. Vielleicht dasz auch die
LXXVI ZU ODE II, 4.
Eltern deiner Phyllis hocligestelltc Leute sind, welche di
zur Ehre gereichen: jedenfalls hat sie über Verlust da
königlichen Geschlechts und über Unbill der Penaten zi
trauern/
Wie? Gleich von königlichem Geschlecht muss sie seint
Jedenfalls doch von königlichem? Und lilier Unbill dei
Penaten hat nicht nur der zu khigen, den sie aus könig-
lichem Hause nicht vor Unbill schützen, sondern ein jeder,
der aus freiem Hause zum Sklaven wird. Und warum kann
er denn nicht wissen, wer ihre Eltern seien? Kann er sie
nicht fragen? Für diesen Punkt müssen wir also die An-
nahme machen, dass der unwahrscheinlichste Fall vorausge-
setzt und ganz implicite uns heraus zu ahnen überlassen
wird: sie sei als kleines Kind etwa geraubt, so dass sie
selbst ihre Eltern nicht kennt. Grade in eine solche hat er
sich verliebt.
Doch wie? Eben war sie königliclien Geschlechts und
nun mit einem Mal : *glaube, dasz sie nicht aus der verwor-
fenen Plebs und von einer uukeuschen Mutter stammt.* Wie
soll sich denn diese rückgängige Bewegung an das Vorige
anschlieszen? Der blosze starre Imperativus crede sagt uns
darüber nichts: und doch hätten wir das allergröszte Recht
zu erwarten: 'wie, du glaubst nicht an (bis königliche Ge-
sclilecht? Nun so darfst du doch dessen vei-sichert sein,
dass —\ Wir hätten, sage ich, das allergröszte Recht zu
erwarten, dasz irgendwie so etwas im Ausdruck — und
wäre CS selbst nur durch eine Partikel — zur Erscheinung
käme. —
'Und schön finde ich sie auch: und du kannst mir
glauben, dasz ich das aus Ueberzeugung sage, nicht etwa,
wozu bei mir, der ich bereits das vierzigste Jahr hinter mir
habe, kein Verdacht ist, weil sie mir Concessionen ge-
macht liat.*
AVanun muss denn so ernstlich versichert werden, dasz
sie schön gefunden wird? Man hätte nach der vierten
Strophe, angeschlossen an die Trojanischen Sklavinnen, die
wegen ihrer Schönheit geliebt wurden (niveo colore — forma\
zu ODE II; 4. LXXVlf
glauben sollen, dasz sie ungewöhnlich schön gewesen und
dasz eben ihre königliche Schönheit zu der Ueberzeugung
verleitete, dasz sie königlichen Geblüts sei. Wenn das nicht
aus dem Eindruck ihrer königlichen Schönheit gesclilossen
war, woraus denn? Nun, aus ihrer Tugend. Die soll ja
aber nur dafür gut sagen, dasz ihre Mutter keine Hure
war. — Kurz: ich komme aus diesen Cirkeln und Unklar-
heiten nicht heraas. Und — was damit zusammenhängt —
ich weisz nicht, was Ernst, was Spasz ist: während ich
doch wohl glaube, für den Horazischen Humor sonst em-
pfänglieh zu sein. Es thäte nemlich noth, jeder einzelnen
Strophe beizuschreiben : dies soll Ernst, dies soll Spasz sein.
Denn allerdings die ersten Strophen, der Vergleich der
anciUa mit jenen heroischen Königstöchtern sieht nach Spott
aus. Aber gewisz für die beiden letzten Verse hört jedes
Zeichen dafür auf, — nachdem in der vierten die obigen
unerträglichen Wunderlichkeiten das Fortschreiten hemmten,
freilieh auch schon die dritte Strophe hier zur Unzeit kam,
welche man, wenn man überhaupt sonst meinen könnte, ein
Horazisches Product vor sich zu haben, vielleicht entfer-
nen mttsste.
Einige Herausgeber wissen es mit überraschender Fein-
föhligkeit ganz genau: schön müsse die aitrilla wirklich ge-
wesen sein: sonst verliere das Gedicht alle Anmuth: aber
alles Uebrige sei ironiscR. Die vorletzte Stroi)he besage, dass
sie untreu und habsüchtig war.
Ich möchte eigentlich glauben, dasz der Verfasser das
Gedicht ernst gemeint tmd dasz die humoristisclic Färbung
seiner Ungeschicklichkeit verdankt wird : dasz er z. B. nicht
fbblte, dasz der Vergleich mit den heroischen Königstöchtern
komisch ist, wenn er nicht humoristisch sein soll. Doch
sicher kann man das nicht wissen. — Eben hatte ich dieses
niedergeschrieben, als mir Westphals Paraphrase (humoristi-
sche Lyrik des classischen Alterthums, 1868. S. 101) in die
Hände fiel: aus dem Grossen gemacht wie sie ist bestätigt
sie für mich durch scheinbar kleine, aber sehr wesentliche
Aenderungen wie sie sich ohne Zweifel bewusztlos ihm ein-
LXXVm zu ODE II, 4. 5. 6.
gestellt, dasz ich die Ungefügigkeiten des Originals recht
gesehen. Ich setze seine Paraphrase her.
Schäm* dich nicht, dasz deine Sklavin dir dein Herz gefesselt hält!
Von der blonden Magd Briseis ward besiegt Achill, der Held;
Seiner Magd Tekmessa Schönheit rührte den Telamoniden;
Die gefangene Kassandra schlug in Fesseln den Atriden,
Als die Beihen der Barbaren müde sanken in den Staub.
Als nach Rektors Tod die Feste Trojas ward der Flammen Raub.
Traun! du wirst mit einem edlen Schwiegenator noch beglückt!
Kann es nicht ein fürstlich Haus sein, dem das Schicksal sie entrückt?
Glaube nicht, dass sie die Tochter einer niedern Mutter sei;
Nein, sie stammt nicht aus dem Pöbel, die dich liebt so herzlich treu !
Welche Wange! welche Wade! welche Miene! welch ein Haar!
Aber sei nicht eifersüchtig, denn ich bin jetzt vierzig Jahr.
Od. II, 5 nondiim subacta —
Dasz die beiden letzten Strophen ganz fremdartig sind
musz sich doch wol von selbst verstehen.
Od. II, 6 Septimi —
Dasz diese Ode, seihst wenn der huloctus Cantaber inga
ferre nostrn in Zweifel laszen sollte, geschrieben sein musz,
ehe Horatius sein Sabinum hatte, ist unzweifelhaft. Es
heiszt also: 'Septimus, der du mir geäuszert, wohin auch
immer, auch in die fernsten Gegenden, ich mich zu wenden
Lust hätte, du wollest dich von mir nicht trennen, Tibur
möge mir der Sitz für mein Alter sein und meine Wohnung
(domus), wenn ich ermüdet sein werde von Meer und
Wegen und Kriegsdienst. Sollten aber die feindlichen Far-
cen dies versagen, so will ich von Tibur nach Tarent gehen,
wo es noch schöner ist und der lieblichste Winkel auf der
Erde den ich kenne'. — Ein jeder musz sich doch sagen
dasz in der zweiten Strophe steht: 'o möchte für meine
alten Tage, wenn ich — müde geworden, Tibur das Asyl
sein!' Wie kann er denn aber gleich mit dem Alter ins
Haus fallen? Es würde doch verlangt werden: Tibur ist
ein Ort, an dem ich jetzt weilen möchte (oder weile) und
zu ODE II, 6. LXXIX
noch in meinem hohen Alter weilen möchte. Es bleibt also
bei dieser unbefriedigenden Strophe anzumerken, dasz domus
auf bloszer Conjectur beruht, gegen die, wenn durch sie dem
Sinne genügt würde, allerdings nichts einzuwenden wäre.
Die üeberlieferung ist modus. Nun aber der Fortschritt, wie
er oben ganz richtig und nicht übertrieben angegeben wor-
den, ist lacherlich. Wer hindert ihn gleich nach Tarent zu
gehen? Warum musz er erst warten, dasz die Parcen ihn
Von Tibur wegtreiben, um an diesen schönsten, ihm lieb-
lichsten Ort zu gehen, die Parcen die ja dann wahr-
lieh nicht intguae sein würden, sondern ihm einen groszen
Liebesdienst erweisen? Es musz nach der ersten Strophe
eine grosze Zerstörung vorgegangen sein. Es war dort ent-
weder eine Anzahl Verse verloren gegangen , die dann aus-
gefällt wurde durch die jetzige zweite Strophe nebst dem
ersten Verse der dritten. Oder wir haben eine unverstän-
dige Enveitening aus etwa Folgendem ;
Septimi, Gades aditure mecum et
Cantabrum indoctum iuga ferro nostra et
barbaras syrtis, ubi Maura semper
aestaat unda :
Sit modus lasso maris et viarum.
dulcc pellitis ovibus Galaesi
flumen ut regnata petam et Laconi
rnra Phalantbo.
Da« Ganze mit dem sehr schönen und zarten Schlusz ist
von merkwürdig ergreifender Stimmung für den jungen Ho-
ratius und ist überhaupt äuszerst merkwürdig. Horatius
machte also damals Oden, und indem er sich hier tutfes
nennt — wie er doch als Satirendichtor nicht sich nennen
würde — zeigt er dasz Odendiclitung damals vor seiner
»Seele stand, und als diejenige Dichtung vor seiner Seele
stand, die er in der gewünschten Musze fortzutreiben sich
vorstellt. Es scheint, wir haben hier wieder einen Fall, wie
die Dinge und Conflicte in den menschlichen Gemüthem an-
ders gehen als in den Tabellen. Es scheint doch dasz man
sagen musz: Horatius hat in der nächsten Zeit als er nach
LXXX ZU ODE U, 6. 7. 8.
Rom zurückgekehrt war gleich lyrische Gedichte gemacht
Es war ihm sein eigentliches , durch sein Genie ihm ange-
wiesenes Feld der Satire, jedenfalls in seiner Bedeutung
wenigstens, noch nicht zum Bewusztsein gekommen. Theili
war seine Stimmung damals eine traurig sehnsüchtige, theiUi
mochte der Gedanke als personlicher Angreifer wie Lueilim
hervorzutreten dem noch unbedeutenden und schutzlosen
sich kaum als eine Möglichkeit vorstellen; vielleicht ent-
schied sich dieser Gedanke plötzlich, und es war damit sein
satirisches Talent in die freie Bahn gebracht, als er, mit
Mäcenas bekannt geworden, das Gefühl einer Stellung und
einer Sicherheit gewann. Da regte sich denn mächtig der
Flügelschlag seines satirischen Genius, und die Odendichtung
trat zunächst in den Hintergrund.
Od. II, 7 0 saepe mecum —
In V. 11 , 12 ist noch ein Fehler, für den noch keine
annehmbare Heilung gefunden. Sie berühren den schimpf-
lichen Boden mit dem Kinn, d. h. sie fielen getroffen wäh-
rend des Fliehens, scheint wol ganz unanstöszig. Aber das
blosze Adjectiv minaces scheint doch gar nicht möglich.
Od. ir, 8 Ulla si duris —
V. 3 dente si fiigro fieres vel vno turpior unguL Gewisz
musz, worauf auch Meineke weist, uno auch schon zu dente
verstanden werden, und macht dies jede Aenderung un-
nöthig.
V. 14 simpUces Nymphae scheint mir unrichtig. Ich bin
viel mit den Nymphen umgegangen, wovon ich schon in
den populären Aufsätzen kein Hehl gemacht. Ich habe sie
nicht si'mplicex gefunden. Ich glaube Horaz hat geschrieben
complices,
V. 17 Ueberlieferung adde quod pubes tibi crescit omnis,
servitus crescit nova, Unsinn. Offenbar durch Versehen des
Schreibers wiederholtes crescit. Ich habe das zweitemal
dafür ut sit geschrieben.
zu ODE II, 10. II. LXXXI
0(1. IL 1 0 Reetius vives —
Man wünscht den letzten Vers weg, der schon Gesagtes
wiederholt und den Yorangehenden Schlusz mit dem an-
sehaolichen Beispiel von Apollo abschwächt.
Od. n, 11 Quid bellicosus —
In dieser Ode musz feststehen Folgendes als ganz un-
möglich von Horaz herrührend, a) Vom Scythen, um ihn
wegen weiter Entfernung als gefahrlos zu bezeichnen, zu
sagen : er ist durch das Adriatische Meer getrennt — wie
(rriechenland, die Illyrische Küste , — ist lächerlich, b) Zu
«Igen: 'lasz dich durch Sorgen nicht unentschlossen zurück-
halten das Leben zu nützen, welches weniges verlangt'
ist unsinnig. Es wird erfordert: Svelches ja doch nur
weniges bietet'. o) Nach der zweiten Strophe: fugit
retro levis iiirentas u. s. w. ist es unmöglich, dasz er und
Hirpinius mit einemmale als Greise erscheinen : rosa canos
ofloratt capillos. Diese drei Punkte lassen keine Mäkelei
zu. Sie müssen auf das allerentschiedenste behauptet wer-
«leii. Sie sind auch von Peerlkamp bemerkt. Welcher noch
eine Anzahl anderer Aeuszerungen macht und das Gedicht
för unhorazisch erklärt. Ich kann über die andern Punkte
nicht so entschieden sein : und lieszen sich die obigen drei
Punkte durch Conjecturen heben, so würde icli nicht wagen
es dem Horaz abzusprechen. Die beiden ersten Punkte zu-
nächst sind freilich von der Art, dasz man sie kaum einem
halbwegs verstÄudesfähigen Menschen zutrauen darf: und
fordern dadurch vielleicht um so mehr zur Aenderung her-
aus. Die Aenderung des canos wäre leicht, nämlich in
chctos oder vinctos. (Sogar vhwuhim steht so Senec.
Med, 70 prnecingens roseo tempora vinculo. Dieselbe Strophe
hat vorgeschwebt bei Seneca HippoL 394 sie t entere
iüctae coUa perfundant comae). Für ne (oder neu)
trepides in usum poscenti^ aevi pauca klänge praebentis
pauca prosaisch , aber beszer praebentis aevi parca, Oder
spondentisf Man könnte sagen : spondere thut das Leben nicht
pauca y sondem gar nichts. Indessen, meine ich, es könne
\A\kf, Hontiiu. F
1.XXXII zu ODE II, 11. n.
auch 0cbr wol verstanden werden : in seltenen Fällen giel
das Leben auf unsere Anfrage spondesne hoc? die Anl
wort spondeo. Die ungewöhnliche Construetion ne irepide
in usum — 'sei nicht ängstlich heranzugehen scheint mi
zwar durch die Stelle, welche Meineke als Parallele bei
bringt, nicht gerechtfertigt: Oed. Tyr. 9S0 ug ta ufjgbt
fif] (poßov vvfKpBv^ara, Das wäre nur parallel wenn ei
hieszo: gehe dreist an die Ehe mit der Mutter. Dennocl
aber sollte ich glauben, dasz es auch von Horaz könnte ge
wagt sein. Aber das hilft noch alles nichts, so lange nicht
der Scjfthes Iladria divisus obiecto weggeschafft ist. Ich habe
geschrieben — natürlich als irgend einen Versuch — hornda
diüijfus ora (dadurch, dasz er in der horrida ora wohnt von
uns doch weit getrennt) tu remitta« quaerere. — Bekannt
Od. I, 26, 4 guis sub arcto rex gelidtie metuatur orae. I, 12,
55 subiectos Orient is orae Seros et hidos. — *Du' — über-
lasz es andern.
Od. II, 12 Nolis longa ferae —
V. 6 undc pericuium fuUjens contremuit dotnus Saturni
veteris. Sollte das Iloraz wirklich geschrieben haben ? Man
sagt contremuit stehe mit dem Accusativus wie Verg. Aen.
3 , 648 sonitumque pedum voccmque tremisco (des Cyklopen).
Sen. ep. 65. e,ctr, fortes simus adversus Jbriuita. non
contremiscamus iniurios, non voinera^ non vinculoj non
egestatem. Aber man sollte doch auch sagen: es sei immer
auffallend, wenn ein zusammenstehendes coeluni contremuit
nicht heiszen soll: *der Himmel erdröhnte' {coelum tonitru
contremit z. B. sehr bekannt aus Cic. or. 3, 39). Soll dem
aber nicht so sein, dasz dann wenigstens nicht gesagt ist
Telluris iuvenes^ quos coelum contremuit ^ sondern: 'die Gi-
ganten, von denen aus der Himmel vor Gefahr erzitterte'.
Wdrde das nicht eine gesuchte Ausdrucksweise sein aus
einer Rhetorik, welche dem Honiz nicht zuzumuthen?
Sodann aber den beigebrachten Beispielen mit dem Accu-
sativ gegenüber müszte auch augemerkt werden, dasz peri-
cuium contremisco mit jenen nicht parallel ist. In jenen ist
zu ODE U, a LXXXIIl
der G^enstand im Accusativ genannt, vor oder von dem.
eben weil er gefährlich imd fühlbar ist, man erzittert
Und 80 sind wenigstens auch die andern Beispiele bei
Forcellini: Justin 32, 4 cum Ilajmibalem Romano tonanlem
Mio Italia contremuü (hinreichend mit absichtlicher Rheto-
rik gesprochen). Stat. Theh. IX, 535 Illam (quercum) nu--
tmtem nAius ei mons ipse tremiscit, qua teilure cadatj quos
obruat ordine jfilvas. Hieron. in Jesaiam 1, 10, 4 semper
dbi impendentetn manum domini pertremhcant. So die vie-
len Beispiele von tremo und tretnendus. Alles Obige zu-
sammengenommen musz ich den Anstoss, den ich jedesmal
nehme an
TeUuris iuvenes, uiule pcriculum
fuigens contremuit domwt
Satumi veteris
ftir gerechtfertigt halten. Ich glaube, dasz pericuium schlechte
Ergänzung einer Lücke am Versende ist uiid habe geschrie-
ben utide per aethera. Die aetheria domus (I, 3, 29). In
derselben Sache cum parentis regna per arduum cohors Gi-
ff auf um scanderet impiu II, 19, 21.
V. 10 geht nun die Ueberlieferung also weiter:
Satumi rcteris: tuque ped(*s(rihus
dices historiig proelia Caesari&\
Maecenasy melius durtaque per rias
regum colla minacium.
Alusa pedestris * Verse, die auf der Erde gehen, keinen
hohen Flug nehmen sagt Horaz von seinen Satiren, Sat. II,
6, 16 ergo ubi mc in montis et in arcem ex* urbe removi,
quid prius illustrem satiris musaque pedestri? Und ganz eben-
so von Versen, die den gewöhnlichen tragischen Flug ab-
legen, an der anderen Stelle A. p. 95 et tragicus plerumque
iolet sermone pedestri Telephus aut Feteus. Und hier sollte
es Horaz schon in dem Sinne gesagt haben: in Prosa ge-
schrieben? Sodann ist ja der angefangene Gedanke ohne
Abschlusz, der sich doch deutlich genug dahin anliesz: so
wenig du von mir, von meiner weichen Cithara die höchsten
Qeschichtsthemata der alten Zeit verlangen darfst oder die
F2
LXXXIV ZU ODE U, 12.
höchsten iiiythischeu Themata, eben so wenig dies ueueati
Thema der Kriegsthaten und Triumphe des Augustus, dai
an Hoheit mit jenen alten sich miszt. Denn mich hat zi
ganz andern Themen die Muse bestimmt. — Endlieh we;
erklärt tuque? Was ist das für ein Uebergang mit quB
welches gleich wäre einem hnmo tu'i Ist das möglich!
Nimmermehr. Hier waren theils nur vereinzelte Bfichstaben-
spuren übrig geblieben, theils Worte verlöscht, und beides
ward verkehrt ausgefttllt. Ich habe versucht was ich in den
Text gesetzt und was den nothwendigen Sinn enthält:
neve pedestnlnia
(lici carminibtis proelia Oipsaris,
MaeceJias, iubens
V. V^ *Deu sttszen Gesang der Gebieterin Licymnia'.
(lomina ist die ehrfurchtsvolle Bezeichnung der hochstehen-
den Frau, wobei sich hier einmischt, dasz als Gemalin des
Mäcenas, seines Gebieters (Patrons), sie auch selbst dem
Horatius als seine Gebieterin dasteht. Wie von der Göttin
bei Prep. IV, 2, 31 Ergo hie Musarum et Sileni patrh itnago
Fictilis et valami, Pan Tegeaee, tui, Kt Veneris dominae
rotiicreSy mea turba, roiumbae Tingunt Gorgoneo punica
rostra lacu.
V. 21 ff ist die Uel)crliefcrung :
num tu quae tenuit dives Aehaemeties
aut pinguis Phrygiae Mt/gdonias opes
permutare vclis crine Licymniae
plenas aut Arabum domos?
dum f'oder cujnj flagrantia detorquet ad oscuia
cen'icem — — —
Und zwar herrscht in den Ausgaben vor (z. B. auch bei
Bentley und Meineke) eben diese Interpunction mit dem
Fragezeichen nach domos. Das ist aber doch ganz unmög-
lich. 'Möchtest du das Perserreich eintauschen wollen oder
die Schätze Arabiens für das Haar der Licymnia, wenn sie
mit dir Küsse tauscht' ? Entweder 'für das Haar oder 'für
die Küsse' war zu sagen, aber nicht beides confus. Setzt
man hinter Licymniae das Fragezeichen und verbindet dann
zu ODE II, 12. 13. LXXXV
plenes aut Arabum domos dum — 80 entsteht: 'möchtest du
da« Perserreich oder die fruchtbaren Phngierfluren ein-
taosehen für das Haar der Licymuia ? oder die Reichthömer
Arabiens (eintauschen) wenn sie deinen Küssen entgegen-
kommt oder mit nur scheinbarer Sprödigkeit sie sich ent-
reiflzen läszf? Wie diese Scene mit dem Wechseln der
Küsse eine Steigerung ist gegen das Anschauen des Haares,
auch ausführlich ausgemalt gegenüber dem einfach gesagten
crine, so ist es ganz noth wendig, dasz auch die einzu-
tauschenden Schätze in demselben Verhältnisz ausgedrückt
seien. Eis kann nicht dem einfachen cn'nis gegenüber gleich-
sam ein Doppelgebot stehen, der ausgeführten Scene der
Küsse ein einfaches : es kann nicht in der Sache ein EJimax,
in den einzutauschenden Gegenständen ein Antiklimax sein.
Dagegen mit Umsetzung eines Verses erhalten wir das ])e-
friedigende :
num tu quae tenuit dives Achaemt^nos
permutare veUs crrne Licymniae (
aut pinguis Phf*ygiae Mygdonias opes
plenas aui . irabum damos
dum ßagrantia deiorquet oscula cprvicem u. s. w.
Od. II, 1 3 Ille et nefasto —
Dasz hier die drei letzten Strophen Zusatz sind , darauf
ist bereits von mehreren aufmerksam gemacht, und es unter-
liegt keinem Zweifel. Es tritt etwas völlig Fremdartiges
ein. Wenn aber Gnippe nun das ganze Gedicht sein lässt
Strophe 2, 3, 6, 7, so fehlt ihm belebender Gedanke und
Fortgang. Ich glaube annehmen zu müssen, dasz auch eine
Versetzung der echten Strophen vorgegangen, deren richtige
Folge ist: 1. 2 (illum) 3 (et quidquid) 6 (quam paene) 7
(Sappho) 4 (quid qtusque) 5 (miles). Zur Weglassung end-
lich der ersten Strophe, obgleich es dem Gedicht gewisz
gut th&te, haben wir doch, wie ich glaube, kein Recht.
Od. II, 14 Eheu fugaces —
Wenn man die Strophe visendus aier — V. 17 für echt
LXXXVI ZU ODE II, 14. 15.
halten wollte, so mUszte man sie umstellen hinter linquenA
tellus. — Denn nachdem wir bereits so gründlich in dtt
Unterwelt verweilt, ist es jedesmal anstöszig noch eiiir
mal in das Leben uns zurltckgefUhrt zu sehen. AUdi)
die falsche Stellung, welche sie erhalten, kann auch daraiii
hinweisen, dasz sie ein unechter Zusatz ist. Und dafür ent*
scheide ich mich durchaus. Der krass mythologische Tob
will zu dem sanfteren, weicheren Ton der bisherigen Stro-
phen nicht passen, der mit linquendu telliu gleich wieder
empfunden wird. Die zusammengepreszte Mythologie in der
genannten Strophe ist noch um so auffallender, da wir das
Mythologische, bescheiden angebracht, schon in der zweiten
und dritten Strophe hatten, ja mit der compescens unda om^
nibiu enavfganda doch eigentlich schon dasselbe wie mit dem
visendus Cocytu». —
Aber ich kann nicht umhin auch die letzte Strophe fftr
unecht zu halten. Wo war denn eine Andeutung, dasi
Postumus ein Mann sei, der karg und sparsam, wenn nicht
geizig, seines Vermögens nicht geniesze? Ja der voran-
gehende Vers scheint doch auf die Pflege eines Gartens zu
deuten. Und dazu kommt der übertriebene Ausdruck in
der Strophe:
Die hundert Schlüssel, mit denen der Wein verwahrt
wird, der Wein, der noch besser ist als der Wein der
Priesterschmäuse. Schwerlich auch hätte Horaz richtigeres
Gefühl den Erben gerade dUjniov genannt, um ihn gleich in
einer Wirthschaft in entgegengesetzter Richtung zu schildern,
die doch nicht digna^ auch nach Horazischem Sinne nicht
diyna ist.
Das Ergebnisz ist: die vier ersten Strophen mit der
sechsten sind echt und sehr hübsch. Der echte Schlusz ist
dann verloren. Statt seiner haben sich zwei unechte Btro-
phen, die fünfte und die letzte, eingedrängt.
Od. n, 15 lam pauca aratro —
Hier haben wir ein Capitel Antiquitäten, Aufzählung
von Einzelheiten. Und ein belebender Gedanke für Kopf
i
zu ODE II, 15. LXXXVII
oder Gemath; eine Gnome^ eine Mahnung, eine Warnung
ist in dem ganzen Gedicht gar keine. Ich mttszte es fflr
onhoraziseh halten — wie auch Peerlhamp thut — auch
irenn der Ausdruck besser wäre als er denn doch wirklich
ist Allein der Ausdnick ist schwerfällig und sonderbar un-
^lenk : denn die Ungelenkigkeit scheint viel mehr als die
Affeetation die Sonderbarkeiten herbeigeführt zu haben.
Im einzelnen, ob motes treifend für die Stelle ist, wo es
nicht auf die Höhe der Gebäude, sondern auf die Ausdeh-
nang der Anbauten und Anlagen ankommt, ob stagna be-
zeichnend genug gewählt ist für die piscinae, mag dahinge-
stellt bleiben. Befremdend darf wol auch V. 14 commune
'das Gesamtvermugen erscheinen.
Aber sonderbar ist doch gewisz 'alle Fülle für die
Nase\ Lateinisch omnis copia narhim^ und sonderbar gewisz
violaHü et myrtus et otnnü copia narium xpargent olwetis (die
nicht mehr vorhanden sind) odarrm fertiUbus domino priori:
man mag rioletis für Dativ nehmen oder, wie auch gemeint
worden, für Ablativ. In den beiden letzten Strophen aber
ist ein unausstehlicher und unverstehlicher unlogischer Zick-
zack und Durcheiuanderziehen von dem, was die Armuth
nicht erlaubte und was das Gesetz nicht erlaubte, was es
nicht erlaubte und was es gebot. Und von dem, was der
bescheidene Sinn nicht erlaubte, ist gar keine Rede. Aber
freilich das wäre schon ein Gedanke oder Empfindung, de-
ren eben das Gedicht baar ist.
Hehrere Handschriften haben dies Gedicht an das
vorige angeschlossen: während doch wenigstens in einer
Aebnlichkeit des Inhalts hier gar keine Veranlassung dazu
vorhanden war. Sollte vielleicht darin noch eine Spur sein,
dasz es ursprünglich nicht in der Reihe der Horazischen
Gedichte stand, sondern nebenbei geschrieben, und sich zu-
filllig länger als manche andere Nebenschreibung so er-
hielt? — Es scheint dasz man von den unechten Anfangs-
Versen der zehnten Satire glauben dürfe, sie seien Ursprung-
LXXXVIU ZU ODE 11, U».
lieh beigeschriebon gewesen und seien, dadurch kenntlieli,
in einen Theil der Abschriften gar nicht aufgenommen wor-
den, während sie in einen andern Theil kamen. Dasz heute
unsere ältesten Handschriften, wie man uns sagt, sie nicht
enthalten ist ein Zufall. Denn jene vorzüglichen Verse wer-
den doch nicht erst nach dem achten oder neunten Jahr-
hundert entstanden sein sollen.
Od. II, HJ Otium divos rogat —
Das otium^ welches die Thraker und die Meder erstreben,
hier zu begreifen und mit dem otiurn^ welches der Sturmer-
faszte auf der See erbittet, in Uebereinstimmung zu setzen,
daran werden alle Versuche scheitern. Die Verse 5 und 6
sind Ausfüllung einer Lücke, die nach der ersten Strophe
entstanden war. Allein der Ausfall betrug nicht blosz zwei
Verse, wie der Ausfüllende annahm, sondern wenigstens eine
Strophe und zwei Verse. Denn der Sinn welcher verlangt
wird läszt sich in zwei Verse zusanmiengefaszt nicht denken.
Dieser Sinn ist aber: 'der mercator^ wenn er auf der See
von Gefahr drohendem Sturm ergriffen wird, bittet die Götter
um die Gewährung des otixnn, dem er sich, diesmal errettet,
hingeben wolle. Allein kaum ist er entronnen, so geht er
wieder an die negotia und fährt fort zu erwerben. Und nie
kommt er zum otium. Denn dies ist ein inneres, durch
keine Schätze zu erkaufendes, nur durch innere Genügsam-
keit zu erwerbendes Gut.' Es schlieszt das Gedicht mit
V. 28. In den beiden letzten Strophen soll Horatius dem
Grosphus sagen: Mu bist ein sehr reicher Mann, hast aber
keine innem Eigenschaften; ich besitze wenig, habe aber
Genie und Charakter.' Es ist mir nicht bekannt, dasz Ho-
ratiiis ein solcher Grobian gewesen. Auch ist der Gedanke
'dem einen sind Güter von dieser Art verliehen, dem andern
von jener Art' nicht derselbe mit jenem *auch das höchste
Glück hat stets eine Schattenseite', für welchen Achilles
und Tithonus noch passende Beispiele sein könnten, so dasz
die beiden Verse über diese, für sich genommen, wie mich
zu ODE II, 16. 17. LXXXIX
dfinkt, noch echt scheinen könnten. Worauf man dann mit
V. 31 in eine unerwartete und bodenlose Grube fällt. *Der
herrliche Achilles muszte frflh sterben, der schöne von der
Göttin erwählte Tithonus in langem Alter dahin siechen.
Und so wird auch die Zeit vielleicht zwischen unser beider
Gfltem noch einmal einen Tausch eintreten lassen. Jetzt
hast du Reichthum und keine geistigen Gaben^ ich Armut
nnd Geist/ Weitere Verrenkungen, mit denen man versucht
wieder in die Höhe und ans Tageslicht zu gelangen, sind
!*o unnatürlich wie erfolglos. — Noch musz die Strophe
icarniU aeratas — wegen der lächerlichen Reiterschwadronen
— eine Schar reitet auch nicht schneller als ein einzelner —
entfernt werden. Der Verfasser, die schöne Strophe III l
nachahmend, scheint dort, wie es auch Neueren begegnet,
statt des erzbeschlagenen Schnellseglers, einer pn'va triremis
epist, I 1, 95, ein Kriegsschiff, gar mit Schiffsschnabel, ver-
Htanden zu haben, wodurch Thorheit entsteht.
Od. II, 17 Cur me querellis —
Zu einem sichern Entschlusz über dieses Gedicht zu
kommen wird schwer sein, auszer zu dem, dasz es in dieser
Gestalt nicht aus Horaz Händen gekommen. Dasz 'das
ridiküle Pathos der Strophe me nee Chimaerae des Horaz
ganz unwürdig sei', wie Meineke sagt, das nachzuempfinden
musz verlangt werden. Meineke ist auch nicht abgeneigt,
auch die folgenden Strophen bis zu Ende mit Peerlkamp für
unecht zu halten. Dann wäre also das Gedicht mit den
drei ersten Strophen abgeschlossen. Das scheint wenig be-
friedigend. Mich will bedttnken dasz auch die Strophe
iucei ruinam — an einer Unbestimmtheit des Ausdrucks
leidet und an einem forcirten Wesen, wie es dem Horaz,
wo es persönliche und Hencensverhältnisse gilt, nicht eigen
ist Dasz femer die Strophe seu Hbra - auch nicht Horazisch
aussiebt mit ihrer gehäuften astrologischen Gelehrsamkeit,
bei der man gar nichts denken kann. Das hat Persius ganz
anders gemacht in» der allerdings von der unsrigen nicht
XC zu ODE lU IT. 18. 19. 2'>.
unabhaiigigeu Stelle V; 45, welche nur beweisen koiinta
dasz ent>Teder unsere Stelle nach Persius gemacht oda
unsere Interpolation schon älter als Persius ist. Meini
Meinung ist, wenn man nicht das (ranze für falsch halten
will, dasz echt seien die erste Strophe und die drei letzten:
dasz das Gedicht geschrieben sei als nach der Krankheil
Mäcenas doch wieder gesund geworden war und im Theateoi
cnne Freudenbezeugung über seine Genesung empfangen
hatte: dasz Horaz mit seinem fios /tumilem Jenemus agnam
meint sein Opfer für die Genesung des Mäeenas. Lachmanns
rut V. 25 für cum paszt uns dazu treflFlich.
Od. II, 18 Non ebur neque aiireuui —
In dem Metrum unseres Gedichtes, auch mit ein Paar
Anklängen an den Sinn und Ausdruck, ist des Prudentius
i'pUogtis verfaszt, S. 306 Obb. Nos cilos iambicos sacramus ei
rotatiles trochaeos heiszt es V. 7. Es sind 34 Verse und
pxnz deutlich zweizeilige Strophen.
Od. II, 19 Bacchum in reiuotis —
Dies wie das ähnliche Gedicht III, 25 Quo me Bacche
rupis tiu plenuM? sind schwache und durch Pathos, dem
man das Gemachte gar sehr anfühlt, iwangenehme Gedichte.
Od. II, 20 Non usitata nee teniii ferar —
£s ist ihm nicht genug ein Schwan zu werden, sondern
ein Schwan von nicht gewöhnlichem, besonders starkem
Flügel! In einen solchen Schwan verwandelt wird er ein
'zweigestalter Dichter fliegen. Denn jeder andere Dichter
hat nur in einer Gestalt existirt, er in zwei Gestalten. 'Ich
werde ein zweigestalter Dichter durch die Luft fliegen ist
doch einigermaszen sonderbar. Also: ich werde fliegen und
werde nicht länger auf der Erde weilen. Würde er denn
das wenn er gewöhnlich stürbe ? Nicht werde ich als Sohn
zu ODE II, 20. Ul, l. XVA
inner Eltern^ nicht ich als der, den du mich nennst, soll
hassen — und ist fast komisch ausgedrückt — nicht als
fiofatios sterben und in der Unterwelt bleiben, wie es doch
den andern Menschen begegnet als das was sie sind und
wie sie heissen zu sterben. Und also Horatius stirbt nicht
als Horatius. Als was denn? Und er wird ja erst recht
als Horatius bekannt sein. Die Sache war und was ver-
ständig zu sagen war: er stirbt gar nicht. — Bald werde
ich über alle Völker als sangreicher Vogel dahin fliegen.
Und es wird mich kennen lernen der Koleher — Wie?
woran werden sie denn den fliegenden Schwan als Horatius
erkennen? Oder während er da oben fliegt wird er dabei
Peine Gedichte declamiren? Und wie? die Daker und Kol-
eher haben die schon von Horaz gehurt? und freuen sich
ila oben von dem Dichter besucht zu werden, in dessen
Oden sie so schlecht behandelt sind? — Und der erfahrene
Iberer wird mich lernen, oder studiren (Prop. UI, 5, 25).
Das heiszt doch >virklich: er wird meine Gedichte lernen.
Eline vielleicht für schön gehaltene Confusion zwischen dem
Schwan-Horatius und dem Gedichtbuch-Horatius. Und all
das Zeug soll von Horatius sein? Es ekelt mich wirklich
an zu verweilen und zu fragen, um wie viel schlechter mit
der bereits von mehreren herausgeworfenen Strophe iam iam
— die Sache wird. Wohl aber ist darauf aufmerksam zu
machen, dass, wenn sie wegfällt, und mit ihr der albus alejtj
in dem Gedichte jede Andeutung fehlt dar^z vom Schwan
die Rede ist.
Das Gedicht ist ein besonders unglücklicher Versuch,
nach Art des Schlussgedichts im dritten Buch ein paralleles
selbflüobendes Gredicht zu machen; sehr wahrscheinlich wird
man glauben dürfen, dasz, wie es jetzt steht, es von dem
Verfasser als paralleles Schlussgedicht für das zweite Buch
aacb gedacht war.
Od. in, 1 Odi profanuin volgus —
Heineke sagt von dieser ersten Strophe, er hätte sie
Ton den übrigen absondern sollen, denn es scheine unzwei-
XCII zu ODE Ul, 1.
felhaft (lasz sie das Proömium hätte sein sollen nicht nur
für das erste Gedieht, sondern auch für die folgenden in
demselben Metrum geschriebenen. Aber wanim denn? passt
sie dem Sinne nach zum ersten Gedichte nicht, so kann sie
auch nicht allgemeines Motto sein. Denn das Motto müszte
ftlr alle Gedichte passend sein, ftlr welche es bestimmt ist.
Paszt sie aber dem Sinne nach, so ist das erste Gedicht
wohl ernst und bedeutsam genug, um eine hervorhebende
Anfangstrophe zu haben. Was es sonst Bedenkliches haben
mag für antike Sitte, eine Strophe solchen Inhalts und
Schwunges nicht künstlerisch verwoben zu sehn, sondern
als abgesondertes Motto für sechs Gedichte, will ich beruhen
lassen. Denn es giebt gegen Meinekes Meinung noch ent-
scheidende Gründe. Diese Annahme hat nämlich gegen sich
den Schlusz der dritten Ode non hoc iocosae conveniet lyrae
und den Anfang der vierten Descmde caelo. Wer hier
als ein von den Musen bevollmächtigter, von den Musen
ausgestatteter Verkünder ihrer Weisheit auftritt, kann weder
sagen, er sei eigentlich für so ernste Dinge kein Organ
noch kann er die Muse erst herbeirufen, ja sich noch wun-
dem wenn sie ihn schnell erhört. Sodann; was doch ohne
Zweifel der Hauptaustosz für die Vereinigimg der Strophe
mit dem ersten Gedicht ist, das trennt sie auch von den
übrigen. Zwar kommt etwas, was die Jungfrauen angeht,
in der sechsten Ode, und in dieser allein, vor (21 ff.), aber
wahrlich so ausgedrückt, wie man zu den Jungfrauen selbst
gar nicht sprechen könnte, sondern zu ihren die Schuld
tragenden Müttern. Hiemach ist es gar nicht mehr nöthig
zu urgiren, dasz auch — etwa mit Ausnahme des zweiten
— Ton und Art dieser Gedichte nicht an pueri gerichtet ist.
Nur das eine sei berührt. Die fragende Form am Schlusz
des ersten Gedichtes quod si dolentem . . . cur invidendis
postibus et novo sublime ritu tnoliar atrtutn? cur volle per-
mutem Sabifta divitias operosioresf paszt diese etwa für ein
Knabenpublicum ? So spricht man vor einem erfahrenen
Publicum, mit welchem man überlegt. Aber überhaupt die-
ser Frageton ist kein Lehrton, kein überlegener Lehrton
zr ODE Ulf i. xciii
wie ihn das Auftreten in jeuer Strophe ankündigt. DieB
darf gesagt werden, weil es wahr ist; zur Abweisung der
ersten Strophe wäre es nicht mehr nöthig. Das schönste
VerstAndniss übrigens gibt die Annahme dal$z Horatius die
tScUuszfragen an sieb selbst gerichtet spricht. Das Gedicht ent-
Mi in grossen Zügen die Hauptsätze seiner durch Betrach-
tung der umgebenden Bestrebungen nur befestigten Lebens-
weisheit, zunächst recapitulirt für sich selbst. Die Sätze sind:
Auch die höchsten menschlichen Machthaber stehen doch
unter der Gewalt des lupiter, der allein der allmächtige ist
(5—8). Unbestrittener Hauptsatz, kurz und kräftig in 6iner
Strophe bingestellt.
Was Menschen anbetrifft, so mögen innerhalb des Be-
reichs menschlicher Verhältnisse Abstufungen in Stellung
und Ansehen immerhin stattfinden ; allein diese Unterschiede
sind eitel: der Tod erfasst alle gleichmäszig (2 Strophen,
9—16).
Schuldbewusztsein, auch in höchsteu Verhältnissen, ver-
hindert jeden noch so raffinirten Lebensgenusz, ja die noth-
wendigste Lebenserquickung, den ruhigen Schlaf, der da-
gegen die niedere Hütte und die Ländlichkeit aufsucht
(ebenfalls 2 Strophen, 17—24).
Genügsamkeit in Lebensgenusz und ^Lebensbedürfnissen
schützt vor den Gefahren des Meeres und vor den Un-
sicherheiten und Sorgen groszer Landbebauung (2 Strophen,
2.5—32).
Dagegen die groszen Bedürfnisse des Luxus steigern
sich fort und fort und suchen im Ueberdnisz Abwechselun-
gen und Ortsveränderungen; allein gewisz wird man durch
Ortsveränderung Furcht und Besorgnis nicht los, sie folgen
«1 jedem Orte nach (2 Strophen, 33 — 40).
Also —
Nach diesem Gange ist mir die Erwähnung des Ueber-
drusses des Reichen, der aus Ueberdrusz an seiner Land-
villa ins Meer baut, völlig treffend und wesentlich. Dem
zweiten Bedenken, das Meineke für die Verwerfung der
Strophen 33 — 40 stimmte, kann man weniger dreist entgegen-
XCIV zu ODE HI, \.
treten. Demun^eachtet sollte es denn wirklich so iiuffallen<
sein, wenn HoratiuS; indem er von jenen Seebauten al
einer Ungeheuerlichkeit zu sprechen denkt, sich des Am
drucks bedient: Men Fischen wird das Meer zu eng*, uni
mit einem kleinen Schritt weiter: 'sie flihlen das Meer ver
engt' ? An der parallelen Stelle epist. I 1 , 83 fllhlt dat
Meer : ^nullus in orbe ninus Baus praelucet amoenis si diofA
dives , Incus et mare sentit amorein festinantis eri. Und sc
eben beschuldigte der Baum die Witterung. Ich finde da-
gegen Anstosz an dem frequens, 'Häufig, vielfach' läszt dei
Unternehmer die BaustUcke hemb : das scheint mir unmäszig
prosaisch und unerträglich für den welcher alles nächst Fol-
gende, wie mir scheint, ungemein schön und poetisch ge-
dacht und gesagt hat. Wie schön ist minae : die imminentin.
Ein hnc vehetis scheint mir wol passend: 'hieher schafft er
— wohin sie wahrlich nicht gehören, wo wahrlich ihr Ort
nicht ist. Ich hätte auch huc ferens schreiben können. Doch
vehens ist wol vielmehr das Treffende und Gangbare in
solcher Verbindung.
Um nun mit einem Worte zur ei"sten Strophe zurück-
zukehren, sie musz fort. Sie ist entweder gar nicht von
Horatius, oder ist sie von Horatius — : an und für sicli ist
sie hübsch genug — so können wir sie nur als ein frag-
mentum Horatianum betrachten : wol nicht aus einer fertig-
gewordenen, sondern aus einer beabsichtigten Ode. Ich sehe
nicht was es eigentlich Bedenkliches habe anzunehmen
(worauf Gruppe schon hingewiesen), dasz man in Horaz
Nachlasz einzelne Strophen fand, die er zur Uebung oder
als Theile beabsichtigter und wenigstens in dieser Gestalt
nachlier nicht fertig gearbeiteter Gediclite niedergeschrieben :
dasz dann ein Freund solche Reliquien zunächst nur auf sein
Exemplar sich abgeschrieben: dasz er oder bald ein ande-
rer auch gesucht, sie an irgend einer scheinbar einiger-
maszen passenden Stelle einzuschreiben, vielleicht gar mit
kleinen Aenderungen einzuweben: dass sie dann endlich
von da in viele Exemplare sich fortpflanzten.
zu ODE 111, 2. XUV
Od, III, 2.
Mir scheinen nun auch in die zweite Ode solche Stro-
phen gekommen zu sein , im hoclilehrhaften Ton scheinbar
dieser Stelle anpassend, durch den logischen Zusammen-
hang auf das unzweideutigste <aus ihrer Stelle zu verweisen.
Diese sind die fünfte Strophe virtus repulmc — und die
siebente und achte Strophe est et ßdeli u. s. w. Dasz wir
alle diese Strophen so liinter dem Vorangehenden fortleseu,
und dasz wir sie selber hinter einander fortlesen, ist wirk-
lich nicht wol gethan. Welcher Mensch oder Gott könnte
wol sagen >vie das e*^ etßdcU — hieher geräth. Aber auch
das virtus repulsae an das Vorige. Und selbst nicht die bei-
den Strophen mit virtus gehören zusammen, deren erste von
der Tugend in ihrer avxaQA^ia redet, die zweite von der
Tugend die sich den Lohn der Unsterblichkeit gewinnt.
Auch tritt in der fünften Strophe plötzlich die virtus des
Statsmannes auf, während von der kriegerischen virtus die
Rede sein musz, welche, wenn nach V. 16 gleich die Strojihe
virtus recludens immeritis niori folgt, sehr wol angezeigt
und involvirt ist. Also erhielten wir als zweite Ode folgende:
Augustam amice pauperiem pati
robustus acri militia puer
coudiscat et Parthos ferocis
vexet eques metuendus hasta
vitamque sab divo et trcpidis agat
in rebus, illum ex moenibus bosticis
matrona bellantis tyraiiiii
prospicieiis et adulta virjro
suspiret: eben, ue rudis agniinum
sponsuB laccssat regius aspcrum
tactu Icoaem, quem cnienta
per medias rapit ira caedcs.
dulce et decorum est pro patria mori:
mors et fugacem persequitur virum,
nee parcit inbellis iuveutae
poplitibuB timidove tergo.
XfJVI zu ODK JII, 2.
viitus rechideus iiimeritis raori
caelum negxita tem])tat itcr via,
coetusqiic volgaris et udam
spemit humum fufj^enteponna-
Das läszt sich schon hurcu. Mit poplitibtis iimidove tergo
Wbrigens das Gedicht etwa zu schlieszen finden wir ganz
unbefriedigend. Es ist dann für den groszen Anlauf zu kurz
und für den gi'oszen Ernst und Schwung in dem Schlusz
gerade mit dem Motiv 'der Tod ergreift ja auch den Feigen
ein Abfall wie er dem Horaz gar nicht zuzutrauen ist. Nun
habe ich aber noch eine Vermuthung, auf welche einzugehen
ich freilich anheimstellen musz. Dasz nemlich zwei Strophen
aus der nächsten dritten Ode, V. 49—54 aurum inrepertum —
und quicunque mund^ — , welche dort ursprünglich nicht hin-
gehören können, aber gut scheinen und vor den übrigen,
die wir dort als Zusatz erkennen werden, sich hervorhebend,
in diese zweite Ode gehören möchten, nach Strojihe 3. Dann
erhalten wir, wie mich dünkt, ein schönes, volles, sich gar
befriedigend erweiterndes und erhebendes Gedicht.
Aiigustam amice pauperiem pati
robustus ncri militia ])uer
coudiscat et Parthos ferocis
vexet eques metnondus hasta
vitamque siib divo et trcpidis agat
in rebus, illum ex moenibus hosticiR
matrona bellantis tyranni
prospiciens et adulta virgo
Buspiret: eheu, nc nidis agminum
sponsus lacessat regius aspernm
tactu leonem, quem crueiita
per medias rapit ira caedos.
aurum inrepertum et sie melius situm,
cum terra celat, spernere fortior
quam cogere bumanos in usus
omne sacrum rapionte dextra
quicumque mundo terminus obstitit,
hunc tangat armis. visere gestiens
qua parte debacchentur ignes,
qua nebulae pluviique rores.
zu ODE m, 3. xcvn
dolce et decomm est pro patria man :
mon et fitgaeem pereequitar viroin,
nee parcit inbellis iayentae
poplitibos timidove tergo.
virtos recladens imneritis mori
caehim n^gata temptat iter yia,
coetusque volgares et udam
spemit humam fagiente penna.
Od. ni, 3 Instum et tenacem —
Dann wären hier zwei Strophen an eine passende
Stelle gesetzt, die wenigstens an die Stelle^ wo sie jetzt
stehen, III, 3, 49 nicht gehören. Dasz diese moralisirende
Strophe aurmn inrepertum — dort im Munde der Inno auf-
fallend unpassend eintritt ist schon bemerkt worden : welche
die Grösze und Dauer Roms nicht von der Moralitftt ab-
hängig gemacht, auch nicht seine Moralität prophezeit, son-
dern seine Macht unter bestimmten, ihren personlichen und
HoheitsgefQhlen Rechnung tragenden Bedingungen. Hier-
mit sind wir in die schwierige dritte Ode gelangt, ^e hat
nach V. 44, womit man am liebsten das Ende haben möchte,
jedenfalls noch andere und zwar schlechte Einschiebungen
erhalten. Die Strophe horrenda late — scheint doch mit
dem mittelländischen Meer und Aegypten geringere Grenzen
zu setzen als die vorangehende, und Grenzen, die den da-
maligen römischen Ohren gar nicht imponiren konnten.
Und die Strophe ter si resurgat — verräth sich auffallend:
dasz luno, welche in Voraussicht femer Zukunft, wie es
der Göttin geziemt, von Parthem prophezeit, hier sich be-
schränkter Weise einbildet, sie würde immer und immer
noch mit ihren Argivem aus der Dias operiren, ist einfältig.
Ob V. 58 das nhnium pH rebusque ßdenter erklärt werden
kann, mag dahin gestellt bleiben: mir will sich die Logik
nicht fttgen.
Mit dieser dritten Ode hat sich ein ausgezeichneter
Mann dngehender beschäftigt, K. L. Stmve. In seinem
Aufsatze, 'über Veranlassung und Absicht' dieses Gedichtes
xcviii zu ODE 111, :i.
(opusc. vol. 2) lese ich: 'Wenn ungegrabenes Gold. . . E^
ist freilich nicht zu leugnen, dasz im Zusammenhange diese
Verse fehlen können, da sie, \ne gesagt, nicht Bedingung
der luno sein können; es ist mir ferner nicht zweifelhaft,
(lasz einzelne Strophen hier und da dem Horaz unterge-
schoben sind, worüber Buttmann mit feinem Geschmack im
zweiten Bande seines Mythologus gesprochen hat; aber
diese herrliche Strophe diesem Gedichte nehmen wollen,
wie neuere Hyperkritik wollte, ist in meinen Augen wahrer
Frevel, da der ernste Inhalt desselben gUnzlich dem tiefen
Gefühle des Horaz angemessen ist.' Also weil die Strophe
herrlich ist und an sich von Horatius sein könnte, darum
ist sie auch von Horatius; und nicht nur Aas, sondern sie
steht auch an dieser Stelle richtig. Abgerechnet dasz ein
kleiner Euphemismus vorgekommen: 'fehlen können* für
* fehlen müssen . So schlieszt — das musz ich noch einmal
sagen — ein Mann wie Struve: und dies ist ein recht ein-
dringliches Beispiel wie unfrei \nr dem Horatius gegenüber
stehn. Und so geht es uns noch heute. Ich also kann
nicht anders, als annehmen dasz Horazeus Gedicht wirklich
mit triumphatisquc possit Roma fer<Kv dare iura Medis
schlosz. Das Folgende ist Erweiterung, durch gröszeren und
kleineren, auch groszen Unverstand sich verrathend, und
dem Inhalte nach nichts hinzufügend was nicht in der
echten Ode alles pnlgnant enthalten wäre. Die letzte
Strophe non hoc ioeosae vonveniet lyrae ist gemacht naeh
II, 1, 37 sed nv relictis Musa proeax iocts u. s. w. Sie hier
für Horazisch zu halten und sie hinter triumphatisque possft
Roma fero.v dare iura Medis noch aufzunehmen wird sich
nicht cini)fehlen. Jener Abschlusz ist so auf dem Gipfel,
möchte ich sagen, angelangt, dasz man gar keine Fortsetzung
erwartet. Der Dichter hat die Sache fertig gebracht: und
dann ist es wunderlich zu sagen: doch höre auf; dieser
Stoß' paszt dir nicht. Auch erscheint das ganze Gedicht
von vorn herein zu ernst und aus selbstangeregten Betrach-
tungen hervorgegangen, als dasz es naturgemäsz und auch
klug wäre, das Gedicht gleich wieder abzuschwächen durch
zu ODE III, 3. XC'IX
(las Gest&ndnisZ; es sei nur eine Kunstpilanze in dem Gar-
ten des Autors. Dies werden die Gründe sein, aus denen
mich wenigstens die Strophe hinter Borna ferox dare iura
Medis gelesep — denn den Wegfall der weiteren Stro-
phen musz ich entschieden festhalten — jedesmal wie ab-
ßllig und ungehörig berührt.
Doch in der ecliten Partie ist noch einige« in Er\vä-
?ung zu ziehen. Hauptsächlich das Troica quem peporit ne-
potem V. 32. Dies musz ich für unmöglich erklären. Die
Zeit, in welcher Inno redet, was und wie sie es redet (das
aufgeregte Ilton liion — iam nee — bellum resedif) musz
eine Zeit bald nach der Zerstörung Trojas sein: und das
Perfectum pepertt musz ich für unmöglich halten. Inno
»spricht prophezeiend: dederit. Das invisum nepotem heiszt
dann : den mir bis jetzt, in der Voraussicht, verhaszten. Ich
meine das geht wohl : allein ein viel befriedigenderer Gedanke
entsteht durch eine kleine Aenderung, nämlich in invictum.
Zu betrachten hat man noch das iihtm ego lucidas
mre sedes, dueei^e nectains sticos et adscrihi quietis ordinibvs
patiar deorum. Hat Horaz hier einmal, vielmehr einmal
drei gleichmäszige Glieder so verbunden, einmal oline Con-
junction und dann mit et? Nein. Es musz verstanden
werden: ich werde zugeben dasz er in den Himmel ein-
trete (nicht sterbend in die Unterwelt gehe, sondern —
Mortis equis — in den Himmel eintrete), dasz er sodann
durch Trinken von Nektar (Saft des Nektar wol absichtlich
zur Hervorhebung der belebenden Kraft) zum unsterblichen
Gotte werde. Allein mir scheint darin eine gewisse über-
flüssige Accuratesse und Pedanterie zu liegen. Aber sehr
8chön wird es, auch die Sonderung in zwei Glieder klarer
hervortretend, wenn man für inire schreibt mcrere. Womit
auch das Moment, von welchem aus Horaz auf den Romulus
überging, wie durch invictum schlieszlich wieder in Erinne-
rung tritt, dasz auch Romulus durch eigenes Verdienst sich
überhaupt erst einen Anspruch zur Erhöhung unter die Götter
gewinnen konnte.
Jene Verbindimg betreffend will ich erinnern, dasz man
02
C zu ODE lUy 4.
zwar Od. I, 11; 16 sapiagj vina liques et spatio brevi spem
langam reseces nicht dahin ziehen wird, dasz aber doeh
hinter sapias eine gröszere Interpnnction als das gewöhnlich
in den Ausgaben gefundene Komma durchaus zweckmftszig
ist Aber wie ist es denn mit ep. 1, 1, 55 lY, redii et normt
Volteium nomine Menani — Diese Interpunction leitet irre.
Vielmehr, wenn man tlberhaupt eine Interpunction setzen
will : ii rediif et narrat. Vgl. it reut officio luppiter ipse
suo Ov. Fast, I, 126. atque inter mensas ire redire suasM^rL
12, 60. licet expositum per Urnen opetHo ire redirc graiu
Stat. silv, n, 35. ^Ov. met. II, 409 dum redit itque frequens)^
Od. III, 4 Descende caelo —
Der Sinn in dem unangenehmen und unwahren, leider
nach Analogien nicht zu verdächtigenden Pathos der ersten
beiden Strophen, der Fortschritt in der folgenden kann
doch nur dieser sein: 'Es treibt mich zum Glesange: gib
mir nun, Muse, ausfllhrliches Lied ein (nicht etwa ein klei-
nes Carmen amabtle). Hört ihr? Schon ist sie da mit ihrem
Liede, schon hat sie meine Phantasie mit Auge und Ohr in
ihre Sphäre erhöht. So augenblicklich hat sie mich erhört.
Und so sind mir von jeher die Musen gtlnstig gewesen, indem
sie mich auf wunderbare Weise aus Gefahren gerettet schon
als Kind (Str. 3. 4. 5), dann als Erwachsenen aus des Krie-
ges Gefahren und der See und vor dem stürzenden Baum
(Str. 7). Und so würde ich auch in Zukunft unter allen
Gefahren der drohendsten Brandung, des verderblichsten
Klimas, der ungastlichsten Völker mich sicher fühlen.' In
diesem nothwendig gegebenen Gedankengange hat die sechste
Strophe V. 21 — 24 keine Stätte. Heiszt vester^ Camenae —
'unter eurem Schutze reise ich^ so ist sie thöricht, denn die
Reisen nach Tibur, Präneste, Bajä bieten keine Gefahren.
Soll es heiszen: Mhr habt mich schon als Kind geschützt
und so empfinde ich auch jetzo mich in eurem Schutz, em-
pfinde nämlich dasz ihr willig mir Poesie eingebt, sobald
ich hierher auf mein Sabinum oder sonst in einen jener
stillen und naturschönen Orte — nur so kann ich verstehen
zu ODE III; 4. CI
waram Rom nicht genannt ist — am zu dichten mich hin-
b^be'? Das letzte mosz die Strophe heiszen, aber sie
kann dann unmöglich hier stehen; wo sie den Zusammen-
lag der Errettungen aus den Gefahren, den gehörigen und
nuammengebörigen Fortschritt von Strophe 5 zu Strophe
7 anertrSglich unterbricht Durch ihre gänzliche Entfernung
würde die nothwendige Anrede der Musen, Camenacj ver-
loren gehen. Es bleibt also übrig ihr den Platz als dritte
Strophe zu geben. 'Gleich hat sie mich erhört; ja wol
immer empfinde ich dasz ihr willig mir Poesie eingebt' usw.,
wie oben gesagt. *Habt ihr mir doch euren auffälligen
Schatz in wunderbaren Zeichen in erster Kindheit und da-
mals wie in späteren Lebensstufen durch wunderbaren
Schutz in Gefahren bewährt. Und so würde ich auch' usw.
bis Vers 37.
Der Fortgang von V. 37 wäre nun dieser: *so wie ich
an mir euer Verdienst erfahren und eben gepriesen, so
habe ich ein anderes Verdienst zu preisen, dessen Wirkun-
gen mir nahe liegen, doch zugleich in weitere Sphären des
States sich hinerstrecken. Ihr seid es, in deren Umgang
Cäsar Erholung von den Anstrengungen des Krieges sucht,
and der Umgang mit euch ist es ohne Zweifel, dem er die
Milde seiner Entschlieszungen verdankt. Wissen wir doch
wie lupiter und die milden Götter Jupiters die wilden Un-
gethtlme bewältigt.' Dieses Svissen wir doch' hat keinen
Zusammenhang. Die Musen, von deren Mitwirkung bei
dem Siege der milden Götter man nothwendig et^vas zu
hören erwartet, verschwinden. Es liegt nichts offener vor
Angen als dasz nach ros lene consilium et dntis et dato gau-
deti$ abnae ein Gedanke fehlt, der die folgende mythologi-
sehe Erzählung passend einfuhrt und fiir den sie wiederum
paszt. Dieser Gedanke ist: 'und Milde ist immer stärker
als rohe Gewalt' Dieser Gedanke, welcher verloren ge-
gangen, hat den Raum zwischen almae und scimus einge-
nommen, den nothwendigen Baum:
CII zu ODE UI, 4.
V08 lenc cousiliiim et datis et dato
gaudetis almae
scimus iit inpios
Titanas immancmque turmain
fulmine sustuleht caduco.
So ist alles in Ordnung. Ueber Unechthcit der Strophe
testis mearum ist doch wol nicht nöthig noch ein Wort zu
verlieren.
V. 10 me fabulosae Volture in Appulo altricis extra
Urnen Apuliae ludo fatigatumque somno. Dasz es unsinnig
sei *auf dem AppuUschen Voltur ausserhalb Appulien hat
Bentley bemerkt, ja ausgeführt. Ebenso ineptum plane et
absurdum esse de nutricis nomine hie cogitare. Sein altricis
sedulae ist nun aber hier; wo doch eine Nachlässigkeit
der altrix näher liegt, nicht ansprechend. S. Horkel S. 33.
Horkels adulterae hat auch keinen Beifall gefunden: ver-
muthlich weil es dem gehobenen Colorit der Stelle nicht
entsprechend scheint. Man wird von Buchstabenähnlichkeit
durchaus abzusehen haben und in Apuliae einen Nachlässig-
keitsfehler dur^h Appulo veranlaszt oder unverständige Aus-
füllung einer Lücke anzunehmen haben. Ich habe versucht
— dem'o ludo fatigatumque somno. Sollte jemand, gewisz
mit Unrecht, wegen des Klanges Bedenken haben, so kann
auch derium geschrieben werden.
V. 44 fulmine sustulerit caduco. Bentley hat das allge-
mein überlieferte caduco in einer herrlichen Anmerkung für
sprachwidrig erklärt und dafür corusco geschrieben. Ich
habe nach der genauesten Erwägung, deren ich fähig bin,
nicht umhin gekonnt ihm zu folgen. ^Cadere et decidere
fulmen passim apud autores dicitur neque exemplis in re
manifesta est opus. Caducum tarnen fulmen, ut iam dixi^
nemo quisquam appellavii. Quid ita? nempe quia %b caducus^
etsi a cadendo dictum sitj notioni tarnen cadendi semper super-
addat infirmitatemj debilitatem, fragilitatem: ita ut non quae-
zu ODE 111, 4. ClU
ruHfue guogue modo cadant caduca rede dtcantur: sed ea
tola guae sponte et suapte imbecillüate o// casum et ruinam
tendant, lin lignum caducum apud nostrum (Od.-U, 13 te
triste lignum, te caducum in domini caput immerentis)^ guia
prae retustate diutius stare non potuit, ita alii folia caduca
glandes, Jrondes, ßores, guitaSj rivos^ lucrumas, spes, res ca-
hcas et similia (die Wörterbücher sind an Stoff nicht arm)
dixerunt u. 8. w. Nämlich caducus ist unter allen Umstän-
den adjectivischer Bedeutung, nicht weniger als etwa occi^
duus, deciduus, nicht verbaler, participialer. Wenn es Aen.
M, 481, wo Aeneas in die Gegenden der Unterweltsgefilde
kommt quae hello clari secreta freguentant, heiszt, nachdem
er erst mehrere dort erschaute Griechen genannt: hie mul-
tum fleti ad superos bellogue caduci Dardanidae, guos ille
omnes longo ordine cemens ingemuit, Glaucumgue Medontague
u. s. w., so kann das unmöglich blos heiszen, ^die im Kriege
gefallenen , sondern gleichsam 'die im Kriege hinfälligen :
es lag gleichsam in der Natur der Trojaner, es war ihnen
als eine Eigenschaft, — als ihr Loos — mitgegeben, durch
den Krieg vor der Zeit des natürlichen Todes hinzuster-
ben: kriegshinfällige: sie waren ntwaifiog atgatog Aesch.
Ag. 618. Wenn die Menschen im allgemeinen alle caduci
heiszen können, so können es doch auch noch einzelne vor-
zugsweise. So auch vom Turnus Aen. VIII, 623 si 7nora
praesentis leti tempusgue caduca oratur iuveni. Er war nun
einmal, zum frühzeirigen Tode bestimmt, wie Achilles, vor-
zugsweise ein caducus und als zum frühzeitigen Hinsterben
durch den Krieg bestimmt könnte er ein hello caduats hei-
szen. So jene Trojaner alle.
Aber wie ist es, wenn es von der vor Müdigkeit end-
lich hinsinkenden Byblis heiszt: Ov. Met. IX, 651 deficiunt
siltae, cum tu lassata seguendo concidis et dura positis tel-
Iure capillis, Btfbli, iaces frondesgue tuo premis ore caducas.
Wie man dort bei bellogue cadeniis beiErklärem fälschlich las
neoovreg, so hier frondes caducas ^ folia guae deciderunt' In
gleicher Art steht Met, VII, 841 in der Geschichte des Kephalus
fronde letem rursus slrepitum facietite caduca sum ratus esse
CIV ZV ODE III, 4.
Jeram, Es kann nur heiszen 'abfälliges Laub', seine Natur
bezeichnend. Gar nicht anders als Verg. Ge. I, 368 unter
den Zeichen des nahenden Sturmes: videbis saepe levem pmr
leam et frondes voUtare caducasy 'gefallene Blätter Vom
nicht genau. Die Frage kann nur die sein, ob es an diesen
Stellen allgemeines Beiwort des Laubes ist oder die caduem^
frondes^ die es immer gicbt, in gewissen Jahreszeiten vor-
zugsweise giebt; als eine besondere Art bezeichnend 'Fall-
laub'. FQr das letzte wird man sich entscheiden: decid^m
heiszt dies auch : Plin. h. n. X\1II, 25, 60 : Die rechte Zeit
des Säens ist non pn'us quam foUa deciderint. Man nimmt
dafür am Untergang der Yergilien an: sed ille indodlü
caeli agricola hoc Signum habeat mter suos vepris humumque
suam adspiciens cum [folta deeident] riderit decidua. Im Bereich
des LaubeS; der Früchte ist dies caducus stehender Sprach-
gebrauch geworden: so sagte man spicu caduca, poj^aj
oleae, u. s. w. So Lucret. Y, 1363 at specimen saüonis ei
iimtiorüs origo ipsa fuil verum prhnum natura creatria?^ ar-
boribus quoniam bacae glandesque caducae tempesHva dabant
puUorum examma supter, nicht Mie herabgefallenen oder
herabfallenden , sondern diejenigen, die ihrer Natur nach
herabzufallen pflegen. Da Früchte vorzugsweise caducae
sind, wenn sie überreif, ja augekommen sind, so kann bei
Früchten auch diese Eigenschaft damit vorzugsweise bezeich-
net werden: poma caauca, (Gegensatz inlegra et paene dura
Pallad. III, 25 S. 91 ed, Bip. lu anderer Sphäre aqua
caduca dasjenige Wasser, welches aus einem Gefäsz über
den Rand fiiessen muss, überflüssiges : Yarro de re rust. 3, 5. Aus
•einem Gefäsz oder Bassin: Frontin. II, 94 ein altes Gesetz:
ne quis privatus aliam aquam dueut quam quae ex lacu humum
accidit: haec e?im sunt vef*ba legü\ id est quae ex lacu abun-
davit: eam nos caducam vocamus. Das sind die aquae caducae
bei Ov. Pont. II, 6, 26, durch welche ein darunterliegender
Stein oder steinerner Boden allmählich gehöhlt wird: utque
caducis percussu crebro saxa cavantur aquis. Also caducus
heiszt alles was wegen Mangel an Festigkeit, Halt, Haltbar-
keit {muf*us caducus) zum Falleu geneigt ist, und deshalb
ZC ODE lU; 4. CV
knflpfte cdch an das Wort so vorzugsweise der metaphorische
Oebnuich 'hinfällig^ selbst bis dahin, wo der Begriff des
Nlens gar verschwand wie caducae UUerae fiunt bei gewisser
Zabereitiing des Papiers Plin. A. n. Xm, 12, 25. oder aus
doMlben litterarischen Sphäre bei Symmachus lY, 34 et
Mttrtiorum quidem vatum divinoHo caducis corticibus incuh
ettü est. Und wir sind vielleicht geneigt hin und wieder etwas
Dehreres in das Wort zu legen wo vielleicht blos au diesen
metaphorischen Gebrauch gedacht war. Z. B. wenn Ovid
ngt Met. VI, 395 von der Quelle, die aus den vielen um
Harayas geweinten Thränen entquoll : fertilis immaduit laade-
factaque terra caducas concepit lacrimas ac venis perbibit
mü, so soll vielleicht gar nichts weiter verstanden werden
üb: die hinfälligen Thrftnen wurden diesmal festgehalten
za etwas Dauerndem. Dasz nun dieser bisher behandelte
Gebrauch der allgemein überwiegende ist lehrt also alles.
Und es entsteht die Frage, hat man dennoch caducus auch
hin und wieder gesagt von Dingen, die nicht aus Mangel
an Stütze und Halt und aus Schwächliclikeit zum Fallen
eine Neigung haben, sondern auch von solchen welche
niederfallen durch eine in ihrer Natur liegende Kraft und
Miichtigkeit : von welcher Art es wäre wenn man gesagt
hätte fulmen caducum^ was jedenfalls nicht cadens, decidena
VI erklären wäre, sondern ausdrucksvoller Messen Natur es
ist herabzustürzen.'
Bentley leugnet das: er kannte keine Stellen für sol-
chen Gebrauch des caducus: abgerechnet dasz er für die
Anwendung auf den Blitz noch insbesondere auf die Stelle
Sen. quaest. n. 11, 23 aufmerksam macht, wo vom Wetter-
leuchten (fulgurj^ im Gegensatz des Blitzes (fulmen), dem
^U/nüf qui ejcsplendescat modo nee ewsiliat, gesagt wird, weil
* minore vi ad fulgurandum opus est , quam ad fulminan-
dum\ so entstehe es wol durch eine geringere Rei-
bung, durch welche eben nur ^ewcutitur igiiis caducus et
cito interiturws. Das ist, wie er II. c. 12 es ausdrückt, die
fidquratio, welche comminatio est^ conatio sine ictu, jenes die
CVl zu ODE lll, 4.
fulmvuUio, die laculatio cum ictu: welche vpir doch für den
lupiter brauchen.
Bemerken will ich hiebei, wiewol aus deciduus nichts
für caducus folgt, denn es handelt sich jetzt um Sprachge-
brauch; dasz wenn Plinius jene Veniger bekannte' Ansiebt
über den Blitz berührt, superiorum triam sidemm (des Sa-
tumus, lupiter, Mars) igrtes esse qui decidm ad tef*ras ßd"
minum nomen habetit, h, n. II, 20, 18 — dasz damit die
Blitze als ein Feuer ab fall aus den Feuern jener Planeten
bezeichnet werden, ein abfallender üeberschusz. Wie
Anaxagoras sagte, nach Sen. qu. n. II, 12, illum ignem ex
aethere distUIare et ex tanto ardore caeli multa decidere,
quae nubes diu inclusa custodiant, (A. w. II, 8, 6 sidera —
nee cum suo quaeque homine orta moriuntur nee aliquem ex^
stingui decidua significant.) Doch zurück zu caducus und zu
Bentley. Die Herausgeber kümmert das alles nicht: 'spasz-
haft ist, dasz man ihm sogar entgegenhält: ^tela caduca
Prop. IV, 2, 53', nämlich: vidi ego latentes acies et tela ca-
duca atque hostes turpi terga dedisse fuga. Was sogar dann
schon spaszhaft wäre, wenn er nicht selbst diese Stelle aus-
drücklich angeführt und behandelt hätte: ^telum caducum
est debile et cassum, nullo inipetu et invalido brachio tortum^
ut ostendet tibi Proper tius IV, 2*. Kurz ich sehe nicht dasz
gegen Bentley etwas beigebracht wäre. Leider bin ich auch
unwissend : ich kenne nur eine Stelle, welche ein Bedenken
erregen könnte, aus — Sidon. Apollinaris epist II, 2.
Der hat von einem aus den Bergen hergeleiteten Flnsz, der
in ein Bassin durch sechs Röhren und ihre Löwenköpfe
herabfiel, gesagt dasz prae strepitu caduci ßumrnis die Um-
stehenden sich nicht vernehmen könnten. Das ist eine
solche Abweichung von dem sonst bisher erkannten Ge-
brauch von aqua caduca^ wie fulmen caducum bei Horaz
wäre. (Richtig sagt er si quid forte deiectu caducae frondis
ager insorduit ep. V, 13). Einen so späten Zeugen, der
vielleicht absichtlich neuerte und aflfectirte, vielleicht eine
alte Stelle miszdeutete, für den Horaz beweisen zu lassen,
scheint mir nicht thunlich. Bis wir also des weitem be-
zu ODE III, 5. CVll
lehrt werden, durfte ich caduco nicht schreiben. Sein corus-
cmfiämen hat Bentley durch eine glänzende Reihe von
Stellen aus allen Zeiten Römischer Poesie Ton Cicero bis
AusoniuB belegt, deren mehrere vom Blitz schleudernden
lopiter der unsem ganz ähnlich sind.
Od. in, 5 Caelo tonantem —
In dieser Ode findet sich das viel besprochene periret
in der Cäsurstelle, wo eine Länge zu er>varten wäre.
si Don periret immiserabilis
captiva pubes. 'signa ego puiiicis
adfixa delabris et arma
milidbus sine caede' dixit
'derepta vidi, vidi ego civium
retorta tergo bracchia libero
portasque non claasas et arva
marte coli populata nostro*.
Es war schon von Glareanus vorgeschlagen perirent,
Gewisz ist uns bei einem Statins unter allen Umständen
onanstöszig ein et in remis hilaris sedere itiventus Ach. I
559. Bei Ovid werden wir wenigstens bald inne, dasz er
den Plural bei dem CoUectivum oft anwendet und dürfen
nicht zweifeln an einem iamque brevis spatium vitäe sortita
iyventu* sanguineam trepido plangebant pectora matrem^
quinque superstitibus Met, III, 125. Zumal auch diese Stelle
zu denen gehört, wo durch Anwendung des Plurals jeder
dnzelne aus der Menge mit seiner Thätigkeit, vielleicht
auch mit seinem energischen Leiden naturgemäsz vor die
Phantasie tritt Wohin die Horazische Stelle gar nicht ge-
hört. Und um so mehr müszte der Plural auffallen nicht
nur als ungebräuchlich für den Horaz, sondern auch als un-
geschickt, da man um so mehr merken würde, nur die ge-
forderte Länge in der Gäsur habe ihn herbeigeführt. So
musz wol auch Bentley geurtheilt haben, der nicht schrieb
perirent immiserabilis captiva pubes, sondern perirent immise-
rabileSj captiva pubes, — Lachmanns perires befriedigt wol
CVIII zu ODE lU, 5.
auch nicht jedermann. Meineke hat es nicht aufgenommen,
während er doch Lachmanns freilich wunderschönes anjpiu
y. 37 unbedenklich in den Text genommen. Ich meinet
Theils könnte mich nur entscheiden fQr Bentlev*s ft nam
perircnt himiserabiles, capliva pubes. Denn dasz Horatios,
was neuerlich behauptet worden, aus der Altlatinität sich
einmal ein periret mit Länge in der Thesis hergenommen,
g. Corssen krit. Beiträge 560, — wozu jüngst gefügt wird
i^is lliacas domos I, 1 5, 36, BUcheler Grundrisz der Latei-
nischen Declination S. 8, dergleichen gestehe ich auch von
ausgezeichneten Männern, von denen ich immer lerne und
immer zu lernen geneigt bin, nicht annehmen zu können.
So sehr hat es die innem Gründe gegen sich gerade und
vorzugsweise bei Horatius, der mit der Altlatinität auf einem
so entschieden gespannten Fusz steht, dem solche Formen,
wenn er sie bei den Alten fand, abstoszcud waren. Und
wenn ich nun lese: 'Auch bei Horaz findet sich in der
Verssenkung handschriftlich verbürgt periret gemessen Corssen
a. a. 0., so bleibt mir nur übrig zu sagen, dasz für solche
Bedeutung handschriftlicher Bürgschaft in der Ueberlieferung
der Horatiusoden mir jedes Orgaif abgeht. — Wie aber
wenn die beiden Strophen gar nicht von Horatius sind,
sondern Interpolationen? Denn welchen vernünftigen Sinn
hat denn das vidi portas non clavsas et nrv>a marte coli popu"
lata nosiro? Man versuche doch die Phrase sich klar zu
machen. Wie man es versuchen wird, man wird auf Un-
sinn stoszeu. Bei dem 'ich habe die Thore nicht verschlos-
sen gesehen unter allen Umständen. Das 'ich habe die
verwüsteten Felder von unsern Soldaten bebauen sehn ist
zwar kein Unsinn, wenn man es so versteht; aber welch
einen Stylisten verräth das. Denn wer da liest vidi arva
marte coli populatu nostro wird doch zunächst verstehn:
'ich habe die von unserm Eriegsheer verwüsteten Felder
bebauen sehn . Ganz mit Recht. Weil erstlich auch der
Gedanke erwartet: 'die von uns verwüsteten Felder und
das fehlende 'von uns' ungern vermiszt wird, und weil
zweitens das inarte mit populatu natürlich zusammens(*hieszt,
zu ODE lU, 5. 6. CIX
ig wuurie so in aufldrackBYoIler Anwendung, nicht nur als
nichtssagende Figur fttr exerdtus genommen werden darf:
das Heer in so fem es eben verheerend, erobernd gedacht
wird. — TTebrigens käme das hier Gesagte sehr ähnlich
wieder V. 34. 35 : auch ' ein marie, und zwar ein ausdrucks-
volles. Nach dem allen hat es fQr mich die gröszeste Wahr-
deheinliehkeit, dasz aus Horatius Händen, und zwar sehr
schön mit unmittelbarem Hineingehen in die Rede des Re-
glos nur folgendes gekommen :
lioc carerat mens provida Reguli
dissentientis condicionibus
foedis et exemplo trahenti
perniciem veniens in aevum.
'anro repensos scilicet acrior
miles redibit? flagitio additis
damnum u. s. w.
Od. in, 6 dclieta maionim —
In einem liebenswttrdigen Buche eine« liebenswürdigen
Autors, im Diderot von Rosenkranz, wird aus dem Kreise
jener geistreichen Nichtphilologen über diese Ode eine Ge-
schichte erzählt 7 Th. II S. 293. 4. Diderots moralisches
Bedenken über das delicta maiorum immeritus Ines ist frei-
lieh eben so dilettantisch als die Lösung, zu interpungiren
«kUda^ maiotmm immet^Hus^ lues — mit der Bedeutung
aya^iog twv /rariQiov. Wenn aber sein Freund, der italie-
nische Geschäftsträger in Paris, Galiani, der dies nicht an-
nehmen wollte, bei diesen Verhandlungen die Hypothese
aufstellte über die Composition der Ode als einer von zwei
Interlocutoren im Wechselgesange vorgetragenen, so hatte
er die richtige Empfindung, wozu man allerdings kein Phi-
lologe zu sein braucht, dasz Anfang und Fortgang der Ode
doreliaue nicht zusammenstimmen. Die drei ersten Strophen
besagen: Vernachlässigung der Pietät, des Cultus (Tempel-
rerfsM, Nichtberücksichtigung abmahnender Anzeichen; haben
ex Zr ODE lU, 6.
da» Unglück über Rom herbeigeführt. Sie besagen auszer-
dein: das jetzige Geschlecht sei daran unschuldig. Die
Strophen von Fecunda culpap — und wo ist irgend ein Ueber-
gang? — ftlhren alles zurück auf die moralisclie Verderbt-
heit , den Verfall der Sittlichkeit , und geben dabei dem
jetzigen Geschlecht, das, ausdrücklich gesagt, noch schlech*
ter sei als das vorangehende, eine grosse Mitschuld. Von
Fecunda culpae — ha1)en wir ein hübsches Gedicht, auch
nur an einer Stelle durch falsche Lesart entstellt, sei's daai
man mafnra virgo durch Biichstabenvcrschreibung herbeige-
führt glaubt , wo man dann wol matrumque virgo fingitur
urttbus schreiben möchte, oder, was unzweifelhaft im Hora-
tiuH nicht selten ist, durch unverstandig ausgefüllte Lücke,
wo dann einfach R^mana vir^o et sich darbietet. Was ich
v«)rgezogen. Doch diesem hübschen Gedicht fehlt der An-
fang, wie dem vorangehenden der Schlusz. Von der Strophe
paene ovcupatam ist bisher noch nicht gesprochen. Im ersten
Au^reublick scheint sie zu der vorhergehenden nicht zu
passen, weil die Entzweiungen, welche die Stadt dem
Untergange durch barbarische Volker nahe gebracht, ein
«anderes Motiv scheinen als die Nichtberücksichtigung der
Aus])icien. Indessen könnte auch wol so gemeint sein : die
über unsere ünfrömmigkeit erzürnten Götter haben uns viel
Unheil gegeben. Sie haben den unter Xi(».htbeachtung der
Anspielen unternommenen Angriffen gegen die Parther einen
schimpflichen Ausgang gegeben: sie haben innerhalb der
Stadt Entzweiung entstehn lassen und dadurch die Stadt
selbst der Zerstörung durch Barbarenvölker nahe gebracht.
Nun aber müssen wir noch einmal auf den Anfang des
ersten Gedichtes, dessen geschichtliche Angaben übrigens
gerechtfertigt sind, s. Mommsen res g, dtin Aug. p, 58, p. 85,
— zurüekkt>mmeii. 'l)u wirst die Vergehen der Vorfahren
unvei-schuldet büszen, bis du die verfallenen Göttertempel
und die schmählich verna(*hlässigten Götterbilder wiederher-
gestellt haben wirst'. Unverschuldet? Wie das? Dasz die
Vorfahren sie haben verfallen lassen, daran ist er unver-
schuldet, aber dasz er sie bis jetzt nicht hergestellt, dasz
ZV ODE lU, 6. S. (;Xl
er daran gemahnt werden musz, dasz der Dichter sich ver-
anlaszt findet ^ das Vorhaben des Augustus durch eine Ode
ab eine so dringende Pietätspflicht dem Römer erst ans Herz
zu l^en, auch daran ist er unverschuldet? und 'Du wirst
die Vernachlässigung der Vorfahren büszen, ohne daran
aehald zu sein — soll unter solchen Umständen gesagt wer-
den können, ohne dasz hinzugefügt wird: derer du dich
aber durch Fortverharren in derselben Vernachlässigung mit-
schuldig machst? — Nicht ein moralisches Bedenken macht
nng das mmerttusy aber ein sehr groszes logisches, mir ein
unüberwindliches. Ich weisz nur vorzuschlagen heu meritvs.
Hiermit wäre dann der schroffe Gegensatz zwischen dem
'unverschuldet' am Anfange und dem Verschuldet' am Schlusz
nicht mehr vorhanden. Aber ttbrigens bleiben die ausein-
andergehenden beiden Theile unvermittelt und ein Risz
nach V. 16 bleibt unwidersprechlich bestehen. Vielleicht
käme nun Jemand auf die Meinung es liesze sich nach V.
16 in den ausgefallenen Strophen ein Uebergang aus der
ünfrGmmigkeit in die Unsittlichkeit annehmen und, zuge-
geben immer den Ausfall von Strophen, hätten wir viel-
leicht doch ein Gedicht vor uns, nicht zwei. Mir ist dies
weniger wahrscheinlich: indessen hier, aber auch erst hier,
hOrt die Gewiszheit auf.
Od. ni, 8 Martiis caelebs —
V. 5. Ob docte sermones utHusqve linguue, von Bentley
erklärt: gelehrt in den Schriften beider Sprachen — richtig
ist, da der erhobene Zweifel, ob die Erwähnung seiner grossen
Gelehrsamkeit, gar auch in griechischen Schriften, denn
hier veranlaszt sei, nicht ohne Grund ist, das mag dahin-
gestellt bleiben. Sicher ist, dasz eine andere Zeile dieses
Gedichtes nicht die ursprüngliche sein kann : nämlich . V.
16 procul omnis esto clamor et ira. Das ist ja unter den
gegebenen Umständen unsinnig. Von wem ist denn da
Prügelei zu fürchten ? Der richtige Vers miisz verloren ge-
wesen sein. Ich habe geschrieben pronti omnis esto cura
cxn zu ODE m, lo. ii.
futurL Die letzte Strophe ist von Meineke eingeklammert
Jedenfalls sind die beiden ersten Zeilen ohne Sinn. Die
beiden letzten sind gut und geben einen recht passenden
Schlusz. Ich habe sie beibehalten. Da wäre also in dem-
selben Gedicht noch ein dritter und vierter schlechter Vors
eingesetzt für die ursprünglichen. Natürlich soll das nielit
behauptet werden. Man darf eben so wol die ganze Strophe
für unecht halten.
Od. III, 10 Extremum Tanain —
V. 15 hat Meineke bekanntlich Pieria als nomen pro-
prium nachgewiesen. Die Interpunction, die auch er hat
wie andere, Komma hinter curvat und suppUcihus tuis par^
oas verbunden, ist gewiss nicht die richtige, parcas verlangt der
Sprechende kräftig und sinngemäsz für sich. Zum UeberflusE
habe ich angemerkt miserere supplieibus tuis Coripp. I, 175.
V. 19, 20 nach der Ueberlieferung non hoc semper erii
liminis aut aquae caelestis patieus latus erscheinen mir jedes-
mal komisch. Denn was droht er ihr damit? Entweder:
ich werde mir durch das harte und naszkalte Liegen zu-
letzt noch Hüftweh oder Fieber zuziehn. Oder: ich werde
doch endlich das harte und kalte Liegen nicht mehr aus-
halten und ganz wegbleiben. — Ich habe geschrieben non
hoc commcruit liminis aut aquae caelestis patiens latus.
Od. m, 11 Mercuri —
Lyde, die in jugendlich muthwilliger Mädchenhaftigkeit,
wenn man will, Spnldigkeit, noch von dem Liebesverlangen
nichts weisz oder wissen mag, soll zur Liebe bestimmt wer-
den dadurch, dasz sie ihr Ohr leiht der Geschichte von
jenen Mädchen, die zu unliebsamer Ehe gezwungen in dw
Brautnacht ihre Männer mordeten! Das ist absurd. Oder
durch die Geschichte jener einen, die in so schreckliche und
ungewöhnliche Alternative versetzt, mitleidiger, vielleicht
liebender G^innung nachgebend, um jenes Verbrechen nicht
zu ODE III, 11. CXIII
ZU be^eLen in den Fall kommt, sich selbst zu opfern und
Scbreckliches zu erdulden. Auch das ist albern. Es erinnert
mich an jenen albern frömmelnden Candidaten bei Fritz
Beuter, der, während er ein Mädchen sich zur Heirath ge-
oei^ stimmen will, ihr die Ehe und Ehepflichten als eine
Hölle schildert. Der angemessene Stoflf für ein solches Lied
war allein entweder eine Erzählung von Sprödigkeit, welche
Venus strafte, oder von einem beglückten; beseligenden
Liebesverhältnis. Indessen wir sind vielleicht von einer
falschen Voraussetzung ausgegangen. Nemlich bei dem die
modoSy quibus obstinaias adpUcet auris bleibt es fraglich ; soll
die Lyra ein Lied geben, das auch seinem Inhalte nach der
Lage angepaszt und durch solchen Inhalt bestimmend für
das Mädchen sein soll: das zuerst sich Darbietende scheint
dies allerdings: oder soll die Lyra nur eine übrigens gleich-
göltige, aber spannende, das wilde Kind zur Aufmerksamkeit
zwingende Geschichte geben, wodurch sie mittelbar auch
aufmerksam würde für den Sänger? Und doch! auch bei
dem letzten Zweck singt man ihr gerade die Schauder der
Liebe und die Liebestragödie vor? Ein angenehmes Mähr-
chen vielmehr, sollte man glauben, wie es Desdemona
fesselte. Namentlich aber der emphatisch vorangestellte
Anfang: so höre Lydc denn die Gesehielite von den Mörde-
rinnen ihrer Männer und der Strafe, welche sie noch in der
Unterwelt büszen, ist dann eben auch vom Blödsinn nicht
ferne. Denke man sich jedoch bei dieser Ansicht von dem
Zweck des Liedes diese Uebergangstrophc einmal weg und
mache eine nothwendige Aenderung etwa wie diese: SteUt
nma paullum sicca, dum f/rafo Danai puellns cannine mulces.
Qvae luunt poenas etiam sub Orco. Dasz er also im Vorhaben,
iigend eine Geschichte aus der anziehenden Fabelwelt vor-
zutragen, sich durch einen Anstosz in eine solche Geschichte
Uneinziehen läszt, um so unbefangener, je weiter sie von
einer Beziehung auf den gegenwärtigen Fall abliegt. Und
läsen wir das Gedicht also, so würde ich nichts zu verwerfen
wagen. Auch wird sich in den Strophen von quae manent
(was in der vorhergehenden mit dem lymphaefundo pereuntis
Leiu«. HoimtiUB. H
CXIV zu ODE lU, 11. •
•
imo vielleicht nicht ganz unbedenklich ist) wol gar nichts
angeben lassen in Sprache und Art der Erzählung, was
nicht hübsch genug wäre. Worauf ich sogleich noch zurdok-
komme. Jetzt erst ttber die Interpolation, die ich, wie schon
gesagt, wirklich annehme. Dasz das Gedicht nach der vierten
Strophe eine Interpolation V. 17 — 20 erhalten hat, ist be-
kanntlich allgemeines Urtheil bedeutender Männer. Es ist
jenes Cerberus quamvis furiale centum muniant atigues capui
citis atque spirihis laeier sanwsque manet ore triiingui: das
Bentley durch eine wahrhaft treffliche Conjectur mpul ex-
eatque zu retten suchte, während doch schon der blosze er-
klärend eintretende Name Cerberus an die Hand des Horas
nicht glauben läszt. Wir nehmen also an, dasz noch eine
zweite Strophe interpolirt ist V. 25 — 28, und nehmen noch
an, dasz der Interpolator eine Strophe bildete, für die ee
ihm bequem war (er hatte poenas schon selbst gebraucht)
in der nächsten echten Strophe eine kleine Aenderung vor-
zunehmen, von quao iuunt poenas in quac manent culpas. —
Doch Meineke urtheilt noch ttber die letzte Strophe, sie sei
mit Recht von Peerlkamp bezweifelt worden. Ich kann nicht
anders als sie ^elir schon finden und Peerlkamps Reden,
dasz ^nostri memorem sepulcro scalpe querellani verba inepta
seien, äusserst nichtig. Er beginnt : ' Verba inepta. Suaserat
Lt/nceo ut qitam celerrime fugeret. Quo modo iam dicere
potest incide epitaphium in tnco sepulcro f' Sie sagt: geh
imter glücklicher Vorbedeutung, sodasz du entkommst und
fortlebst. Sie sieht ganz natürlich in ihm den Ueberleben-
den, während sie für sich unter irgend welcher Gestalt den
baldigen Tod vor Augen sieht. Ihr Grab wird er entweder
wo finden oder er wird es ihr errichten, im schlimmsten Falle
ein Kenotaphium. — Peerlkam]) hat gegen die letzte Strophe
sich auch bestärken lassen durch den Glauben, es seien hier
Nachahmungen aus Ovids, wie er nicht zu zweifeln scheint,
Hypermnestra. Gewis ist das Gegentheil der FaH. Man
sehe unten den Excurs über die Herolden.
zu ODE HI, 14. CXV
Od in, 14 Herculis ritu —
V. 5 unicus maritus heiszt natürlich und kann auch gar
nicht zweideutig sein : wie es keinen zweiten giebt.
V. 10 verwirrt das überlieferte vos o pueri et puellae iam
firum expertae male ominatis (einige eben so unmöglich male
nommaiis) parcite verbis. Ueber den Hiatus heute noch ein
Wort zu verlieren wäre widerwärtig. Bentley verbesserte
bekanntlieh male inommatis, an sich vortrefflich, wie er auch
einsah, dasz die puein neben sich die Mädchen erforderten
nnd in seiner bewundemsw^ürdigen Anmerkung auch dafür
die parallelen Stellen anführte, beginnend mit epist II, 1, 132
castU cum pueris ignara puella mariti disc.eret unde preces
tatem nisi Musa dedisset. Er verlangte also non virum ex-
pertae. Ich habe mit Pottier haud virum expertae geschrie-
ben. Knaben und Mädchen gehen also auszer den Matronen
in der den Augustus empfangenden Procession mit. Es schien
mir durchaus verlangt zu werden : vosque, o pueri et puellae
haud virum expertae, male et ominatis parcite verbis. Durch
Strophe 5 erhalten wir die interessante Notiz, dasz Spar-
tacos und seine Leute die früheren Weinvorräthe und dar-
unter die vorzüglichen Sorten aus den Jahren des Marsischen
Krieges soweit vernichtet oder ausgetrunken hatten, dasz
nur wie durch ein Wunder noch hier und dort vielleicht
eine Flasche aufzutreiben war. Juvenal läszt freilich noch die
Xabobs seinerzeit trinken calcatam bellis social ibus uvam V, 30.
Und nun kommt dieser Horatius auf den ganz wunderlichen Ge-
danken, eine von diesen Flaschen gerade solle der Diener ihm
schaffen, und zwar geschwind. Wahrscheinlich wird da wol
Horaz seine Freude über die Rückkehr des Augustus ohne
Wein feiern müssen. Und eben so wahrscheinlich ohne
Mädchen und Gesang. Woran ihm auch, wie er sagt, nichts
mehr liegt. — Die Absurdität dieser drei Strophen kann
durch Worte gar nicht entsprechend ausgedrückt werden.
Das echte Gedicht schliesst mit V. 35. /6
H2
CXVI zu ODE m, 10.
Od. in, 16 Inclusam Daiiaen —
Eine der schwierigsten Aufgaben. Ich sehe diese Ode
bei Martin (Posener Programm 1SÜ5 S. 13) auf ein kleine»
Masz gebracht, und es ist mir angenehm, die Schwierigkeiten
und Unerträglichkeiten , von denen ich durchdrungen bin,
zum groszen Theilc auch bei ihm zu finden. Also: ,,je mehr
sich einer versagt, desto mehr wird er von den Göttern er-
halten^*. Einen so absurden Gcthmken konnte Horaz nicht
schreiben. Auch ist der Gedanke des ganzen Gedichtes nicht:
sei genügsam, damit du um so reicher werdest, sondern : sei
genügsam, damit du mit wenigem zufrieden lebest. Ein
Horazischer Gedanke an und für sich wäre wol qxianto qinx-
gue sfbi plura netjuverii^ a so pltira fer(*t. Doch was hülfe
uns das? Gleich nil vupienthim nudus castra peto et trans-
fuija dhntmn partis (inquere gestio kann Horaz auch nicht
geschrieben haben. Er war nicht reich, er w^ar nicht im
Lager der Reichen. — V. 32 — bin ich auch nicht reich,
so ist doch drückende Aimuth fern , und wenn ich mehr
verlangte, so konnte ich von Mäcenas mehr erlangen. Ei da
hat er schon Tugend predigen! wenn er sich den Rücken
so gedeckt weisz! Es hat einer gut schwimmen, wemi das
Bot neben ihm fährt. Dasz dieser Gedanke hier ganz wider
den Zweck des Gedichtes eintritt, das einzusehen musz von
jedem verlangt werden. Dasz auch die Rede an den Mä-
cenas ^nec si plura velini tu dure deneges* unfein ist, worin
ich gleichfalls Martin beistimme, das zu empfinden oder nicht
zu empfinden kann glücklicher Weise überlassen bleiben und
dasz II, IS, 12 nicht eben so ist. Endlich steht das Mch
bin glücklicher, als wenn ich die reichsten Ernten bezöge'
dreimal da. Allein nun hört meine Uebereinstimmung mit
Martin auf. Ich sehe in seinem Gedichte noch zwei ganz
unmögliche Strophen, während ich die Ausstellungen und
darauf gegründeten Ausmerzungen in Strophe 3 und 4 {aurum —
duces) ganz ungerechtfertigt finde. Zuerst die zweite Strophe
ist unmöglich von Horatius. Denn sie ist bis zum Lächer-
ZV ODE lU, U>. CXVU
liehen Tcrkehrt. Philipp konnte einfach durch Bestechung
ime Stadtmauern sprengen : lupiter vermochte das nicht ?
Er vermochte nicht hinzugehen mit einer gut gefüllten Geld-
börse, um sich den Eintritt in den Thumi zu erkaufen —
wodurch denn auch beiläufig der eigentliche Gedanke 'Be-
stechung vermag alles in der Welt' gleich geleugnet würde
— sondern lupiter hatte, um hinein zu kommen, die Um-
stände nöthig sich selbst in Gold zu verwandeln? Und wenn
er nicht hinein gelangen konnte ohne eine so wunderbare
Verwandlung in Regen, wozu Goldregen? wobei das Gold
ja nur etwas Beiläufiges, Zufälliges, eine Laune wird. Konnte
er, lupiter, als gewöhnlicher Regen nicht e])en so gut hinein-
fallen? — Fällt die Strophe fort, dann kümmert sich eben
Horatius um diese mythischen Einzelheiten nicht und gibt
zu erkennen, dasz er hinter diesem Mythus auch nur die
pragmatische Wahrheit hier sieht, die er hier durch Beispiele
klegt. Das zweite ist die Strophe j)»rac rhms aquae siiva-
que vigerum paucorum et segetis certa ßdes meae fulgentem
imperio fertilis Afrk'uc faUit sorle bcatior. Wie ist einer
denn auch bei einem kleinen Landgute der Ernte sicher?
Die recht arme Phidyle musste ja doch die betenden Hände
zu den Göttern heben und Weihrauch und Frucht und ein
Ferklein opfern ne pestilentem sentiut Africum fecunda vitis
nee sterilem setjes robujinenu Und wie ist sie denn sicherer
als gerade bei sehr weit ausgedehnte Länder umfassenden
Besitzungen, wie sie gleich hier im Gegensatze vorgeführt
werden, bei denen doch viel eher Miszcrute nur thcilweise
eintreten mag. Hiermit ist die Stro])he gerichtet und es ist
nicht nöthig auf den wunderlich geschraubten Ausdruck der
Strophe noch einzugehen. Wovon sie durch Bentleys fulgente
auch nicht frei wird : welches übrigens wir, die wir von der
Unmöglichkeit der Strophe iniportuna tarnen überzeugt sind,
mit jenem schon besprochenen Verse nee st plura velim tu
dare deneges, auch sonst nicht brauchen können. Wir haben
das *al8* nach dem Comparativ anderswo zu suchen.
Ich wtiszte aus unserer Uel)erlieferung heraus nur Folgen-
des vorzuschlagen.
CXVIII zu ODE III, IG.
Liclusam Danacn turris aenoa
robustacque t'ores et vigilum canum
tristes excubiao munierant satis
nocturnis ab ailulteris.
aurum per medios ire satellites
et peiTiimpere amat saxa potent ins
ictu fulmineo. conciilit auguris
Argivi domus ob lucriim
demersa exitio, diifidit urbium
portas vir Macedo et subniit aemulos
reges miineribus, munera navium
saevos illatiiioaiit duces.
crescens al sequitur cura pecuniam
maiorumque fames. iure perhorrui
Irtte conspicimm tollere verticem,
Maeccnas, equitum decus;
contcmptae dominus splendidior rei.
quam si quidquid amt inpiger Appulus
occultare meis dicercr horreis,
uiaguas iuter opes inops;
quam si mygdoniis regnum Alyattei
campis continuem. multa peteutibus
desunt multa: bene est cui deus obtulit
parca quod satis est manu.
hire pcr/iOfTiii in Stro])lie 4 muss mau verstehen als i)rä-
gnantes Perfectum: mit Recht habe ich davor eine Furcht
gefaszt (korrorem imbibi) wie vor einer sichtbaren Gefahr.
Doch lege ich mir immer noch eine Frage vor, ob es nicht
besser gefiele, wenn in der zweiten Zeile geschrieben würde
ttu^ris arnea robustaeque foros nee i'i(jHiim canum — , einma-
liges HPC nur an der zweiten Stelle für nee -nee, wie sunt
igitur Musae neque iimanti inrdus ApoUo l^wpei^t, I, 8, 41.
Ja wohl ! es wird nun so vollkommen befriedigend, dasz ich
bei den vorliegenden erstaunlichen Veränderungen, denen
das Gedicht nun einmal ausgesetzt gewesen, es nur für das
Richtige halten konnte, auch diesen Schritt noch zu thun.
ZC ODE III, 17. 18. CXIX
Od. in, 17 Aeli vetusto nobilis ab Lamo —
Das musz eine schöne Wirthscliaft gewesen sein in dem
Hause des Herrn Lamia von urältestem Adel. So wie ein-
mal ein stiirmiseli regnerischer Tag sie überkommt, ist man
in Gefahr, sich mit kalter Küche begnügen zu müssen : denn
man hat kein Holz im Hause. Ja selbst , obgleich morgen
ein Fest zu feiern ist, an welchem man vcrmuthlich sogar
nach altem Brauch ein Schweinchen einzuschlachten hat,
steht zu fürchten, dasz man für Holz auf alle Fälle zu sorgen
nicht wird gedacht haben. Horaz kennt das, und da er zu-
fällig nach dem Barometer sieht, das auf Sturm deutet,
denkt er sogleich an diesen Freund mit seinem liederlichen
Hauswesen und erinnert ihn an den Holzbedarf nicht nur,
sondern auch daran zugleich, dasz er überhaupt morgen ein
Fest feiern wird: er würde, so sieht es aus, auch dies wol
Terjessen. Diese Erinnerung macht er sehr fein mit dem
räthselhaften, durch keine überleitende Partikel verdeutlich-
ten, nur für den Wissenden andeutenden Futunim ciirabis
V. 14. Von der ungemeinen freundschaftlichen Sorgsamkeit
des Horaz würde ganz besonders es ein Beweis sein, wenn
wir uns den Lamia und sein Haus, wohin die Erwähnung
des Waldes V. 10 allerdings hinzuzielen scheint, auf dem
Lande zu denken hätten. Da hätte also Horaz, da die Sache
ja dringende Eile für den heutigen Tag noch hat, seine
Jlahnung durch einen Eilboten überschicken müssen. Ist
aber Lamia in der Stadt und schickt man in Lamias Hause
aus Rom jeden Tag nach Holz in den Wald, da war doch
gewiss auch keine Zeit zu verlieren.
Ein lehrreiches Beispiel wie Stümper ins Blaue hinein-
arbeiten, ohne Individualisirung und Bild von Ort, Zeit
and Verhältnissen.
Od. in, 18 Faune Nymphanim —
Dasz V. 13 und 14 Unsinn sind, wie es Peerlkamp be-
merkt, aus 1, 1 7 unverständig nachgemacht, ist unzweifelhaft.
Ich habe wie er die ganze Strophe als unecht bezeichnet:
CXX zu ODE in, 19. 20.
wiewol ich seine Ausstellungen an V. 15. 16. nicht über-
zeugend finde. — Höchst merkwürdig für unseni Horaztext
ist das sehr in den Handscliriften für pagus verbreitete
pardusj dessen Ursprung aus Esaias 11, 6 '^habitabit hipm
cum agno et pardus cum haedo Bentley nachwies.
Od. lU, 19 Quantum distet ab luacho —
Dasz bei V. 9 ein unheilbarer Bruch ist, ist klar. Auch
läszt sich nicht bequem ein Uebergang denken, so dasz wir
in demselben Gedichte blieben. Vielmehr sind es zwei Gre-
dichte, von ähnlichem Inhalt, Weingelag; dem ersten ist der
Schlusz, dem zweiten der Anfang verloren gegangen. Wie
in, 6. I, 7.
Od. III, 20 Xon vides —
Das ist wol recht schön, wie das nicht benannte Mäd-
chen — sie wird wol Leäna gcheiszen haben — 'wie
eine Löwin, der man ihre Jungen geraubt, dem Ncarchus,
der ihr für sich ihren schönen geliebten Knaben abspenstig
macht, durch die Schaaren der Jünglinge wüthend nach-
stürzt, wie sie dann ihre Zähne wetzt, bis Nearchus Zeit
hat seine Pfeile hervorzunehmen: wie während dieser Prä-
liminarien der schöne Jüngling, nun nicht als die zufallende
Beute des siegenden Theils, sondern als Schiedsrichter des
Kampfes, in souveräner Gleichgültigkeit die Siegespalme
unter seinen Fuss — nicht 'legt', sondern 'legt wie man
erzählt' und seine Locken im Winde spielen lässt. Wenn
die Löwin siegt, wird er ihr die Palme geben. — Auch du wirst
den Kampf feige fliehen: nachher nimmt er zum Kampf
gegen sie ohne weiteres die Pfeile hervor.
Ich kann zu dem allen nichts weiter sagen als: gut
gebrüllt, Löwe.
Od. m, 21 0 nata mecum —
Ohne die Unfreiheit, von welcher wir in Horazischen
zu ODE Ulf 21. CXXI
Dingen beherrscht werden, wäre es ganz unerklärlich, wie
wir noeh heute das Unmögliche hinnehmen in dem
0 nata mecom consule Maiilio,
seu tu querellas sive geris iocos
seu rixam et insanos amores
seu facilem, pia testa, somnum,
qnocumque lectum nomine Massicum
servas, moveri digna bono die —
Wo das qnocumque lectum nomine Massicum keine einiger-
maszen vernünftige Erklärung zuläszt und nicht nur die An-
rede///a testa, sondern der ganze Gedanke 'magst du auch
Klagen und Zank bringen, doch wtlrdig am guten Tage
heiTorgeholt zu werden in sich eben so unmöglich ist wie
für das ganze folgende Gedicht, wo dieser testa, die langui-
diora vina enthielt, nicht schnell und zänkisch berauschende,
ihre Eigenschaften einzeln vorgerühmt und aufgezählt werden
und, wie sicli auch ebenso für den Anlasz geziemt, nur gute
und erheiternde Eigenschaften. Dies hat Bentley nicht an-
gemerkt; mit der pia testa und mit dem quocumque lectum
limine Massicum hat er sich —- man darf es richtig aus-
drfteken — abgequält, dabei freilich eine geistreiche Con-
jectur gebracht (quocumque fetum numine), die aber nicht
abhilft.
Solche Abquälereien bei Bentley, der den Gedanken
der Verunstaltungen durch Inteq)olationen im Horatius noch
nicht gefaszt hatte, mögen uns doch ein Wink sein. Das
interessanteste Beispiel ist mir die parra III 27, eingeleitet
mit den merkwürdigen Worten, welche d^n gigantischen
Mann in Verlegenheit zeigen: 'videamus siquid nos tot aliis
frustra expertis meliore cum successu conemur.' Wie hätte
e« denn selbst ihm gelingen können bei einem Gedichte,
das einfach blödsinnig ist?
Ob jene Verse seu tu querellas bis servas an die Stelle
anderer Verse, die etwa unleserlich geworden waren, gesetzt
worden oder ob sie geradezu die absichtliche Erweiterung
CXXII zu ODE 111, 21. 23.
eines Scliülers sind, der hier eine gute Stelle fand, um sich
mit einer Strophe auf den Wein zu üben, so dasz Horatiuft
selbst etwa nur geschrieben hätte: 0 nnta mecum consule
Manlio digna et moveri testa bono die, kann natürlich nicht
gewuszt werden.
Auf die Unhaltbarkeit der letzten Strophe te Liber —
hat Peerlkanip aufmerksam gemacht. Und wer könnte ver-
theidigen wollen testam producere? Und Liber testam pro^
ducet? Und: die hellen Lichter werden die Flasche fort-
führen — statt des Umgekehrten? Aber dagestanden hat
wol noch eine Strophe, deren Gestalt ich versucht habe aus
der jetzigen herzustellen.
Od. III, 23 Caelo supinas —
V. 17. Auch Meineke nach Guietus und Peerlkamp hat
die letzte Strophe verworfen. Es sei unmöglich dem Sinne
oder der Latinität gerecht zu werden. Für mich liegt die
eigentliche Schwierigkeit in inuniinis. Denn gesetzt selbst es
könnte immunis allein gesagt in dem Sinne von immtmis
sceleris, jioxae u. dgl. fllr etwas anderes gehalten w^erden
als eine gesuchte Absonderlichkeit, so w^äre es doch unver-
ständig hier angewendet. Eine Hand, die immunis an den
Altar tritt, — wer sollte da zuerst etwas anderes verstehen
können als 'ohne Gaben . — Das Uebrige würde ich nicht
entscheidend finden. Rührte die Strophe von Horaz her, so war
daran dasz sumptuosa hostia nur Ablativ sein könne kein Zwei-
fel, und die Coustruction : wenn eine unschuldige Hand den Altar
berührt, so., nicht einschniQichelnder (nemlich ovaa, futura)
durch ein kostspieliges Opferthier, erweicht sie die Götter
durch far pium, — Man könnte auch daran denken dann hinter
hostia ein Kolon zu setzen: so ist sie durch ein kostspieliges
Opferthier nicht einschmeichelnder: sie erweicht die Götter
durch far pium. Doch halte ich jenes für besser. Also
was nun ? Wenn wir von dem immunis befreit wären , würde
die Strophe bleiben können. Das aber musz nun noch
zu ODE lU, 24. CXXIII
ins Auge gefaszt werden, dasz, wenn ßie entfernt wird, vnr
anzunehmen hätten, es sei durch einen Parallelversuch die
echte Strophe von ähnlichem Inhalt verdrängt. Denn einen
solchen Ahschlusz verlangt das sonst kahl bleibende Ge-
dicht, einen solchen inhaltsvollen erklärenden Ahschlusz zu
dem te mhil attinet. Wollte man die alte Strophe beibe-
halten, so würde man wol für immums an insontis denken
können.
Od. in, 24 Intactis opulentior —
V. 4 Tyrrhenum omne tuis et mare Apulicum. Dies wie
alles was sonst noch als Ueberlieferung erscheint, dort
terrenum^ hier mare publicum und ponticum ist gleich un-
brauchbar: ponticujn, publicuin ^ ApuUcum sind dieselbe
Ueberlieferung. Aber ich musz glauben, es war vor dem
allen eine Lücke. Ich habe versuclit : Ti/rrhenum omne luis
et mare Imteis. Mit deinen Bauten und Schiffen. Die un-
gewöhnliche Stellung des et ist in Horazischer Art.
V. 5 si ßget adamantbios — Gewöhnlich ßtii't. Dies
figet wird als Scholienlemma angegeben bei Keller. Dies
befriedigt (man würde ihm auch ohne alle Autorität der
Ueberlieferung den Vorzug geben) und macht die vorgeschla-
gene Umstellung von Axt si summis adamantinos Jigit verticibus
fiberflüssig. Obgleich das ßgit einigermaszen gemildert wird
vor dem Griechischen Wort. Die ül)rigen Paar Beisi)iele in
den drei ersten Büchern der Oden (im vierten, wie in den
Briefen und der Ars p. gibt es, wie aus Lachmann be-
kannt, Lucr. p. 77, gar keine Beispiele), sind mit Aus-
nahme eines Perfects, und auch dies vor Griechischem
nomen proprium (petTupü Acker onta I, 3, 3G), manet, ridet^
arat (I, 13, 6. II, 6, 14. III, 16, 24): d. h., wie /Iget, solche, in
denen die Conjugation immerfort lange Sylben bot, arus, ara-
mus u. 8. w. Freilich auch diese nur durch Unterstützung
der Arsis damals noch hin und wieder zugelassen,
V. 39 schien doch Bentleys gelu für solo Aufnahme zu
Terdienen.
CXXIV zu ODE III, 27.
Od. III, 27 Inpios pairae —
Ein blödsinniges Gedicht. Es gibt nur diesen einen
passenden Namen dafür und ich werde ihn beibehalten.
Wovon soll Europa ein Beispiel sein? 'Der Schein trügt*.
Gleich ich möchte sagen vorläufig hat man zu empfinden,
dasz das Beispiel nicht genau passe. 'Böse Omina werden
zwar bei dieser Abreise nicht vorhanden sein, Galatea: aber
du siehst, wenn auch in diesem Augenblicke die See noch
ruhig erscheint, welche Stürme und Seegefahr die jetzige
stets stürmisclie Jahreszeit drohe' : 'so auch Europa* — und
nun ist der Fall nicht ähnlich. Europa ist viel mehr zu
entschuldigen, ja ganz, da sie einem Scheine traute, der
gar keinen Anlasz zum Misztrauen enthielt, am wenigsten
einen so starken und dringenden als die nach aller Er-
fahrung voraussichtlichen Stürme zur Zeit des untergehen-
den Orion. Es wäre also nicht ein 'so auch* zu erwarten,
sondern eine Steigerung: täuscht der Schein nicht selbst
unter viel unschuldigem Verhältnissen? Wie Europa —
Gescheit wäre das eben auch nicht, aber es wäre doch
logisch.
Doch dies einmal bei Seite gesetzt. 'So auch vertraute
sich Europa einem scheinbar einladenden Stier an und sah
sich i)lötzlich in das Meer mit seinen Ungeheuern versetzt
und erbleichte davor und vor dem Betrug (oder vor den
Gegenständen in welche sie trügerisch hineingeführt war)
als sie mitten darin war, die dreiste*. Nachdem durchaus
vorher von einer Seereise der Galatea die Rede gewesen,
wird man jetzt bei dem scatentem behüs pontum palhnt na-
türlich glauben, in den Gefahren des Meeres, in welchen
auch Europa sich ])lötzlich sah, liege der Vergleich der Ge-
fahren. Aber dies kann nicht festgehalten werden: das
Meer kann hier nur beiläufig sein. Denn für die folgende
Ausführung wäre die Sache ganz dieselbe, wenn der Stier
lupiter sie über Land von ihrer Heimat fortgeführt hätte.
Und als lupiter seine Geliebte über das Meer führte, da
zu ODE III, 27. CXXV
hätte er nicht ^ielmelir es sogleich eintretend beruhigt, selbst
wenn es augenblicklich aufgeregt war? Warum fährt sie
denn aber hinüber in der Nacht unter Sternen? Welchen
Zweck hatte lupiter dasz er sie in der Nacht, meinetwegen
in anbrechender Nacht hinüberfuhrt? Fand er sie denn so
spät noch Blumen sammelnd auf der Flur? Oder holte er
sie allerdings bei Tage, aber die Reise war weit: wie viele
Stunden dachte sich der Verfasser dasz lupiter zu seinem
Gange über das Meer brauchte ? Er bedachte eben gar nichts :
die Fahrt der Europa unter Sternen gefiel ihm.
Sobald sie das Ufer von Kreta berührt rief sie: o wie
habe ich meinen Vater verlassen können, meine kindlichen
Pflichten vergessen können, überkommen von Wahnsinn (oder:
Liebeswahnsinn). Für die Schuld der Jungfrauen gibt es
nur einen Trost, den Tod ! — Ist das nicht ganz gesproclien
als wäre sie absichtlich und mit Bewusztsein einem Lieb-
haber in die Feme gefolgt? Ja der Ausdruck virgi/n/m
culpa, für welche nur der Tod die Befreiung ist, führt aller-
dings den Gedanken leicht auf etwas anderes, w\is denn
auch angenommen worden, dasz bereits lupiter sich ihr ver-
einigt. Freilich dasz es hiesz: sie stiesz diese Klagen aus
sobald sie Kreta berührt, das fülirte dahin nicht. Aber
80 oder so: nachdem lupiter sie hinübergebracht, hat er
sich sogleich entfernt, man sieht freilich gar nicht warum,
und hat das Mädchen sich selbst überlassen, ohne ihr eine
Andeutung zu geben wer er sei? Oder er hat sein Liebes-
verlangen sogleich erfüllt imd — nun es entsteht dieselbe
Frage. Und angenommen dies ganz Unglaubliche, so hat
sie doch den Stier in menschliche Gestalt sich verwandeln
sehen. Und ahnet nichts? Ja noch mehr schon allein einen
Stier, der sie durch das Meer schreitend oder schwimmend
getragen von Phönizien nach Kreta, den fahrt sie fort —
für einen — gemeinen Ochsen zu halten und ahnet gar
nichts? Dies Letzte gilt denn auch gegen die Annahme,
zu der man sich in der völligen ßathlosigkeit der Situation
auch schon entschlossen hat, zu der in der Euroi)afabel un-
erhörten Annahme , lupiter habe sich ihr vereinigt als Stier.
CXXVI zu ODE III, 27.
Irgend aber eine noch so leise Andeutung von einer Ahnung^
dasz sie wohl mit einem Gotte zu thun habe, ist nirgend.
Vielmehr unter dieser Voraussetzung wird das, dasz sie dea
Stier wiederhaben möchte um ihn zu zerreiszen, zu komisch
oder zu ernst. Uebrigens lacerare ferro. Hat sie ein Messer
mitgebracht? Und überall wovon redet sie denn? Davon
dasz sie Eltern und Heimat verlassen: meliusne ßuchu
i're per longos ßai — , impudens liqui patrios penates — .
Dies Verlassen, wie schon bemerkt, wird überall und
ganz unbegi-eiflich als ein absichtliches angenommen. So
auch hier impudens Uqui, — Nun ferner: * Warum zögre ich
zu sterben. 0 dasz ein Gott mich nackt unter Löwen irren
liesze*. Warum nackt? *Und er gewahre dasz mich Tiger
fressen, so lange ich noch schön bin und nicht abgemagert^
damit sie nicht die Beute der zarten Jungfrau erhalten,
wenn die Saftigkeit vertrocknet ist.' Eine ganz sonderbare
zärtliche Besorgtheit für die Tiger. So steht der Unsinn
hier: es kann davon nichts abgelassen werden. W\as sich
der Verfasser gedacht oder was ihm dabei dunkel vorge-
schwebt, und was er so irichcrlich ausgedrückt hat, das
weisz ich nicht. Hat er blos sagen wollen: und möchte
das bald geschehen? Oder hat ihm etwas vorgeschwebt,
was — leider — Orelli ganz befriedigt zur Erklärung dieser
Strophe beibringt, und — sehr unnöthig — mit Stellen be-
legt? Dasz es für Eltern, wenn sie ihr gestorbenes Kind
sehen, für den Geliebten, wenn er die gestorbene Ge-
liebte sieht, etwas Tröstliches hat, wenn die Leiche
noch schön und unverzerrt aussieht. Und dieses über-
trägt man auf die von Tigern gefressene Europa! Doch
weiter. ^\llein was brauche ich auf die Tiger zu warten?
Mir stehn ja eigene Mittel des Todes zu Gebot.' Und
ist es doch als hörte ich die Stimme meines Vaters
der mir Vorwürfe macht, dasz ich durch diese Mittel
mir nicht augenblicklich den Tod gebe. 'Du kannst
dich mit dem Gürtel an diesem Baume aufhängen.' 'Oder
— wenn die schroffen Höhen und die spitzen Felsen dir
zu ODE III, 27. IV, 2. CXXVU
durch den Tod (den sie enthalten, den sie gewähren kön-
nen) Freude machen, so vertraue dich dem schnellen Sturme
an. Es ist der helle Blödsinn! Sie braucht Sturm dazu?
Und geht das alles unter Sturm vor? Und nun welch ein
)Iotiv, schleunig sich den Tod zu geben, läszt sie den
Vater, wahrlich zu groszer Ueberraschung vorbringen. Wir
meinten doch: wegen ihres — freilich uns unbekannten,
aber doch immer angenommenen schimpflichen Verbrechens,
— nein, sondern damit du nicht, von Räubern überfallen,
eme Sklavin werdest, du, welche eine Prinzessin bist, und
nicht, — was der alte Phönizierkönig von Gottes Gnaden,
der sich doch unter die Griechen rangirt, erst an zweiter
Stelle ungeziemend findet, das Eebswcib eines Barbaren.
In die Worte der Venus mox tibi lusit satis u. s. w.
hat sich w^eder Bentlev noch Meineke finden können. Jener
schlug vor iam tibi iniussus — Meineke, was der Strophe
an sich einen guten Sinn gibt, abstinebis. Halte es jeder
damit wie er wolle, wie auch mit den Eingangsversen des
Gedichtes bis V. 15, wie auch mit dem zuletzt noch auf-
tauchenden Zweifel, ob denn mit diesem Ausgange eines
höchsten Gltlckes nicht auch die Fabel zur Abmahnung der
Galatea sich als die unpassendste enveise. Ich bin des Wei-
lens unter dem Blödsinn müde.
Od. rV, 2 Pindarum quisquis —
V. 2. Das überlieferte lule festzuhalten für den, der
nicht lulus hiesz, sondern lulius, wird doch wenigstens
jetzt nach Mommsen (die Römischen Eigennamen, Forschun-
gen I, 35) nicht möglich erscheinen. Ille hatte schon Pecrl-
kamp vorgeschlagen (s. IV, 3, 3j.
V. 49 tuque dum procedis u. s. w — viel besser als
die andere Ueberlieferung te. Du, io Triumphe — io Tri-
umphe als den Triumphus anredender, anrufender Vocativ be-
handelt, wie Epod. IX, 21.
CXXVni zu ODE IV, 4. 5.
Od. IV, 4 Quälern ministrum —
V. 15 fnatris ab ubej*e tarn lade depulsum leonffm. Un-
sinnige Ueberlieferung. Ich habe geschrieben non ante deput-
mm — V. 18 — 22 für diese Verse — mein gewöhnliches
Mittel des Einrückens war hier weniger thunlich — waren
natdrlich zwei Klammem noch zu wenig. Es versteht sich
dasz sie schon von mehreren abgeurthcilt sind, auch von
Meineke. Die Veränderung des sed in et (von Jani her-
rührend, auch von Meineke aufgenommen) stellt das Nöthige
gut her.
V. 24 revictae erklärt Meineke \ncissim vwtae , Seinem
Urtheil ^glossemati simite est quod Bentleius e codd. exhihvdt
repressae wird man wol beistimmen. Peerlkamp schlägt
noch vor reiectae,
V. 61—64. Diese Anhäufung mythologischer Gelehr-
samkeit in Hannibals Munde ist gewis absurd. Auch
^bieptuni est Romanos j qitonnn inv/ctam xHrlutem poeta celehraU
comparari ettm sparlisj qui eonserta manu vieti occubuerunC
Meineke. Er, früher schon Struve, haben die Strophe für
unecht erklärt.
V. 65 merses profundo, pulchnor evenit. Dies und euviet
ist die Ueberlieferung. Beides nicht brauchbar. Denn auch
Meineke kann ich in dem Glauben, dasz Horaz evenk für
emenjet neu angewendet, nidit beistimmen. Ich sehe nicht
wol ein, was mit dem doch nicht ausdrucksvollen Wort er-
reicht worden wäre mehr als wenn Horaz z.* B. exstitit
geschrieben hätte. Ich habe geschrieben eminet. Auch an
enitet könnte man denken, enitesc/s pufchrior multo II, 8, 5.
Doch wäre enitet etwas spielender und für unsere Stelle
musz ich eminet besser finden.
Od. IV, 5 Divis orte bonis —
V. 17. IS ist beidemal nira die Ueberlieferung. Un-
möglich. Fabers prata das erstemal ganz einfach. Wie
sich eine so einfache und allergewohnlichste Verschreibung
zu ODE IV, 5. 8. CXXIX
— durch ein Wort in einen Vers aus einem nächsten ge-
lesen — wie dieses doppelte rura — ^ms merum wie Bent-
ley sagt, womit er viel zu wenig sagt — in den Horastexten
erhalten kann, darüber mag denn doch Verwunderung er-
laubt sein.
Od. r\^, 8 Donarem pateras —
lieber Unzuträglickkeiten und Unerträglichkeiten dieses
Gedichtes haben die Stimmfähigsten sieh ausgesprochen. Es
i^te die Vermischung der beiden Scipionen und die Ver-
nachlässigung des gewöhnlichen metrischen Gesetzes in non
meendia Carthagims impiae die Aufmerksamkeit vorzugsweise
sogleich nach der Mitte des Gedichtes, von wo aus sie sich
dann auf die Anstösze des ferneren Theiles richtete. Sonst
wflrde wol bereits empfunden und gesagt worden sein, dasz
gleich der Anfang höchst venvunderlich ist. 'Ich würde
Erze schenken, eherne Schalen und Dreifüsze, wenn
ich nemlieh reich wäre an Kunstwerken, welche grosze
Maler oder Bildhauer geschaffen, Männer wie Parrhasius
und Skopas, welche geschickt waren in Stein oder in
Farben das Bild bald eines Menschen bald eines Gottes
aufzustellen'. Kann man verdrehter sprechen? Wenn aber
Anfang, Mitte und Ende verdreht sind, welche Garantie
bleibt dann überhaupt für Horatius? Der Inhalt ist Varia-
tion des Themas der nächstfolgenden Ode. Die unsere ist
über die Maszen verkehrt. Gleich am Anfang ist übrigens
uch das sonderbar: wenn er weisz, dasz Censorinus sich
aus solchem Tand nichts macht (non est tibi animus talium
deUctomm egens: gaudes carminibus), so ist es recht schief
anzufangen : ich würde meinen Freunden entgegenkommend
fdiren Wünschen entgegenkommend, ep. I, 9, 9. II, 1, 227)
eherne Schalen und Dreifüsze schenken wenn ich sie hätte.
Dem Censorinus würde er sie ja auch dann nicht schenken,
gar cammodus. Sodann also die beiden ersten Strophen
niit den oben bezeichneten unausweichlichen Verkehrtheiten.
Ea ist am Anfange recht gehäuft, was freilich durch das
Ltkn, HofBtiw. ^
CXXX zu ODE IV, 8.
ganze Gedicht geht, dasz ohne festen Umrisz gedacht und
demgemäsz gesprochen wird, dasz man verschiedentlich ge-
äfft wird, indem etwas anderes kommt als man erwartete.
'Nicht mit Inschriften versehene Marmorbildsäulen,durch welche
den Gestorbenen Athem und Leben zurückkehrt/ Dies pasztvon
den Bildsäulen wol, aber von den Inschriften darauf gar nicht;
die Inschriften können das Andenken der Gestorbenen erhalten,
meinetwegen erneuern, aber sie geben ihnen nicht Leben und
Athem wieder. Femer : nicht Bildsäulen mit Inschriften, nicht
dieThatenselbst geben die Tugenden der Helden so hell zu
erkennen als Gedichte. Wahrlich die Thaten selbst treten hier
befremdend herein. Am Schlusz : Hercules ist an den Tisch
des lupiter gezogen, die Tyndariden sind Retter in Seege-
fahr geworden, Bacchus führt Gelübde zu gutem Ausgang.
Nattirlich war auch für Bacchus etwas Specielles zu erwar-
ten, nicht das was alle Götter thun, und die beiden eben
genannten eben so. Uebrigens habe ich für diesen ganzen
Schlusz noch auf etwas aufmerksam zu machen was äuszerst
schwer ins Gewicht fällt. Hercules, Kastor und PoUux,
Bacchus sind nur Götter, gelten nur für Götter durch den
Mund der Sänger. Sie sind es in Wirklichkeit nicht. Dies
ist vollkommen unhorazisch.
Bekanntlich ist das Gedicht auch das einzige, welches
sich der vier/eiligen Strophenform nicht fügt. Wenn es
nicht von Horaz ist, wie es sicher nicht ist, können wir
darüber mit Sicherheit nichts sagen, eben so wenig ob dem
Verfasser die Vermischung der beiden Scipionen nicht zu-
getraut werden darf. Wenn beides nicht, so ist das Ein-
fachste die beiden Verse 1 7 non incendia Cartkagims impiae
und 28 digmim laude virum Musa i^etat mori herauszuwerfen,
wiewol dadurch einmal eine Stropheneintheilung entsteht,
welche von der sonst in dem Gedichte befolgten abweicht
(V. 25 : der Anfang eines neuen Sinnabsatzes mit der letzten
Strophenzeile).
Es ist also nach alle dem das ganze Gedicht in glei-
chem Charakter: es ist ihm mit der Lachmannischen, auch
von Meineke angenommenen Ausscheidung ganz und gar
zu ODE JV, 8. 9. CXXXI
nicht aufgeholfen. Beilftofig darf ich darüber auch noch
eine flberflüssige Bemerkung machen. Wenn die vierte
Strophe hienach heiszen soll nan tncisa notis marmora publi"
eis, per quae spiritus et v/ta redit bonis post mortem ducibuSy
clan'us hidicant laudes quam Calabrae Pierides, so darf man
sagen: Horaz hei seiner Stellung gegen Ennius würde
schwerlich, wenn nur allgemein von dichterisch gefeierten
Helden die Rede ist, wenn nicht gerade speciell Scipio
oder allerwenigstens deutlich altrGmische Helden bezeichnet
waren, er würde dann schwerlich gerade die Muse des
Ennius genannt haben.
Od. IV, 9 Ne forte credas —
Diese Ode ist sehr verunstaltet. Zuerst durch drei
einfach herauszunehmende Strophen, V. 13 — 2b. Das Bei-
spiel noH sola comptos arsit adulteros u. s. w., als wenn es
80 groszes Unglück wäre, dasz nicht schon alle eitle Ehe-
brecherinnen vor der Helena besungen worden, ist lächer-
lich, und die folgenden Aufzählungen willkürlich zusammen-
gewürfelt, und das ^nicht Idomeneus oder Sthenelus
allein haben besingenswerthe Kämpfe geführt' überwun-
derlich. Weiterhin hat das Gedicht eine viel schwerer zu
hebende Verderbung erlitten. Alle Beispiele Bentleys wer-
den nicht überzeugen, dasz man vernünftig sagen könne:
est animus tibi consul non unim anni: und nun noch fort-
fahren: *du hast einen Geist, der nicht Consul für ein Jahr
ist, sondern, so oft er ein guter und treuer Richter das
Rechte dem Nützlichen vorzog, venvarf mit hoher Miene die
Geschenke der Angeklagten und entfaltete seine Waffen
siegreich.' Dies letzte durchaus nothwendige ^md*, das aller-
dings in keiner Handschrift steht, bringtauch durch voitu et
einen Hiatus in w, wie er in Horatius Oden, Epoden und
Episteln unerhört ist (s. oben». Wollte man nun die beiden
Strophen 37 — 44 einfach herausnehmen, so scheint damit
noch nicht geholfen. Denn erstens ist das blosze est animus
tibi rerumque prudens et secundis temponbus dubiisque rectus
12
CXXXII zu ODE IV, 9. 10. 11. 12.
eine dem langen Vorwort gegenüber zu kurz abgefertigte
Besehreibung der hervorzuhebenden Eigenschaften des Lollius.
Sodann erscheint die Verbindung der beiden Adjectiva
durch qve — et ganz befremdlich. Es ist hier noch eine
gröszere Verunstaltung vorgekommen. Ich wäre geneigt zu
Folgendem :
totve tiios patiar labores
impune, Lolli, carpere lividas
obliviones. est animus tibi
•
vindex avarae fraudis et abstinens
ducentis ad se cuncta pecuniae
rerumque prudens et secundis
temporibus dubiisque rectus.
non possidentem —
Od. IV, 10 0 crudeUs adhuc —
V. 2. Die Ueberlieferung insperata tuae cum veniet pluma
superbiae ist Unsinn. Aber weder Bentleys bruma kann
ch f(lr brauchbar halten, noch Marklands ruga. Sondern
allein Withofs poena.
Od. rV, 11 Est mihi nonum —
In dieser Ode sind 3 Strophen eingesetzt. V. 9 — 12
ganz unpassend ftlr Horatius' Verhältnisse. Und die beiden
letzten Strophen sind von age lam vieorum ßnis amorum an
(ähnlichen Inhalts wie die an Ode III, 14 nach V. 16 an-
gesetzten) unmäszig thöricht und läppisch. Auszerdem aber
war, um den natllrlichen Gedankengang hereinzubringen,
Umstellung einiger Strophen notliig.
Od. IV, 12 lam veris comites —
Die vorletzte Strophe ad quae si p?*operas gaudta musz
für eingesetzt gelten. Er eilt ja nicht, sondern bedarf der
Aufmunterung w/ ponat moras et Studium tuen.
zu ODB IV, 14. cxxxra
Od. IV, 14 Quae cura patrum. —
In dieser groszen Statsode müssen fort die zwei Stro-
phen 17 — 25, beginnend mit dem metrischen Fehler spe-
etandus in cer \ iamme Martio. Und wer würde nicht be-
troflFen, nachdem er in diesen Strophen den Vergleich des
Tiberius, wie er die Feinde niederstürzt, mit einem unter
Begengusz die Wellen aufregenden Sturm gelesen, wenn
nun mit neuem Ansätze kommt : So wälzt sich der Aufidus,
wenn er wild wird und die Aecker überströmt, wie Tiberius
die Feinde niedermachte. Und wieder ausführlich das Ver-
glichene wie der Vergleich. Sonderbar ist es wie der
Rhetor, der diese Strophen verfaszt, etwas von seinem eigenen
übertriebenen Pathos merkt und sich durch ein prope ein-
schränkt Immer hat auch mich dieses prope choquirt.
Und man denke sich doch in den wii-klichen Schwung
eines Dichters: er stürzte auf die Feinde fast wie ein Löwe,
0. dgl. Den Schwung? Ich denke auch nur denjenigen
Geschmack, den man dem Horatius zutrauen darf. Auszer-
dem aber enthält hier das 'fast' eine Unhöflichkeit und
Irreverenz gegen den kaiserlichen Prinzen. Uebrigens haben
diese Strophen einen pathetischen Ausdruck wie ihn die
übrige Ode nicht hat: welche mäszige, sich wenig anstren-
gende Prosa ist, groszentheils etwa mit kleiner Umstellung
eines oder des andern Worts recht gut als Prosa lesbar.
Aehnlich nüchtern, die hier begonnene Registerform gleich-
falls fortsetzend, ist das folgende letzte, uninterpolirt erhal-
tene Gedicht Denn man lese doch daselbst
tua Caesar aetas
fruges et agris rettulit uberes
et Signa nostro restituit lovi
derepta Parthorum superbis
postibus, et vacuum düellis
lanam Quirini clausit et ordinem
rectum evaganti frena licentiae
CXXXn' Zü ODE IV, 15. EPOD. XV. XVI.
iniecit emovitque culpas
et veteres revocavit artia —
Das ist ein versificierter Speisezettel. Dem Horatius, dessen
poetischer Athem überhaupt nicht sehr stark ging,* war er
fttr diese auf Ordre gefertigten Hofgedichte ganz ausge-
gangen.
In dieser vierzehnten Ode möchte auszerdem das plus
vice simplice in V. 13 noch verdorben sein.
Epod. XV Nox erat —
V. 7 dum pecori lupus et nantis infestu^ Orion turbarit
hibemvm mare, wie überliefert, ist Unsinn. Ich habe Ausfall
angenommen.
Epod. XVI Altera iam teritur —
V. 15. forte guod eocpediat vommuniter aut melior pars
malis carere quaeritis lahoribtis. So Meineke. Ebenso Haupt,
aber mit einem Komma liinter expediat. Andre, um auch
hierin der wenigstens bei weitem überwiegenden Ueber-
lieferung treu zu bleiben, nicht quod expediat, sondern quid
expediat. Dasz jede Erklärung mit quid expediat unmöglich
sei, weist Bentley bis zum Ueberflusse nach. Er selbst ent-
scheidet sich für forte (quod expediat!) communiter u. s. w.
Was denn wenigstens eine Construction , eine Form der
Rede ist, bei der man athmen kann, während alle übrigen
Lesarten dem Leser die Kehle zuschnüren. Aber wie kommt
denn forte dazu, mit einem Male 'vielleicht* zu heiszen?
Das heiszt es nicht, und da was es heiszt 'zufällig* auch
keine Stätte findet, so ist forte verdorben. Ich habe ver-
sucht, indem ich noch eine andere Verderbung annehme,
vielleicht befördert durch das eingedrungene /örfe, welches
die beiden Verse eines Verbums beraubt hatte:
ferte quod expediat communiter aut melior pars
malis carere quo velit laboribus.
EPOD. XVL CXXXV
Ferte bringet herbei (gebet an) ein Mittel, welches allge-
mein helfen kann oder durch welches den Leiden zu ent-
g:ehen der beszre Theil den Willen fassen kann. — Der
nemlich eines männlichen Entschlusses fähig ist und der
Einsicht y dasz nur in einem Unternehmen ktthnes Ent-
scUusses eine Hülfe ist Vgl. 35 haec et guae poterunt
redäus abscmdere dulcis eamus omnis exsecrata dvitas aut
pars indocili melior ff rege; mollis et exspes inominata per-
primat cubilia, vos, quibtis est virtus, —
Die Aufforderung mit ferte ist sehr passend. Denn
wie eine Berathung ist die Situation gedacht. V. 23 sie
placet an melius quis habet suadere ? Und da niemand Ein-
rede thut: secunda ratem occupare quid moramur alitef
V. 4S. 49. Diese beiden Verse nuila nocent habe ich
hieher gesetzt. Die Handschriften haben sie hinter V. 60
(nach gewöhnlicher Zählung) lahoriosa nee cohors Ulixei.
Das ist natürlich nicht möglich. Haupt hat sie eingeklam-
mert. Ich habe sie dahin versetzt, wo sie nach dem Gange
des Gedichtes richtig stehn können. Zwischen beiden Aus-
hülfen läszt sich natürlich mit Sicherheit nicht entscheiden.
Die letzten vier Verse heiszen bei Meineke und Haupt:
luppiter illa piae secrevit litora genti.
ut inquinavit aere tempus aureum;
aere, dehinc ferro duravit saecnla, quorum
piis secunda, vate me, datur fuga.
Es wird wol niemand sein, der dies wiederholte aere
als natürlich angebracht empfände. Es gibt auszer aere
eine andere Ueberlieferung aerea : dem ersten Anschein nach
besser für den Sinn: allein Meineke, der es ehemals auf-
genommen, bemerkt dagegen, bei Horaz sei dehinc nie ein-
silbig: Sat. I, 3, 104. 5, 97. Epist. II, 3, 144 (während hin-
gegen rfe/w, deindej deinceps einsilbig und zweisilbig
seien, ein neuer Beweis, dasz Sat. I, 5, 97 das von Bent-
ley, auch aus Handschriften, eingeführte dein statt des frü-
heren dehinc richtig sei). Aber es kommt dazu Bentleys
CXXXVm EPOD. XVII. SAT. I, 3. 4.
auch die v-ierzeiligen; und es kann uns nicht Wunder neh-
men wenn Horaz auch seine jenen nachgebildeten Gedichte
eben so baute, auch bei solchen Gedichten, wo er wol
schwerlich daran gedacht hat dasz sie sollten gesungen
werden. Das Strophenprincip, und im Groszen in den Oden
das vierzeilige Strophenprincip bezweifelt kein Einsichts-
voller mehr. Die Frage ist noch erlaubt, aber allerdings
vielleicht tiberfltlssig, weil vielleicht nicht zu beantworten,
ob nicht ein Paar Gedichte, ich will z. B. sagen Nullam
Vare sacra — auch in den Oden sind, die zweizeilig ge-
meint waren.
Sat I, 3 Omnibus hoc \1tinm est —
In V. 20 ist die Ueberlieferung: nullane habet vitiaf
imo alia et fortasse minora. Das aUa will nicht passen.
Ich habe geschrieben imo ah: et (gleich et tarnen) fortasse
l^fnora. (Sat. I, 6, 65.)
Sat. I, 4 Eupoliö atque Cratinus —
V. 7. Was heiszt die gewöhnliche Ueberlieferung Zi/e//iW
— facetus, emunvtae ?iaris, durus componere versus? Der
harte Verse machte? Wie kann denn aber durus componere
versus so viel sein als durus in coviponendis versihusf Danach
wäre das Naheliegendste 'steif, ungelenk zum Versemachen.*
Aber es ging ihm ja so auszerordentlich leicht von der
Hand. Ich sehe nicht anders als dasz es heisze: Versteift
darauf Verse zu machen , obstinalus. Dazu paszt auch der
Fortschritt nam fuit hoc vitiosus u. s. w. sempergue inversa
tueri durus aus Valer. Flacc. 3, 647 hat angeführt Golenski
de infnitiro Latino (Regim. 1864) S. 49. Beiläufig be-
merke ich dasz für das i*idiculus totas simul absorbere pla^
centas Sat. II, 8, 24 gemsz die richtige, Erklärung ist, die
mir ein junger Freund gegeben : der die lächerliche Passion
oder Geschicklichkeit hatte die ganzen Kuchen zu verschlin-
gen: ridiculus ad. — Aber ich habe hier in der überlieferten
Stellung der Verse noch eine Aeuderung vorgenommen.
SAT, I, 7. CXXXIX
auf welche der hinter ut magnum — auiTallend abgerissen
eintretende Vers cum flueret lucukntus erat quod tollere
velles hinwies. Ich habe ihn hinter emunctae naris — gestellt;
und, dftnkt mich, mit der Interpunktion, die ich gegeben,
wird es nun befriedigend. V. 14. Die Ueberlieferung Cris-
pmus mmhno me provocat. Bentley's nummo ist für mich
tib^rzeugend : schon das einzige Wort: sed quid faciamus
älo ^mmhnd'l deest siqmdem pecuniae summa^ quam per^
ieret ü qui sponsiane vinceretur. V. 79 laedere gaudes^ in-
juitf et hoc studio pravus facis. Dies die Ueberlieferung
*iind das thust du studio pravus^ Das ist doch wunderlich.
'Durch dieses Streben' brauchen wir. Ich habe geschrie-
ben et hoc studio pravos facis ^und in diesem Streben stellst
da die Menschen als verkehrt dar.'
Sat. I, 7 Proscripti Regis —
In dieser Satire habe ich an einer Stelle eine bedeu-
tende Aenderung vorgenommen. Nämlich V. 9 heiszt ge-
wöhnlich: ad Regem redeo, postquam nihil inier utnimque
emvenä {hoc etenim u. s. w. Nun sind aber die Worte ad
R^em redeo unmöglich. Weder hat der Dichter vorher bei
dem Rex allein verweilt, noch war er, indem er ihn eben
noch zusammen mit Persius erwähnt, von ihm abgekommen,
noch spricht er hinter dem ad Regem redeo von ihm irgend
tU Hauptperson. Kurz, wie gesagt, es ist das ad Regem
redeo ganz unmöglich. Ob jemand aus Buchstabenversclirei-
bung (wo man denn wol an ardere denken würde) eine
passende und ungezwungene Verbesserung machen kann,
weisz ich nicht. Ich habe auch hier angenommen, dasz
eine entstandene Lücke schlecht ausgefüllt ist, und habe
etwas für den Sinn Treffendes eingesetzt: moliri exitium.
Womit dann zugleich etwas anderes gehoben werden kann,
was wir in dem gewöhnlichen Texte lesen und was ich
gleichfalls für unmöglich halten musz: ich meine die ge-
wöhnliche neunzeilige Parenthese von hoc V. 10 bis miseris
V. 18 — ein Ungethüm wie wir es ähnlich am Anfange
CXL SAT. I, 7. 8.
des 15. Briefes werden zu entfernen haben: also eine neun-
leilige und zwar einige ganz gehörige Perioden in sich ent-
haltende Parenthese. Von dem sechszehnzeiligen parenthe-
tischen Ungethüm im 65. Gedicht des CatuU sind wir ja
nun durch glücklichere Einsicht befreit. Nachdem nun an
unserer Stelle ftlr das ad Regem redeo das von dem Sinn
Erforderte hergestellt ist, fängt mit postquam nicht ein neuer
Satz an, wodurch jene Parenthese nöthig wird, sondern es
gehört nun zusammen moliri exitium postquam nihil inter
utrumque convenit. Und alles geht einfach vorwärts.
Sat 1, 8 Olim truncus eram —
V. 14 nunc licet Esquiliis habitare salubribus atque aggere
in aprico spatian\ quo modo tristes albis informem spectabani
ossibus agrum. Es wird so viel ich sehe erfordert das schon
von Bentley vorgeschlagene qua; allein auch das hilft nur
wenn ohne Interpunction geschrieben wird aggere in aprico
spatiari qua modo tristes u. s. w. Dasz Horaz 'auf welchem*
(abgerechnet dasz man lieber sehen würde Von welchem*)
sollte mit quo ausgedrückt haben, was Bentley offenbar an-
stöszig fand, ist auch wohl bedenklich. Aber gar der Sinn!
'Jetzt kann man auf dem sonnigen Damm sich ergehen,
auf welchem man früher — Das konnte man auch vorher,
wenn er vorhanden war. Da fehlt der Begriff 'mit Vergnü-
gen sich ergehen , der in spatiari doch nicht liegt, noch viel
weniger als in^ dem Deutschen 'spazieren gehen', sondern
nur mit bequemen Schritten. Soll man etwa bei aggere in
aprico künstlich ergänzen salubri? Wie dann aber weiter?
auf welchem vorher tristes spectabant Wer sind denn die
tristes ? Traurige Menschen ? Wer redet denn so Lateinisch ?
Und was ist es denn auch für ein Sinn? Das Subject zu
tristes kann nur Esquiliae sein. Jetzt kann man auf den
Esquilien gesund wohnen und wo sie früher traurig auf das
Leichenfeld sahen gesund sich ergehen: d. h. auf einem
jetzt, wo es vorzüglich auch durch die Aussicht auf die Gär-
ten lohnte, auf der Höhe angelegten planirten Gange. Vom
Servischen Wall ist keine Rede.
SAT. 1, 10. CXLI
Sat I, 10 Nempe incompoBito —
Dasz die ersten vor den ganz kenntlichen Anfang Nempe
{:e8etzten Verge sehr gut sind (ich meine nicht nur metiisch)
das ist gewis. Dasz der Ton gröber ist als Horaz ihn je
Tor dem Publicum anstimmte (auch mit exhortatus^ fflr das
bekanntlich Horkel sehr beachtenswerth excoriatus vorschlug)
ist auch gewis. Dasz sie deshalb nicht von Horaz sein
konnten folgt noch nicht. Horaz war so unschuldig nicht
als er sich z. B. vor Mäcius darstellt. Fttr einen Höllensack
konnte er sie wohl machen. Weiteres darüber (s. ein Weniges
oben zu Od. II, 15) dasz unsere ältesten Handschriften sie nicht
haben und die Scholiasten sie nicht erklären er^varten wir von
Holderzu lernen. Zu V. 70 gebtlhrt hier ihre Stelle der trefflichen
Ausführung von Dr. Eugen PI ew (Fleckeisen Jahrb. 1866),
welche zwar durch mich veraulaszt worden, die ich selbst
aber schwerlich so befriedigend geleistet hätte. *Bei Horatius
SaL I, 10, dort wo von dem ungebildeten Versbau der alten
Zeit und namentlich des Lucilius die Rede ist, sehlieszt ein
Vers, 78, . . , et in versu facienda \ saepe caput scaberet
u. s. w. Corssen Ausspr. u. s. w. II S. 430 ftlhrt diese Stelle
als Beleg dafür an, dasz nicht einmal in den Horazischen
Satiren, die doch der Umgangs- und Volkssprache am näch-
sten ständen, das Bestreben sichtbar sei^ am Ende des Ver-
ses in der 5. Arsis Hochton und Vershebung zusammen-
fallen zu lassen. Lehrs glaubt dessen ungeachtet seine
(auch K. Jahrbb. 1S64 S. 185 angedeutete) Meinung festhal-
ten zu müssen, dasz das Ohr in jenem Verse sich unge-
wöhnlich berührt fühle und dasz Horazius hier (mit ähn-
lichem Witz wie in 7ian quivis videt immodulata poemata
iudex) eine metrische Inconvenienz habe einflieszen lassen:
hier eine des Lucilius, und zwar eine ihm nicht etwa zuzu-
trauende, sondern es dränge sich deutlich auf, dasz in dem
m tersu facienda eigne Worte des Lucilius enthalten sein
mfiszten, wie unsicher auch bei Charisius p. 60 P. (78 K.)
die Ueberlieferung eines Lucilischen et versus faciendi sein
möge. Eine Untersuchung jener Versschlüsse, namentlich
CLXII
SAT. I, 10.
aber der mit antispondeischem vorletzten Worte, war Lehrs
Meinung, werde dies wol bestätigen. Im folgenden habe
ich eine solche Untersuchung für die hauptsächlichsten
Hexameterdichter angestellt. Corsseu II S. 442 f. spricht
noch einmal über diese Versausgänge von der Form ,-,v^-io
und bemerkt, dasz im Gegensatz zu Ennius 'die Dichter der
Augusteischen Zeit diese Form des Versausganges selten
anwandten, nicht weil sie die Uebereinstimmung von Hoch-
ton und Vershebung suchten, sondern weil die Cäsur [rich-
tiger Dihärese] nach der Hebung des fünften Vers-
fuszes den rollenden Fall des Versschlusses unter-
brach*. Wie treffend auch die letztere Bemerkung sein
mag, so bedarf die erstere sicherlich einer genauem Be-
stimmung. Ausgehn will ich bei der Betrachtung der
Hexameterschltisse von der Form v^^-'- vonHoratius; er
hat folgende:
SatI 1,104 ac ncbulonem
2.12 ac nebulonis
2,57 umqiiam alienis
2,98 ciniilönes, parasitae
m
2,1 19 ven^rem facilemque
3,52 fortisque lia1)eätur
4,4 aut alioqui
4,27 hie imerorum
6,36 matre inhonestus
8,3 fiirum aviumque
8.13 ne sequeretur
8,48 Saganäe caliendrum
10,46 Varrone Atacino
10,70 versü faciendo
U 1,27 tötldem studiomm
2,95 rhombi patinaeque
3,166 dlfft^rt barathrone
3,195 Priamusque nhumato
3,207 non furiosos
3,221 qiii scelcratus
5,46 ne manifestum
7,75 Imperlis hominumque
7,90 Ffilvi Rutubaeque
8,21 Servüjö Balatroni
S,33 VibTdias Balatroni
£pp. I 1,27 solerque eJemeutis
1,62 an puerorum est
f4,8 mens animusque
n 1,58 properare Epicharmi
1,115 quod modicorom est
1,173 in parasitis
1,263 et veneratur
3,81 et populäres
3,146 interna Meleagri
3,355 ut citharoedus.
v-» «^
SAT. 1, l'». CXLIII
Hieraus ergibt sich, dasz Horatius den Versschlusz
^ 3 keineswegs gemieden hat ; dasz derselbe in den freiem
Satiren häufiger ist (auf 83 Verse Imal) als in den Episteln
(auf 197 Verse Imal); dasz endlieh die Wahl des vorletzten
Wortes keineswegs gleichgültig ist: denn 1) in den über-
wiegend meisten Fällen weicht die Betonung desselben Ton
der prosaischen nicht ab: a) 15 Wörter sind einsilbig, b)
Smal ist Synalöphe. 2) seine Betonung ist abweichend in
folgenden Fällen: a) 6 Wörter haben die Messung v^v^-' oder
^---i: Fälle, die um so eher zu entschuldigen sind, als bei
Anwendung dieser Wörter im römischen Hexameter immer
Hochton und Vershebung auseinanderfallen müssen, b) 2 Worte,
darunter ein Eigenname, haben die Messung — ^. c) 4 Wörter
haben die Messung --^: darunter Sht, I 10,70 in besprochner
Absicht; II 2,95 grändes rhömbi pältnaeqni scheint auch
nicht unabsichtlich; II 3,166 quid enm differt, burathrotw
scheint weniger auflallend, da /er/ Stammsilbe ist; II 796
endlich sind zwei Eigennamen. In den Episteln kommen
Antispondeen an dieser Stelle nicht vor. Durchschnittlich
kommt bei Horatius auf 116 Verse 1 Versschlusz w^-^3. Bei
Persius ist der Gebrauch viersilbiger Versschlttssc wieder
viel spärlicher: I 4 TrdUnttes Labeonem.l, 25 exihit capnficus,
I 26 usque adeone. Es kommt auf 216 Verse 1 solcher Vers-
Khlusz. Bei dem vorletzten Worte ist die Betonung Imal
regulär in Folge von Synalöphe, 2 mal abweichend mit der
Messung ^ ^ ^ -.
Bei luvenalis ist der Gebrauc^J wieder reichlicher:
I 4 h hie spoliator III 217 et Polycliti
53 mOgitüm labyrinthi V 59 Gaetulfim Ganymedem
55 si capiendi 115 ferro Meleagri
80 vel Cluvienus VI 110 illos Hyacinthos
130 atqae Arabarches 156 et Bereiiices
n 1 et glacialem 551 dr'derit Petosiris
in 70 aut Alabandis 655 atque Eriphylae
133 vel Catienae VII 6 desertis Aganippcs
144 et Samothracum 15 ^quTt^s Asiani
CXLIV SAT.
l, 10.
VII 90 tu Camerinos
Xn 101 promittänt hecatomben
94 aut Proculeius
102 Tgnäles elephanti
191 et generosus
xnr
7 ut mediocris
193 et jaculator
105 hie diadema
Yin 38 aut Camerinus
122 non Epicurum
89 luöpfim socioram
148 et populorum
103 non PolycHti
197 et Radamanthas
229 pirsönlm Menalippes
200 quod dubiUret
IX 6 miseräbüiör Crepereius
XIV
17 paribusque elementis
22 et GaDymedem
20 ac Polyphemus
64 ut Polyphemi
40 döciles imitandis
X 114 aut Cicero nis
41 et Catilinam
150 altosque elephantos
46 pernöctäntis parasiti
243 ut renovata
81 et generosae
286 hoc cruciatu
252 quod Mithridates
350 DOS animorum
XV
125 immänis Agath}T8L
Durchschnittlich kommt hier auf 79 Verse ein Vera-
Bchlusz ,^ix3, Ueber die Betonung des vorletzten Wortes
ergibt sich 1) es fällt überwiegend oft Hoehton und Vers-
hebung zusammen: a) 30 mal ist das vorletzte Wort einsil-
big, b) 4 mal findet Synalöphe statt. 2) Hochton und Vers-
hebung fallen auseinander in folgenden Fällen: a) 4mal hat
das vorletzte Wort die Messung ^^- oder jl^^i^ bj 2 mal
die Messung - -^ , c) 8 mal die Messung jl-i. Ueber 2,b u.
c. vgl. unten.
Gehen wir zu den Epikern der ersten Eaiserzeit über,
so ist zunächst bei Vergilius das Verhältnisz schon ein
ganz anderes. Die Versschlüsse sind:
ecl. 3,63 mbens hyacinthus
5,87 an Meliboei
6,53 fQltUs hyaciutho
8,44 Extrem! Garamantes
m
10,12 ÄÖnie Aganippe
ge. I 437 Inöö Melicertae
n^ 84 Ida^is cyparissis
III 60 päti hymenaeos
IV 137 töndebät hyacinthi
183 ferragin^ös hiacinthos
Aen.I 651 inconcessosqae hyme-
naeos
III 328 Lacedaemoniosque hyme-
naeos
SAT. I; 10.
CXLV
AenJniOl
464
553
614
6S0
IV 99
146
215
316
667
V300
448
VI 11
445
484
623
896
Vn344
35S
398
555
dticis Meliboei IX 314
sectoque^elephAnto 477
niyiMgdm Scylaceom 574
gemtore Adanuuito 767
cönKförae cyparissi X 60
pactosqae hymcnaeos 136
pictique Agathyrsi 505
sgmiyirö comitatu 720
IncSptös hymenaeos XI 69
femin^ö ulutatu 217
HSl^Qs Panopesque 355
aut Erymantho XII 87
mentem animumque 419
maestamque Eripyhlen 515
säcrdm Polyphoeten 805
Yetitosque^hymenaeos Culex 235
nitlns elephanto 401
Tarniqae hymenaeis Cirris 95
Phrygiisque hymenaeis 434
cinit hymenaeos 470
cSlöbrent hymenaeos
Rhoetumqae Abarimqae
fimtnSö ululata
Diöxippüm Promolumque
Nolmöniqfle Prytanimque
et Simoenta
Ortctä terebintho
gSmItfi lacrimisque
pröfugos hymenaeos
länguSntis hyacinthi
Turnique hymenaeos
dignisque hymenaeis
alboque orichalco
odörifgräm panaceam
m
genüs Peridiae
miscere hymenaeos
ispictins Ephialten
hie rhododaphne
foribusque hyacinthi
äectrö lacrimoso
hinc Strophadasque
Pflr die Betonung des vorletzten Wortes ergiebt sich
Folgendes: 1) in der Mehrzahl der Fälle ist sie von der
prosaischen abweiehend: a) 21 Wörter haben die Messung
'-^^L^^^j. oder ^^, b) 2 Wörter die Messung -^ (wol
ohne eine malerische oder andere Absicht), c) 8 Wörter die
Messung - - ^. 2) Hochton und Vershebung fallen zusammen
in folgenden Fällen : a) 5 mal ist das vorletzte Wort einsil-
big, b) 1 7 mal findet Synalöphe statt. Durchschnittlich
kommt auf ca. 261 Verse 1 Versschlusz w^^-
Bei 0 vidi US ist der Gebrauch dieses Versschlusses
sehr viel spärlicher; es sind folgende Fälle:
Metn 244 Phegiftcö Erymantho
Y 312 Hyintfä Aganippe
Ulm, Honüw.
V 409 Pisa^aS Arethusae
Vm 310 HySnteö lolao
K
CXLVI SAT. 1, 10.
Met XI 17 Bäcchri ululatus XI11257All8töräqQeChromiumqae
756 Jövi Gauymedcs 25S Noimöniqde Prytauinque
Ftlr die Betonung des vorletzten Wortes ergiebt sich,
dasz bei Ovidius stets Hochton und Vershebung ausein-
ander fallen: a) 4 Wörter haben die Form -s^v^-t oder «^^^
b) 4 Wörter haben die Messung - -^. Durchschnittlich kommt
auf 1500 Verse ein Versschlusz -^-^cr.
Auch Catullus musz hier in Betracht gezogen werden.
62,4 (licet lu" hymciiacus (>4,20 despexit hymeuaeo8
5 0 hymenaec 141 Optätös hymenaeos
66,11 aiictüs hymenaoo 319 cust<ldlbänt calathisci
Hieraus ergiebt sich, dasz 1) die Betonung des vorletz-
ten Wortes tiberwiegend häufig von der prosaischen ab-
weicht: a) 4 Wörter haben die Form - --, bi ein Wort hat
die Form ~i. 2) \ mal fällt Hochton und Vershebung zu-
sammen bei einsilbigem Wort. Durchschnittlich kommt auf
ca. 134 Verse ein Versschlusz ^^i-.
Bei Silius Italiens kommen fol<rende Fälle vor:
'O'
I 152 superumque hominumque V 22 latequc hymcnaeo
II 484 divumquf homiuumque XV 728 ac residentem
III 64 primoque hymenaeo XVII 79 Tj'rins hymenaeos
Hieraus ergiebt sich: 1) das Zusammenfallen von Hoch-
ton und Vershebung tiberwiegt entschieden: a) 1 Wort ist
einsilbig, b) 4 mal findet Synalöphe statt. 2) Nur 1 mal fällt
Hochton und Vershebung auseinander; das vorletzte Wort
hat die Messung w^jj. Durchschnittlich kommt auf 2034
Verse 1 Versschlusz ^^v^^c.
Bei Lucanus kommt tiberhaupt nur 1 Fall vor:
XI II 318 prÄecipitÄ cataractae. Das vorletzte Wort hat die
Messung -^v^-^.
Bei Statins kommt in den >>iivae und AchiUeis kein
Fall vor, in der Thebais folgende:
SAT. I; 10.
CXLVIi
n 202 primisque bymenaeis
239 luiec Aracyiitho
610 Echi5iuflm Lycophontem
m 283 däbils bymenaeiB
YII 344 qui Cyparisson.
Hieraus ergiebt sich: 1) Das Zusammenfallen von Hoch-
ton und Vershebung überwiegt: a) 2 Worte sind einsilbig
bj 1 mal ist Synalöphe. 2) 2 mal fällt Hochton und Vers-
hebung auseinander: a) 1 Wort hat die Form - ws^^; bj 1 Wort
die Form ^ -'. Durchschnittlich kommt auf 2S24 Verse 1 Vers-
Wir wollen nun zur voraugusteiöclien Hexameterpoesie
zarQekgeh^n und zunächst die viersilbigen Versschlttsse bei
Lucretius aufsuchen; es sind folgende:
I 4 omue aniniantum
5 t ad rationem
6S nee minitanti
74 mente animo(|iie
ft" comitari hyraenaeo
112 natura aiümai
n9 r^m novitatem
14b sp^cies ratioqae
1S2 quae genital!
194 natura animantum
•
264 adiuta aliena
266 nil revocari
VA omne auimautum
424 quo referentcs
457 natura abituque
517 qu^it cohibere
544 nil revocari
517 rSbüs reparandis
550 res reparare
779 caecamquo adhibere
SoS arbasta animantis
621 arbasta animantis
82S plura adhibere
n
I 912
1033
1038
43
61
77
78
139
393
4r,3
4S0
483
509
591
614
640
665
691
717
804
918
920
936
sunt clementis
gcns animantum
natura animantum
• _
pariterquc animatus
species ratioque
äliäe minuuntur
saecla animantum
ut moveantur
est elcmentis
esse elemcntis
figflränlm ratione
in brevitate
in mclioris
undc oriantur
qui violarint
mätrr'm comitantur
quaoquo imitantur
oonstarQ elcmentis
atquQ imitari
ütf videatur
una eademque
turbamquc animantum
naturaro animantis
Kl
3XLVIU SAT.
1, 10.
11981 constat^ elementis
838 atqu^ animai
[1U23 ad rationem]
ni 949 sis moriturus
1063 geucrisqu^ auimantum
1079 quin obeamus •
1073 Bimili ratione
1092 ex hodiemo
T1I 93 spScies ratioque
IV 38 vfvös volitare
132 delatvim Heliconi
104 ilUs similesque
142 mens animusqae est
2a0 ant^ agiUtur
150 pars animar
335 sunt speculonim
155 vocemquQ aboriri
343 gestumquQ imitari
161 atquQ animai
351 ne simulacra
167 constarQ auunamque
365 gestumque imitari
228 natur^m animaeque
448 fiti videantur
244 ex elementis
545 ex Heliconis
III 254 atquQ animai
610 plus operaeve
341 sie animai
645 cäpiilnt animantes
344 atquQ animai
646 et generatim
[374 miuora animai]
650 quae perhibemus
[380 priT^ animai]
[720 in remorando]
[388 cumquQ aiiimantis]
740 natura aiiimaUs
[392 concussa^animaT]
759 cum vigilamus
397 vis animai
78S cum simulacra
399 ull^ animaF
833 sunt ratione
406 partQ animai"
[859 cuiusquQ animantis]
444 is cohibessit
925 pars remaneret
455 omn^m animai
944 inde animai
468 qui revocantes
959 parte animai
476 ^is penetrant
979 ut videantur
499 atqu^ animai
985 essQ operati
522 a modicina
1053 hunc jaculatur
536 tanta animai
1146 ne jaciamur
573 si cohibere
1217 nee superatumst
580 perferre animai
1246 aut penetratum
597 cum perhibetur
1249 ex aliisque
624 natura animaist
y 49 ex animoque
713 necn^ anima7
50 dum rationes
724 mult^ animarum
69 tellnrQ animantes
761 e sapienti
80 atqu? auimantis
SAT. I, 10.
CXLIX
y 83 qua ratione
[141 fomiimqa^ EDimalem]
[145 688^ animata
[229 cniqaam adhibendast
255 d&fiYiSm rerocator
378 adhac potnissent
415 vim minuemnt
431 generisqa^ ammantam
456 sunt dementis
478 in statione
479 quae moveantur
547 obiecta alienis
55*} yis animai
590 qua ratione
742 flabra aqnilonum
615 ill^ alimenti
919 membra animantom
929 qnod caperetnr
1053 ^nim paterentur
122S atqne elephantis
1347 spevolnerunt
y 1373 atqu^ olearam
VI 41 sp^ctss ratioqae
59 qua ratione
292 d&uviim revocari
330 est elementis
333 in remorando
354 ex elementis
445 presteraimitetur
5 86 hie animai
591 ipse animai
730 fiabra aqnilonnm
S46 ut coäundo
902 pari ratione
919 est adeundum
959 quae iaciuntur
1009 ex elementis
1012 ex elementis
1025 ac vacuatus
1117 est inimicus
1119 fortQ alienum
1124 atque alienum.
Hieraus ergiebt sich für die Betonung des vorletzten
Worts: 1) in den überwiegend meisten Fällen fällt Hochton
und Vershebung zusammen: a) 71 Wörter sind einsilbig
(Uerzu rechne ich auch adhüc)\ b) 70 mal findet Synalöphe
statt 2) Hochton und Vershebung decken sich nicht in fol-
genden Fällen: a) 14 Wörter haben die Messung -^^z
oder w^^ oder -^; b) 5 Wörter die Messung -^; c) 1 Wort
die Messung — ^, Durchschnittlich kommt bei Lucretius
auf 46 Verse ein Versschlusz v> ^ ^ -.
In den Fragmenten des Ennius (ed. Vahlen) kommen
folgende Fälle vor:
▼• 23 mOrtäl^s perhibebant
44 pgdim stabilibat
56 aeriimnls tetolisti
V. 57 quoB peperisti
100 impunQ animatus
116 di genuerunt
CL
SAT. I, 10.
V. tlT dis oriumlum
124 et tutulatos
128 ut teiieHtis
VM his toleraret
13$ cirtäbänt tuditantos
139 ac popularis
152 gOnt^s opulentae
175 ut misererciit
200 prftiüm dederitis
223 qulsquam superarat
227 quae peiliibetur
237 atque elophanti
254 divomqu^ homiuumque
V. 259 iilö gracileuto
274 sed maledictis
275 inimicitias agitantes
300 Didon^ orinndos
305 c(>nlr>gä Tuditano
30S aevpm agitabant
324 caüs^ poliendi
393 quae perhibctur
409 ifibet horiturque
414 partim requiescunt
4S6 togS superescit
567 divomqu^. hominumque
591 taetrosqup elephantos
Aus diesen Fragmenten ergiebt sich für die Betonung
des vorletzten Wortes : 1 » in der Meliraalil der Fälle fällt
Hochton und Vershebung zusammen : a) 1 1 Wörter sind ein-
silbig; b) 7 mal findet Synalöphe statt. 2) Nicht selten fällt
aber Hochton und Vershebung auseinander: a) 5 Wörter
haben die Form -^^i, .w' oder ^; b) 5 Wörter die Form
-^; c) 4 Wörter die Form -" - '. Durchschnittlich kommt in
diesen Fragmenten auf ca. 1 8 Verse 1 Versschlusz ^ - ^ -.
In den Fragmenten des Lucilius ^ed. Gerlaeh) sind
folgende Fälle eines solchen Versschlusses:
I 6,2 hanc scelerosi
24 mÜreut legioncs
25 Clont elephantis
II 4 iuvasse auimamque
0,2 et capitatam
rV 2,3 cum dccumano
VI 17 equiim musimonem
IX 13 ac podagrosus
XI 2 quem Cephalouem
XrV 8 ac Babylonem
XV 7 ac Syropboenix
10 et cerebrosum
13 sirpiculiqu^ bolerorum
XVI 3 atquQ Aqiülonem
XVn 1,6 iusign?m habuisse
XXIX 15 ut fugitivom
XXX 10 atquQ anünosam
Inc. 1,5 turp? iuhoDCstum
3J binc inimicus
16,2 tantiquQ habearis
SAT. I, 10. CLI
Eine Beweisaufnahme aus diesen wenigen Fragmenten
mugz freilich sehr mangelhaft ausfallen. Es ergibt sieh
Folgendes: 1) in den überwiegend meisten Fällen stimmen
in den uns erhaltnen Fragmenten Hochton und Vershebung:
ai 10 Wörter sind einsilbig; b) 7 mal findet Synalöphe statt.
2) 3 Wörter haben die Form <>-^.
Nachdem wir uns nun das nothwendigste Material vor-
geführt haben, können wir über die Anwendung des Vers-
schlusses v-^^-^ er im lateinischen Hexameter etwa Folgendes
sagen: Ennius, der Begründer des lateinischen Hexameters,
der noch mit vielfachen sprachlichen und metrischen Schwierig-
keiten zu kämpfen hatte, hat sich auch über diesen Vers-
schlusz wol noch keine sehr bestimmten Gesetze gemacht:
er scheint ihn von allen lateinischen Dichtem am häufigsten
zu haben. Freilich war die lateinische Sprache wol nicht
80 reich an Wortformen von der Messung wv^^- als die
griechische, wie dies eine Vergleichung des Ennius mit
Homer zeigt. Bei Ennius kommen auf seine ca. 600 Verse
betragenden Fragmente 32 solcher Verssohlüsse : bei Homer
kommt die gleiche Anzahl schon auf die 191 ersten Verse
der Dias. Auch in der Setzung des vorletzten Wortes in
der 5. Arsis läszt sich bei Ennius nicht gerade etwas speci-
fisch Lateinisches finden: er hat nemlich an dieser Stelle
13 einsilbige Wörter (wenn mjin 2 durch Synalöphe ein-
silbig gewordene dazu zählt), Homer bei der gleichen An-
zahl von Versschlüssen der Form w^i- in II. A 1 — 191
12 dergleichen. AuflFallenderweise stehen die bei Ennius
häufig (5 mal) vorkommenden Antispondeen an vorletzter
Stelle bei Homer A 1—191 nur 1 mal. Femer aber scheint
Ennius namentlich auf die prosaische Betonung der latei-
nischen Sprache bei der Wahl dieser Worte keine Rück-
sicht genommen zu haben: so hat er in der 5. Arsis viele
Antispondeen (5 auf 600 Verse), die von der regulären latei-
nischen Betonung grade am empfindlichsten abweichen, ohne
dasz in den meisten Absichtlichkeit anzunehmen ist. Der
nächste Epiker nach Ennius, von dem wir noch etwas
übrig haben, ist Vergilius. Bei diesem ist der Gebrauch
CLII 8AT. I, 10.
des Yersschlusses oo^^ unendlich viel eingeschränkter ; noch
mehr bei Ovidius und den spätem Epikern. Warum habea
wol diese Dichter diesen Yersschlusz so gemieden? Corssen
a. a. 0. II S. 443 sagt : 'weil die Dihärese nach der Hebung
des fünften Versfuszes den rollenden Fall des Yersschlussäi
unterbrach.* Aber Homer hat ja doch so unendlich viel
mehr solcher Versschlüsse : Vergilius hat im Ganzen 52, bei
Homer kommen 52 schon auf die ersten 309 Verse der
Ilias. Es mag also noch ein andrer Grund mitwirken, und
dieser liegt wol darin, dasz das vorletzte, in der fdnften
Hebung stehende Wort den lateinischen Dichtern seiner Be-
tonung wegen grosze Schwierigkeiten machte. Dasselbe
kann sein entweder ein einsilbiges oder ein mehrsil-
biges. Schlioszt nun aber der Vers w^^c?, so müssen alle
mehrsilbigen vorhergehenden Wörter an letzter Stelle eine
Länge haben und auf der letzten Silbe betont werden. Da
es aber in der lateinischen Sprache keine mehrsilbigen Wör-
ter giebt, die von Natur auf der letzten Silbe betont sind,
so muss in allen solchen Fällen der gewöhnlichen lateinischen
Betonung Zwang angethan werden, auszer wenn die eigent-
lich letzte Silbe mit dem Vocalanlaut des nächsten Worts
verschliffen wird. Gehen einsilbige oder durch Verschleifiing
einsilbig gewordene Wörter dem Versschlusse .j^iz^ vorher,
so werden diese allerdings regulär accentuirt, aber ein Ver-
schlusz, JL, wwi- fällt sehr unkräftig ins Ohr schon wegen
der vorher entstehenden sog. bukolischen Dihärese. Die
ältesten lateinischen Hexameterdichter, wie Ennius, haben
nun neben nicht gerade selten angewandten einsilbigen Wör-
tern in der fünften Hebung der lateinischen Betonung durch
Setzung von mehrsilbigen Wörtern vielfach Zwang angethan.
Die Augusteischen Dichter aber, deren Ohr ein viel feineres
geworden war, und die Sprache und Versbau auch mehr
beherrschten, vermieden cinestheils die einsilbigen Wörter
in vorletzter Hebung noch ängstlicher (Vergilius hat nur 6,
Ovidius keine) andrerseits gingen sie den der lateinischen
Betonung Gewalt anthuenden mehrsilbigen Wörtern dadurch
zum Theil aus dem Wege, dass sie den Versschluss
\-» V,' — ^
SAT. I, 10. CUII
fiberbaapt sehr viel spärlicher anwandten; namentlich ent-
hielten sie sieh aber antispondeischer Wortfüsze in der fünf-
ten Hebung: Yergilius hat 2, Ovidius und die späteren Epiker
keinen. Ueberhaapt erlauben sich die Augusteischen Epiker
den Versschlusz ^^la grösztentheils nur bei griechischen
Wörtern und bei Eügennamen^ die meistens auch griechischen
Unpnings sind. Ueberwiegend häufig sind die letzten Wör-
ter der betreffenden Verse solche griechische Wörter und
Eigennamen: denn Vergilius hat unter 52 Versschlttssen
u^i- 47 griechische Wörter an letzter Stelle, Ovidius unter
S dergleichen 7, und auch der achte Vci*sschlusz bei ihm
BorfAft ululatus weist wol auf ein griechisches BaxxeJat
okhyaL Schon bei Catullus sind in der letzten Stelle alle
6mal griechische Wörter; bei Statins sind alle 5 Wörter
an letzter Stelle griechisch , bei Valerius Flaccus 6 unter 7
d^hichen. Namentlich merkwürdig ist das Wort hf/me-
naeäs, das (durch Catullus vielleicht Mode geworden) später
das allerbedeutendste Contingent zu unsern Versschlüssen
stellt Bei Catullus steht es (abgesehen von dem öfter wie-
derholten Refrain) unter 6 Versschlüssen 5ma1, bei Vergilius
14 mal unter 52, bei Silius Italiens 3mal unter 6, bei Va-
lerius Flaccus 2mal unter 7, bei Statins 2mal unter 5 Ver-
schlüssen s^wic. Aber auch an der vorletzten Stelle sind
die griechischen Wörter und Eigennamen häufig. Vergilius
hat unter 30 Fällen j wo Hochton und Vershebung ausein.
ander fallen, 8 griechische Wörter, Ovidius unter 8 Fällen
7 griechische Wörter; Statins unter 2 Fällen 1, Valerius
Flaecns unter 3 Fällen auch i griechisches Wort. Diese Er-.
Kheinung ist sehr wichtig: denn wenn das vorletzte und
letzte Wort ein griechisches ist, wie dies ganz überwiegend
bei Ovidius der Fall ist, so wird der lateinischen Be-
tanang kein Zwang angethan, und ein solcher Versschluss
wurde daher von dem römischen Ohre wohl nicht unange-
nehm empfunden. Aber auch wenn in den meisten übrigen
Fillen nur das letzte Wort ein griechisches ist, erscheint
doch der betreffende Versschlusz schon hierdurch gewisser-
inaszen der römischen Sprachsphäre entrückt und in eine
CLIV SAT. I, 10.
andre liineiu versetzt , so dasz die Römer auch solche Vers-
schlüsse wie tondehat ht/arnttki, de^ppjcit hymeuaeos gleichsam
nicht mit römischen Betonungsgesetzen maszen. Dafür spricht
auch, dass in solclien Fällen häufig ein Hiatus und eine
Verlängening einer Kürze eintritt, wie fultm ht/nrintho, paii
hi/menaeos, canit hymonaeos. projufjus hymonaeos^ dtcetur
hymenaeiis, auctus hympnaeo. wodurch sich diese Versachlüsse
als von der gewöhnlichen Art abweichend documentiren. —
Zwischen Vergilius einerseits und Ovidius und den spätem
Kpikem andrerseits ist noch darin ein nicht unbeträchtlicher
Unterschied, dasz ersterer den Versschi usz ^w/- wenigstens
vcrhältniszmäszig noch sehr viel häufiger gebraucht. Die
überwiegende Mehrzahl besteht freilich aus griechischen
Wörtern und in einigen Fällen ist die Hcrübemahme aus
dem Griechischen sehr offenbar: z. B. ecL 10, 12 \4ovb]
'Ayavlnnt,, Georg, I 437 Vvüif;i MbXitl^qtj-, Aen, V 300
''Elvfiog naronevg re. IX 344 ^Poitov % ^Aßaqlv t€. IX
767 Not]idova re ÜQVTaviv re (wörtlich ebenso Ov. Met. XIII
258 aus n. E. 678) u. A. Daneben hat aber Vergilius auch
noch manches, was an die ältere Ennianische Art erinnert,
nenilich einige Versschlüsse auf v^v.i- aus rein lateini-
schen Wörtern, wie Aon. IV 896 nife?is elephantOy IV 667
femhieo ululahi ^ IV 215 semiriro comitatu^ namentlich aber
VI 11 meutern animumque^ X 505 (femitu facnmüque, Vers-
schlüsse die hei Ovidius, Valerius, Statins durchaus nicht
vorkommen. L. Müller de re metr. S. 220 sieht in solchen
Versschlüssen (er führt an IV 215. X 505. III 553; 680)
eine malerische Absicht des Dichters : es ist das zum Theil
möglich, aber bei Vergilius durchaus nicht immer der Fall.
Auch Silius Italiens hat dieselbe Eigenthümlichkeit wie Ver-
gilius: er hat zweimal (I 152. II 4S4) einen nachweislich
Ennianischen Versschlusz herüber genommen, einen solchen
freili<*h, der keinen Widerspruch von Hochton und Vershe-
bung enthält.
Nun bleibt uns noch zur Betrachtung tibrig der Didak-
tiker Lucretius und die römischen Satiriker. Das erstere
Werk ist das einzige groszerc noch vorhandene (redicht, in
SAT. I, 10. CI.V
welchem die Versschi Qsse wwIt ziemlich häufig angewendet
nnd. Bei ihm fallen die oben besprochenen Schwierigkeiten
in der Betonung des vorletzten Wortes grdsztentheils weg:
«ein Hexameter braucht keine besondere Kraft und Pracht,
er hat daher in der tiberwiegenden Mehrzahl der Fälle vor
den Versschi usz ^w^- ein einsilbiges Wort gesetzt. Unter
den 161 Fällen, in denen er einen solchen Versschlusz hat,
geht 71mal demselben ein einsilbiges Wort voraus und
aosserdem 38mal Wörter, die durch Elision einsilbig wer-
den: zusammen 109mal. Die übrig bleibenden (52) Wörter
sind grosztentheils (32) in ihrer regulären Betonung belassen
durch Synalöphe der letzten Silbe. Somit bleiben bei Lu-
cretiuB nur 20 Fälle, in denen der gewöhnlichen Betonung
hat Grewalt angethan werden müssen, darunter die verhält-
niszmäszig sehr geringe Anzahl von 5 Antispondeen. —
Aehnlich ist wol das Verhältnisz bei den Satirikern: sie
nehmen an dem etwas schwachen, der prosaischen Rede
nahestehenden Versschlusz, -,wv>^- keinen Anstosz, eben-
sowenig an häufiger Anwendung der Synalöphe, welche die
Epiker zum Theil verschmähten. Aus des Lucilius vorhält-
niszmäszig wenigen Fnogmenten lassen sich sogar Antispon-
deen mit Bestimmtheit nicht nachweisen, da die Ueberlie-
ferung an jener oben angeführten Stelle des Charisius (et
versus facipfidi) so äuszerst unsicher ist; allein wir dürfen
deren Gebrauch nach jener Stelle des Iloratius dreist bei
ihm voraussetzen. — Bei Horatius selbst macht die Zahl
der einsilbigen (15) oder durch Synalöphe einsilbig gewor-
denen (3) Wörter die Majorität aus il8 gegen 17). Die
Fälle, in denen bei ihm von der regelmässigen Betonung
abgewichen ist, scheinen theils absichtlich, theils leichterer
Natur zu sein: vgl. oben bei Horatius 2 a u. c. Bei Persius
ist der Gebrauch des Versschlusses w^i- äuszerst selten,
hei Juvenalis dagegen wieder recht häufig. Auch bei ihm
Bind die einsilbigen und durch Synalöphe einsilbig gewor-
denen Wörter (32) bedeutend überwiegend (gegen 16 mehr-
silhige). Er hat nur 2 Antispondeen in vorletzter Hebung,
dagegen sind bei ihm sehr bemerkenswerth die 8mal vor-
CLVI SAT. II, 2. 3. 5. 6.
kommenden pomphaften Vereausgänge tz^' -v^-^c: ^g sind
dies wol Alles Parodien (oder Reminiscenzen) epischer Stellen,
wenigstens haben sie sowol wie die 2 Fälle mit Antispon-
deen an letzter Stelle ein griechisches Wort*
Sat II, 2 Quae virtiis —
V. 10 if. habe ich einigermaszen zu constituiren gesucht,
wie sie nach Sinn und Construction möglich scheinen.
Sat. II, 3 Si raro scribis —
V. 57 Clamei amica mafer^ honesta soror. So die üeber-
lieferung. Natürlich umzukehren : honesta mater^ amica soror.
Sat. n, 5 Hoc quoque Tiresia —
V. 1 04.5 sparge subinde et si pauUum potes iJiacrimare
est gaudia prodentem voltum celare. Lachmann hat emendirt
Hiacrima. e re est — Ich kann dem nicht beistimmen, theils
wegen des Uebelklanges, theils weil die Bemerkung e re est
gaudia prodentem voltum celare sich zu sehr von selbst ver-
steht. Ich habe versucht — illacrimare gaudia pertendes
voltu celare. — Man könnte auch an ausgefallnen Vers
denken. Merkwürdig ist doch, dass Orestes tragoedia V. 63
gelesen wird conticuit genitor dum vultus gaudia plorant.
Hat auch-eiumal plorantcm oder ploranti vultu hier gestanden?
Doch scheint das schon nicht zw paullum illacrimare zu passen.
— Beiläufig möchte ich mir die Frage erlauben, ob es wirk-
lich die Meinung ist, dasz wir an Klang und, noch mehr,
an Latinität glauben sollen, an Properzische, in, 9 fin.
IIoc mihi Maecenas laudis concedis et a te est quod ferar in
partis ipse fuisse tuas.
Sat II, 6 Hoc erat in votis —
V. 29. Dasz Horaz sollte quid vis insane et quas res agis
geschrieben habe und nicht wo alles aus dem Leben das
von Bentley trefflich als das durchaus gangbare nachge-
wiesene quid tibi vis und quam rem agis, konnte ich nie
glauben. Man erlaube mir meine Meinung darttber abzu-
SAT. U, 6, EPIST. I. l. CLVII
seliieiben aus Julias Schultz de prosodia satiricorum Roma-
nonm p. 26: ^Prima\ ut dicit Lucianus Muellerus p. 283
'etitUmis Latinae normast^ nan ut possint manosyllaha longa
out media (sie appellat syllahas m littera terminatas) elidi in
irevi msi quae sint mdecltnabilia aul flexione formata aliefia
üb legitmü modtdis. Itaque {id quod Muellerus non atii-
git) BetUleü coniectura a Ilemdorßo recepta Sat. II 6,29
Quid tibi vis^ insane, et quam rem agis? improbus
urguet cet. reiicienda erit, quam Bentleius conieciuram pro
iepravato illo, quod codd. praebent: Quid tibi vis insane
et qua s res agis — egregie ex linguue usu fitnnasse vide^
tur. Et Meinekius ei Hauptius ad quas res redienint
omisso tibij Quid vis insane et quas res agis? —
Lehrsius se aliorsus incltnare dicit. Cum priorem monosyl-
laiam in si/naloepha substantrvum rarissime esse inveniamus,
alteram post monosyllabum brevem item perraro ^ hoc genus,
de quo agitur^ cur fere inauditum fuerit, intelligi. Neque
ideo id ita ßrmum fuisse , ut statuendum sil in satira et quo
loco communem vitam quam maxime imitari decebat maluisse
Haratium pervulgatum dicendi genus migrare potius quam illud
et comicorum quoque versibus familiäre quam rem agis?
cum ipsa synaloepha transsumere.
Epist. I, 1 Prima dicte mihi —
V. 16 — 19 'Rufen wir uns nun kurz ins Gedächtnisz,
wie Aristipp in alles was Tyehe in der Gestalt des Vortheils
oder Vergnügens lockend anhieten mochte sich einliesz, zu-
gldch aher lehrte und ausführte sich mit humoristischer
Freiheit ihr überlegen zu halten, um sobald sie unbequem
ward ihrer frei zu werden: was er durchzusetzen verstand
gegenüber den Launen der Tyrannengunst, gegenüber den
Laonen der Elemente, als er in der afrikanischen Hitze die
erBchmeichelten Goldsäcke fortwerfen hiesz, gegenüber sogar
den Launen der schönen und verführerischen Frauen. In
^es sich hingebend 'hielt er ohne gehalten zu werden .
CLVIII EPIST. 1, 1.
Allein das vermochte nur er und vemiogeu nur Menschen
wie er, die zu den seltensten Erscheinungen gehören'. Die-
ses sind Worte aus meinen [»opulären Aufsätzen, 1S56. S. 162.
Sie werden wol hinreichend zu erkennen geben, wie ich
meinerseits keinen passendem Spruch zu Bezeichnung des
Aristippismus wüszte als das ^sich die Dinge, nicht sich den
Dingen zu unterwerfen', sibi res non se subiungere rebus^
und jeden über diesen Vers hier entstandenen Zweifel nicht
anerkenne. Ob man ftlr den Stoicismus den Spruch ohne
weiteres umkehren dürfte , was wol nicht -der Fall , kommt
aber zum Verständnis/ unserer Verse auch nicht in Frage.
Horaz gibt bezeichnende Züge für beide Philosophien, und
wie für den Ari8tii)i)ismus der genannte Spruch ein Schibo-
letli ist, so für den Stoiker die 'Tugend', nein vielmehr
die 'wahre Tugend* — gewisz wird er alles was andere
Schulen Tu'rend (dgeir-) nennen nur für einen Schein von
Tugend erklären — und die Starrheit in Ausübung dieser
wahren Tugend, während bei andern Schulen eine gewisse
Biegsamkeit zugestanden wird, wie Aristipp die Biegsamkeit
auf den Thron gesetzt. Ein zweiter Gegensatz wird noch
hervorgehoben , einerseits das sich selbst leben des Aristip-
pismus, sehr bekannt und sobald man sagt „Aristippische
Philosophie" (Aristippi prarcepta) sogleich sich darbietend,
und hingegen der Stoiker, welcher thätig und gern ein thätig
ist (ycoiviüvtxog xai 7iQaxTtxog Diog. La. VII, 124), welcher
sich mit Statsgeschäften befaszt, wenn nicht etwas dagegen
ist {jtohxtvetai av juij zi xojAr/;). Man wird übrigens sehr
wohl thun, bei V. 15.16 an Cato zu denken, nicht als ob
Horaz dabei selbst gerade nothwendig an Cato gedacht,
wiewol dies sehr mnglich ist, aber an einen praktischen
Stoiker vielmehr als an einen Schulstoiker. Bei dem Ari-
stippismus ist Phil<>soj)h und Praktiker überhaupt weniger
zu scheiden und Horaz denkt an sich selbst. Horaz war
eine Aristip])ische Natur und wus/te, dasz er es war, daher,
wenn er sich einmal in den Stoicismus vertieft hatte, er sich
doch bald unversehens wieder auf den Wegen des Aristip-
pus fand: 'unversehens gleite ich in den Aristippus zurück'.
EPIST. 1, 1. CLIX
Was er mit Rücksicht auf seiue Natur sagrt ohne es zu ta-
deln. Der Ariötippiöchen Natur des Horaz und der be-
wuszten Anerkennung derselben und der Norm 'sich die
EHnge, nicht sich den Dingen zu unterwerfen verdanken
wir die eigenthümlichsten Züge des Horaz, welche ihn uns
besonders anmuthig, aber auch besonders werth machen:
seine Stellung zu Mäcenas, dem er bereit ist alles zurückzu-
geben, wenn er ihm zu unbequem werden wolle; dasz er
nicht Lust habe aus seinem 'Fusz und Masz* ipes und
modulus) herauszugehen (Kpist. I, 7, 9S). Welches der Aristip-
pische Fusz ist. Aber einen Virtuosen gleich dem Meister
Aristipp fühlte er sich nicht : et mihi res non me rebus sub-
iuTifßere conor. Die ganze geniale Leichtigkeit des Aristipp
hatte er nicht; vielleicht hätte, wenn er sie gehabt, das Ein-
zige, was uns in ihm stört, seine August Vergötterung
einen andern Charakter angenommen. Er sah sich auch
bei andern philosoi)lii8chen Schulen nach Stützen und An-
regungen um. Er wuszte die schönen und hohen Lehren
der Stoiker wohl zu schätzen und ihnen etwas abzugewin- '
neu : allein sobald er an die starren Conseciuenzen kam,
fühlte sich seine graziöse Natur abgestossen, und wo er ihnen
einmal bis an die Grenzen ihrer Paradoxa gefolgt, springt
er wol mit scherzhafter Wendung davon zurück , wie am
Schlüsse dieses ersten Briefes. Auch in der Art wie Horaz
seine Schriftstell erei trieb, zeigt sich sein Aristippismus. Auch
sie liesz er sich nicht gar zu sehr über d(ui Kopf wachsen.
Geistreich, zum humoristischen Menschenbeobachter bestimmt,
geschmackvoll wie er war, in den griechifichen Dichtern
den ansprechendsten Lebensgeuus/ findend, hatte er die
Elemente und Triebe zur Schriftstellerei in seiner Natur
gegeben. Allein das Formen, namentlich auch das Formen
eines Ganzen, eines plastischen Gebildes wurde ihm keines-
wegs leicht. Von diesem letztgenannten Talent besasz unter
den Romischen Satirikern Juvenal gar nichts. Horaz, der
es aus seinen Griechen wol als die höchste Blüthe schrift-
stelleriBcher Production inne geworden war, besasz es: doch
stand es ihm nicht immer leicht zu Gebote. Er hat in den
CLX EPIST. I, 1.
Satiren einigemal die höchsten und unvergänglichsten Mei-
sterstücke in dieser Art aufgestellt: den Gegenstand
seines satirischen Spottes in einen geistreichen Rahmen ge-
faszt, zu einem vollendet plastischen Bilde ausgearbeitet:
Canidia, der Litterat, Tiresias, Nasidienus, die Consultation
des Trebatius.
Aber wie sehr treten dagegen andere nicht wenige zu-
rück 1 Ist es nicht als ob der Catius (II, 4) ein früherer
Versuch wäre, bis ihm in glücklicher Stunde die Bearbei-
tung desselben Stoffs zur Gesellschaft bei Nasidieuus auf-
ging? So machte er sich in späteren Jahren von dieser Be-
schwerlichkeit los. Er nahm oder erfand sich die Form der
Epistel, das heiszt die Form der Formlosigkeit. Dabei
hatte er auch noch die Annehmlichkeit, die er liebte, wie
auch die Oden zeigen, mit dem, was er zu sagen hatte, an
eine bestimmte Person sich zu weuden, sei es ein unbethei-
ligter, sinniger Zuhörer, sei es ein solcher, der zu dem dies-
mal behandelten Gegenstande in näherer Beziehung stand.
In Nachahmung also der Brieffoim des Lebens war er nun
jener Arbeit, einen plastischen Rahmen zu erfinden, über-
hoben. Er legte nun seine Gedanken wie sie ihm aus dem
Leben und besonders jetzt auch bei der Leetüre entstanden,
und — worin er ein Meister war — seine concentrirten
Gnomen, in losem Verbände neben einander: er führte den
einen Gedanken, über den er mehr Treffendes zu sagen
wuszte, oder der ihn sonst eben mehr anzog, ausführlicher
aus: jenen kürzer: konnte an Punkten auch eine Anzahl
Einzelgnomen hintereinander vortragen. Dasz dabei nicht
ohne alle psychologisch erkennbaren Gedanken- oder Ge-
fühlsverbindungen verfahren wird, das ist natürlich. Aber
jenen Charakter des Lockeren, Springenden, Unvollständigen,
ungleichmässig Ausgeführten musz man erwarten und aner-
kennen. In keinem seiner Briefe ist dies in höherem Grade
der Fall als in der ars poetica, und von den obigen Ge-
sichtspunkten ausgehend musz man ihre Form oder Form-
losigkeit ganz begreiflich finden.
In unserer ersten Epistel ist sogleich die Wendung sehr
EPIST. I, l. CLXI
beqaem. 'Jetzt sind die Jahre, wo für die Poesie die Zeit
yoTfÜ)& ist Jetzt gilt es immer hinter der Philosophie her-
zttsein und einzusammeln aus ihr was im rechten Augen-
blicke anzuwenden ist. So macht mir jedes Hindemisz,
welches mich von dem rüstigen Studium der Philosophie
abzieht y mich zwingt es eine Zeit lang hinauszuschieben,
jetzo die Zeit so lange, wie dem Liebhaber ein erwartetes
Mädchen, das nicht kommt u. s. w. Da bleibt mir denn
nichts übrig als mich unterdessen zu trösten und in der
Bahn zu erhalten mit folgenden Grundlehren:' —
Da stand es dann frei, eine gröszere oder kleinere Zahl
philosophischer Sätze folgen zu laszen, einige kürzer, einige
aosfhhrlicher erläutert, und in einer auch noch sehr dem
Beheben unterworfenen Reihenfolge. Achuliche Wendungen
kommen sonst wieder, z. B. im zweiten Theil des zweiten
Briefes im zweiten Buch. — Ob ßibbeck diese Ansicht von
den Episteln hat weisz ich nicht. Wenn er sie hat, verstehe
ich seine Behandlung derselben nicht: wenn er sie nicht
hat, wenn er eine andere Vorstellung hat, nach der er mehr
gebundene Form, mehr systematischen Gang oder wie ich
es nennen soll, nöthig findet, so habe ich meine Stellung
bezeichnet.
V. 56 iaevo suspeiisi — , aus Sat. I, 0,74. Von Meineke,
«ich Haupt hier entfernt. •
V. 60 **/ rede facies hie munis ueiiens esto: nil eon-
scire sibi, nulla pallescere euipa. Meineke hat die Worte von
kic bis eulpa hinausgeworfen. Ohne Zweifel mit Recht des-
halh, weil der Gedanke durchaus nicht hierher paszt.
V. 101. Im Aristarch, zweite Ausgabe S. 437 (vorher
schon im Rheinischen Museum) hatte ich gesagt, der Vers
mmire putas soiemma me neque rides müsse fehlen : er sei
verkehrt und unmöglich. — Wie denn anders ? Wenn meine
Kleidung schief und nicht zusammenpassend ist, lachst du:
wenn meine Bestrebungen nicht harmoniren, da glaubst du,
daaz ich den gewöhnlichen Wahnsinn der Menschen habe —
Ei, Querköpfigkeit ! Er glaubt dann nicht, dasz er wahnsinnig
sei: er sieht gar keinen Wahnsinn an ihm: er sieht das ge-
\A\viy Horatins. L
CLXII EPIST. I, 2.
wohnliche Treiben der Menschen an ihm und es fällt ihm
eben deshalb gar seine Disharmonie nicht als et>vas Beson-
deres auf. Und diese allen Menschen eigene Veränderlich-
keit in ihren Bestrebungen hält Mäcenas gar nicht für Wahn-
sinn: wenn er sie dafür hielte, da thäte er ja eben was
Horaz in Stoischem Sinne will und als das, was jener nicht
thut, ihm vorhält. Oder will man es gar mit der Frage ver-
suchen? 'da meinst du, dasz ich nur den gewöhnlichen
Wahnsinn der Menschen habe und lachst nicht' ? also : wäh-
rend ich doch viel wahnsinniger bin als die andern Men-
schen und du lachen solltest! —
Die Sache ist: 'der Wahnsinn ist erst die StoischCi
nicht die gewöhnliche noch die Mäcenatische Ansicht und
Ausdruck über die Inconsequenz : den einer plump und un-
zeitig hineingebracht hat, während Horaz es durch Arzt und
Curator andeutete und dann V. lOS mit dem sanus des
Weisen zugleich die msatiia aller Unweisen auch mit dem
Stoischen Schlagsvort deutlich zu verstehen gab.
Epist. I, 2 Troiani belli —
V. 1. Das herkömmliche maxime Lolli ist von Meineke
bekanntlich mit Maxime vertauscht, aus überzeugenden
Gründen (Versschlusz Maxime Coita bei Ov. Pont. 11, 8.
III, 5, 6).
V. 46. 'Der Zusammenhang in Horazens zweiter Epistel
ist einfach und leicht zu verfolgen. V. 44 wird erfordert:
man sucht sich Vermögen durch eine reiche Frau, grtlndet
ein Haus und cultivirt ein Landgut. Allein nicht Haus,
nicht Landgut, nicht Geld, — so wenig sie, wenn du kör-
perlich krank bist, dich gesund machen, so wenig heilen
sie dich von der Seelenkrankheit. Aber der dazwischen-
stehende Vers 46 guod salis est cui contingit nii amplius
optet zerstört alles. Dann femer ist alles gut bis
V. 79 testa diu. Die abschliessenden Worte aber : quod si
cessas aut strenuus anteis nee tardum opperior nee praeceden"
EPIST. I, 2. 3. 6. CLXIII
ths msto sind abgeschmackt, fast dünkt mich auch an und
ArdcL Aristoteles igfotrj&eig nwg av TtgoxoTtrouv ol
fitt^al sagte was das Natürliche scheint idv rovg TtQoixov-
tag dicixovTBg Tovg vaxeQOvvrag (xi] ävafiivwat Diog. La. V^
M. Doch in diesem Zusammenhange und in dem Verhält-
nisE, in welchem Horaz zu LoUius diese Epistel schrieb, sind
jene Worte abgeschmackt ganz ohne Zweifel. Sie müsscQ
den echten Schluss verdrängt haben.' Aristarch 2. Ausg.
S. 437 (vorher im Rhein. Mus. 1862).
Epist I, 3 Iidi Flore —
V. 31. 32 ist die Ueberlieferung a?i male sarta gratia
nequiquam coit et rescmdüur at vos oder ac vos. Mir
scheint eine Versetzung und dann Unsicherheit in der
Schreibung der einsylbigen Partikeln vorgekommen zu sein
und habe ich geschrieben, wodurch der Gang so viel sicherer
and lebhafter wird: coüf an resanditur et vos — Ich werde
gegen ac vos auch nicht viel haben. Doch beobachten wird
man, eine wie geringe Neigung Horaz zu ac hat , wo et stehen
kann. Einiges Auffallende kommt vor, z. B. Sat. 1 und 2.
Epist. I, 6 Nil admirari —
V. 7 ist die Ueberlieferung ludicra guid. Ich habe ge.
sehrieben ludicraque et, wodurch, wie mich dünkt, alle In-
convenienz gehoben wird.
V. 22. Die Ueberlieferung ist indignum quod sä peiori-
(mt ortus. Ich habe unbedenklich Bentleys Vorschlag qui
anfgenommen, aber nicht mit der Interpunction wie er wollte
fi (indignum) qui sit peioribtis ortus sondern — et (indignufny
tpn dt peioribus ortus!) So wird es plastisch und lebhaft.
In dem matten quo({ erkennen wir den Horaz nicht.
V. 59 — 61. Das gleichförmige fotmin populumque und
gleich wieder populo spectante war Bentley anstössig und
er schrieb forum campumque. Man wird nicht zweifeln
L2
CLXIV EPIST. I. 6. 9.
können ihm Kecht zu geben, — und für jetzt habe ich auch
Bo geschrieben — falls die Sache sich nicht ganz ander»
verhält. Mir ist von jeher die Pointe dieser Geschichte hier,
das ßückkehren mit dem gekauften Eber unverständlich
gewesen. 'Ist gut essen das Ziel des gut lebens, wolan, es
wird Tag, machen wir uns auf wohin die Kehle uns führt,
zum Fischfang, zur Jagd, wie Gargilius, der Morgens, um
kein Aufsehen, keinen Anstoss sich kttmmernd, kein Urtheil
des Publikums scheuend, seinen grossen Jagdzug, mit dem
er nach dem Wildpret für seinen Tisch auszog, gerade über
das dichtgedrängte Forum gehen hiesz, um dann eben so
auch wieder den Fang vor den Augen des Volks heimwärts
zu führen.' So etwas erwartet man. Pasz aber von einem
Unglücksjäger die Anekdote lauten solle, der immer mit
Aufheben auf die Jagd geht und immer Unglück hat und
von der Jagd mit leeren Händen zurückkommt und, um sich
nicht lächerlich zu machen, nun ein Wildpret kauft, das
scheint hieher nicht zu gehören. Es möchte wol hier ein
grösserer Fehler verborgen sein: dessen weitere Verfolgung
vielleicht zunächst mms in rursus verwandeln wird.
Epist. I, 9 Septimius Claudi —
V. 4 dignum mentc domoque iegentis honesta Nerom's.
Diesen Vers wird man, je mehr man ihn betrachtet, desto
mehr nicht nur überflüssig, sondern auch unangemessen fin-
den. Und in Beziehung auf diesen Vers, aber nicht den
folgenden, trete ich Gruppe bei. Auch der Bau des Verses
hat, wie Grupjie bemerkt, seines gleichen doch nicht trotz
dem Flore hono clarogue ßdelis amice Neronis Epist, 11, 2, 1,
und trotzdem, dasz 'Horaz in Beziehung auJf trochäische
Cäsur etwas aristippisch denke.' Schon jener eine Vers
zeigt, wie weit Horaz darin selbst in den Episteln ging,
selbst in auflFallender Stelle, Avie hier am Anfang. Der letzte
Vers der Ars poetica ist non missura cvtem ntsi pleno cruoris
hirudo. Einige andere Beispiele : Ars p. 120 scriptor Home-
reum si forte reponis Achillem. Epist I, IS, 2 scun*antis spe-
EPIST. I, 9. 10. CLXV
dm praebere professus amicum. Ich hatte keinen Grund
1,17,36 non cuivis homini conthujit'adire Corinthum für un-
horaziseh zu halten.
Epist I, 10 Urbis amatorem —
V. 37 Die Ueberlieferung ist sed postquam victor tnolens
ditcemi ab hoste und vhlens victor, Bentley schrieb statt
dessen violens victo^ war aber selbst ganz unzufrieden damit
und erklärt, wie ein solches Beiwort wie das violens hier
durchaus fflr das Pferd nicht passe. Dann fährt er fort:
In editione Cad4>mensi Epistolarum Iloratil anno 1480 ex
seripto ut verisimile est ewemplari [was doch zweifelhaft
bleibt] mira prorsus habetur lectw Sed postquam victor victo
discessit ab hoste. Und meint dann, t'icto sei zuerst als
Glogsem hereingekommen, dann hätten die Abschreiber
durch die Wiederholung victor victo 'mit Recht* beleidigt
das victo in violens verwandelt: das Ursprüngliche werde
gewesen sein sed postquam domito victor discessit ab hoste, was
er mit einigen guten Parallelstellen belegt, z. B. Ov. Met, XV,
599 restitit ut victor domito remeabat ab hoste. — Allein
Ovid sagt auch: dum spatium victor vidi considerat hostis
Met. in, 95. Und da ist es denn wol auch diplomatisch ein-
facher victo als das Entstellte oder beim Abschreiben zuerst
einmal Ausgelassene anzusehen. Haupt hat victor ridens aus
riolens gemacht. Meiner Empfindung hat dies nie zusagen
wollen, und da Meineke trotzdem, dasz es durch Buchstaben-
ähnlichkeit sich zu empfehlen scheint und er natürlich
wuszte, dasz in unsem Aesopischen Fabeln weinende und
lachende Thiere vorkommen, es auch nicht in den Text ge-
nommen, so mag er eine ähnlic^he Empfindung gehabt haben.
Es scheint für den Ton , in welchem die Geschichte vorge-
tragen ist, zu spielend, und namentlich auch für das Pferd,
welches lachen zu lassen nicht am nächsten liegt, lachen
zu lassen viel weniger als weinen. Wenn ich jetzt
hd Bibbeck lese: 'wenn das Pferd weint (Phädrus app, I,
19, 6, um von den Homerischen Rossen nicht zu reden),
CLXVl EP18T. I, 10. 11.
wie die Rabenmutter, der Fuchs, der Hase (Beispiele
BabrioB und Phädrus), so kann es auch lachen', so
ich so ohne weiteres nicht zu, dasz Fabelerzähler ,
mit Theilnahme und lebendiger Anschauung den ThiereiB.
gegenüberstehen oder auch gegenüberstanden (denn eia
dummer Babrios ist nicht maszgebend) das Pferd eben so
leicht lachen als weinen lassen, und eben so wenig was
Ribbeck sogleich beifügt: 'so kann es auch lachen, so gut
wie der Wolf: keineswegs verzerrt sich die Physiognomie
des Pferdes so leicht und natürlich zum Lachen als des
Wolfes. ■— Doch es fehlt uns eine Betrachtung der Aesopi-
schen Fabel und ihrer Abfassungen von dieser Seite. Za
welcher auch schon Jakobs unglückliche Vertheidigung d^
voipecula Epist. 7 veranlassen konnte.
Epist I, 11 Quid tibi Wsa Chics —
Diese Epistel zu verstehen, wird nimmermehr gelingen.
Nachdem Bullatius (denn scis Lebedus u. s. w. als Worte
des Horatius zu nehmen ist wol ganz aufgegeben und ist
wenigstens keiner Berücksichtigung werth), nachdem also
Bullatius tief melancholisch geklagt, er sei des Suchens und
des Reisens so müde, dasz er in dem Neste Lebedos wolle
sitzen bleiben, erhält er die Antwort : nun nun, wegen vor-
übergehender Unannehmlichkeiten auf dem Wege gibt man
doch Reise und Reiseziel nicht auf! Ja wem es freisteht in
unangetasteter bürgerlicher Stellung in Rom zu leben, für
den sind die schönen Städte wie Rhodos und Mitylene ganz
überflüssige Dinge, der mag sich in Rom das Yei^flgen
machen sie zu loben während sie fem bleiben. Du — bei
dem dies nicht der Fall ist, dem Rom verschlossen ist —
wärest doch ein Thor das melancholische Nest Lebedos zu
wählen und nicht eine von jenen heiteren und lebendigeren
Städten. Statt dessen, was doch zu erwarten wäre, erhalten
wir : du — ergreife jeden dargebotenen heitern Augenblick,
um auch im kleinsten Ort, also auch in Lebedos leben zu
können. Welch ein klaffender Widerspruch! Es wurde /»-
EPI8T. I, 11. CLXVII
colvmis von der bOrgerlich ungefährdeten Stellung verstanden,
vom das dum licet ac voltutn servat Fortuna bemgnum, Bo-
tue kudetur Samos et Chios et Rhodos absens V. 20 f.
zwingend ist Uebrigens auch das Vorangehende. Denn wer
aos freien Stücken zum Vergnügen, zur Abwechslung eine
fieise unternommen und nun mit einemmale sagte: 'nein,
ich bin des Beisens überdrüssig, hier in Lebedos will ich
liegen bleiben und will alle die Meinen Ycrgcsscn und von
ihnen vergessen sein und von hier aus von weitem auf das
wfithende Meer schauen , der müsste verrückt sein. Das andere
naeh dem Worte mögliche Verständniss von incolumi im
ethisehen, vielmehr philosophischen Sinne 'wer gesunden
Sinnes ist' würde zuerst erfordern dasz man die genannten
Yeree 20.21 hinauswürfe. Man thue das und verstehe das
mcohmis nun also — und man wird sich noch schneller in
den Widersprüchen befinden. Und dabei haben wir bisher
dag scü Lebedus quid sit usw. als eintretende Worte des
Bollatius gelten lassen. Dürfen wir das aber wirklich ?
Können wir wirklich im Briefe so ohne alle stilistische Vermit-
telang eintretend dies uns gefallen lassen? Vor allem kann Ho-
ratius die Reihe von Fragen thun, wenn er die Antwort weisz?
V. 25 flF. sollen wir endlich noch in den Kauf nehmen
dne Sentenz wie diese : * wenn Vernunft und Klugheit die
Sorgen nimmt, nicht ein weit über das Meer schauender
Ort (non hcus effusi täte maris arbiter), so verändern ja die-
jenigen, die über das Meer schiffen, den Himmel, nicht ihren
Sinn.' Musz man denn, um einen das Meer überschauenden
Ort zu finden, über das Meer fahren? Und worin sonst die
whneidend fühlbare Unlogik liegt. Da man auch geneigter
sem. möchte unter maris arbiter den Wind zu verstehen, so
könnte man versuchen wollen non' locus et fusi late maris
orbiter ' der Ort und der uns über das weite Meer führende
Wind'. Allein man empfindet dasz auch dieses unlogisch
gesprochen ist. Es kommt auch so etwas in den Vordersatz,
was in denselben noch nicht gehört und nachher sich ohne
Aenderung und Steigerung wiederholt. Es ist eben das
«chon was erst der Nachsatz sein musz: — nicht der Ort,
CLXVIII EPI8T. I, II.
SO kann uns der Wind der uns über das Meer führt nichts
helfen. Also entweder müssen die Worte effusi late marü
arbtter statt unschuldiger Worte von unverständiger Hand
hineingesetzt sein, oder der ganze Vers, denn entbehrlich
ist das non locus auch, und zwar so dasz für denselben im
Vorhergehenden eine Aendening vorgenommen ward, so dasB
er etwa geheiszen: te dicas, demit (scheint mir besser als
aufert) ratio et prudentia curas.
Hiemach bleibt nichts übrig als für den echten Brief
nur den folgenden, dann sehr hübschen zu halten, geschrie-
ben im Andenken an einen freiwillig nach fremden Gegen-
den ausgegangenen Freund. Noch mochte man fragen, ob
nicht Lebedum faudare, obgleich hier ganz richtig zutreffend
für die Gegenden, in denen sich jener eben befand, und
von dort hergenommen, doch auch sprüchwörtlich gewesen:
schon mit allem zufrieden sein, um nur endlich in einen
Ruhehafen zu kommen.
Quid tibi visa Chios, Bnllati. notaque Lesbos,
quid concinna Samos, quid Croesi regia Sardis,
Smyrna quid et ColophonV maiora miiiorane fama?
cuuctane prae campo et Tiberino flumine sordent?
au vcuit in votum Attalicis ex urbibus una?
H au Lebedum laudas odio maris atquc viarum?
17 incolumi Rhodos et Mitylene pulchra facit quod
paenula solstitio, campestrc nivalibus auris,
per brumam Tibcris, sextili mcnse caminus.
22 tu quamcumque deus tibi fortunaverit horam
grata sumc manu neu dulcia di£fer in annum,
ut quocumque loco fueris vizisse libenter
te dicas. demit ratio et pnidentia curas:
27 caelum, non animum mutant qui trans mare currunt
strenua nos exercet inertia, navibus atque
quadrigis petimus bene vivere. quod petis hie est,
30 est Vlubris, aniraus si te non deficit aequus.
So hatte ich über diesen Brief geschrieben (Fleckeisen Jhb.
1863). Ribbeck kann diese grossen Schwierigkeiten nicht fin-
den. Der Brief ist ihm ganz heilen Zusammenhanges. MirAvird,
indem ich seine Umschreibung lese, eben so wüst als bei dem
Lateinischen. Und wenn er dann fragt: 'Was wäre hierin
EPIST. I, ll. CLXIX
mht verständlich and zusammenhängend?' so ist meine
Antwort 'alles/ Warum , das mag auch noch einmal eine
nene Darstellung der Sache zeigen , welche ich zu meiner
AnfkUrung unternehme , und welche sich mir also gestaltete.
Seitdem man die Meinung, V. 7 — 10 seien gleichfalls
Worte des Horaz, die denn jedenfalls auch gar keiner Be-
rflcksichtigang werth ist, so ziemlich aufgegeben und darin
eine Stelle aus dem Briefe des Bullatius sieht, also von Horaz
anschlieszend in Yersmasz gesetzt, hätte man (so etwa ist
die Meinung) zu denken, dasz Bullatius an Horaz so ge-
schrieben: *Du weiszt, Horaz, was Lebedus für ein Nesf
ist (ich brauche es Dir also aus eigener Anschauung nicht
genauer zu beschreiben): dennoch möchte ich, wenn es mir
vergönnt wäre (veUem)^ dort leben, um der Meinen ver-
gessend und der Vergessenheit von ihrer Seite anheim fal-
lend den Lebensstürmen am sichern Ufer zuzusehen.'
Warum ihm gerade in Lebedos zu bleiben nicht ver-
gönnt war wissen wir nicht. Wir sehen ihn jetzt, anschei-
nend wohlgemuth, durch die schönsten Städte Asiens herum-
reisen und, nach Horazens Voraussetzung, in der Stimmung,
dasz eine oder die andere — selbst im Vergleich mit Rom
— ihm Wohlgefallen , ja den Wunsch rege machen könnte
daselbst zu wohnen. Wanim er bei der genannten melan-
cholischen Stimmung so viel henimreist und das Schönste
besucht bleibt uns verborgen. Wie Horaz seine melancho-
üsche Stimmung fllr Ernst nehmen kann, wenn er ihm zu-
gleich geschrieben hat: 'allein in diesem mir wtlnschenswer-
thesten Nest Lebedos darf ich leider nicht bleiben: also
werde ich meine Reise in die schönsten und sehenswtlrdig-
sten Städte Vorderasiens richten und sie mir alle ansehen*
— bleibt uns verborgen. Wie Horaz, wenn jener geschrie-
ben: 'ich lobe mir das verlassene Lebedos, weil ich von
der ganzen Welt nichts wissen will* — ihn fragen kann:
'lobst du Lebedos weil Du der Reise und namentlich der
Seereise überdrüssig geworden?* bleibt uns mehr als ver-
borgen. —
Freilich, nachdem wir in V. 5 die Frage gelesen an
CIjXX EPIST. I, 11.
Lebedum laudas odio maris atyue vtarum? liegt es uns aodi
gar Bicht so nahe, — gewis Avird jeder erst durch das
MiszTerständnisz hindurchgehen müssen — das Neptumm
procul a terra npectare furentem in V. 10 nicht eigenÜidi
vom Meere zu verstehen; sondern metaphorisch von den
Lebensstürmen. Ist uns ja auch gar keine Andeutung ge-
geben von Lebensstürmen ; von der Art der Lebensstürme^
von den Gründen, warum trotz dem, dasz wir sie eine
solche Melancholie bewirken sehen, Horaz ohne weiteres
annimmt, sie sind ja doch nur vorübergehend. Von dem
allen kommt die einzige Andeutung überhaupt erst Y. 17
in dem einzigen Worte incolumi. Es war dem Bullatius aus
bürgerlichen Gründen Rom verschlossen worden. Dan
Horaz gerade von solchen Umständen- wissen konnte —
dann wuszte es übrigens Bullatius auch — dasz diese ihm
Rom verschlieszenden bürgerlichen Verhältnisse, voraussicht-
lich wenigstens, nur vorübergehend sein würden, ist wieder
das nahe Liegendste nicht. Und dasz er etwa ohne das
voraussichtlich vernünftiger Weise wissen zu können «agt:
'nun, sie werden ja wol', d. h. den Bullatius behandelt wie
man Kinder oder dumme Jungen behandelt, kann auch nicht
angenommen werden. — Dasz endlich gegen alles dieses
jemand sagen werde, Horaz braucht über alles dieses keine
Andeutungen zu machen, denn Bullatius wuszte es ja alles,
dasz jemand sich einbildet, Horaz habe eine solche Epistel
in Versen als ein gewöhnliches Poststück an den Bullatius
geschickt und nicht es geschrieben in der Absicht eine
Kunstepistel fürs Publikum zu sein, das ist leider nicht
unmöglich, dadurch aber um nichts besser.
Uebrigens erinnere man sich, dasz auch ohne alle diese
Bedenken, welche gegen das metaphorische Verständnisz
des Neptunum procul e terra spectare furentem geltend ge-
macht sind, und unter der Annahme des metaphorischen
Verständnisses — mit dieser ersten Partie der Epistel nicht
fertig zu werden war. — Nun versuchen wir es einmal ohne
das metaphorische Verständnisz. Nehmen wir es nicht me-
taphorisch, so hätte Bullatius geschrieben, er sei der Seereise
EPIST. I, 11. CLXXI
mit ihren Unbequemlichkeiten und Gefahren so überdrüssig,
daszy wenn es ihm erlaubt wäre, um nur nicht wieder auf
die See zu kommen y er in Lebedos möchte liegen bleiben,
selM um den wahrscheinlichen Preis, bald auszer jeder
Verbindung mit den Seinigen zu kommen. — Nun das könnte
emer, wenn er nicht verrückt ist, doch nur im Scherz ge-
Bchrieben haben. Aber Horaz nimmt es ernst.
Also kommt man auf die Melancholie zurück, einen
wahren Weltschmerz. Dasz damit der erste Theil bis V. 16
nicht erklärbar sei, haben wir bis hieher verfolgt. Jetzt
gehen wir an das Folgende. Also Horaz sagt ihm : du muszt
nicht so melancholisch sein und in Lebedos liegen bleiben.
Du muszt die schönen Städte suchen, wie Rhodos, Mitylene.
Das thut er ja schon: Horaz weisz, dasz er es thut.
Denn freilich wer in Rom selbst leben darf, weil er
imyersehrter bürgerlicher Stellung und nicht, wie du, ge-
zwungen ist im Exil zu leben, dem sind diese schönen
Städte ganz überflüssig. Du, bei dem dies nicht der Fall
ist, muszt dich in die wahre, gleichmüthige Seelenstimmung
versetzen, mit welcher man dankbar für jede glückliche
Stande, nicht immer nach Neuem strebend, in der Grewisz-
heit, dasz für die Zufriedenheit der Ort ganz gleichgültig
ist, eben so zufrieden an jedem Orte, auch in Lebedos lebt.
Ist das Logik oder — Wahnsinn?
Versuchen wir also den zweiten Theil mit dem andern
B^riff von mcolumis.
Also Horaz sagt dann : du muszt nicht so melancholisch
sem. Wer philosophisch gesunden Sinnes ist, der sieht sich
nicht nach Rhodos, nach Mitylene um, dem sind alle diese
belebten Oerter ganz überflüssige Dinge. Du also versetze
dich in diese wahre, gleichmüthige Seelenstimmung, mit
welcher man, dankbar für jede glückliche Stunde, nicht
immer nach Neuem strebend, in der Gewiszheit, dasz für die
Zufriedenheit der Ort ganz gleichgültig ist, gleich zufrieden
in jedem Orte, auch in Lebedos lebt.
Das geht vortreflFlich vorwärts: wenn, wie ich gethan,
man die beiden Verse 20.21 dum licet bis absens wegläszt:
CLXXIl EPI8T. I, U.
die keine Stätte finden. Aber wie gesagt, mit Weglassung
dieser beiden Verse geht der Sinn unter diesem Verständ-
nisz von incolumis vortrefflich vorwärts. Dasz im ersten
Theil der Sinn von scis Lebedus an nicht vorwärts geht ist
oben bewiesen. Also bleibt nichts (ibrig als das störende
Stück 7 — 15 auch herauszuw^crfen und V. 17 an 6 zu
schlieszen. Es fällt die beliebte Melancholie freilich heraus.
Man erhält aber eine gesunde dem Horaz völlig adäquate
Betrachtung, zu welcher er die Gelegenheit an einem auf
freiwilligen Reisen befindlichen Freunde nimmt. Du hast
dich auf Reisen begeben, mein BuUatius. Nun? gefallen
dir die schönen Städte Asiens wohl ? vielleicht manche sogar
so wohl, dasz du dort wohnen möchtest? Oder bist du rwie
sehr dieser Gedanke dem Horaz nahe liegt weisz man) des
Reisens und namentlich des Seereisens so überdrtlssig, dasz
dir schon Lebedos recht wäre, um nur zur Ruhe zu kommen?
Das könnte schon sein. Es ist aber auch gleichgültig.
Schöne Stadt oder kleine Stadt ist ja gleichgültig. Nicht
der Ort macht es. Die Seelenzufriedenheit macht es. Da
kann man selbst in Lebedos glücklich sein.
Was die Verse nam si ratio bis currunt betriflft, so sind
die Möglichkeiten der Aendenmg mit dem oben von mir
angegebenen 'entweder — oder nicht erschöpft. Freilich
mit dem überlieferten f\ffi/si late maris arbiter ist gar nichts
anzufangen, aber schreibt man et fusi late maris arbiter
(arbiter ,Hadriae ist ja bekannt) so möchte man ihn
wol für echt halten. Dann wäre eine mögliche Annahme,
wenn man nain ^/beibehält, dasz ein Vers nach Jion locus
et fusi late maris arbiter ausgefallen wäre. Oder es liegt
ein Fehler in nam si. Ich habe unten im Text einen Ver-
such in dieser Art gemacht.
. EPIST. I, 11. 12. 14. CLXXIll
Es geht zwar über die Aufgabe , welche ich mir ge-
stellt; hinaus: doch will sich jemand künftig einmal mit
den hier zu entfernenden Versen 7 — 16 beschäftigen, so
wären sie vielleicht einmal darauf anzusehen ob sie fragend
ganeint sind: Sas Lebedus quid sit? — tarnen illic vivere
vettern obtitusque — furentemf fdas Verlangen hätte ich
&s8en sollen?') Ob ein Stück eines beabsichtigten Ant-
wortschreibens, das sich jemand zum Thema gestellt: dies
eben die Antwort auf an Lebedum taudas odio maris atque
mrum. Doch vielleicht auch wird dies gar nicht an-
sprechend gefunden. Immerhin mit allem eben Ausgeführten
hat das weiter nichts zu thun.
Epist. I, 12 Fructibus Agrippae —
Dieser Brief ist an zwei Stellen unverständlich. V. 7—8.
Und V. 21. Ich habe nichts was mir zusagte und empfehle
ihn der Fürsorge anderer.
Epist. I, 14 Vilice siluarum —
Diese Epistel hat auszerordentliche Verunstaltungen er-
litten. Für's erste musz bei V. 5 ein Fehler stecken. Mit
der bloszen Vergleichung der Dornen, die sich Horatius
aus seiner Seele und die der Vilicus aus dem Acker zieht,
ißt der Uebergang zu dem Folgenden noch nicht gegeben,
in welchem Horatius das Innere des Vilicus selbst mit
seinem eigenen Inneren gegen einander stellt. Ich habe
die Lücke hinter ayro angenommen.
Bei V. 11 fühlen wir uns von dem cui ptacet atterius
Uta nhnirum est odio soj's auf das heftigste angestoszen.
Nach welchem Zusammenhange kann das hier stehen? Und
dann die zwei folgenden Verse slultus uterque tocum imine'
ritum causatur inique; in cuipa est animus qui sc non effiigit
mquam. Man wende sie also doch von den zweien z. B.
auf Horatius an: wie kann er das sagen? wessen hat er
sich anzuklagen? er stellt sich ja mit seinem richtigen und
sich gleich bleibenden Sinn dem Vilicus als Muster gegenüber.
CX.XXIV EPIST. I, 14.
Y. 29. 30 addit opus pigro rivuSj si deddit imber, mutia
male docendus aprico parcere prato. Wie ist er denn
pigerf Im Augenblicke hiesz es ja, er sei eifrig hinter der
zu beaufsichtigenden oder zu leistenden Arbeit, et tarnen
vrges u. s. w. Dir miszbehagt es, die Erholungen, welche
die Schenke in der Stadt zu bieten hat, entbehren zu mda-
sen, während du doch so eifrig hinter deiner Arbeit her
bist und dir also der Wunsch nach solcher Erholung, welche
die städtischen Sklaven sich machen können, um so natttr-
licher und berechtigter scheint: dir, der für das Land an
sich keinen Sinn hat. Ich könnte nicht umhin statt pigro
vielmehr zu schreiben gtiavo. Mir ist es übrigens von
je her auch etwas anstöszig gewesen, wiewol man dies dem
Gefühl des Einzelnen überlassen müszte, dasz Horaz den
Mann, mit dem er nun doch vor der OeflFentlichkeit mora-
lisch discutirt, wenn auch als überlegener, mit dem er auch,
wie wir gleich erfahren, sieh doch so gesprächig einlassen
konnte, dasz er von Horatius Jugend und Jugendliebe weisz,
dasz er diesen so geradezu einen Faulenzer nennt. Da nun
aber dieses nicht zu duldende, in sein Gegentheil zu verwan-'
delnde ptgro ebensowol ein Zeichen sein kann, dasz der
ganze Vers unecht ist nebst dem sich anschlieszenden fol-
genden, so entschliesze ich mich für das letzte. Denn ich
finde es auch nicht ganz gerechtfertigt, dasz Horaz gerade
an dieser Stelle das Moment der schweren Arbeiten recht ge-
flissentlich ausmalen sollte, während er unmittelbar im Begriff
ist von seinem eigenen — allerdings ganz richtigen und erat
anderweitigen Leidenschaften und ehrgeizigen Verlockungen
abzuringenden — far niente zu reden. Auch läge doch in
dem zu starken Hervorheben schwerer Landarbeiten ein
Moment der Rechtfertigung für den Vilicus sich zu verän-
dern. V. 31 nunc age quid nostrum concentum dividat audi.
Wie? jetzt? Wir haben ja das bereits weitläufig gehört
V. 18 non eadem miramur: eo disconvenit inter meque et te:
nam guae usw. Dasz bei V. 32 der Uebergang zu sich
mit dem quem — etwas Schwächliches und Unbefriedigendes
hat, während man ein entschiedenes ich zu wünschen hat,
EPIST. I, 14. CLXXV
ist wol aach wahr. Und wie viel besser stehen die Verse
16. 17 hier als oben, wo schon nach dem me^ tu das noch-
malige me, das nicht wieder ein tu hat, anstoszig ist. Man
wird es nm so mehr fflhlen, wenn man es nach Hinaus-
werfen der falschen Verse mit dem echten zusammengerückt
liest. V. 36 nee lusisse pudet, sed non ineidere ludum schwebt
ganz in der Lnft, gehört durchaus nicht hieher. Endlich
der letzte Vers quam seit uterque libens censebo exereeat ar-
lern. Mir scheint der Sinn der Verse von 40 an doch nur
der sein zu können: 'so willst du also von deiner Stellung
w^ zu den Stadtsklaven, dich >Yiederum beneidet um deine
Stdlung der Hausknecht. Wir haben also eigentlich wieder
die alte Erfahrung, welche die Aesopische Fabel ausspricht :
jeder ist mit seinem Loose unzufrieden und will etwas an-
deres sein als er ist.' Dies ist die Lehre die Horatius aus
der Fabel ziehen will, nicht die hier stehende, die mir ganz
und gar nicht veraulaszt scheint.
Indem ich nun den Brief gemäsz diesen Erwägungen
schreibe, wie man ihn unten im Texte finden wird, kann
ich mich auch nicht entschlieszen V. 10 rure etjo viventem,
tu dicis in urbe beatum mitzuschreiben. Er stört den kräf-
tigen Gegensatz zwischen vie V. 6 und tu N, 15: ja er
kommt hier ganz unzeitig. Es würde hier aussehen als ob
darin der Vorwurf läge: während der Vorwurf doch in
dem Wankelmuth liegt, mit dem er bald das Land begehrt,
bald wieder die Stadt.
Einen Zweifel habe ich, ob ich nicht mit einem Verse
zu nachsichtig gewesen, mit V. 28 dimmetum — , der viel-
leicht auch nicht echt ist.
Dasz man hinter optat ephippia bos pige/% optat arare
cabaHiu allenfalls als letzten Vers das cui placet alterius
sua nimirum est odio sors hersetzen könnte, habe ich, und
ich darf Tersichem auch manches andere, wohl bedacht. Da
indesz der Schlusz viel weniger schön und kräftig bleibt,
welcher Grund könnte bewegen es zu thun?
Mit diesen Worten schlosz ich meine Darlegung tlber
diesen Brief, als ich sie zuerst (im J. 1863) veröflFentlichte.
CLXXVl EPIST. 1. 14.
Dasz zu denjenigen Dingen, die ich bedacht, gewisz auch
gehörte y oh man den Inconvenienzen durch Umstellungen
beikommen könne und dasz ich bei einem Stücke von so
kleinem Umfange wol ziemlich die Möglichkeiten dieser Art
werde durchbedacht haben, namentlich auch diejenigen; die
auf den allerersten Blick zu verlocken scheinen, wird man
mir wol glauben. Ribbeek hat gemeint durch Umstellungen
den Brief geordnet zu haben. Ihn befriedigt was ich glaubte
verschmähen zu müssen. Wenn ich einen sehr groszen und
einleuchtenden Vortheil dadurch erreicht hätte, könnte ich
mich sogar zu der Versetzung der Verse 6—9 entschlossen
haben. Die ich allerdings nicht nur 'geduldet' habe: son-
dern hier gerade wunderschön finde als gleich die individuelle
Veranlassung und Stimmung schildernd, die Horaz gerade
jetzt zu dem Gedanken dieses Briefes zog. Doch ich lese
nun einmal den Brief bei Ribbeck. Nach V. 5 also
lese ich:
Rure pgo viventem^ tu dicis in urbe beatum:
cui placet aiterius sua niniirum est odio sors.
stultus uterque locum inmeritum cnusamtir
(so mit Doederlein) inique:
hl culpa est animus, qui se non efjugit unquam,
nunc aye quid nosttiim concentum dividataudi.
tu mediastinus —
Ich nenne den glücklich, der auf dem Lande lebt, du
denjenigen, der in der Stadt lebt. Der Grund davon ist
ein natürlicher: dasz demjenigen, dem das Loos eines an-
dern behagt, das seinige miszbehagt : — mit andern Wor-
ten (vgl. erste Satire) — die Neigung der Menschen, an
dem Loos anderer Leute Gefallen zu finden und sich da-
dui'ch ihr eigenes zu verbittern. Und nun geben wir beide
thöricht die Schuld unserer Unzufriedenheit dem Orte, der
nichts verschuldet, ich sage Rom hat Schuld dasz ich den
auf dem Lande Lebenden glücklich preise, du sagst das Land
hat Schuld, dasz du den Städter glücklich preisest. Der Ort
ist aber unschuldig, nur unser Inneres trägt die Schuld. Jetzt
höre was unsere Harmonie stört. . .
EPIST. I, 14, CLXXVII
Also dessen allen bekennt sich Horaz schuldig: jener
Thorheit der Menschen, die er gleich in der ersten Satire
geisaselte, und des Mangels an Selbsterkenntnis dazu —
und er will sich dem Vilicus gegenüber breit machen?
Und dasz er wenigstens immer gleichmäszig das Land
liebt, das soll unter solchen Umständen einen Werth
haben? Und die folgende liebliche Schilderung seiner
steten Behaglichkeit auf dem Lande soll nicht ein Aus-
flusz seines animus sein, sondern trotz dem dasz der Grund
nur ist: cui placet alterius sua nimirum est odio sors? —
Einige Ahnung Ton der Wunderlichkeit verrathen wol die
Worte im Kommentar von 'dem natürlich nicht schwerfällig
zu nehmenden Zugeständnis einer gemssen Aehnlichkeit
zwischen Horaz und seinem Verwalter. . . / Der Vers
rtfi flaeet ist dort, ich sehe nicht anders, ganz
iporirt.
Natürlich habe ich nicht die Absicht, das Ganze wieder
durchzugehn. Aber ein Paar Bemerkungen noch sporadisch.
S. 148 unten kommt mir entgegen : 'Was ihm als rauher
Frohndienst erscheint ist für Horaz gerade eine Erholung
und Quelle der Heiterkeit.' Eine schöne und für den
Vüicus überzeugende Parallele! Horaz, der einmal zum
Vergnügen und zur Motion Schollen und Steine bewegt,
und der Vilicus mit seinen geschilderten Arbeiten bis zu
dem (denn Ribbeck hat ihm gar nichts geschenkt) ange-
schwollenen Bach, der multa mole docendus aprico parcere
prato.
Was Ribbeck V. 35. 36 gethan, dasz er den letztem
Vers nee lusisse pudet sed non incidere lusum vorangesetzt,
als eine Parenthese zwischen V. 34 und 35, das ist von so
groszer Wichtigkeit als die bisher besprochenen Punkte
nicht: aber dafür entscheiden kann ich mich auch nicht
Wäre das so überliefert, so würde ich dabei stutzig werden
und würde auch dann sagen, das sehe wol nach eingescho-
bener Gnome einös Moralisten aus: ich würde zu bedenken
gehen ob es nicht in den reizenden Gang der Verse 32—35,
LekTff, Hontiiu. M
CLXXVm EPI8T. I, 16.
nachdem Horaz auch schon ausdrücklich gesagt dasz ihm
damals das wohl anstand, wie ein Klotz dazwischen falle.
Epist. I, 15 Quae sit hiems —
Dazu wäre es dem Horatius nöthig gewesen, dasz er
saepe caput scaberet vivos et roderet unguesj um Ungethttm6
von Yersverhindungen zu bilden, wie die fünfundzwanzig
ersten Verse in diesem Briefe? Wo das abhängige qutit
sit hiems Veliae im ersten Verse sein regierendes Verbum
scribere te nobis^ tibi nos accredere par est im fünfundzwan-
zigsten empfängt, innerhalb aber dieser Bau von zwei Paren-
thesen unterbrochen ist, einer von 11 Versen (2 — 13), einer
von 6 Versen (16—21), und zwei Parenthesen welche in
sich Sätze und gehörig durch Puncta getrennte Sätze und
Perioden enthalten. Das ist einfach unmöglich; es ist aber
eben so unmöglich, dasz Horatius, so lange er Horatius
war, nachdem er die Verse geschrieben
mutanduB locus est et deversoria nota
praeteragendos equus. 'quo tendis? nonmihi Cumas
est iter aut Baias' laeva stomachosus habena
dicet eques,
ganz mit seiner kennbaren graziösen Laune geschrieben
plump und weisz der Himmel für was für plumpe Ohren
seinen Witz erklärt hätte durch den Zusatz sed equis fre^
nato est auris in ore. Und gar mit dem unlogischen sed
ftlr nam. So zeigen auch diese Worte, welche ursprüng-
liche verdrängt haben, noch zum Ueberfiusz an, dasz
hier eine Verderbung vorliegt. Hier also hat der
Schlusz einer Periode und der Anfang zu einer neuen ge-
legen: z. B. dicet eques j certum nitens iter. edere
perge^ womit denn von hier alle fernere Parenthese weg-
fällt. Was aber die vorangehende Partie betrifft, so ist es
ganz unumgänglich nöthig dasz am Anfang ein Vers ausge-
fallen, etwa so:
Quae sit hiems Veliae, quod caelum, Vali^ Salemi,
quaerere ab experto iam mi est opus^ est opus iüud,
quorom hominom regio et qualis via. nam mihi Baias
EPIST. I, 16. CLXXIX
Mnsa snpervacnas Antonios et tarnen ilUs
me ikcit inTisiim, gelida com perluor onda — .
Nor wird auch statt des wol schwerlich zu haltenden
tawff etwas anderes hineinzusetzen sein^ das ganz einlache
«wrf wol schwerlich, vielleicht magis. Denn eine Ver-
derbong durch falsch gelesene Buchstaben ist es wol nicht.
Dieser Brief ist noch an einer andern Stelle nicht in
Ordnimg:
Maenius, ut rebus materuis atque patemis
fordter absumptis urbauus coepit haberi,
scnrra vagus, non qui certuin praesaepe teneret,
inpransus non qui civem dignosceret hoste,
30 qnaelibet in quemvis opprobria fingere saevns,
pemides et tempestas barathrumque maceUi,
qnidquid quaesierat ventri donaret avaro:
hie nbi nequitiae fautoribus et timidis nil
ant paulnm abstulerat, patinas cenabat omasi
35 viüs et agninae tribus ursis quod satis esset — .
Ist das wohl gesprochen? Das mit ^inemmal positiv zu ver-
stehende donaret, nach zweimaligem non quif auch das wol
wenigstens nach zu langer Unterbrechung wie aus Unge-
sehieklichkeit zur Wiederaufnahme des verlorenen Subjects
eintretende hie. Und endlich: wie ist er denn in seiner
jetzigen Lage, wo er auf tägliches Brot Jagd anstellt; ein
Verderben und Sturm und Abgrund des Marktes ? da, wenn
er keine Mahlzeit davon getragen, er ja vom Markte nur
die Gedärme wegessen kann. Oder will man vielleicht,
schon gar nicht natürlich, verstehen: 'der, wie er denn von
Natur ein Abgrund des Marktes war, alles was er erworben
dem Magen schenkte?' Das zu sagen hätte doch nur einen
Sinn, wenn immer noch ein äuszerst bedeutender Erwerb
Toransgesetzt wird, während es doch scheint dasz er gar
keinen mehr hatte, jedenfalls nur so viel um sich mit dem
awuuum zu begnügen. Die Verse pemides — und tjuidquid
— sind eine Interpolation, mögen sie unüberlegt von An-
fang helgeschrieben sein mit donaret, was Emendation von
Bentley ist, oder mit dem was die Handschriften geben
CLXXX. EPIST. I, 16.
donabal oder donarat, so dasz sie an den Rand geschrieben
waren, um den Mänius zu beschreiben in seiner frühem
Lage, als er eben der alles verzehrende Verschwender war.
Wem hie auch so noch mißfiele, könnte es in 7t il ver-
wandeln.
Epist. I, 16 Ne perconteris — *)
V. 25 Siquis belia tibi — Diese Stelle wird gewöhnlich
80 genommen: es stellt sich ein Schmeichler vor Quintius
hin und sagt ihm folgende Schmeicheleien (dies soll das
permulcet aures heiszen): ^Du Quintius hast diese und jene
grosze Eriegsthaten zu Wasser und zu Lande ausgeführt
und auch sonst sind deine Verdienste und deine Fürsorge
um das Volk so grosz und anerkannt und beliebt, dasz es
schwer zu sagen wäre, ob das Volk besorgter ist um dich
oder du um das Volk.' Dasz Horaz eine solche unglaub-
liche und absurde Situation sollte fingirt haben mit solch
einem krassen, vielmehr adsurden Schmeichler, da^ ist mir
schwer glaublich. Ich bin daher geneigt zu glauben dasz
die Sache von Horaz anders gemeint war : 'wenn dir jemand
spräche {tibi dicat gleich tibi narrety was eben so wohl vor-
lesend oder vordeclamirend geschehen kann) von Kriegen
zu Wasser und zu Lande geführt und dir dabei auch fol-
gende einschmeichelnde Verse durch dein aufmerksames
Ohr gehen liesze , so würdest du im Stande sein
zu erkennen, nicht nur dasz sie mit dir nichts zu thun
*) Ribbeck schrieb im Rheiu. Museum 1S6S S. 66 ff. 'Ueber die
16., 17. und 18. Epistel des Horaz.' Ueber welche Episteln ich im J. 1S63
geschrieben. Da R. mehrfach von mir abwich, so 'wollte ich mir dies
einen Anlasz sein lassen, meine freilich auch vorher wiederholt und zu
verschiedenen Zeiten überlegten Aufstellungen einer Nachprüfung zu
unterwerfen.' So sagte ich, und aUerdings war nur dies der Anlasz,
in 'einem halben Bogen Horatiana' den ich damals drucken liesz (Königs-
berg December 1867: die Zahl ist richtig: ich hatte Ribbecks Aufisatz
frtüizeitig erhalten). — Ribbeck liesz hierauf folgen: Erwiderung auf
einen halben Bogen Horatiana. Rhein. Mus. daselbst S. 432 ff. Dies
sind die hier berücksichtigten Aufsätze von Ribbeck.
EPIST. I, 16. CLXXXI
haben, sondern auch dasz sie nur auf einen ganz auszer-
ordentlichen Mann passen.' — Auyusti musz betont werden. —
'Wanun nimmst du es denn hin, wenn man dich einen wei-
sen und tadelfreien Mann nennt ?* Nemlich ohne ein Be-
wosztsein zu haben, dasz auch dieses Lob ein ganz
aoszerordentliches und nur auf seltene Menschen passend ist.
Horaz wurde zu diesem Beispiel veranlaszt durch den offen-
bar eben erschienenen, noch wenig rerbreiteten Panegyricu»
des Varius; er bringt im Vorübergehen eine Höflichkeit für
Varios an und für die wirklich hübschen und einschmei-
chelnd geformten Verse.
Nun aber kommen wir zu der Schwierigkeit der Verse
30. 31. 32.
cum pateris sapiens emendatusque vocari,
respondesne tuo die sodes nomine? *neinpe
▼ir bonus et prudens dici delector ego ac tu .
Ich hatte gesagt, dies sei offenbarer Unsinn. Und nach
aDem, was darüber zur Rechtfertigung bisher vorgebracht ist,
musz ich das heute noch sagen. Und für die Zukunft musz
ich einiges bitten oder verbitten. Also dasz man nicht
püteris behandele als ob es gar nicht dastehe: nach der
bei den Horazinterpreten allerdings nur zu gewöhnlichen
Art, die allerdings nach Belieben dastehen lassen und nicht
dastehen lassen und ftlr welche mein Motto ist tvolvtwv
lihgoy avS'güßrtog %vjv fxh otfx ovriov ort eart^ rwv de ovtwv ort
otrx iasi. Auch behandle man es nicht so, dasz man es unver-
sehens aus dem Vordersatz in den Nachsatz escamotirt.
Femer sage man bei nomine genau, und verschwemrae nicht
alle Begriffe, in welcher seiner Bedeutungen man es neh-
men will, und unterscheide auch zwischen dem Ablativ und
Dativ. Also fange man nicht an zu erklären: 'stehst du
für die Wahrheit dieses Lobes (das du auf deinen Namen
angenommen hast) mit deinem Namen ein?' und zwei Zeilen
daranf — man sollte fast die Erklärung für dieses Verfahren
nchen in dem dunkeln Gefühl, dasz es mit jenem 'Namen
doch nicht ganz seine Richtigkeit hat — also zwei Zeilen
darauf: 'stehst du auch mit deiner Person für die Wahrheit
CLXXXn EPIST. I, 16.
dieses Lobes ein . Der Name ist doch wahrlich nicht die
Person, niemals und am allerwenigsten in dem Sinne, welebn
die Person doch hier haben musz, die Persönlichkeit —
Und dann wieder wenige Zeilen darauf: Ver sich gefallen
Uszt dasz ihm der Besitz gewisser Tugenden zugeschrieben
werde, der geht, wenn er ein Mann tou Ehre ist, damit
eine Verpflichtung ein, diese Schuld im Buche der öffent-
lichen Meinung einzulösen . Da sind wir also plötzlich zu
einer ganz andern Bedeutung des nomen gelangt: Schuld-
posten, Conto. Und meo nomine respondeo heiszt: ich löse
mein Conto ein. (Ribbeck Erwiderung S. 433.) —
Also wir haben in dem Ueberlieferten : wenn du dir ge-
fallen lassest, weise und tadelfrei genannt zu werden, stehst
du mit deinem Namen ein? Das ist eben Unsinn. Es musz
ja heiszen: ^stehst du fttr diese Namen mit der That ein^
Nun sollte man auch meinen, wenn man zusammenliest
voeari und respandere suo nominsj so müsse das vocari und
respondere zusammengehörig erkl&rt werden. Man muss eine
bestimmte Situation denken, tou welcher her der Schrei-
bende es flbertragen. Diese Situationen des Gerufen-, des
Aufgerufen- werdens kommen Tor im Gericht (wer denkt im
Horaz nicht gleich an respondere vadato) und bei Torschie-
denen Veranlassungen im Kriegswesen. Man gehe sieh
diese durch und versuche, ob dasjenige, was verständlich
etwa so envartet wird: Venu du unter den Weisen und
Fehlerfreien aufgerufen wirst, lassest du dir das gefallen und
antwortest: hier bin ich' oder: 'wenn die Weisen ange-
rufen werden sich zu melden, wie die Tapfem, wenn et
einen Sturm gilt, antwortest du da mit deinem Namen?' —
ob das so ausgedrückt werden kann wie hier steht Ich
komme immer auf Unsinn. Also es musz dabei bleiben;
bisher hat niemand vermocht diese Verse wie sie hier stehen
zu erkl&ren. Bis dieses geschehen sein wird haben sie f&r
fehlerhaft zu gelten. Statt des überlidferten cum pateris
u. s. w. schreibe ich
cur pateris sapiens emendatusgue vocarif
und entferne die beiden folgenden Verse, mit denen nidits
EPI8T. I, 16. C^XXXni
Terloren geht , als unecht .*) Hat vielleicht einer unserer
Meister, die sich mit Horatius beschftftigen, eine mrkliche
bkULmng in Bereitschaft oder eine andere entsprechende
Hfilfs, so wolle er gebeten sein zu sprechen. Er wird keinen
unn HAren und Gehorchen bereitwilliger finden als mich.
Ksher aber — noch einmal — bleibt es dabei, dasz gesagt
werden musz: die Ueberlieferung ist Unsinn.
y. 34. 35 Qui dedit hoc hodfe, cras st volet atfferety ut si
detulerit fasces indigno, detrahet idem.
Unter indignus kann hier nicht ein wirklich Unwürdiger
verstanden werden: denn hätte das Volk sich einmal ge-
irrt dnem Unwürdigen eine Würde zu übertragen und hätte
dum seines Irrthums inne geworden sie diesem selber
wieder entzogen, so handelte es ja weise und löblich. Wer
infmerksam dem Gedankengange folgend in diese Verse
kommt, kann so gar nicht verstehen. Sondern: das Volk
wird den Titel eines tugendhaften Mannes, den es dir heute
gab, morgen wieder nehmen, eben so wie wenn es seine
Statiwttrden dem der es nicht verdient hat (sie zu erhalten)
fibertrigt und dem der es nicht verdient hat (sie zu ver-
lieren) nimmt. (Vgl. Epist. I, 6, 53). Es wäre das also das-
selbe ul si welches auch Epist. 17, 3 am Schlusz des Verses
steht Donohngeachtet wird es nicht nöthig sein, detrahat
XU sehreiben, wie ich früher glaubte, vielmehr auch nach
diesem ui si wird richtig der Indicativ auch des ersten Futurs
stehen, ut si mit Ind. luv. 7, 238. Will man vt si trennen,
wie Bibbeck, also am Schlusz des Verses eine Gliederung
machen wie diese —
— cras si volet auferet, ut, si
(was angeht, Sat. I, 1, 46. 11, 3, 92)
*) Ich weisz nicht ob ich es überhaupt nur erwähnen soll, denn
Werth lege ich gar keinen darauf, dasz man vielleicht sich vorstellen
kAonte, hinter das noch unverletzte cur pateris habe einer, wel-
cher meinte auf eine Frage gehöre eine Antwort, hineingesetzt: respon-
iesne? tuo die sodts nrnnine: nempe — antwortest du nicht? so sage
doch in deinem Namen. Was heiszen sollte: gib mir die Antwort blosz in
deinem Namen, was d u darüber denkst, ohne aUe Rücksicht was ich wol
diia sagen könnte. In meinem Namen werde ich nachher selbst reden.
CLXXXIV EPIST. I, 16.
dann wird man detrahet beibehalten, aber doch gewis aach
natürlicher das Komma hinter fnsces setzen und indigmo
(ohne dasz er es verdient hat) detrahet idem zusammennehmen.
V. 35. Wenn also dieses wetterwendische Volk (dess^i
Urtheil mir also ganz gleichgültig sein musz) mir sagt:
'leg* ab die Würde', so leg' ich sie ab mit Gleichgültigkeit
Dies wird erfordert, nicht 'mit Trauer.* Worüber sollte er
denn traurig sein? Oder Terdrieszlich oder welche Nuance
von tristis man nehmen will. Darüber dasz das Volk so
dumm ist? Das gehört doch wahrlich ganz und gar nicht
hierher, wenn es auch überhaupt im Horazischen Sinne
wäre, welcher dergleichen vielmehr ridens zu betrachten
pflegt. Dasz es die Gleichgültigkeit gegen das Volk und
seine Urtheile ist, die betont wird, das zeigt ja auch dw
Fortschritt: wenn ich darüber, dasz das Volk nur Würden
nimmt oder gibt, mir Sorgen machen wollte, nun dann
müszte ich mir ja auch darüber Sorgen machen, wenn es
mich für einen Räuber und Mörder erklärte. Ich habe ge-
schrieben tacitusgue recedo. Man würde wol auch ganz
gut schreiben können, missusque recedo. Aber tristisque
recedo ist hier eben so ganz wider den Sinn als es in jener
Stelle des Lucrez (III, 1010) ganz im Sinne ist, wo es
heiszt: auch den gequälten Sisyphus sehen wir hier im
Leben an dem , der sich darauf gesetzt hat, sich beim Volke
um Fasces und Beile zu bewerben und jedesmal victus
tristisque recedit. — Der arme Citatenkritiker, der sich zwischen
tristisque recedo LuGvet III, 110 und tacitusve recedas luv.
III, 297 finden wird!
V. 69—72. Dasz diese vier Verse hier vollkommen
fremd eintreten habe ich schon ehemals erinnert: Rhein.
Mus. XVII. S. 488 oder Aristarch S. 437 der zweiten Aus-
gabe. Ueber das Offenbare etwas Weiteres zu sagen, wuszte
ich damals nicht und weisz es heute nicht.
Alle die Umstellungen, welche Ribbeck hinter V. 46
verlangte, damit 'ein klarer Flusz' hineinkomme, muszte ich
und musz ich jetzt zurückweisen. Ich sagte dagegen: *Ich
habe dem Gedankengange des Briefes hier immer ganz gut
EPIST. I, 16. 17. , CLXXXV
folgen können. Dasz die Disposition von Y. 40 an eine solche
ist, die nicht ganz in gerader Linie geht, sondern auch ein-
mal xnrOekgreift, ist doch wol kein Fehler. Vielmehr nach
den Umatellnngen Ton R. wird der Brief nur gewöhnlicher,
uninteressanter, die Aufmerksamkeit weniger rege erhaltend.
So wie schon das einzelne enim V. 50, welches jetzt ein
kldn wenig geistreicher angewendet ist hinter dem ein
'mhäme verbergenden negitat, und an welchem wirklich
dnen Anstosz zu nehmen nicht gut ist, durch die von Ribbeck ihm
zugewiesene Stellung nur trivialer wird. Zugleich hatte ich
mein Befremden geäuszert, 'klaren Flusz' als Voraussetzung
fb die Horazische Epistel aufgestellt zu finden. Dies hat
B. in der Erwiderung (S. 435) mir ttbel genommen.
Er erklärt sich über den nicht vorhandenen klaren
Rugz. Wobei unter anderem auch eine 'gewisse Inversion
der Gedankenfolge* zugestanden wird. Das Resultat aber
ist, 'dasz er bei aller Freiheit der Darstellung verlange
Klarheit und Ordnung der Disposition.' Wenn nur damit
etwas anzufangen wäre! Will er mit diesem Zettel 'Klar-
heit nnd Ordnung der Disposition dem Pindar, dem Shakspeare,
dem Byron entgegentreten? Und wenn er es will, will er
dann darunter dasselbe verstehen, als wenn er diese For-
derung an junge Leute stellte in den ersten Stadien ihres
deutschen Aufsatzes? — Wäre ich boshaft, ich wollte ihm
dafftr, dasz er mich so gering achtet, um solche Formel von
'Klarheit und Ordnung der Disposition gegen mich ins
Feld zu führen, eine Vergeltung wtlnschcn. Es sollte ihm
auferlegt werden, immer fort den Isokrates zu lesen.
Epist. I, 17 Qnamvis Scaeva satis —
In diesem Briefe fühlt man es doch wol dasz man zum
Schlosz in einer ganz andern Atmosphäre ist. Wer hätte
e» vorher, wo der feine und vornehme Aristippus als Muster
ausmalt ward, gedacht noch Regeln zu erhalten für einen
Spitzbuben^ der seinem Gönner, welcher ihn auf Reisen mit-
genonunen^ vorlügt, sein Koffer sei ihm erbrochen worden?
Oder steht das etwa nicht da? Ist nur der Fall gemeint
CLXXXVI EPI8T. I, 17.
und eine Warnung nicht unfein zu yerfahren fOr den Fall
dasz Eröffnung und Beraubung des Reisekoffers
eingetreten? Dann müszte also nota refert meretricis
mina nicht heiszen: 'er copiert die Buhlerin, er spielt ihr
die Rolle nactf, sondern: 'er erinnert daran, bringt wieder
ins Gedächtnis* und wird also bei dem Gönner den Ver-
dacht rege machen , dasz auch er ein falsches Spiel treibe.
Vielleicht kann es das heiszen. Allein der Zusatz, wer sidi
Einmal den Spasz gemacht sich beschädigt anzustellen, wäh-
rend er es nicht war, und so weiter, paszt ja nur, wenn
Ton einem Betrüger die Rede ist, vom erlogenen Aufbrechen
des Koffers.
Femer zu betrachten
Bnindisium comes aut Surrentum ductus amoennm
qui qaeritur salebras et acerbum frigos et imbris
aut cistam effractam et subducta viatica plorat,
55 nota refert meretricis acomina —
Wie kann denn die Klage über den stöszigen Weg und die
unbehagliche Witterung mit dem aufgebrochenen Koffer am-
sammenstehen, wenn sich anknüpft nota refrtrt meretricis
acumina, saepe catellam, saepe periscelidem raptam sibi ßenr
tis, was doch auf das qui gueritur salebras et acerbum ßrigm
et imbris ganz und gar nicht paszt? während es mit dem
andern sich deckt: unter Verschlusz gehaltene Gegenstände
(Ribbeck übersetzt catellam Uhr Schoszhündchen Erwiderung
S. 436) entwendet. Man möchte dies kaum auch dem Ver-
fasser dieser Verse zutrauen wollen und glauben, dasz die-
ser nur geschrieben hatte qui cistam ejffractam et subducta
viatica plorat
Doch ich musz noch etwas verweilen bei der gauner-
haften Atmosphäre, in die man sich mit einemmale in den
Einzelvorschriften versetzt sieht. Es haucht mich etwas aus
luvenal oder Petronius an. In solche Gaunereien sich ein-
zulassen schien mir weder der Horazischen Art überhaupt
entsprechend noch ersichtlich warum sie gegenüber einem
Freunde muszten behandelt werden, dem Horatius sieh mit
auszerordentlicher Rücksicht gegenübergestellt (V. 1. 16),
endlich naclidan ftr bcitfe «*> eöen. £ä^ jmsckanse» 'Sjbsos'
m dioBen TeibiltiiisBe« MaiDoxxSs wsr — w«r? Srecfnw»'
Eine Yoeabel^ deren Scim lafl BedieaaBS in Bmaesn»
Monde man doch wol Tensefci! Sfäöe«^k ^aaJHit liiats^n
Mgen SQ dürfen &. 70 — .jujbfftof >»»HbL£n m Pokae
des SM und Hnben na&ncn ix AixfL i3»i afeäansB. s*<a
bentzutage die Itnliener Ak «n^i aibffsra v«sB^er iHsi al^
wir/' Also kann aneh wirf K^ratiSi« i>er SoeaI<n isfi v»
008 als die gemeinste Ganncra tmnAiai si^iii <t<Kft $•>
Khlimm gedacht haben, er durfte aKÖ. ieis.^« w^ew-r-l $•>
anerkannten Freundes ^Empfindis.svvt^ in £ewm Ptnkr"
aU nicht ganz gefestigt Tr«niHg«tz«n . oline darin etws$ Be-
leidigeDdes zn sehen. — Ich kann hierauf wir sazen .ioiJub
ra ÖHva : anter dem Tiden aoch jenes kleine /c/«/c wtmmsirwm
..noch hente'% womit beiUaäg die ganze B-7-mi^he Ge-
schichte ans den Angeln gehoben werden kann: die
Altrömisehe Tapferkeit zuerst u. s. w. Das aber findet
Kibbeck (S. 70) selbst seinem s«*» beschafTenen 5rccrc
gegenflber anffallend oder beleidigend, dasz die Einzelvor-
Schriften, welche gegeben werden, eben nor in diesen bei-
den and so gearteten Vorschriften bestehen. Crewis ist das
anffallend und würde allein hinreichend sein am den Brief
in seiner jetzt fiberlieferten Gestalt als eine Monstrosität aaf-
zoweisen.
Jetzt betrachten wir die Verse 36 — 45. Doch indem
ich Ton ihnen reden will, sehe ich mich genöthigt, das flber-
Keferte esto in V. 37 zu rerwandeln in isto (ne non svcce-
ieret isto). Ich könnte sonst gar nicht darüber reden, weil
ich mit esto mich in dem Gedankengange ganz Terwirre,
der an sich mit isto nicht unklar 'ist. Sie heiszen also:
'Nicht jedermann wird es zu Theil an Korinth zu kommen.
Unthfttig blieb sitzen wer ftlrchtete, er würde dahin nicht
hinankommen können. Wie dagegen wer hingelangte? hat
der anders als männlich gehandelt? (fecitne dem Sinne
nach gleich nonne fecit?) Nun aber da liegts (im männlich
handeln) oder nirgend wonach wir fragen. Der eine scheut sich
Tor der Last als zu grosz für kleinen Entschlusz und kleinen
CLXXXVm EPIST. I, 17.
Körper, jener tritt darunter und trägt sie ans Ziel. Ent-
weder die Tugend {virtusy eben virUiter) ist ein leerer Name^
oder nach Ehre und Belohnung strebt auf die rechte Weiia
der unternehmende Mann.' Das ist doch deutlich ein ParoSy
das einer gegengeschrieben hat gegen das Lob des schmiQg*
Samen Aristippischen Mannes. Aber eben derselbe Renitent
scheint auch V. 45 das wunderliche atqui rerum capui htm
erat, hie foiis hineingesetzt zu habeU; was doch nach allen
nattlrlichen Gange nur kann bedeuten sollen : ^nun aber anlii
Bauben kam es ja von Anfang her an.' Ich meine^ es hat
hier von erster Hand etwas Anderes gestanden. Aber wai
auch; die Verse 43—51 scheinen, abgerechnet dasz sie wol
auch in die unerwartete unfeine Atmosphäre gehören , die
beiden Motive des Anstandes und des Vortheils auf eine un-
klare Weise durch einander zu werfen. Doch ich will es
nun abwarten, ob jemand nach dem Gesagten wird irgend
etwas Annehmbares herstellen können nach V. 32 refer ei
sine vivai ineptus, womit, wie ich glauben musz, die echte
Epistel schlieszt, und ob es nöthig sein ^vird meine Empfin-
dung als falsch zu strafen, die mich jedenfalls gleich bei
dem res gerere usw. befällt, dasz diese Verse schon andere
Verhältnisse ausdrücken als die bisher behandelten Aristip-
pischen und sich nicht anschlieszen wollen: um von der
gänzlichen sprachlichen Unverbundenheit aller vier Verse,
welche den Eindruck von Sentenzen hervorbringt, gar nicht
zu reden. Wol aber würde man an refer et sine vivat inep^
tus noch recht gut den Vers non cuivis hommi cantingii
adire Corinthum anschlieszen, nach der bekannten Bezie-
hung dieses Sprichworts auf Aristipp: nicht jedermann ist
es gegeben ein Aristipp zu sein.
Aber wir sind der Bedenken auch jetzt noch nicht
ledig. Horatius beginnt: 'obgleich du keines fremden Rathes
bedarfst (er sagt nicht einmal blosz guamvis Scaet^a per te tibi
consulis, sondern etwas mehr guamvis satis per te tibi consuUs^
entweder so viel als genug ist, oder so viel dasz du fremden
Rath nicht nöthig hast, um zu wissen) und weiszt wie man mit den
Groszen umzugehen habe'. So ? Davon ist Horatius ganz bestinunt
EPIST. I, 17. CLXXXIX
uoteiriehtet, während er V. 15 gar nicht unterrichtet ist,
ob, wenn dem Seäva die Frage vorgelegt wfirde über den
W^ des Aristippus und den Weg des Diogenes, er auf die
eine oder die andere Seite treten wfirde, ob er darüber je
Jttcligedacht? Das wäre nicht auffallend? und wenn fiber-
lumpt zu lösen, anders zu lösen als vielleicht auf eine
ioszerst prekäre Art? Hienach habe ich groszen Verdacht,
dasz der Fehler in der Latinität im zweiten Verse, auf wel-
chen Horkel aufmerksam gemacht, in dem iandem, — er
emendirte ienuem, — vielmehr darauf liinweist dasz der
ganze Vers ein Einschiebsel ist, zu dem aber im ersten
Verse eine ^'eränderung gemacht, statt des etwa ursprüng-
lichen quamris, Scaeva^ satis per te tibi conxulis ipse oder
ft Sias,
Wir sehen dasz Scäva bei der ganzen Sache gar nicht
hetheiligt war und eben auch nur damit geehrt wird, dasz
Homtius ihn als einen theilnehmenden und sinnigen Zuhörer
voraussetzt, an den man sich mit sinnigen Betrachtungen
wenden darf. Ganz anders ist das Verhältnis des Lollius,
tn welchen die folgende Epistel gerichtet ist.
Ich sagte oben nach V. 32 oder V. 32 mit dem dazu
genommenen V. 36 schliesze die echte Epistel: d. h. der
echte Theil dieser Epistel. Es fragt sich, ob sie überhaupt
damit geschlossen hat oder ob die echte Fortsetzung ver-
loren gegangen. Man könnte vielleicht meinen, zu dem An-
»tie, der für das Thema V. 15—17 genommen wird, wäre
die Ausführung nicht lang genug. Aber dieser doch wol
nicht sehr ins Gewicht fallende Grund ist auch der einzige,
warum nicht Horazens Brief dort sollte zu Ende gewesen sein.*)
Eb wäre auch so eine ganz anmuthige Gedankenmittheilung
*) Ribbeck sagt in dieser Beziehung gegen mich (Erwiderung S. 437)
nun könne den Brief da nicht endigen, denn diese Partie lehre ja nicht
füo tenuem pacto deceat maioribus uti, sondern vorläufig nur cur
oder num deceat. Er vergasz dasz in meinem Briefe der Vers quo
f^tuem pacto — nicht Yorkommt. — 'UnseFge Geister, so behandelt ihr
du menschliche Geschlecht zu tausend Malen/
CXC EPIgT. I, 17. 18.
an einen Freund. Ist die Epistel weiter gegangen, m
mllBzte man den Inhalt wol etwa so vermuthen : Nicht jeder-
mann ist es gegeben ein Anstipp zu sein. Denn daani ge-
hört dasz man nicht von Fehlem und Leidenschaften b^
herrscht sei, dasz man vielmehr der Leidenschaften Henr
sei; dasz man verstehe über den Dingen und Menschen n
stehen und Mi res non se subhmgere rebus.
Im ersten TheilC; der nach Entfernung des zwdten
Verses trefflich vorwärts geht bis V. 32, könnte man viel-
leicht noch höchstens fragen, ob in der Aufzählung der
Entbehrungen V. 6— 8 etwa ein Vers ausgefallen: wiewol
nothwendig scheint es nicht.
Epist. I, 18 Si bene te novi —
Den Zusammenhang der Verse 21—31 glaube ich jetzt
anders fassen zu müssen als früher und halte jetzt alle
Verse für echt. 'Wer irgend einer der nobeln Leidenschaf-
ten fröhnt, wie sie bei den Reichen und Vornehmen herkömm-
lich sind; Liebe, Spiel, Luxus in Kleidung und äuszerer
Erscheinung, das nie gestillte Verlangen nach immer mehr
und mehr Beichthum, wer sich damit seiner — dem Clien-
enten natürlich zustehenden — Armuth schämt und sich
immer von ihr loszumachen sucht, gegen den wird der reiche
Patron Abneigung und Widerwillen fassen, oder er wird
ihn wie einen Knaben schelten und zurechtweisen, indem
er ihn aufmerksem macht, wie solche Neigungen für ihn
verderblich werden müssen. Er wird sagen — und nun
wird beispielsweise ein Patron genommen, der einen im
Luxus der Kleidung sich übernehmenden Clienten vor sich
hat — er wird ihm sagen : 'ich bei meinem Vermögen kann
Thorheit aushalten : für dich paszt diese reichliche Kleidung
nicht.' Für dich nemlich wird sie aus der Thorheit znm
Ruin werden. — Ganz recht, sagt Horaz; so ruinirte Eu-
trapelus so manchen blos dadurch, dasz er ihn zu reich-
licher Kleidung verführte. — Eutrapelus ein kluger Welt-
mann von überlegenem Humor und nicht zu engem G^
BPI8T. I; 18. CXCl
wiBMD, dem 68 mitunter Vergnügen machte, einem Narren
nt die Bahn zu helfen.
y. 46 AeioUs. Diese Lesart, nicht die andere, Aeoliis
nmgz ich mit Bentley für die richtige halten, auch gegen
Meineke. Natürlich schrieb Horaz nicht so, wie alte und
lach neuere Erklärer sagen, wegen Meleagers und der
Kalydonischen Jagd, was Meineke mit Recht pueril findet:
iber doch aus demselben Grunde weshalb die Ealydonische
Jagd eben selbst dorthin verlegt war, weil in Aetolieu viel
Jagd getrieben wurde und also auch wol Jagdgeräthe daher
bunen. Gegen Aeoliis ist für mich Bentleys Grund über-
lengend, dasz Horaz Rumänische Jagdnetze, welche zu ver-
stehen wären, nicht hier würde mit dem höherer oder affec-
iirter Poesie anstehenden Aeolius für Ctimanus gesagt haben,
sondern einfach Cumanis onerata plagis —
Hinter V. 36 findet man in meinem Texte vier Verse,
welche gewöhnlich hinter 72 (irrevocabile verbum) stehen
und nach der Ueberlieferung so lauten :
non ancüla tuum iecur ulceret alla puerve
intra marmoream venerandi limeii amici,
ne domlDus paeri palchri caraeve paellae
manere te parvo beet aat incommodus aogat.
Was die Stellung anbetriflTt, so \vird doch wol jeder zu-
geben, dasz sie dort zusammengehörende Dinge trennen.
Hier haben sie ihren guten Ort. Was aber die Sache be-
trifit, ist denn das Geschenk eines schönen Knaben, eines
sehönen Mädchens ein kleines Geschenk? 'Ja ehemals, da
wurden die Dichter belohnt, cum minimum vati munus
Alexis erat 'MLsirt.Wj 16, 12, als das Geschenk eines schönen
Sklaven (Alexander an den Vergil von Seiten Polios) für
den Dichter das kleinste Geschenk war.' Also: als ein so
bedeutendes Geschenk das kleinste war. Doch was brau-
chen wir dazu der Citate? Nun wollen wir einmal ver-
Boehen zu verstehen: damit er nicht mit diesem für ihn
kleinen Geschenk dich ein für allemal abspeise. Warum
CXCII EPIST. I, 18.
ist es denn für ihn ein kleines Geschenk, ein so kleines dan
er froh ist sich damit abzukaufen ? Und für einen Patronuii
der überhaupt knickerig ist, doch am wenigsten. Mir scheint
etwas ganz anderes nöthig zu sein, was ich hineingelegt
habe dadurch dasz ich geschrieben — ne dominus pueri put--
ehrt grataeve puellae viunere te coro beet aut incommodMM
angat. Plötzlich einen solchen Sklaven oder Sklavin als Eigen*
thum zu erhalten kann wol für einen eingeschränkten Cli-
enten eine äuszerst drückende, weil kostspielige Gabe sein:
damit er dich nicht durch diese Gabe, die dir theuer zn
stehen kommt, beglücke oder ungelegen, unbequem dich äng«
stige, indem er dich mit deiner Liebschaft verspottet , oder,
worauf wol angat noch mehr führt, dich ängstige mit der
Drohung: ich werde dir diesen Knaben, dieses Mädchen
wol noch schenken! Was der Client, indem er eine Lieb-
schaft mit dem Knaben oder dem Dienstmädchen des Hau-
ses anknüpfte, gar nicht gemeint hatte.
Die Verse 55—64 habe ich nicht umhin können einzu-
rücken. Wer sich mit ihnen befreunden kann rücke sie
wieder vor. Mir will das nicht gelingen. Mir scheint es,
die Aufforderung sich nicht von der Jagd des Patrons aus-
zuschlieszen sei von V. 40 an hinreichend und steigend
unterstützt und zuletzt (denique V. 54) mit der Erwähnung
der Kriegsdienste und der fast feierlichen Einführung des
siegreichen Augustus auf die Höhe gebracht. Da kommt
nun ein neuer Ansatz und Anfang : Ac ne te retrahas —
Und was bringt der dazu? Dasz man ihm würde sagen können :
du hast ja sonst Zeit zu Spielereien? oder du hast ja sonst
Lust zu Spielereien? Oder vielmehr doch: und du zeigest ja
noch immer Lust zu kriegerischen Beschäftigungen durch
diese Art kriegerisches Spiel, das du bisweilen treibst. Und
das noch alles immer und immer als Gründe, warum er
sich von der Jagd des Patrons nicht ausschlieszen soll?
Und, wie gesagt, der neue Ansatz fällt mir immer auf. —
Aber durch diese Verse scheinen andere Verse diese Stelle
verloren zu haben, welche ihnen gebührt, nemlich V. 89
oderunt hilarem — 92 tepores.
EPIST. I, 18. 19. CXCIII
V. 104. Unter allem Lehenswechsel halte doch immer
mr Philosophie und lerne was die Seele heruhigt. Und
fngst dn bei dieser Gelegenheit nach meiner Philosophie?
soll ieh dir sagen was das Resultat meiner Philosophie
i«^ in welchem Gedanken, in welchem Gebet sie sich con-
eenfrirt, so oft ich in die Ruhe meines Gütchens zurück-
gekehrt mir meiner und des Meinen concentrirt bewuszt
werde?
Epist I, 19 Prisco si credis —
Pfisro si creil/sj Maecenns docte^ Crathio, ( mdhplaceredhi
■«r rwere carmina possunt, | qftae scribuntur aquae potoribus,
vt wuäe sanos \ adscHpsit JJher Sati/ris Faunisqur poetas^ \
rmafere dulces ohionint maiw Camenae. Ist das erklärbar?
Wie paszt es denn hieher dasz die Dichter als male sam
bezeichnet werden? Das soll doch also wol heiszen als
'begeisterte* mit einem Spitznamen ausgedrückt. Aus wessen
Munde oder Sinne der Spitzname? Und die doch gleich-
artig zu denkenden Faunen oder Satyrn, wer wird denn als
ibren Charakter denken und als ihr Epitheton sagen dasz
sie male sani seien? die im Gegenteil, wenn sie nicht eben
tranken sind, sehr gescheit Bind. Dann fenier also: seitdem
über die Dichter als Leute die nicht recht bei gesundem
Verstände sind unter sein Gefolge aufgenommen, seitdem
tranken sie vom frühen Morgen an. Seitdem? Haben sie
es also da erst sich angewöhnt? Man kommt wirklich
Bicht hindurch zu einer ernstlichen Erklärung. Umgekehrt
ioch kommt das Natürliche in die Sache; als durstige Leute
bat Liber sie unter sein Gefolge aufgenommen und ihre
Berechtigung anerkannt. Der Rinn scheint zu erfordern dasz
alle die Instanzen vom Liber an bis auf Horatius aufgezählt
werden aus dem Munde der Cratinusanhänger, mit denen
diese ihre Trinkseligkeit als zur Natur der Poeten gehörig
rechtfertigen. Ich habe geschrieben: uf male siccos ad-
ftripsit Über Saff/rü Faunhque poetas: vina lyrae dulces
«kerunt mane Camenae: laudibns argvitur vini vinosus Homertis,
L^hn, Hontiof . ^
CXCIV EPI8T. I, 19. 20.
Dasz die lyrischen Dichter {lyrae Camenae), die Sänger des
Weins, Stets tnmken waren — Anacreon, Alcäus — das ist
eine bekannte Instanz, an die man nur zu erinnern braucht
Das braucht man gar nicht erst zu argumentiren wie für
den Epiker Homer. —
V. 10. Die Ueberlieferung von edixit in hoc simul edfxi
non cessavere poetae — scheint darauf zu führen dasz Horatius
geschrieben: cdixi et —
V. 15. 16 scheinen verständlich, obgleich die Nachrichten
dOrftigsind und wer der larbita sei unbekannt. Die dem Tima-
genes nacheifernde Zunge machte dasz der larbita. platzte, nem-
lieh wie jener Frosdi in der Fabel, und nur mit Beziehung
auf diese Fabel ist das impit gesagt. Timagenes war *rfi^
serttis komo et dieaXj a quo mutla improbe sed venuste dicta
Senec. Controv. X (34) p. 333 Burs. Indem nun jener lar-
bita der durch Uebcrtreibungen auffallenden Art zu reden
und eben so seinen tibertreibenden Witzen (die wol auch
in seinen Reden angebracht wurden) nachtrachtete, ruinirt«
er sich, — nemlich in seiner bürgerlichen Stellung. Denn
ihm fehlte die geniale Ader, womit Timagenes sich trotz
dem zu erhalten wuszte, der selbst dadurch, dasz ihm August
sein Haus untersagte (ob dieses damals schon eingetreten
als Horaz dies schrieb wissen wir nicht) keinen Schaden
litt. Er lebte bei Asinius Polio wohl behalten. — Wir
werden doch nicht den dummen Horazscholiasten irgend
ein Gewicht beilegen, — wir sind leider hierin noch immer
zu schwach, — weil sie sich aus dem rupit eine Geschichte
machten von einem Bruch, den er sich zuzog.
V. 30 hunc ego non alio dictum prius ore Latinus (oder
Latim's) v>olgavi fidicen. Ich habe geschrieben was ver-
nünftig schien (dn und ore Lathw,
Epist. I, 20 Vertumnum lanumque —
In dieser liebenswürdigsten aller Episteln habe ich ir-
gend einen Vermisz niemals empfunden. Meineke hat zweierlei
EPIST. I, 20. II, 1. CXCV
Anstosz genommen. Zuerst yermiszt er etwas hinter Y. 18.
Ich kann dieses durchaus nicht zugeben. 'Du wirst zuletzt
noch den Schulmeister zu machen haben, und wird dich in
dieser einförmigen und abmüdenden Beschäftigung das
stammelnde Alter überkommen. Da vergisz nicht, wenn,
wie es zu geschehen pflegt, in den Stunden oder Zeiten, wo
die Sonne nicht zu heisz brennt, der Kreis der nach dem
Lehrer und nach den Fortschritten der Ihrigen sehenden
Väter und Verwandten in der Schule etwas grr)8zer ist,
gerade dann etwas v«n Leben des Autors anzubringen*
(Die Verwandten werden auch von den Vätern aus Eitel-
keit mitgebracht.) Am allerwenigsten aber kann ich mir
das soübus aptum rauben lassen. Dasz Horaz *fUr Sonnen
scheine gemacht ist' das steht bei mir in seinem Bilde
ädg einer der wesentlichsten Züge. Er hat ihn ja oft genug
ausdrflcklich und unausdrücklich zu erkennen gegeben.
Sein behagliches Frtihlingsgeftihl. sein sich ziehen nach der
Winne bei der kalten oder fröstelnden Jahreszeit ! Ja wohl !
er war recht gemacht für die Sonnenscheine. Vielleicht
Teretehen diejenigen das etwas besser und eindringlicher,
welche gerade die Natur in diesem Punkte eben so orga-
nisirt hat. Aber es kann's doch auch ein jeder verstehen,
und an aptus was kann denn daran für ein Anstosz sein?
Ea ist ja gar kein anderes aptus als jenes aus dem gleich-
falls kurzen, aber wie das unsere zu den schönsten Blüthen
der Römischen Poesie gehörenden Gedichte des Ovid. Am. I,
5, 20: forma papillarum quam fuit apta premi 'recht ge-
macht dazu.'
Epist U, 1 Ciun tot sustineas -
V. 66 : si quaedam nimis antiquc, si pleraque dure dicorc
müt eos und in einigen cedit. Mir scheint es der Sache
angemessen, wanim wird man sich selbst sagen, statt des
"ZU schreiben quij und mit credit.
V. 94 et in vitium fortuna labier aequa und 101 quod
fupide petiit mature pleno reliquit. 'Wie kann Horaz hier,
N2
CXCVI EPI8T. II, l.
WO er Griechenland in der Beweglichkeit, mit der es, ein-
mal zum Glück des Friedens gelangt, eine friedliche Kunst
nach der andern ergriflf und nicht immer nur das Alte
lobte, wo er Griechenland hierin den Römeni zum Muster
aufstellt, das mit dem schnellen Ueberdrusz eines Kindes
an seinen Spielen vergleichen: quod cupide petiit mature
pleno reliqu/L Wenigstens dieser Vers ist ganz 'gewis un-
erträglich: wie aber auch ganz gewis schon das Wort
Vitium in V. 94 ist, das auch schon gar nicht mit dem dabei
stehenden foriuna aequa sich verträgt. Es kann von Horaz
nicht ein tadelndes Wort wie ritiiim, nur ein Wort etwa im
Sinne von itisum ausgegangen sein/ Aristarch 2. Ausg. S.
437 (vorher im Rhein. Mus.), hnurn geradezu vorschlagen
wollte ich nicht wegen des wiederkehrenden fuderet in V.
99. Indessen kann ich mich gerade auch damit sehr aussöhnen
— 'dasz sein /iisnx so herauskam in Hinsicht seiner naiven
Beweglichkeit wie — '. Ich habe also hsitm jetzt geschrie-
ben. Dieser lusus schien einem auovaog ein vitium ^ der
dies wider den Sinn und Zusammenhang beischrieb. —
Ein anderer Vorschlag wäre m vequiem fortuna labier aequa.
Ich sehe nicht ein warum nicht in requiem labi so gut wie
/// quietem labi auch sollte richtig gesagt werden können:
als es anfing nach den Anstrengungen des Kriegs in den
Zustand des Abruhens, der Erholung zu gleiten (naturge-
mäsz), dies aber geschah unter Begünstigung des Glücks;
da sonst solche Zustände des Ausruhens nach Aufhören an-
gestrengten Kraftaufwandes gefährlich werden und zu reiner
Erschlaffung führen können. (Beiläufig: eine Stelle wie
nox erat Ilumanumque tjeuus requios divumque tenebat Homer.
Lat. HG sollte mau in den lateinischen Wörterbüchern nicht
vermissen.) — Der nächste Vers quid placot auf odio est
quod non mutabile credas ist natürlich hier unerträglich.
Haupt hat ihn nach 108 gesetzt.
V. 104 ff. ^Schön sind die frühen Morgenstunden des
bejahrten römischen Hausvaters bei Ilor. Epist.U, 1, 103 ge-
schildert. Er bringt sein Hausbuch in Ordnung icautos —
nummos), er verhandelt mit den altern Freunden, die zu
EPIST. U, I. 2. CXCVII
ihm kommen imaiores audire) und crtheilt jungem Ratli-
schläge für ihr Hauswesen und ihren Lebenswandel (minori
dicere per quae res posset crescere, minui damnosa libido)
und abhängigen Leuten Rechtsbelehrung {clienti promere iura
Tgl. I, 5, 31 undDionys. 2, lOj. Man hat sich die Gegenstände
dieser Audienzen keineswegs als vorzugsweise juristisch zu
denken ad guos, sagt Cicero Or, 3, 33 von dem Verfahren, in
solio sedentes dornt sie adibantur^ non solum ut de iure civiii ad
eos, verum etiam de ßlia co/iocanda, de fundo emendo^ de
agro colendo^ de omni denique aut officio aut negotio re-
ferretur! Mommsen, Rumische Clientel. Forschungen I, 373.
V. 164 temptavit quoque rem, si digne vertere posset.
Das rem ist doch wol wunderlich. Ich habe iam ge-
sckieben.
V. \T^ .Quanlus sit Dossennus edacibus in />a/*a^/Vw kann doch
wol nur heiszen : wie grosz Dossennus sei in der Schilderung
der Parasiten. (Wäre er ein Schauspieler, so hiesze es 'in der Dar-
stellung'.) Also gehurt der Vers, wenn man ihn nicht für einen
anders woher stammenden und beigeschriebenen halten will,
dahin, sollte man meinen, wo von dem Loben der alten
Dichter die Rede ist. Das war oben der Fall, und ich
habe versucht ihm dort eine Stelle anzuweisen hinter V. 56,
wie mir scheint eine ganz gute. Allerdings liegt darin das
stillschweigende Bekenntnis, dasz mir die Beweise von der
Niehtexistehz eines früher angenommenen alten Komödien-
dichterg (Togatendichters) nicht überzeugend geworden.
Und allerdings der Horazischc Vers selbst scheint mir immer
wieder darauf führen zu müssen.
Epißt II, 2 Flore, bono claroque —
V. 7 Litterulis Graecis imbutus. Bei den Herausgebern
wird erklärt: 'versteht ein bischen Griechisch,' aber es wird
das 'ein bischen auch mit in dem Deminutivum gesucht,
was ganz undenkbar. Der Verkäufer spricht im Sinne der
Zärtlichkeit für die griechischen Wissenschaften, von denen
der angepriesene Sklav etwas versteht. Jenes ist ein Aus-
CXCVIII EPIST. II, 2.
flusz davon, dasz man immer noch zu geneigt ist das 'Kleine?
bei der Erklärung der Deminutive voranzustellen. Einen
entgegengesetzten, fruchtbarem Weg hat eingeschlagen und
verfolgt Gustav Müller de limiuae Latinae deminutivis 1S65,
Wozu so eben noch gekommen desselben Abhandlung über
die Deutschen Deminutiva, Programm, Lissa 1869.
V. 8. Man darf sich wol wundem, dasz von den beiden
tiberlieferten Lesarten imitaberis und mitabitur die erste
sich hat bis in die neuesten Zeiten die Gunst der Heraus-
geber überwiegend gegen die andere erhalten können. Es
scheint dazu mitgewirkt zu haben dasz eine Neigung vor-
handen ist sich - man erlaube mir — verblüffen zu lassen,
wenn man 'Blandinii' sieht, die imitabei^is haben. Dazu ist
bei aller Anerkennung einiger sehr merkwürdigen Lesarten,
die wir ihm verdanken, doch kein Grund vorhanden. Jeden-
falls hat Horaz hier gewis nicht imUabens geschrieben.
Ich sehe dasz verstanden wird: 'wie aus weichem Thon
wirst du alles aus ihm machen können . Da wäre auch
das imitaberis gerade sonderbar gewählt: *^du wirst wie
in weichem Thon was du willst in ihm nachbilden.'
Dasz dieses wenn auch nicht unmöglich aber doch sonder-
bar ausgedrückt wäre wird man doch nicht läugnen wollen.
Sodann bei dieser Erkhtrung müszte der folgende Vers
herausgeworfen werden. Denn nachdem gesagt worden:
*er ist zu jeder Kunst beanlagt, du wirst alles aus ihm
machen können , würde der natürliche logische Fortgang sein:
'ja sogar zu einem geschulten — doctnni — Sänger wirst
du ihn bilden können,' nicht aber: *ja sogar er wiu'd dir
beim Wein ungeschult doch angenehm singen oder singen
können.' Das gibt nur Quälerei. Ich würde imitaberis
nur verstehen können: du wirst durch ihn was dir beliebt
in Thon bilden d. h. durch ihn können bilden, darstellen
lassen. Aber auch da müszte man fragen: welcher böse
Dämon des schlechtesten Styls trieb den Horaz, hier plötz-
lich ein kleines Sätzchen mit anderem Subjecte dazwischen
zu werfen, während ihm das linitabitur zur Hand war ganz
YoUkommen dasselbe zu erreichen?
EPIST. II; 2. CIC
Aber freilich von diesem selben Dämon müszte er
vrakhaft besessen gewesen sein, wenn er V. 2 mit siqtns
teilt et teeum sie agat beginnend und eine lange Rede mit
yerachiedenen getrennten Perioden fortspinnend, dann V. 16
ohne jede Hülfe den Nachsatz zu jenem si mit des nummos
b^nne. Mir erscheint dieses abenteuerlich und keines-
weges mehr innerhalb der grata negligentia der BriefiForra.
leb habe hinter 15 einen Vers 15* hinzugefügt, durch den
wir der grata fiegligentia gerecht werden.
V. 44. Von den beiden überlieferten Lesarten rellern
und possem ist vellem allein möglich. Das posse curvo di-
gnoseere reetum ist das Höchste, und recht im Horazischen
Sinn das Höchste, wozu es einer bringen kann und kann
nimmermehr mit paullo plus artis bezeichnet werden. Das
liebe Athen that etwas mehr zu meiner Bildung (Horaz er-
zählt wie er, der ungebildete Bauemsohn, zur ars gekom-
men) hinzu: das nemlich dasz der Trieb in mir entstand
2ur Philosophie. Leider aber (und darum blieb es damals
nur paullo plus ai^tis) ward ich dann bald unterbrochen.
V. 70 ist die Ueberlieferung bekanntlich intermilla vides
humme commoda. Es ist mir eine grosze Wohlthat dasz
Meineke vor humane commoda sein Kreuz gesetzt und also
die Ueberzeugung zu erkennen gegeben, dasz auch er alles,
alles weitläufig zur Rechtfertigung Beigebrachte für unzu-
treffend hält, dasz humatie nicht mit Inut/.wg verglichen
werden kann, nicht mit probe, pulrhre, u. s. w. Ich
iiabe die einzige Conjectur, die keinen Fehler enthält
lind einen ganz schönen Sinn gibt; huud sanc commoda
(von Fröhlich, wie gesagt wird. Münclicncr Programm 1827)
aufgenommen [hausane]. Kibbeck hat geschrieben homini
uno. Wogegen sich das Ohr sträubt. Man sehe oben in
der Abhandlung über die Verschleifung die Verschleifungen
der langen Vocalc. Und merke wohl dasz nichts gefähr-
licher ist als die Verschleifung i u. Ja auch / u überhaupt.
Wie oben unter den überhaupt so wenigen und beschränk-
ten Beispielen kein lu aus Oden und Briefen sich zeigte,
ao ist auch in den Satiren nur o si urnom II, 6, 8 (Senkung).
CC EPIST. U, 2.
Albi ut male civat I, 3, 14. Und nach Einigen sant ui
II, 3, 246. Und was es damit auf sieh hat, wird man
erst recht inne werden, wenn man einmal sämmtliche
Beispiele aller Verschleifungen von lu aus dem ganzen
Ovid ansieht, wie ich sie von Viertel erhalte: Am,
II, 7, 26 nisi ut indicio, A. a. I, 52 tibi ut iuvenias. Pont.
I, 2, 3 nasci ut posses, III, 3, 27 niai ut haec, III, 5, 55
ubi huc (aber andere Lesart ut hucu Ileroid. IX, 10 tanti
ut tanius. 19, 24 nisi uti. 20, 3 nisi ut ipso. —
Mit lang / und u kann ich noch die Stellen aus einigen
Dichtem anführen, die ausLucrez von Völck: die ttbrigen
erhalte ich von Viertel. Die Betrachtungen darüber kann,
bei der kleinen Zahl der Stellen, jeder selbst machen.
Lacr. 1 1048 largiri, ut III 775 immortali ulla
II 520 mucroni utrimque S«»7 lacerari urive
547 iactari unius IV 435 labofactari undique
771 ticri ut 032 stomachi amidulum
915 vitali ut 740 tieri ut
III 431 sopiti ubi VI 97S toti ut. -
663 ardeuti ut
Bei Catull 11, 22. prati-ultimi im Hypermet^jr
14,8 8i ut 57,6 teneUi utrique
22,7 novi umbilici 6S,135 etsi uno (in der Senkung)
39,10 si urbanus 80,5 qui ut
Bei Vergil sind nur folgende Stellen:
Ecl. 7,27 si ultra (in der Senkung) Ae/i. V, 274 connixi umeris.
8,42 ut vidi, ut perii, ut me VI, 770 si unquam (in der
malus abstulit error. Senkung).
Bei Tibull und Properz ist keine derartige Ver-
schleifung.
Bei Persius und luvenal (s. Schultz) at si unctus Pers.
4, 33 iSenkungi: tanti unalxw, 6, 626. servi ut 9, 103.
V. 72 Fcstinat calidus mulis gcrulisque redemptor. Das
soll man nun wieder glauben und sich daran abquälen!
Glücklich freilich wer sagen kann: muiis geruHsque, abl,y
^cum muiis et baiulis'l Erhitzt durch Maulthier und Trä-
ger, was doch allein allenfalls möglich wäre, wäre es doch
eben nur allenfalls. Schmidt sagt : 'einst fiel ich auf atqui instat^
Ich war Ruf nempe instat gefallen. Dies habe ich aufgenommen.
EPIST. U, 2. CCl
V. 87. 88 sind überliefert
frater erat Romae consuUi rhetor, ut aller
alterius sermone meros audiret honores
Schon Heinsius und Bentley nahmen hieran den ge-
bührenden Anstosz. Und Meineke sagt: quid hoc est: Ro-
meoHm parjralrumjuit^ ut suminis se oUm laudibus ejferrentf
and ffihrt noch etwas weiter aus, dasz dies Unsinn ist. Seine
sehöne Ergänzung , um den angemessenen Sinn zu schaffen;
frater erat Romae comulti rhetor, uterque
alterius laudum sie admirator ut alter
alterius sermone meros audiret honores
habe ich natürlich aufgenommen. Bentleys Versuch tritt
dag^n ohne weiteres zurück.
V. 81 — 86. Nachdem Horaz plastisch genug den Lärm
in den Strassen Roms geschildert, dasz wol jeder schon hie-
dnrch von der Unmöglichkeit, dabei zu poetisiren, tiberzeugt
sein wird, nachdem er dann noch den allgemeiuen Zug der
Poeten nach Einsamkeit durch Erinnerung an ihr Aufsuchen
der Waldeinsamkeit vorgestellt , soll er noch die folgende
Schwerfälligkeit darauf gesetzt haben: 'Und alle Studien
bedürfen der groszten Einsamkeit und Stille. Denn selbst
wer sich in dem schon an sich einsamen Athen den
Studien widmet, bedarf so groszcr über den Büchern sich
abzehrender Zurückgezogenheit von den Menschen, dasz er,
um sein Ziel zu erreichen, sieben Jahre sich so einsclilieszen
nrnsz und dann als halb Blödsinniger herauskommt.' Dies
musz doch mit dem, was wir in diesen Zeilen lesen, ge-
meint sein. Abgerechnet, dasz dies für die Poesie nichts
beweist, ilie andern Charakters sein könnte, wie verkehrt
ist es ausgedrückt! Die sieben Jahre, das insenescere libris
et euris gehörte logisch zu dem Vordersatz.
V. 89. Gracchus ut hie illiy foret huic ut Mucius ille.
Die allgemeine Lesart sämmtlicher Handschriften — ni(*lit
das uninteressanteste Beispiel der Art — forel hie ut Mu-
cius Uli haben doch wirklich, scheint es, selbst die conser-
Tativsten Herausgeber aus ihren Texten zurückgezogen. Ich
glaube recht gethan zu haben, dasz ich auch das überein-
CCII EPIST. II, 2.
gtimmeud überlieferte Gracchus gegen Bentleys Crassus ver-
tauscht habe. Seine voi-treflFliche Anmerkung weist über-
zeugend die hohe Wahrscheinlichkeit nach, dasz Horaz
vielmehr den Crassus mit dem Mucius verband. Dasz hie-
gegen die Uebereinstimnuing aller Handschriften in Gracchus
auch nur das kleinste Gewicht auf die Wagschale lege musz
ich bestreiten. Ich kann dergleichen nur für eine theoretische
Fiction halten. Wende ich mich in die Praxis, so gehört
für mich — abgerechnet wie leicht Gracchus für Crassus
irgendeinmal sich einschleichen und nach so häufiger Er-
fahrung in alle unsere Exemplare sich fortpflanzen konnte
— so gehört, sage ich, für mich ein Fall wie dieser zu
denjenigen, in welclien vielleicht von Anfang an gleich die
ersten Exemplare, die für die Oeflfentlichkeit abgeschrieben
waren, einen solchen Fehler brachten, der nachher nie corri-
girt wurde. Ein Druckfehler in den ersten veröffentlichten
Ausgaben. Und dasz Iloraz diese mit besonderer Aufmerk-
samkeit emcndirt hätte, ist gar nicht zu beweisen; er möchte
vielmehr sich so indolent dagegen verhalten haben als
Schiller und Goethe. Dasz die alten Autoren auch nicht
alle Kalligraphen waren versteht sich von selbst; und Rib-
beck hat neulich zum Vergil Gelegenheit gefunden daran zu
erinnern. Wie sehr das Publikum über solche Dinge, wenn
sie einmal in den Texten stehen, wegliest, nicht nur wo ein
Schein den Sinn täuscht, sondern auch bei vollem Unsinn,
auch dafür sind die Belege aus der Geschichte der Schiller-
schen und Goetheschen Texte jetzt hinreichend bekannt.
V. 112 et sine puudcre (vgl. Ars v. 320) erunt et ho-
nore indiijna fereiitur (Horkel emendirt frueiitur). Dasz die-
ser Vers den Verdacht erregt unecht zu sein, ist wol klar.
V. 114 et rersentur atlhuc Intra penctralta I>A7öe bleibt
noch einer befriedigenden Erklärung bedürftig.
V. WSW uempe modo isto, wie die Ueberlieferung ist, ist
bekanntlich von Lachmann zu /w/r/W. pg. 107 nachgewiesen
als unverträglich mit dem prosodischen Gebrauch des Horaz,
bei welchem ein jambisches Wort mit hochtoniger Sylbe
nicht verschlitTen wird. Aber vioih sto hat sich keinen Bei-
EPIST. U, 2. CCIU
&1I erwerben können. Irgend eine Hülfe aber musz doch
gesueht werden. Ich habe geschrieben: nempe modo usus
mit specieller Rttckbeziehung auf Y. 159: indem du nur den
Gebrauch davon gemacht kaufst du ihn allmählich. — Wo-
gegen wol nichts einzuwenden. Denken könnte man auch
an perge modo uti,
V. 170 sed vocat usque suum qua populus adsita certis
limitibus vicina refutpt iurgia. Dies die fast allgemein über-
lieferte Lesart. Horazherausgeber haben nichts dagegen,
dasz refngere auch einmal 'abwehren heiszt: warum sollte
nicht sol auch einmal der Mond heiszen? Und wenn das
nicht, wenigstens soll refugit gnomischer Aorist sein. Horkel
kt sie erinnert, dasz bei einem solchen aogiarcog noch aller-
hand in Frage kommt, Anal, Hör, 134. Ich glaube er hätte noch
entschiedener aussprechen können, dasz liier gar kein Fall
Torliegt, wo der gnomische Aorist anwendbar wäre, dessen
Bedeutung ist, dasz etwas unter gegebenen Umständen jedes-
mal so eintritt. Bentley erklärt sehr schöu was der Latinität
angemessen die Stelle mit refugit allein heiszen könnte.
'Quorsum autem refugit tempore praeterito? id sie intellige
tmquam ea olim caussa manu sata esset populus, ut lilem de
Jmbus inter vicinos ortam (besser wol iurgia a vicinis orta)
tedaret. Refugit autem morale accipies quasi dominus fugi-
tans litium cederet finihus vicino, ut vel periculum litis vel
impendia vitaret.^ d. h. also: er nennt alles sein bis an die
Stelle wo die einst den berichtigten und festgestellten
Grenzen angesäte Pappel wie ein friedlicher Grenzwart und
Warner hingetreten den Zänkereien des Nachbars aus>Wch,
d. h. ein für allemal zu erkennen gab dasz sie mit Zänke-
reien nichts zu thun haben möge. Auch das ist ein Aorist us,
aber ein anderer, kein gnomischer. Und Sache und Ausdruck
ist sehr schön und poetisch : vielleicht wird man meinen zu
poetisch für die Stelle: worüber sich zweifeln liesze. Ich
habe einen andern Grund es nicht für das Echte zu halten :
nemlich dasz es nicht den Gedanken ausdrückt, der für die
Stelle der passende scheint. Was sagt der Besitzer des
Ackers, der sein Eigenthum daran betont? Dieser Acker
CCIV ^ EP18T. U, 2.
gehört mir bis wo die Pappel die sichere Grenze bezeichnet,
die mir Niemand beanspruchen und nehmen kann: 'wo die
den berichtigten und festgestellten Grenzen angesäte Pappel
die querulirenden Ansprüche ( — Querelen nemlich können
es immer nur sein: das bezeugt die Pappel — ) zu nichte
macht: reßyit: w^as Bentley, obgleich es geringere Autorität
hat, vorzog und in den Text nahm. — Heiszt das aber re-
Jigit? Er sagt: 'Refiyere idem hie quod resolvere: ut Noster
Senn, II ^ 3, v, KPi nil (ujit exemplum litem quod Ute resolvU!
Dem Sinne nach dasselbe, ob der Metapher nach bleibe
dahingestellt. Was hat sich aber Bentley wol bei refgit
Utes gedacht? An blosze Uebertragung von leges reßgere
scheint er nicht gedacht zu haben: wol mit Recht: sondern
ich meine: eine aufgehängte Tafel, auf welcher der ange-
meldete Procesz und der Termin aufgeschrieben ist und die
augenblicklich wie es zur Untersuchung des Richters kommt
abgenommen wird, weil die Klage sich gleich als unzulässig
erweist. ^Reßgit iurgiUy quae quovis tempore inter vicinos
de cotistUuendis ßnibus exercUari possinC (besser a vicinis —
exercitari), Horkels reßngit, welches Meineke aufgenommen,
ist wol ein recht schöner Einfall : vielleicht sagt es aber etwas
zu wenig: 'es setzt ihnen einen Damm entgegen, bricht ihre
Macht.' Ich mochte reßyil noch nicht entfernen. — Ribbeck
schlägt noch vor rofutut, — Etwas schöner als reßgit wäre
noch reßxit: 'bei ihrer Anpflanzung ein für allemal besei-
tigt hat.'
V. 180 — 183. Was diese Verse hier sollv {gemmas bis
habere) verstehe ich nicht und musz sie für ungehörig halten.
Das Folgende : warum überhaupt die Menschen so verschieden
zum Besitze stehen, dasz selbst von zwei Brüdern der eine
nicht für alle Reichthümer ein müsziges Schlaraffenleben
hingeben möchte, der andere nie reich genug sein kann und
für immer gröszern Reichthum sich abarbeitet, weisz ^der
Genius. Ich werde in diesem Punkte mich so verhalten
.... Dies ich vermisse ich. Ich habe es eingesetzt durch
ein ego, welches ich V. 182 zwischen toUam und nee ein-
geschoben.
EPIST. n, 2. CCY
V. 199 pauperies — Ein Einblick in die Angtibe der
Lesarten lehrt; dasz sie zurückgehen auf einen Vers, in dem
ein Wort ausgefallen war, nemlich pauperies immvnda pro-
cvl abrit: ego utntm , dasz dieser Ausfall nachher ergänzt
wurde durch ein an den Band geschriebenes oder fiberge-
sehriebenes dummes domus, welches dann theils wohin e^
sollte vor proeul, theils falsch nach procul geschrieben ward.
Ein Codex bietet eine Ergänzung durch ein zweites pronil:
pauperies immunda proeul proeul ahsit: unerträglich unpassend
für die Stelle: wie schon mehrere geurtheilt, auch Meineke,
der die Lücke in seinem Texte unausgefüllt liesz und schrieb
pauperies immunda . . . proeul ahsit. Bentley hat freilich
proeul proeul in seinen Text genommen. Doch setzt er
liinzu: poteris etinm sie re fingere: pauperies immunda proeul,
frccor, ahsit: Und dies ist so trefflich und pa«»send, da«z
man keinen Augenblick hätte Anstand nehmen sollen es ein-
2ti3etzen.
V. 205. Horaz hat sich selbst vemiahnt und verhört von
V. 145 an meeum loquor haee taeitusque reeordor. Zuerst
Über seine Stellung zum Gel de. Von dem Vonvurf in dieser
Hinsicht absolvirt er sich hier und entläszt sich: non es
ararus: ahi. Andere Pmikte mit ähnlicher Ausführlichkeit zu
keliandeln ist er nicht in der Laune oder in dem Flei«ze.
Auch ist der Brief für einen Brief allerdings lang genug
fewordeu. Er geht also eine Reilie anderer Punkte, von
denen man sich auch zu befreien die Pflicht hat, in den
fragenden Versen ganz kurz durch. Dies ist nun ganz gut
und verständlich bis 2 1 3. Aber von da an rirere si reete —
«nd die vier noch übrigen Verse sch^vierig. Wovon die
Hauptschuld eben dieser Vers rirere si reeie neseis deeedp
peritis trägt. Stände doch nur da: 'wenn du nicht nach
den Regeln der Vernunft, der Philosophie zu leben verstehst,
80 wende dich an diejenigen, die es verstehen, d. h. lerne
es durch eifriges und fortgesetztes Studium der Philosophen.
Und es ist Zeit. Ludiera getrieben — Poesie und sonstige
Lebensfreuden hast du genug. Es ist in deinem Alter über-
haupt dazu nicht mehr die passende Zeit. Damit nicht es
CCVI EPIST. U, 2.
dir ergehe, wie einem Alten, der sich seiner Jahre verges-
send beim Gastmahl abemimmt und von der Jugend ge-
höhnt wird/
Der hier vorausgesetzte Zwischen^edanke : ^und es ist
Zeit' fehlt gar gut dem bezeichneten knappen Gange des
ganzen Schlusses. Aber nun steht nicht da: Svenn du nicht
richtig zu leben verstehst, wende dich an die, welche es
verstehen,' sondern 'tritt ihnen den Platz ab'. Ich finde bei
Schmidt dies alles eingesehen und erklärt: devede wie man
einer hohen Person, einem Consul, aus dem Wege tritt.
Das wäre also: huldige denen, die es verstehen, bezeige
ihnen deine Achtung, Aber das ist nicht der Begriff^ den
wir brauchen, so salop spricht Horaz nicht. Wir können
nicht das (hcede brauchen. Ein uccedas ad wäre was wir
brauchten. Auch concede wäre, nicht das Rechte.
Es wird also wol das Gerathenste sein das vivere si
recte nescis decede peritis fftr eine beigeschriebene, und zwar
insipide Sentenz zu nehmen und nach Entfernung dieses
Verses zu verstehen: Thust du das und das? Und — denn
was hilfts V(m vielen Dornen eine zu entfernen — gethan
musz es werden. Die Zeit der Itidicra ist ja jedenfalls für
dich vorüber. Das letzte gleich mk dem genau auch für
das eigentlich gemeinte treft'enden lushti eingeführt und
gleich hinübergeführt in den Vergleich des bei dem Gelage
seine Zeit vergessenden Alten.
Einige Herausgeber lassen wirklich mit dem vivere si
rede fiescis devede peritis den Horaz sich die Vorschrift geben:
wenn du nicht nach den Gesetzen der Vernunft zu leben
verstellst, so nimm dir das Leben. Für den Horaz, wäh-
rend er sich deutlich selbst anspricht, sehr komisch. Selbst
aber für den strengen Stoiker wäre doch die Regel diese: nimm
dir das Leben, wenn du angemessen leben nicht kannst,
wenn Umstände, wenn äuszerer Zwang dir die Freiheit der
Tugendübung nehmen, 'si ulfimae necessitates inciderunf
Sen. Ep, 17, 9. Ueberhaupt es wäre nicht absurd, von dem
der sich unfähig zeigt den Forderungen der Tugend zu ent-
sprechen, von dem also als Heilmittel die schwerste zu
DE ARTE POETICA. CCVII
TerJangen? von der Seneca erst den Beweis zu führen für
nöthig hält, es sei nicht richtig zu glauben, sie könne nur
von Cato geübt werden, Ep. 70, 19.
Liber de arte poetica. (Epistiilarum liber 111.)
Art und Gang des Gedichts.
Die lose epistolische Manier, welche sich Horaz in dem
«pätem Stadium seiner Schriftstellerei bequem und ange-
messen fand, wie ich darüber meine Anschauuugen zum
ertten Briefe ausgesprochen, befolgte er in dieser Ars poetica
noch mit besondemi Bewusztsein. Denn bei diesen Vor-
gehriften, welche einem fest zu haltenden wissenschaftlichen
^ Thema galten, welche schon durch ihren Umfang, wenn
auch nur das Nothwendigste vorschwebte, den epistolischen
Charakter etwas ändern muszten (denn es gilt aucli von
Kunstformen was ich von Physikern hurte: die Quantität
ändert die Qualität) suchte er nichts mehr zu vermeiden
als den Schein eines Gebäudes, eines Lehrgebäudes. Locker
gefügte Vorschriften sollten es bleiben: ausführlicher zu Be-
rührendes lieber getrennt erscheinen lassend, hier und da
wieder auftaucliend, ala in ein zusammenhängendes * Kapitel'
zusammengefaszt. Die einzelnen Vorschriften, in guomen-
ähnlicher Selbständigkeit hingestellt, je nachdem sie sich
ansprechender behandeln lieszen mit mclir oder weniger
Ausdehnung: ge>vissermaszen kleine Eidyllicn für sich.
Keine Partikeln vermitteln die Uebergängc. Ein loser ge-
heimer, psychologischer Faden ist wol vorhanden. Aber er
>rill nicht gezerrt sein: sonst reiszt er. Mir, indem ich sei-
ner Windung leise und ohne Gewaltsamkeit nachging, ent-
schwand er nur an zwei Stellen. Diese will ich hier so-
gleich bezeichnen. Bei V. 136 nee sie incipics ut svriplor
cyrlicus olim: und so habe ich diese Verse bis \b2primone
metlium^ medio ne discropet imum hier fortgenommen und
hinter V. 37 gestellt, wo sie vorti-eflflich hinpassen. Und
zweitens bei V. 332 aut prodosse volunl aut delectare poetae
bis 346 hie meret aera liber Sosiis, hie et mure transit et
CCVin DE ARTE POETICA.
Ion ff um noto scnptori prorotjat arvum. Ich habe ihnen ihren
passenden Platz hinter V. 308 angewiesen.
Die Ars poetica enthält theils Vorschriften über Poesie
überhaupt , theils über dramatische Poesie insbesondere.
Aber auch in den allgemeinen Vorschriften über Poesie ist
eine Neigung, die Beispiele aus dem Drama vorzugsweise
zu wählen. Z. B. wenn in der Signatur verschiedener in
der griechischen Poesie herkömmlichen Heroen-Charaktere
(V. 120) die Beispiele vorzugsweise aus der griechischen
Tragödie sind, während die Schilderung eben so wohl gel-
ten soll, wxnn jemand sie z. B. zum Gegenstande des Epos
macht. Aber freilich hatte das Griechische Epos so hervor-
stechend und glänzend ausgebildete Charaktere nicht aufzu-
weisen, mit Ausnahme des Homerischen, dessen Achilles
auch hier gleich an die Spitze gestellt ist.
Ferner spaltete sich ihm sein Thema \^ieder in so fem
als er theils objective Vorschriften über Forderungen der
Poesie zu geben hatte, theils Vorschriften, Mahnungen, War-
nungen, und, wenn^s trifft, — Hiebe für das dichtende Sub-
ject mit besonderer Rücksicht auf die Römischen Leute.
Diese letzte Partie nun, wiewol am Schlüsse ihre besondere
Stätte findend, durchzieht doch das Ganze hier und dort.
Im groszen ist der specifisch dramatische Theil, welcher mit
V. 153 beginnt, eingeschlossen von dem allgemeinen Theil
und dem subjectiven Theil.
Die erste aller Forderungen wie an ein jedes Kunst-
werk so an ein poetisches: es nmsz ein einiges und ein
Ganzes sein 1 — 24. Wenn dagegen durch Auswüchse, durch
aufdringliche Hervorhebung gar nicht hingehöriger oder
untergeordneter Partien so häufig gefehlt wird, was ist der
Grund dieses Fehlers? Der Grund dieses Fehlers wird
kunstvoll so ausgedrückt, dasz zugleich eine zweite häufige
Schwachheit der Schriftstellerei berührt wird, die Uebertrei-
bung in einer ganz berechtigten Richtung, welche Ueber-
treibung zum Fehler führt. So auch führt die Uebertreibung
DE AKTE POETICA. CCIX
itt dem an und für sich berechtigten Streben nach Abwechs-
lung (Scheu vor der Einförmigkeit' zu dem genannten Fehler
des Mangels an Einheit durch Anbringung ungehöriger Epi-
soden. 24 — 32. Allein das gerade unterscheidet den Künst-
ler vom geschickten Handwerker, der einzelne Theile treflf-
Uch zu bilden verstellt, aber ein Ganzes herzustellen nimmer.
32—37. Für den Anfang deines poetischen Kunstwerks
wirst du dich in Acht nehmen, nicht in gespreiztem Ton
zu beginnen, wo du dann (was sogar lächerlich herauskom-
men kann) weder die erregten Erwartungen noch den hohen
Ton wirst halten können. Sieh wie klug und musterhaft
es auch hierin Homer macht : der klein anfängt und dann
allmählich jene bekannte Menge wunderbarer Geschichten
auftauchen läszt , und bei dieser groszen Mannichfaltigkeit
zugleich das herrlichste Muster wird für die Forderung von
der wir ausgingen, das Störende auszulassen und abzuweh-
ren und ein Ganzes zu schaffen, prhnum ne viedio, medium
ne discrepet imo. V. 136 — 153 nach der gewöhnlichen
Stellung: doch hierher gehörend, s. S. CCVH.
Bei 80 schwieriger Aufgabe sehe jeder, dasz er sich ein
Thema wähle, dem seine Kräfte gewachsen sind. Dann
werden sich ihm zunächst zwei elementare Forderungen be-
friedigen, der Ausdruck (wie man zu sprechen hat) und
durchsichtige Anordnung. 37 — 42. Die Ordnung — über die
sich im allgemeinen nicht viel sagen läszt — besteht in
weiser und vorsichtiger Aussparung. 42—45. Diese vorsich-
tige Enthaltsamkeit ist auch für den Ausdruck eine Haupt -
regel. Man hat nicht immer gleich auf neue Worte auszu-
geben : vielmehr die bekannten Worte mache man gleich-
sam neu durch geistreiche Verbindung. Allein das Recht
neue Worte zu bilden wo es nöthig ist um neue Begriffe
auszudrtlcken lasse man sich ja nicht nehmen. Und sie
werden sich Eingang verschaffen, wenn bei ihrer Bildung
gewisse Regeln befolgt sind. — Ton und Ausführlichkeit dieser
Partie weist dahin dasz Polemik gegen eine gewisse Partei
geführt wird. — Aber stets hat der Sprachgebrauch in sei-
nem Bestände Wechsel erfahren und er ist eben so wenig
Lehxs, Uoratiofl. 0
CCX DE ARTE POETICA.
beettadig als irgend ein menschliches Werk. 45 — 73. Sehr
natürlich schlieszt sich an den Ausdruck das Versmasz. Für
jede Gattung der Poesie ist vom Ursprung her ihr geeig-
netes Versmasz bestimmt.*) Nach welchem sich auch (V. 86)
der Ton zu individualisiren hat. Und das ist so wesentlich,
dasz, wer das nicht kann, oder nicht lernen will, den Namen
eines Dichters ganz mit Unrecht führt. 73—92. Z. B. der
tragische und komische Ton wie verschieden. Freilich auch
er wieder zu individualisiren bis auf einen gewissen Grad,
nach den Stimmungen. Da wird leidenschaftliche Erhebung
nöthig in der Komödie; Herabstimmung zum Rührenden
in der Tragödie. 92 — 99. Denn kommt mir einer in ge-
demüthigter Situation mit dem groszen tragischen Pathos,
so wird er seinen Zweck zu rühren nicht erreichen. Und
doch ist auch das eine aufzustellende Forderung der Poesie,
♦) Dies — denn es wird auch miszverstanden — ist der allgemeine Ge-
danke, den Horaz nicht allgemein, sondern wie er oft thut dorch lebendige
Einzelheiten ausspricht. In welchem Versmasz die hohen epischen Thaten
zu schreiben seien hat Homer gewiesen. Das elegische Versmasz -nahm sich
erst Klage, dann Freude zum Gegenstande : wer es zuerst gewiesen, kann
ich nicht sagen, denn darüber sind die Gelehrten nicht einig. Den Ar-
chilochus machte der Zorn, als er nach einer Waffe sachte, zum Er-
finder des ihm eigenthttmlichen lambus. Ich glaube proprio ist prä-
gnant: ihm eigcnthümlich angehörend, sowol weil ihn bisher niemand be-
sasz als weil sein Jambischer Vers ein eigenthümlicher war. Den lam-
bus (wenn auch nicht in der Archilochischen Eigenthümlichkeit des
Baues) nahmen nachher auch Tragödie uud Komödie an, weil er sich
auch als den geeigneten Vers für Dialog und Action erwies. Den meli-
schen Rhythmen hat es die Muse verliehen zu ihrem Gegenstande zu haben
dies und dies - . Das alles ist so gleichförmig, doch dabei vonMannich*
faltigkeit und lebendigen Zügen so umspielt, so volls&ndig und so lücken-
haft, so redend und so andeutend, als zugleich dem Zwecke, der einen
allgemeinen Gedanken durch Exemplification auszusprechen hatte, und
der Grazie genügte. — Man fragt unter anderem, ob denn di^ historischen
Bemerkungen hier den Pisonen (besser wol dem Publicum, das sich
Horaz dachte, denn nicht für die Pisonen schrieb er die Ars poetica^
unbekannt gewesen. Man sagt ja aber nicht allein Dinge, welche den
Lesern unbekannt sind, sondern man deutet auch auf bekannte, zu ver-
schiedenen Zwecken. Jedenfalls sind die hier vorkommenden Bemer-
kungen lange nicht so bekannt als etwa Syllaha longa brevt subiecta
vocatur iainbus.
DE ARTE POETICA. CCXl
dasz sie nicht eine kalte Schönheit sei, sondern einschmei-
chelnd. Dazu gehört, dasz jede Rolle selber den Aasdruck
trage, die in Worten erscheinende Stimmung des Innern
Herzens, die sie bei dem Hörer erregen will. Spricht einer
in anderm Ton als seine Lage es erheischt, so wird er
«ich bei jedem gebildeten Zuhörer lächerlich machen. 99 — 11 3*
Demgemäsz hat auch in anderm Ton zu sprechen jede Indi-
Tidoalitftt nach Stand, Alter, Nationalität, Charakter. 113 —
125. Und folgst du nun der Mythe oder Geschichte, so hast
du die bereits gestalteten und ausgeprägten Persönlichkeiten
festzuhalten. Bringst du selbst einen neuen Charakter auf
die Bflhne, so gieb auch diesem ein llbereinstimmendes Ge-
pTige von Anfang bis zu Ende. 120. 125—128. Das ist
freilich schon deshalb schwer, weil das Individualisiren
schwer ist [allerdings der allergewöhnlichste Fehler der
Dilettanten und mäszig begabten Dichter: sie bilden den
Schemen eines Republikaners z. B., aber die bestimmte Indi-
vidualität eines Verrina, eines Robespierre, eines Washington,
das bringen sie nicht zu Stande]. Damm ist es vielmehr zu
rathen, dasz man eine bereits geschaffne Figur groszer Dich-
ter wieder vorführt. 128 — 131. Und es wird ein allgemein
bekannter StoflF doch als dein Eigenthum gelten, wenn du
nicht den wörtlichen Uebcrsetzer noch den zu eingeengten
Nachahmer machst. 131 — 136.
Von V. 153 an wird nun ganz speciell auf die Forderun-
gen des Dramas eingegangen. Im Vordergrunde steht dabei
vorschwebend die Tragödie : aber es ist doch das Hauptsäch-
lichste, und wird es auch allgemein genug ausgesprochen,
auch für das Drama überhaupt geltend.
1. wird gleichsam die elementarste aller Forderungen
aufgef&hr|; an den, der sein poetisches Kunstwerk aus lauter
g^;enwäjrtig auftretenden Menschen zu bilden hat, gleichsam
die erste nothwendige Formirung dieses Materials zu dem
wa» ein jeder an sich trägt, ja eben im Drama schon in
änszerer Erscheinung vor sich herträgt, ein bestimmtes
Lebensalter. Bis 179.
Es ist gewis, dasz Horaz diese Schilderung der Lebens-
0 2
CCXII DE ARTE POETICA.
alter absicbtlicli abgetrennt bat von der Partie 114—125,
wobin sie naeb einer Kapiteldisposition scbon geboren würde.
Naeb welebcm Gedanken er sie immer noeb abtrennen
konnte und bier an die Spitze setzen, babe ieb gesagt.
Wanmi er es lieber tbun mocbte? Theils um bier einen büb-
scben Anfang zu gewinnen über die Personen des Dramas,
ebe auf die Handlung, die Disposition u. s. w. eingegangen
wird, tbeils weil er diesem abgescblossenen und con amore
gezeicbneten Bildeben einen Platz für sieb und einen ber\'or-
stebenden Platz ' gewüliren wollte. — Hier würde mir die
Frage nicbt unbereebtigt scbeinen, warum er niebt nocb die
Lebensalter der Frauen berübrt, die Alte, die Matrone, das
Mädeben. Die Antwort kann nur die sein, dasz wir aiicb
daraus zu lernen baben, in welcber Art überbaupt Horaz
die Ars poeiica scbrieb und scbreiben wollte.
2. Riebtige Wabl in dem was zu erzäblen ist oder vor
den Augen des Zuscbauers agirt werden darf. 179—189.
3. Nicbt zu kurz und nicbt zu lang: die berkömmlicben
fünf Acte. 1S9. 190.
4. Die Lösung nicbt durcb einen deus ex mackina, wenn
nicbt eine besondere Recbtfcrtigung dafür vorbanden ist. 19 L
5. Der Dialog zwiscben drei Scbanspielern gebalten,
nicbt eine vierte Person, die sieb immer in den durcb drei
abgerundeten Dialog nur einzudrängen baben wird. 192.
6. Bebandlung des Cbors. Seine Aufgabe. Und beson-
ders aucb Erfüllung der Aufgabe Leliren und Ermabnungen
auszusprecben. Denn (202 — ) es bat sieb ebmi die Tragödie
von kleinen AnfHngen allmäblicb — unti dies kommt
ganz besonders in dem Cbor zur Erscbeinung — zu
einer Erbabcnbeit und orakelartigen Höbe emporgebildet.
192—220.
7. Diese Erbabenbeitsgesetze würden freilieb wenig
passen für das Drama des Satyrspiels, welcbes mit der
Tragödie entstand, welcbes die Götter und Heroen der Tra-
gödie aucb auflFübrt, aber, wie sie diese docb in ein anderes
Element fübrt, andere Gesetze als die Tragödie bat, — sie
DE ABTE POETICA. CCXIII
werden angegeben, — welche schwer genug zu erreichen
sind, schwerer als es dem Unkundigen erscheint, um das
Bechte zu treffen in jener Mittelfarbe zwischen Heroenthum
und gewöhnlichem, ja komischem Leben. 220—250. —
8. Kunstmäszige Behandlung des vorzugsweise drama-
tischen Verses, des iambischen Trimeters. Worin die Römer
80 schrecklich von der Griechischen Vollkommenlieit abge-
wichen sind. Freilich unsere Vorfahren haben sich auch
die Plautinischen Verse gefallen lassen. Doch ihnen ge-
fielen ja auch die Plautinischen Witze, beides mit demselben
Mangel an Geschmack. Und unsere Dichter sind mit sol-
chen Maszstäben nur zu leicht zufrieden. Denn während
man es bei den römischen Dichtern loben rausz, dasz sie
den Muth hatten, die dramatischen Kunstgattungen wie sie
von den erfindungsreichen Griechen erfunden und ausgc-
bildet waren in Tragödie bis zur neuen Komödie (275 — 284),
nachzubilden, ja auch durch Anwendung vaterländischer
Stoffe -originell zu erweitern, fehlt — Arbeit und Feile. Ja
de meinen das durch verrückte äuszerlichc Genialitäten er-
setzen zu können: in die einsamen Wälder laufen, langen
Bart stehen lassen. Ach ich verkehrter Mensch ! was könnte
ich für ein Dichter sein, wenn ich nicht die Gewohnheit
. hätte, gegen die Melancholie ärztliche Vorbeugung zu tref-
fen. Nun was zu thun! Da musz ich mich denn darauf
beschränken das eigne Poctisiren aufzugeben und nur den
Anweiser zu machen. Bis 309. Auf diese liebenswürdige Art
hat er sich den Uebergang bereitet wieder in den Vorschriften
fortfahren zu können. Für den neuen Ansatz paszt es sehr
wohl, wenn die Vorschriften, es sind noch zwei, wieder
einen etwas allgemeinem Charakter annehmen, wiewol auch
wieder vorzugsweise Rücksicht und Anwendung aufs Drama
sichtbar wird.
9. (A) aut prodessc volujit aut deleclarc poetae — ent-
weder nützen wollen die Dichter oder unterhalten — wer
beides zu verbinden versteht ist des allgemeinen Beifalls
am sichersten. Vorschrift für das Lehrhafte (V. 335. 336 sind
wie ein Motto, das sich Horaz selbst für seine Ars poetica
CCXIV DE ABTE POBTICA.
vorgeachrioben hätte — ), für das auf Uuterhaltuug und Ver-
gnügung Berechnete. 333 — 347 nach gewölinlieher Zählung.*)
10. (B) Für alle Schriftstellerei^ die gelingen soll, ist
das Erste dasz der Schriftsteller sich mit Stoff bereichere,
woraus dann der Ausdruck (was man die Personen hat
«agen zu lassen) wie von selbst folgen wird. Stoif schafit
man sich durch moralisch philosophische Studien , wie sie
in den aus Sokrates hervorgegangenen philosophischen
Schriften zu finden. 310 — 317. Dann durch Beobachtung
des Lebens selbst. Sehen wir ja wie das aller Kunst und
Kunstschönheit entbehrende Volksdrama das Publicum fes-
tselt blos durch Lebenswahrheit in der Sittenschilderung
{bene morata). 309—323. Aber, wie gesagt, bei uns ist der
wahre Ernst für die Kunst, ganz anders als bei den musen-
begabten Griechen, niedergehalten durch die Richtung
auf Gewinn bringende Beschäftigung, die schon in der
Jugenderziehung sich geltend macht. Bei solcher Richtung
sollen wir erwarten vollkommene Dichtungen zu schaffen?
323 — 333. Dabei will ich aber nicht, dasz man kleine und
hin und wieder vorkommende Versehen zu streng anrechne;
dergleichen begegnen bisweilen den gröszten Dichtem 347—
362. A}>er Regel bleibt die Vollkommenheit: und wie es
Bilder giebt, die unter gewisser Beleuchtung \mA Entfernung
gefallen, st>lche die man einmal wol gern sieht, andere die
man immer und immer wieder mit Beifall sieht, die kein
noch so kritisches Auge zu scheuen haben, so musz die
Poesie nach der letzten Art streben, welche das Vollkom-
menste repräsentirt. Denn in der Poesie iff Mittelmäszig-
keit vor Gr^ttern und Menschen unerlaubt. Wie verbreitet
auch bei unscrn Dichterdilettanteu die Ansicht ist, dichten
müsse ihnen doch erlaubt sein ohne sich dabei das Leben
zu siiuer zu machen mit viel Anstrengung und Unterwerfung
unter das Urtheil eines strengen und unparteiischen Censors.
*) V. ;i09 scnbcndi - ff. schlieszt sich zwar an 308 auch gansgut
*n, aUein 33;> ant proth'ss^ — sehr schwierig an 332 posse Umendm,
l>io vorgotiommcno rmstellung der boiilen Vorschriften hebt dies.
DE ABTE POETIGA. CCXV
Die Karikatur dieser Ansichten wird big zum Schluaz con
amore und in der besten Horazisclien Satirenmanier aus-
geführt.
Fehlende Verse.
Es hat mir an ein Paar Stellen nöthig geschienen, den
Ausfall eines Verses anzunehmen. V. 31 will nicht der
faber imus, aber auch der faber unus nicht seine Schuldig-
keit thun. Mir scheint hinter 33 (ej^pHmet) — ein Vers
ausgefallen, und faber unus zu heiszen : bei dem iudus Aemi-
üus wird ein faber Nägel und Haare vorzüglich bilden, ein
andrer (das besagte der ausgefallene Vers mit einem alius
oder nie) diese oder jene Theile.
Femer bei der Regel über Bildung neuer Wörter heiszt
es V. 52 et nova ßctaque nuper habebunl verba Jtdem si
graeco fönte cadant parce detorla. Sollte diese eine Vor-
schrift alles sein? Ich denke es fehlt hinter 52 ein Vers,
welcher dann ebenfalls schloss mit st] ^aul sP graeco f c.
Nach V. 60 ul silvae folm pronos mutantur in annos
seheint ein Vers ausgefallen. S. daselbst unter 'Lesarten .
Umgestellte Verse.
Von der Umstellung zweier langem Stellen habe ich
oben gesprochen.
Dann habe ich den Vers 364 iudicis nryutum quae non
formidat acumen hinter 365 gestellt. Nicht ganz durchaus
nothwendig. Ich glaube aber, dasz wer es überlegen will
es doch sehr \Ährscheinlich und ansprechend finden wird.
Unechte Verse.
Für unecht habe ich gehalten: V. Ah hoc amet hoc sper-
nal promissi carminis aucior, den Bentley meinte durcli Ver-
setzung hinter 46 ploraque — retten zu können. Er stört
und das promissi carminis auctor will keine ordentliche Er-
klärung gestatten. Mit Ribbeek, der ihn nach einem Vor-
ganger gleichfalls für unecht hält, stimme ich auch darin
überein dasz er wie eine Inhaltsangabe eben so aussehe
CCXVI DE ARTE POETICA.
wie auch der V. 92 singuln quaeque locum teneant soriita
decentem. (Uebrigens ist mir für das promhsum carmen ein-
gefallen, ob der Verfasser des Verses nicht den groszen pro-
missor aus V. 13S hat ausdrücken wollen: den er, nach
meiner Anordnung, kurz vorher vor sich gehabt hatte.)
Für eingeschoben habe ich femer gehalten die Verse 132
{non circa rilcni patulumqtie morahcris orhcm) und 1 35 {unde
pedem proferre pudor vctet aut opcris lex) ; denn ich kann sie
nicht verstehen. Was tluit es denn zur Sache, ob die Sphäre,
aus der er seinen Stoff nimmt, eine sehr bekannte ist? Nichts
kann bekannter sein als die Trojanischen Geschichten und
Achill, die wahrlich nicht verboten werden (V. 120). Und
wenn sich einer in eine zu enge Nachahmung eingepfercht
hat, warum soll ihm denn sich da hinaus zu befreien ver-
bieten die Scham? 'Die Ungeschicklichkeit' sollte ich meinen.
175—177. Die kommenden Jahre bringen viele Vor-
theile mit sich, die weichenden nehmen viele — Was kommt
es denn hier auf die Vortheile an? Auf die 'Eigenthümlich-
koiten sollte ich meinen: wo dann auch erst das ve forte
seniles u. s. w. sich logisch anschlösse. Also kann ich in
diesen Versen nur eine Einschiebung sehen, die einer ge-
macht hat zu der Schilderung des Alten, der die früheren
Jahre lobt. Es wird ihm darin Unrecht gegeben.
337 oinfie svpervacmim pleno de pectore manatf wie sich
von selbst versteht. Den Nachweis, den Bentley zur Un-
echtheit führt, ist der Vers selbst nicht werth. Aber Beut-
leys Anmerkung ist gelesen zu werden schon werth.
407 inrititm qui servat idem fncit accidt^ti 'Entbehrlich,
trocken und durch seine lehrhafte Allgemeinheit aus dem
Tone fiillend erscheint mir auch V.407. Auch metrisch gehört
er zu den schlechtesten [wenigstens anstöszigen in seinem die
sonstigen Gründe für Unechtheit unterstützenden Bau] durch
den viersilbigen Schlusz occidcnd, den einzigen seiner Art
in Episteln und Satiren (vgl. Anton Viertel de versibus poe-
tanim Latinontm spondiacis in Fleckeisen's Jahrbüchern
1862 S. SOI ff.)' Ribbeck.
212. 3 ind'M'ftis quid enim saperet liherque iabornm rusti-
DE ARTE POETICA. CCXVII
rvf urbano canfusvs^ turpis honesta ? Dasz diese Verse den
Gang gtoren und üngehörigkeiten enthalten wird wol nicht
geleugnet werden können. Und kann man den Gründen,
wie man sie bei Bibbeck findet, der sich nach Paldamns
imd Hammerstein auch dafür entscheidet, wol nur bei-
sammen.
277 Bentley nahm Anstosz daran dasz Thespis seine
pomata auf dem Wagen gefahren, quae canorrjit agerentque
fmmeti faecibus ora. Habe er denn geschriebene Tragödien
mit sich gebracht, der doch nichts geschrieben, und hätten
die Schauspieler aus den geschriebenen Büchern recitirt?
Daher schrieb er qui canerent — , die Scliauspieler, welche
seine Dramen singen und agiren sollten, habe er mit sich
geführt auf dem Wagen. — Aber welche Schauspieler denn?
Thespis war ja sein eigener Schauspieler und nach der
überwiegenden Vorstellung sein einziger, da erst Aeschylus
den zweiten hinzufügte. Also wie sollen wir annehmen
dttrfen, Horaz habe gesagt, Thespis führte Schauspieler
hemm, welche seine Tragödien aufführen sollten: er, blos
ab Dichter, habe henimgeführt andere Leute als Schau-
spieler? Nein: er war Dichter und Schauspieler und führte
seine in seinem Kopfe befindlichen tragischen Gedichte auf
einem Wagen fahrend von einem Dorfe zum andern, wo
Dionysische Chöre waren, und si(*h mit diesen Chören in
eine Wechselverbindung setzend trat er zwischen ihren Ge-
sängen auf, irgend eine mythische Person darstellend, auf
seinem fahrbaren Gerüste, das als erhöhte Bühne diente.
Wie Aristoteles %ich Themistius Or. XXVI j). 316 irgendwo
j'esagt hatte: ort 10 uev 7Cqiütov o yoqoq uaiCov r^dev sie;
Tovg &eovg, Qia^tig de uqoKoyov le x,al Qrjaiv l^tvoev. Für
jene fahrenden Gerüste bietet die Theatergeschichte Paral-
lelen. Folgende Stellen aus Collie?* history of Emilhh dra-
matic poetry p. 151 über die miracle plm/s will ich her-
setzen: they werc acted on temporary erecttons of thnber,
indifferently called scaffoldsy stmjes and pageants: and there
98 no doubt that in some instances they irere placed upon
wheeh in ordre that they niight be removed to variom parts
CCXVIII DE ARTE POETICA.
of large (owtis or cities and the plays exhibfted in successian»
Und als Name dieses Fahrzeuges findet sich auch earnage.
Das ist naturgemäsz auch für Thespis, — und noch etwas
anderes. Im Hintergrunde dieses seines Möblewagens be-
fand sich ohne Zweifel ein Vorhang oder Zelt (oKr^vr^) von
wo er her\'ortrat, wohin er abtrat, wo er sich ankleidete
und umkleidete, wenn, wie Thespis gewisz auch schon that,
er, ein Schauspieler, nach einander in mehreren Episoden
wieder eintrat, als eine andere Person sein Sujet fortsetzend,
wodurch schon eine gar gute Tragödie durchgeföhrt werden
konnte. Der stehend gebliebene Ausdruck axiyvr für die
Hinterwand der Bühne legt dafür lebendiges Zeugnis ab.
Wiewol uns kommt es hier allerdings nicht sowol darauf
an, was die Wahrheit der Sache gewesen, sondern was
Horaz sich, natürlich nach einer Griechischen Quelle, vor-
stellte. Nur das müssen wir annehmen dasz Horaz mit einer
bestimmten Vorstellung geschrieben. Wir können aber eben
nicht glaubön, dasz er sich etwas anderes vorstellte als das
Obige, was auch dicitur piausfris rexisse poemata defutlich
besagt. Aber mit dem quae vanerent agerentque peruncti
faecibus ora bleiben wir in Verlegenheit. Welche waren
diejenigen, welche sie aufführen sollten? Und — auflFtthren
peruncti faecibus ora. Man sehe sich die Stellen an, wo vom
Beschmieren des Gesichtes mit Hefen gesprochen wird: sie
sprechen von dem Ursprung der Komödie, fügen wol
hinzu, es sei dies geschehen um sich unkenntlich zu machen,
weil man spottete: auch wol es sei ebenso bei sonstigen
Gelegenheiten geschehen, wo man a(p ^m^rjg spottete.
Ja von Thespis selbst, als Tragödienerfinder, wurde aus-
drücklich gefunden er habe sich das Gesicht mit einer
Schminke bestrichen (Suid. Bianrig). Horaz kann keine
Verwirrung machen: er nennt das Spiel des Thespis ganz
deutlich Tragödie, der erst die Komödie, wie er bald
sagt, folgte. Und, wie gesagt, Hcfenbestreichen haben die
alten Dramengeschichten für die Komödie berichtet. Dazu
kommt noch einmal: wer waren die, welche die tragischen
Gedichte des Thespis, welche er auf dem Wagen gefahren
DE ABTE POBTICA. CCXIX
bnehte; aingen und agiren sollten? — Nach alle dem kann
ich nicht umhin den Vers quae canerent agerentque peruncli
fimbus ora als einen Zusatz anzusehen von einem, der in
jenen Ursprüngen des Theaters unklare Verwirrung im
Kopfe hatte und der vielleicht meinte, das zunächst Folgende,
dan Aeschylus die Maske erfunden, ergänzen zu müssen
mit dem, was vorher die Stelle der Maske vertreten, wobei
er Confusion machte.
Lesarten.
V. 2 ist die Ueberlieferung plumas unerträglich. Bentley
hat ee mehr als nöthig nachgewiesen. Ich habe ^emformas
angenommen, habe aber anders interpungirt als er. Er
intttrpongirt hinter membris, das er für Dativ nimmt. Ich
halte es für Ablativ.
V. 59 mit Bentley procudere nummum für producere
(dies sollen auch Handschriften haben) nomen. Auch Ribbeck
hat dies aufgenommen.
V. 60 Ueberlieferung ut silvae folns pronos mufantur in
omos: prima cadunt: ita verborum veius mterit aetas, Bent-
ley verbesserte bekanntlich ut silvis foUa privos mutantur in
wnos. Dasz er mit dieser Verlängerung des folia vor privos
etwas wagte, was im Horaz ohne Beispiel ist, wuszte er.
Er sagt es deutlich. Und wenn es Meineke deshalb dubi-
toMe nannte (S. XLI), so kann ich es überhaupt nicht für
richtig halten. Dasz aber für privos Mie von Bentley bei-
^braehten Beispiele aus Lucrez V, 274, 733 schlagend
sind* darin stimme ich mit Ribbeck überein. Es ist auch
nicht das einziger was Horaz gerade aus Lucrez genommen.
Ich sehe bei Ribbeck auch den Gedanken von einem et-
waigen * Ausfall von zwei Hemistichien , welche das Bild
von der Erneuerung des Waldes weiter führen . Auch ich
habe an einen Ausfall gedacht, aber anders: ungefähr so:
ut silvae foliis privos fnutanlur in annos, ut hoüü stircrescunt
norus et decor enitet Ulis, prima cadunt: ita —
y. 65. Ueberlieferung retfis opus stprilisque diu palus
aptaque remis. Es ist oben (über die VerschleifungS. XXI) bereits
aufmerksam gemacht, dasz Meinekes regium opusinArspoetica
CCXX DE ARTE POETICA.
und Briefen keine Parallele haben würde. Es wäre also
über das sterilisque diu pahis zu sprechen.
Warum muszte es doch geschehen dasz trefifliche Man.
ner sich dabei den groszcstcn Unglaublichkeiten zuwendeten,
blos wegen der faulen Tradition! Da sollte Tloraz aus den
Abnormitäten der alten Komödie sich plötzlich einmal in
den Hexameter, in seinen Hexameter ein diu paltis hergeholt
haben. Horaz, Mer mit der Altlatinität auf einem so ent-
schieden gespannten Fusz steht*, was ich schon früher zu
betonen Veranlassung hatte (Rhein. Mus. 1867, jetat oben
zu Od. III, 5): — der mit seinem Griechisch gebildeten
Geschmack und Ohr gegen diese alten Geschmacklosigkeiten,
denn als solche erschienen sie ihm — so entschieden Stel-
lung nahm ! — der in dieser Ars poetica selbst seine Unge-
duld über die Pfautinos numeros ausspricht! — Oder man
wollte die Worte umstellend lesen sterilisque pnlus diu aptaque
remis. Was doch unserm in classischer Hexameterlectüre
geübten Gefühl eben so grosze Verwunderung erregen darf,
warum doch Horaz mit einemmal und einmal und in einem
trivialen dm den Hiatus zugelassen. Dasz die Beispiele,
welche Meineke wenigstens damhls anführte, Esquilinae
alitcs aus lamben und zur absichtlichen Malerei (s. oben in
der Abhandlung über die Verschleifung), jene bekannten
einsilbigen si me ainas inquit, eocto num adest honor idem^ von
den iambischen Wörtern, die eigentlich zu diu allein verglichen
werden dürfen, und zwar die iambischen in Senkung, die
Echo*s vale vale inquitj Ilijla Ilyh omne, — dasz alle diese
Beispiele unser diu nicht rechtfertigen, dair ist unzweifelhafte
Und will man selbst die ganze Sphäre der immer wenigen
Hiatus in der classischen Hexameterlittcratur durchgehen,
wie sie jetzt nach der schönen Anmerkung Bcntleys zu Od.
III, 14, 11 — der gewisz mehr beobachtet hatte, als er
ausspricht, z. B. das Vorherrschen Griechischer Wörter —
zu finden sind bei Lachmaun im Programm über die Herolden
und zum Lucrez, bei Corssen und ander>värts, so wird man
sich um so mehr von der Unglaublichkeit des Horazischen
diu überzeugen. Das einzige bei Lachmaun entgegentretende
DE ARTE POETICA. CCXXI
Beispiel (zu Lucret. S. 196), welches man ähnlich nennen
könnte, dum domo ipse egeat Catull. 114, 14, ist eine Ver-
muthung von ihm statt dummodo, eine Vermuthung, zu wel-
cher wenigstens in Lachmanns sonstigen Beispielen keine
Berechtigung liegt. Und jedenfalls wissen wir doch heut zu
Tage genug von diesen Dingen, um CatuUische Verse nicht
ehva zur Norm für Horazische machen zu wollen. — Bent-
lev, der palus diu stillschweigend abwies, hat sein palüs
prius als sprachlich treffend auf das schönste nachgewiesen.
Ich denke wirklich, es ist jedenfalls Zeit, dasz wir diu palus
und palus diu aus unsern Horazen entfernen, überaeugt dasz
es einfach Schnitzer sind.
Es folgen nun, um von dem adflent V. 105 nicht zu
reden, welches Bentley bei einem Grammatiker wenigstens
also citirt fand und das ohne dies völlig eben so sicher
wäre fftr adsunt, adsinlj adßantj auch ohne jede antike Ge-
währ, es folgen Bentleys eben so schöne als sichere Les-
arten equitesquc palresque V. 114 für equites peditesquc\
üomereum — Achillem V. 120 für honoratum\ spe hmtus^
mers pamdusque fuluri V. 172 für lougus und avidus. In
V. 441 ist jedenfalls male formatos versus eine so alte Les-
art, male to/*natos immer noch so bedenklich, dasz jenes
sicherer schien. In alle dem stimme ich, wie ich sehe, mit
Bibbeck überein.
Die sogenannten Ovidischen Heroiden.*)
(Excurs zu Od. III, 1 1)
Zur Vergleichung einer pjoszen und frtth geübten nach-
ahmerischen Dichterthätigkeit sind die sogenannten Ovidi-
schen Heroiden sehr geeignet. Die Erscheinungen welche
sie bieten sind sehr merkwürdig und für Textgeschichten
lehrreich. Von Lachmanns Bemerkungen über die Heroiden
(Berliner Programm 1848) haben sich mehrere in ihrer be-
weisenden Kraft für die betreffenden von ihm für unecht
erklnrtcn Episteln nicht zwingend, einige nicht haltbar er-
wiesen. Zu IX, 1 33 (Deianira) Eurytidos loles atque rnsani
Aicidaej wo Lachmann vor solchem Hiatus im Spondiacus
für Ovidius einen vorausgehenden Dactylus verlangt, hat
Merkel die unzweifelhaft richtige Lesart aus Met. IX, 112
angegeben, nemlich Aonit Aicidae. Man müszte also etwas
anderes geltend machen, dasz wir überhaupt einen Spondiacus
mit dreisilbigem Schluszwort haben und (wovon unten) noch
einmal in den Heroiden, nemlich VIII, 71 (Hermione), wäh-
rend der echte Ovid den Spondiacus mit dreisilbigem
Schluszwort auszer den Metamorphosen — zwar nicht nie-
mals, aber doch nur Fast. V, 83 und 87 aufweise (Viertel
dp rer,s\ spond. S. 11). Das /?ö//7i/r XIV, 113 (Hypermnestra)
steht in einem eingeschobenen Distichon, wie Merkel meint.
Ich mochte, selbst wenn es eingeschoben, schreiben po-
titus, was vortreffli(*h paszt. Wie entscheidend in der
Deianira (IX), 141 Semivir occubuH in letifero Eueno Nessus
et hifecit suiifjuis equhws aquas die Verlängerung occubuit in
sein würde, wird dahin gestellt bleiben können. Ist der Vers
*) Die 'Adversaricn über die sogenannten Ovidischen Episteln* ver-
öffentlichte ich 18<)3 in Fleckeisens Jahrbüchern. Hinzugekommeu ist
hier die Einleitung.
DIE SOGENANNTEN OVIDISCHEN HEROIDBN. CCXXIII
80 geschrieben worden, dann enthält er auch auszerdem einen
entscheidenden Grund gegen Ovid. Denn er, des letifer
sich oft bedienend, aber immer passend, würde nicht den
zufUligen Flusz, in welchem Herkules — dieser war letifer
- ihn tödtete, letifer genannt haben. Aber es bleibt doch
uagewisz ob der Vers nicht anders gelautet. Der Puteanus
hat eueneno. Ich glaube der Vers hies semivir occubuit tibi
letiferoque veneno Nessns — Auch die Synalöphe im iambi-
sehen Wort XVII, 97 (Helena) disce meo exemplo formosis
postfi carere wird nur auf Verderbung beruhen. Ich glaube
discemodo exemplo — . Der ganze Gedankengang scheint
mir auch vielmehr darauf zu führen, dasz sie spricht von
dem Beispiel, das er sich nehmen soll an andern Jüng-
lingen, welche eben so sehr nach ihrer Schönheit Verlangen
tagen, ohne doch so dreiste Anträge zu wagen. Dasz nihil
in zwei Kürzen (XIX, 170) exiguum sed plus quam nihil
illud erat nicht hier allein stehen würde auch bei Ovid,
haben Merkel und Lucian Müller (S. 47) durch einige Bei-
spiele angemerkt. Ich erhalte darüber von Viertel Folgendes :
'Es steht nihil:
Am. III, 8, -29. .1. a. I, 519. II, 280. 365. 599.
Remed. 410.
Met. V, 221. 273. VI, 25. 306. 465. 685. VII, 67* 567. 830.
— (Die unterstrichenen Stellen hat Haupt in nil geändert,
die andern Stellen hat er unverändert stehen lassen, ob-
wol er die Lachmannsche Behauptung zu VII, 644 wieder-
holt). IX, 148. 100. XV, 177.
Tr. I, 2, 23. - 8, 8. 11, 23. II, 195. 259. III, 1, 9. 4,
51. — IV, 8, 38. V, 5, 51. 8, 2. 14, 26.
Pont. I, 1, 21. 2, 67. 7, 25. II, 2, 58. 3, 33. 7, 46. IIL
1, 48. 113. 127. IV, 8, 15. 14, 23. — Fast. VI, 177.
Dreimal zu der beliebten Spielerei verwandt:
Met. XIII, 100 Luce nihil gestum, nihil est Diomede remoto.
X^V, 629 teniplumentanihilj nihil artes posse medentum.
Pont. III, 1, 1 13 morte nihil opus est, nihil Icariotide tela'
Merkel und Müller haben auch die überzeugende Kraft
der Verkürzungen in Ledä VIII, 78 (Hermione; XVII, 57
CCXXIV DI£ SOGENANNTEN OVIDISCIIEN HEROIDEN.
(Helena) uud Äethra XVII, 150 angefocliteu. (Lachmann
eutferute Ledä und Phacdrä aus Am. II, 4, 42 und Ars am,
I, 744 durcli Vertauschung mit Lj/da und Cressa), — Aller-
dings einen Vers wie Castori Amf/daeo et Amyclaeo Polluci
VIII, 71 (Herniionej kann Ondius nimmer geschrieben haben.
Denn zu dem angegebenen vollgültigen Grunde, dasz Ovid
die dritte lange Sjibe des Dactylus niemals zur SynalOphe
anwendet, kommt noch das hinzu, dasz er niemals den
dreisilbig schlieszenden Spondiaeus, den er unbezweifelt
selbst vierzehnmal geschrieben, mit einem nochmaligen
Spondeus im vierten Fusz gebildet, auszer einmal in den
Metamorphosen, und zwar zur Malerei, I, 117 (s. Viertel
S. 10. 11). Endlich kommt hinzu die äuszerste Armuth,
beide mit demselben Epitheton zu bezeichnen. Das ist alles
ganz sicher. Aber eben so sicher wird man sich überzeu-
gen, dasz dieses Distichon dort durchaus nicht hinpaszt und
für interpolirt gelten nmsz. Wenn ferner IX, 13 t (Deianira)
putsa AetoUdc anstdszig gefunden wird, weil der gleiche
Vocal, also wieder a erfordert werde, so darf man, gesetzt
auch die Bemerkung wäre auf hinreichend viele Beispiele
zu stützen, bemerken, dasz wenigstens ae der nächststehende
Vo(»al zu a sei und man Synalöphen mit a ae nicht selten
beobachten werde, wozu dann noch komme das Griechische
Wort. — Es folgt qui für quo modo XVII (Helena) 214,
sonst im Ovid nicht vorkommend. Und dreimal (denn der
Vers XIV, 62 — Hypcrmnestra — mit generis am Schlusz
ist sehr unsicher) nicht zweisilbiges Wort am Schlusz des
Pentameters, erst in der späten Periode seiner Schriftstellerei
von ilim mitunter zugelassen. Nemlich XVI, 2SS (Paris)
pudicifiac, XVII, 16 (Helena) siipercifiis. XIX, 202 (Hero)
deseruit. Ich glaube diese beiden Observationen musz man
gelten lassen als zeugend zunächst allerdings nur gegen
diejenige Partie dieser Briefe, in welcher sie stehen.*) Doch
♦) In der von vorn herein abjü[cwiesenen Sapphoepistel ißt das repend^
V. 32. Dasz Am. II, IS, 34 dct vofam Phoebo Leshis amata lyram eine
andere Situation voraussetzt als unser Sapphobrief, bat Schueidewin im
Philologus bemerkt.
DIB SOOENANNTEN OVIDISCHEN HEBOIDEK CCXXV
den Herolden selbst ist damit doch nielit geholfen, wie sich
Mnreiehend zeigen wird, weder den von Lachmann für
nneebt erklärten, noch den übrigen, auch nicht jenen acht,
welche den Am. II, IS, 21 ff. angegebenen Thematen ent-
sprechen und Yon denen Lachmann sagt : 'de hü octo nulli
dubittm esse potest quin eaedem quas poeta scHpserit super-
mt. Denn dem kann man nicht beistimmen. Ovidius gibt
in jener Stelle — quodque tenefis strictum Dido miserabiiis
ensem dicat — deutlich zu erkennen, seine Dido habe ihren
Brief gesehrieben unmittelbar bevor sie sich den Tod gab.
Der jetzige Didobrief ist aber geschrieben während Aeneas
noch weilt und sie die Hoffnung hält, er werde sich be-
wegen lassen zu bleiben. Und es folgt schon daraus sicher
das unser Brief nicht der Ovidische ist: und es folgt so-
gleich die Thatsache, dasz die Nachahmer auch solche The-
mata zur Nachahmung sich vorgesetzt, welche Ovidius selbst
wirklieh behandelt hatte. — Auch auf die Interpolation, ich
meine gröszerer Stellen, ist Lachmann noch nicht zu sprechen
gekommen.
Wir dürfen gleich mit der ersten Epistel beginnen und
fragen, ob sie etwa einen besonders gesicherten Anspruch
kitte von Ovidius zu sein. Auch Folgendes hätte Ovidius
gesehrieben?
87 Dulichii Samiique et quos tulit alta Zacynthos
turba ruunt in me luxuriosa proci;
inque tua regnant nullis prohibeotibus aula:
90 viscera Dostra, tuae dilacerantur opes.
quid tibi Pisandrum Polybumque Medontaque dinim
Euiymacbique avidas Antinoique mauus
atque alios referam, quos omnis turpiter absens
ipse tuo partis sanguine rebus alis?
95 Irus egens pecorisque Melantbius actor edendi
ultimus accedunt in tua damna pudor.
tres sumus inbelles numero, sine viribus uxor
Laertesque senex Telemachusque puer.
ille per insidias paene est mihi nuper aderoptus,
100 dum parat invitis omnibus ire Pylon.
di precor boc iubeant, ut euntibus ordine fatis
ille meos oculos comprimat, ille tuos.
Lekn, Homtiiu. ^
CCXXVl DIE SOGENANNTEN OVIDISCHEN HEKOIDEN.
hinc faciuut custosque boum longaevaque nutrix,
tertius inmundae cura fidelis harao.
105 sed neque Laertes, ut qui sit inutilis aniiis,
hostibus in mediis regna tenere polest.
Telemacho veniet, vivat modo, fortior aetas:
nunc erat auxiliis illa tuenda patris.
nee mihi sunt vires iiiimicos pellere tectis.
110 tu citius venias, portus et ara tuis.
est tibi, sitque precor, natus, qui mollibus annis
in patrias artes erudiendus erat,
respice Laerten: ut iam sua lumiua condas,
extrcmum fati sustinet ilie diem.
115 certe ego, quae fueram te discedente puella,
protinus ut vonias, facta videbor anus.
Warum sind denn die Freier aus Ithaca selbst vergessen?
jjd' oaaoi xQavat)v ^I&a-Kr-v nara noiQaviovaiv, Sodann die
schon bemerkte Sonderbarkeit (s. Lörs Anm. zu V. 63) dasz
unter den wenigen namentlich hervorgehobenen Freiern
gerade Medon genannt wird, der nur gezwungen unt«r ihnen
weilende Herold, der auch bei der Strafe verschont bleibt,
und dasz gerade dieser bezeichnet wird als dinis. Femer
warum ist denn der Rcichthum des Odvsseus durch sein
Blut erworben? Und iszt ihm denn Irus, auch wenn er
schon vor zwanzig Jahren yaatigi fiagyr] in Ithaka ein be-
rühmter Mann war, gerade so viel auf, dasz er besonders
unter denen hervorgehoben wird, die zu seinen Verlusten
beitragen? /// fun damna. Doch vielleicht sind Inis und Me-
lanthius nicht genannt als beitragend zum Verlust, sondern
zur Schmach. Freilich was ist denn, wer kann es vernünf-
tig reimen: zuletzt kommen noch — dir zum Verlust —
als Schande hinzu — oder wenn es das heiszen soll: al&
äuszerste Schande kommen — dir zum Verlust — hinzu
Irus und Melanthius? Wir werden denken können, um die-
sem äuszersten Wirrwarr zu entgehen, es habe zu stehen
ad tua damna, in das auch sonst vorkommende /// tua damna
aus anderen Stellen geändert. Und ich glaube das. Aber
wie soll denn nun Odysseus wissen, inwiefern der Bettler
Inis zur Schmach seines Hauses beiträgt? Es folgt der Ge-
DIE SOGENANNTEN OVIDISCUEN HEROIDEN. CCXXVU
danke: das alles abzuwehren sind wir drei' unkriegerische
Pereonen da, ich eine Frau shw viribus, der Greis Laertes
and der Knabe Telemachus. Wir dürfen die nächsten sechs
Verse übergehen, deren Ungehörigkeit und Unzusammenge-
hörigkeit zu offen liegt und wo auch aus den drei unkräf-
tigen Personen plötzlich sechs werden, auch das ire parat
mitif Omnibus mit der obigen freilich sonderbai-en zwei-
maligen Annahme, Telemachus sei zu Nestor geschickt wor-
den (V. '64 u. 37), in Widerspruch steht. Wir kommen
also zu 105, wo über die drei genannten Personen das an-
geschlagene Thema ihrer Unkräftigkeit ausgeführt wird.
Aber weder Laertes, heiszt es, der {ut qui) wegen seiner
Jahre nicht mehr brauchbar ist (was ist das denn anderes
ä% mbeUis und senexj wie es eben schon hiesz?) noch —
ja noch. Wo ist denn das noch ? Es musz doch ein neque
oder ein et folgen. Das ganz unverbundene Distichon
Telemacko zwischen den beiden nequc ist ja doch höchst be-
fremdend, und doch fehlen kann Telemachus hier auch
nicht; — also einmal gesagt: Telemachus aber wird zu
einem kräftigen Alter gelangen, jetzt musz sein Alter durch
Hölfe des Vaters geschützt werden — noch habe ich Kräfte,
nee mihi sunt vires, also ganz dasselbe, mit denselben Worten
was sie schon gesagt, sine viribus uxorr Femer was haben
H-irvon V. 110? *Du selbst muszt schnell kommen, Hafen und
Alter der Deinen. Du hast einen Sohn, der — sonderbar,
als ob dieser Sohn zuerst hier er>vähnt wäre, von dem doch
eben fort und fort gesprochen. Der natürliche Fortschritt,
den wir zu erwarten hätten, wäre : denn bedenke auch noch
Folgendes, dein Sohn usw., oder: denn auszerdem dein Sohn
usw. Nemlich in den sechs letzten Versen soll der Hau])t-
gedanke gegen das Vorangehende offenbar der sein, und kann
nur sein: 'Wenn wir drei deiner bedürfen, weil wir das
Haus nicht schützen können, so gelten aber auszerdem auch
fftr jeden von uns dreien noch persönliche Gründe, die
deine Heimkehr nöthig machen. Dein Sohn, der deiner
Erziehung bedarf Jerat wie non tibi corpus erat sine pectoref)
Und Laertes, der deiner bedarf , weil er im höchsten Greisen-
P2
CCXXVm DIE SOGENANNTEN OVIDISCHEN HKROIDEN.
alter nur durch* dein Wiederersclieiuen sich noch verj fingen
würde.' 0 nein: dies Vernünftige und Erwartete steht keines-
wegs; vielmehr es steht: der nur seinen Tod noch hinaus-
zuschieben vermag durch die Hoffnung, dasz du ihm bald
oder endlich die Augen zudrückest! Da wird es ja wol
Pflicht sein für Odysseus nicht zu kommen, weil seine An-
kunft dem Vater das Leben kosten wird. 'Und ich jeden-
falls bin, wenn du auch alsbald kommst, ein altes Weib
geworden.* Nun da braucht er sich also auch nicht zu
übereilen !
Uebrigens gibt es Wunderlichkeiten und mehr auch
vor V. 87. Z. B. in die Verse 51 — 56 wird schwerlich
jemand vermögen Vernunft zu bringen. Wenn Penelope
erzählt, bei jeder Einzelheit die einer vom Kriege und wäh-
rend des Krieges gebracht habe sie für Odysseus gezittert,
und durch Beispiele zeigt, wie wohl sie auf diese Art von
den Einzelheiten des Krieges unterrichtet worden (15 fF.),
so ist es auifallend zu finden: 'denn ich habe alles durch
Nestor erfahren, der es meinem Sohn erzählt hat' (37).
Auch übrigens die lel)endige Schilderung — wirklich bis
zum Unpassenden lebendig und präsentisch nach fast zehn
Jahren — auch diese lebendige Schilderung, wie alle Heim-
kehrenden an Alt und Jung und genau mit Illustrationen
nach .4/'* am. II, 13.3 und Aen, II, 25 die troischen Ereig-
nisse erzählt haben, paszt zu der plötzlichen Unwissenheit,
der erst jetzt durch Nestor ein Ende gemacht wird, wahr-
lich nicht gut. Der von Hector getödtete Antilochus (s.
Lörs zu V. 68) hat noch keine Aufklärung erhalten. Und
so gibt es noch anderes, beginnend mit dem zweiten Verse
nil mihi rescribas, at tarnen ipse reni, der was er sagen
will nicht sagt, sondern lallt.
So sieht es mit dieser Heroide aus, die wir, den zwei-
ten Vers, bei Marius Victorinus S. 2559 P. angeführt lesen.
2. Was ich bei der ersten Epistel nicht unternehmen
möchte, dazu wird man bei andern Episteln geradezu ge-
drängt, aus dem jetzt vorliegenden anstö^sigen, unvernünf-
tigen Conglomerat einen ursprünglichen Kern auszusondern.
DIE SOOENANNTEN OVIDISCHEN HEROIDEN. CCXXIX
Denn es drängt sich in mehreren unter Auswüchsen und
Miszgestalt eine einheitliche und annehmbare, wenn gleich
selten ansprechende Partie, jedoch in verschiedenen Abstu-
fungen des Werthes, entgegen. Welche z. B. in der dritten
Epistel (Briseis, jetzt 154 Verse) folgende wäre:
Quam legis a rapta Briseide littera venit,
vix bene barbarica Graeca notata manu.
quascumque aspicies lacrimae fecere lituras:
sed tamen et lacrimae pondera vocis habent.
5 si mihi pauca queri de te domiuoque viroque
fas est, de domino pauca viroque qucrar.
non ego poscenti quod sum cito tradita regi
culpa loa est. quamvis baec quoque culpa tua est.
nam simul Eurybates me Talthybiusque vocaruut,
10 £arybati data sum Taltbybioque comes.
alter in alterius iactantes lumina voltum
quaerebant taciti, noster ubi esset amor.
differri potui: poenae mora grata fuisset.
ei mihi, discedens oscula nulla dedi.
15 at lacrimas sine tiue dedi rupique capillos:
infelix iterum sum mihi visa capi.
21 sed data sim, quia dandafui. tot uoctibus absum
nee repetor. cessas, iraque lenta tua est.
ipse Menoetiades tum cum tradebar in aurem
'quid fies? hie parvo tempore dixit *eris.*
25 non rejietisse parum: pugnas ne reddar, Achille.
i nunc et cupidi nomeu amantis habe.
Tenerunt ad te Telamone et Amyntore nati,
ille gradu propior sanguinis, ille comes,
Laertaque satus, per quos dotata redirem:*)
30 auxerunt blandae grandia dona preces.
39 si tibi ab Atride pretio redimenda fuissem,
quae dare debueras, accipere illa negas ?
qua merui culpa fieri tibi vilis, Achille?
quo levis a nobis tam cito fugit Amor?
an miseros tristis fortuna tenaciter urget
nee venit inceptis mollior hora malis?
♦) Das gewöhnlicherer quos comitata redirem kann nicht 'richtig
sein. Ich habe dotata (V. 55) gesetzt. V. 44 habe ich für meis ge-
schrieben malis. Pont, IV, 14, 50 non potuit nostris lenior esse malis.
Cf. Ep.Sapph, 59 an gravis inceptum peragit fortuna tenorem?
CCXXX DIE SOGENANNTEN 0V1D18CHEN HEROIDEN.
ta Marie tuo Lymesia moenia vidi,
et fueram patriae pars ^o magna meae.
vidi consortes pariter generisque necisque
tres cecidisse: tri^us quae mihi mater erat,
vidi, quantus erat, fusum tellure cruenta,
50 pectora iactantem sanguinolenta virum.
tot tarnen amissis te compensavimus unum,
tu dominus, tu vir, tu mihi frater eraa.
tu mihi iuratus per numina matris aquosae
utile dicebas ipse fuisse capi.
55 scilicet ut quam\'i8 veniam dotata repeilas
et mecum fugias quae tibi dantur opes!
quin etiam fama est, cum crastina fulserit Eos,
te dare nubiferis lintea velie notis.
quod scelus ut pavidas miserae mihi contigit aures,
60 sanguinis atque animi pectus inane fuit.
ibis et — 0 miseram — cui me, violente, relinquis?
quis mihi desertae mite levamen eritV
devorer ante precor subito telluris hiatu
aut rutilo missi fulminis igne cremer,
65 quam sine me Phthiis canescant aequora remis
et videam puppes ire relicta tuas.
$3 quid tarnen expectasV Agamemnona paenitet irae
et iacet ante tuos Graecia maesta pedes.
vince animos iramque tuam, qui cetera vincis.
quid lacerat Danaas inpiger Hector opes?
89 propter me mota est, propter me desinat ira,
simque ego tristitiae causa modusque tuae.
Zwischen den beiden letzten Distiscben steht in den Texten
noch folgendes, welches ich ausgelassen:
arma cape, Aeaeide, sed me tamen ante recepta,
et preme turbatos Marte favente viros.
Wir hätten in drei Distichen hinter einander eine rhetorische
Figur mit Wiederholung desselben Wortes in derselben
Zeile, und so etwas ist allerdings wol im Sinne des Ver-
fassers, der V. 3 — 10 geschrieben. Indessen erregt mir Be-
denken der Ausdruck Marte farente, der hier, wo Achilles
eigne Kraft zu betonen ist, bedenklich scheint. Mehr so-
dann Folgendes. Bleibt dieses Distichon stehen, so haben
wir dreimal hinter einander Pentameter aus der Classe der
so gebildeten, dasz die zweite Hälfte mit zusammengehörigem
DIE SOOENAKNTEN OVIDISCHEN HEROIDEN. CCXXXI
Adjectiv und Substantir (auch umgekehrt) anfängt, und noch
mit der engern Form, dasz zugleich die erste Hälfte schlieszt
mit einem Adjectiv, dessen zugehöriges Substantiv in der
zweiten Hälfte folgt (auch umgekehrt). Diese Bildung drei-
mal hinter einander darf jedenfalls auffallen : ist ja auch
Oberhaupt eine besondere Neigung dazu in dieser Epistel
nicht vorhanden. In dem uns ursprünglich erschienenen
Theil hatten wir es V. 30, dann V. 44, worauf dann V. 46
in schon geänderter Form, namentlich auch durch zwischeri-
tretendes Wort: et fueram patriae pars ego magna meae. —
üebrigena in den nicht aufgenommenen Theilen ungefähr
in demselben Verhältnis: 68. 76. 88. flOO.] 104. 114. 126.
144. — Auffallendes in dieser Beziehung bietet unter den
Herolden die Medea. Genaue Nachweise über diesen Punkt
überhaupt, auch z. B. über das Verhältnis der drei clas-
sischen Elegiker hierin, würden dankenswerth sein.
Beiläufige formelle Bemerkungen. Von V. 96 bis zum*
Schlusz 154 folgen keine Elisionen mehr mit Ausnahme
eines einzigen que V. 132 praesenlisque oculos. Femer der
Distichenbau, in welchem der Pentameter mit que anfängt,
selbst mit etj erscheint in den nicht aufgenommenen Theilen
ziemlich häufig, in den aufgenommenen dagegen selten iqne
einmal im Schluszverse). Beides, wie man aus Beobachtung
lernt, auch beides zusammen, könnte zufällig sein: bemerkt
mußz es werden. — Ein Philolog, der über Ovidius
Verse sehr genaue Untersuchungen angestellt, Anton
Viertel, sagt mir: der elidirte pyrrhichische Imperativ
in dem verworfenen arma cape Aeacide sei bemerkenswerth.
Es gebe auch in den Herolden einen solchen nicht: bei
Ovidius nur Ars am. II, 489 age et. Met. XII, 490 age ait.
Und Met. XII, 309 /«/^re ad. Met. XIII 381 date et.
Was nun die ausgeschiedenen Partien anbetrifft, so sind
es zuerst die Verse 17 — 20. Sie besagen: ich habe oft ent-
fliehen und zu dir zurückkehren wollen, aber ich fürchtete
von den Trojanern gefangen zu werden. Das ist ja in der
Vorstellung geschrieben, als wäre sie, die bei Agamemnon
ist, nicht mit Achilles in demselben Lager. Was hat sie
CCXXXn DIE 80GENANNTEK OVIDISCHEN HEROIDEN.
denn durch Trojaner zu fliehen? — V. 67 — 82: wenn du
morgen heimkehren willst, so nimm mich mit, ich würde
ja keine grosze Last für deine Flotte sein ; ich will dir auch
unter den ungünstigsten Bedingungen folgen. Ja da mus^
er sie doch erst haben! Wie wird er sie denn erhalten von
Agamemnon, wenn er nach Hause segeln will? ~ Von V.
91 bis zum Schlusz (wo wieder die eben berührte Unbeson-
nenheit kommt, als ob es von ihm abhinge sie mitzuneh-
men) folgt nun Sonderbares, Auffallendes , Läppisches Schlag
auf Schlag.
3. Dasz auszer den inneren Interpolationen an den ur-
sprünglichen Brief ein längerer oder langer Schlusz ange-
hängt ist, dies scheint sich noch in mehreren anderen Epi-
steln aufzudrängen. Es ist nicht möglich daran zu zwei-
feln in der (achtzehnten) Epistel des Leander (218 Verse)
dasz gegenüber einem wohl eingehaltenen Gedankengang
und in Masz gehaltenen Styl von V. 117 oder 119 an man
sich in Gedankenordnung, Gedankenwiederholung, im Haschen
nach noch anderem, was wieder dasselbe wird, in gesuchten,
gegensätzlichen Pointen als stetigem Charakter bewegt, ver-
bunden mit einem Gefallen an Aufputz durch mythologische
und astronomische Gelehrsamkeit. Wobei man immer noch
das Convolut von Schiefheit und Unsinn, welches in V. 119
— 124 erscheint, auf sich mag beruhen lassen. Hiergegen
prägt der erste Theil dieser Epistel den ihm eignen Charak-
ter seinerseits stetig genug aus, ich glaube hinreichend, um
anszer in dem Distichon 23. 24 noch an zwei andern Stel-
len, 39—53 und 59—77 Interpolation zu empfinden durch
Affeetation, Uebertreibung und in der zweiten Stelle durch
ein sonst hier fremdartiges Indielängeziehen eines Gedan-
kens, um neue Wendungen anzubringen. Man hat auch
keine Veranlassung solche unnöthige prosaische Pedanterie
wie in dem Uebergange V. 75 haec ego vel cerle non hts
diversa locutus dem ersten Verfasser zuzuschreiben. Eine
Nachahmung aus Mel. VI. 702 haec Boreas aut his non in-
ferior a locutus: was doch anders ist. Man wird guten Grund
haben für das ursprüngliche Stück das folgende zu halten:
DIE SOGENANNTEN OVID18CHEN UEROIDEN. CCXXXIII
Mittit Abydenus quam mallet ferre salutem,
si cadat unda maris, Sesta puella, tibi,
si mihi di faciies et sunt in amore secundi,
iDvitis oculis haec mea verba leges.
5 sed non sunt faciies : nam cur mea vota morantur
currere me vota nee patiuntur aqua?
ipsa vides caelum pice nigrius et freta ventis
turbida perque cavas vix adeunda rates.
unus, et hie audax, a quo tibi littera nostra
10 redditur, e portu navita movit iter.
ascensurus eram, nisi quod, cum vincula prorae
solveret, in spcculis omnis Abydos erat,
non poteram celare meos velut ante parentes,
quemque tegi volumus non latuisset amor.
15 protinus haec scribens 'felix i littera' dixi,
'iam tibi formosam porriget illa manum.
forsitan admotis etiam tangere labellis,
rumpere dum niveo vincula dente volet.'
talibus exiguo dictis mihi murmure verbis
20 cetera cum charta dcxtra locuta mea est.
at quanto mallem quam scriberet illa nataret
meque per assuetas sedula ferret aquas.
25 septima nox agitur, spatium mihi longius anno,
sollicitum raucis ut mare fervet aquis.
bis ego si vidi mulcentem pectora somnum
noctibus, insani sit mora longa freti.
rupe sedens aliqua specto tua litora tristis,
30 et quo non possum corpore, mente feror.
lumina quin etiam summa vigilantia turre
aut videt aut acies nostra videre putat.
ter mihi deposita est in sicca vestis harena,
tcr grave temptavi carpere nudus iter.
35 obstitit inceptis tumidum iuvenalibus aequor
mersit et inversis ora natantis aquis.
53 interea, dum cuncta negant ventique fretumque,
mente agito furti tempora prima mei.
55 nox erat incipiens — namque est meminisse voluptas —
cum foribus patriis egrediebar amans.
nee mora, deposito pariter cum veste timore
iactabam liquido bracchia lenta man.
77 unda repercussae radiabat imagine lunae,
et nitor in tacita nocte diurnus erat:
nullaque vox usquam, nullum veniebat ad aures
80 praeter dimotae corpore murmur aquae.
CCXXXIV DIE SOGENANNTEN OVIDISCHEN HERÜIDEN.
Alcyones solae^ memores Ceycis amati,
nescio quid visae sunt mihi dulce queri.
iamque fatigatis umero sub utroque lacertis
. fortiter iu summas erigor altus aquas.
85 ut procul aspexi lumen. 'meus igiiis in illo est,
illa meum* dixi 'litora lumen habent/
et subito lassis vires rediere lacertis,
visaque quam fuerat mollior unda mihi,
fiigora ne possim gelidi sentire profundi,
90 qui calet in cupido pectore praestat amor.
quo magis accedo propioraque litora fiuut
quoque minus restat, plus übet ire mihi.
cum vero possum cemi quoque, protinus addis
' spectatrix animos ut valeamque facis.
95 nunc etiam nando dominae placuisse laboro
atque oculis iacto bracchia nostra tuis.
te tua vix prohibet nutrix descendcre in altum —
hoc quoque enim vidi, nee mihi verba dabas —
nee tamen effecit, quamvis retinebat euntem,
tOO ne fieret prima pes tuus udus aqua,
excipis amplexu feliciaque oscula iungis,
oscula, di magni! trans mare digna peti,
eque tuis dcmptos umeris mihi tradis amictus
et madidam sicca» aequoris imbre comam.
t05 cetera nox et nos et turris conscia novit
quodque mihi lumen per mare monstrat iter.
non magis iilius numerari gaudia noctis
Hellespontiaci quam maris alga potest.
quo brevius spatium nobis ad furta dabatur,
110 hoc magis est cautum ne foret iUud iners.
iamque fugatura Tithoni coniuge noctem
praevius Aurorae Lucifer ortus erat:
oscula congerimus properata sine ordine raptim
et querimur parvas noctibus esse moras.
115 atque ita cunctatus monitu nutricis amaro
frigida deserta litora turre peto.
143 invideo Phrixo, quem per freta tristia tutum
aurea lanigero vellere vexit ovis.
145 nee tamen officium pecoris navisve requiro,
dum modo quas findam corpore dentur aquae.
217 interea pro me pernoctet epistula tecum,
quam precor ut minima prosequar ipse mora.
DIE SOGENANNTEN OVIDISCHEN UEROIDEN. CCXXXV
Derselbe Fall ist mit dem Antwortbriefe der Hero, der
neunzehnten Epistel (210 Verse). Das ist eine hübsche,
man mochte sagen, was man gar selten in diesen Episteln
sagen möchte, eine anmuthige 'Epistel bis V. 64, welche bis
dahin als eine vollständige Ovids unbedenklich würdige Epistel
erscheinen konnte. Aber von da an folgt Unruhe, Spitzfin-
digkeit, Wiederholung, Gelehrsamkeit, sehr in der Art der
Erweiterung des Leanderbriefes. — Auch für die dort an-
gemerkte Pedanterie in V. 75 haec ego vel certe non hls
diversa locutm findet sich hier ein Analogen V. 86 minaxque
non minus aut multo non minus aequor erat. — Femer mag
bemerkt werden, dasz in beiden unsern unechten Theilen
jener Bau der Disticlien, nach welchem der Pentameter mit
que anfängt, gegen die echten Theile abfallend wird. Beide-
mal kommt in den unechten Theilen auf etwa 12 Verse 6in
solcher. Aber die echt erschienenen Theile verhalten sich
sehr verschieden darin. Im Leander kommt hier auf 17
Verse 6in solcher, in der Hero auf alle 70 Verse nur 2.
Die beiden ursprünglichen Briefe verschiedenen Verfassern
beizulegen, dagegen könnte der ästhetische Eindruck nichts
einzuwenden haben. Ich sagte auf alle 70 Verse: denn um
für die ersten echt erschienenen 64 Verse den Abschlusz
zu gewinnen, setze ich 121. 122. 127. 128. 209. 210 hinzu:
multaque praeterea linguae reticenda modcstae,
64 quae fecisse iuvat, facta referre pudet.
121 rae miseram, quanto planguntur litora Hiictn,
et latet obsciira coiulita nube dies.
127 non favet, iit nunc est, teneris locus iste puellis:
hac Helle periit, hac ego laedor aqua.
209 interea, uanti quoniam freta pervia non sunt,
leniat invisas littora missa moras.
Uebrigens wäre es in diesem jetzt vorliegenden Hero-
briefe sehr natürlich auf den Gedanken zu kommen, dasz
zwei ursprüngliche Briefe verbunden darin vorhanden sind,
der eine oben bezeichnete und ein anderer schlechterer,
etwa Anfangs verse 1, 2, dann 69 ff., in welchem — denn
auch das ist sehr auffallend und unvermittelt gegen das
CCXXXVI DIE SOQENANNTEN OVIDISCHEN HEROIDEK.
ganz andere Gefühl, aus welchem der erste geschrieben ist
— das hervorstechende Motiv Vorwürfe und eifersüchtiges
Misztrauen ist und der Gedanke 'du liebst eine Nebenge-
liebtV wiederholt und überlästig auftritt. Aber auch dieser
zweite Brief ginge etwa nur bis 116 oder 118^ wozu viel-
leicht 157- 160. Denn schon die gelehrte Stelle, in der
sie ihre Belesenheit in den Dichtem bezeugt, 123 ff., würde
selbst der zweiten Epistel nicht mehr entsprechend scheinen.
Und V. 157 ff. schlieszen sich nicht an das Vorangehende
an, sondern ihr Sinn weist sie an 118. Auch scheint in die-
ser ganzen Zwischenstelle Leander in anderer Situation ge-
dacht, nemlich als wirklich während stüianischer Nacht auf
dem Meere schwimmend, 149. 155. Was 159 schon wieder
anders ist.
4. Ein Brief, der ohne Zweifel in seiner ursprünglichen
Gestalt vorliegt, ist der (elftei Brief der Canace (12S Verse).
Nicht ein einziges Distichon erregt hier irgend einen Ver-
dacht. Dieser Brief ist nicht ohne Geschmacklosigkeiten:
die Situation am Anfang, dasz sie während des Schreibens
des Briefs das Schwert in der Hand hält, ist sogar — hier
wie am Schlusz der Dido — eine grosze Geschmacklosig-
keit. Und dasz und warum das erste Distichon läppisch
ist, braucht wol nicht erst gesagt zu werden: übertragen
aus der natürlichen und unvermeidlichen Situation, dasz
einer Weinenden die Thränen auf ihr Blatt fallen, während
sie schreibt, wie in der mit Recht schon als Vorbild be-
zeichneten Stelle Prop. IV, 3, 3, ohne welche auch wol in
dem wie in einigen andern Episteln abgebrochen beginnen-
den Anfang nicht gerade tarnen, sondern eine etwas klarere
Partikel stehen würde. Der Brief ist ohne leichten poeti-
schen Schwung, musz im ganzen wol vielmehr für die hoch-
tragische Situation ziemlich nüchtern genannt werden; aber
er geht in vollkommen richtigem, nicht gestörtem, nicht
überladenem, nicht verwirrtem Gedankengange: was allea
gerade der Eindruck der meisten Episteln ist wie sie jetzt vor-
liegen. Der Schlusz übrigens ist zwar ohne tragischen Eindruck^
aber er ist immerhin nicht ohne einigen Trauereindruck. —
DIE SOGENANNTEN OVIDISCHEN HEKOIDEN. CCXXXVII
lu der Form scheint der Brief mit groszer Sorgfalt gear-
beitet und mit gutem Ohr. Von einem carissima aisti, auch
von Jii/f/ra es V. 59 und 62 kann nicht die Bede sein:
dfiTfi und futura,
5. Liest man nach der Canace einmal unmittelbar den
(zwanzigsten) Brief des Acontius (242 Verse), so ist auch
dieser der Interpolationen nicht verdächtig. Der Zusammen-
hang der Gedanken, ja man möchte hier sagen die Dispo-
sition des Aufsatzes läszt sich verfolgen. Aber der Styl ist
ein ganz anderer, breiter gehaltener: dieselbe Sache, der-
selbe Gedanke ist in mehr als einer Stelle in >viederholten
Wendungen ausgesprochen, ohne dasz eben in der Sache
etwas Neues kommt. Auch scheint das Bestreben acumina
anzubringen sehr ausgebildet, viel mehr dünkt mich als in
der Canace. Gröszere Interpolationen betreffend, so könnte
nur gefragt werden, o1) vielleicht V. 21 — 97 eine interpo-
lirtc Erweiterung sind. Aber eben bei der Breite des Styls
ist as wol auch eine Erweiterung des ursprünglichen Ver-
fassers.
In den Rhythmen glaubt man auch etwas anderes zu
hören als in der Canace: einen Verfassser von weniger
gutem Ohr. Was sich bald aussprechen läszt, ist Folgendes.
a) Eine auffallende Gleichgültigkeit gegen die häufige
Anwendung unmittelbar hinter einander stehender einsilbiger
Wörter. Man betrachte die folgende Zusammenstellung (wir
bleiben eben bei der Canace) in Zahl, auch in Art:
Canace (128 Verse).
1 Si qua tamcn caccis errabunt scripta lituris
5 haec ost Aeolidos fratri scribentis imago
23 cur umquam plus me frater quam trater amasti
29 nee somni faciles et nox erat anuua nobis
31 nee cur hacc facercm poteram mihi reddere causam
39 quas mihi non herbas, quae non medicamiua nutrix
4t ut penitus nostiis hoc te celavimus uuum
62 illius de quo matcr et uxor eris
80 et vix a misero conti aet ore manus
103 ferte faees in me quas fertis Erinyes atrae.
CCXXXVm DIE SOGENANNTEN OVIDISCIIEN HEROLDEN.
Acontiuö (242 Verse).
2 promissam satis est te semel esse mihi
8 debitus ut coniux non ut adulter amo
tt invenies illic id te spondere qiiod opto
16 et spc quam dederas tu milii crevit amor
24 id me quod quereris conciliare potest
25 non ego natura, non sum tam callidus usu
26 BoUertem tu me, crede, puella facis
27 te mihi compositis, si quid tarnen egimus, a me
31 Sit fraus huic facto nomen dicarquc dolosus
32 si tarnen est quod ames velle teuere dolus
34 altera fraus haec est quodque queraris habes
44 exitus in dis est, sed capiere tarnen'
47 si non proticieut artes, veniemus ad arma
50 nee quemquam qui vir posset ut esse fuit
52 ut Sit erit quam te non babuisse minor
62 nee dubito totum quin sibi par sit opus
63 hac ego compulsus non est mirabile forma
65 denique dum captam tu te cogare fateri
71 quamlibet accuses et sis irata licebit
85 sed neque compedibus nee me compesce catenis
91 nunc reus infelix absens agor et moa cum sit
03 hoc quoque quod tu vis sit scriptum iniuria nostrum
94 quod de me solo nempe queraris habes
95 non meruit falli mecum quoque Delia. si non
97 adfuit et vidit, cum tu decepta rubebas
109 dicendum tamen est. hoc est, mihi crede, quod aegra
1 1 3 iude fit ut quotiens existere pertida temptas
121 hostibus et si quis ne fias nostra repugnat
122 sie sit ut invalida te solet esse mihi
123 torqueor ex aequo vel te nubente vel aegra
125 maceror iuterdum quod sim tibi causa dolendi
135 et rursus miserum quod me procul inde remoto
144 ad spes alterius quis tibi fecit iter
149 elige de Vacuis quam non sibi vindicet alter
155 nam quod habes et tu gemini verba altera pacti
159 promisit pater haue, haec et iuravit amanti
IfiO ille homines, haec est testificata deam
162 uum dubites hie sit maior an ille metus
166 nee spes par nobis nee timor aequus adest
168 idque ego iam quod tu forsan amabit amo
172 ad quid, Cydippe, littera nostra redit
173 hie facit ut iaceas et sis suspecta Dianae
174 hunc tu, si sapias, limen adire vetes
DIE SOGENANNTEN OVIDISGHEN HEROIDEN. CCXXXIX
176 atque utinam pro te qui movet illa cadat
177 quem si reppuloris nee quem dea damnet amaris
178 et tu continuo, certe ego salvus ero
182 sed quae praestauda est et sine teste fide
193 audiet baec, repetens quae sint audita. requiret
194 ipsa tibi de quo coniuge partus eat
195 promittes votum, seit te promittere falsa
196 iurabis, seis tc fallere posse deos
197 non agitur de me, cura meliore laboro
201 et eur ignorent matri lieet omnia narres
203 ordine fae referas, ut sis mihi eognita primum
207 et te dum nimium miror, nota eerta furoris
213 ne tameu ignoret scripti sententia quae sit
215 nube preeor dicet cui te bona numina iungunt
217 quisquis is est plaeeat, qnoniam plaeet ante Dianae
219 sed tarnen et quaerat qui^ sim qualisque videto
223 illa mihi patria est, nee si gcnerosa probatis
225 sunt et opes nobis, sunt et sine crimine mores
227 appeteres talem vel non iurata maritum •
228 iuratae vel non talis habendus erat
229 haee tibi me in somnis iaeulatrix seribere Phoebe
235 quod si eontigerit, eum iam data signa sonabunt.
Wie tief durch so tiberniäszig häufige Zusammenstellung
selbst von zwei einsilbigen Längen der Bau der Spondeen;
nicht zu ihrem Vortheil, betroffen wird, ist klar. Und es
kann nichts Entscheidenderes geben als eine so grosze und
so durchgehende Verschiedenheit des Versbaues.
b) Es wird auch Folgendes bemerkt werden dürfen.
Im Acontius sind drei Hexameter mit vier anfangenden
S])ondeen :
21 deeeptam dicas nostra te fraude lieebit
31 sit fraus huie facto uomen dicarque dolosus
119 serventur voltus ad nostra ineendia nati.
In der Canace ist zwar ein solcher Vers, der aber nicht
voll wiegt, da er zu einer Figur gebraucht ist:
23 cur umquam plus me frater quam frater amasti,
Als fernere nicht interpolirte Episteln wird man stu-
diren können : Oenone, Hermione, Laodamia, auch die weit-
läufige Phyllis, alle mit zu den schlechtesten in der Samm-
CCXL DIE SOGENANNTEN OVIDISCUEN HEROIDEN.
lung gehörend, Phyllis und Oenone wol die schlecbteaten,
Laodamia immer noch die belebteste. Nicht interpolirt soll
aber nicht ausschlieszen den Zusatz eines oder des andern
Distichons, ja in der Oenone nicht bedeuten dasz, so viel
man dieser wunderlichen Nymphe auch zu gute halten
kann, nicht die schändlichen Verse 140—144, so wie auch
151. 152, sich hinreichend kenntlich machten um sie als
Zusatz zu erkennen, wie Merkel sie bezeichnet hat. In der
Laodamia ist der mehrmals abspringende Gedankengang
absichtlich zum Ausdruck der Beunruhigung und so dasz
kein Anlasz zur Verdächtigung entsteht. Uebrigens sind
die 166 Verse doch in ihrer Art erkennbar genug, um das
ganz wider die Intention eintretende Distichon 155 f.
crede mihi, plus est quam quod videatur imago:
adde sonum cerae, Protesilaus erit
hinauszuw61*fen. V. 152 hat es vielleicht nicht referat, son-
dern referefis geheiszen. V. 137 nothwendig quamvis statt
guue sie. Und selbst bei dem freilich nicht besonders ver-
feinerten Geschmack darf man wol über das kalte Wasser
V. 26 stutzen und meinen, dasz der Vers ursprünglich so
nicht geheiszen hat.
6. Doch zurück zu den ausgedehnteren Interpolationen
und Fortsetzungen. Die vierzehnte Epistel (Hypennnestra,
132 Verse) ist gut (diesen Ausdruck freilich überall hier
nach mäsziger Scala verstanden) und gleichmäszig bis V. 84.
Nur V. 59—62 dürften Interpolation sein. Mit V. 8J tritt
plötzlich eine auffallende Aenderung des Tons und der Ten-
denz ein, ein leidenschaftliches Sichstürzen auf die Geschichte
der lo mit ganz ungerechtfertigtem Verweilen und völligem
Vergessen dasz ein Brief geschrieben wird, so weit dasz lo
mehrmals angeredet wird. Auszerdem wird man betroffen
von gehäuften und auch inopten acumina. Schon Scaliger
hat die Verse 85—118 für interpolirt erklärt: und das Ge-
fühl, welches auch die Verse nach 109, den Uebergang
nach der logeschichte und die Rückkehr in die Gegenwart
als wunderlich und um die Schrecken ihrer eignen Erfah-
rung zu schildern auffallend matt empfindet, theile ich durch-
DIE SOGENANNTEN OVIDISCHEN HEBOIDEN. CCXLI
aus« Allein die Fortsetzung nun ist gleichfalls nicht zu
dulden. V. 125: entweder rette mich oder tödte mich —
wie? wo? — und verbrenne mich heimlich — warum? —
und begrabe mich kenntlich. Und auf das Grab soll ge-
schrieben werden: exul Htjpermnestra — pretium pietatis
tniquum — quam mo?*tem fratri depulit ipsa tulit. Warum
denn exuH Es wird doch niemand einfallen das etwa
blosz darauf zu beziehen, dasz sie aus Aegypten nach Argos
verjagt worden, welches sie freilich etwas wunderlich hier
V. 112 mit ultimus orbis bezeichnet hatte: sie wie alle übri-
gen. Wenn der Verfasser dieser Verse mit dem exul das
gemeint hat, dann that er gewis etwas was gar nicht am
Orte war. Aber er hat wol gemeint, was jeder versteht
und was zur Sache gehört, dasz sie eben im Exil umge-
kommen. Nun aber war davon dasz der Vater sie in
Verbannung geschickt, wo sie umgekommen, hier -durchaus
nicht die Rede. Aber in der bekannten Stelle des Horatius
ist davon die Rede: me vel cxtremos Numidarum in agros
classe relegel. Dann weiter : scribere plura libet^ sed pon-
dere lapsa catenae est inanus et vires subtrahit ipse timor.
Wie? nachdem sie ihm alles dargestellt und bereits ihr Be-
gräbnis und ihre Grabschrift ihm angegeben, hat sie Lust
noch mehr zu schreiben, fast hätte ich geschrieben und mit
Recht: hat sie Lust nun noch zu schwatzen? Welche un-
passende Uebertragung aus einer Situation, wo etwa eine
Liebende schreibt, oaQtUfiev alXijXoiai. Doch als üebergang
zu den Ketten bot es sich dar, zu den Ketten die Horatius
an derselben Stelle lieferte: me paler saevis oneret catenis.
Aus der Stelle über die lo, in welcher übrigens V. 91
conatoque queri muqitus edidit ore ebenso in den Metamor-
phosen steht, ist anzumerken dasz hier zwei Hexameter
ins Ohr fallen von folgendem Bau, wie wir bisher nicht
gehört :
95 illa lovis magnf paelöx metuenda sorori
und 107 per sept^m Nilüs portüs emissus in aequor.
Auch hört man V. HO auclor? dant anni quod querar ecce
mei etwas, was man bisher in dieser Epistel noch nicht
Leim, Ho»Uiu. Q
CCXLU DIE SOGENANNTEN OVIDISCHEN HEROIDEN.
gehört, nemlich einen Pentameter mit ganz spondeisebem
erstem Theil. Und nun folgen bis zum Schlüsse V. 132
noch drei dergleichen:
120 quid fiet souti, cum rea laudis agar
122 infelix uao fratre manente cadam
130 quam mortem fratri dcpulit ipsa tulit.
In dem ersten dieser Verse wird handschriftlich auch ßaly
9Xich ßeret geboten: ^quidßet sonti] y?erp/ Septem, Awoßat]
utrumque bene/ Heinsius. Ich bin nun der Meinung, dasz
nach den Versen 83. 84, bis zu welchen der Brief unange-
fochten fortgeht
abstrahor a patriis pedibus, raptamque capillis —
haec meruit pietas praemia — carcer habet,
womit der Schlusz noch nicht gegeben scheint, sich noch
als ursprüngliche Verse anschlieszen 119. 120.
eu ego, quod vivis, poeuae crucianda reservor:
quid fioret sonti, cum rea laudis agar?
mit sehr gutem Schlusz auf denjenigen Gedanken, der als
ein Hauptgedanke, aus dem sie schreibt, auch früher schon
erschien: für meine Pietät leide ich. Und ist dem so, so
steht es also frei, wenn man das rationeller findet, ßeret
zu schreiben.
7. Dasz die siebente Epistel (Dido, 196 Verse) nicht
von Ovidius ist, könnte man auch, wenn es irgend nöthig
wäre, aus den bekannten Ovidischen Versen sehen Amor.
II, 18, 25 f.: scribhnus . . . quodque ienens strictum Dido
miserabilis ensem dicat et Aeoliae Lesbis amica lyrae, Ovi-
dius bezeichnet mit jenen Worten in symbolisch poetischem
Ausdruck, dasz jenes sein Gedicht Didos letzte Worte ent-
halte, unmittelbar ehe sie sich den Tod gab. Dies ist aber
in der heutigen Heroide nicht so. Diese setzt die Anwesen-
heit des Aeneas voraus und gibt es nicht auf ihn umzu-
stimmen: sie bittet z. B. wenigstens sanftere Winde abzu-
warten und versucht alle Gründe aufzubieten, die ihn noch
zur Rückkehr zu Dido bewegen könnten. Dies alles ist
also nicht von ihr gesagt in dem Augenblick, wo sie sich
DIE SOGENANNTEN 0VIDI8CHEN HEROIDEN. CCXLEI
den Tod geben wird, in dem sie überhaupt den Aeneas um
nichts zu bitten, wol aber ihm viel zu sagen haben könnte,
sogar auf die sehr unge>vi8se Möglichkeit dasz der Brief
ihn jemals erreiche, Vorwürfe nemlich und Prophezeiungen.
Und in dem obigen Sinne steht auch z. B. ganz deutlich
177-182:
pro meritis et si qua tibi debebimus ultra,
pro spe couiugii tempora parva peto:
dum freta mitescuut et amor, dum tempore et usa
fortiter edisco tnstia posse pati.
si minus, est auimus nobis eifundere vitam:
in me crudelis non potes esse diu.
Wenn nun hieuach folgt 183:
aspicias utinam quae sit scribentis imago :
scribimus« et gremio Troicus ensis adest
USW. bis zum Schlusz 196, so ist das ein ganz unerträg-
licher Zusatz, veranlaszt durch die Anfangsverse sie übt
fata twcant, udis abiechis in herbis ad. vada Maeandri concinit
albus oior, nee quia te nosira sperem prece posse moveriy
adloquor, welche nur in dem Sinne gemeint sein können:
'ich fühle doch dasz es mein Schwanengesang ist' — veran-
laszt durch jene obige Stelle des Ovidius, welche obendrein
wol geschmacklos miszangewendet ist. Denn fch glaube
dasz der Ausdruck 'was Dido sagt das gezogene Schwert
haltend' zur Bezeichnung ^inmittelbar ehe sie sich tödten
wiir und als poetisch symbolischer Ausdruck über römische
und Ovidische Dichtersprache nicht hinausgeht; dasz aber
die förmliche Präsentation des Bildes, dasz sie diesen gan-
zen Brief schreibt mit dem Schwerte auf dem Schosz, ge-
schmacklos ist und wol über Ovidius hinaus. Doch, worauf
es uns eigentlich ankommt, die Verse 1183—196 passen
jedenfalls durchaus nicht zu der Situation in der sich die
Epistel bewegt, und passen ferner durchaus nicht zu den
unmittelbar vorhergehenden Versen. Allein auch die Vers-
partie, welche mit 182 schlieszt, von 169 an: nota mihi freta
sunt usw. paszt wieder durchaus nicht zu ihrer Vorpartie.
Denn unmittelbar vorher waren die Beschwörungen ausge-
Q2
CCXLIV DIE SOGENANNTEN OVIDISCHEN HEROIDEN.
führt, zu Dido und als Beherrscher ihrer neuen Stadt blei-
bend zurflckzukehren. An und für sieh eine passende
Steigerung zu dem in der Epistel überflüssig behandelten:
'bleib wenigstens bis die Winde sanfter werden/ Aus
welcher zu jenem ohne allen und jeden motivierenden
Uebei^ng nicht wieder zurückgekehrt werden kann. Zwi-
schen den beiden genannten Gedanken, welche, wie gesagt,
sich richtig steigern würden, liegt in der Epistel eine Menge
wüster und unvermittelter Dinge, auch Grobheiten (79 flf.),
am wenigsten geeignet den Aeneas sanfter zu stimmen —
und nachher auffallend vergessen (107. 15S), nicht zurück-
genommen. Die erste Interpolation beginnt V. 22, reichend
bis 36, ganz unverkennbar an dem Hinausfallen in die
jugendlichste Liebesglut, die für Dido überhaupt nicht und
gewis jetzt nicht paszt, wo Treue und Rettung der Ehre
die ersten Motive sind, und an dem durch seine Plötzlichkeit
wie durch seine Dauer gleich frappierenden Hinausfallen in
die dritte Person, sogar mit ille.
Der Schlusz der ursprünglichen Epistel lag wol V. 160.
161 sie . . Ascaniusque suos felidter inpleat annos, et senü
Anchisae moUiter ossa cubent Allein die echten diesen vor-
angehenden Verse hat die Interpolation oder die jammer-
volle Uebörlieferung weggeschwemmt. Die jetzigen beiden
vorangehenden Verse sind Unsinn. — Die Grabschrift nahm
wie das tumuli und marmore carmen derjenige dem liier die
letzten Verse verdankt werden aus den Fasten III, 548.
Wiewol es gar nicht unwahrscheinlich aussieht, dasz Ov.
an dieser Stelle, auch schon a. a. HI, 39, die von ihm
selbst für seine Didoepistel erfundene Grabschrift benutzte.
8. Sabinus hatte, wenn der wunderlich unverbunden
eintretenden Stelle Amor. II, 18, 27 zu trauen ist, den
Aeneas den Brief der Dido beantworten lassen. Wir wollen
ihm wünschen dasz er wenigstens einigermaszen angedeutet
hatte, was den Aeneas zu der Voraussetzung veranlassen
durfte, Dido habe, obgleich schon das gezogene Schwert
in der Hand, ihren Vorsatz doch wol nicht ausgeführt. Wir
wollen ihm zutrauen dasz er nicht so ganz unbekümmert
DIE SOGENANNTEN OVIDISCHEN HEROIDEN. CCXLV
um Zeit, Ort und Verhältnis in den blauen EQmmel hinein-
geschrieben, wie es in dem (zehnten) Briefe der Ariadne
geschieht (150 Verse) : in welchem dies geradezu ins Lächer-
liche geht, wie man sich leicht vei^üglich auch selbst
überzeugen wird. Ist Amor. II, 18, 24 den Worten quod . .
Hippolytique parens Hippolytusque legant ein Brief der Ariadne
gemeint und dadurch ein Ariadnebrief des Ovidius bezeugti
so hatte Ov. selbst allerdings gerade für solche Situation
Gelegenheit seinen Ovidischen Scharfsinn zu zeigen. In den
jetzigen Briefen, auch in ihrer ursprünglichen Gestalt, haben
wir es im Punkte der Zeit gar zu genau nicht zu nehmen.
Aus der Reihe der schon berührten Episteln ist es gar zu
gut nicht angelegt, dasz Leander seinen Brief mit so aus-
führlicher Erzählung seiner ersten Liebesfahrten während
der Zeit niederschreibt, dasz ein Schiffer sich fertig macht
hinüberzufahren. Allein es gibt doch für Zeit, Ort und
Umstände ein mehr und weniger. Und ganz so arg wie
in der jetzigen Epistel der Ariadne ist es ursprünglich wol
nicht gewesen. Denn es ist nicht so arg, wenn der ur-
sprüngliche Brief nur bis V. 76 (vielleicht noch mit zuge-
hörigem V. 81. 82) ging, wofür alles spricht. Während
es bis dahin an Ordnung und Einheit gar nicht fehlt, haben
wir von hier an — ein Kehrichtfasz und eine Bumpelkam-
mer, alles in Unordnung, Unverbundenheit und Wunderlich-
keit. Man beginne hier mit der Naturgeschichte von V. 89
an und dem Bodami in solchen Todesphantasien sehr un-
zeitig erwachenden Ahnenstolz, vergesse auch nicht sich in
Styl und Gliederung der Verse 85 — 89 zu versenken, oder
man beginne mit der letzten Gruppe von V. 135. Beide
Partien sind geradezu komisch. Der Brief soll Theseus
noch — also musz er doch auf das schleunigste abgehen 1
durch wen in der geschilderten Wüste der Insel? — soll
ifin noch auf dem Meere während der Reise treffen. Im
einzelnen ist es nicht komisch wie sie ihm den Best ihrer
Haare zeigt? 147 hos tibi qui superant ostendo maesta capäios.
Und wenige Verse vorher sah es so schlimm mit den Haaren
noch nicht aus, 137 aspice demssos lugentis more capHlos.
CCXLVI DIE SOGENANNTEN OVIDISCHEN HEBOIDEN.
Da» will auch so viel noch nicht sagen: der Rock von
Thränen so schwer wie von Regen freilich mehr, dasz das
Briefpapier ihr in der Hand zittert gar nichts. Die Unzu-
länglichkeit (um gelinde zu reden) dieser Verse in sich mag
besonders ins Auge fassen wem es etwa beifiele, andern
genannten Uebelständen dadurch zu entgehen dasz er 145
biB 150 für Zusatz hielte. Wenn der Brief bis 76 geht, so
enthält er, etwa am Schlusz des ersten Tages der Verlassen-
heit gesehrieben, ohne Erwartung einer Rettung die Schil-
derung des Erwachens und des verzweiflungsvollen Verlaufs
des ersten Tages. Daran geknüpft, von V. 59, die Aussicht
ihrer verzweifelten Lage sogar für den gedachten Fall dasz
etwa noch Menschen landeten und sie fortführten. Und das
Wiedereinlenken auf den jetzigen Augenblick, wo der Tod
sicher genug bevorsteht, oder — mit 81. 82 — wo der Tod,
sieher genug, nur noch übertroflfen wird von der Erwartung
des Todes, der in tausend Gestalten vor ihre Phantasie
tritt. Warum ist denn unter diesen tausend Schreckgestalten
nicht die sicherste und unentfliehbarste — des Verhungems?
So >vie sie anfing auf die verschiedenen möglichen Weisen
des ihr drohenden Todes im einzelnen einzugehen, so
durfte, man mag die idealen Freiheiten der Poesie noch so
weit ausdehnen, von einem nachdenkenden Dichter dieses
nicht unerwfihnt gelassen werden: dem sie doch zu steuern
keine Mittel hatte wie Philoktetes, dessen Fabel daran er-
innern mag, wie poetisch sich dieses Moment verwerthen
läszt. — Sollte man schon bei dem dritten Verse des Briefs
yuae (andere Lesart quam) legis ex illo^ Thesen, tibi litore
?niito, unde tunvi sine me vela tulere ratem anstoszen wollen
und fragen: ich schicke dir — durch wen? so dürfte das
nicht berechtigt sein. Das quae oder quam legis mitto tibi
litore usw. braucht wol nichts zu bedeuten als ein do ad te — .
Sie wird die Schilderung ihrer Lage in der kurzen Frist,
die ihr noch bleibt, und getrieben der Bitterkeit ihres Ge-
fühls Ausdruck zu geben, als einen Vorwurf für Theseus
hinterlassen, selbst für den unsichem Fall, ob der Brief ge-
funden werden, ob er an Theseus gelangen wird.
DIE SOGENANNTEN OVIDISCHEN HEROIDEN. CCXLVII
Der meiner Meinung nach ursprüngliche Theil des Brie-
fes scheint Anspruch machen zu dürfen, dasz man einige
Unebenheiten durch Kachbesserung hebe. So V. 19. 20:
nunc huc, nunc illuc, et utroque sine ordine curro:
alta puellarcs tardat harenapedes,
Ich meine:
nunc huc, nunc illuc, et utroque sine ordine curro :
nulla puellares tardat harena podes.
V. 65 — 68, wodurch ganz wider den bisherigen Styl die-
selbe Sache dreimal gesagt erscheint, auch die Bezeichnung
puero cognita terra Jori als ungehörig und gesucht auffällt,
darf man entschieden für eingeschoben halten. V. 69 ist
et patei* et lellus die richtige Lesart, nicht at pater — . Ob
man V. 81. 82, wie gesagt, noch hinzunehmen will, kann
überlassen bleil)en. Das Elend der Verse 76 — 79 liegt
offen. In den nächsten der Interpolation zugeschriebenen
Versen klang mir die Elision qu/s seit an haec sacvas tigrU
(las insula habet f V. 86 l)efremdlich. Viertel sagt mir,
im 0\idius fum in gang])arer Weise zu sprechen) wenigstens
gebe es Elision in dieser vorletzten Sylbe des Pentameters
nur zweimal, und beidemal mit e im Infinitiv: Trist, IV, 2,
54 resistcre equos. Pont, I, 8, 46 addere equos. — Derselbe
bemerkt mir eine Seltenheit aus dem ursprünglichen Theile,
V. 27 aseendo: vires animns dabat^ atque ita late: eine Elision
in der ersten Kürze des Dactylus im fünften Fusze komme
bei Ov. nur in den Metamorphosen vor, und zwar blosz
atque ita V, 214. ille ego I, 757. {ergo ego VII, 172.) —
Ich will der Bemerkung hier noch einen Platz geben dasz
in der ersten Hälfte acht Synalöphen sind, in der zweiten,
die sich uns als Zusatz aufgedrungen, gleich langen sind
drei Synalöphen. — Wenn ich aber dergleichen nicht un-
werth der Anführung halte als Zugabe dringenderer Ver-
dachtsgründe aus den Sachen, so erinnere ich absichtlich,
dasz jene dringenden Verdachtsgründe für mich die ent-
scheidenden waren. Ich habe diesen Ariadnebrief nach lan-
ger Zeit und ohne meine frühere Entscheidung im Gedächt-
nisse zu haben jetzt wiedergelesen und bin ganz auf das-
CCXLVni DIE ßOOENANNTEN 0VID18CHEN HEROIDEK.
selbe Ergebnis gekommen. Der zweite Theil des Briefes
ist fort und fort Geftthl und Verstand beleidigend : er ist
scheuszlich.
9. Sehr ins Enge gezogen mttssen die Zeitverhältnisse
in der Deianira gedacht werden, der neunten Epistel
(168 Verse). Man musz denken: als das Gerücht sich ver-
breitet, Hercules liebe die lole (vgl. Metam. IX, 135—140),
hat sie dem Hercules das giftige Gewand überschickt Als
lole angekommen und durch ihre übermttthige Gegenwart
das Gerücht zur Gewisheit gemacht und die Eifersucht neu
aufgestachelt, schreibt sie diesen Brief nur voll von dem
Gefühl ihm Vorwürfe zu machen; der Gedanke der zu er-
wartenden Wirkung des übersendeten Gewandes, die eine
Wiedervereinigung erhoffen läszt, ist nicht vorhanden. Jeden-
falls zu groszer Bequemlichkeit eines zum Ausdruck feinerer
gemischter Empfindungen gänzlich unbegabten Autors. Wäh-
rend des Schreibens kommt die Botschaft, nein das Gerücht
(145), wir wollen also sagen, es kommt ihr das Gerücht zu
— an dessen Wahrheit sie mit ihrem Bewusztsein keinen
Augenblick zweifeln kann — dasz Hercules, der das Ge-
wand nun angezogen, unter den Qualen desselben zu Grunde
gehe. Da wendet sich Zorn und Eifersucht in Klage und
Verzweiflung über ihre That, mit der Erwartung, diese
Rechtfertigung werde wol auch noch vor die Augen des
lebenden Hercules kommen. Was wir um so weniger be-
denklich finden wollen, weil allerdings gerade hier schon
das griechische Drama die Zeitverhältnisse poetisch auffal-
lend zusammengerückt hat. Ob man überhaupt fragen
dürfte, warum sie den Hercules denn auch jetzt noch die
ganze Abkanzelung will genieszen lassen, weisz ich nicht.
Bei dem Verfasser, der diese vorliegende schrieb, darf man
es gewis nicht. Ich finde keinen einigermaszen entschei-
denden Grund, dasz der ursprüngliche Brief nur eben bis
zu den Worten gegangen 133 — 136:
Eurytidosqae loles atque Aonii Alcidae
tarpia famosus corpora iunget Hymen.
DIE SOGENANNTEN OVIDISCHEN HEROIDEN« CCXLIX
mens fugit admonitu, frigusque perambolat artus,
et iacet in gremio languida facta manus,
80 sehr dies nach einem Schlusz aussehen könnte. Die
Uebergangsverse, namentlich 137. 138, müssen ganz und
gar ruiniert sein oder die ursprünglichen, die doch nöthig
waren, durch unsinnige ersetzt.
(Jewis ist, diese Epistel der Deianira ist in der ganzen
Sammlung eine der widerwärtigsten, eine schwer geladene,
jedes Hauchs von Grazie, jeder wirklichen Leidenschaft ent-
behrende — es ist wol das richtige Wort — Abkanzelung.
Um etwas Einzelnes zu berühren, warum ist sie denn am
Anfang so sehr erstaunt, dasz Hercules, den keine Gefahr
besiegt, von der Liebe besiegt worden, als sei dies etwas
ganz Neues, während sie doch das Leporelloregister, und
aus der Zeit ihrer Ehe, sehr wol inne hat und es aufrollt
V. 49 ff.? Aber bei alle dem kann ich nicht glauben, dasz
die ganze Schilderung des Hercules bei der Omphale, wie
sie jetzt hier steht, anders als durch Interpolation, welche
die Anlage noch übertyrannte, in diese Gestalt gekommen
sei statt des ursprünglichen Fortgangs 64. 103. 104. 145 ff.
So absichtlich und im prägnanten Sinne q>OQTixotg wird da
auf den schon vollen Wagen noch alles Schwerfälligste hin-
aufgeworfen, der Diomedes mit seinen Pferden sogar zwei-
mal, 67. 90. Der Cerberus, der doch schon oben nicht ver-
gessen war (37), kommt auch wieder 92. Das Schlangen-
erdrttcken in der Wiege 22, hier wieder 86. Was 105 sagt,
besagte schon 84. Dasz der Verfasser dieses Briefs die Er-
zählung im 9. Buche der Metamorphosen gelesen hat, zeigt
sich wol, aber meist in angehafteten Kleinigkeiten des Aus-
drucks, so dasz die Nachahmung mehr gemieden als gesucht
scheint. Im Sachlichen ist wol am auffallendsten der Meleager
in der Nachschrift, V. 151, verglichen mit Met, IX, 150.
Allein die Art wie in der Partie, die wir jetzt besprechen,
der dreiköpfige Geryon zusammen mit dem dreiköpfigen
Cerberus genannt wird, 91 ff., wie gerade hier Busiris und
Antäus herangezogen werden, 69 ff., darf man wol gröbliche
Nachahmung nennen. — V. 73 ist Ars am, II, 219.
CCL DIE SOGENANNTEN OVIDISCHEN HEROIDEN.
Was das Postscriptum betrifft, so ist der ganze Gedanke
läppisch, und wo möglich noch läppischer ist die Ausführung,
wie sie Brief schreibend mit einem Male Strophen dichte
Es mag wol derselbe sein, der, als er von Anfang in zor-
niger Leidenschaft aufzutreten hatte, einhertappte wie ein
Bär, der jetzt, da ihm so etwas vorschwebt wie Liebesweh,
sich wieder nicht zu benehmen weisz und sich eine äuszere
Formzierlichkeit anlegt, übrigens doch gleich wieder in die
Thatsachen der Mythologie fällt. Und es mag schon sein,
dasz gerade ein Stück wie dieses gar sehr den Beifall
jener römischen vornehmen Herren gewinnen konnte, deren
Geschmack Phyllidas Hypsipylas vatum et plorahile si quid
so sehr in Ehren hielt. Wir wollen sie nicht zu hart be-
urtheilen. Haben wir uns selbst ja mit diesen Herolden hin-
reichend blamiert.
40. Dasz Phädra, Paris und Helena durch und durch
von Interpolationen und Erweiterungen durchzogen sind,
scheint offenbar. Die Erwägungen im einzelnen und die
Herbeiführung einiger Sicherheit wird die gröszten Schwierig-
keiten haben, auch für den der sich mehr zutrauen darf als
ich und der in der Lage ist auf diesem Gebiete anhaltender
zu verweilen. Zur Mcdea will ich noch ein paar Bemer-
kungen festhalten. Medea beginnt die zwölfte Epistel:
At tibi Colchorum — mcmini — regina vacavi,
ars mea cum petercs ut tibi ferret opem.
'Ich aber habe doch für dich Zeit gehabt' — also sie hat
den lason zu sich entbieten lassen und er sich entschuldigt
mit Geschäften. Es war dies geschehen, nachdem einige
(169), nicht gar lange (188) Zeit, nach der Hochzeit lasons
vergangen war. Was aber verlangt sie da von ihm? red/te
forum — 193. Er soll Creusa wieder verstoszen und sie
selbst zurücknehmen. Das ist unsinnig. Ob es ursprünglich
ist? Das Frühere scheint auf diesen Gedanken nicht gear-
beitet. Und die Beschaflfenheit der Verse schon von 169
fordert die gröszten Bedenken heraus. Der schwächliche
Ausdruck des bloszen non mihi grata dies und das schwäch-
DIE SOGENANNTEN OVmiSCHEN HESOIDEN. CCLI
liehe Zurückgehen zu dem NichtschlafenkOnnen nach dem
energischen vorangegangenen vnum non potui perdümuUse
virum und non valeo jlammas effuyere ipsa meas nebst dem
nachhinkend kommenden Drachen und dem ungeschickten
Ausdruck in V. 171 fällt mir jedesmal auf. Ebenso nach
dem Beiwort stullae das schwächliche Beiwort iniustis auribtis.
Dann die Gliederung des fttr sich eintretenden Pentameters
178 nach den drei zusammen verbundenen Versen musz
wenigstens beachtet werden (vgl. aber V. 62). Höchst auf-
fallend ist dasz sie 180 sagt flebit et ardores vincet adusta
meos in reiner unbesonnener Vergeszlichkeit, als ob sie
schon den Plan gefaszt die Braut zu verbrennen, während
sie ja noch gar nicht weisz welche Art des Verderbens sie
wählen wird, 181. 207 ff. Sodann die Verse 189. 190, als
ob sie die Kinder blosz deshalb weil sie dem Tason ähnlich
sind liebt und bemitleidet und vor der Wuth der Stiefmutter
geschützt wissen möchte. Was an und fttr sich und rfach
188 saeviot in pari t/s dira novrrca meos ganz wunderlich
und unerwartet ist. V. 192 per meritum et natos pignora
nostra diios doch ganz ungeschickt nach dem eben Voran-
gegangenen, als ob die nati nun erst aufträten. V. 159
adde fidem dictis mi^iUumqne refer. Wenn das redde torum
193 unsinnig ist, so ist dieser Zusatz 'und erfülle damit das
mir gegebene Versprechen, dasz ich deine Frau sein solf
wahrlich nicht sinnig. V. 202: wenn er ihr das goldene
Fell zurttckgibt, dann isfs gut. Ich wüszte nicht dasz der
vorangehende Bestand des Briefs dem Gleiches böte, nament-
lich auch diesen zuletzt bemerkten Punkten Gleiches. Und
von dem allem hat eine wiederholte Betrachtung nur abge-
zogen, dasz die Verse 187-T-190 auch dem nicht gehören,
der sie, nachdem ihr Zorn zu einer Höhe gelangt, noch die
Verse von 180 an sprechen liesz, sondern wieder eine
Interpolation fttr sich sind. Die Worte per superos oro
usw. schlieszen sich emchtlich an 186 nee moror ante tuos
procubuisse pedes. Und dann dasz das Adjectiv iniustis
unter allen Umständen eher verdorben sein wird, z. B. statt
infestis. Aber alles Uebrige musz ich immer wieder festhalten
CCLU DIE SOGENANNTEN OVIDISCUEN HEROIDEN.
und halte, wenn man das Möglichste zugibt, fttr den ur.
sprtinglichen Schlusz Folgendes:
163 serpentes igitar potai taurosqne fiirentes,
unum non potui perdomuisse vinim?*)
165 qoaeqne feros pepali doctis medicatibus ignes,
non valeo flammas effugere ipsa meas?
ipsi me cantus herbaeque artesqae relinqnunt:
nil dea, nil Hecates sacra potentis agont.
173 quos ego servaTi paelex amplectitar artus,
et nostri fructus illa laboris habet.
175 fonitan et, stultae dum te iactare maritae
quaeris et infestis auribus apta loqui,
in faciem moresque meos nova crimina iingas.
rideat et vitiis laeta sit illa meis?
181 dum ferrum flammaeque aderunt sucusque veneni,
hoBtis Medeae nullus inultus erit
209 quo feret ira, sequar.**) facti fortasse pigebit.
et piget infido cousuluisse viro.
• Tiderit ista deus qui nunc mea pectora venat.
nescio quid certe mens mea malus agit.
In dem vorhergehenden Theil des Briefes sind Interpo-
lationen zuerst y. 11. 12. Femer 53. 54 steht :
quam tibi tunc longe regnum dotale Creusae
et socer et magni nata Creontis erant!
und wieder steht 103, abschlieszend die zweite Aufzählung
der Gefahren, welche hier, ganz anders wie oben, sehr auf-
fallend nach Met. VII, 1 34 gearbeitet ist, auch das ipsa ego
paUida sedij dort ipsa quoqtie . . palluity
dotis opes ubi erant? ubi erat tibi regia couiunx
quique maris gemini distinet Isthmos aquas?
Beide Distichen zusammen können nicht bestehen; eines
musz weichen. Und vielleicht deutet ihre sonderbare Stel-
lung noch auf etwas Weiteres. Mit der gröszten Sicherheit
sind sodann V. 115 — 127 in Gedanken und Styl und Roh-
heit der Sache barbarisch und ganz aus dem bisherigen
♦) Vgl. Tib. n, I, 72 fixisse puellas gestit et audaces perdomuisse
viros,
**) Vgl. Sen. Med. 942 ira quo ducit sequar.
DIE SOGENANNTEN OVIDISCHEN HEROIDEN. CCLIU
Tone herausgehend. Aber schon von dem Ausdruck 111
virgimias facta est peregrini praeda latronü musz ich das
sagen und das Distichon 111. 112 auch für nicht ursprüng-
lich halten. Solch roher Ausdruck über lason ist nicht ge-
geben. Bis V. 134 drückt sie sich nicht einmal über ihn
zornig aus. Und nur die genannten Verse wären es, nach
welchen man das
iussa domo cessi, natis comitata duobus
et qui me sequitur semper amore tui
y. 136 frappierend finden müszte. Von da an, wo sie an
den Punkt gekommen, dasz er nicht nur sie aus seinem
Hause entfernt, sondern sich mit einer andern vermählt hat,
und unter den Bildern der ganz kürzlich vollzogenen Hoch-
zeit erwacht ihr Zorn und ihr Rachegefühl.
Der erste Autor wie die Nacharbeiter kennen Ovidius
wie Seneca gleich gut. 116 sie ego^ sed teeum, dilaeeranda
fui ist nach dem Vers der Amoren III, 1 4, 40 tune ego, 'sed
tecum, mortuus esse velim. Und doch ist vielleicht hier dem-
jenigen, dem diese wirklich besonders schlechten Verse ge-
hören, etwas begegnet, was vielleicht dem ursprünglichen
Autor nicht begegnet wäre. 121 heiszt nemlich (nach Met.
XV, 338 yndatnim sparsas Symplegadas elisarum) compressos
vtinam Symplegades clisissent. Nach meiner Reminiscenz
(und Viertel bestätigt mir dasz sie richtig ist) hat der ele-
gische Hexameter weder in den Herolden noch im Ovidius
andere Spondiaci als mit Nomen proprium, meist griechischem.
Das virginitas facta est peregrini praeda latronis ist nach
Sen. Med, 973 rnpta virginitas redit. Aber auch der vor-
hergehende echte Vers HO proditus est genitor, regnum pa-
triamque reliqui, ?nunus in eocilio quodlibet esse tuli ist nach
Sen. Med. 493, wie schon Burmann angemerkt hat, poenam
putabam, munus, ut video, est fuga. Ich glaube aber dasz
die eigentliche Lesart war munus et exilium quodlibet esse
tuli. Vgl. noch VH, 168 dum tua sit Dido, quidlibet esse
feret, — Dasz in dem, wie mir schien, eingesetzten Stück
am Schlusz V. 205 nach Trist. V, 9, 20 ist und V. 207 quos
equidem actutum nach Met, lU, 557 quem quidem ego actutunty
CCLIV DIE SOGENANNTEN OVIDISCHEN HEKOIDEN.
ist bei den Herausgebern zu sehen. Nach 136 vor dem
ut subito nostras Hymen cantatus ad aures venit stoszt man
sehr an. Es fehlt durchaus der Gedanke: 'da aber kam
deine neue Ehe/
Bei Gelegenheit des ul subito usw., wo drei Distichen
zu einem syntaktischen Ganzen verbunden sind und selbst
das Nachsatzverbum erst im dritten Distichon kommt , sei
erinnert; dasz oben V. 13, wo die Form der Verbindung
zwar immer weniger streng wäre und das ei-ste Nachsatz-
verbum schon in der dritten Zeile einträte, sie aber über-
haupt wol nicht stattfindet, sondern hinter boum mit stär-
kerer Interpunction, einem Ausrufungszeichen, schon abzu-
schlieszen wäre. Eine Statistik solcher sechszeiligen Ver-
bindungen wäre sehr wdnscheuswerth. Ich finde dasz ich
einmal aus den Amoren die Stellen angemerkt, und ist mir
nicht etwas entgangen, so sind es nur folgende: I, 3, 7. ü,
16,- 33. — II, 9, 1. II, 11, 1. Ihr Bau ist interessant.
Und hiermit schliesze ich diese Betrachtungen. Möchte
ein schärfer Blickender weiter gehen. Möge auch 6in jün-
gerer Mann uns einen Ovidius sui imitutor geben, was er
allerdings ist, und daneben Pseudo^Ovidiotmm imitationes.
Der Unterschied würde.schon auch da in die Augen springen.
Berichtigungen.
S. XVI Z. n für 3, CO 1. 1, 5!K
8. XXVIII unten: Jupiter hat mit Unwetter — Ich finde dieses nicht
deutlich genug ausgedrückt und bitte so zu lesen: Jupiter hat
mit Unwetter die Stadt geschreekt, er hat die Völker geschreckt
(fürchten gemacht), es möchte eine Deukalionische Ueberschwem-
mung hereinbrechen. ,,Saheu wir ja" oder „und so sahen wir**
oder „denn wir sahen** den Tiber die Regia und den Vestatempel
bedrohen. Wobei auch sehr zu beachten, dass offenbar das
Hauptgewicht gar nicht auf die Uebcrschwemmung fällt, sondern
auf die Bedrohung der die Grösse und den Bestand von Rom ver-
bürgen d(;n Stätten.
S. XLI, 12 dur Lied 1. durch Lied auf Lied.
S. CXLI, 9 Mäcius 1. Trebatius.
S. CLXXXIV Z. 15 V. 0. 1. mir st. nur.
S. CC Z. II V. o. 1. Wölk St. Völck.
S. CCIV Z. is V. u 1. excitari und refringit st. exercitari und
refing it.
S. 9 unter dem Text: urget. urit. 1. urget Jul. Sca liger. urit.
S. 48 hinzuzufügen unter dem Text : 1 1 üeberlieferung flumrn ot regnata
petam Laconi.
a HORATIÜS FLACCÜS.
Q. HORATII FLACCI
CARMINUM
LIBER PRLMÜ8.
I.
Maecenas atavis edite regibus,
o et praesidium et dulce decus meum,
sunt quos curriculo pulverem Olympicum
collegissc iuvat, metaque fervidis
5 evitata rotis palniaque nobilis
terra nun dominos evehit ad deos:
hunc, 8i mobilium turba Quiritium
certat tergeminis tollere honoribus;
illuni, fii proprio eondidit horreo
10 quidquid de Libycis verritur areis.
gaudentem patrios Andere sarculo
agros Attalicis condicionibus
numquam demovcas, ut trabe Cypria
Myrtoum pavidus nauta secet mare.
15 luotantem leariis fliietibus Africum
mereator metuens otium et oppidi
laudat tuta sui: mox refieit ratis
quassas, indocilis pauperiem pati.
est qiii nee veteris poeiila MasBiei
20 nee partem solido demere de die
18 tuta. B. nach Acidalius. rora.
4 Q. HORATII FLACCr
spenüt, nunc viridi membra 8ub arbuto
8tratu8, nunc ad aquae lene caput saorae.
multoB castra iuvant et lituo tubae
permixtus sonitu8 bellaque matribus
25 dete8tata. manet sub love frigido
venator tenerae coniugi8 inmemor,
seu Visa e8t catulis cerva fidelibus,
seu rupit teretCB Mar8us aper piagas.
me doctarum hederae praemia frontium
30 di8 miscent superis, me gelidum nemus
nymphanmique leves cum 8atyri8 chori
Beoernunt populo, dum neque tibias
Euterpe cohibet ncc Polyh} mnia
Lesboum refugit tendere barbiton.
35 quod 8i me lyricis vatibu8 inseres,
Rubliini feriam 8idera vertice.
IL
lam satis terris nivis atque dirae
grandinis misit pater et rubente
dextera 8acra8 iaculatus arcis
terruit urbem,
6 terruit gcntis, grave ne rediret
8aeculum Pyrrhae nova monstra qucstao,
omne cum Proteus pecus egit altos
^-isere montis.
piscium et summa genus haesit ulmo^
10 nota quae sedes fuerat columbiS;
32 dum. si
CARMINÜM LIB. I. 2.
et superiecto pavidae natarunt
aeqiiore dammae.
vidimus flavuni Tiberim retortis
litore Etrusco violeuter undis
15 ire deiectum monumenta regia
tcraplaque Vestae,
lliae dum se niiniuni quereuti
iaetat ultorem, vagus et sinistra
labitur ripa love iion probante u-
20 xorius amni^.
audiet civis acuisse ferrum,
quo graves Pcrsae melius perirent,
audiet pugnas vitio parentum
rara iuventus.
25 quem vocet divum populus ruentis
imperi rebus? prece qua fatigent
virgines sanctae minus audientem
carmina Vestam?
cui dabit partis scelus expiandi
30 luppiter? tandem venias precamur
nube candeutis humeros amictus,
augur Apollo:
sive tu mavis, Erj^eina ridens,
quam locus circum volat et Cupido :
35 sive neglectum genus et nepotes
respicis auctor
lieu nimis longo satiate ludo,
quem iuvat clamor galeaeque leves^
acer et Marsi peditis cruentum
40 voltus in hostem.
0 a HORATn FLACCI
Hive mutata iureneui ti^ira
u\en in terri« imitaris. aliuae
filiuü Maiae fjatiens rr^cari
C!aefuirii> iiltor,
45 fienw in «'aelum redeas diuque
laetuH intemis pr>pulo Quirini,
neve te noHtri^ ritÜR inir|uuni
ricior aura
tollat. Iiic ma^ofl potiu8 triumpbos,
U) hie ames dici pater atque princeps,
neu ftinan MedoB equitare inultog
te dure, ('aenar.
IP.
lam Rati8 tcrris nivis atque dirae
grandiniH mimt pater et nibente
dextera Hacraft iaculatus aree»
tcrniit urbem.
V\ vidimuH flavum Tibcrim retorti»
litore Etrusco violenter undis
ire deiectum monumenta regis
teinplaque casta.
Ti quem vocot divum p(»])ulu8 ruentm
im]K)ri rebu«? jirece qua fatigent
virginen Hanetae minus audientem
o^armiiia VcHtam?
'i*^ cui dal)it parte» »celuH expiandi
luppitcrV tan dem venia» preeamur
luco candentcs umcro» amictiw
augur Apollo:
16 casta. Vestae. 'M lucc. nube.
CARMINÜM LIB. I. 2\ ^.
33 sive tu mavis, Erycina ridens,
quam locus circum volat et Cupido:
sive ne<2:lectuin genus et nepotes
respicia auctor.
41 sive mututa iuvenem figura
ales in terris imitaris, almae
filius Maiae paticna vocari
Caesaris ultor,
45 senis in coeluni redeas diuque
laetus intcrsis ])opulo Quirini,
neve te nostris vitiis iniquum
ocior aura
4» tollat. hie niagnos potius triumphos,
hie anies dici ])ater atque princeps,
neu sinas Medos equitare inultos
arva nei^ata.
III.
Sic te diva potcns Cypri,
sie fratres Hclenae, hieida sidera,
ventorunK^ue regat pater
obstrietis alii» praeter lapyga,
5 navis, quae tibi ereditum
debes Vergilium! finibus Atticis
reddas ineohiniem precor
et serves animae dimidium meae.
illi robur et aes triplex
10 circa pectus erat, qui fragilem truci
conmisit ])elago ratem
prinius, nee timuit praecij)item Africum
52 arva nogata. te diice Caesar.
8 a HOIUTII FLACCI
decertantem aquilonibus,
nee triHtes hyadas, nee rabiem noti,
15 quo non arbiter Hadriae
inaior, tollere seu ponere volt freta.
quem mortis timuit gradum,
qui sieeis oeulis monstra natantia,
qui vidit mare turbidum et
20 infamis seopulos Acroceraunia ?
nequiquam deu8 abscidit
prudens Oe^ano dissoeiabili
terras, si tarnen in])iae
non tangenda rate» transiliunt vada.
25 audax omnia peri)eti
gens humana mit per vetitum in nefas.
audax lapeti genug
ignem fraude mala gentibus intulit.
post ignem aetheria domo
30 subduetum maeies et nova febriiim
terris ineubuit coliors,
semotique prius tarda necessitas
leti eorripuit gradum.
expertus vaeuum Daedalus aera
35 pennis non homini datis;
pemipit Aeheronta Herculeus labor.
nil mortalibus ardui est:
eaelum ipsum petimus stultitia; neque
per nostrum patimur scelus
40 iraeunda lovem ))onere fulmina.
26 Yetitum in nefas. vetitum nefas.
CARMINUM LIB. I. 4. 5.
IV.
Solvitiir äcris hiems grata vice veris et favoni,
traliuntque siccas macliiiiae carinas;
ac neqiie iaiii sta])ulis gaudet pecus aut arator igiii,
nee prata caiiis albicant pruinis.
5 iam Cytherea choros diieit levis inminente liina,
iunetaeque nymphis gratiae deeentes
alterao terram quatiunt i)ede, dum graves cyclopum
Volcanu» ardens iirget officinas.
nunc decet aut viridi nitidum caput inpedire myrto,
10 aut flore, terrae quem ferunt solutae;
nunc et in umhrosis Fauno dec^t inmolare lucis,
seu poscat agna sive malit haedo.
pallida Mors aequo pulsat pede pauperum tabemas
regumque turris. o beate Sesti,
15 vitae summa brevis spem nos veta.t ineohare longam.
iam te manet nox fabulaeque manes,
et domus exilis Plutonia. quo simul mearis^
nee regna \'ini sortiere talis,
nee tenerum Lycidan mirabere, quo calet iuventus
20 nunc omnis et mox virgines tepebunt.
V.
Quis multa gracilis te puer in rosa
perfusus liquidis urguet odoribus
grato, Pyrrha, sub antro?
cui flavam religas comam^
5 levis. Venus. 8. urget. urit. 16 manet. premet
10 Q. HORATIl FLACCI
5 Bimplex munditiis? heu quotiens fidem
mutatosque deos flebit et aspera
nigris aequora ventis
emirabitur iiisolens.
qui nunc te fruitur credulus aurea,
to qui semper vacuam, semper amabilem
sperat, neseiuH aurae
fallacis. miseri, (piibus
intemptata nites. me tabula sacer
votiva paries indicat uvida
15 Buspendisse potenti
vestimeuta maris dco.
VI.
Scriberis Vario fortis et hostium
Victor, Maeonii carminis aliti,
quam rem cumqtfe ferox navibus aut equis
miles te duce gesserit.
5 nog, Agrippa, neque liaec dicere, nee gravem
Pelidae stomaclium cedere nescii,
nee cursuB duplicis per mare UHxei,
nee saevam Pelopis domum
connmur, tenues grandia, dum pudor
10 inbellisque lyrae musa potens vetat
laude» egregii Caesaris et tuas
culpa detererc ingeni.
m
quis Martern tunica tectum adamantina
digne scripBcrit, aut pulvere Troico
15 nigrum Merionen, aut ope Palladis
Tydiden superis parem?
2 aliti Pftsseratios. alite.
CAKMINÜM LIB. I. 6. 7. 11
nos convivia, nos proelia virginum
seetis in iuvenes unguibus acrium
cantAmus' vacui, nos decet Euhium
20 plectro ludere Teio.
VII.
Laudabunt alii claram Rhodon aiit Mitylenen
aiit Epheson bimarisve Corinthi
moenia, vel Baccho Tliebas vel Apolline Delphos
insignis, aut Thessala Tempe;
5 sunt quibiis uuuin opus est iutactae Palladis urbem
carniiue perpetuo celebrare et
undique decerptam fronti praeponere olivam;
pliiriniiia in lunonis honore
a])tuni dicet equis Argos ditigque Mycenas.
i(» me neque tarn patiens Lacedaemon
nee tarn Larisae percussit campiis opimae
(luam douius Albuneae resonantis
et praeceps Anio ac Tibunii lucus et uda
niobilibus pomaria rivis.
albus ut obscuro deterget nubila caelo
ir> saepe notus neque parturit imbris
perpetuo, sie tu sapiens finire memento
tristitiam vitaeque labores
molli, Plance, mero, seu te fulgentia signis
2t» castra tenent seu densa tenebit
Tiburis uinbra tui. Teucer Salamiua patremque
cum fugeret, tarnen uda Lyaeo
19. 20. Ueberlicfcrung: cautamus vacui sive quid uriraur non ^pno-
tor solitum leves.
12 Q. HORATII FLACCI
tempora populea fertur vinxisse Corona^
sie tristis adfatus amieos:
25 'quo no8 cumque feret melior fortuna parente^
ibimus, o socii comitesque.
nil desperandum divo duce et auspice Phoebo :
certus enim promisit Apollo
ambiguam tellure nova Salamina futuram.
30 0 fortes peioraque passi
mecum saepe viri^ nunc vino pellite curas:
cras ingens iterabimus aequor/
VIP. 1.
Laudabunt alii claram Rhodon aut Mitylenen
aut Epbeson bimarisve Gorinthi
moenia vel Bacho Thebas vel Apolline Delphos
insignes, aut Thessala Tempe
I0.i2me domus Albuneae resonantis
et praeeeps Anio ac Tiburni lucus et uda
modilibus pomaria rivis
vm 2.
Indulgere iuvat diris sub pectore curia?
laeta dei solacia quaere!
14 albus ut obscuro deterget nubila caelo
saepe notus neque parturit imbris
27 dWo. Teucro und Teucri. — Die beiden Verse „Indulgere
quaere^* Ergänzung des Herausgebers.
CAHMINUM LIB. 1. 7. 8. 9. 13
perpetuo; sie tu sapiens finire memento
tristitiam vnd so tveiter bis sunt Schluss,
VIII.
Lydia, die, per omnis
te deos oro, Sybarin cur properes amando
perdere. cur apricum
odit et campum patiens pulveris atque solis?
5 cur neque militaris
inter aequalis cquitat, Gallica nee lupatis
temperat ora frenis?
cur timet flavum Tiberim tangere? cur olivum
sanguine vi})eriiio
10 cautius vitat, neque iam livida gestat armis
bracchia, saepe disco,
saepe trans fiueni iaculo nobilis expedito?
quid latet ut marinae
filium dicunt Thetidis sul) lacrimosa Troiae
15 funera, ne virilis
cultus in caedcm et Lycias proriperet catervas?
IX.
Vides ut alta stet nive candidum
Soracte, nee iam sustineant onus
silvae laborantes, geluque
fluniina constiterint acuto?
b dissolvc frigus ligna super foco
large reponenS; atque benignius
4 odit et. oderit.
14 Q. IIORATII FLACCl
dcprome quadrimum Sabina,
(» Thaliarclie, merum diota.
permitte divis cetera: qui simul
10 Btravere veutos aeqiiore fervido
deproeliautis, nee cupressi
uec vetercs agitaiitur orni.
quid sit fiitunmi cras fuge quaerere, et
quem soi*d dierum eumque dabit lucro
15 adpoiie, nee dulcis amores
sperne i>uer ne^iue tu elioreas,
donee virenti canities abest
morosa. nunc et campus et areae
lenesque sub nocteni susurri
2ü conposita repetantur bora,
nunc et latentis proditor intimo
gratus {)uellae risus ab angulo
pignusque dereptum lacertis
aut digito male jicrtinaci.
X.
Wahrscheinlich unvollstandi(f.
Mcrcuri, facunde nepos Atlantis,
qui feros cultus hominum recentum
voce formasti catus et decorae
morc palaestrae,
CARMINÜM LIB. I. 10. 11. 15
5 te cauam magni lovis et deorum
nuntium curvaeque lyrae parenteni,
callidum quidquid placuit iocoso
condere furto.
te boves olim nisi reddidisses
10 per dolum amotas, puerum minaci
voce dum terret, viduus pharetra
risit Apollo.
quin et Atridas duce te superbos
Ilio dives Priamus relicta
15 Thessalosque ignig et iniqua Troiae
caatra fefelHt.
tu pias laetift auimas reponis
sedibus virgaque levem coerces
aurea turbam, superis deorum
20 gratus et imia.
XL
Tu ne quaesieris (geire nefag) quem mihi, quem tibi
finem di dederint, Leuconoe, nee Babylonios
temptarig numerog. utiliug, quidquid erit, pati!
seu pluris biemeg geu tribuit luppiter ultimam
5 quae nunc oppogitig debilitat pumieibug mare
Tyrrhenum. gapiag ! vina liqueg et spatio brevi
gpem longam regeeeg. dum loquimur, fugerit invida
aetag: carpe diem, quam minimum credula pogtero.
3 ntiliuB. nt melius.
16 a HORATII FLACCI
XII.
Quem vinim aut heroa lyra vel acri
tibia sumis celebrare, Clio?
quem deum? cuius recinet iocosa
nomen imago
5 aut in umbrosis Heliconis oris,
aut super Pindo, gelidove in Haemo,
unde vocalem temere insecutae
Orphea silvae,
arte materna rapidos morantem
10 fluminum lapsus celeresque ventoS;
blandum et auritas fidibus canoris
ducere quercus.
quid prius dieam Bolitis parentis
laudibus, qui res hominum ac deorum,
15 qui mare ac terras variisque mundum
temperat horis?
unde nil maius generatur ipso
nee yiget quiequam simile aut secundum:
proximos Uli tarnen occupavit
20 Pallas honores,
proeliis audax. neque te silebo,
Liber, et saevis inimica virgo
beluis, nee te, metuende certa
Phoebe sagitta.
25 dicam et Alciden, puerosque Ledae,
hunc equiS; illum superare pugnis
nobilem; quorum simul alba nautis
Stella refulsit;
CARMIXUM LIB. I. 12. 17
(lelliiit SHxis ngitatus umor,
3«' coiicidunt vcnti fii^uutque iiubes,
et ininax, quod sie voluere, ponto
unda rccnnibit.
Komulum post hos prius, au quietum
Pompili regiium memorem, an superbos
:35 Tarquiiü fascis dubito an Catonis
nobile letuui.
Kegulum et Scaiiros aniniaeque magnae
prodigiun Paullum superante Poeno
gratiis iusigni referani camena
40 Fabrk'iumque.
bunc et inconiptis Curium capillis
utilem ])ello tulit et Camilluni
saneta i)aupertas et avitiis arto
cum Inre fundus.
Aö cref*cit occulto velut arbor aevo
fama Marceliis; niicat inter oninis
luliuui sidus velut inter ignis
luua minores.
gentis hunianae pater atque eustos,
."<> orte Saturno, tibi cura nnigni
Caesaris fatis data: tu seeundo
Caesare regnes.
ille seu Parthos Latio inminentis
cgerit iusto domitos triumpho,
55 sive subiectos Orientis orae
Seras et Indos,
43 sanota und arto B. saova und apto. 46 Marcollis Peerik Mar-
Lriikh. Iloratin.'«. 2
18 Q. IIORATII FLACCI
te minor latum reget aequus orheiii;
tu gravi currii quaties Olynipnni,
tu parum castis ininiica mittes
CO fulmina lueis.
XU".
Quem virum aut lieroa lyra vel acri
tibia sumam celebrare Clio?
quem deum? euius recinet iocosa
nomeii imago?
13 quid prius dicam solitis pareutis
laudibus, qui res liominum ac deoruni,
15 qui mare ac terms variisque mundum
temi)erat lioris?
unde nil nuüus gencratur ipso
nee vigct quicquam simile aut secunduiu
proximos illi tameii occupant
20 Pallas liourres,
proeliis audax. neque tc silebo,
Liber, et saevis inimica virgo
beluis, nee te, mctuendo ccrta
Phoebe sagitta.
25 dicam et Aleiden puerosquo Ledae,
liunc equis, illum superare i)ugnis
nobilem: quorum simul alba nautis
Stella refulsit,
defluit saxis agitatus umor,
30 concidunt venti fugiuntcpie nubes,
et miuax, quod sie vcduerc, pontf^
unda recumbit.
CARMINÜM LIB. I. 12\ 13. mq
Koinuluni post Los i)riiis au quietum
P<>nii)ili rc^quini mcmorem an siiperbos
Fabrici fascis diihito an Catonis
nobile Ictmn.
41 hulu; et iuconiptis Ciirium capillis
utilein bcUo tulit et Carailhim
saufta paupertas et avitus arto
<'uni larc fiindus.
45 erescit occulto vclut arb<u' aevo
fania Mnrcellis; mifat intcr omni»
luliuni sulus velut inter ij^nis
luna minores.
//. V. //•.
XIII.
Cum tu, Lydia, Teleplii
fervi'cm roseani, lactea Telephi
laudas braccbia, vac meum
fervens difticili bile turnet iecur.
5 tum nee mens mihi nee color
ccrta Äcdc manet, umor et in genas
furtini labitur, arguens
quam lentis penitus macerer ignibus.
o*
20 Q HORATH FLACCI
uror, 8eu tibi candidos
10 tur{mruiit umcros iniiKulicae mero
rixae, »ive piier fureiis
iiiprcfwit memorcm deute labris iiotaui.
non, 81 me gatin andian,
Rperes i)erpetuum dulcia barbare
15 laedentem oseula quae Venus
quinta i)artc siii neetaris imbiiit.
felices ter et amplius
quos innipta tenet eopula nee malis
divolsus querimoiiii»
2> suprema citius solvet amor die.
XIV.
i
O uavin, refereut in inare te novi
tluctii». o quid a^»? fortiter occupa
portum. nonne vides ut
nudum remigio latus
5 et malus c^leri saucius Africo
antennaeque gemant ac 8ine funibus
vix durare carinae
possint iniperioBius
aequor? non tibi sunt integra lintea,
n» non di quos iteruin pressa voees malo.
quam vis Pontica ]»inu8,
silvae filia noliilis,
iactes et genus et nonien iuutile,
nil pietis tiniidus nayita puppibus
15 fidit. tu nisi ventis
debes ludibrium, cave.
CAUMTNTM LIH T. N. 15. 21
iini)cr sollicitiim qiiac mihi taedium,
nunc desideriiini euraque non leviw,
iuterfusa nitentis
2(» vites aeqnora CvHadas.
XV.
. Vnecht. Und vicUcichf von zwei Verfassern, ntimUch von F. 21
noch durch einen andern fortgesetzt.
Pastor cum traheret per freta navibus
Idaeis Helenen pcrfidus liospitam,
ingrato celeres obruit otio
Ycntos ut caueret fera ^
5 Ncreus fata. 'mala ducis avi domum,
quam multo repetet Graecia milite,
coniurata tuas nimpere nuptias
et regnum Priami vctus.
clicu, ([uantus cquis, (^uautus adest viris
10 sudor! quanta moves funera Dardanae
gcnti! iam galcam Pallas et aegida
(»urrusque et rabicm parat.
ne([ui(piam Vencris pracsidio ferox
pectes caesariem grataque feminis
i'> inbelli citliara carmina divides,
nequiquam thalamo gravis
hastas et calami s{)icula Cnosii*
vitabis strepitumque et celerem sequi
Aiac^m: tarnen, heu, serus adulteros
20 crinis pulvere conlines.
non Laertiaden, exitium tuae
genti, non Pylium Nestora respieis?
22 Q. HORATII FLACCI
urguent inpavidi te »Salaminius
Teucer, te Stlienclu.s ßciens
•25 pugnaC; sive opus est impeiitare cquis,
non auriga piger. Mcrioncn quoqne
iiosces. ecce furit te repcrirc atrox
Tj'dides melior patre:
quem tu, cervus uti vallis in altera
30 Visum parte lupum graminis inmemor,
sublimi fugies moUis auhelitu,
non hoc pollicitus tuae.
iracunda diem i)roferet II io
matronisque Plin'gum classis Achillci;
35 post certas liiemes uret Achaicus
ignis Iliacas domos/
XYL
0 matre pulchra filia pulclirior,
quem criminosis eumciue voles modum
pones iambis, sive flaunna
sive mari übet Hadriano.
5 non Liber aeque, non adyti quatit
meutern sacerdotum incola Pythius,
non Diudynicue, non acuta
qui geniinaut corybautcs acra,
tristes ut iraO; quas ncque N(^ricn9
10 deterrct cnsis nee mare naufraguni
nee saevus ignis nee tremcndo
luppiter i]>3e mens tumultu.
36 Pergameas ist vcrhossort worden. 8 qui. sie.
CARMINUM LIB. I. 16. 17. 23
fertur riuiiictlieus addere principi
liiiio (-»»actus particiilain unlique
i.'i descctam et insani Iconis
viiu stomaclio adposuisse nostro.
irae Thycstcn exitio gravi
stravcrc et altis urbibus ultimae
.stetere caiisae cur i)erireiit
2«> fiinditus inprlmeretqiie muris
liostile aratriim excrcitus iiisoleiiö.
eoiin)e8ce uientem: mc quoque pectoris
teiiii>tavit in diilci iuveuta
fervor et in celeres iambos
2") misit furentoni. nunc ego mitibus
nnitare (piacro tristia, dum mihi
tias rccantatis aniira
opprobriis aninuiniipic rcddas.
xvn.
Velox anioenum saei)e Lucretilem
mutat Lycaeo Faunus et igncam
dcfendit aestatem capcUis
ipse meis pluviosque ventos.
i> in})une tutum per nemus arbutos
quaerunt latentis et thyma deviae
olentis uxores mtiriti,
noc viridis metuunt eolubras
nee Martialis Haediliae lupos,
10 utcumque dulci, Tyndari; fistula
4 ipso Pcfrlkamp. usqiie.
24 Q. HORATIl FT.ArCI
valles et Usticae cubantis
levia ])er80Tmerc saxa.
di nie tuentur, dis pietas^ mea
et musa cordi est. liic tibi copia
15 manabit ad plenum benigiio
ruris hononim opuleuta conui.
hie in reducta valle canioulac
vitabis aestus et fide Teia
dice« laborantiH in uno
20 Penelopen vitreamque Cireeu.
hie innoeentis pocula Lesbii
duees siib umbra, nee Semeleiiis
cum Marte eonfundet Thyoneus
proelia, nee metues proten^um
25 sugpecta Cyrum, ne male dispari
incontinentis iniciat manus
et scindat liaerentem coronam
crinibus inmeritamque vestem.
XVIII.
Nullam, Vare, sacra vit6 prius severift arborem
circa mite solum Tiburis et moenia Catili.
siccis omnia nam dura deus proposuit, neque
mordaces aliter diffugiuiit soIlicitudincH.
5 quis post vina gravem militiam aut paupericm crepat?
quis non te potius, Bacche pater, teque, dccens Venus?
ac ne quis modici transiliat munera Liberi,
Centaurea monet cum Lapithis rixa super mero
debellata, monet Sithoniis non levis Euliius,
10 cum fas atque nefas exiguo fine libidinum
CABMTNTM LIB. I. 18. 19. 25
(Useeruunt avidi. non ego te, c.andide BassareU;
invitum quatiam nee variis obsita frontlibus
sub diviim rapiam. saeva tenc cum Berecyntio
coruu tympana, qiiae siibsequitur caecus amor siii,
15 et tollens vaciium plus nimio gloria vertieem,
arcanique fides prodiga, perlucidior vitro.
XIX.
Mater saeva cupidinum
Thebanaeque lubet me Semeies puer
et lasciva Liceiitia
finitis animum reddere amoribus.
r> urit me Glycerac nitor
splendentis Pario marmore purius;
urit grata protervitas
et voltus nimium lubricus adspici.
in me tota mens Venus
in Cyprum deseruit, nee patitur Scythas
et versis animosum equis
Partlium dicere, nee quaerere publica.
hie vivum mihi caespitem, hie
verbenas, pueri, ponite turaque
15 bimi cum patera meri:
macta^ta veuiet lenior hostia.
12 quaerere publica, quae nihil attinent.
26 Q. HOBATII FLACCI
XX.
l'necht
Vilc potabia modicis Sal)inum
cantharis, Graeoa quod ego ipse testa
conditum Icvi, datns in tbeatro
cum tibi plausus,
5 clarc Maecenas e([ues, ut patemi
flumini{4 ripae siinul et ioeosa
rcdderct laiides tibi Vaticani
montiB imago.
Caccubimi et pracb> domitam Caleno
10 tu bibis uvam: mea nee Falemac
tcini)erant vites neque Formiani
pocula colles.
XXL
VnroUsläudifj,
Dianam tenerae dicite virgines,
intonsum, pueri, dieite Cyntbium
Latonamque supremo
dilectam penitus lovi.
5 vos laetam fluviis et nemorum coma;
quaeeuinquc aut gelido prominet Algido
nigris aut Erymantbi
Silvia aut viridis Cragi.
vos Teuipe totidem toUite laudibus
'10 natalemque, mares, Delon Apolliuis,
insignemque pharetra
fraternaque umerum lyra.
Lic bellum lacrimosum, bic miseram famem
pestemque a populo et principe Cacsare in
CARMINUM LIH. I. 21. 22. 27
1.') Persas atque Britannos
vestra motus aget prece.
XXII.
Iiitcjrer vitac scelcrisque purus
non eget Manns iaculis nequc arcu
nee venenatis gravida sagittis,
Fusce, i)liaretra,
5 sivc per Syrtis iter aestuosas
sivc faetunis per inhospitalem
Caucasum vel quae loca falmlosus
lamhit Hydaspes.
namquc mc Silva liipus in Sabina,
1(1 dum nicam eanto Lalagcn et ultra
tcnniiium curis vagor expeditis,
fugit incnnem:
quäle portentum neque militaris
Daunias latis alit aesculetis,
15 nee luhae tellus generat, leonum
arida nutrix.
poue nie j)igris ul)i nulla campis
arbor acstiva recreatur aura,
quod latus mundi nehulac malusquo
20 Iupi)itev urguet;
pone sub curni nimium propiuqui
solis, in terra domibus ncgata:
28 a HOBATTT FT.ACCI
dulce ridentem Lalagen amabo,
dulce l<iqucntem.
XXIII.
Vitas hinnuleo me similis, Chloe,
quaercnti pavidam montibus aviis
matrem non sine vano
aurarum et silnae metu.
5 nam seil mobilibus vepris inhorruit
ad ventum foliis, seu virides rubum
dimovere lacertae,
et corde et genibus tremit.
atqiii non ego te tigris ut aspera
10 Gkwtulusve leo frangere persequor.
tandem desine matrem
tempestiva sequi viro.
XXIV.
Quis desiderio sit pudor aut modus
tarn cari capitis? praecipe lugubris
cantus; Melpomene, eui liquidam pater
vocem cum cithara dedit.
5 ergo Quiutilium perpetuus sopor
urguet? cui Pudor et lustitiae soror,
incorrupta Fides, nudaque Veritas
quando ullum inveniet parem?
multis ille bonis flebilis occidit,
10 nulli flebilior quam tibi, Vergili.
5 vepris Gogavins und B. 6 ad ventum B nach Moretns. adventas.
GAllMINUM LIB. I. 24. 25. 29
tU; fnistra pius, heu non ita creditum
poscis Quintilium deos.
quod si Tlireicio blaiidius Orplieo
auditam moderere arboribus fidem,
15 non vauae redeat sanguis iinagini,
quam virga semel horrida
non lenis precibus fata recludere
nigro eoupulerit Mercurius gregi.
dumm: sed levius fit patieutia
20 quidqnid eorrigere est nefas.
XXV.
Parcius iunctas quatiunt fenestras
iaetibus crebris iuvenes protem,
nee tibi somnos adimunt, amatque
ianua limen.
f) quae prius nulli facilis movebas
cardines, audis minus et minus iam
'me tuo longas pereuntc noctis,
Lvdia, dermis?*
invicem moechos anus arrogantis
jo flebis in solo levis angiportu,
Thracio bacchante magis sub inter-
lunia vento
cum ti]>i flagrans amor et libido
quae solet matres furiare equorum
1.» saeviet circa iecur ulcerosum,
non sine questu
f> nulli T.ovc'bns. iniilti^ — movobat.
30 Q. HüBATII FLACCl
laeta quod pubes liedera virente
gaudeat pulla magis atqiic myrto,
aridas frondis liiemis sodali,
20 dedicet eiiro.
XXVI.
Unvollständig.
Musis amicus tristitiam et metus
tradam protervis iu marc Creticum
portarc ventis, qiiis sub Areto
rex gelidae metuatur orae,
5 quid Tiridateii terreat unicc
securus. o quae f(>util)U8 iiitcgris
gaudes, apricos nectc flores,
necte meo Laniiae coronam,
Piinplei dulois: iiil siue te mei
10 possimt lionores: huiic fidihus iioviS;
liunc Leshio sacrarc plectro
teque tuasque dccct sororcs.
. w. v. U\
XXVII.
Natis iu usum laetitiae scypliis
puguare Thracum est. tollito barbarum
morem vereeuuduuique Bacchum
sauguiueis probibete rixis.
CAKMINUM LIB. I. 27. 2S*. 3fr
5
vino et lucernis Modus acinaces
inniaiic quantum discrcpat. iupiuni
lenitc chimorem, soilales,
et cubito rcmanetc presso.
voltis severi mc quoquc sumcrc
10 partera Faleriii? dioat Opuiitiac
frater Megillae, quo beatus
volnerC; qua j)ereat sa^tta.
cessat volnntas? noii alia bibam
mercede. (piae te cumquc domat Venus,
15 nou crubcj^cendis adurit
ignibuS; inircuuoque semper
anmre i>eccas. quidquid habes, age
de[»nne tutis auribus. a miser!
quanta laboral>as cliarybdi,
20 dignc puer mcliore flamma.
quae saga, quis te solvere Thessalis
magu!^ venenis, quis potcrit deus?
vix iuligatum te triformi
Pegasus expcdict cliimaera.
ÄXVIJI* u)id XXV in ^ fjehm als ein einziges Gedicht. Es sind
zweij das erste echt, das zweite unecht.
xxviir.
Te nuiris et terrae uumeroque carentis liareiiae
mensorem (.»oliibeut, Arcliyta,
l)ulveris exigui prope litus parva Matinum
munera, nee quicquam tibi prodest
5 aetlierias teinptasse domos animoquc rotundum
percurri<«se polum luorituro.
32 Q. HOHATII FLACCI
occidit et Pelopis genitor, eonviva deorum,
Tithoiuisque remotus in aurns
et lovig arcAiiis Miiios admissuS; liabentque
10 Tartara Panthoiden itcrum Orco
demissum, quamvis clipeo Troiana refixo
teiupora testatus nihil ultra
nervös atque cutcm morti eoncesserat atrae,
iudice tc nou sordidus auetor
15 naturae verique. sed omnis una manet nox
et calcanda semel via leti.
dant alios furiae torvo spectacula Marti;
exitio est aWdum mare nautis;
mixta scnum ac iuvenum densentur funera, nuUum
20 saeva cai)ut Proserpina fugit.
XXVIII2.
Me quoque devexi rapidus comes Orionis
niyricis notus obruit undis.
at tu, nauta, vagae ne parce malignus harenae
ossibus et capiti inhumato
2.*) particulam dare: sie, quodcumque minabitur eurus
fluetibus Hesperiis, Venusinae
plectantur silvae te sospite, multaque merces
unde potest tibi defluat aequo
ab love Nei)tunoque sacri custode Tarenti.
30 neglegis inmeritis nocituram
postmodo te natis fraudem committere? fors et
debita iura vicesque superbae
2 1 Walirscheinlich, wie schon vermuthet ist , iiituiuulato. 28 Viel-
loiclit petis für potes.
CARMINÜM LIB. I. 2S*. 29. 30. 33
te maneant ipsum: prccibus non linquar inultiS;
teque piacula iiulla resolvent.
:v> quainquam festinas, non est mora longa; lieebit
iniecto ter pulvere eurras.
XXIX.
Icci, beatis nunc Arabum invides
gazis et acrem militiam paras
non ante devictis Sabaeae
regibus, horribilique Modo
ö noctis eatenas. quae tibi virginum
sponso nccato barbara servlet?
puer quis ex aula eapillis
ad cyathum statuctur uuetis,
doctus sagittas tendere Sericas *
V) arcu patemo? quis neget arduis
pronos relabi posse rivos
montibus et Tiberim reverti,
cum tu coeniptos undique nobilis
libros Pauaeti Soeraticam et domum
15 mutare loricis Hiberis,
pollicitus nieliora; tendis?
XXX.
Ihiecht.
0 Venus regina Cnidi Paphique,
speme dilectam Cypron et vocantis
iure te inulto Glycerae deeoram
transfer in aedeui.
Lauad. Hvnitiu*.
34 Q. HÖR ATI 1 FLACCI
5 ferv'idus tecum puer et solutis
gratiae zonis properentque nymphae
et parum comis sine te Iiiventas
Mercuriusque.
XXXI.
Quid dedieatum poscit ApoUineni
vatesV quid orat de patera novum
fundens liquorem? non opimae
Sardiniac segetes feracis,
5 non aestuosae lata Calabriae
armenta, non aurum aut ebur Indicum,
non rura quae Lins quieta
mordet aqua taciturnus amnis.
premant Calena falee, quibus dedit
10 Fortuna, viteni, dives et aureis
mercÄtor exsiccet culullia
vina Ryra reparata merce:
dis carus ipsis, quippe ter et quater
anno revisens aequor Atlantieum
15 inpune: me pascunt olivae,
me cichorea levesque malvae.
fnii paratis et valido mihi,
Latoe, dones et, precor, integra
cum mente nee turpem senectam
20 degere nee cithara earentem.
5 lata M. grata.
CARMIXITM LIB. I. 32. 33. 1^5
XXXII.
Diese 5 Strophen werifcn fjavöhnlich als ein vollständiges f^dicht
atif/esehen. Es ist bis V. 12 echt, aber unvollständig. Die
folgende Strophe unecht.
Poscimiir. siquitl vacui sub iimbra
lusinuis tccuni quod et liunc in annum
vivat et pluri», age die amoenum,
barbite, carmcn,
Lesbio primum modulate civi,
qiii ferox bello, tarnen intcr arnia
sive iactatam religarat udo
litore navim.
Liberum et niusas Venercmque et illi
10 seniper haerentcm puenim canebat
et Lycuni nigris oeiilis nigroque
crine dccorum.
.')
:)
W. .S. //'.
(> decus Phoebi et dapibus siipremi
grata testudo lovis, o laborum
if> dulce lenimcn, mihi eiimque salve
rite vocanti.
XXXIIL
Albi, nc doleas plus nimio memor
inmitis Glycerae, neu miserabilis
decantes elegos, cur tibi iunior
laesa praeniteat fide.
insignem tenui fronte Lycorida
Cyri torret amor; Cyrus in asperam
3 amoenum. Latinum. 15 mihi cumque jedenfalls falsclio lieber-
lieferung. S. Commentar.
.1
36 Q. HORATII FLACCI
declinat Pholoen: sed prius Äppulis
iungentur capreae lupis
quam turpi Pholoe peccet adultero.
10 sie mum Veneri, cui placet inparis
formas atque animos sub iuga aenea
aaevo mittere cum ioco.
ipsum me melior cum peteret Venus,
^rata detinuit compede Myrtale
15 libertina, fretiB acrior Hadriae
curvantis Calabros Binus.
XXXIV.
Unecht.
Parcus deorum cultor et infrequeus,
insanientis dum sapientiae
c^nBultus erro, nunc retroreum
vela dare atque iterare cursus
5 cogor relictos. namque Diespiter,
igni corusco nubila dividens
plerumque, per purum tonantis
egit equoB volucremque currum,
quo bruta tellus et vaga flumina,
10 quo Styx et invisi horrida Taenari
sedes Ätlanteusque finis
concutitur. valet ima summis
mutare et insigne attenuat deus,
obscura promens; liinc apicem rapax
15 Fortuna cum Btridore acuto
Bustulit, hie posuisse gaudet.
CARMINUM LIB. I. 35. 37
XXXV.
0 (liva, gratum quae regis Antium,
praesens vel imo tollere de gradii
mortale corpus vel superbos
vertere funeribus triumphos.
.T te paiiper ambit sollicita prece
riiris colonus, te dominaDi aequoris
qiiieumque Bithyna lacessit
Carpathium pelagus carina.
te Dacus asper, te profugi Scythae
10 urbesque gentesque et Latiuni ferox
regumque matres barbarorum et
purpurei metuunt tyranni,
iniurioso ne pede pronias
stantem columnam, neu populus frequenB
15 ad arma eessantis, ad arma
concitet imperiumque frangat.
te semper anteit saeva Necessitas,
clavos trabalis et cuneos manu
gestans aena, nee sevenis
20 uneus abest liquidumque plumbum.
te Spes et albo rara Fides colit
velata panno, nee comitem abnegat,
utcumque mutata potentis
veste domos inimica linquis.
25 at volgus infidum et meretrix retro
periura cedit, diffugiunt eadis
cum faece siccatis amici,
ferre iugum pariter dolosi.
3S Q. HORATII FLACCI
Benzes ituriim Caesarem in ultimf>8
:^'^ orbis Britannos et iuvenum recens
examen Eois timendum
partibus Oceauoque nibro.
eheu cicatricum et sceleris pudet
fratrumque. quid iios dura refugimus
:i5 aetas? quid iutactum uefasti
liquimuB? unde manum iuveutus
metu deorum coutiuuitV quibus
pepercit ans? o utinam uova
iucude diffingas retusuin in
40 Massagetas Arabasque ferrum.
XXXVI.
Et ture et fidibus iuvat
placare et vituli sanguine debito
custodes Numidae deos,
qui nunc Hesperia sospes ab ultima
5 caris multa sodalibus,
nulli plura tarnen dividit oscula
quam dulci Lamiae, memor
actae non alio rege puertiae
mutataeque simul togae.
10 Gressa ne careat pulchra dies nota,
neu promptae modus amphorae,
neu morem in Salium sit requies pedum,
neu multi Damalis meri
Bassum Threicia vincat amystide,
15 neu desint e])ulis rosae
neu vivax apium neu breve lilium.
13. 14 Bind nicht richtig überliefert. Vielleicht hat für Damahs ein
anderer Name zu stehn.
CARMIXIM LIB. I. :U). 37. 39
omiics in Damalin putris
(lepouent oculos, nee Danialis novo
(livelletur adultero
*jn lascivis he<leris amlntiosior.
XXXVII.
Nunc est ])il)en(lunj, nunc pede libero
pulsanda tellus, nunc saliaribus
ornare puhinar deoruni
tempus erat dapibus, sodalcs.
0 anteliac ncfas depromere Caeeubum
cellis avitis, dum Capitolio
re^na dcmentis ruinas
funus et imperio parabat
contaminato cum grege tuqiium
10 opprobriorum, quidlil)et inpotens
sperare fortunaque dulci
ebria. sed minuit furorem
vix una sospes navis ab ignibus,
mentemque lymphatam Marcotico
i:> redegit in veros timores
Caesar al) Italia volantem
remis adurguens, accipiter velut
mollis columbas aut leporem eitus
venator in campis nivalis
20 Haemoniae, daret ut catenis
fatale monstruni. quae generosius
perire quaereus nee muliebriter
19 opprobriorum B. morbo virorum.
40 Q HORATU FLACCI CARMIXCH Llß I. 37. 3S
expavit ensem nee latentis
re trepida penetravit oras,
25 ausa et iaeentem visere regiam
voltu sereno, fortis et asperas
traetare serpentes, ut atrum
corpore conbiberet venenum,
deliberata morte ferocior:
so saevis Libumis scilicet invidens
privata deduci superbo
non humilis mulier triumpho.
XXXVIII.
Persicos odi, puer, apparatus;
displicent nexae philyra coronae;
mitte sectari, rosa quo locorum
sera moretur.
5 simplici myrto nihil adlabores:
sedulum curae neque te ministrum
dedecet myrtus neque me sub arta
vite bibentem.
24 Ueberlieferung classe cita reparavit oras. 6 nach Peerlk. lieber-
lieferuDg seduluB curo und curae.
Q. HORATII FLACCI
CARMINUM
LIBER SECTNDUS.
I.
Motum ex Metello consule civicum
bellique causas et vitia et modos
ludumque Fortiinac gravisque
principum amieitias et arma
J> nondum expiatis uncta eruoribus,
periculosae pleniim opus aleae,
tractas et incedis per ignis
suppoßitos einen doloso.
paullum severae musa tragoediae
i<» desit theatris: mox ubi publicas
res ordinaris, grande munus
Cecropio repetes cothumo,
insigne maestis praesidium reis
et eonsulenti, Polio, curiae,
15 cui laurus aeternos honores
Delmatieo peperit triumpho.
iam nunc minaei munnure eornuum
perstringis auris, iam litiii strepunt,
iam fulgor armorum fugacis
20 terret equog equitumque voltus.
42 a H'»RATH ^XACn
aadire msLgu<fS iani vitle«>r iliu-es
non indecoro pulvere ji*»nli«U>s,
et euneta terramin nubaeta
praeter atrocem aiiimum Cat^nis.
2& lano et deoniin quisquis amieior
Afris inulta cesserat inpotens
tellure, Tictoruin neiKites
rettulit inferias logiirthae.
quis uon Latino san^iiie pin^iior
90 eampu8 sepulcri?« inpia proelia
testatur auditiunque Medis
Hesperiae »onitum niinae?
qui gurges aut quae fliimiiia lugubris
ignara belli? quod mare Dauniae
'i5 non decoloravere eaedes?
quae caret ora cniorc nostro?
»ed ne relictis; Musa procax, iocis
Ceae retractes munera neniae,
meeum Dionaeo sub antro
40 quaere modos leviore plectro.
V.
Nach Bitschi. Rhein. Mus. 1S56 S. 6H4,
Motum ex Metello consule civicum
bellique causas et vitia et modog
ludumque Fortunae gravisque
principum amicitias et arma
nondum expiatis tineta eruoribus,
perieulogae plenum opus aleae,
5 tineta mit Bentley statt des aberlieferten uncta.
CAUMINTM LIH. II. V. 2. 43
tractas et iiicedi» per ignis
suppositog einen doloso,
IH iusigiie macstis praesidiuni reis
et consulenti, Polio, curiae,
15 cui launis aeternos honores
Delmatico pepcrit triumpho.
iam nunc ininaci nnirmure coniuum
perstringis auris, iam litui strepunt,
iam fulgor armorum fugacis
211 terret equos equitumque voltus.
sudare magnos iam video duces
non indecoro pulvere sordidos,
et cuneta terrarum subacta
praeter atrocem animum Catonis.
21) quis non Latino sanguine pinguior
HO campus sepulcliris irapia proelia
testatur auditumque Media
Hesperiae sonitum ruinae?
sed ne relictis, Musa procax, iocis
Ceae retractes munora neniae,
meeum Dionaeo sub antro
40 quacre modos leviore plectro.
IL
Nullus argento color est avaris
abdito terris, iniraice lamnae
Crispe Sallusti, nisi temperato
splendeat usu.
2 t sudare video. Ritschi. Ueberlieferuug audire videor.
44 Q. HORATll FI.ACCI
5 Tivet extento Proculeius aevo
notuB in fratres animi paterni;
illum aget penna metuente solvi
Fama superstes.
latius r^nes a>idam domando
10 gpiritumy quam si Libyam remotis
GadiboB inngas et uterque Poenus
serriat uni.
crescit indulgens sibi dirus hydrops^
nee sitim pellit, nisi causa morbi
15 fugerit venis et aquosus albo
corpore languor.
redditum Cyri solio Phrahaten
dissidens plebi numero beatorum
eximit virtus populumque falsis
20 dedoeet uti
vocibus, regnum et diadema tutum
deferens uni propriamque laurum,
quisquig ingentis oculo inretorto
gpectat acervog.
IIL
Aequam memento rebug in arduig
gervare meutern non gecus in bonis
ab ingolenti temperatam
laetitia', moriture Delli,
5 geu maegtus omni tempore yixerig,
geu te in remoto gramine per dies
fegtog reclinatum bearig
interiore nota Falemi.
CaKMIXUM LIB. II. 3. 4. 45
quo pinus ingens albaque populus
10 umbrain liospitalem cousociare aniaiit,
erraiiH ubi obliquo laborat
lympha fugax trcpiilare rivo,
bue viiia et unguenta et iiimiuiu brcvis
flores amoenae ferro iube rosae,
l.'> dum res et aetas et sororum
fila triuin patiuutur atra.
ecileö eoemptiö saltibus et domo
villaque, fiavus quam 'Hberis lavit;
eedes, et exstruetis in altum
2i) divitiis potictur beres.
divesne prisco natu» al) Inacho
iiil interest an pauper et infima
de gente sul) divo moreris,
victima nil miseraiitis Orci.
2."> omnes eodem cogimur, omuium
versatur urna »erius oeius
sors exitura et iios in aeternum
exilium inpositura eumbae.
IV.
Utwcht.
Ke sit aneillae tibi amor pudori,
Xaiitbia Phoeeu. prius insolentem
serva Briseis niveo eolore
movit Acbillem;
5 movit Aiaeem Telamone na tum
forma eaptivae dominum Tecmessae;
1 1 errans ubi. r amis quid oder quod oder quo et^ quoque.
46 Q. nORATII FL.\ai
areit Atride» mcdio in triumpho
virgine rapta,
barbarae postciuam cccidere tiirmae
i'> Thessalo victore et ademptua Hector
tradidit fessis leviora toUi
Pergama ftrais.
nescias an te generuni beati
Phyllidis flavae decorent parentes;
15 regiuni certe geniis, et penatia
maeret iniquos.
crede non illam tibi de scelesta
plebe dilectam, neque sie fidelem,
sie lucro aversam potiiisse nasci
20 matre pudenda.
bracehia et voltum terete8(iue suras
integer laude: fuge suspieari
cuius octavum trepidavit aetas
claudere lustrum.
V.
Nondum subacta ferre iugum valet
cerviee, nondum munia eonparis
aequare nee tauri ruentis
in venerem tolerare pondus.
5 circa virentis est anirous tuae
canipos iuvencae, nunc fluviis gravem
Solan tis aestum, nunc in ud<>
ludere cum vitulis salicto
praegestientis. tolle cupidinem
10 inmitis uvae: iam tibi lividos
CARMINUM I.TR FI. 5. fi. 47
(listinguet autuninus racemoR
purpureo varius colore.
iam te scciuetur: eurrit enini ferox
aetas, et illi, (pios tibi dempserit,
ir> adponet aimos: iam proten-a
fronte i)etct Lalajre niaritum.
dilecta quantuni iiou Pholoc fugax,
non Chlori:^ albo sie umero iiitens
ut pura uoctiirno renidct
2(> luna man, Cnidiusve CfVges:
quem si puellaruiii iusereres choro,
niire sagacis falleret hospites
diserinicn obscurum solutis
crinibus ambigunqiic voltu.
VI.
Scptimi, Gadiö aditure meeum et
Cantabrum indoetum iiiga ferre nostra et
barbaras Syrtis, iibi Maura semper
aestuat uiula,
r» Tibiu- Argeo positiini colono
sit meae sedes utinani senectae,
sit modus lasso maris et viarum
militiaequc.
unde si parcae pruliibent iniquae,
10 dulce pellitis ovibus Galaesi
fiumen et reguata i)etam Laconi
nira Phalantho.
ille terranim mihi praeter omnis
augulus ridet, ubi non Hymetto
48 • Q. HORATII FLACCI
15 inella decediint viridique certat
baca Venafro;
ver ubi longuni tepidasi^ue ])raebet
luppitor brumaS; et aniicus Aiilou
fertilis Baecho minimum Falenüs
20 iiividet uvis.
ille te meeum locus et beatae
postulaut arcesy ibi tu calentein
debita sparges laerima favillaiu
vatis aniici.
vr.
Septimi, Gades aditure mecum et
Cantabrum indoctum iuga ferre nostra et
barbaras SyrtiS; ubi Maura nemper
aestuat unda:
9 Bit modus lasso maris et viaruni;
tu dulee pellitis ovibus Galaesi
flumen ut regnata petaui et Laconi
rura Phalantho.
ille terrarum mihi ])raeter ouiues
angulus ridet; ubi non Hymetto
15 mella decedunt viridique certat
bacÄ Venafro;
yer ubi longum tepidasque praebet
luppiter brumaS; et amicus Aulon
fertilis Baccko minimum Falernis
20 iuvidet uvis.
CARMINUM LIB. II. 6. 7. 49
ille te mccimi locus et beatae
])08tiilaiit arces, ibi tu ealcntem
(lebita sparges lacrima favillani
vatis amici.
VII.
0 saepe meeum tempus in ultimum
deducte Bruto militiac duce,
quis te rcdonavit Quiritem
dis patriis Italoque eaelo,
5 Pompei, meorum prime sodalium?
cum quo morantem saepe diem mero
fregi coronatus nitentis
malobathro Syrio cai>illo8.
teeum Philippos et celerem fugam
10 seusi, rclictÄ iion bcne pannula,
cum fracta virtus, et minaces
tuq)e solum tetigere mento.
«ed me per hostis Mercurius celcr
dcnso paventem sustulit aere; -
15 te rursus in bellum resorbens
unda fretift tulit aestuosis.
ergo obligatam redde lovi dapem
longaque fessum militia latus
depone sub lauru mea, nee
20 j)aree cadis tibi destinatis.
oblivioso levia Massico
ciboria exple, fuude capacibus
unguenta de conchis. quis udo
deproperare apio Coronas
LsHM, Horaiiiu.
60 Q. HORATIl FLAGCI
25 curatve myrto? quem Venus arbitruni
dieet bibendi? non e>go ganiu»
baechabor Edonis: recepto
dulce mihi furere est amieo.
VIII.
Ulla si iuris tibi peierati
poena, Uarine; noeuissct umquam
dcnte si nigro fierea vel uno
tuqnor ungui,
6 crederem: sed tu simul obligasti
perfidum votis caput, enitescis
l)uldirior multo iuvenumque i)r()dis
publica cura.
expedit matris cincres opertos
10 fallere et toto taciturna noctis
sigrna cum caelo gelidaque divos
morte earentis.
ridet hoc, inquam, Venus ipsa, rident
eomplices nym])hae ferus et Cupido,
15 semper ardentis acuens sagittas
cote cruenta.
adde quod ])ubes tibi crescit omnis
servitus ut sit nova, nee priores
inpiae tectum dominae relinquunt,
20 saepe minati.
te suis matres metuunt iuvencis,
te senes parci, miseraeque nuper
14 eomplices. siinplices. IS ut sit. ort»scit.
CARMINUM LIB. II. 8. 9. 51
virgines nuptae, tua ne retardet
aura maritos.
IX.
Non gemper imbrcs iiubibus hispidos
manant in agros aut mare Caspium
vexant inaequalcs proccUae
usque, nee Armeniis in oris,
5 amicc Valgi, stat glacics iners
mensis per omnis aut aquilonibus
querceta Gargani laborant
et foliis viduantiir onii.
tu semper urgues flebilibus modis
10 Mysten adernjituni, nee tibi vespero
surgente deccdunt amores
nee rapidum fugiente solem.
at non ter acvo functus amabilem
ploravit omnis Antilochum senex
15 annos, ncc inpubcm parentcs
Troilon aut Phrygiae sorores
flevere semper. desine mollium
tandem querellarum, et potius nova
eantemus Augusti tropaea
20 Caesaris et rigidum Nipbaten,
Medumque flumen gentibus additum
victis minores volvere vertiee»,
intracjue praescriptum Gelonos
exiguis equitare campis.
4*
52 ^. UORATII FLACCI
X.
Kectius vives, Liciiii, neque altiim
seiDper urguendo ne(iiie, diiin procellas
oautuä borrescis, niiiiiuni premciulo
Utas iniquuin.
5 aureani quisquis mediocritateni
diligit, tutiiö caret obsolcti
sordibus tccti, caret invideiida
dobrius aula.
saepius ventis agitatiir ingens
10 pinus, et celsae graviore casu
deeidunt turres, feriunt<iue summos
fulgura montis.
sperat iufcstis, mctuit secundis
alteram sortem bene praeparatuni
15 pectus. informis hiemes reducit
luppiter, idem
su1)uiovet. Don, si male nunc, et olim
sie erit: quondam citharae tacentem
suscitat inusam neque semper arcum
2' tendit Apollo.
rebus angustis auiinosus atque
fortis adpare: sapienter idcin
eontrahes vento nünium secundo
turgida vela.
XI.
Quid bellicosus Cantaber et Scythcs,
Hirpine Quinti, cogitet, Uorrida
2 horrida. Hadria.
CARMINUM LIB. IL 10. 11. 12. ^y'^
.^
divißus ora, tu remitta.s
(luaerere, ne trepides in usiim
sponilentis aevi jiaiica. fugit retro
levis iuventas et decor, arida
pellcnte lascivos amores
canitie facilemque somnuni.
non 8emi)er ideiii floribus est honor
10 verni», iiequc imo luna nibeiis nitet
vfdtii. (luid aetcruis minorem
consiliis auimum fatigas?
cur nun sub alta vel platano vel liac
pinu iacentes m* temere et rosa
1.5 cinetos odorati capillos,
dum licet, Assyrioque nardo
])otamus Hucti? dissipat Euhius
curas cdacis. quis puer ocius
restinguet ardcntis Falerni
20 i)ocula praetercunte lymplia?
(piis devium scortum eliciet domo
Lyden? cbnrna die age cum lyra
maturet, incomptam Lacaenao
more comam religata nodum.
XII.
Nolis longa ferai» bclla Numantiae
nee durum Hannibalem nee Siculum mare
Poeno purpureum sanguine mollibus
aptari citharae modis,
3 ora tu. obiccto. 5 spondontis. posceutis. 15 cinetos. canos.
51 Q. HORATII FLACGI
5 nec saovos Lapithas et nimiiiiii mero
Hjiaeum doniitosve Herculca manu
Teilung iuveiies, unde per aethera
fulgens contrcmuit domus
Saturni veteris: neve pedestribus
10 dici earmiuibus proelia Caesaris,
Maeeenas, iubeas, ductaque per via»
regum colla ininacium.
me dulcis dominae nuisa Licvmniae
cantus, me voluit dicere lucidum
15 fulgentis oeulos et bene mutuis
fidum pectus amoribus,
quam nec ferre pedem dedecuit choris
nec certare ioco nec dare bracchia
lulcutem nitidis virginibus sacro
20 Dianae celebris die.
num tu quao tenuit dives Achaemenes
permutare velis crine Licymniae?
aut pinguis Phrygiae Mygdonias opes,
plenas aut Arabum domos,
25 dum flagrantia detorquet ad oscula
cervicem, aut facili saevitia negat
quae poscente magis gaudeat eripi,
interdum rapere occupat?
XIII.
nie et nefasto te posuit die
quicumque primum, et sacrilega manu
7 per aethera. periculum. 9 neve. tuque. 10 dici camiinibus. dices
historiis. lliubeas. melius. 22. 23 gewöhnlich in umgekehrter Ordnung.
CARMIXUM LIB. II. 12. 13. 55
produxit, arbos, in nepotum
penüeiem opprobriunique pagi;
5 illum et Pareiitis crediderim sui
fregisse cervicem et ))eiietralia
sparsisse uocturno cruore
kosj)itis; ille veneua Coleha
et quidquid usquam coueipitur iiefas
10 traetavit, agro qui statuit meo
te triste liguiim, te eadueuin
in doniini caput iumerentis.
quid quisque vitet numquam homini satis
cautum est in horas. navita Bosporum
15 Tbynus perhorrescit neque ultra
eaeea timetve aliunde fata;
miles sagittas et cclerem fugam
Parthi; eateiias Parthus et Italum
robur; sed inprovisa leti
20 vis rapuit rapietque gentis.
(piani paene furvae regna Proserpinae
et iudicantem vidinius Aeacum
sedesque diseretas piorum et
Aeoliis fidibus querentem
25 öappho puellis de popularibus,
et te sonauteni plenius aureo,
Aleaee, pleetro dura navis,
dura fugae mala, dura belli.
utrumque sacro digna silentio
:.o nürantur uuibrae dicere; sed magis
15 Tbynus Laclim. Poeuus. 16 timetve Lachm. timet.
56 Q. IIORATll FLACCI
pugnas et exactos tyrannos
densum umeris bibit auro volgiis.
quid mirum, ubi Ulis carmiuibus stiipens
demittit atras belua centiceps
35 auris et intorti eapillis
eumenidum recreantur augues?
quin et Prometheus et Pelopis parens
dulci laborum decipitur sono,
nee curat Orion leones
40 aut timidos agitare lyncas.
XIIP.
nie et nefasto te posuit die
quieumque primura, et saerilega manu
produxit, arbos, in nepotum
pemiciem opprobriumque pagi;
5 illum et parentis crcdiderim sui
fregisse cervicem et penetralia
sparsisse noetumo cruore
hospitis; ille venena Colcha
et quidquid usquam concipitur nefas
10 traetavit, agro qui statuit meo
te triste lignum, te caducum
in domini caput inmerentis.
21 quam paene furvae regna Proserpinae
et judicantem vidimus Aeacum
sedesque discretas piorum et
Aeoliis fidibus querentem
25 Sappho puellis de popularibus,
et te sonantem plenius aureo,
CARMINUM LIB. II. 13'. 14. 57
Alciiee, plectro dura navis,
dura fiigao mala, dura belli.
13 quid quisque vitet numquam homini satis
cautum est in horas. navita Bosporum
)5 Thynus perhorrescit uequo ultra
eaeca tiraetve aliunde fata;
miles sagittas et celereiu fugam
Partlii; eatenas Parthus et Italum
robur; sed improvisa leti
20 vis rapuit rapiet(iue geutis.
XIV.
Eheu fugaccs, Postume Postume,
labuntur anni, nee pietas moram
rugis et instanti senectae
adferet indomitaeque morti:
5 nou si treeenis quotquot eunt dies,
amice, places inlacrimabilcm
Plutona tauris, qui ter amplum
6er}onen Tityonque tristi
conpescit unda, scilicet omnibus,
10 ([uicumque terrae munere veseimur,
enaviganda, sive reges
sive iuopes erimus eoloni.
fnistra cniento marto carebimus
fractisque rauci fluctibus Hadriae,
15 fnistra per autumnos nocentem
corporibus metuemus austrum.
visendus ater flnmine languido
Cocytos errans et Danai genus
58 Q UORATII FLACCI
infame damnatusque \o\\g\
20 Sisyphus Aeolides laboris.
linquenda töUus et doinuä et placeiiä
uxor, iieque harum qua» colis arborum
te praeter invisas cupresäos
Ulla brevem dominum sequetur.
25 absumet heres Gaecuba dignior
servata centum clavibu-s et mero
tinguet pavimentum superbo,
pontifieum potiore cenis.
XIV^
Eheu fugaees; Postume, Postume,
labuntur anni, nee pietas moram
rugis et instanti seuectae
adferet indomitaeque morti:
5 non si treeenis quotquot euut dies,
amiee, places inlaerimabilem
Plutoua ta,uris, qui ter amplum
Gerj'onen Tityonque tristi
eompeseit unda, scilieet omuibus
10 quieunque terrae munere veseimur
enavigauda, sive reges
sive inopes erimus coloni.
•
frustra eruento marte carebimus
fraetisque rauci fluetibus Hadriac,
15 frustra per autumuos noceutem
eorporibus metuemus austrum.
21 linquenda tellus et domus et placeus
uxor; neque harum, quas seris, arborum
CARMINUM LIB. II. \V. 15. 59
te praeter mviBas eupressos
Ulla brevem dominum 8e(iuetur.
XV.
Unecht.
lam pauca aratro iugera regiae
moles reliuqueut, undique latius
extenta visentur Lucriuo
stagiia lacu, platanusque caelebs
5 evincet ulmos. tum violaria et
myrtus et omiiis copia uarium
spargeut olivetis odorem
fertilibus domino priori:
tum spissa ramis laurea fervidos
10 excludet iotus. iioii ita Romuli
praeacriptum et iutonsi Catoiiis
auspiciis veterumque uorma.
privatus illis census erat brevis,
commune magnum: uulla decempedis
15 metata privatis opacam-
porticus exeipiebat areton,
■
nee fortuitum spernere caespitem
leges sinebant, oppida publico
sumptu iubentes et deorum
20 templa novo decorare saxo.
60 Q. HORATII FLACCl
XVI.
Otium divos rogat in patenti
pronsug Aegaeo, simul atra niibes
condidit liinam neqiie ccrta fiilgent
gidera nautig,
5 otium hello furioga Thraee,
otium Medi pharetra decori,
Grogphe, non gemmig neque pnrpura ve-
nale neque auro.
non enim gazae neque congularig
10 gubmovet lictor miserog tumultug
mentig et curag laqueata circum
tecta volantig.
vivitur parvo bene cui patemum
gplendet in menga tenui galinum
15 nee levig gomnog timor aut cupido
gordidug aufert.
quid brevi f<»rteg iaeulamur aevo
multa? quid terras alio ciilentig
gole mutamug? patriae quig exgul
20 ge quoque fugit?
gcandit aeratag vitiosa navig
ciira, nee turmag equitum relinquit,
ocior cervig et agente nimbog
oeior euro.
25 laetug in praegeng animug quod ultra egt
oderit curare et amara lento
temperet rigu: nihil est ab omni
part« beatum.
CARMINUM LIH. IL 16. 16V 61
abstulit darum cita mors Achillem,
3() longa Tithouum minuit senectus,
et mihi forsan tibi quod negarit
porriget liora.
te greges centiim Siculaeque eircum
mugiiiiit vaccae, tibi toUit liinnitum
35 apta quadrigis equa, te bis Afro
muriee tinctae
vestiunt lanae: mihi parva rura et
spiritum Graiae tenuem camenae
parca iion meiidax dedit et malignum
40 speniere volgus.
XVI".
Otium divos rogat in patenti
prensus Aegaeo, simul atra mil)es
eondidit lunam neque certa fulgent
sidera nautis
<
Grosphe, non gemmis neque purpura ve-
nale neque auro.
non enim gazae neque cousularis
10 submovet lietor miseros tumultus
mentis et curas laqueata eircum
tecta volantis.
62 Q HORATII FLACCI
vivitur pan'o liene ciii paternum
gplendet in menna tenui salinum
15 nee levis »omnos timor aut cupido
Bordidug aufert.
quid brevi fortes iaculamur aevo
mnlta? qhid terras alio calentis
Bole miitamiiR? patriae qiiis exiil
20 «e qiioqiie fugit?
25 laetuB in praesens animus quod ultra est
oderit curare et amara lento
temperet risu: nihil est ab omni
parte beatum.
XVII.
Cur me querellis exanimas tuis?
nee dis amicum est nee milii te prius
obire, Maecenas, mearum
grande deous cohnnenque renim.
5 a te meae si partem animae rai)it
maturior vis, quid moror altera,
ueo canis aeque nee supcrstes
integrer? ille dies utramque
dueet ruiiiam. non c?o perfiduni
10 dixi sacramcntum: ibimus, ibimus,
utcunujue praecedes, suprenium
•eari)ere iter eoniites parati.
me nee chimaerae sinritus igneae,
nee si resurgat eentimanus Gyas,
Iß divellet umquam: sie potenti
lustitiae plaeitumque parcis.
CARMINÜM LIB. II. 17. 17\ 63
seu libra seu mc scorpios adspicit
fonnidolosus, pars violentior
natalis horae, seu tvranims
20 Hesperiae capriconuis undae,
ntrunique nostruni incredibili modo
conBentit astnini. tc lovis inpio
tntela Satiirno refulgens
eripiiit volucrisque fati
2:». tardavit alas (Hii populus freqiiens
laetum tlicatris ter crepuit soniim:
nie trunciis inlapsiis cercbro
siistulerat, nisi Faiinus ictum
dexti-a Icvasset, Mcrcurialiiun
,30 ciistos vironun. redderc victimas
aedeiTKiue votivam memento:
T108 hiiinilein feriemus a^fim.
XVII".
I Cur nie (iiiercllis cxaniniaa tiiis?
Tiec dis anncuni est nee mihi te i)riii8
obire, Maeeenas, meanim
^^rande deeus eolumenque verum.
21 iitrumquc nostnun ineredibili modo
consentit astriim. te lovis inpio
tutela Saturno refulgens
eripuit voluerisque fati
2r> tardavit alas cui populus frequens
laetum theatris ter erepuit sonum:
25 cui Lachm. cum oder tnm oder te.
64 Q. HÖR ATI r FLACCt
me truncuft iiilapsus cerebro
sustiilerat, lüsi Fauiius ictuni
dextra levassct, Mercurialimn
30 custos viroruiii. reddere victiiiiaa
aedeiuque votivam nicmcnto:
no8 humilem ferieinus agnam.
XVIII.
Non ebur neque aureum
raea renidet in domo lacunar,
non trabes Ilvmettiae
premunt coliinmas ultima reeisas
5 Africa, neque Attali
ignotus lieres regiam oecupavi,
nee Laconieas mihi
traliuut honestae purpuras clientae.
at fides et ingeni
10 ))enigna vena est, pauperemque dives
me petit: nihil supra
deos laeesso nee potentem amieum
largiora flagito,
satis beatus unicis Sabinis.
15 truditur dies die,
novaeque pergunt interire lunae.
tu sccanda marmora
locas sub ipsum fuuus et sepulcri
inmemor struis domos
20 marisque Baus obstrepentis urgues
submovere litora,
parum locuples continente ripa.
CARMINUM LIB. U. 18. 19. 65
quid quod usqiie proximos
revellis agri terminos et ultra
25 liinites clientium
salis avarus? pellitur paternos
in sinu ferens deos
et uxor et vir sordidosque natos.
iiuUa certior tarnen
30 rapacis Orci sede destinata
aula divitem manet
erum. quid ultra tendis? aequa tellus
pauperi recluditur
regumque pueris, nee satelles Orci
:<5 callidum Promethea
revexit auro captus. hie superbum
Tantaluni atque Tantali
genus coercet, liic levare funetum
pauperem laboribus
40 vocatus atque non vocatus audit.
XIX.
Bacchum in remotis carmina rupibus
vidi docentem, credite posteri,
nymphasque discentis et auris
eapripedum satyrorum acutas.
5 eulioe, recenti mens trepidat metu
plenoque Bacchi pectore turbidum
laetatur. euhoe, parce Liber,
parce gravi metuende thyrso.
fas pervicacis est mihi thyiadas
10 vinique fontem lactis et uberis
Lbhrs, Uontiiu.
<;ft Q. HORATII J-LACCI
caiitarc rivo« atquc tninci»
lapH}i caviM iterare inella,
faH c;t heatac (*oiiiu«riH additiiiii
HtcUm honorem te(*ta<iiic Pcntliei
i.'i (liHiecta non Iciü ruiiia,
ThniciH et exitiuin Ly<iir^n.
tu iicctm anmirt, tu inare barbarum,
tu Hoparatis uvhIuh iu ixigiti
ikmIo cocrccH viperin'»
'Jii UiHtouuluin Hine fraudc crini».
tu, cum parentm rcgna per anluuni
CdhorH Gigantum Hcanderet in])ia,
Khoctum retorsinti leonis
un^ruibufl liorribilique mala:
25 quam(iuain chorei» aptior et iocis
lud()<[ue dietuH non 8at idoncus
pu^uac ferebari»; »ed idem
pa(*iH eran mediuHque belli.
te vidit insoiig Cerberus aureo
30 eomu deeorum leniter atterens
caudam et recedenÜH trilingui
ore pedes tetigitcpie crura.
XX.
Unecht.
Non uHitata nee tenui ferar
penna bifomiis per liquidum aethera
vates, neque in terris morabor
longius, invidiaque maior
CARMIXl-M Lin. IL 19. 20. 07
5 iirbis reliiiquam. non ego paupenim
sanguis parentiim, non ego quem vocas,
dilecte Maecenas, obibo,
nee Stygia cohibebor unda.
iam iam residunt cruribus asperae
10 pelles et albiim mutor in alitem
supenie nasounturque leves
per digitos umerosque plumae.
iam Daedaleo tiitior learo
visam gementis litora Bospori
15 Syrtisque Gaetulas, canonis
ales, Hyperboreosque campos.
•
me Colehiis et qui dissimulat metum
Marsae cohortis Daeiis et ultimi
noscent Geloni, me peritus
20 discet Hiber Rhodanique potor.
absint inaui funcre neniae
luctusqiie turpes et querimoniae;
conpesce clamorem ac sepulcri
mitte supervaeuos honores.
13 tutior B. notior und ocior.
5*
Q. HORATII FLACCI
C A R M I N ü M
IJIJER TERTIUS.
I.
Olli profanum volgus et arceo.
favote linguiB: carniina non prius
audita musarum sacerdos
virginibus puerisque canto.
5 Regum timeudoniin in |)ropri()8 ^cgres,
reges in ipsos imperium est lovis,
clari Giganteo triuinphO;
euncta supercilio moveiitis.
est ut viro vir latius ordinet
10 arbusta sulcis; hie generosior
deseeiidat in campum petitor,
moribus bic meliorque fama
contendat, illi turba clientium
sit maior: aequa lege uecessitan
t'> sortitur insiguis et inios,
omne capax movet unia uomen.
destrictus ensis eui super inpia
cerriee pendet, non Siculae dapes
duli^em elaborabunt saporem,
20 non a>'ium citharaeque cantus
a HORATII FLACCI CARMINUM LIB. III. 1. 09
somnum rcducent. somiius agrcstium
lenis virorum non hiimilis domos
fastidit umbrosamque ripam,
non zephyrig ajdtata Tempe.
25 desiderantem quod satis est neque
tumultuosum sollicitat mare,
nee 8aevu8 aretiiri eadentis
impetus aut orientis haedi,
non verberatae grandine vineae
3ü fundusque mendax, arbore nunc aquas
culpante, nunc torrentia agros
sideni; nunc liiemes iniquas.
contracta i)i8ce8 aequora sentiunt
iacti8 in altum molibus: buc vehens
35 eaementa demittit redemptor
cum famulis dominusque terrae
fastidiosus: 8ed timor et ininae
scandunt eodem quo dominus, neque
decedit aerata triremi et
40 po8t equitem sedet atra cura.
quod 8i dolentem nee Pbrygius lapis,
nee purpurarum sidere clarior
(ieleuit usus, nee Falema
vitis Acbaemeniumque costum,
45 cur invidendis postibus et novo
sublime ritu moliar atrium?
cur valle permutem Sabina
divitias operosiores ?
34 vehens. frequens.
70 Q. UORATII FLACCI
II.
Angu8tam ainicc paui)criem pati
robustus acri militia puer
condiscat et Parthos ferocis
vexet eqiics metuendiis liasta
5 vitanique sub divo et trepidi» agat
in rebus, illum ex inoenibus hosticis
niatrona bellaiitis tvraimi
proftpiciens et adulta virgo
suspiret: ehcii, ue rudis agminum
10 gponsus lacessat regius asperiim
tactu leonem, quem cruenta
per medias rapit ira caedis.
dulee et dceorum est pro patria mori:
mors et fugacem i)ersequitur virum,
15 nee pareit inbellis iuventae
l)oplitibu8 timidoque tergo.
virtus repulsae neseia 8ordidae
intamiiiatis fulget lionoribift,
nee sumit aut ponit seeuris
20 arbitrio popularis aurae.
virtus rccludens inmeritis mori
eaelum negata temptat iter via,
coetusque volgaris et udam
speniit humum fugiente i)cnna.
25 est et fideli tuta silentio
merces: vetabo, qiii Cercris sacrum
volgarit areanae, sub isdcm
Sit trabibus fragilemve mecum
CARMINUM LIB. III. 2. 2\ 71
solvat pbasclon: saepe Diespiter
30 ueglectiis inc^sto addidit integrum;
raro autecedcntem scelestum
dcseruit pede Poena claudo.
II".
Angustam amiee pauperiem pati
robustuB acri militia puer
condiscat et Parthos ferocis
vexet eqiies metuendus liasta
5 vitamque 8iib divo et trepidis agat
in rebus, illum ex moenibus hosticis
matrona bcllantis tvranni
prospiciens et adulta virgo
suspiret: eben, ne rudis Jigminum
10 sponsus lacessat regius asperum
taetu leoncm, quem crucnta
])er medias rapit ira caedes.
dulcc et deeomm est pro pati-ia mori:
mors et fugacem persequitur virum,
15 ncc parcit inbellis iuventac
poplitibus timidove tergo.
21 virtus recludens imineritis mori
caelum negata tentat iter vita,
eoetusque volgaris et udam
spemit humum fugicnte ])enna.
72 Q. HORATII FLACCI
Noch ein y ersuch mit Benutze n// einiger wie es scheineti kann von
hier versprengter Strophen aus der 3. Ode.
\\\
Angustam amice paupericm pati
robustus acri militia i>uer
condiscat et Parthos ferocis
vexet ecjues metuendus hasta
5 vitamque sub divo et trcpidis agat
in rebus, illum ex moenibus hosticis
matrona bellantis tyranni
prospiciens et adulta virgo
suspiret: eheu, ne rudis agminum
10 sponsus lacessat regius asperiira
tactu Iconem, quem cnienta
per medias rapit ira caedes.
in,49aurum inrepertum et sie melius situm,
cum terra celat, spernere fortior
quam cogere humanos in usus
omne sacrum rapiente dcxtra
quicunque mundo terminus obstitit
hunc tangat armis, visere gestiens
55 qua parte debaci?hentur ignes,
qua nebulae pluviique rores.
IT, I3dulee et decorum est pro patria mori:
mors et fugacem persequitiir vinim
15 nee parcit inbellis iuvcntae
poplitibus timidove tergo.
21 virtus recludens immeritis mori
caelum negata temptat iter via,
CARMINUM LIB. UI. 2'. 3 73
coetiisque vulgaris et udam
spemit humum fugionte penna.
III.
luetum et tenac^m propositi virum
non civium ardor prava iubentium^
non voltus instantis tyranni
mente qüatit solida, neque auster,
5 dux inquieti turbidus Hadriae,
nee fulminantis magna manus levis:
81 fraetus iulabatur orbis,
inpavidum ferient ruinae.
hac arte Pollux et vagus Hercules
to enisus arcis attigit igneas:
quos inter Augustus recumbens
purpureo bibet ore nectar.
hac te merentem, Bacche pater, tuae
vexere tigres indocili iugum
15 collo trahentes, hac Quirinus
Martis equis Acheronta fugit,
gratum elocuta consiliantibus
lunone dhis: 'Ilion, Ilion
fatalis incestusque iudex
20 et mulier peregrina vertit
in pulverem, ex quo destituit deos
mercede pacta Laomedon mihi
castaeque damnatam Minei-vae
cum populo et duce fraudulento.
25 iam nee Lacaeuae splendet adnlterae
famosus hospes, neo Priami domus
7-1 a HORATIl FLACCl
periura pugrnacis Achivos
lleetoreis opibus refriiiirit,
nostrisqiic ductimi scditiouiljus
30 bellum rcsedit: protiuiis et prravis
iras et imisum nopotem,
Troiea quem peperit sacenlos,
Marti redonabo. illuui c^o lueidas
inire sedes, ducere iiectaris
35 8UC0S et adscribi ([uietis
ordinibus patiar dcorum.
dum longus inter sacviat Ilion
Koniamque pontus, quali]>ct cxsulcs
in parte regnanto beati;
40 dum Priami Paridisque bu8to
insultet annentum et catulos fcrae
celent inultae, stet Capitolium
fulgens, triumphatisque ])ossit
Roma ferox dare iura Medis.
45 borreuda late nomen in ultima»
extendat oras, qua modius liquor
secernit Europcu ab Afro,
qua tumidus rigat arva Kilus,
aurum inrepertum et sie melius situm,
50 cum terra celat, spenierc foitior
quam cogere liumanos in usus
omne saerum rai)iente dextra.
(juicumque mundo terminus obstitit,
liunc tangat armis, visere gestiens
5.) qua parte debaccbentur ignes,
qua nebulae pluviique rores.
CARMINÜM LIB. III. 3. 3\ 75
scd bellicosis fata Quiritibuä
liac lege dico, ne nimium pii
rebusque fidentes avitae
60 tecta velint roparare Troiac.
Troiae ronascens alite liigubri
fortiina tristi elado iterabitur,
duccnte victrieis catervas
coiüugo me lovis et sorore.
65 ter si resiirgat murus aeueus
auctore Phoebo, ter pereat meis
excisus Argivis, ter uxor
eapta viriim pucrosque ploret/
iion hoc iocosae coiivcniet lyrae.
70 quo, luusa, tendis? desine pervicax
referre sermoiies deorum et
magna modis teiiuare parvis.
III".
l lustuiu et teuacem propositi viriiin
iiou civium ardor prava iubentium
iion voltus instantis tyraniü
mento quatit solida, neque auster,
5 dux inquieti turbidus Iladriac,
nee fulminantis magna manus Ions:
si fractus illabatur orbis
impavidum ferient ruinae.
hac arte PoUux et vagus Hercules
10 enisus arcis attigit igneas:
quos inter Augustus recumbens
purpureo bibet ore nectar.
76 a HORATII FLACCI
hac te merentem, Baechc pater, tiiae
vexere tigres, indocili iiigiim
15 collo trahenteSy hac Qairinus
Martis eqiiis Acheronta fugit,
gratiim elocuta consiliantibii«
lunone divis: 'llion, Ilion
fatalis ineestusque iudex
20 et miilier jjeregrina vertit
in pulverem, ex quo destituit deos
mercede pacta Laomedon mihi
castaeque damnatam Minervae
cum populo et duce fraudulento,
25 iam nee Lacaenae splendet adulterae
famosus hospes, nee Priami domus
periura pugnaci» Achivos
Hectoreis opibus refringit,
nostrisque ductum BcditionibuH
30 bellum rescdit: protinus et gravis
iras et invictum nepotem,
Troica quem dederit sacerdos,
Marti redonabo; illum ego lucidas
merere sedes, ducere nectaris '
35 sucos et adscribi quietis
ordinibus patiar deorum.
dum longus inter saeviat Uion
Romamque pontus; qualibet exsules
in parte regnanto beati;
40 dum Priami Paridisque bu8to
31 invictum. invisum. 32 dederit. peperit. 34 merere. inire.
CARMINUM LIB. III. 3'. 4. 77
insultet armentum et eatulos ferae
celent inultae, stet Capitolium
fulgens triumphatisque possit,
Roma ferox dare iura Medis.'
IV.
De3cende eaelo et die age tibia
regiua longum Calliope meloB,
seu voce nunc mavis acuta,
seu fidibus citliaraque Phoebi.
5 auditis an nie ludit amabili»
insania? audire et videor pios
errare per lucos, anioenae
quo8 et aquae subeunt et aurae.
21 vester, eamenae, vester in arduos
tollor Sabinoöy seu mihi frigidum
Praeneste, seu Tibur supinum,
seu liquidae placuere Baiae.
9 mc fabulosac Volture in Appulo
10 altrieis extra limiua devio
ludo fatigatumque somno
fronde nova puerum palumbes
texerc, miruni quod foret omnibus,
quicumque celsae nidum Acherontiae
15 saltusque Bantinos et arvum
pingue tenent humilis Forenti,
ut tuto ab atris corpore Wperis
dormirem et ursis, ut premerer sacra
10 limiua devio. limen Apuliae, limina PuUiae.
78 Q. HORATII FI.ACCI
lauroque oonlataque niyrto,
20 non sine din animosiis infans.
26 vestris amiciim fontibus et choris
non me Philippis versa aoies retrt),
(levota non exstinxit arbos,
nee Sicula Palinurus unda.
uteunique niecuni vos critis, libens
3« insunientem navita Bosporum
teni])tabo et urentis harenas
litorig Assvrii viator,
visani Britannos liospitibus feros
et laetum equiuo sauguine Concanum,
35 visam pharetratos Gelonos
et Scvthicum inviolatus amnem.
voö Caesarem altuni, militia simiil
fessas cohortes reddidit oppidis,
finire quaerentem Labores
4) Pierio recrcatis antro.
vos lene consilium et datis et dato
gaudetis alniae
seimus ut impios
43 Titanas immanemquo turniam
fulmine sustulerit corusco
45 qui terrani inertem, qui mare temperat
ventosum et umbras regnaque tristia
divosque mortalisque turbas
imperio regit unus aequo.
44 conisco B. caduco
CäRMINÜM LIB. III. 4. 79
magnum illa tcrrorem iiitulcrat lovi
50 Mens iuventus horrida bracchiis,
fratresque tendentes opaco
Pelion inposuisse Olymjx).
sed quid Typhoeus et validus Mimas,
aut quid minaei Porpliyrion statu,
55 quid Rhoctus evolsisque ti-uncis
Eueeladus iaeulator audax
contra sonantem Palladis aegida
possent nientes? hinc avidus stetit
Voleanus, hinc matrona Inno et
60 numquam umcris positunis arcum,
qui rore puro Castaliae lavit
crinis solutos, qui Lyciae tenet
dumeta natalemque silvain,
Delius et Patareus AdoHo.
♦>5 vis eonsili expers mole ruit sua:
vim tem[)eratara di quoque provelumt
in maius; idera ödere viris
omne nefas animo nioventis.
testis mearum centimanus Gyas
7'» sententiarum, notus et integrae
temptator Orion Dianae,
virginea domitus sagitta.
iniecta monstris Terra dolet suis
maeretque partus fulmine luridum
75 missos ad Orcum; nee peredit
inpositam celer ignis Aetnam,
incontinentis nee Titvi iecur
reliquit ales, nequitiae additus
80 Q. HORATir FLACCl
custos; amatorem troccntae
80 Piritliouni cohibent cntenae.
V.
Caelo toiiantem crcdidimus lovera
reguare: praesens divus habebitur
Augustus adieetis Britannis
iinperio gravibusque Persis.
5 milesne Crassi coaiuge bar1)ara
tiiq)is maritus vixit et hostiuin
(pro curia inversique mores!)
consenuit soeerorum in annis
sub rege Medo Marsus et Appulus,
10 anciliorum et nomiuis et togae
oblitus aeternaeque Vestae,
incolunii lovc et urbe Roma?
hoc caverat mens provida Reguli
dissentientis condicionibus
15 foedis et exemplo tralienti
perniciem veniens in aevum.
si non periret inmiserabilis
captiva pubes. 'signa ego Punicis
adfixa delubris et arma
20 militibus sine caede' dixit
'derepta vidi, vidi ego civium
retorta tergo bracchia libero
portasque non clausas et ar\'o
Marte coli populata nostro.
t7 B meint perirent immiserabiles.
CARMINÜM LIB. III. 5. 81
25 'auro repensiis scilicet aerior
miles redilnt? flagitio atUlitis
damnum: iieque amissos oolores
lana refert medicata fuco,
nee vera virtus, cum semcl excidit,
30 curat rcponi deterii)ribu8.
si pugnat extricata dcusis
cerva plagis, erit ille fortis
qui perfidis bc credidit hostibus,
et Marte Pocnos proteret altero
tiö qui lora restrictis lacertis
sensit iners tinuiitque mortem.
hie unde vitam sumeret anxius
pacem ducllo miscuit. o pudor!
o magna Carthago, ]>rol)r()sis
40 altior Italiae ruinis!*
fcrtur pudic^ie eoniugis osculum
panosquc natos ut capitis minor
ab se removisse et virilem
tor>us bumi posuissc voltum,
40 donec labantis consilio patres ^
firmaret auctor numquam alias dato,
interque maerentis amieos
egregius properarct exsul.
atqui seiebat quae sibi barbarus
♦50 tortor i>araret: non aliter tamen
dimovit obstantis propinquos
et populum reditus morantem
37 anxius Laclim. inscius und aptius.
Lkura, Hwratius.
82 Q. HORATII FLACCI
quam si elientum longa ncgotia
diiudicata lite relinqueret,
55 tendens Yenafranos in agrog
aut Lacedaemonium Tarentum.
JFas hier als VP und VP fjegehen , jenes mit fehlendem SchlusSj
dies mit fehlendem Anfang^ geht gewöhnlich als ein zu-
sammenhängendes Gedicht,
Delicta maiorum heu mcritus lues,
Romane, donec templa refeceris
aedisque labentig deorum et
foeda nigro simulacra fumo.
5 dis te minorem quod geris, imperas :
hinc omne principium, huc refer exitum:
di multa negleeti dederunt
Hesperiae mala luctuosae.
iam bis Monaeses et Pacori manus
10 non auspicatoB contudit inpetus
nostroB et adieciRHe praedam
torquibuB exiguis renidet.
paene oecupatam BeditionibuB
delevit urbem DacuB et Äethiops,
15 hie elasse formidatus, ille
misBilibus melior sagittiB.
1 beu meritus. inmerituB.
CARMINCM LIB. 111. 6». 6». 83
VI 2.
feounda culpae saecula nuptias
primum inquinaverc et genug et domos:
hoc fönte derivata dades
2<) in patriani i)opulumque fluxit.
motus doceri gaudet lonicos
Romana virgo et fingitur artibus
iam nunc et incestog amores
de tenero mcditatur ungui:
25 mox iunioreB quaerit adulteros
inter mariti vina, neque eligit
eui donet ini)enni88a raptim
gaudia luminibus remotis,
sed iussa corani non sine conscio
30 surgit marito, seu voeat institor
seu navis Hispanae magisterj^
dedecorum pretiogug empt^r.
non his iuventus orta parentibus
infeeit aequor sanguine Punieo,
36 Pyrrhumque et ingentem cecidit
Antiochum Hannibalemque dirum;
sed rusticorum mascula militum
proles, Sabellis docta ligonibus
22 Romana. matora.
6*
84 Q. UORATir FLACCl
versare glaebas et sevcrac
40 matris ad arbitrium recisos
portare fustis, sol ubi montiuni
mutaret umbras et iugn demeret
bobus fatigatis, amieiiin
tempus agciis abeunte curru.
45 damnosa quid nou inminuit dies?
aetas pareiitum peior avis tulit
no8 nequiores, mox daturos
progeuiem vitiosiorein.
VII.
Quid lies, Asteric, quem til)i oandidi
primo restituent vere favonii
Thyna mcrce beatuiii,
constantis iuvenem fide
5 Gygeii? ille notis actus ad Oricum
post insana caprae sidera frigidas
noctis non sine multis
insomuis lacrimis agit.
atqui sollicitae nuntius hospitae,
10 suspirare Ghloen et miseram tuis
dicens igiiibus uri,
temptat mille vafer modis.
ut Proctuiu mulicr pertida credulum
falsis in])ulerit eriminibus iiimis
15 casto Bellerophonti
raaturare iieceni refcrt;
narrat paeiie datum Pelea Tartaro,
Maguessam Hippel} ten dum fugit abstinens;
CARMIXÜM LIB. III. 7. 8. 85
et peccare docentis
20 fallax historias movet.
frustra: nam scopulis surdior Icari
voces audit adhuc integer, at tibi
ne vicinus Enipeus
plus iusto placeat cave:
25 (|uamvi8 non aliiis flectere equum sciens
aeque conspicitur gramine Martio,
nee quisquam citiis aeque
Tusco denatat alveo.
prima nocte domum Claude neque in vias
30 gub cantu querulae despicc tibiae,
et te saepe vocanti
duram difficilis mane.
VIII.
Martiis caelebs (juid agam calendis,
quid velint flores et acerra turis
plena miraris positusque oarbo in
caespite vivo,
5 docte sermones utriusque linguae.
voveram dulcis epulas et album
Libero caprum proi)e funenitus
arboris ictu.
hie dies anno rcdeunte festus
10 corticem adstrictum piee dimovebit
amphorae fumum bibere institutae
consule TuUo.
5 wahrscheinlich ein falscher Vers.
86 a HORATII FLACCI
sume, MaeccnaSy eyathos amiei
sospitis centuni, et vigiles lucemas
15 perfer in lucem; i)rocul omiiis esto
cura futuri.
mitte civilis super urbe euras:
oeeidit Daei Cotisonis agnieu,
Medus infestus sibi luctuosis
20 dissidet armis;
servit Hispanae vetus hostis orae
Gantaber, sera domitus eatena,
iam Scythae laxo meditantur arcu
cedere canipis.
25 neglegens nequa populus laberet
parce privatus nimium cavere;
dona praesentis cape laetus horae:
linque severa.
IX.
Donec gratus eram tibi
nee quisquam potior braccliia caudidae
eervici iuvenis dabat,
Persarum vigui rege beatior.
5 'donec non alia magis
arsisti neque erat Lydia post Chloen,
multi Lydia uominis
Romana vigui clarior Ilia/
me nunc Thressa Chloe regit,
10 dulcis docta modos et citharae sciens,
16 cura futuri. clamor et ira.
CARMINÜM LIB. IH. 9. 10. 87
pro qua non metuam mori,
si parcent animae fata superstiti.
'me torret face mutua
Thurini Calais filius Omyti,
15 pro quo bis patiar mori,
si parcent puero fata superstiti/
quid si prisca redit Venus
diductosque iugo cogit aeueo?
si flava excutitur Chloe,
20 reiectaeque patet ianua Lydiae?
'quamquam sidere pulchrior
ille est, tu levior cortice et inprobo
iracundior Hadria,
tecum viverc amem, tecum obeam libens/
X.
Extremum Tanaiu si biberes, Lyce
saevo nupta viro, me tarnen asperas
porrectuin ante foris obicere incolis
plorares aquilonilms.
5 audis (luo strepitu ianua, quo nemus
inter pulchra satum tecta remugiat
ventis, et positas ut glaciet nivis
puro numine luppiter?
ingratain Veneri pone superbiain,
10 ne currente retro funis eat rota.
non te Penelopen difficilem procis
Tyrrhenus gcnuit parens.
0 quamvis neque te munera nee preces
nee tinctus viola pallor amantium
88 Q. HORATII FLACCI
15 nec vir Pieria paclice saucius
curvat gupplicibus tuig,
parcas, nec rigida inollic r aesculo
nec Mauris animum mitior anguibus.
non hoc commeruit liminis aiit aquae
20 caelestis patiens latus.
XL
Mercuri (nam te doeilis mjigistro
movit Amphion lapides cancndo)
tuque testiido rcsonarc Septem
callida nems,
5 nec loquax olim neque grata, nunc et
divitmu mensis et amica templis,
die modos, Lyde quibus obstinatas
adplicet auris,
quae velut latiä equa trima campis
10 ludit exsultim metuitque tangi,
nuptiarum expers et adhuc protervo
cruda marito.
tu potes tigris comitesque Silvas
ducere et rivos celeres morari;
15 cessit inmauis tibi blandienti
ianitor aulae;
Cerberus, quamvis furiale centum
muniant angues caput cius atque
Spiritus taeter sanicsque manet
20 ore trilingui.
19 commeruit. semper erit.
CARMINUM LIB. III. ll. 89
quin et Ixion Tityosque voltu
risit invito; stetit uma pauUum
sicca, dum grato Danai puellas
carmine mulces.
25 audiat Lyde scelus atque notas
virginum poenas et inane lymphae
doliura fundo pereuntis imo
seraque fata,
quae luunt poenas ctiam sub Orco.
30 inpiae nam quid potiiere maius?
inpiae sponsos potuere duro
perdere ferro.
una de multis face nuptiali
digna periurum fuit in parentem
35 splendide mendax et in omne virgo
nobilis aevum,
^surge' (juae dixit iuveni marito,
'surge, ne longus tibi somnus unde
non times detur: socerum et scelestas
40 falle sorores,
quae velut nactae vitulos leaenae
singulos eheu lacerant: ego illis
mollior nee te feriam neque intra
claustra tenebo.
45 me pater saevis oneret catenis,
quod viro demens misero peperci;
me vel extremes Numi darum in agros
classe releget.
29 luunt poenas. maiient culpas.
90 Q. nORATIl FLACCI
i pedes quo te rapiunt et aurae,
50 dum favet nox et Venus, i secundo
omine et nostri memorcm sepulcro
scalpe querellam/
XII.
Miserarum est neque amori dare ludum neque dulci
mala Wno lavere aut exauimari metuentis
patruae rerbera linguae.
tibi qualum Cythereae puer ales, tibi telas
5 operosaeque Minervae Studium aufert, Keobule,
Liparaei nitor Hebri,
simul unctos Tiberinis umcros lavit in undis,
eques ipso melior Belleroplionte, neque pugno
neque segni pede victus;
10 catus idera per apcrtum fugientis agitato
grege cervos iaculari et celer arto latitantem
fruticeto excipere aprum.
XIII.
•
0 fons Bandusiae, splendidior vitro,
dulci digne mero non sine floribus,
cras donaberis haedo,
cui frons turgida comibus
5 primis et Venercm et proelia destinat.
frustra: nam gelidos inficiet tibi
rubro sanguine rivos
lascivi suboles gregis.
te flagrantis atrox hora caniculae
10 neseit tangere, tu frigus amabile
CARMIXÜM LIH. III. 12. 13. 14. 91
fessis vomere tauris
praebes et pecori vago.
fies nobilium tu quoque fontium,
me dicente cavis inpositam iiicem
15 saxiS; unde loquaces
lympliae desiliuiit tuae.
XIV.
Bis V. 16 echt und vollständig.
Herculis ritu modo dictus, o plebs,
inorte veiialem petiisse laurum
Caesar Hispana repetit penatis
Victor al) ora.
5 unico gaudens mulier marito
prodeat iustis operata divis,
et soror elari ducis et dccorac
supplice vitta
virgiiium matres iuveuumque nuper
10 sospitum, vosque o pueri et puellae
baud virum expertae, male et ominatis
parcite rerbis.
bic dies vere mibi festus atras
eximet curas: ego nee tumultum^
15 nee mori per vim metuam tenente
Caesare terras.
i pete unguentum, puer, et Coronas
et cadum Marsi memorem duelli,
Öpartacum siqua potuit vagantem
20 fallere testa.
10 Ueberlieferung yob o pueri et puellae iam yirum ezpertae male
ominatis (und nominatis) parcite verbis. — haud gab Pottier.
92 Q. HORATII FLACCI
die et argutae propcret Ncaerae
murrcum nodo eohiberc crinem.
»i per invisiim mora ianitorem
üei, abito.
25 lenit albeflcens aninios eapillus
litium et rixjie cupidos protervae;
non ego hoc ferrem ealidus iuventa
consule Planco.
XV.
Uxor paiiperis Ibyei,
tandem nequitiae fige modum tuae
famoBisque laboribus ;
maturo propior desine funeri
5 inter ludere virgiiies
et stellis nebulaiu spargere candidis.
non, siquid Pholoen satis,
et te, -Chlori, decet. filia reetius
expugnat iuvenuni domos,
10 pulso thyias uti concita tympano.
illam cogit amor Nothi
lascivae simileni ludere capreae:
te lanae prope nobilem
tonsae Luceriam, non citharae decent
15 nee flos purpureus rosae
nee poti vetulam faece tenus cadi.
XVI.
Inclusam Danaen turris aenea
robustaeque fores et vigilum canum
tristes exeubiae munierant satis
nocturnis ab adulteris,
CARMINUM LIB. III. 15. 16. 93
5 gi nou Acrisium Yirginis abditae
custodem pavidum luppiter et Venus
risissent: fore enim tiitiim iter et patens
converso iu pretium deo.
aurum i)er medios ire satellites
10 et perrumpere amat saxa poteutiiis
ictu fulmineo: coneidit auguris
Argivi donms, ob hierum
demersa cxitio; diffidit urbium
portas vir Maeedo et subruit aemulos
15 reges muneribus; munera uaviuni
saevos iulaqueant duces.
oresceutem scquitur eura peeuniam
maiorumque fames. iure perhorrui
late conspieuum tollere verticem,
20 Maecenas, equitum deeus.
quanto quisque sibi i)lura negaverit,
ab dis i)lura feret: uil cupientium
uudus castra peto et transfuga divitum
partis liuquerc gestio,
25 contemptae dominus B])lendidior rei
quam si quidcpiid arat inpiger Appulus
occultare mcis dicerer horreis,
raagnas inter opes inops.
purae rivus aquae silvaque iugerum
30 paucorum et segetis certa fides meae ^
fulgentem iraperio fertilis Africae
fallit Sorte beatior.
quamquam neo Calabrae mella ferunt apeS;
nee Laestrygonia Bacchus in amphora
94 Q- HORATU FLACCI
35 languescit mihi, uec pinguia Gallicis
crescunt vellera pagcuis,
inportuna tarnen paiiperies abest,
nee, si plura velim, tu darc deneges.
contracto melius parva cupidine
40 vectigalia porrigam
quam si Mygdoniis regnum Alyattei
campis continuem. multa petentibus
desunt multa: bcne est, cui deus obstulit
parca quod satis est manu.
XVP.
Inclusam Danaen tiirris aenea
robustaeque fores nee vigilum eanum
tristes excubiae munierant satis
noctumis ab adulteris.
9 aurum per medios ire satellites
et perrumpere amat saxa potentius
ietu fulmineo: concidit auguris
Argivi domus, ob lucrum
demersa exitio; diffidit urbium
portas vir Maeedo et subruit aemulos
t5 reges muneribus; munera navium
saevos illaqueant duees.
crescens at sequitj^r eura peeuniam
maiorumque fames. iure perhorrui
late conspieuum tollere verticem,
20 Maeeenas, equitum decus,
2 nee. et. 17 crescens at. crescentem.
CARMIXUM Lia III. 16'. 17. • 95
25 contemtae dominus splendidior rei
quam si quidquid erat impiger Appulus
occultare meis dicerer horreis,
magnas inter opes inops,
41 quam si mygdouiis regnum Alyattei
campis continuem. multa petentibus
desunt multa; bene est, cui deus obtulit
parca quod satis est manu.
XVII.
Unecht.
Aeli vetusto nobilis ab Lamo,
quando et priores hinc Lamias ferunt
denominatos et nepotum
per memores genus omne fastos
5 auctore ab illo ducit originem,
qui Formianim moenia dieitur
princeps et innantem Maricae
litoribus tenuisse Lirim
late tyrannus; cras foliis nemus
10 multis et alga litus inutili
demissa tempestas ab euro
sternet, aquae nisi fallit augur
annosa cornix. dum potis, aridum
conpone lignum: cras genium mero
15 curabis et porco bimenstri
cum famulis operum solutis.
XVIII.
Faune nympharum fugientum amator,
per meos finis et aprica rura
96 ;q. horatii flacci
Icnis mcedas abcasque pan^is
aequus alumnis,
5 81 tener pleno cadit haedus anno,
larga nee desunt Voneris sodali
vina craterae. vetus ara multo
fumat odore,
ludit herboso pecus ouine campo,
10 cum tibi nouae redeunt decembres;
festus in pratis vacat otioso
cum bove pagiis.
inter audacis lupus errat agnos;
spargit agrestis tibi silva frondis;
15 gaudet invisam pepulisse fossor
ter pede terram.
XIX 1.
-17.r* umi A'IX'^ nach der VebeiUeferung ein einziges ohne Lücken
zusammenhangendes Gedicht.
Quantum digtet ab Inaclio
Codrus pro patria non timidus mori,
uarras et genus Aeaci
et pugnata saera bella sub Hio:
5 quo Chium pretio cadum
mercemur, quis aquam temperet ignibus,
quo i)raebente domum et quota
Paelignis caream frigoribus, taces.
«. A*. u\
CARMIXUM LIB. III. 19«. 20. 97
riv >)
da lunae propere novae,
10 da noctis mediae, da, puer, auguris
Murenae: tribiis aut novem
miscentur cyatliis pocula commodis.
qiii musas amat inparis,
teraos ter cyathos attonitus petet
15 vates; tris proliibet supra
rixarum metuens tangere gratia
nudis iiincta sororibus.
insanire iuvat: cur Berecyntiae
cessant flamina tibiae?
20 cur pendet tacita fistula cum Ivra?
parcentis ego dexteras
odi: sparge rosas: audiat invidus
dementem strepitum Lycus
et vicina seni non habilis Lyco.
25 spissa te nitidum coma,
puro te similem, Telephe, vespero
tempestiva petit Rhode;
me lentus Glycerae torret amor meae.
XX.
üfiecht.
Non vides quanto moveas periclo,
Pyrrhe, Gaetulae catulos leaenae?
dura post paullo fugies inaudax
proelia raptor,
LsHRS, HoratioB.
gS Q HORATII PLACCI
5 cum per obstantis iiivenum catervas
ibit insignem repetens Nearchum,
grande certamen, tibi praeda cedat,
maior an illa.
interim, dum tu celeris sagittas
10 promiS; haec dentis acuit timendoS;
arbiter pugnae posuisse nudo
Bub pede palmam
fertur, et leni recreare vento
gparsum odoratis umcrum capillis,
15 qualis auf Nireus fuit aut ac|uosa
raptus ab Ida.
XXI.
0 nata mecum consulc ManliO;
seu tu querellas sive geris iocos
seu rixam et insanos amores
seu facilem; pia testa, Bomnum,
5 quocumque lectum nomine Massicum
servaS; moveri digna bono die,
descende, Corvino iubente
promere languidiora vina.
non ille, quamquam Soeratieis madet
10 sermonibusy te neglegit horridus.
narratur et prisci Gatonis
saepe mero incaluisse virtus.
tu lene tormentum ingenio admoves
plerumque duro; tu sapientium
8 iUa Peerlk. iUi.
CARMINIJM LIB. III. 21. 2P. 9»
15 curas et arcanum iocoso
consiliuni retegis Lyaeo;
tu spem reducis mentibus anxiis
virisque et addis comua pauperi
post te nequc iratos trementi
20 regum apices neque militum arma.
te Liber et si laeta aderit Venus
segncsque nodum solvere gratiae
vivaequc produceut lucernae,
dum rediens fugat astra Phoebus.
xxr.
0 nata niecum consule Manlio
t> digna et moveri testa bono die,
descende, Conino iubente
promere languidiora vina.
non ille, quamquam Soeraticis madet
u> sermonibus, te neglegit horridus.
narratur et prisci Catonis
saepe mero incaluisse virtus.
tu lene tormentum ingenio admoves
plerumque duro; tu sapientium
15 curas et arcanum iocoso
consilium retegis Lyaeo;
tu spem reducis mentibus anxiis
virisque et addis comua pauperi
post te neque iratos trementi
20 regum apices neque militum arma.
I
*■
100 Q. HORATII FLACCl
tecum libenter laeta aderit Vcims
segnesque nodum solvere Gratiae:
vivasque produces lucemas,
dum rediens fugat astra Phoebus.
XXII.
Montium custos nemorumque virgo,
quae laborautis utero puellas
ter vocata audis adimisque leto,
diva triformis,
5 inminens Wllae tua pinus esto,
quam per exactos ego laetus annos
verris obliquum meditantis ictum
sanguine donem.
XXIIL
Gaelo supinas si tuleris manus
nascente luna, rustica Phidyle,
si ture placaris et honia
fruge laris avidaque porca,
5 nee pestilentem sentiet Afrieum
fecunda vitis, nee sterilem seges
robiginem aut dulces alumni
pomifero grave tempus anno.
nam quae nivali pascitur Algido
10 devota quercus inter et ilices
aut crescit Albanis in herbis
vietima pontificum securim
21 te Liber et 8i laeta aderit Venus. 24 vivaeque producent
lucemae.
CARMINOI LIB. III. 22. 23. 24 101
cervice tinguet: te nihil attinet
temptare multa caede bidciirium
15 parvos coronantem marino
rore deos fragilique rayrto.
inmunis ai-am si tetigit nianiis,
non suraptuosa blandior hostia
mollivit aversos penatis
20 farre pio et salicnte niiea.
XXIV.
Intactis opulcntior
tlicsauris Arabiim et divitis Indiae
caementis licet occupes
Tyrrhenum omne tiiis et mare linteis;
5 si figet adamantinos
summis verticibus dira Necessitas
clavos, non aninium metii,
non mortis laqueis expedies eapiit.
campestres melius Scythae,
10 quorum plaustra vagas rite trahunt domos,
vivunt et rigidi Getae,
inmetata qiiibus iugera liberas
friiges et Cererem feriint,
nee cultura placet longior annua.
4 linteis. ponticum, publicum, Apulicum. 5 figet. ligit.
102 Q. HORATII PLACCI
15 defunctumque laboribus
aequali rocreat sorte vicarius.
illic matre earentibus
privignis mulier temperat innocens,
nee dotata regit vinim
20 coniunx, nee nitido fidit adultero.
dos est magna parentium
virtus et metuens alterius viri
certo foedere eastitas,
et peceare nefas aut pretium est mori.
25 0 quisquis volet inpias
caedis et rabiem tollere civicam,
si quaeret pater urbium
subseribi statuis, indomitam audeat
refrenare licentiam,
30 clarus postgenitis; quatenus, heu nefas,
virtutem incolumem odimus,
sublatam ex oculis quaerimus invidi.
quid tristes querimoniae,
si non supplicio culpa reciditur,
35 quid leges sine moribus
vanae proficiunt, si neque fervidis
pars inclusa caloribus
mundi nee boreae finitimum latus
durataeque gelu nives
40 mercatorem abigunt, horrida callidi
vincunt aequora navitae,
magnum pauperies opprobrium iubet
39 gela B. solo.
CARMINÜM LIB. III. 24. 25. 103
qiüdvis et facere et pati,
virtutisque viani deserit arduao?
45 vel no8 in Capitolium,
quo clamor voeat et turba faventium,
vel no8 in mare ])roximum
genimas et lapides aurum et inutile,
siimmi materiem mali;
50 mittamus, scelerum si bene paenitot.
cradenda cuindinis
pravi sunt elementa et tenerae nimis
#
mentes asperioribus
fomiandac studiis. neseit equo rudis
bh haererc ingcnuus puer
vcnarique timet, ludere doctior,
seu Graeco iubeas trocho
seu malis vetita legibus alea,
cum pcriura patris fides
60 consortem socium fallat et hospitem,
indignoque peeuniam
heredi properet. seilicet inprobae
crescunt divitiae: tarnen
curtae nescio quid semper abest rei.
XXV.
Quo me, Bacche, rapis tui
plenum? quae nemora aut quos agor in specus
velox mente nova? quibus
antris egregii Gaesaris audiar
5 aetemum meditans decus
stellis inserere et consilio lovig?
10-4 Q. HORATII FLACCl
dicam insigne, recens, ailbuc
indictum ore alio. iion secus in iugis
Edonis stiipet euliias,
10 Hebrum prospiciens et nive candidam
Thracen ac pede barbaro
lustratam Rliodopeii, iit mihi devio
ripas et vacuum iiemiis
mirari libet. o naiadum potens
15 baccharumque valentium
proceras mauibus vertere fraxinos,
«
nil parvum aut humili modo,
nil mortale loqiiar. dulce periculum est,
0 Lenaee, sequi deum
20 cingentem viridi tcmpora pampino.
XXVI.
Vixi puellis nuper idoneus
et militavi non sine gloria:
nunc arma defunctumque bello
barbiton hie paries habebit,
5 laevum marinae qui Veneris latus
eustodit. hie, hie ponite lucida
funalia et vectis et arcus
oppositis foribus minacis.
0 quae beatam diva tenes Cyprum et
10 Memphin carentem Sithonia nive,
regina, sublimi flagello
tange Chloen semel arrogantem !
9 Edonis B. exsomnis.
CARMINÜM LIB. III. 25. 26. 27. 105
XXVII.
Unecht
Inpi()8 pan\ae recincntis omen
ilucat et praegnans canis aiit ab agro
rava decurrcns lupa Lanuvino
fetaque volpes.
5 riimpit et serpens iter institutum,
si per obliquum similis sagittae
terruit maniios. ego eui timebo
providiis auspex,
antequam stantis repetat paludes
10 imbrium divina avis inmineiitiim,
oscinem corvum prece suscitabo
solis ab ortu.
sis licet fclix ubicumque mavis,
et menior iiostri, Galatea, vivas;
15 teque nee laevus vetat ire piciis
nee vaga coniix.
sed vidcö qiianto trepidet tiimultu
pronus Orion, ego quid sit ater
Hadriae novi sinus et quid albus
20 peccet iapyx.
hostium uxores puerique caecos
sentiant motus orientis austri et
aequoris nigri fremitum et trementis
verbere ripas.
25 sie et Europe niveum doloso
credidit tauro latus et scatentem
beluis pontum mediasque fraudes
palluit audax.
lOÖ a HORATII FLACCI
nuper in pratis studiosa florum et
30 debitae nymphis opifex coronae
nocte sublustri nihil astra praeter
vidit et undas.
quae simul centum tetigit potentem
oppidis Creten, 'pater o relictum
35 filiae nomen pietasque' dixit
'victa furore!
unde quo veni? levis una mors est
virginum culpae. vigilansne ploro
turpe conmissum, an vitiis carentem
40 ludit imago
vana; quae porta fugiens eburna
somnium ducit? meliusne fluetus
Ire per longos fuit, an recentis
carpere flores?
45 siquis infamem mihi nunc iuvencum
dedat iratae^ lacerare ferro et
frangere enitar modo multum amati
comua monstri.
inpudens liqui patrios penates,
50 inpudens Orcum moror. o deorum
siquis haec audis, utinam inter errem
nuda leones.
antequam turpis macies decentis
oecupet malaS; teneraeque sucus
55 defluat praedaO; speciosa quaero
pascere tigris.
yilis Europe, pater urguet absens:
quid mori cessas? potes hac ab omo
CARMINUM LIB. III. 27. 28. 107
pendulum zona beue te secuta e-
(H) lidere coUum.
sive te rupes et acuta leto
saxa tlelectant, age te procellae
crede veloci, nisi erile mavis
carpere pensum
65 regius sanguis, dominaeque tradi
barbarae paelex/ aderat querenti
perfidum ridens Venus et remisso
filius arcu.
mox ubi lusit satiS; ^abstineto*
70 dixit 'irarum calidaeque rixae,
cum tibi invisus laccranda reddet
cornua taurus.
uxor invicti lovis esse nescis!
mitte singultus, bene ferre magnam
75 disce fortunam: tua sectus orbis
nomina ducet/
XXVIII.
Festo quid potius die
Neptuni faciam? prome reconditum,
Lyde, streuua Caecubum,
munitaeque adhibe vim sapientiae.
5 inclinare meridiem
sentis, ac veluti stet volucris dies
parcis deripere horreo
cessantem Bibuli consulis amphoram.
nos cantabimus invicem
10 Neptunum et viridis Nereidum comas:
108 Q. HORATII FLACCI
tu curva recines lyra
Latonam et celeris spiciila Cynthiae,
summo carmine quae Cnidoii
fulgentisque tenet Cycladas et Paphon
15 iunctis Visit oloribus.
dieetur merita Nox quoque iienia.
XXIX.
Tyrrhena regum progenies, tibi
non ante verso lene meruni cado
cum flore, Maecenas, rosanim et
pressa tuis balanus eapillis
5 iamdudum apud ine est. eripe te löorae,
ne semper udum Tibur et Aesulae
declive contempleris arvum et
Telegoni iuga parricidae.
fastidiosam desere eopiam et
10 moleni propinquam nubibus arduis:
omitte mirari beatae
fumum et opes strcpitunique llomae.
plerumque gratae divitibus vices
mundaeque parvo sub lare panperum
15 cenae sine aulaeis et ostro
sollicitam explicuere frontem.
iam clarus occultum Androniedae pater
ostendit ignem, iam procyon furit
et Stella vesani leonis
20 sole dies referente siceos;
iam pastor umbras cum grege languido
rivumque fessus quaerit et horridi
CARMINUM LIB. III. 29. 109
dumeta Silvaui, carctque
ripa vagis tacituriia ventis.
25 tu civitatem quis deceat Status
curas et urbi sollicitus times
quid Sercs et regnata Cyro
Bactra parent Tanaisque discors.
prudens futuri temporis exitum
30 caliginosa nocte premit deus,
ridetque si mortalis ultra
fas trepidat. quod adest memento
eonponere acquus: cetera fluminis
ritu feruntur, nunc niedio alveo
35 cum pace delabentis Etruscum
in mare, nunc lapides adesos
8tir])isque raptas et pecus et domos
volventis una, non sine montium
clamore vicinaeque silvae,
40 cum fera diluvies quietos
inritat amnis. ille potens sui
laetusque deget, cui licet in diem
dixissc S'ixi:' cras vel atra
nube ])olum pater occupato
45 vel sole puro; non tarnen inritum
quodcumque retro est efficiet neque
diffinget infectumque reddet
quod fugiens semel hora vexit
Fortuna, saevo laeta negotio et
50 ludum insolentem ludere pertinax,
transmutat incertos honores,
nunc mihi; nunc alii benigna.
110 Q. HORATII FLACCI
laudo manentem: si ccleres qiiatit
pennas, resigno quae dedit et mea
55 virtute me involvo probamque
pauperiem sine dote quaero.
non est meum, si mugiat Africis
malus procellis, ad miseras preces
decurrere et votis pacisci,
60 ne Cypriae Tyriaeque raerces
addant avaro divitias mari:
dum me biremis praesidio scaphae
tutum per Aegaeos tumultus
unda ferat geminusque Pollux.
XXX.
Exegi monumentum aere perennius
regalique situ pyramidum altius,
quod non imber edax; non aquilo inpotens
possit diruere aut innumerabilis
5 annorum series et fuga temporum.
non omnis moriar, multaque pars mei
vitabit Libitinam: usque ego postera
crescam laude recens, dum Capitolium
scandet cum tacita virgine pontifex.
10 dicar, qua violens obstrepit Aufidus
et qua pauper aquae Daunus agrestium
regnavit populorum ex humili potens,
prineeps Aeolium carmen ad Italos
deduxisse modos. sume superbiam
15 quaesitam meritis et mihi Delphica
lauro Ginge volens, Melpomene, comam.
6*2 dum. tum. 64 unda ferat. aura feret.
Q. HORATU FLACCI
CARMINUM
LIBER QUARTUS.
I.
Intermissa, Venus, diu
riirsuö hella moves? parce precor, precor.
non 8um qualis eram bonae
sub regno Cinarae. desine, dulcium
5 mater saeva cupidinum,
circa lustra decem flectcre mollibus
iam durum imperiis; abi
quo blandac iuvenum te revocant preces.
tempestivius in domum
1«) PauUi purpureis ales oloribus
coniissabere Maximi,
si torrere iecur quaeris idoneum:
namque et nobilis et decens
et pro sollicitis non tacitus reis
15 et centum puer artium
late Signa feret militiae tuae,
et quandoque potentior
largi muneribus riserit aemuli,
Albanos propc te lacus
2(> i)onet marmoream sub trabe citrea.
112 Q. nORATlI FLACCI
illic plurima naribus
iluces tura, lyraque et Berecyntia
delectabere tibia
mixtis carminibus uon sine fistula;
25 illic bis pueri die
numen cum teneris virginibus tuum
laudantes pede candido
in morem Salium ter quatient humum.
me nee femina nee puer
3(» iam, nee spes animi credula mutui,
nee eertare iuvat mero,
nee vincire novis tempora floribus.
sed cur, heu, LigurinC; cur
manat rara meas lacrima per genas?
35 cur facunda parum decoro
inter verba cadit lingua silentio?
nocturnis ego somniis
iam captum teneo, iam volucrem sequor
te per gramina Martii
40 campi, te per aquas, dure, volubilis.
II.
Pindarum quisquis studet aemulari,
ille ceratis ope Daedalea
nititur pennis, vitreo daturus
nomina ponto.
5 monte decurrens velut amnis, imbres
quem super notas aluere ripas.
2 ille Peerlk. lule.
CARMINÜM LIB. TV. 2. 113
fervct inmensusque ruit profundo
Pindarus ore,
laurea donandus Apollinari,
10 seil per audacis nova dithyrambos
verba devolvit iiumerisque fertur
lege solutis,
seu deos regesve caiiit, deorum
sanguinem, i)er quos cecidere iusta
15 morte Centauri, cecidit tremendae
flarama chimaerae,
sive quos Elea domum redueit
palina caelestis pugilemve equumve
dicit et centiim potiore signis
20 miinere donat,
flebili 8i)onsae iuvcnemve raptum
plorat, et viris animumque moresque
aureos edueit in astra nigroque
invidet Orco.
25 iniilta Dircaeum levat aura cvcnum,
tendit, Antoni, quotiens in altes
uubiiini tractus: ego apis Matinae
more modoque,
grata carpentis thyma per laborem,
30 pliirimum circa nemus uvidique
Ti])uris ripas operosa parvus
earmina fingo.
concinet maiore poeta plectro
Caesarem, quandoque trabet ferocis
33 concinet Lachm. concines.
Lehrs, Horatins. 8
114 a HOBATII FLACCl
35 per saerum clivum merita decorus
fronde Sygambros:
quo nihil maius meliusve terris
fata donavere bonique divi
nee dabunt, quamvis redeant in aurum
40 tempora priscum:
coneinet laetosque dies et urbis
publicum ludum super inpetrato
fortis Augusti reditu forumque
litibus orbum.
45 tum meae, si quid loquor audiendum,
vocis accedet bona pars, et *o sol
pulcher, o laudande' canam recepto
Gaesare felix.
tuque, dum procedis, io Triumphe,
50 non semel dicemus „io Triumphe"
civitas omnis, dabimusque divis
tura benignis.
te decem tauri totidemque vaecae,
me teuer solvet vitulus, relieta
55 matre qui largis iuvenescit herbis
in mea vota,
fronte eurvatos imitatus ignis
tertium lunae referentis ortum,
qua notam duxit niveus videri,
CO cetera fulvus.
41 coneinet Lachm. concines.
CARMINUM LIB. IV. 3. 4. 115
III.
Quem tu, Melpomcne, semel
nascentem pladdo liimine videris,
illum noii labor Isthmius
clarabit pugilcm, non equiis inpiger
r> ciimi ducet Achaico
victoreni, neque res bellica Deliis
oniiitum foliis dueein,
(piod ro^nni tuiiiidas contiiderit ininaSy
ostendet Capitolio :
10 sed quae Tibiir aquac fertile praefluuiit
et spiKsac neniorum comae
fin^eut Aeolio canniiic nobilem.
Roniae, priiicii)i8 uvbium,
dignatur suboles inter amabilis
15 vatum ponere nie choros,
et iam dente minus mordeor invido.
0 testudinis aureac
dulcem (piac strepitum, Pieri, temperas^
0 mutis quoquc piseibus
20 donatura cycni, si libcat, sonum,
totum muneris lioc tui est
quod monstror digito praetereuntium
Romanae fidicen Ivrae:
quod Spiro et placco, si plaeeo, tuum est.
IV.
Qualem ministrum fulminis alitem,
cui rex deorum regnum in avis vagas
s*
116 Q. HORATn FL ACCI
permisit expertus fidelcm
luppiter in Ganjinede flavo,
5 olim iuventas et patrius vigor
nido laborum propulit inscium,
vemique iam nimbis remotis
insolitos docuere nisus
venti paventem, mox in ovilia
10 demisit hostem viridus impetus,
nunc in reluctantis dracones
egit amor dapis atquo pugnac;
qoalemve laetis caprea pascuis
intenta fulvae matris ab ubere
15 non ante depulsum leonem
dente novo peritura vidit;
videre Raetis bella sub Alpibus
Drusum gerentem Vindelici [quibus
mos unde deductus per omne
20 tempus Amazonia securi
dextras obarmet, quaerere distuli,
nee scire fas est omnia] et diu
lateque victrices catervae
consiliis iuvenis reWctae
25 sensere quid mens rite, quid indoles
nutrita faustis sub penetralibus
posset, quid Augusti patemus
in pueros animus Nerones.
15 non ante, iam lacte. IS [ ] durchaus unecht; durch
die Conjectur von Jani et für sed schliesst sich et diu an Vindelici
wohl an.
CARMINÜM LIB. IV. 4. 117
fortes creantur fortibus et boiiis;
30 est in iuveneis, est in equis patrura
virtus, neque inbelleni feroees
progenerant aquilae eolumbam:
(loctrina sed vim promovet insitam,
rectique cultiis pectora roborant;
3') uteinnque dcfeccre mores,
dedceorant benc nata culpae.
quid debeas, o Koma, Neronibus,
testis Mctaiirum flumen et Hasdrubal
devictus et puleher fugatis
40 ille dies Latio teue])ris,
qui primus ahna risit adorea,
diriis per iirbis Afer ut Italas
ceu flamma per tacdas vel eiirus
per Sieulas cquitavit undas.
4:> i)()st hoc seeundis iisque laboribus
Komana piil)es crevit, et inpio
vastata Poenorum tumiiltii
fana deos liabuere rectos,
dixitque tandem perfidus Hannibal
50 'eer\'i, luponim praeda rapacium,
sectamur nitro quos opimus
fallere et effugere est triumphus.
gens, (luac ereniata fortis ab Ilio
iaetata Tuscis aeciuoribus sacra
55 natosque maturoscpie patres
pertulit Ausonias ad urbis,
duris ut ilex tonsa bipennibus
nigrae feraci frondis in Algido,
118 Q. HORATII FLACCI
per damna, per eaedis, ah ipso
6ü dueit opes animiimque ferro.
non hydra secto corpore fimiior
^inci dolentera erevit in Herculem,
inonstrumve submisere Colelii
maius Echiouiaeve Thebae.
63 merses profuudo, pulchrior eminet;
luctere, multa proruit integrum
cum laude victorem, geretquc
proelia coniugibus loquenda.
Carthagini iam non ego nuntios
70 mittam superbos: occidit, occidit
spes omnis et fortuna nostri
nominis Hasdrubale interempto.
nil Claudiae non perficiunt manus,
quas et benigno nuinine Iui)piter
75 defendit et curae sagaees
expediunt per acuta belli/
V.
Divis orte bonis, optime Romulae
custos gentis, abes iam nimium diu:
matunim reditum pollicitus patrum
sancto concilio, redi.
5 lucem redde tuae, dux bone, patriae
instar veris enim voltus ubi tuus
adfulsit populo, gratior it dies
et soles melius nitent.
05 eminet. evenit und exiet.
CAUMINXM LIB. IV. 5. 119
ut mater iiiveuem, quem notus invido
10 flatu Carpatliii traiis maris aequora
cunctaiitem spatio longius aiinuo
(lulci distinet a domo,
votis ominibusque et precibus voeat,
curvo nee faciem litore dimovet;
15 sie desideriis ieta tidelibns
quaerit patria Caesarem.
tiitiis bos eteiiim prata perambulat,
mitrit rura Ceres almacpie Faustitas,
l)aeatum volitaut i)er mare na^itae,
20 euli)ari metuit fides,
nuUis polluitur easta domus 8tui)ri8,
mos et lex maculosum edomuit nefas,
laudantur simili prole puerperae,
culpanl poeiia premit comea.
25 quis Partium! paveat, (piis gelidum Scytlien,
qiiis Germania qiios horrida parturit
fctus, ineolumi Caesare? quis ferae
bellum euret Hiberiae?
condit quisque diem coUibus in suis,
3<> et vitem viduas ducit ad arbores;
hiuc ad vina redit laetus et alteris
te mensis adliibet deum.
te multa ])rece, te prosequitur mero
defuso pateris, et laribus tuum
35 miscet uumen, uti Graecia Castorfs
et magni memor Hcrculis.
17 prata Faber. rura.
120 a HORATII FLACCI
'longas 0 utinam, dux hone, ferias
praestes Hesperiae* dicimus integre
sicci mano die, dicimus uvidi,
40 cum 8ol Oeeano subest.
VI.
Dive, quem proles Niobea magnae
vindicem linguae Titvosquc raptor
sensit et Troiae propo victor altae
Phthius Achilles,
6 ceteris maior, tibi miles inpar,
filius quamvis Thetidis marinae
Dardanas turris quateret tremenda
cuspide pugnax.
ille, mordaci velut icta ferro
10 pinus aut inpulsa eupressus euro,
procidit lato posuitque eoUum in
pulvere Teuere.
ille non inclusus equo Minervao
Sacra mentito male feriatos
15 Troas et laetam Priami choreis
falleret aulam,
sed palam captis gravis, heu nefas heu,
nescios fari pueros Achivis
ureret flammis, etiam latentem
20 matris in alvo,
ni tuis flexus Venerisque gratae
vocibus divum pater adnuisset
rebus Aeneae potiore ductos
alite muros.
CARMINUM LIB. IV. 6. 7. 121
25 doctor argiitae fidicen Thaliae,
Phoebe, qiii Xantho lavis amne crinis,
Dauniae dcfende decus Camenae,
levis Agyieu.
spiritum Phoebus mihi, Phoebus artem
30 canninis nomenque dedit poetae.
virginum primae puerique claris
patribus orti,
Deliae tutela deae, fugacis
lyueas et cervos cohibentis arcu,
35 Lesbium servate pedem meique
pollieis ictum,
rite Latonae pueriim canentes,
rite crescentem face Noctilucam,
prosperani frugum celeremque pronos
40 volvere mensis.
mii)ta iiim dices *^ego dis amiciim,
saeculo festas referente liiees,
reddidi Carmen docilis modorum
vatis Horati.'
VII.
Diflfiigere nives, redcunt iam gramina cam[)i8
arboribiisquc comae;
miitat terra vices, et decrescentia ripas
flumiiia praetereunt;
5 Gratia cum nymphis geminisque sororibiis audet
ducere nuda choros.
inmortalia ne speres monet annus et almiim
quae rapit hora diem.
122 Q. HORATII FLACCI
frigora mitescunt zcpliyris, ver proterit aestas
10 interitura simul
pomifer autumnus fnigcs effiulerit, et raox
bruma recurrit iners.
damna tarnen celeres reparant caelestia lunae;
nos ubi deeidimus
IR quo pater Aeneas, quo dives Tullus et Aiicus,
pulvis et uinbra sumus.
quis seit an adiciant liodiemae crastina sumniae
tempora di superi?
cuncta nianus avidas fugient lieredis, amico
20 quae dederis animo.
cum semel oecideris et de te splendida Minos
feeerit arbitria,
non, Torquate, genus, non te facundia, non te
restituet pietas.
26 infernis ncque enim tenebris Diana pudicum
liberat Hippolytum,
nee Lethaea valet Theseus abrumpere caro
vincula Pirithoo.
VIII.
Donarem pateras grataque commodus,
Censorine, meis aera sodalibus,
donarem tripodas, pracmia fortiimi
Graiorum, neque tu pessima munerum
5 ferres, divite me scilicet artium
quas aut Parrhasius protulit aut Scopas,
bic saxo, liquidis ille coloribus
sollers nunc bominem ponere, nunc deum.
CARMINUM LIB. IV. 7. 8. 9. 123
sed non hacc mihi vis, nee tibi taliuin
10 res est aut animus deliciarum egeiis.
gaiules carminibus; carmiua i)08Siimus
doiiare et i>retium dieere muneris.
non incisa notis niarniora i)ublicis,
per ({iiae spiritus et vita redit honis
15 post mortem dncil)ns, non cclcres fugae
rciectaequc retrorsum Hannibalis minae,
non incendia Carthaginis inj)iae,
eins (lui domita nomcn ab Africa
lucratiis rediit, clarins indicant
20 laiides ({uam Calabrac Pierides, neque
si ehartae sileant quod l)ene feccris,
mcrccdem tuleris. (luid foret Iliae
Mavortis(|iic pner, si tacitiirnitas
obstaret mcritis invida Romiili?
25 creptum Stygiis fliictibus Aeacum
virtus et favor et lingua potentium
vatnni divitibus consecrat insulis.
dignum laude viruni Musa vetat mori,
eaelo ]\[usa beat. sie lovis interest
30 o])tatis ei)iilis inpiger Hercules,
darum Tvndaridae sidus ab infimis
ftr-
quassas eriinunt aequori])us ratis,
ornatus viridi tempora pampino
Liber vota bonos ducit ad exitus.
IX.
Ne forte credas interitura quae
longe sonantem natus ad Aufidum
non ante volgatas i)er artis
verba loquor socianda cliordis;
5 non, si priores Maeonius tenet
sedes Homerus, Pindaricae latent
124 Q. nORATIl FLACCl
Ceaequo et Alcaei minaccs
Stesichorique graves camenae;
nee siquid olim lusit Anacreon,
10 delevit aetas; spirat adhuc amor
vivuntquo conmissi calores
Aeoliae fidibus puellae.
non sola comptos arsit adulteri
crinis et aunim vestibus inlitmu
15 mirata regalisque cultus
et comitcs Helene Lacaena;
primusve Teucer tcla Cydonio
direxit arcu; non semel Ilios
vexata; non pugnavit ingens
20 Idomeneus Stlienelusve solus
dicenda musis i)roelia; non ferox
Hector vel acer Deiphobus gravis
excepit ictus pro pudicis
coniugibus puerisquc primus.
25 vixero fortes ante Agamemnona
multi: sed omnes illacrimabiles
urguentur ignotiqiie longa
noete, earcnt quia vatc sacro.
paulluni sepultae distat inertiac
30 celata virtus. non ego te meis
chartis inornatum silebo,
totve tuos patiar labores
inpnne, LoUi, carpero lividas
obliviones. est animus tibi
35 rerumque prudens et secundis
temporibus dubiisque rectus,
CARMINUM LIB. TV, 9. 9»». 125
viiulex avarae fraudis et abstinens
ducentis jkI se cuiicta pecuniae,
consulque non unius anni;
40 scfl quotiens bonus atque fidus
iudex honestum praetulit utili,
reiecit alto doua iioeentium
voltu, per obstantis catervas
cxi)licuit sua vietor arma.
45 non possidentem multa vocaveris
recte beatum; rectius occupat .
nomen beati, qui deorum
niuneribus sapienter uti
duraracjue callet i)auperiem pati
50 peiiisque leto flagitium timet,
non ille pro caris aniicis
aut patria timidus perire.
IX".
Nc forte credas interitura, quae
longe sonantem natus ad Aufidum
non ante volgatas i)er artes
verba loquor socianda chordis,
5 non, si priores Maeonius tenet
sedes Honierus, Pindaricae latent
Ceaeque et Aleaei minaces
Stesicborique graves camenae;
nee siqnid olim lusit Anacreon,
10 delent aetas; spirat adhuc amor
vivimtque commissi calores
Aeoliae fidibus puellae.
126 , Q. HORATII FLACCl
25 vixere forte» ante Agamemnoua
miilti; sed omues illacriinabiles
urgiicntur ignotique loii«ra
nocte, cavent qiiia vatc sacro.
l)aullum sepultac distal incrtiac
30 celata virtus. non ego tc meis
cliartift iiiornatiim silebo,
totve tiios patiar labore«
impune, Lolli, carperc lividas
oblivioiies. est animus tibi
37 vindex avarae fraudis et abstincns
38 dueentis ad se ouiieta ])ecuniae
35 renimque prudens et secuiidis
36 temporibus diibiisque rectus.
45 non possidentem multa vocaveris
reete beatum; rectius occupat
nomen beati, qiii deorum
muneribus wvpienter iiti
duramque callet pauperiem pati
50 peiusque leto flagritium timet,
iion ille pro caris amicis
aut patria timidus pcrire.
X.
0 crudeliö adhuc et Veneris muneribus potens,
insperata tuae cum veniet poena superbiae,
2 poena Withof. pluma.
■ CAinilXÜM LIB. IV. 10. 11. 1*27
et, quac nunc iimeris involitant, deciderint comae,
nunc et <iui color est puniceae flore prior rosae,
r> mutatus, Ligurine, in fticicm verterit hispidam,
dices "^lieu , quotiens te speculo videris altcrum,
Vjuae mens est hodie, cur eadem non puero fuit,
vel cur liis animis incolumes non redeunt genae?*
XL
Est milii nonuni supcrantis annum
plcnus Albani cadus, est in liorto,
Phylli, ncctendis apiuni coronis,
est hcderac vis
5 nuilta, ([na crinis religata fulgcs;
ridct argcnto donuis, ara castis
vincta vcrbenis avet inniolato
spargier agno;
cuncta festinat manus, huc et illuc
n» cursitant niixtac pueris puellae;
sordiduni flanimae trepidant rotante»
vertice funuim.
ut tarnen noris quibus advoeeris
gaudiis, idus tibi sunt agendae,
i.'> qui dies niensem Veneris marinae
findit ai)rileni,
iure sollemnis mihi sanctiorque
l)aenc natali proprio, quod ex hac
luce Maeccnas mens adfluentis
2«) ordinat annos. .
Telephum, quem tu petis, occupavit
non tuae sortis iuvenem puella
128 Q. HORATII FLACCl
dives et lasciva tenetque grata
compede nnetum.
25 terret ambustus Phaethon avaras
gpeS; et exemplum grave praebet ales
Pegasus terrenum equitem gravatus
Bellerophonteni;
semper ut te digna sequare et ultra
30 quam licet sperare nefas putaudo
disparem vites. age iam meorum
finis amorum
(non enim posthac alia calebo
femiua), eondisce modoS; amanda
35 Yoee quos reddas: minuentur atrae
carmine curae.
XP.
Est mihi nonurn superantis annum
plenus Albaui cadus, est in horto,
Phjili, nectendis apium coronis,
est hederae vis
5 multa, qua eriues religata fulges;
ridet argento domus, ara castis
vineta verbenis avet immolato
spargier agno.
21 Telephum, quem tu petis, oecupavit
non tuae sortis iuvenem puella
dives et lasciva tenetque grata
compede vinctum.
25 terret ambustus Phaethon avarus
spes et exemplum grave praebet ales
CARMINÜM LIB. IV. 11»». 12. 129
Pegasus terrenum equitem gravatus
Belleroi)bontem.
13 ut tarneii noris quibus advoceris
gaudiis, idus tibi sunt agendae,
qui dies meiisem Yeiieris mariiiae
iiiidit Äprilem.
17 iure sollemnis mihi sanetiorque
paene iiatali proprio, quod ex bac
luce Maeceiias meus adflueiites
ordiuat annos.
XII.
laiu veris comites, quae maro temperant,
inpelluiit aiiimae lintea Tbraciae;
iaiii nee prata rigent, iiec fluvii strepuut
IIi])enia uive turgidi.
5 nidum i)0iiit Ityii flebiliter gemens
infelix avis et Cecropiae domus
aetenium oi)probriuin, quod male barbaras
regum est ulta libidines.
dieuut in teuere gramine pinguium
10 custodes ovium eariuina fistula
delectantque deum cui peeus et nigri
colles Areadiae phicent.
adduxere sitim teini)ora, Vergili.
sed pressum Calibus ducere Liberum
15 si gestis, iuvenum nobilium clieiis,
uardo vina mereberis.
uardi parvus onyx elieiet cadum,
qui nunc Sulpiciis accubat horreiS;
Lehrh, Uoratuis. ^
130 Q. HORATU FLACCI
gpes donare novas largus amaraque
2u curarum eluere efficax.
ad quae si properas gaudia, cum tua
velox merce veni: non ego tc meis
inmunem meditor tinguere poculis,
plena dives ut in domo.
25 verum pone moras et Studium lucri,
nigrorumque memor dum licet ignium
misce stultitiam consiliis brevem:
dulce est desipere in loco.
XIII.
Audivere, Lycc, di mea vota, di
audiverc, Lycc: fis anus, et turnen
vis formosa videri,
ludisque et bibis inpudens,
5 et cantu treiftulo pota Cupidinem
lentum sollicitas. illc virentis et
doctae psallerc Chiae
pulchris excubat in genis.
inportunus enim transvolat aridas
10 quercus et refugit te, quia luridi
dentes tC; quia rugae
turpant et capitis nives.
nee Coae referunt iam tibi purpurae
nee cari lapides tempora quae semel
15 nodis condita fastis
inclusit volucris dies.
quo fugit Venus, heu, quove color? decens
quo motus? quid habes illius, illius.
CARMINUM LIB. IV. 13. 14. 131
quac spirabat araores,
20 quae nie surpuerat mihi,
felix post Cinaram, notaque et artiuiii
^^ratarum facies? sed Cinarae breves
annos fata dederimt,
servatura diu parem
25 cornicis vetulae temporibiis Lycen,
I)osscnt ut iuveiies visere fervidi
nuilto noii sine risu
dilapsam in cinercs facem.
[)
XIV.
Quae cura patrum quacve Quiritium
plenis honoruni muncribus tuas,
Auguste, virtutes in aevum
j)er titulos incmoresque fastos
aeternet, o qua sol habitabilis
inlustvat oras maxime principum?
(luem legis expcrtcs Latinae
Viudelici didicerc nuper.
quid Marte posses. milite nam tuo
10 Drusus Genaunos, inplacidum genu«,
Breunoscpie velocis et arcis
Alpibus inpositas tremendis
deiecit acer plus vice simplici.
niaiov Neronum mox grave proeliunt
15 conmisit inmanisque Kaetos
ausj)iciis pepulit seeundis,
speetandus in certamine Martio
devota niorti pectora liberae
9*
132 Q. HOEATU FLACCI
quantis fatigaret ruinis,
20 indomitas propo qualis uuda«
exercet auster, pleiadum ckoro
sciudente nubis; inpiger hostium
voxare turmas et frementem
mittere equum medios per igiiis.
25 sie tauriformis volvitur Aufidus,
qui regna Dauni praefluit Appuli,
cum saevit horrendamque cultis
diluviem meditatur agriS;
ut barbarorum Claudius agmina
30 ferrata vasto diruit inpetu
primosque et extremos metendo
stravit humum, sine clade victor,
te copiaS; te eonsilium et tuos
praebente divos. nam tibi quo die
35 portus Alexandrea su])plex
et vacuam patefeeit aulam,
fortuna lustro prospera tertio
belli seeuudos reddidit exitus,
laudemque et optatimi peractis
40 imperiis decus adrogavit.
te Cantaber non ante domabilis
Medusque et Indus, te profugus Scytlies
miratur, o tutela praesens
Italiae dominaeque Romae.
45 te fontium qui celat origines
Nilusque et Ister, te rapidus Tigris,
te beluosus qui remotis
obstrepit Oceanus Britannis,
CARMIXüM LIB. IV. 14. 15. 133
te non paventis funera Galliae
öo duraeque tellus audit Hiberiae,
te caedc gaiidentes Sygambri
(»onpositis venerantur armis.
XV.
Plioebiis volentem proelia me loqui
vietas et nrbis increpuit lyra,
nc parva Tyrrlienum per aequor
vcla darem. tua, Caesar, aetas
f> frugres et agris rettiilit uberis,
et Signa nostro restituit lovi
derepta Partbonim superbis
postibus, et vacuum diiellis
lanum Quirini clausit et ordinem
10 rectum evaganti frena licentiae
iniecit emovitque eulpas
et veteres revoeavit artis,
per quas Latinum nomen et Itaiao
crevere vires famaque et imperi
15 porrecta, maiestas ad ortus
solis ab Hesperio cubili.
custode renim Caesare non furor
civilis aut vis exiget otiiim,
non ira, qiiac procudit ensis
20 et miseras inimicat urbis.
non qui profundiim Danubium bibunt
edicta nimpent lulia, non Getae,
non Seres infidive Persae,
non Tanain prope flumen orti.
134 Q. HORATII FLACCI LIB. IV. 15.
25 nosquo et profestis lucibus et saeris
iuter iocosi muiiera Liberi,
cum prolo matronisque nostris
rite deos prius adprccati,
virtute functos more patrum duccs
30 Lvdis remixto carmine tibiis
Troiamque et Ancliisen et almae
progeniem Veneris canemus.
Q. HORATII FLACCI
CARMEN SAECULARE.
Plioebe silvarumque potens Diana,
lucidum eaeli decus, o colendi
sempcr et culti, date quae precamur
tempore saero,
5 quo Sibylliiii monuere versus
virgines lectas puerosque castos
dis, quibus Septem placuere coUes,
dicere Carmen.
alme Sol curru nitido diem qui
10 promis et celas aliusque et idem
nasceris, possis nihil urbe Roma
visere maius.
rite maturos aperire partus
lenis, Ilithyia, tuero matres,
ir> slve tu Lucina probas vocari
seu Genitalis:
diva, producas subolem, patrumque
prosperes decreta super iugandis
feminis prolisque novae feraci
20 lege marita,
certus undenos deciens per annos
orbis ut cantus referatque ludos
136 Q. HORATII FLACCI
ter die claro totiensque grata
nocte frequentis.
25 Yosque veraces cecinisse, parcae,
quod semel dictum est stabilisque rerum
terminus senret, bona iam peractis
iungite fata.
fertilis frugum pecorisque tellus
30 spicea donet Cererem Corona;
nutriant fetus et aquae salubres
et lovis aurae.
condito mitis placidusque telo
supplic^s audi pueros, Apollo;
35 siderum regina bicomis audi
Luna puellas.
Roma si vestrum est opus, Iliaeque
litus Etruscum tenuere turmae,
iussa pars mutare laris et urbem
40 so&ipite cursu;
cui per ardentem sine fraude Troiam
castus Aeneas patriae superstes
liberum munivit iter datunis
plura relictis:
45 di, probos mores docilis iuventae,
di, seneetutis placidae quietem
Romulae genti date remque prolemque
et deeus omne;
quaeque vos bobus veneratur albis
50 clanis Anchisae Venerisque sanguis,
inpetret, bellante prior, iacentem
lenis in hostem.
CARMEN SAECCLARE. 137
iam mari terraque manus potentis
Medus Albanasque timet securis;
55 iam Scythao responsa petunt, superbi
nuper, et Indi.
iam Fides et Fax et Honos Pudorque
priscus et neglecta redire Virtus
aiidet, adparetque beata pleno
r>o Copia cornu.
augur et fulgente deconis areu
Plioebus acceptiisque novem camenis,
(liii salutari levat arte fessos
corporis artus,
ß5 si Palatinas videt aequus aras,
remque llomanam Latiumque felix
alterum in lustrum meliusque semper
prorogat aevum.
quaeqiie Aventinum tenet Algidumque,
70 quindecim Diana preces vironim
curat et votis pueronim amieas
adplicat auris.
haec lovem sentire deosque cunctos
spem bonam certamque domum reporto,
75 doctus et Phoebi chorus et Dianae
dicere laiides.
Q. HORATII FLACCI
E P O D O N
ÜBER.
I.
Ibis Libumis inter alt«i navium,
araice, propugnacula,
paratus omne Caesaris i)ericulum
subire, Maecenas, tue.
5 quid no8? qiiibus te vita si superstite
iucunda, si contra, gravis.
utnimne iussi persequemur otium,
non dulcc, ni tecum simiil,
an Imnc laborem, mcnte laturi decet
10 qua ferrc non mollis viros?
feremus et te vel per Alpium iuga
inhospitalem et Caucasum,
vel occidentis usque ad ultimum sinum
forti scquemur pectore.
15 rogea tuum labore quid iuvem meo
inbellis ac firmus parum.
comes minore sum futurus in metu,
qui maior absentis babet;
ut adsidens inplumibus pullis avis
20 serpentium adlapsus timet
magis relictis, non, ut adsit, auxili
latura plus praesentibus.
libenter boc et omne militabitur
bellum in tuae spem gratiae,
ErODOX LIIJER. 1. 2. 139
» noii iit iuTcncis inligata pluribus
aratra nitantur mea,
pcciisvc Calabris ante sidus fen'idum
Lucana mutet pascuis,
neque ut supini villa candcns Tusculi
• Circaea tangat moenia.
satis superque me benignitas tua
ditavit: haud paravcro
quod aut avanis ut Cliremes terra prcniam,
discinotus aut perdam nepos.
IT.
^Bcatus ille qui i)rocul iicgotiis,
» ut prisca gcns mortalium,
paterna rura bobus excrcet f^xm
n solutus omni fenore,
neque cxcitatur classico miles tnici,
ii neque horrct iratum marc,
forumque vitat et superba civiuni
^ potentiorum limina.
ergo aut adulta vitium propagine
altas maritat populos,
aut in reducta valle mugientium
* prospectat errantis greges,
inutilisve falce ramos amputans
felieiores inserit,
►* aut pressa puris mclla condit amphoris,
f aut tondet infinnas ovis:
#" vel cum decorum mitibus pomis caput
^ Autumnus agris extulit,
^ut gaudet insitiva dccerpens pyra,
^- certantem et uvam ])urpurae,
29 supini B. supemi.
140 Q- HORATII FLACCI
qua muneretur te, Priape, et te, pater
Silvane, tutor finium.
übet iacere modo sub antiqua ilice,
modo in tenaci gramine.
25 labuntur altis interim ripis aquae,
quenmtur in silvis aves,
frondesque lymi)hi8 obstrepunt manantibus
somnos quod invitet levis.
at cum tonantis annus hibernus lovis
30 imbris nivisque conparat,
aut trudit acris hinc et hinc multa cane
apros in obstantis plagaö,
aut amite levi rara tendit retia,
turdis edaeibus dolos,
35 pavidumque leporem et advenam laqueo gruem
iueunda captat praemia.
quis non malanim, quas amor curas habet,
haec inter obliviscitur?
quid si pudica mulier in parteni iuvet
40 domum atque dulcis liberos,
Sabina qualis aut pei-usta solibus
pernieis uxor Appuli?
sacnim et vetustis exstruat lignis focum
lassi sub adventum viri,
45 elaudensque textis cratibus laetum pecus
distenta siccet ubera,
et liorna dulei vina promens dolio
dapes inemptas adparet?
non me Luerina iuverint conelijiia
50 magisve rhombus aut scari,
si quos Eois intonata fluctibus
hiems ad hoc vertat mare.
non Afra avis descendat in ventrem mcum,
non attagen lonicus
55 iucundior quam lecta de pinguissimis
27 frondesque Markl. fontesque. 39 quid si Haupt quod si.
EPODON LIBER. 2. 3. 141
oliva ramis arborum,
aut herba lapathi prata amantis et gravi
malvae salubres corpori,
vel agua festis caesa termiualibus,
60 vel haedus ereptus lupo.
has inter epulas ut iuvat pastas ovis
videre proi)eraiitis domum,
viderc fessos vomercm inversum boves
collo trabcutis languido,
05 positosque veriias, ditis examen domiis,
circiim renideutis laris/
baec ubi locutus fenerator Alfius,
iam iam futurus rusticus,
omiicin redegit idibiis pecuniain,
70 quaerit calendis ponere.
III.
Pareiitis olim siquis inpia manu
senile guttur fregerit,
edit eicutis alium noceutius.
0 dura mcssorum ilia!
5 quid hoc vencni saevit in praecordiis ?
num vii)eriiiu8 bis eruor
iiicoctus berbis nie fefellit, an malas
Canidia tractavit dapes?
ut Argonautas praeter omnis eandiduin
10 Medea inirata est ducem,
ignota tauris inligaturum iuga
j)eruiixit boc lasonem;
boc delibutis ulta donis paelicem
serpente fugit alite.
15 nee tantus uraquam sidenim insedit vapor
siticulosae Appuliae,
nee niunus umeris efficaeis Herculis
inarsit aestuosius.
142 Q. UOKATIl FLACCl
at »i quid umciuaiu tale concupiveriä;
2<» iocosc Mac(*ciiad, precor
manuni puclla savio opponat tuo,
extrcma et in sponila cubet.
;>
IV.
Lupis et agnis quanta sortito obti^it
tecum Diihi (liäC(»r(lia est,
Hibericis peniste funibus latus
et crura dura c<»tiipede.
licet superbus auibules pccuuia,
fortuiia iion mutat genus.
videsnC; siicram nietieuto to viam
cum bis trium uluarum toga,
ut OKI vertat huc et buc euntiutn
10 liberrima iudignatio?
'sectus flagellis bic triumviralibus
praeconis ad fastidiuiu
arat Falenii mille fuudi iugera
et Appiam mauiiis terit,
15 Bedilibus<|uo maguus in primis eques
Otbonc conteinpto sedet.
quid attinet tot ora navium gravi
rostrata duci ponderc
contra latrones atque 8er\'ilem manum^
2'» boc boc tribuno militum?*
V.
'At o deorum quidquid in caelo regit
terras et bumauum genus,
quid iste fert tuniultus? et (piid oniniuni
voltus in unum me truces?
5 per liberos te, si vocata partubus
8 trium C. E&rth. ter.
EPüDON LIBER. 4. 5. 143
Lucina vcris adfuit,
per hoc inaue j)uri)urac deciis precor,
per in])robaturum haec lovcni,
(|ui(l ut noverca me iiitueris aut iiti
1« petita ferro belua?'
ut liaec trementi questus oro constitit
insigni])us raptis ])uer,
inpube cor])U8, <iuale posset in])ia
mollire Tliracum pectora,
1» Caniilia hrevibus inplic.ata viperis
crinis et incomptuui Caput
iubet sopuU-ris caprificos erutas,
iubet cujiresöu« funebris
et uncta turpis ova raiiae sangiiinc
20 plumanique iiocturnae strigis
herbasque, quas lolcos atque Hiberia
mittit veneuoruni ferax,
et ossa al) ore rapta ieiunae cauis
tiamniis aduri Colchicis.
25 at expedita Sagaiia, per totam domuni
spargens Avenialis aquas,
horret capillis ut marinus asperis
echinus aut Laurens aper.
abacta uulla Veia conscientia
:«» ligonibus duris humum
cxhauriebat ingemens laboribus,
quo posset iufossus puer
longo die bis ten^ue mutatae dapis
inemori spectaculo,
yo cum promineret ore quantum exstant aqua
suspensa mento corpora;
exsucta uti medulla et aridum iecur
amoris esset poculum,
interminato cum semel fixae cibo
10 intabuissent pupulae.
2S Laurens X. Hcinsius. currens.
144 Q. HOEATII FLACCl
non defuisse masculae libidinis
Ariminensem Foliam
et otiosa credidit Keapolis
et omne viciuum oppidum,
45 quae sidera excantata voce Thessala
lunamque caelo deripit.
hie inresectum saeva dente livido
Canidia rodens poUicem
quid dixit aut quid tacuit? *o rebus meis
M non infidcles arbitrae,
Nox et Diana, quae silentium regis,
areana cum fiunt sacra,
nunc nunc adeste, nunc in bostilis domos
iram atque numen vertite.
55 formidolosis dum latent silvis ferae
dulci sopore languidae,
senem, quod omnes rideant, adultorum
latrent Suburanae canes
nardo perunctum, quäle non i)erfectiu8
60 meae laborarint manus.
quid accidit? cur dira barbarae minus
venena Medeae valent?
quibus superbam fugit ulta paelicem,
magni Creontis filiam,
65 cum palla, tabo munus imbutum, novam
incendio nuptam abstulit.
atqui nee lierba uec lateus in asperis
radix fefellit me locis.
indormit unctis omnium cubilibus
70 oblivione paelicum.
a! a! solutus ambulat veneficae
scientioris carmine.
non usitatis, Vare, potionibus,
0 multa fleturum caput,
75 ad me recurres, nee vocata mens tua
Marsis redibit vocibus.
malus paraboy malus infundam tibi
EPOPON LIBER. 5. 6. 145
fastidienti poculum,
priusque eaelum sidet inferius man
S(» tellure porrecta super,
quam non amore sie meo flagres uti
bitumcnatris ignibus/
sub hacc puer iam non ut ante moUibus
lenire verbis iupias;
**5 seil dubius unde rumperet silentium
misit Tbyesteas preces.
'venena maga non fas nefasque, non valent
convertcre humanam vicem.
diris agani vos: dira detestatio
i«> nuUa expiatur victima.
quin, ubi perire iussus exspiravero,
no(?tuniua occurram furor,
petamque voltus umbra curvis unguibus,
quae vis deorum est manium,
^»5 et inquietis adsidons praecordiis
pavore somnos auferam.
vos turba vicatim hinc et hinc saxis petens
contundet obscaenas anus.
post insepulta membra different lupi
100 et Esquilinae alites,
neque hoc parentes heu mihi supcrstites
eifugerit speetaculum.*
,>
VI.
Quid inmcrentis hospites vexas canis
ignavus adversum lupos?
quin hue inanis, si potes, vertis minas?
et me remorsurum pete.
nam qualis aut Molossus aut fulvus Lacon,
amica vis pastoiibus,
agam per altas aure sublata nivis,
^7 maga non Haupt, magica.
Lrhrs, Hormiius. 10
146 Q. HORATII FLACCI
quaecumque praec^det fera.
tu cum timenda voce conplesti nemus,
10 proiectum odoraris cibum.
cave, cave: namque in malos asperrimus
parata toUo cornua,
qualis Lycambae spretus infido gener^
aut acer liostis Bupalo.
15 an si quis atro dente me petiverit,
inultu8 ut flebo puer?
VII.
Quo, quo scclesti ruitis? aut cur dexteris
aptantur enses conditi?
parumnc campis atquc Neptuno super
fusum est Latini sanguinis? >
5 non ut superbas invidae Carthaginis
Romanus arcis ureret,
intactus aut Britannus ut descenderet
Sacra catenatus via,
sed ut secundum vota Parthonim sna
10 urbs haec periret dextera.
neque hie lupis mos nee fuit leonibus
numqiiam nisi in dispar feris.
furorue caeeos au rapit vis acrior
an culpa? responsum date.
15 tacent, et albus ora pallor inficit
mentesque perculsae stupent.
sie est: acerba fata Romanos agimt
scelusque fraternae necis,
ut inmerentis fluxit in terram Remi
20 sacer nepotibus cruor.
VIII.
Rogare longo putidam tc saeculo
viris quid enervet meas?
ErODON LIBER. 7. 8. 9. 147
cum 8it tibi den» ater et rugis vetus
frontem senectus exaret,
.') hietque turpis intcr aridas natis
podex velut crudae bovis?
sed incitat me pectus et mammae putres,
equina quäl es ubera,
venterque mollis et fcmur tumentibus
10 exile suris additum.
esto beata, funus atque imagincs
ducaut triumphales tuum,
nee sit marita quae rotundioribus
onusta bacis ambulet.
1") quid quod libelli stoici inter sericos
iaeere pulvillos amant?
inliterati num minus nervi rigent?
magisve languet fascinum?
quod ut 8U])erbo provoees ab inguine,
20 ore adlaborandum est tibi.
IX.
Quando repostum Caecubum ad festas dapes
Victore laetus Caesare
tecum sub alta (sie lovi gratum) domo,
beate Maecenas, bibam?
5 sonante mixtum tibiis Carmen lyra,
hac Dorium, illis barbarum:
ut nuper, actus cum freto Neptunius
dux fugit ustis uavibus,
minatus urbi vincla, quae detraxerat
10 servis amicus perfidis.
Romanus ehcu (posteri negabitis)
emancipatus feminae
fert Valium et arma miles et spadonibus
servire nigosis potest,
IS magisve Guietus. minusve. Fehlt etwas nach V. 14?
lü*
148 Q. HORATII FLACCI
15 interque sigua turpe militaria
Bol adspicit conopium.
adhuc freraentis verterunt bis mille equos
Galli canentes Caesarem,
hostiliumque uavium portu latent
20 puppes siuistrorsum citae.
io Triumphe, tu moraris aureos
cumis et intactas boves?
io Triumphe, nee lugurthino parem
hello reportasti ducem,
25 neque Africanum, cui super Carthaginem
Wrtus sepulcrum condidit.
terra marique victus hostis punico
lugubre mutabit sagum.
aut ille centum nobilem Cretam urbibus
30 ventis iturus nou suis,
exercitatas aut petit Syrtis noto,
aut fertur ineerto mari.
eapaciores adfer hue, puer, seyphos
et Chia Wna aut Lesbia,
35 vel quod fluentem nauseam coerceat
metire nobis Caeeubum.
euram metumque Caesaris rerum iuvat
dulci Lyaeo solvere.
X.
Mala soluta navis exit alite
ferens olentem Maevium.
ut horridis utrumqu^ verberes latus,
auster, memento fluctibus.
niger rudentis eurus inverso mari
fractosque remos diiferat.
insurgat aquilo, quautus altis montibus
frangit treraentis ilicis.
:J5. 36 Peerlk.
EPODON LIBER. 10. 11. I49
nec sidus atra nocte amiciim adpareat,
1'» qua tristis Orion eadit;
quietiore nec feratur aequore
quam Graia victorum manus,
cum Pallas usta vertit iram ab Ilio
in inpiam Aiacis ratcm.
ir> o quantus instat navitis sudor tuis
tibique pallor luteus,
et illa non virilis eiulatio,
preces et aversum ad lovem,
lonius udo cum remugiens sinus
*i<» noto cariuam ruperit.
opima quod si praeda curvo litore
porrecta mergog iuveris,
libidinosus inmolabitur caper
et agna Tempcstatibus.
XI,
Petti, nihil me sicut antea iuvat
scribere versiculos amore percussum gravi,
amore, qui me praeter omnis expetit
mollibus in pueris aut in puellis urere.
5 hie tertius december, ex quo destiti
Inachia furere, silvis honorem decutit.
heu me, per urbem, nam pudet tanti mali,
fabula quanta fui! conviviorum ut paenitet,
in quis amantem et languor et silentium
10 arguit et latere petitus imo spiritus.
*contrane lucrum nil valere candidum
pauperis ingenium* querebar adplorans tibi,
simul calentis inverecundus deus
fervidiore mero arcana promorat loco.
ir> *quod si meis inaestuet praecordiis
libera bilis, ut haec ingrata ventis dividat
fomenta volnus nil malum levantia,
150 a HORATII FLACCI
desinet inparibus certare summotus pudor.*
ubi liacc severus te palam laudaveram,
20 iu88U8 abire doimiiu ferebar ineerto pede
ad non amicos heu mihi postis et heu
limina dura, quibus lumbos et infregi latus.
nunc gloriantis quamlibet mulierculani
vincere mollitie amor Lycisci ine tenet;
25 unde expedire non amicorum queant
libera eonsilia nee contumeliae graves,
sed alius ardor aut puellae candidae
aut teretis pueri longram renodantis eomam.
XII.
Quid tibi vis, niulier nigris dignissima barris?
munera quid mihi, quidve tabellas
mittis nee firmo iuveni neque naris obesaeV
namque sagacius unus odoror,
5 polypus an gravis hirsutis cubet hircus in alis,
quam canis acer ubi lateat sus.
qui sudor vietis et quam malus undique membris
crescit odor, cum pene soluto
indomitam properat rabiem sedare, neque illi
10 iam manet umida creta colorque
stercore fucatus crocodili, iamque subando
tenta cubilia tectaque rumpit;
vel mea cum saevis agitat fastidia verbis:
^Inachia langues minus ac me;
t5 Inachiam ter nocte potes, mihi semper ad unum
mollis opus, pereat male quae te
Lesbia quaerenti taurum monstravit inertem,
cum mihi Cous adessot Amyntas,
cmus in indomito constantior inguine nervus
20 quam nova collibus arbor inhaeret.
muricibus Tvriis iteratae vellera lanae
cui properabantur? tibi nempe,
EPODON LIBER. 12 13. 14. 151
ne foret «nequalis inter conviva, magris quem
diligeret mulier sua quam te.
25 0 ego non felix, quam tu fugis ut pavet acris
a«:na lupos capreaeque leones/
XIII.
Horrida tempe8ta8 eaelum eontraxit, et imbres
nivesque deducunt lovem: nunc mare nunc sUuae
Threicio aquilone sonant: rapiamus, amice,
oecasionem de die, dumque virent genua
5 et decet, ohdueta solvatur fronte senectus.
tu vina Torquato move cousule pressa meo.
cetera mitte loqui : deus liaee fortasse benigna
reducet in sedem vice, nunc et Acbaemenio
perfundi nardo iuvat et fide Cyllenea
10 levare diris pectora soUicitudinibus,
nobilis ut grandi cecinit Centaurus alumno:
Mnvicte mortalis dea nate puer Thetide,
te manet Assaraci tellus, quam Vrigida tardi
findunt Scamandri flumina, lubricus et Simois;
15 unde tibi reditum certo subtemine parcae
rupere, nee mater domum caerula te revehet.
illic omne malum vino cantuque levato,
deformis aegrimoniae dulcibus adloquiis.
XIV.
Mollis inertia cur tantam diflfuderit imis
oblivionem sensibus,
pocula Lethaeos ut si ducentia somnos
arente fauce traxerim,
5 candide Maecenas, occidis saepe rogando:
deus deus nam mo vetat
inceptos, olim promissum Carmen, iambos
13 tardi M. parW. Peerlk. wollte puri.
152 Q HORATII FI.ACCI
ad umbilicum adducere.
non aliter Samio dicunt arsisse Bathyllo
10 Anacreonta Teium,
qui pereaepe cava testudine flevit amorem
non elaboratum ad pedem.
ureris ipse miser: quo si non pulchrior ignis
aceendit obsessam Ilion;
15 gaude Sorte tua; me libertina neque uno
contenta Phryne macerat.
XV.
Nox erat et caelo fulgebat luna sereno
inter minora sidera^
cum tu magnorum numen laesura deorum
in verba iurabas mea,
5 artius atque hedera proeera adstringitur ilex
lentis adhaerens bracx^biis,
dum pecori lupus
et nautis infestus Orion
10 turbarit hibernum mare^
intongosque agitarit ApoUinis aura capillog,
fore hunc amorem mutuum.
0 dolitura mea multum virtute Neaera:
nam si quid in Flaccö viri est,
15 nbn feret adsiduas potiori te dare noctis,
et quaeret iratus parem:
nee semel offensae cedet constantia formae,
si certus intrarit dolor.
et tu, quicumque es felicior atque meo nunc
20 superbus incedis malo,
sis pecore et multa dives tellure licebit,
tibique Pactolus fluat,
7 Ueberliefemng dum pecori lupus et nautis infestus Orion turbarit
hibernum mare.
EPODON LIBER. 15. 16. 153
nec te Pythagorae fallant arcana renati,
formaque vincas Nirea,
2.'> eheu translatog alio maerebis amores:
ast ego vieissim risero.
XVI.
Altera iam teritiir belli» civilibus aetas,
suis et ipsa Roma viribus ruit.
quam neque finitimi valuenmt pcrdere Marsi
minacis aut Etrusca Porsenae manuS;
5 aemula nec virtus Capuae nec Spartacus acer
novisque rebus infidelis AUobrox,
nec fera caerulea domuit Germania pube
parentibusque abominatus Hannibal,
inpia perdemus devoti sanguinis aetas,
10 ferisquc rursus occupabitur solum.
barbarus heu cineres insistet victor et urbem
eques sonante verberabit ungula,
quacque carent ventis et solibus ossa Quirini
(nefas vidcre) dissipabit insolens.
i'> ferte quod expediat communiter aut melior pars
malis carere quo velit laboribus.
nuUa sit hac potior sententia, Phocaeorum
velut profugit cxsecrata civitas
agros atque laris patrios liabitandaque fana
20 apris reliquit et rapacibus lupis,
ire pedes quocumque ferent, quocumque per undas
notus vocabit aut protervus Africus.
sie placet an melius quis habet suadere? secunda
ratem occupare quid moramur alite?
25 sed iuremus in haec: simul imis saxa renarint
vadis levata, ne redire sit nefas;
neu conversa domum pigeat dare lintea^ quando
Padus Matina laverit cacumiua,
15 ferte. forte. 16 qno velit. quaeritis.
154 Q. HORATII PLACCI
in mare seu celsus prrvouirerit Appenninus,
M) novaque monstra iunxerit libidine
mirus amor, luvet ut tigris subsidere c^rvis
adulteretur et coluraba miliio,
credula nee ravos timeant armenta leoues,
ametque salsa levis hirciis aequora.
as haec et quae poterunt reditus abscindere dulcis
eamus oranis exseerata civitaS;
aut pars indocili melior grege; raollis et exspes
inominata perpriraat cubilia.
vo8, quibus est virtus, miiliebrem tollite luctum
40 Etrusca praeter et volate litora.
üos manet Oceaiuis cireumvagus : arva, beata
petamus arva divites et insulas,
reddit ubi Cererem tellus inarata quotannis
et inputata floret usque vinea,
45 germinat et numquam fallentis termes olivae,
suamque pulla ficus omat arborem,
mella cava manant ex ilice, montibus altis
levis erepante lympha desilit pede.
nulla nocent pecori contagia^ nullius astri
50 gregem aestuosa torret inpotentia.
illic iniussae veniunt ad mulctra capellae,
refertque tenta grex amicus ubera;
nee vespertinus eircuragemit ursus ovile,
neque intumeseit alta viperis humus.
55 pluraque felices mirabiraur: ut neque largis
aquosus eurus arva radat irabribus,
pinguia nee siccis urantur semiua glaebiS;
utrumque rege temperante eaelituni.
non huc Argoo contendit remige pinus,
60 neque inpudica Colchis intulit pedem;
non huc Sidonii torserunt cornua nautae,
laboriosa nee cohors Ulixei.
luppiter illa piae secrevit litora genti;
49. 50 stehen gewöhnlich als 61. 62 (hinter Ulixei).
EPODON LIBER. 16. 17. 155
ut inquinavit aere tempus aureum.
65 (lira dehiuc ferro duravit saeciila. quorum
])ii8 seculula, vate ine, datur fuga.
XVII.
lam iam efficaci do inanus scientiae,
supplex et oro regna per Proserpinae,
per et Dianae iiou movenda numina,
per atqiie lihros carminum valentium
5 refixa caelo devoeare sidera,
Cauidia, parce vocibus tandcin sacriS;
eitumque retro solve, solve turbinera.
movit nepotem Telephus Nereium
in quem superbus ordinarat agmina
10 Mjsorum et in quem tela aeuta torserat.
unxere matres Iliae addictum feris
alitibus atque canibus bomicidam Hectorem,
postquam relictis moeuibus rex proeidit
bell pervicacis ad pedes Acbillei.
15 setosa duris exuere pellibus
laboriosi remiges Ulixei
volente Circa membra: tune mens et sonus
relapsus atque notus in voltus bonor.
dedi satis superque poenarum tibi,
20 amata nautis inultum et institoribus.
fugit iuventas, et vcrecundus color
reliquit ora pelle amicta liirida,
tuis capillus albus est odoribus,
nullum a labore me reclinat otium;
25 urguet diem nox et dies noctem, neque est
levare tenta spiritu praecordia.
ergo negatum vincor ut credam miser,
Sabella pectus increpare carmina,
caputque Marsa dissilire neiüa.
30 quid amplius vis? o mQire; o terra, ardeo
65 dira. aere und aerea.
156 Q. IIORATII FLACCI
quantum neque atro delibutu8 Hercules
Nessi cniore nee Sicana fervida
furens in Aetna flamma; tua, donec einig
iniuriosis aridus ventis ferar,
35 calet venenis offieina Colchicis?
quae finis aut quod me manet Stipendium?
effare: iussas cum fide poenas luam,
paratus expiare, seu poposceris
centum iuvencos, sive mendaci lyra
40 voles sonari, tu pudica, tu proba
perambulabis astra sidus aureum.
infamis Helenae Castor offensus vic«,
fraterque magni Castoris, victi prece
adempta vati reddidere lumina:
45 et tu, potes nam, solve me dementia,
0 nee patemis obsoleta sordibus,
neque in scpulcris pauperum pnidens anus
novendialis dissipare pulveres.
tibi hospitale pectus et purae manus,
60 tuusque venter Pactumeius, et tuo
cruore rubres obstetrix pannos lavit,
uteumque fortis exsilis puerpera.
'quid obseratis auribus fundis prec^?
non saxa nudis surdiora navitis
65 Neptunus alto tundit hibemus salo.
inultus ut tu riseris Cotyttia
volgata, sacrum liberi Cupidinis,
et Esquilini pontifex venefici
inpune ut urbem nomine inpleris meo?
60 quid proderat ditasse Paelignas anus,
velociusve miseuisse toxicum?
sed tardiora fata te votis manent ;
ingrata misero vita ducenda est in hoc,
novis ut usque suppetas laboribus.
65 optat quietem Pelopis infidi pater.
32. 34 tua calet B. tu 'auch tum) cales fauch calens).
EPODON LIBER. 17. 157
cgcns beuignao Tantalus semper dapis,
optat Prometheus obligatus aliti,
optat supremo collocare Sisyphus
in monte saxum: sed vetaiit leges lovis.
0 volcB modo altis desilire turribus,
modo ense pectus Norioo recludere,
fru8traque viiicla «cutturi nectes tuo
fastidiosa tristis aegrinionia. -
vectabor umeris tunc ego inimicis eques,
meaeque terra cedet insolentiae.
an quac movere cereas imagines^
ut ipse nosti curiosus, et polo
deripere lunam vocibus possim meijj,
possim crematos excitare mortuos,
so desiderique temperare pocula,
plorem artis in te uil agentis exitus?
4 0
."!>
Q. H0RAT4I FLACCI
SATIRARUM
LIBER PRIMUS.
I.
Qui fit, Maecenas, ut nemo, quam 8ibi sort^m
seil ratio dederit seu fors obiecerit, illa
contentus vivat, laudet diversa sequentis?
'o fortunati mercatores' gravis annis
5 miles ait multo iam fractiis membra labore.
contra mercator, navim iactantibus austris,
'militia est potior, quid enim? concurritur: horae
momento cita mors venit aut victoria laeta/
agrieolam laudat iuris legumque peritus,
10 sub galli cantum eonsultor ubi ostia pulsat.
ille, datis vadibus qui rure extractus in urbem est,
solos felicis viventis clamat in urbe.
m
cetera de genere hoc, adeo sunt multa, loquacem
delassare valent Fabium. ne te morer, audi
15 quo rem deducam. si quis deus 'en ego* dieat
*iam faeiam quod voltis: eris tu, qui modo miles,
mercator; tu, consultus modo, rusticus: hinc vos,
vos hinc mutatis discedite ])artibu8. eia.
quid statis?' nolint. atqui licet esse beatis.
20 quid causac est, merito quin illis luppiter ambas
iratus buccas inflet neque se fore posthac
tam facilem dicat, votis ut praebeat aurem?
praeterea, ne sie ut qui iocularia rideng
percurram: quamquam ridentem dicere verum
SATIRARÜM LIB. 1. 1. 159
20
quid vetat? ut pueris olim dant erustula blandi
doctores, elementa velint ut discere prima:
sed tarnen amoto quaeramus seria ludo.
ille gravem duro tcrrain qui vertit aratro,
perfidus hie eaupo, miles nautaeque per omne
30 audaces mai*e qui eurrunt, hae mente laborem
sese ferre, senes ut in otia tuta reeedant,
aiunt, cum sibi sint congesta ^baria: sicut
parvola (nam exemplo est) magni formica laboris
ore trahit quodcumque potest atque addit acervo
:^'> quem struit, haud ignara ac non incauta futuri.
quae, simul inversum eontristat aquarius annum,
non usquam prorepit et illis utitur ante
(luaesitis sapiens, cum te neque fervidus aestus
dcmoveat lucro, neque hiems, ignis, mare, ferrum,
40 nil obstet tibi, dum ne sit te ditior alter.
([uid iuvat inmensum te argenti pondus et auri
furtim defossa timidum deponere terra?
'quod, si conminuas, vilem redigatur ad assem/
at ni it fit, quid habet pulehri constructus acervus?
4') milia frumenti tua triverit area centum,
non tuus hoc capiet venter plus ac meus: ut si
reticulum panis venalis inter onusto
forte vehas umero, nihilo plus accipias quam
<iui nil ])ortarit. vel die quid referat intra
o(» naturae finis viventi, iugera centum an
mille aret? 'at suave est ex magno tollere acervo.*
dum ex parvo nobis tantundem haurire relinquas,
cur tua plus laudes cumeris granaria nostris?
ut tibi si sit opus liquidi non amplius urna
'>:> vel cyatho, et dicas 'magno de flumine malim
(juam ex hoc fonticulo tantundem sumere.' eo fit,
plenior ut si quos delectet copia iusto,
cum rii)a siraul avolsos ferat Aufidus acer.
at qui tantuli eget quanto est opus, is neque limo
00 turbatam haurit aquam, neque vitam amittit in undis.
at bona pars hominum decepta cu pidine falso
lÜO a HORATII FLACCI
'nil satis est' inquit; 'quia taiiti quantum habeas sis.^
quid facias illi? iubeas miserum esse, libenter
quatenus id faeit: ut quidam memoratur Athenis
65 sordidus ac dive», populi contemiiere voces
sie solituS; 'populus nie sibilat; at mihi plaudo
ipse domi, simul ac nummos contemplor in arca.'
Tantalus a labris sitiens fu^entia captat
flumina — quid rides? mutato nomine de te
70 fabula narratur: congestis undique saccis
indomiis inhians, et tamquam parcere sacris
cogens iiut pictis tamquam gaudere tabellis.
nescis quo valeat nummug, quem praebeat usum?
panis ematur, olus, vini sextarius, adde
75 quis liumana sibi doleat natura negatis.
an vigilare metu exanimem, noctesque diesque
formidare malos fures, incendia, senos,
ne te conpilent fugientes, hoc iuvat? horum
semper ego optarim pauperrimus esse bonorum.
80 at si condoluit temptatum frigore corpus,
aut alius casus lecto te adfixit, habes qui
adsideat, fomenta paret, medicum roget, ut te
suscitet ac natis reddat carisque propinquis?
non uxor salvum te volt, non filius; omues
85 vicini oderunt, noti, pueri atque puellae.
miraris^ cum tu argento post omnia ponas,
si nemo praestct quem non merearis amorem?
at si cognatos, nullo natura Labore
quos tibi dat, rctinere velis servarcque amicos,
!io infelix operam perdas, ut si cjuis aselluni
in campo doceat parentcm currere frenisV
deniciue sit iinis quaerendi, cumque habeas pluS;
pauperiem metuas minus, et finire laboreni
incipias parto (juod avebas; ne facias quod
\ib Ummidius quidam. non longa est fabula. dives
ut .metiretur nummos, ita sordidus ut se
non umquam servo melius vestiret, ad usquo
supremum tempus ne se penuria victus
SATIEARÜM LIB. I. 1. 2. 161
opprimeret metuebat. at hunc liberta securi
lOö divisit medium, fortissima Tyndaridarum.
'quid mi igitur suades? ut vivam Naevius aut sie
ut Nomentanus?' pergis pugnantia secum
frontibus adversis conponere. non ego ayanim
cum Veto te fieri, vappam iubeo ac nebulonem.
105 est inter Tanain (}uiddam Bocerumque Viselli:
est modus in rebus, sunt certi denique fines,
quos ultra eitraque nequit consistere rectum,
illuc unde abii redeo, qui nemo, ut avarus,
se probet ac potius landet diversa sequentis,
110 quodque aliena capella gerat distentius über,
tabescat, neque se maiori i)auperiorum
turbae comparet, liunc atque hunc superare laboret.
sie festinanti semjjer locupletior obstat,
ut, cum carceribus missos rapit ungula eurrus,
115 instat equis auriga suos vincentibus, illum
praeteritum temnens extremos inter euntem.
in de fit ut raro qui se vixisse beatum
dicat et exacto contentus tempore vita
ccdat, uti conviva satur, reperire queamus.
120 iam satis est. ne me Gris])ini serinia lippi
conpilasse putcs, vcrbum non amplius addam.
IL
Ambubaiarum collegia, pharmacopolae,
mendici, mimae, balatrones, boc genus omne
macstum ac sollicitum est cantoris morte Tigelli.
quippe benignus erat, contra hie, ne prodigus esse
5 dicatur metuens, inopi dare nolit amico,
frigus quo duramque famem propellere possit.
liunc si perconteris, avi cur atque parentis
praeclaram ingrata stringat malus ingluvie rem,
omnia conductis coemens obsonia nummis,
10 sordidus atque animi quod parvi nolit haberi,
liRHBfl, Horatius. 11
162 Q HORATII FLACCI
respondet. laudatur ab his^ culpatur ab illis.
Fufidius vappac famam timet ac nebulonis
dires agris, dives positis in fenore nummis:
quinas hie capiti mercedes exsecat, atque
15 quanto perditior quisqiie est, tanto aerius urguet;
nomina seetatur, modo sumpta veste virili,
sub patribuB duris tironum. ^maxime' quis non
'luppiter exelamat, siinul atque audivit. 'at in se
pro quaestu sumptum faeit hie.' vix eredere possis,
20 quam sibi non sit amieus, ita ut pater ille, Terenti
fabula quem migerum gnato vixisse fugato
indueit. non se peius cruciaverit atque hie.
ei quis nunc quaerat *^quo res haec pertinet?' illuc:
dum vitant stulti vitia, in contraria currunt.
25 Malthinus tunicis demissis ambulat; est qui
inguen ad obscaenum subductis usque facetus.
pastillos Rufillus olet; Gargonius hircum.
nil medium est. sunt qui nolint tetigisse nisi illas
quarum subsuta talos tegat instita veste:
30 contra alius nullam nisi olenti in fomice stantem.
quidam notus homo cum cxiret fornice, ^macte
virtute esto' inquit sententia dia Catonis:
'nam simul ac venas inflavit taetra libido,
huc iuvenes aequum est descendere, non alienas
35 permolere uxores.' 'nolim laudarier inquit
*sic me' mirator cunni Cupienniua albi.
audire est operae pretium, procedere recte
qui moechis rem voltis, ut omni parte laborent,
utque illis multo corrupta dolore voluptas
40 atque haec rara cadat dura inter saepe pericla.
hie se praecipitem tecto dedit; ille flagellis
ad mortem caesus; fugiens hie decidit acrem
praedonum in turbam; dedit hie pro corpore nummoB;
hunc perminxenint ea^lones; quin etiam illud
13 Haupt. Aus ars p. 421. 3S moechis rem M. moechos non.
M. weist auf die Verse des Eunius bei dem Schol.
i^
SATIRARUM LIB. I. 2. 163
4.') accidit, ut cuidam testis caudamque salacem
(lemeteret fcrrum. Mure' omnes : Galba negabat.
tutior at quanto merx est in classe secunda,
libertinariim dico: Sallustius in quas
non minus insanit quam qui moechatur. at hie* si,
ro (jua res, qua ratio suaderet, quaque modeste
munifico esse licet, vellet bonus atque benignus
esse, daret quantum satis esset, nee sibi damno
dedecorique foret. verum hoc se amplectitur uno,
hoc amat et laudat, 'matronam nullam ego tango/
55 ut (fuondam Marsaeus, amator Originis ille,
qui patrium miniae donat fundumque laremque,
*nil fucrit mi' inquit Vum uxoribus umquam alienis/
verum est cum mimis, est cum meretricibus ; unde
fama malum gravius quam res trahit. an tibi abunde
r>') personam satis est, non illud, (juidquid ubique
officit, cvitare? bonam deperdcre famam,
rem patris oblimare, malum est ubicumque. quid inter
est in matrona, ancilla peccesne togata?
Villius in Fausta SuUae gener, hoc miser uno
65 nomine deceptus, poenas dedit usque superque
(|uam satis est, pugnis caesus ferroque petitus,
exchisus fore, cum Longarenus foret intus,
huic si mutonis verbis mala tanta videnti
diccret haec animus 'quid vis tibi? numquid ego a te
70 magno prognatum deposco consule cunnum
velatumciue stola, mea cum conferbuit ira?*
quid responderet? 'magno patre nata puella est/
at quanto meliora monet pugnantiaque istis
(lives opis natura suae, tu si modo recte
T5 dispensare velis ac non fugienda petendis
inmiscere. tuo vitio rerumne labores,
nil refci-re putas? (piare, ne paeniteat te
dcsine matronas seetarier, unde laboris
plus haurire mali est quam ex re decerpere fructus.
80 nee magis huic, inter niveos viridisque lapillos
sit licet, hoc, Cerinthe, tuo tenerum est femur aut cnis
11*
164 tt. HORAXn FLACCI
rectiuB; atque etiam melius persaepe togatae est.
adde huc quod mereem sine fucis gestat; aperte
quod venale habet ostendit; nee siquid honesti est
S5 iactat habetque palani; quaerit quo turpia celet.
regibus hie mos est, ubi equos mercantur: opertoB
inspieiunt, ne si facies, ut saepe, decora
moUi fulta pede est; emptorem inducat hiantem,
quod pulchrae clunes, breve quod caput, ardua cervix.
90 hoe illi recte: ne coq)oris optima Lyncei
contemplere oeulis, Hypsaea caecior illa :
quae mala sunt spectes. *o crus, o bracchia!* verum
depugis, nasuta^ brevi latere ac pede longo est.
matronae praeter faciem nil cemere possis,
95 cetera, ni Catia est, demissa veste tegentis.
si interdieta petes, vallo eircumdata (nam te
hoc facit insanuni) multae tibi tum officient res.
custodes, lectica, ciniflones, parasitae,
ad talos stola demissa et eircumdata palla,
100 plurima, quae invideant pure adparere tibi rem.
altera, nil obstat; Cois tibi paene videre est
ut nudam, ne crure malo, ne sit pede turpi;
metiri possis oculo latus, an tibi mavis
insidias fieri pretiumque avellier ante
105 quam mereem ostendi? 'leporem venator ut alta
in nive sectetur, positum sie tangere nolit'
cantat, et adponit 'mens est amor huic similis: nam.
transvolat in medio posita et fugientia captat.'
hiscine versiculis speras tibi posse dolores
110 atque aestus curasque gravis e pectore toUi?
nonne, cupidinibus statuat natura modum quem,
quid latura, sibi quid sit dolitura negatum,
quaerere plus prodest et inane abscindere soldo?
num, tibi cum faucis urit sitis, aurea quaeris
115 pocula? num esuriens fastidis omnia praeter
pavonem rhombumque? tument tibi cum inguina, nmn, 8i
ancilla aut verna est praesto puer, impetus in quem
eontinuo fiat, malis tentigine rumpi?
SATIRARÜM LIB. I. 2. 3- 165
non ego: namque parabilem amo Venerem facilemque.
120 illam 'post paullo; sed pluris: si exierit vir
Gallis, hanc Philodemus ait sibi quae neque magno
stet pretio neque eunctetur, cum est iussa venire.
Candida rectaque sit; munda hactenus ut neque longa
nee magis alba velit quam dat natura videri.
125 haee ubi supposuit dextro corpus mihi laevum,
Ilia et Egeria est; do nomen quodlibet illi,
nee vereor ne, dimi futuo, vir rure recurrat, *
ianua (raugatur, latret canis, undique magno
pulsa domus strepitu resonet, vepallida lecto
130 desiliat mulier, miseram se conscia clamet,
cruribus haec metuat, doti deprensa, egomet nii.
discincta tunica fugiendum est ac pede nudo,
ne nummi pereant aut puga aut denique fama.
deprendi miserum est: Fabio vel iudice vincam.
III.
Omnibus hoc vitium est cantoribuS; inter amicos
ut nunquam indueant animum cantare rogati,
iniussi numquam desistant. Sardus habebat
ille Tigellius hoc. Caesar, qui cogere posset,
5 si peteret per amicitiam patris atque suam, non
quicquam proficeret; si conlibuisset, ab ovo
usque ad mala citaret 'io bacchae', modo summa
voce, modo hac, resonat quae chordis quattuor ima.
nil aequale homini fuit illi: saepe velut qui
10 currebat fugiens hostem, persaepe velut qui
lunonis sacra ferret; habebat saepe ducentos,
saepe decem servos; modo reges atque tetrarchas,
omnia magna loquens, modo ^sit mihi mensa tripes et
concha salis puri et toga quae defendere frigus
15 quam vis crassa queat;' decies centena dedisses
huic parco, paucis contento, quinque diebus
nil erat in loculis; noctis vigilabat ad ipsum
mane, diem totum stertebat; nil fuit unquam
106 Q. HORATII FLACCI
sie inpar sibi. nunc aliquis dicat mihi 'quid tu?
20 nullane habes vitia?' immo aio: et fortasse minora«
Maenius absentem Novium cum carperet, 'heus tu
quidam ait, 'ignoras te an ut ignotum dare nobis
verba putas?* 'egomet mi ignosco' Maenius inquit.
stultus et inprobus hie amor est dignusque notari.
25 cum tua pervideas oculis mala lippus inunctis,
cur in amicorum vitiis tam cemis acutum
quam aut aquila aut serpens Epidaurius? at tibi contra
evenit, inquirant vitia ut tua rursus et illi.
iracundior est paullo, minus aptus acutis
3i» naribus honim hominum; rideri possit eo quod
rusticius tonso toga defluit et male laxus
in pede calceus haeret: at est bonus^ ut melior vir
non alius quisqimm, at tibi amicus^ at ingenium ingens
inculto latet hoc sub corpore, denique te ipsum
35 concute, numqua tibi vitiorum inseverit olim
natura aut etiam consuetudo mala: uamque
neglectis urenda filix innascitur agris.
illuc praerertamur^ amatorem quod amicae
turpia decipiunt caecum vitia, aut etiam ipsa haec
40 delectant, veluti Balbinum polypus Hagnae.
vellem in amicitia sie erraremus, et isti
errori nomen virtus posuisset honestum.
at pater ut guati, sie nos debemus amici
siquod Sit Vitium non fastidire. straboneni
45 adpellat paetum pater, et pullum, male parvus
si cui filius est, ut abortivus fuit olim
Sisyphus; hunc varum distortis cruribus, illum
balbutit scaurum, pravis fultum male talis.
parcius hie vivit : frugi dicatur. ineptus
50 et iactantior hie paullo est; concinnus amicis
postulat ut videatur. at est truculentior atque
plus aequo liber: simplex fortisqne habeatur.
caldior est: acris inter numeretur. opinor,
20 aio. alia.
SATIRARÜM LIB. I. 3. 167
haec res et iuiigit, iuiietos et servat amieos.
55 at no8 virtutes ipsas invertimus atque
sincerum cupimus vas incnistare. probus quia
nobiscum vivit, multum demissus liomo ille:
tardo et cognomen piugui damus. lue fugit omnig
insidias nullique malo latus obdit apertum,
60 cum genug hoc inter vitae versemur, ubi acrig
invidia atque vigent ubi erimina: pro bene sano
ac non ineauto fietum astutumque vocamug.
simplicior quis et est qualem me saepe libenter
o])tulerim tibi, Maecenas, ut forte legentem
«5 aut tacitum inpellat quovis sermone: molegtug;
communi sengu ])lane caret, inquimus. ebeu
quam temere in nogmet legem gancimug iniquam!
nam vitiig nemo sine nagcitur: optimug ille egt,
qui minimis urguetur. amicug dulcig, ut aequum egt,
70 cum mea conpenset vitiig bona, pluribug higee,
si modo j)lura mihi bona gunt, inclinet, amari
si volet: hac lege in trutina ponetur eadem.
qui ne tuberibug propriig offendat amicum
])ostulat, ignogcet vemicig illiug: aequum egt
75 pcccatig veniam pogcentem reddere rurgug.
denique, quatenus excidi penitug vitium irae,
cetera item nequeunt gtultis haerentia, cur non
])onderibus moduligque guig ratio utitur, ac reg
ut quaeque est ita suppliciis delicta coercet?
so siquis cum servum, patinam qui tollere iuggug
semesos piscis tepidumque ligurrierit ius,
in cruce suffigat, Labcone inganior inter
sanos dicatur. quanto hoc furiosiug atque
maius peccatum egt! paullum deliquit amicus
85 fquod nisi concedas, habeare inguavig): acerbug
odigti et fugis ut Rusonem debitor aerig,
qui nigi, cum trigtes misero venere calendae,
mercedem aut nummos unde unde extricat, amarag
58 Ueberlieferung ohne Partikel. B. schob ac ein, Haupt et.
168 Q* HORATII FLACCl
porrecto iugulo historias captivus ut audit.
90 conminxit lectiim potus mensave catilliim
Euandri manibus tritum deiecit: ob hanc rem,
aut positum ante mea quia pullum in parte catini
sustulit esurienS; minus hoc iucundus amicus
git mihi? quid faciam, si furtum fecerit, aut si
95 prodiderit conmissa fide sponsumve negarit?
quis paria esse fero plaeuit peccata, laborant,
cum Tantum ad verum est: sensus moresque repu^ant^
atque ipsa utilitas, iusti prope matcr et aequi.
cum prorepserunt primis animalia terris,
100 mutum et turpe pecus, glandem atque cubilia propter
unguibus et pugnis, dein fustibus, atque ita porro
pugnabant armis quae post fabrieaverat usus;
donec verba, quibus voces sensusque notarent,
nominaque invenere: dehinc absistere hello,
105 oppida coeperunt muntre, et ponere leges,
ne quis für esset, neu latro, neu quis adulter.
nam fuit ante Helenam cunnus tueterrima belli
causa; sed ignotis perierunt mortibus illi,
quos Venerem incertam rapientes more ferarum
110 viribus editior caedebat ut in grege taurus.
iura inventa metu iniusti fateare necesse est,
tempora si fastosque velis evolvere mundi.
nee natura potest iusto secernere iniquum,
dividit ut bona diversis, fugienda petendis,
115 nee vincet ratio hoc, tantundem ut peccet idemque
qui teueres caulis alieni fregerit horti
et qui noctumus sacra divum legerit. adsit
regula, peccatis quae poenas inroget aequas,
ne scutica dignum horribili sectere flagello.'
120 nam ut ferula caedas meritum maiora subire
verbera non vereor, cum dicas esse paris res
furta latrociniis et magnis parva mineris
falce recisurum simili te, si tibi regnum
permittant homines. si dives, qui sapiens est,
125 et sutor bonus et solus formosus et est rex,
SATIRARUM LIB. I. 3. 4. 169
cur optas quod habes? 'non nosti quid pater* inquit
'Chrysippus dicat. sapiens crepidas sibi numquam
nee soleas fecit: sntor tarnen est sapiens/ qui?
'ut quamvis tacet Hermogenes, cantor tarnen atque
130 optimus est modulator; ut Alfenus vafer, omni
abiecto instrumento artis elausaque tabema,
tonsor erat; sapiens operis sie optimus omnis
est opifex solus, sie rex.* vellunt tibi barbam
lascivi pueri; quos tu nisi fuste coerces,
i:tö urgueris turba circum te staute, miserque
rumperis et latras, magnorum maxime regum.
ne longum faciam: dum tu quadrante lavatum
rex ibis neque te quisquam stipator ineptum
praeter Crispinum seetabitur, et mihi dulces
140 ignoscent, siquid peecaro stultus, amici,
inque vicem illorum patiar delicta libenter,
privatusque magis vivam te rege beatus.
IV.
Eupolis atque Cratinus Aristophanesque poetae
atque alii quorum comoedia prisca virorum est,
siquis erat dignus describi; quod malus ac für,
quod moechus foret aut sicarius aut alioqui
5 famosus, multa cum libertate notabant.
Iiinc omnis pendet Lucilius, liosce secutus,
mutatis tantum pedibus numerisque. facetus,
emunctae naris, durus conponere versus,
cum flueret lutulentus erat quod tollere velles.
10 nam fuit hoc vitiosus: in hora saepe ducentos,
ut magnum, versus dictabat stans pede in uno;
garrulus atque piger scribendi ferre laborem,
scribendi recte; nam ut multum, nil moror. ecee
Crispinus nummo me provocat : 'accipe, si vis,
15 accipiam tabulas: detur nobis locus, hora,
8 steht gewöhnlich hinter ut magnum — 10. 14 nummo B.
minimo.
170 Q, HORATIl FLACCI
eustodes; videamug uter plus scribere possit/
di bene fecerunt inopis me quodque pusilli
finxerunt animi, raro et perpauca loquentis:
at tu conclusas hireinis follibus auras^
20 uBque laborantig dum ferrum molliat ignis,
ut mavis, imitare. beatus Fannius ultro
delatis capsig et imagine, cum mea nemo
scripta legat volgo recitare timentis ob hanc rem
quod gunt quos genug hoc minime iuvat, utpote pluris
25 culpari dignos. quemvig media elige turba:
aut ab avaritia aut misera ambitione laborat.
hie nuptarum inganit amoribug, hie puerorum;
hunc capit argenti splendor; stupet Albiug aere ;
hie mutat mereig gurgente a gole ad eum quo
50 vegpertina tepet regio, quin per mala praeceps
fertur uti pulvig eollectug turbine, nequid
gumma deperdat metueng aut ampliet ut rem:
omneg hi metuunt vereug, ödere poetas.
'foenum habet in cornu, longe fuge: dummodo risum
85 excutiat gibi, non hie cuiquara paroet amico;
et quodcumque gemel chartig inleverit, omnig
gegtiet a furno redeuntig gcire lacuque,
et puerog et anug.* agedum, pauca accipe contra,
primum ego me illorum, dederim quibug egge poetis,
I« oxcerpam numero: neque enim concludere vergum
dixerig egge gatig; neque giqui gcribat uti nog
Hormoni propiora, putes bunc egge poetam.
Ingenium cui git, cui meng divinior atque og
magna gonaturum, deg nominig huiug honorem.
45 idcirco quidam comoedia necne poema
CHget quaegivere, quod acer spiritus ac vig
noc verbis nee rebug inegt, nigi quod pede certo
differt germoni germo merug.; 'at pater ardeng
gaevit, quod meretrice nepog inganug amica
50 filiug uxorem grandi cum dote recuget,
ebriug et, magnum quod dedecus, ampulet ante
noctem cum facibug.^ numquid Pomponiug igtig
SATIRARUM LIB. I. 4. 171
audiret leviora, pater si viveret? ergo
non satis est puris versum perscribere verbis,
55 quem si dissolyas, quivis stomachetur eodem
quo personatus pacto pater. bis, ego quae nunc,
olim quae scripsit Lucilius, eripias si
tenipora certa modosque et quod prius ordine verbum est
posterius facias, praeponens ultima primis;
60 non, ut si solvas 'postquam Discordia taetra
belli ferratos postis portasque refregit,'
invepias etiam disiecti membra poetae.
liaetenus baec: alias iustum sit neene poema.
nunc illud tantum quaeram, meritone tibi sit
()5 suspectum genus hoc scribendi. Sulcius acer
ambuiat et Caprius, rauci male cumque libellis,
magnus uterque timor latronibus: at bene si quis
et vivat i)uris manibus, contemnat utrumque.
ut sis tu similis Caeli Birrique latronum,
70 non ego sum Capri neque Sulci: cur metuas me?
nulla taberna meos habeat neque pila libellos,
quis manus insudet volgi Hermogenisque Tigelli.
nee reeito cuiquam nisi amicis, idque coactus,
non ubivis coramve quibuslibet. in medio qui
75 scripta foro recitent sunt multi quique lavantes:
suave locus voci resonat conclusus. inanis
hoc iuvat, haud illud quaerentis, num sine sensu,
tempore num faciant alieno. Maedere gaudes'
inquit, 'et hoc studio pravos facis.* unde petitum
80 hoc in me iacis? est auctor quis denique eorum
vixi cum quibus? absentem qui rodit amicum,
qui non defen^it alio culpante, solutos
qui captat risus hominum famamque dicacis,
fingere qui non visa potest, conmissa tacere
85 qui nequit, hie niger est, hunc tu, Bomane, caveto.
saepe tribus lectis videas cenare quaternos,
e quibus unus amet quavis adspergere cunctos
79 pravos. prarus.
172 a HORATII FLACCI
praeter eum qui praebet aquam; post hunc quoqae potus,
condita cum verax aperit praecordia Liber.
90 hie tibi comis et urbanuB liberque videtur;
infesto nigris: ego si risi, quod ineptus
pastillos Rufillus olet, Gargonius hireum,
lividus et mordax videor tibi? mentio siqua
de Capitolini furtis iniecta Petilli
95 te coram fuerit, defendas ut tuus est mos:
'me Capitolinus convictore usus amicoque
a puero est, eausaque mea permulta rogatus
fecit, et incolumis laetor quod vivit in urbe;
sed tarnen admiror quo pacto iudicium illud
100 fugerit." hie nigrae sueus loUiginis, haec est
aerugo mera: quod Vitium procul afore chartis;
atque animo priuS; ut siquid promittere de me
possum aliud vere, promitto. liberius si
dixero quid, si forte ioeosius, hoc mihi iuris
105 cum venia dabis. insuevit pater optimus hoc me^
ut fugerem exemplis vitiorum quaeque notando.
cum me hortaretur, parce frugaliter atque
viverem uti contentus eo quod mi ipse parasset,
'nonne vides, Albi ut male vivat filius, utque
HO Barus inops? magnum documentum, ne patriam rem
perdere quis velit:^ a turpi meretricis amore
cum deterreret, 'Scetani dissimilis sis:*
ne sequerer moechas, concessa cum Venere uti
possem, ^deprensi non bella est fama Treboni'
115 aiebat: 'sapiens, vitatu quidque petitu
sit melius, causas reddet tibi, mi satis est, si
traditum ab antiquis morem servare tuamque,
dum custodis eges, vitam famamque tuen
incolumem possum: simul ac duraverit aetas
120 membra animumque tuum, nabis sine cortice/ sie me
formabat puerum dictis, et sive iubebat
ut facerem quid, 'habes auctorem, quo facias hoc,*
unum ex iudicibus selectiö obiciebat,
sive vetabat, 'an hoc inhonestum et inutile factu
SATIRARUM LIB. I. 4. 5. 173
125 iiecne sit, addubites^ flagret rumore malo cum
hie atque ille?' avidos Ticinum funus ut aegros
exanimat mortisque metu sibi parcere cogit,
sie teneros animos aliena opprobria saepe
absterrent vitiis. ex hoc ego sanus ab illis,
I3u pemiciem quaecumque ferunt, mediocribus et quis
ignoscas vitiis teneor. fortassis et istinc
largiter abstulerit longa aetas; liber amicu8,
consilium proprium, neque enim, cum lectulus aiut me
porticus exeepit, desura mihi, 'rectius hoc est.
135 hoc facicns vivam melius, sie dulcis amicis
occurram. hoc quidam non belle: numquid ego illi
inprudens olim faciam simile?' haec ego mecum
conpressis agito labris; ubi quid datur oti,
inludo chartis. hoc est mediocribus illis
140 ex vitiis unum : cui si concedere nolis,
multa poetarum veniet manus, auxilio quae
Sit mihi (nam multo plures sumus) ac veluti te
ludaei cogemus in hanc concedere turbam.
V.
Egressum magna me accepit Aricia Roma
hospitio modico : rhetor comes Heliodorus,
Graecorum longe doctissimus: inde Forum Appi,
differtiim nautis, cauponibus atque malignis.
5 hoc itcr ignavi divisimus, altius ac nos
praecinctis unum: minus est gravis Appia tardis.
hie ego propter aquam, quod erat deterrima, ventri
indico bellum, cenantis haud animo aequo
exspeetans comites. iam nox inducere terris
10 umbras et caelo diflFundere signa parabat.
tum pueri nautis, pueris convicia nautae
ingerere. 'hue adpelle. trecentos inseris. ohe
iam satis est." dum aes exigitur, dum mula ligatur,
tota abit hora. mali culices ranaeque palustres
15 avertunt somnos. absentem ut cantat amicam
multa prolutus vappa nauta atque viator
174 Q. HORATU FLACCI
certatim, tandem fessuB dormire viator
incipit; ac missae pastum rctinacula mulae
nauta piger saxo religat stertitque supinus.
20 iamquc dies aderat, nil cum procedere lintrem
sentimus; donec cerebrosus prosilit unus
ac mulae nautaeque caput lumbosque saligno
fuBte dolat. quarta vix demum exponimur hora.
ora manusque tua lavimus, Feronia, lympha.
25 milia tum pransi tria repimu8 atque subimus
inpositum saxis late candentibus Anxur.
liuc venturuö erat Maecenas optimus atque
Cocceius, missi magnis de rebus uterque
legati, aversos soliti conponere amicos.
30 hie oculis ego uigra meis collyria lippus
inlinere. intereg, Maecenas advenit atque
Cocceius Capitoque simul Fonteius, ad unguem
factus homo, Antoni non ut raagis alter amicus.
Fundos Aufidio Lusco praetore libcnter
35 linquimus, insani ridentes praemia scribae,
praetextam et latum clavum prunaeque batillum.
in Mamurrarum lassi deinde urbe manemus,
Murena praebente domum, Capitonc culinam.
postera lux oritur multo gratissima: namque
40 Plotius et Varius Sinuessae Vergiliusque
occurrunt, auimae quales neque candidiores
terra tulit ne(pie quis me sit devinctior alter,
o qui Conplexus et gaudia quanta fuerunt!
nil ego contulerim iucundo sanus amico.
45 proxima Campano ponti quae villula, tectum
praebuit, et parochi quae debent ligna salemque.
liinc muH Capuae clitellas tempore ponunt.
lusum it Maecenas, dormitum ego Vergiliusque:
namque pila lippis inimicum et ludere crudis.
50 hinc nos Cocceii recipit plenissima villa,
quae super est Caudi cauponas. nunc mihi paucis
Sarmenti scurrae pugnam Messique Cicirri,
musa, velim memores et quo patre natus uterque
SATIRARÜM LIB. I. 5. 175
contulerit litis. Messi darum genus Osci;
55 Sarmenti domina exstat: ab his maioribus orti
ad pugnam venere. prior Sarmentus *equi te
esse feri sirailem dico.' ridemus, et ipse
Messius *^accipio/ caput et niovet. 'o tua comu
ni foret exsecto frons^ inquit, 'quid faceres, cum
60 sie rautilus minitaris?' at illi foeda cicatrix
setosam laevi frontem turpaverat oris.
Campanum in morbum, in faciem permulta iocatuS;
pastorem saltaret uti Cyclopa rogabat;
nil illi larva aut tragicis opus esse cothurnis.
6.) multa Cicirrus ad haec. donasset iamne eatenam
ex voto Laribus, quaerebat: scriba quod esset;
nilo deterius dorainae ins esse: rogabat
dcuiquc cur umquam fugisset, cui satis una
farris libra foret, gracili sie tamque pusillo.
70 prorsus iucunde cenam producimus illam.
tendimus hinc recta Beneventura ; ubi sedulus hospes
paenc macros arsit dum turdos versat in igni.
nam vaga per veterem dilapso flamma culinam
Volcano summum properabat lamberc teetum.
75 eonvivas avidos cenam servosque timentis
tum rapere atque omnis restinguere velle vidercs.
incipit ex illo montis Appulia notos
ostentare mihi, quos torret Atabulus et quos
numquam erepsemus, nisi nos vicina Trivici
80 villa recepisset, lacrimoso non sine fumo,
udoö cum foliis ramos urente eamino.
lue ego mendacem stultissimus usque puellam
ad mediam noctem exspecto: somnus tamen aufert
intcntum Vcueri: tum inmundo somnia visu
85 nocturnam vestem maculant ventremque supinum.
quattuor hinc rapimur viginti et milia raedis,
mansuri oppidulo, quod versu dicere non est,
signis perfacile est. venit vilissima rerum
hie aqua; sed panis longe pulcherrimus, ultra
1)0 callidus ut soleat umeris portare viator:
176 a HORATII FLACCl
nam Canusi lapidosus, aquae non ditior uma
qui locuB a forti Diomede est conditus olim.
flentibus hinc Yarius discedit maestus amicis.
inde Rubos fessi pervenimus, utpote longum
95 carpentes iter et factum corruptius imbri.
postera tempestas melior, via peior ad usque
Bari moenia piscosi. dein Gnatia lymphis
iratis exstructa dedit risusque iocosque,
dum flamma sine tura liquescere limine sacro
100 persuadere cupit. credat ludaeus Apella,
non e^o. namque deos didici securum agere aeyum,
nee siquid min faeiat natura, deos id
tristis ex alto caeli demittere tecto.
Brundisium longae finis chartaeque viaeque.
VI.
Non quia, Maecenas, Lydorum quidquid Etruscos
incoluit finis, nemo generosior est te,
nee quod avus tibi maternus fuit atque paternus,
olim qui magnis legionibus imperitarent,
5 ut plerique solent, naso suspendis adunco
ignotos, ut me libertino patre natum.
cum referre negas quali sit quisque parente
natus, dum ingenuus, persuades hoc tibi vere,
ante potestatem Tulli atque ignobile regnum
10 multos saepe vires nuUis maioribus ortos
et vixisse probos amplis et honoribus auctos:
contra Laevinum, Valeri genus, unde Superbus
Tarquinius rcgno pulsus fugit, unius assis
non umquam pretio pluris licuisse, notante
15 iudice quo nosti, populo, qui stultus bonores
saepe dat indignis et famae servit ineptus,
qui stupet in titulis et imaginibus. quid oportet
nos facere a volgo longe longeque remotos?
namque esto, populus Laevino mallet honorem
20 quam Decio mandare novo, censorque moveret
Appius, ingenuo si non essem patre natus:
SATIRARUM LIB. I. 6. 177
vel nierito, quoniam in propria non pelle quiessem.
80(1 fulgente trahlt constrictos gloria curru
non minus ignotos gencrosis. quo tibi, Tilli,
25 sumerc depositum clavum fierique tribuno?
invidia adcrevit, privato quae minor esset.
nam ut quisque insanus nigris medium inpediit crus
l)ellibu8 et latum demisit pectore clavum,
audit eontinuo ^quis homo hie aut quo patre natus?'
30 ut siqui acgrotet quo morbo BarruS; haben
ut cupiat formosus, eat quacumque, puellis
iniciat curam quaerendi singula, quali
sit faeie, sura, quali pede, dente, eapillo;
sie qui promittit, civis, urbem sibi curae,
35 imperium fore et Italiani, delubra deorum,
quo patre sit natus, num ignota matre inhonestus,
omnis mortalis curare et quaerere cogit.
'tune, Syri, Damae, aut Dionysi filius, audes
deiccre e saxo civis aut tradere Cadmo?
40 at Novius collega gradu post me sedet uno:
nanique est ille, pater quod erat meus.' 'hoc tibi PauUus
et Messalla videris? at hie, si plostra ducenta
concurrantque foro tria funera, magna sonabit
cornua quod vincatque tubas: saltem tenet hoc nos.'
45 nunc ad me redeo libertino patre natum,
quem rodunt omnes libertino patre natum,
nunc quia sum tibi, Maecenas, convictor, at olim
quod mihi pareret legio Romana tribuno.
dissimile hoc illi est; quia non, ut forsit honorem
50 iure mihi invideat quivis, ita te quoque amicum,
praesertim cautum dignos adsumere, prava
ambitione procul. felicem dicere non hoc
me possim, casu quod te sortitus amicum:
nulla etenim mihi te fors obtulit; optimus olim
55 Vergilius, post hunc Varius dixere quid essem.
ut veni coram, singultim pauca locutus
(infans namque pudor prohibebat plura profari)
non ego me claro natum patre, non ego circum
LBHHfl, Horatins. 12
178 U. UORATir FLACCI
me Satureiano vectari rura caballo,
60 sed quod eram narro. respondes^ ut tuus est mos,
pauca: abco: et revocas nono post mense iubesque
esse in amicorum numero. magnium hoc ego diico,
quod placui tibi, qui tiirpi secernis honcstum,
non patre praeclaro, sed vita et pectore puro.
65 atqui si vitiis mediocribus ac mea paucis
mendosa est natura, alioqui recta, velut si
egre^o inspersos rcprendas corpore nacvos,
si neque avaritiam neque sordis nee mala lustra
obieiet verc ([uisquam mihi, purus et insons,
70 ut me colhiudem, si et vivo eanis amicis,
causa fuit pater his, (lui macro paui)er agello
noluit in Flavi ludum me mitterc, mn^nii
quo pueri magnis e eenturionibus orti,
laevo ßuspensi loeulos tiibuhim([uc lacerto,
75 ibant oetonis referentcs idibus aera;
sed puerum est ausus Romam portare, docendum
artis quas doceat quivis e(iues atquc Senator
semet prognatos. vestem servosque se(iiientis,
in niUgno ut populo, siqui vidisset, avita
80 ex re praeberi sumptus mihi credcret illos.
ipse mihi custos incorruptissimus omnis
circum doctores aderat. quid multa? pudicum,
qui primus virtutis bonos, scrvavit ab omni
non solum facto, verum opprobrio (pioque turpi:
85 nee timuit, sibi ne vitio quis verteret, olim
si praeco parvas aut, ut fuit ipse, coactor
mercedes sequerer; neque ego essem questus: at hoc nunc
laus illi debetur et a me gratia maior.
nil me paeniteat sanum patris huius: coque
90 non, ut magna dolo factum negat esse suo pars,
quod non ingenuos habeat clarosque parentes,
sie me defendam. longo mea discrepat istis
et vox et ratio, nam si natura iuberet
a certis annis aevum remeare peractum,
95 atque alios legere, ad fastum quoscumque parentis
SATIRARUM LIB. I. 6. 179
o[)taret sibi quisque, mcis contcntus honestos
fiiscibus et sellis noUem mihi sumerc, demens
iiulicio volgi, saniis fortassc tiio, quod
noUem oniis-j haud umquam solitiis i)ortarc molestum.
100 nani milii continuo maior quaereuda foret res
atqiic salut^mdi plures; dueendiiö et nuiis
et conics alter, uti ne soliis rusve peregreve
exirem; pliircs calones atque caballi
pascciidi, ducenda petorrita. nunc mihi curto
iu5 ire licet mulo vel ei übet usque Tarentuin,
mantica cui lumbos onere ulceret at(iuc eques arnios;
obiciet nemo sordis mihi (pias tibi, Tilli,
cum Tiburte via praetorem quin([ae sequuntur
te i>ueri, hisaniim portantes oenophorumque.
110 hoc ego commodius quam tu, praeehire Senator,
milibus atque aliis vivo, quacumtpie libido est,
iucedo solus; percontor quauti olu.s ac far;
falhiccm circuni vesj^ertinunKiue ])crerro
sacpe forum; adsisto divinis; inde domum me
lir> ad porri et ciceris refero laganique catiuum.
ccna ministratur jmeris tribus, et lapis albus
pocuhi cum cyatlio duo sustinet; adstat echiuus
vilis, <'um patera guttu>*, Campaua supcUex.
dcinde eo dornütum, uou sollicitus, mihi quod cras
120 surgcudum sit mane, obeundus Marsya, (jui se
voltum ferre negat Xoviorum posse min(»ris.
ad ([uartam iaceo: ])ost haue vagor aut ego lecto
aut scri|)to (^uod me tacitum iuvet. unguor olivo,
nou quo tVaudatis inmuudus Natta hicernis.
125 ast ubi me fessum sol acrior ire lavatum
admonuit, fugio campum hisumque trigonem.
pransus n(»n avide, (piantum interpellet inani
ventre diem durare, domesticus otior. haec est
vita solutorum misera ambitione gravique;
13(^ his me eonsolor victurum suavius ac si
([uaestor avus pater atque mens patmusque fuisset.
12*
180 a HORATII FLACGI
VII.
ProBcripti Regis Rupili pus atque vencnum
hybrida quo pacto sit Persius ultus, opinor
Omnibus et lippis notum et tonsoribus esse.
Persius hie permagna negotia dives liabebat
6 Clazomenis, etiam litis cum Rege molestas,
durus homo atque odio qui j)osset vincere Rogem,
confidens tumidusque, adeo sermonis amari,
Sisennas, Barros ut equis praccurreret albis.
moliri exitium postquam nihil inter utrumque
10 convenit. hoc etenim sunt omnes iure molesti,
quo fortes, quibus adversum bellum incidit. inter
Hectora Priamiden, animosum atque inter Achillem
ira fuit capitalis, ut ultima divideret mors,
non aliam ob causam nisi quod virtus in utroque
15 summa fuit: duo si discordia vexet incrtis,
aut si disparibus bellum incidat, ut Diomedi
cum Lycio Glauco, discedat pigrior, nitro
muneribus missis. Bruto ])raetore tenente
ditem Asiam, Rupili et Persi par pugnat uti non
20 conpositum melius cum Bitho Bacchius. in ius
acres procurrunt, magnum spectaculum uterque.
Persius exponit causam; ridetur ab omni
conventu; laudat Bnitum laudatque cohortem,
solem Asiae Brutum adpellat stellasque salubris
26 adpellat comites, excepto Rege; canem illum;
invisum agricolis sidus, venisse; ruebat
flumen ut hibemum, fertur quo rara securis.
tum Praenestinus salso multoque fluenti
expressa arbusto regerit convicia, durus
30 vindemiator et invictus, cui saepe Tiator
cessisset magna coni)ellans voce cuculum.
at Graecus, postquam est Italo perfusus aceto,
9 moliri exitium. ad Regem redeo.
SATIRARÜM LIB. I. 7. 8. 181
Persius exclamat 'per mcignos, Brüte, deo% te
oro, qui reges consueris tollere, cur non
35 hunc Regem iugulas? operum hoc, mihi crede, tuorum est/
VIII.
Olim truncus eram ficulnus, inutile ligniim,
cum faber, incertus sc^mnum facerctne Priapum,
maluit esse deum. deus inde ego, furum aviumque
maxima formido: nam fures dextra coercet
5 obscaenoque ruber porrectus ab inguine palus,
ast inportunas volucris in vertice arundo
terret fixa vetatque novis considere in hortis.
huc prius angustis eiecta cadavera cellis
conservus vili portanda locabat in arca;
10 hoc miserae plebi stabat commune sepulcrum,
Pantolabo scurrae Nomentanoque ncpoti.
mille pcdes in fronte, trcccntos eippus in agrum
hie da])at; hercdes monumentum ne sequeretur.
nunc licet Esquiliis habitare salubribus atque
15 aggere in aprico spatiari qua modo tristes
albis informem spcctabant ossibus agrum;
cum mihi non tiintum furesque feraeque suetae
hunc vcxarc locum curae sunt at(iue labori,
quantum carminibus quae vcrsant atque venenis
20 humanes animos: has nullo perdere possum
nee prohibere modo, simul ac vaga luna decorum
protulit OS, quin ossa legJint herbasque nocentis.
vidi cgomet nigra succinctam vadere palla
Canidiam, pedibus nudis passoque c^apillo,
25 cum Sagana maiore ululantem. pallor utrasque
fecerat horrendas adspectu. scalpere terram
unguibus et pullam divellere mordicus agnam
coeperunt: cruor in fossam confusus, ut indo
15 qua B. quo.
182 Q. nORATir FLACCI
nmnis clieeront animas responsa datunis.
30 lanea et cfti^ries erat, altera cerea; maior
lanea, qiiac poenis (»oupeseeret inferiorem;
cerea 8ui)plieiter stabat scrvilibus utque
iam peritura iiiodis. Hecaten voeat altera, sacvain
altera Tisiplionoii. serpeutes atque videres
35 infernas errare eanis, luiiain([ue rubenteiu,
ne foret bis testis, i)ost nia<riia latere sepulera.
ineutior at xiquid, merdis caput inquiner all)!»
corvorum, atcpie in nie veniat mictum atque cacatam
lulius, et fra^ilis Pediatia, furque Vt^ranus.
40 ßingula quid inenioreni, quo pacto alterna loqueutcB
imibrae cum Sagana resonarint triste et acutum,
utque lui)i barbam variae cum deute colubrae
abdiderint furtini terris, et imagine cerea
largior arserit ignis, et ut non testis inultus
45 obruerim voces Furiarum et facta duarum?
nam displosa sonat quautum vesica, pe])edi
diffiösa nato ficus: at illae currere in urbem.
Canidiae dentis, altum Saganae caliendrum
excidere, atque herbas atque incantata lacertis
50 vincula, cum magno risucjue iocoque videres.
IX.
Ibam forte via sacra, sicut mens est mos,
nescio quid meditans nugarum, totus in illis.
accurrit quidam notus mihi nomine tantum,
arreptaque manu 'quid agis, dulcissime rerum?*
'suavitcr, ut nunc est* inquam, 'et cupio omnia quae vi«
cum adsectaretur, 'num quid ^is?* occupo. at ille
'noris nos* inquit; 'docti sumus.' hie ego 'pluris
hoc' inquam 'mihi eris.' misere discedere quaerens,
ire modo ocius, interdum consistere, in aurem
41 resonariiit B. resonarcnt.
SATIRARUM LIB. I. 9, 183
10 dicere ncscio quid piiero, cum sudor ad imos
inanaret talos. 'o te^ Bolaue, cerebri
feliccni' aieham tacitus. cum quidlibct ille
garriret, vicos, urbcm laudaret. ut illi
iiil rcspoiidebam, *^mi8ere cu])i8' inquit 'abire:
15 iamdudum video: sed nil agis: usquc tenebo;
l)r()sequar hinc quo iiuuc itcr est ti))i/ 'nil opus est te
circumagi: qucndam volo visere uon tibi iiotum:
trans Tiberim longe cubat is, prope Caesaris hortos/
'nil habeo ([uod agam et non sum piger: us(|ue sequar te/
20 demitto auriculas, ut iniquae mentis asellus,
cum gravius dorso subiit onus, incipit ille
'j^i beue me novi, non Viscum pluris amicum,
non Valium facics: nam quis me scribcre pluris
aut citius i)ossit versus? quis mcmlmi movere
25 mollius? invidcat ([uod et Hcrmogenos ego canto/
interpellandi locus liic erat: 'est tibi mater,
cognati, quis te salvo est opus?* 'liaud mihi quisquam.
omnis conposui/ 'felices! nunc ego resto,
confice: namque instat fatum mihi triste, Sabella
'M) ([uod puero cecinit divina mota anus urna:
hunc ncciue dira venena, nee hosticus auferet ensis,
ncc laterum dolor aut tussiS; nee tarda podagra:
garrulus hunc (^uando consumct cunnpie: loquacis.
si sai)iat, vitet, simul atque adoleverit aetas/
:^5 ventum erat ad Vestae, (luarta iam i)arte diei
])raeterita, et casu tunc respondere vadato
dcbebat; quod ni fecisset, pcrdere litera.
'si me amas' inquit, 'pauUum hie ades/ 'inteream, si
aut valeo stare aut novi civilia iura:
40 et i)ropero quo scis/ 'dubius sum, (luid faciam' inquit,
'tene relinquam an rem.' 'me, sodes.' 'non faciam' ille
et praecedere coepit. ego, ut contendere durum est
cum Victore, sequor. 'Maecenas quomodo tecum?'
hinc repetit: 'paucorum hominum et mentis bene sanae.
45 nemo dexterius fortuna est usus, haberes
magnum adiutorem, posset qui ferro seeundas.
I
184 Q. HORATII FLACCI
hunc hominem velles si tradere. dispeream, ni
BummoBses omnis/ 'non iBto vivitur illic
quo tu rere modo: domus hac nee purior ulla est,
50 nee magis liiB aliena maÜB; nil mi officit unquam
ditior hie aut est quia doctior; est locus uni
euique buub/ 'magnum narras, vix credibile.' "^atqui
Bie habet/ 'aeeendis quare cupiam ma^s illi
proximuB esse/ 'velis tantummodo: quae tua virtus,
55 expugnabis; et est qui vhici possit, eoque
difficilis adituB primos habet/ 'haud mihi deero:
muneribus servos corrumpam; non, hodie si
exciusus fuero, desistam; tempora quaeram;
oceurram in triviis; deducam. nil sine ma^o
60 vita labore dedit mortalibus/ haee dum agit, eeee
Fuscus Aristius oceurrit, mihi carus et illum
qui pul ehre nosset. eonsistimus. 'unde venis?' et
'quo tendis?' rogat et respondet. vollere coepi,
et prensare manu lentissima bracchia, nutans,
65 distorquens oeulos, ut me eriperct. male salsus
ridens dissimulure; nieum iecur urere bilis.
'certe nescio quid secreto volle loqui te
aiebas mecum/ 'memini bene, sed meliori
tempore dicam: hodie tricesima sabbata: vin tu
70 eurtis ludaeis oppedere?' 'nulla mihi' iuquam
'relligio est/ 'at mi: sum paullo infirmior, unus
multorum. ignosces: alias loquar/ huncine solem
tam nigrum surrexe mihi! fugit inprobus ac me
Bub eultro linquit. casu venit obvius illi
76 adversariuB et 'quo tu turpissime?' magna
inelamat voce, et 'licet antcstari?" ego vero
adpono auriculam. rapit in ius: clamor utrimque,
undiquo concursus. sie me servavit Apollo.
SATIRARÜM LIB. I. 10. 185
X.
Lucili, quam 818 mendosus, te8te Catone
defensore tuo pervincam, qui male factos
emendare parat versus, hoc lenius ille,
quo melior vir et est longe subtilior illo,
5 qui multum puer et loris et funibus udis
exhortatus, ut esset opem qui ferre poetis
antiquis posset contra fastidia nostra,
grammaticorum equitum doctissimus. ut redeam illuc.
Nempe inconposito dixi pede currere versus
Lucili. quis tarn Lucili fautor inepte est,
ut non hoc fateatur? at idem, quod sale multo
urbera defricuit, chartA laudatur eadem.
5 nee tarnen hoc tribuens dederim quoque cetera: nam sie
et Laberi mimos ut pulclira poemata mirer.
ergo non satis est risu diducere rictum
auditoris: et est quaedam tarnen hie quoque virtus:
est brevitate opus, ut currat sententia, neu se
10 iftpediat verbis lassas onerantibus auris;
et sermone opus est modo tristi, saepe iocoso,
defendente vicem modo rhetoris atque poetae,
interdum urbani, parcentis viribus atque
extenuantis eas consulto. ridiculum aeri
15 fortius et melius magnas plerumque secat res.
illi, scripta quibus comoedia prisca viris est,
hoc'stabant, hoc sunt imitandi: quos neque pulcher
Hermogenes umquam legit, neque simius iste
nil praeter Calvum et doctus cantare Catullum.
20 *at magnum fecit quod verbis Graeca Latinis
miscuit." o seri studionim, quine putetis
difficile et mirum, Rhodio quod Pitholeonti
contigit? 'at sermo lingua concinnus utraque
suavior, ut Chio nota si commixta Falerni est/
1— S incl. fehlen in einem Theil der Handschriften und werden von
den Schol. nicht erklärt.
186 Q. HORATII FLACCl
25 cum versus facias, te ipsuiii percoutor, an et cum
dura tibi ])era;LrciKla rei sit causa Petilli?
scilicet o])litOH patriaeque i)atri8que Latini,
cum Pcdius eausas exsudet Poplioola atquc
CorWnus, patriis intemiiscero petita
30 verba foris malis, Camisiiii more bilingniis?
at<iuc ego cum Graeeos facercm, natus mare citra,
versieulos, vetuit me tali voce Quirinus,
l)()st mcdiam noctem visus, cum somnia vera,
'in silvam non ligna feras insanius ac si
35 ma«?na8 Graecorum malis injdcre eatervas/
turgidus Alpinus iugulat dum Memnoua dumque
defingit Rheni luteum caput, hacc ego ludo,
quae necjue in aede sonent certantia iudicc Tarpa,
nee redeant iterum atque iterum speetanda theatris.
40 arguta meretrice potes Davociue Cbremeta
eludente senem comis garrire libellos
unus vivorum, Fundani; Polio reguui
facta canit pede ter percusso; forte cpos acer
ut nemo Varius ducit; molle atque facetum
45 Vergilio adnuerunt gaudentes nire camenae:
hoc erat, experto frustra Varronc Atacino
atque quibusdam aliis melius quod seribere possem,
inventore minor; neque ego illi detrahere ausim
haerenteui capiti cum multa laude conmam.
50 at dixi fluere hunc lutulentum, saepc ferentem
plura quidem tollenda relinquendis. age, quaeso,
tu nihil in magno doctus reprendis Homero?
nil comis tragici mutat Lucilius Atti,
non ridet versus Enni gravitate minores,
55 cum de se loquitur non ut maiore rei)rensi8?
quid vetat et nosmet Lucili scri])ta legentis
quaererc, num illius, num renmi dura negarit
versieulos natura magis factos et euntis
mollius, ac siquis pedibus quid claudere senis,
60 hoc tantum contentus, amet scripsisse ducentos
ante cibum versus, totidem cenatus, Etrusci
SATIRARUM LIIJ. I. 10. 187
quäle fuit C<issi rai)ido fcrventius amni
iiigenium, cajisis ([ucni fama est esse librisque
ambiistum propriis. fuerit Lucilius, iiKiuam,
65 comis et urbanus, fuerit limatior idem
quam rudis et Graecis intacti canniuis auctor
quanique ])oetarum senionun turba: scd ille,
si foret hoc nostrum fato dilatus in aevum,
dctereret sibi nmlta, reciderct omne quod ultra
70 perfcctum tralieretur, et iu vcrsu faeicndo
naepe cai)ut scabcret, vivos et roderet unguis,
sacpe stilum vertas, iteruni quao diirna legi sint
8crii)turus, neque te ut niirctur turba labores,
contentus ])aueis leetoribus. an tua demcns
75 vilibus in ludis dictari carmina malis?
non cgo: nam satis est etiuiteni niilii i)laudere, ut audax
contem])tis aliis explosa Arbuseula dixit.
men moveat ciniex Pantilius, aut eruciet quod
vellicet absentem Denietrius, aut quod incptus
80 Fannius Hermogenis laedat conviva Tigclli?
Plotius, et Varius, Maecenas, Vergiliusque,
Valgius, et probet liaec Octavius oi)timu8 atque
Fuscus, et haec utinam Viseoruni laudet uterque;
ambitione relegata te dicere ])ossum,
^5 Polio, te, Messalla, tuo cum fratre, simulque
vos, Bibule et Servi, simul bis te, candide Furni,
coni)luris alios, doctos ego quos et amicos
l)nidens praetereo: (piibus haec, sunt qualiacumcjue,
arridere velim, doliturus, si placeant si)e
90 deterius nostra. Demetri, teque, Tigelli,
discipularum inter iubeo plorare cathedras.
i puer at(iue meo citus haec subscribe libello.
Q. HOBATII FLACCI
SATIRARÜM
LIBER SECÜNDÜS.
L
Sunt quibus in satira videor nimis aoer et ultra
legem tendere opus; sine nervis altera quidquid
conposui pars esse putat similisque meorum
mille die versus deduci posse. Trebati,
5 quid faciam praescribe. ^quieseas/ ne faciam, inquis^
omnino versus? 'aio/ peream male, si non
Optimum erat: verum nequeo dormire. *ter uneti
transnanto Tiberim, somno quibus est opus alto,
inriguumque mero sub noetem corpus babento.
10 aut si tantus amor scribendi te rapit, aude
Caesaris invicti res dicere, multa laborum
praemia latunis/ eupidum, pater optime, vires
deficiunt: neque enim quivis horrcntia pilis
agmina nee fracta pereuntis cuspide Gallos,
15 aut labentis equo describit volnera Parthi.
'attamen et iustum poteras et scriberc fortem,
Scipiadam ut sapiens Lueilius/ haud mihi deero,
cum res ipsa feret: nisi dextro tempore, Flacci
verba per attentam non ibunt Caesaris aurem,
20 cui male si palpere, rccalcitrat undique tutus.
'quanto rectius hoc quam tristi laedere versu
Pantolabum scurram Nomentanumque nepotem,
cuqi sibi quisque timet, quamquam est intactus, et odit.*
quid faciam? saltat Milonius, ut semel icto
SATIRARÜM LIB. II. 1. 189
25 accessit ferror eapiti uumerusque lucernis;
Castor gaudet cquis, ovo progiiatus eodem
l)ugnis: quot cai)itum vivunt, totidem studiorum
milia. me pedibus delectat claudere verba
Liicili ritu, nostrum melioris utroque.
30 illc velut fidis arcana sodalibus olim
eredebat libris, nequc si male cesserat usquam
deeurrens alio, neque si bene: ([uo fit iit omnis
votiva pateat vcliiti descripta tabella
vita scnis. sequor bunc, Lucanus an Appulus anceps:
35 nam Vcnusinus arat fineni sub utrumquc colonus,
missus ad boc, pulsis, vctus est ut fama, Sabellis,
quo nc per vacuum Romano ineurreret bostis^
sivc quod Appula gens seu (luod Lueania bellum
incutcret violenta. sed bic stilus band petet ultro
40 quemquam animantem et mc veluti custodiet ensis
vagina tectus: quem cur destringcre coner
tutus ab infestis latronibus? o i)ater et rex
Iup])iter, ut ])crcat positum rubigine tclum,
ncc quisquam noccat cupido mibi pacis! at ille,
45 qui mc commorit (melius non tangere, clamo),
flebit et insignis tota cantabitur urbe.
Cervius iratus leges minitatur et urnam,
Canidia Albuti quibus est inimica venenum,
grande malum Turins, siquid sc iudice ccrtes.
50 ut quo quisque valet suspectos terreat, utque
imiieret boc natura potens, sie collige mecum.
deute lui)us, cornu taurus petit, unde nisi intus
monstratum? Scaevac vivacem crede nepoti
matrem; nil faciet sceleris pia dextra; nimirum
55 ut neque calce lupus quemquam neque dente petit bos:
sed mala tollet anum vitiato melle cicuta.
ne longum faciam: seu me tranquilla senectus
exspectat, seu mors atris circumvolat alis,
dives, inops, Romae seu fors ita iusserit exsul,
53 nimirum M. minim.
190 Q. HuRATIl FLACCl
60 quisquis erit vitae seribam eolor. *o jKier \\t gis
vitalis metiio et maiorum iiequis amious
frigrore te feriat/ quid? cum est Lucilius ausus
priinus in huuc opcris couponere carniina morem.
dctrahere et iielleui, nitidus qua ([uisque per ora
65 cederet, introrsum turpis, num Laelius et qui
duxit ah opprossa nierituni Cartba^ne nomeii,
ingenio oflFensi aut laeso doluere Metello
faniosiscpic Lupo eooi)erto versibus? atqui
primores poi)uli arrii)uit populumque tributim,
70 scilicet uni ac([uus virtuti at(iuc eins amicis.
quin ubi sc a voI'to et scaena in seeveta remorant
virtus Scii)iadao et niitis sai)ientia Laeli,
nugari cum illo et discinoti ludere, donee
decoqueretur olus, soliti. (juidquid sum ego, (^uamvis
75 infra Lueili eensum ingeniumque, tamen me
cum magnis vixisse invita fatebitur uscpio
invidia, et fragili quaerens inlidere deutem,
oflfendet solido, nisi quid tu, doetc Trebati,
dissentis. ^eciuidem nihil hine diffingero possura.
80 sed tamen ut monitus caveas, ne forte negoti
ineutiat tibi (juid sanctarum inscitia legum.
gi mahl condiderit in quem ([uis cannina, ins est
iudiciumque/ esto, si(iuis mahi: sed bona siquis
iudiec condiderit haudatus Caesare? sicpiis
85 opprobriis dignum hxtraverit, integer ijise?
^solventur risu tabulae, tu missus abibis.*
IL
Quae virtus et quanta, boni, sit vivere parvo
(nee mens hie sermo est, sed quae praecepit Ofellus
rustieus, abnormis sa])iens crassaquc [Minei-va)
discite, non inter hincis mensasquc nitentis,
cum stupet insanis acies fulgoribus et cum
adclinis falsis animus meliora recusat,
verum hie inpransi mecum disquiritc. *^cur hoc?'
SATIRARUM LID. II. 2. 191
(licam, si potero. male verum examinat omnis
corruptus iudex, leporem sectatus equove
10 lassus ab indomito vel cum Komana fatigat
militia adsuctum graecari seu pila vclox,
mollitcr austerum studio fallentc laborem,
seu tc discus a^t fpete cedentem aera disco),
cum labor extuderit fastidia, siccus, inani»
15 sperne eibum vilcm, nisi Hymettia mella Falcrno
ue bibcris diluta. foris est promus, et atrum
defendens piscis liicmat mare: cum sale panis
latrantem stomaehum bene lenict. unde putas aut
([ui partum? uou iu caro nidore voluptas
20 summa, sed iu te ipso est. tu pulmentaria quacre
sudaudo: piuguem ^itiis albumque neque ostrea
nee scarus aut jioterit peregriua iuvare lagois.
vix tameu eripiaui, jiosito pavone velis quin
hoc potius quam gallina tergere palatum,
25 con'uptus vauis rerum; ([uia veneat auro
rara avis et picta ])audat spcctacula cauda:
tanuiuam ad rem attiueat quicquam. num vesceris ista
quam laudas plimia? cocto num adest honor idem?
carne tameu, (piamvis distat niliil, hac ma^ris, illa
21»* cur deleetaris multo minus? an temere? atqui
30 inparibus formis deceptum te patet: esto.
unde datum sentis, lupus hie Tiberinus an alto
captus biet, pontisnc inter iactatus an amnis
Ostia sub Tusci? laudas, insane, trilibrem
nuülum, in sinp:ula quem minuas pulmenta necesse est.
:^5 dueit te si)ecies, video. quo pertinet ergo
proceros odisse lupos? quia scilicet illis
maiorem natura modum dedit, bis breve pondus.
ieiunus raro stomachus volgaria temnit.
^pon-ectum magno magnum spectare catino
40 vellem' ait Harpyiis gula digna rapacibus. at vos
— — ^
10 si. cum. 20' Dass hier ein Vers fehle sah M. Er versuchte
delector; pulchri quid habet lunonius ales. Ich habe es etwas anders
versucht.
192 Q. HORATII FLACCl
praesentes, austri^ coquitc Iiorum obsonia quamquam
putet aper rhombusque recens, mala copia quando
aegrum soUicitat stomachum, cum rapula plenus
atque acidas mavolt inulas. necdum omnis abacta
45 pauperies epulis regum: nam vilibus ovis
nigrisque est oleis hodic locus, liaud ita pridem
Gralloni praeconis erat acipeusere mensa
infamis. quid? tum rhombos minus aequora alebant?
tutus erat rhombus, tutoquc ciconia nido,
50 donec vos auctor docuit })raetorius. ergo
ßiquis nunc mergos suavis edixerit assos,
parebit pravi docilis Romana iuventus.
Bordidus a tenui victu distabit, Ofello
iudice. nam frustra vitium vitaveris illud,
55 si te alio pravum detorseris. Avidienus,
cui canis ex vero ductum cognomen adhaeret,
quinqucnnis oleas est et silvestria corna,
ac nisi mutatum parcit defunderc vinum, et
cuius odorem olci nequeas pcrferre, licebit
60 ille repotia natalis aliosve dierum
fcstos albatus celebrct, cornu ipse bilibri
caulibus instillat, veteris non parcus aceti.
quali igitur victu sapiens utctur, et horum
utrum imitabitur? hac urguet lupus, bac canis, aiunt.
65 mundus erit, qua non oflfendat sordibus, atque
in neutram partem cultus miser. bic neque servis,
Albuti senis cxemplo, dum munia didit
saevus erit; nee sie ut simplex Naevius unctam
convivis praebebit aquam: vitium boc quoque magnum.
70 accipe nunc, victus tenuis quae quantaque secum
adferat. in primis valeas bene, nam variae res
ut noceant bomini, credas, mcmor illius escae,
quae simplex olim tibi sederit: at simul assis
miscueris elixa, simul conchylia turdis,
75 dulcia se in bilem vertent, stomacboque tumultum
lenta feret pituita. vides ut pallidus omnis
cena desurgat dubia? quin corpus onustum
SATIRARÜM LIB. II. 2. 193
licsternis vitiis animum quoque praegravat una
atque adfigit hiimo diviiiac particulam aurae.
80 alter, ubi dicto citius curata sopori
mcmbra dedit, vegetus pracHcripta ad muiiia surgit.
hie tarnen ad melius poterit transcurrere quondam;
sive dieiu festura reliens advexerit auiius,
seu recreare volet teniiatum (•ori)us, ubique
85 accedent anni, et tractari mollius aetas
inbeeilla volet: tibi quidnam accedet ad istam,
quam puer et validus praesumis, mollitiem, seu
dura valetudo inciderit, seu tarda senectus?
rancidum aprum aiitiqui laudabaut^ iiou quia nasug
90 illis uullus erat, sed, eredo, hac mente, quod liospes
tardius adveniens vitiatum commodius (luam
integrum edax dominus consumeret. hos utinam inter
heroas natum teilus me prima tulisset.
das aliquid famae, quae carmine gratior aurem
95 oocupet humanam? grandes rliombi patinaeque
grande ferunt una cum damno dedeeus: adde
iratum patruum, viciuos, te tibi iniquum
et frustra mortis cupidum, cum deerit egenti
as, laquei pretium. 'iure^ inquit ^Trausius istis
100 iurgatur verbis: ego veetigalia magna
divitiasque habeo tribus amplas regibus/ ergo
quod superat non est melius quo insumere possis?
cur eget indignus quisquam, te divite? quare
templa ruunt antiqua deum? cur, inprobe, earae
105 non aliquid patriae tanto emetiris acervo?
uni nimirum recte tibi semper erunt res,
0 magnus posthae inimicis risus. uteme
ad casus dubios fidet sibi certius? hie qui
pluribus adsuerit mentem corpusque superbum,
110 an qui contentus parvo mentuensque futuri
in pace, ut sapiens, aptarit idouea hello?
quo magis bis credas, puer hunc ego parvus Ofellum
integris opibus novi non latius usum
quam nunc accisis. videas metato in agello
Lkhrs. Horalins. 13
194 Q. HORATII FLACCI
116 cum pecore et gnatis fortem mercede colonum^
*non ego' narrantem *temere edi luce profesta
quicquam praeter olus fumosae cum pede pemae.
ac mihi seu longum post tempus venerat hospes,
sive operum vacuo gratus conviva per imbrem
120 vicinug, bene erat non piseibus urbe petitis,
Bed pullo atque haedo. tum pensilis uva secundas
et nux omabat mensas cum duplice ficu.
post hoc ludug erat culpa potare magistra;
ac venerata Ceres, ita culmo Bürgeret alto,
125 explicuit vino contractae seria frontis.
gaeviat atque novos moveat Fortuna tumultus;
quantum hinc inminuet? quanto aut ego pareius aut vos,
0 pueri, nituistig, ut huc novug incola venit?
nam propriac tellurig erum natura neque illum
130 nee me nee ([uemquam gtatuit: nog expulit ille;
illum aut nequitieg aut vafri inscitia iuris,
postremum expellet certe vivacior hereg.
nunc ager ümbreni gub nomine, nuper Ofelli
dictug, erit nulli propriug, ged cedit in ugum
135 nunc mihi, nunc alii. quocirca vivite forteg,
fortiaque adversig opponite pectora rebug/
III.
*Si raro gcribes, ut toto non quater anno
membranam poscas, scriptorum quaeque retexens,
iratug tibi quod vini gomnique benignus
nil dignum sermone canas, quid fiet? at ipsis
5 Satumalibus huc fugisti sobrius. ergo
die aliquid dignum proraissis. incipe. nil est.
culpantur frustra calami, inmeritusque laborat
iratis natus paries dis atque poetis.
atqui voltus erat multa et praeclara minantis,
10 si vacuum tepido cepisset villula tecto.
quorsum pertinuit gtipare Platona Menandro?
Eupolin, Archilochum, comiteg educere tantog?
SATIRARUM LIB. U. 3. 195
invidiam placare paras virtute relicta?
contemnere, miser. vitanda est inproba Siren
15 desidia, aut quidquid vita meliore parasti
ponendum aequo animo.' di te, Damasippe, deaeque
verum ob conBÜium donent tonsore. sed unde
tarn bene me nosti? 'postquam omnis res mea lanum
ad medium fraeta est, aliena negotia curo,
20 excussus propriis. olim nam quaerere amabam,
quo vafer ille pedes lavisset Sisyphus aere,
quid seulptum infabre, ([uid fusum durius esset;
callidus huic sigiio ])oneb<am milia ceutum;
hortos egregiasquc domos mercarier unus
25 cum lucro noram; unde frequentia Mercuriale
inposuere mihi coguomen compita/ novi,
et miror morbi purgatum te illius. ^atqui
emovit veterem mire novus, ut solet, in cor
traiecto lateris miseri capitisve dolore;
30 ut lethargicus hie, cum fit pugil et medicum urguet/
dum ne ([uid simile huic, esto ut übet. *o bone, ne te
frustrere: insanis et tu stultique prope omnes,
siquid Stertinius veri crepat, unde ego mira
descripsi docilis praecepta haee, tempore quo me
35 solatus iussit sapientem pascere barbam
atquo a Fal)ricio non tristem ponte reverti.
nam, male re gesta, cum vcUem mittere operto
me oai)ite in flumen, dexter stetit et "cave faxis
te (iuic(j[uam indiguum: pudor" inciuit "te malus angit,
40 insauos qui iuter vereare inssinus haberi.
primum nam inquiram quid sit furere: hoc si erit in te
solo, nil verbi, pereas quin fortiter, addam.
quem mala stnltitia et quemeumque inscitia veri
caecum agit, insanum Chrysippi porticus et grex
45 autumat. haec populos, haec magnos formula reges>
excepto sapiente, tenet. nunc accipe, quare
desipiant omnes aeque ac tu, qui tibi nomen
insano posuere. velut silvis, ubi passim
palantis error certo de tramite pellit,
13*
19t) a HORATII FLACCI
öo ille Binistroreum, hie dextrorsum abit. unus utrique
error, sed variis illudit partibus; hoc te
crede modo insaniini; nihilo ut sapientior ille,
qui te deridet, caudam trahat. est geiius unum
Btultitiae nihilum nietuenda timentis, ut igiiis.
55 ut rupis flunosque in canipo obstare queratur:
alterum et liuic varum et nihilo sapientius ignis
per medios fluviosque ruentis. elaniet honesta
mater, amica soror, cum cognatis pater, uxor
*hic fossa est ingens^ hie rui>e8 maxima: sei-va!*
60 non magis audierit quam Fufius ebrius olim,
cum Ilionam cdonnit, Gatienis mille ducentis
*^mater, te adpello' clamantibus. liuic ego volgus
errori similem cunctum insanire docebo.
insanit veteres statuas Damasippus eniendo:
65 integer est mentis Dama^ij)})! creditor? esto:
accipe quod numquam reddas mihi, si tibi dicÄiii;
tune insanus eris si acceperis? an magis exeors
reiecta praeda, quam praesens Morcurius fert?
seribe deceni a Nerio: non est satij^: adde Cicutae
70 nodosi tabulas centum, mille adde eatenas:
eflfugiet tamen haec sceleratus vincula Proteus,
cum rapies in ins malis ridentcm alienis,
fiet aper, modo avis, modo saxuni et, cum volet, arbor.
si male rem gerere insani est, contra bene sani,
75 putidius multo cerebrum est, mihi crede, Perilli
dictantis quod tu numquam rescribere jx^ssis.
aiidire atqne togam iubeo conponere, quisquis
ambitione nuila aut argenti pallet amore,
quisquis luxuria tristive superstitione
80 aut alio mentis morbo calet: huc propius me,
dum doceo insanire omnis, vos ordine adite.
danda est ellebori multo pars maxima avaris:
nescio an Anticyram ratio illis destinet omnem.
57 honesta mater, amica soror. Ueberlieferung amica mater, ho-
nesta soror. 65 esto. Etwa heus tu?
SATIRARUM LIB. II. 3. 197
heredes Staberi summam ineidere sepulcro,
hb ni sie fecissent, gladiatoruni dare centum
damnati populo paria atque epulum arbitrio Arri,
frumenti quantiim metit Africa. 'sive ego prave,
seu recte hoc volui, ne sis patruus mihi:' credo
hoc Staberi prudentem animum vidisse. 'quid ergo
90 sensit, cum summam patrimoni insculpere saxo
heredes voluit?' quoad vixit, credidit ingens
pauperiem Vitium et cavit nihil acrius, ut, si
forte minus locuples uno quadrante perisset,
ipse videretur sibi nequior. omnis enim res,
% virtus, fama, decus, divina humanaque pulchris
divitiis parent; quas qui construxerit, ille
clarus erit, fortis, iustus. 'sapiensne?' etiam, et rex
et quidquid volet. hoc, veluti virtute paratum,
speravit magnae laudi fore. quid simile isti
100 Graecus Aristippus? qui servos proiccre aurum
in media iussit Libya, quia tardius irent
propter onus segnes. uter est insanior horimi?
nil agit exemplum, litem quod lite resolvit.
sicjuis emat citharas, emptas coni)ortet in unum,
105 nee studio citharae nee musae deditus ulli,
si scalpra et formas non sutor, nautica vela
aversus mercaturis, delinis et amens
undique dicatur merito. qui discrepat istis
qui nummos aunimque recondit, nescius uti
110 conpositis metuensque velut contingere sacrum?
siquis ad ingentem frumenti semper acervum
porrectus vigilet cum longo fuste, neque illinc
audeat esuriens dominus contingere granum^
ac potius foliis pareus vescatur amaris;
115 si positis intus (.'hü veterisque Falerni
mille dadis, nihil est, tercentum milibus, acre
potet acetum ; age, si et stramentis incubet udi»
octoginta annos natus, cui stragula vestis,
117 udis Horkel. undc-octogiuta.
198 Q- HORATII FLACCI
blattarum ae tiuearum epulae^ putreseat in arca:
120 nimirum insanus paueis videatur, eo quod
maxima pars hominum morbo iactatur eodem.
filius aut etiam haec libertus ut ebibat heres,
dis inimice senex, custodis? ne tibi desit?
quantulum euim summae curta])it quisque dierum,
125 unguere si eaulis oleo meliore caputque
coeperis inpexa foedum porrigine? quare,
gi quidvig gatis est, periurag, gurripis, aufers
undique? tun saiius? populum si caedere saxis
incipiag servosque tuo quos aere pararis,
130 inganum te omneg pueri clamentque puellae:
cum laqueo uxorem interimig matremque veneno,
ineolumi capite eg? quid enim? neque tu hoc facis Aigifl,
nee ferro ut demeng genetricem oecidig Oregtes.
an tu rerig eum oeciga inganigge parente,
135 ac non ante malig dementem actum Furiig quam
in matrig iugulo ferrum tepefecit acutum?
quin, ex quo est habitug male tutae mentig Orestes,
nil gane fecit, quod tu reprendere poggig:
non Pyladen ferro violare augugve gororem egt
140 Electram, tantum maledicit utrique vocando
haue Furiam, hune aliud, iugsit quod gplendida bilis.
pauper Opimiug argenti pogiti intug et auri
qui Veientanum fegtig potare diebug
Gampana golitug truUa vappamque profestig,
145 quondam lethargo grandi egt opprcssus, ut heres
iam circum loculos et clavis laetus ovausque
curreret. hunc medicus multum celer atque fidelis
excitat hoc pacto: mensam poni iubet atque
eflfundi saccos nummorum, accedere pluris
150 ad numerandum: liominem sie erigit. addit et illud,
'iii tua custodis, avidus iam haec auferet heres/
'men vivo?' 'ut vivas igitur, vigila. hoc age/ 'quid vis?*
'deficient inopem venae te, ni cibus atque
ingens accedit stomacho fultura menti.
155 tu ceggas? agedum, gume hoc ptisanarium oryzae/
SATIRAKUM LIB. II. 3. 199
'quanti emptae?' 'parvo.' *quanti ergo?' 'octussibus/ eheu,
quid refert, morbo an furtiö pereamve rapiiiis?' —
'quisnam igitur sanus?* qui non stultus. 'quid avaruB?'
stultus et insanus. 'quid, siquis non sit avarus,
160 eontinuo sanus?* minime. *eur, stoice?' dicam.
non est cardiacus (Craterum dixisse putato)
hie aeger: recte est igitur surgetque? negabit.
quod latus aut renes morbo temptantur acute,
non est ])eriurus neque sordidus. inmolet aequis
165 hie porcuni laribus. verum ambitiosus et audax.
naviget Anticyram. quid enim differt, barathrone
dones quidquid habes an numquam ut<are paratis?
Servius Oppidius Canusi duo praedia, dives
antiquo censu, natis divisse duobus
170 fertur et hoc morieus pueris dixisse vocatis
ad leetum 'postquam te talos, Aule, nucesque
ferre siuu laxo, donare et ludere Wdi,
te, Tiberi, numerare, eaWs abscondere tristem,
extimui, ne vos ageret vesania discors,
175 tu Nomentanum, tu ne sequerere Cicutam.
quare per divos oratus uterque penatis,
tu cave ne minuas, tu ne maius faeias id
quod satis esse i)utat i)ater et natura coercet,
praeterca ne vos titillet gloria, iure
ISO iurando obsti-iugam ambo: uter aedilis fueritve
vestrum praetor, is intestabilis et sacer esto.
in oicere atque faba bona tu perdasque lupinis,
latus ut in circo spatiere et aeneus ut stes,
nudus agris, nudus nummis, insane, patemis?
1S5 scilicet ut plausus quos fci-t Agrippa feras tu,
astuta ingenuum volpes imitata leoneni/ —
ne quis huniasse velit Aiacem, Atrida, vetas cur?
'rcx sum/ nil ultra quaero plebeius. 'et aequam
rem imi)erito, ac si cui \ideor non iustus, inulto
190 dicere quod sentit i)ermitto/ maxime regum.
163 Haupt. Er ist aus Epist. I, 6, 2S.
JOO Q. HORATH FLACCI
di tibi dent capta classem deducere Troia.
ergo consulere et mox respondere licebit?
'consule/ ciir Aiax heros ab Achille seeundus
putescit, totienft servatis elanis Aehi^is?
195 gaudeat ut populus Priami Priarausqne inhumato,
per quem tot iuvenes patrio caruere sepulcro?
*mille oviiim insaimn morti dedit, inchitiim Ulixen
et Menelauni una mecum se oe<;idere clanians/
tu cum pro vitula statuis dule^m Aulide natam
200 ante ai-as spargiscpie mola caput, iui>robe, salsa,
rectum animi servas? quorsumV insanus quid enim Aiax
fecit, cum stravit ferro i>eeu8? abstinuit Aim
uxore et gnato: mala multa procatus Atridis
non ille auf Teucrum aut ijmum violarit Ulixen.
206 S'erum ego ut haerentis adverso litore navis
erii)erem jirudens placavi sanguinc divog.'
nempe tuo, furiose. *meo, sed non furiosus/ —
*qui spccies alias veri cerebriqiic tumultu
permixtas eapiet, conmotus liabebitur, atciue
210 stultitiane erret nihilum distabit an ira.
Aiax cum inmcritos occidit desipit agnos:
cum prudens sc^lus ob titulos admittis inanis,
stas animo, et purum est vitio tibi, cum tumidum est corr
siquis lectica nitidam gestare amet agnam,
215 huic vcstem, ut gnatae, paret ancillas, i)aret aurum^
Rufam aut Posillam ad pellet fortique marito
destinet uxorem, interdicto huic omne adimat ius
praetor, et ad sanos abeat tutela propinquos.
quid? siquis gnatam pro muta devovet agna,
220 integer est animi? ne dixeris. ergo ubi prava
stultitia, hie summa est insania: qui sceleratus,
et furiosus erit: quem cepit vitrea fama,
hunc circumtonuit gaudens Bellona cruentis. —
nunc age luxuriam et Nomentanum arripe mecum:
225 vincet enim stultos ratio insanire nepotes.
20S cerebrique Horkel. scelerisque.
SATIRARUM LIB. II. :\. 201
liic simul accepit patrimoni mille talenta,
eclicit, piscator uti, i^omarius, auceps,
uiiguentarius ac Tusci turba inpia vici,
cum scurris fartor, cum Velabro omne macellum
230 maiie domum veniant. qui cum venere frequentes,
verba facit leuo: ^quidquid mihi, quidquid et horum
cui(j[ue domi est, id crede tuum et vel nunc pete vel cras/
accipe quid contra iuvenis responderit aequus.
Mn nive Lucana dormis ocreatus, ut aprum
235 cenem ego. tu piscis hiberno ex aequore verris.
segnis ego, indigims qui tantum possideam. aufer.
sume tibi deciens. tibi tantundem. tibi triplex,
unde uxor media currit de nocte vocata/
filius Ae8oi)i detractam ex aure Metellae,
240 scilicet ut deciens solidum absorberet, ac^ito
diluit insignem bacam: qui sanier ac si
illud idem in rapidum flumen iaceretve cloacam?
Quiuti progenies Arn, par nobile fratrum,
nequitia et nugis, i)ravorum et amore gemellum,
245 luscinias soliti inpenso prandere coemptas,
quorsum abeant? sanin creta, an carbone notati?
aedificare casas, plostello adiungere muris,
ludere par inpar, equitare in arundine longa
siquem delectet barbatum, amentia verset.
250 si puerilius bis ratio esse evincet amare,
nee quiccpiam differre, utrumne in pulvere, trimus
quäle i)rius, ludas opus, an meretricis amore
soUicitus plores, quaero, faciasne quod olim
mutatus Polemo? ponas insignia morbi,
255 fasciolas, cubital, focalia, potus ut ille
dicitur ex collo furtim carpsisse Coronas,
postquam est inpransi correptus voce magistri?
porrigis irato puero cum poma, recusat.
'sume, catelle/ negat. si non des, optet amator
260 exclusus qui distat, agit ubi secum, e^it an non,
quo rediturus erat non arcessitus, et baeret
invisis foribus? Sie nunc, cum me vocat nitro,
202 Q. HORATU FLACCI
accedam? an potius mediter finire dolores?
exclusit; revocat. redeam? non, si obgecret/. ecce
265 genrus non paullo sapicntior: 'o ere, qoae res
nee modum habet neque consiliam, ratione modoqae
traetari non volt. in amore haec sunt mala, bellum,
pax rursum: haec siquis tempestatis prope ritu
mobilia et caeca fluitantia sorte laboret
270 reddere certa sibi, nihilo plus explieet ac si
insanire paret certa ratione modoque/
quid? cum Piccnis excerpens semina pomis
gaudes, si cameram percusti forte, i>enes te es?
quid? cum balba feris annoso verba palato,
275 aedificante casas qui sanior? adde cruorem
stultitiae, atque ignem gladio scrutare modo, in quem
Hellade percussa Marius cum praeci])itat se,
cerritus fuit? an conmotae crimine mentis
absolves hominem et sceleris damnabis eundem,
280 ex more ini)(>nens non nata vocabula rebus?
libertinus erat, qui circum compita siccus
lautis mane senex manibus currebat et ^unum
(quid tarn magnum?* addens) 'unum me surpite morti;
dis etenim facile est' orabat; sanus utrisque
285 auribus atque oculis: meutern, nisi litigiosus,
exciperet dominus, cum venderet. hoc quoque Tolgus
Chrj'sippus ponit fecunda in gente Meneni.
'luppiter, ingentis qui das adimisque dolores,'
mater ait pueri mensis iam quinque cubantis,
290 'frigida si puerum quartana reliquerit, illo
mane die, quo tu indicis ieiunia, nudus
in Tiberi stabit/ casus medicusve levarit
aegrum ex praecipiti: mater delira necabit
in gelida fixum ripa, febrimque reducet.
295 quone malo mentem coucussa? timore deorum."
haec mihi Stertinius, sapieutum octavus, amico
arma dedit, i)osthac ne coni>ellarer inultus.
276 in quem Franke inqnam. 2S0 non nata Horkel. cognata.
SATIBARUM LIB. II. 3. 4. 203
dixerit insanum qui me, totidem audiet atque
respicere ignoto discet pendentia tergo/
300 stoice, post damnum sie vendas omnia pluris,
quam me stultitiain, quoniam non est genus unum,
insanire putas? ego nam videor mihi sanus.
'quid? Caput abscissum manibus cum portat Agaue
gnati infelicis, sibi tum furiosa videtur?*
305 stultum me fateor (liceat concedere veris)
atc^ue etiam insamim: tantum hoc edissere, quo me
aegrotare jmtes animi vitio. 'accipe. primum
aedifieas, hoc est longos imitaris, ab imo
ad summum totus moduli bipedalis: et idem
310 corpore maiorem rides Turbonis iu armis
spiritum et incessum: qui ridieulus minus illo?
an quodcumque facit Maecenas, te quoque venim est,
tantum dissimilem, et tanto certare minorem?
absentis ranae pullis vituli pede pressis,
315 unus ubi cflFugit, matri denarrat, ut ingens
belua cognatos eliserit. illa rogare
quantane, num tantum, suffiaus se, magna fuisset.
'maior dimidio.' 'num tantum?" cum magis atque
se magis inflaret, 'non, si te ruperis" inquit,
320 'par eris/ haec a te non multum abludit imago.
adde poemata nunc, hoc est, oleum adde Camino;
quae siquis sanus fecit, sanus facis et tu.
non dico horrendam rabiem/ iam desine. 'cultum
maiorem ccnsu/ teneas, Damasippe, tuis te.
325 'mille puellarum, puerorum mille furores.'
0 maior tandem parcas insane minori.
IV.
Undo et quo Catius? 'non est mihi tempus aventi
ponere signa novis praeceptis, qualia vincent
Pj'thagoran Anytique reum doctumque Platona.'
peccatum fateor, cum te sie tempore laevo
interpellarim. sed des veniam bonus oro.
204 Q. HORATII FLACCl
quodei interciderit tibi nunc aliquid, repetes mox^
sive est naturae hoc sive artis, mirus utroquc.
'quin id erat curae, quo pacto euncta tenerem,
utpote res tenuis, tenui sermone peractas.*
10 ede hominis nomen, simul et, Bomanus an hogpes.
'ipsa memor praecepta cananu cela])itur auctor.
longa quibus facies ovis crit, iUa memento,
ut suei melioris et ut magis alba rotundis,
ponere: namque marem cohibent callosa vitellum*
15 caule suburbano qui 8ic<?is crevit in agris
dulcior: inriguo nihil est elutius horto.
si vespertinus subito te opi)re88erit hospes,
ne gallina malum responset dum palnto,
doctus eris vivam musto mersare Falerno:
20 hoc teneram faciet. pratensibus optima fungis
natura est, aliis male creditur. ille salubris
aestates peraget, qui nigris praudia moris
finiet, ante gravem quae legerit arbore solem.
Aufidius forti miscebat mella Falenio:
25 mendose; quoniam vacuis conmittere venis
nil nisi lene decet: leni praecordia mulso
prolucris melius, si dura morabitur alvus,
mitulus et viles pellent obstantia eonchae
et lapathi brevis herba, sed albo non sine Coo.
30 lubrica nascentes inplent conchylia lunae:
sed non omne mare est generosae fertile testae:
murice Baiano melior Lucrina peloris,
ostrea Circciis, Miseno oriuntur echini,
pectinibus i)atulis iactat se molle Tarentum.
35 nee sibi ceuarum ((uivis temere arroget artem,
non prius exacta tenui ratione saporum.
nee satis est cara piscis averrere meusa
ignarum quibus est ins aptius et quibus assis
languidus in cubituni iam se conviva reponet.
40 Umbcr et iligna nutritus glande rotundas
19 musto B. Es soll auch haben ed. Witeberg. 1598. misto»
SATIRARÜM LIB. II. 4. 205
curvat aper lancis caniein ^itantis inertem:
nam Laurens malus est, uhas et arundine pinguis.
vinea submittit eapreas non semper edulis.
feeundae leporis sapiens seetabitur armos.
45 piscibus atque avibus quae natura et foret aetas,
ante meum nuUi patuit quaesita palatum.
sunt quorum ingenium nova tantum crustula promit.
nequaquam satis in re una consumere curam;
ut siquis solum hoc, mala ne sint vina, laboret,
50 quali perfundat piscis securus olivo.
Massiea si caelo suppones vina sereno,
nocturna siquid crassi est tenuabitur aura,
et decedet odor nervis inimicus: at illa
integrum perdunt Uno \itiata saporem.
55 Surrentina vafer qui raiscet faece Falerna
vina, columbino limum bene coUigit ovo,
quatenus ima petit volvens aliena vitellus.
tostis marcentem squillis recreabis et Afra
potorem Cochlea: nam lactuca innatat acri
60 post vinum stonuicho; i)enia magis ac magis hillis
fiagitat inmorsus refici, quin omnia malit
quaecumque inmundis fervent adlata popinis.
est operae i)retium duplicis pernoscere iuris
naturam. simplex e dulci constat olivo,
65 quod pingui miscere mero muriaque decebit
non alia quam qua Byzantia putuit orca.
hoc ubi confusum sectis inferbuit herbis
Corycioque croco sparsum stetit, insuper addes
pressa Venafranae quod baca remisit olivae.
70 Picenis cedunt ponris Tiburtia suco:
nam facie i)raestant. venncula convenit ollis:
rectius Albauam fumo duraveris uvam.
hanc ego cum malis, ego faecem primus et allec,
primus et invenior piper album cum sale nigro
75 incretum puris circumposuisse catillis.
inmane est Vitium* dare milia terna macello
angustoque vagos piscis urguere catino.
206 Q. HORATII FLACCI
magna movet stomaclio fastidia, seu puer unctis
tractavit calicem manibus, dum frusta ligurrit,
80 sive gravis veteri creterrae limus adhaesit
yilibus in scopis, in mappig, in scobe quantus
consistit sumptus? neglectis, flagitium ingens.
ten lapides varios lutulenta rädere palma,
et Tyrias dare circum inlota toralia vestis,
85 oblitum quanto curam sumptumque minorem
haec habeant, tanto reprendi iustius illis
quae nisi divitibus nequeant contingere mensis?*
docte Cati, per amicitiam divosque rogatus
ducere me auditiim perges quocumque memento.
90 nam quamvis memori referas mihi pectore cuncta,
non tarnen interpres tantundem iuveris. adde
voltum häbitumque hominis, quem tu vidisse beatus
non magni pendis, quia contigit: at mihi cura
non mediocris inest, fontes ut adire remotos
95 atque haurire queam vitae praecepta beatae.
V.
Hoc quoque, Tiresia, praeter narrata i)etenti
responde, quibus amissas reparare queam res
artibus atque modis. (juid rides? ^iamne doloso
'non satis est Ithac<am revehi patriosque penatis
5 aspicere?^ o nulli quicquam mentite, vieles ut
nudus inopsque domum redeam, te vate; neque illic
aut apotheca procis intacta est aut pecus. atqui
et genus et virtus, nisi cura re, vilior alga est.
'quando pauperieni missis ambagibus horres,
10 accipe qua ratione queas ditescere. turdus
sive aliud privum dabitur tibi, devolet illuc,
res ubi magna nitet, domino sene: dulcia poma
et quoscumque feret cultus tibi fundus honores,
ante larem gustet venembilior lare diVes:
15 qui quamvis periurus erit, sine gente, cruentus
SATIRARÜM LIB. H. 6. 207
sanguine fraterno, fugitivus, ne tarnen illi
tu comes exterior, si postulet, ire recuses/
utne tegam spiirco Damae latus? haud ita Troiae
me gessi, eertans semper melioribus. 'ergo
20 pauper eris/ fortem hoc animum tolerare »iubebo :
et quondam maiora tuli. tu protinus unde
diyitias aerisque ruam die augur acervos.
Mixi equidem et dico. captes astutus ubique
testamenta senum, neu, si vafer unus et alter
25 insidiatorem praeroso fugerit hämo,
aut spem deponas aut artem inlusus omittas.
magna minorve foro si res certabitur olim,
vivet uter locuples sine gnatis, inprobus, nitro
qui meliorem audax voeet in ins, illius esto
3«) defensor: fama civem causac^ue priorem
speme, domi si gnatus erit fecundave coniunx.
"Quinte,"' puta, aut "Publi" (gaudent praenomine molles
auriculae), "tibi me virtus tua fecit amicum:
iurt anceps novi, causas defendere possum:
35 eripiet quivis oeulos citius mihi quam ie
contemptum cassa nuce pauperet: haec mea cura est,
neriuid tu perdas, neu sis iocus." ire domum atque
pelliculam curare iube; fi cognitor ipse,
persta atque obdura, seu rubra canicula findet
40 infantis statuas, seu pingid tentus omaso
Furius hibemas cana nive conspuet Älpis.
"nonue vides" aliquis cubito stantem prope tangens
inquiet, "ut patiens, ut amicis aptus, ut acer?"*
plures adnabunt thunni, et cetaria crescent.
45 si cui praeterea validus male filius in re
praeclara sublatus aletur, ne manifestum
caelibis obsequium nudet te, leniter in spem
adrepe officiosus, ut et scribare secundus
heres et, siquis casus puerum egerit Orco,
50 in vacuum venias: perraro haec alea fallit.
qui testamentum tradet tibi cumque legendum,
abnuere et tabulas a te removere memento,
208 Q- HORATU FLACCI
Bic tarnen ut liinis rapias^ quid prima secundo
cera velit versu; solus, multisne coheres,
55 veloci percurre oculo. plcrumque recoctus
scriba ex quinqueviro corvuni deludet hiantem,
captatorque dabit risus Nasica Coraiio.'
num furis an prudens ludis me obscura canendo?
*o Laertiade, quidquid dicam aut erit aut non:
60 dhinare etenim ma^us mihi donat Apollo."
quid tarnen ista velit sibi fabula, si licet, ede.
'tempore, quo iuvenis Parthis horrendus, ab alto
demissuin genus Aenea, tellure marique
magnusi erit, forti nubet procera Coranö
65 filia Nasicae, metuenti8 rcddere soldum.
tum gener hoc faciet: tabulas soeero dabit atque
ut legat orabit; multum Nasica negatas
accipiet tandem et tacitus leget, invenietque
nil sibi legatum praeter plorare suisque.
70 illud ad haec iubeo: mulier si forte dolosa
libertiisve senem delirum temperet, illis
accedas socius; laudes, lauderis ut absens.
adiuvat hoc quoi^ue ; sed rineit longe prius ipsum
expugnare caput. scribet mala cannina vecors:
75 laudato. scortator erit: cave te roget; ultro
Penelopam facilis potiori trade." putasne,
perduci poterit tarn frugi tamque pudiea,
quam nequiere proci recto depellere cursu?
Senit enim maguum donandi parea iuventus,
80 nee tantum Voneris quantum studiosa culinae.
sie tibi Penelope frugi est: quae si semel uno
de sene gustarit tecum partita lucellum,
ut canis a corio numquam absterrebitur uncto.
me sene quod dieam factum est. anus inproba Thebis
85 ex testamento sie est elata: cadaver
unctum oleo largo nudis umeris tulit heres,
scilicet elabi si posset mortua; eredo,
quod nimium institerat viventi. eautus adito,
neu desis operae, neve inmoderatus abundes;
SATIRARÜM LIB. U. 5. 6. 209
90 difficilem et morosum offendes garrulus: ultra
noli et iam sileas. Davus sis comicus atque
stes capite obstipo, multum similis metuenti.
obsequio grassare; mone, si increbuit aura^
cautus uti velet earum caput; extrahe turba
05 oppositis umeris; aurem substringe loquaci.
inportunus amat laudari: donec ^ohe iam!'
ad caelum manibus sublatis dixerit; urgue et
crescentem tumidis infla sermonibus utrem.
cum te servitio longo curaque levarit,
100 et certum vigilans, Quartae esto partis Ulixe»,
audieris, heres, "^ergo nunc Dama sodalis
nusquam est? unde mihi tam fortem tamque fidelem?'
sparge subinde et si paullum potes illacrimare.
gaudia pertendes voltu celare. sepulcrum
105 permissum arbitrio sine sordibus exstrue. funus
egregie factum laudet vicinia. siquis
forte coheredum senior male tussiet^ huic tu
die, ex parte tua seu fundi sive domus sit
emptor, gaudentem nummo te addicere. sed me
110 imperiosa trahit Proserpina: vive valeque.
VI.
Hoc erat in votis: modus agri non ita magnus,
hortus ubi et tecto ricinus iugis aquae fons
et paullum silvae super bis foret. auctius atque
di melius fecere. bene est. nil amplius oro,
Maia nate, nisi ut propria haec mihi muuera faxis.
si neque maiorem feci ratione mala rem,
nee sum facturus yitio culpave minorem,
si veneror stultus nihil herum, ^o si angulus ille
proximus accedat, qui nunc denormat agelluml
90 ultra noli et iam sileas. ultro und ultra non etiam sileas. S.
oben bei der Verschleifuog XXH 104. 105 Ueberlieferung illacrimar.
est und prodentem (für pertendes).
Lbhu, Hontiu. ^^
210 Q. HORATII FLACCl
10 0 si urnam argenti fore quae mihi monstret, ut Uli,
thesauro invento qui mercennarius agrum
illum ipsum mercatus aravit, dives amico
Hercule!' si quod adest gratum iuvat, hac prec« te oro:
pingue pecus domino facias et cetera praeter
15 ingenium, utque soles custos mihi maximus adsis.
ergo uhi me in montis et iii arcem ex urbe removi,
quid prius inlustrem satiris musaque pedestri?
nee mala me ambitio perdit nee plumbeus auBter
autumnusque gravis, Libitinae quaestus acerbae.
20 Matiitine pater, seu lane libeutius audis,
nnde homines operum primos vitaeque labores
instituunt (sie dis placitum), tu carminis esto
principium. Romae sponsorem me rapis: ^eia,
ne prior officio quisquam respondeat, urgue/
25 sive aquilo radit terras, seu bruma nivalem
interiore diem gyro trahit, ire necesse est.
postmodo quod mi obsit clare certumque locuto
luctandum in turba bt facienda iniuria tardis.
'quid tibi vis, insane, et quam rem agis inprobus ? * urguet
30 iratis precibus: 'tu pulses omne quod obstat,
ad Maecenatem memori si mente recurras/
hoc iuvat et raelli est, non mentiar. at simul atras
ventum est Esquilias, aliena negotia centum
per Caput et circa saliunt latus, "^ante secundam
35 Roscius orabat sibi adesses ad Puteal cras.
de re commuui scribae magna atque nova te
orabant hodie meminisses, Quinte, reverti.
inprimat his, cura, Maecenas signa tabellis.'
dixeris, experiar: 'si vis, potes' addit et instat.
40 septimus octavo propior iam fugerit annus,
ex quo Maecenas me coepit habere suorum
in numero, dumtaxat ad hoc, quem tollere raeda
vellet iter faciens, et cui concredere nugas
29 So B., quam rem aus Conjectur. Sonst schwankt die Ueber-
. lieferung zwischen quid vis und quid tibi vis, auch mit zerstörtem Verse.
SATIRARÜM LIB. IL 6. 211
hoc genus, 'hora quota est? Thraex est Gallina Syro par?
45 matutina parum cautos iam frigora mordent : *
et quae rimosa bene depouuntur in aure.
per totum hoc tempus sAbiectior in diem et horam
invidiae noster. ludos spectaverit ima,
liiserit in campo: 'Fortunae filius* omnes.
50 frigidus a rostris nianat per compita rumor:
quicumque obviiis est, me consulit: 'o bone (nam te
scire, deos quoniam propius contingis, oportet),
numquid de Dacis audisti?' nil equidem. 'ut tu
semper eris devison at omnes di exagitcut me,
55 si quicquam. 'quid? militibus promissa Triquetra
praedia Caesar, an est Itala tellure daturus?*
iurantem me scire nihil niirantur ut unum
scilicet egregii mortalem alticiue silenti.
porgitur haec inter misero lux, non sine votis:
60 o rns, quando ego te aspiciam, quandoque licebit
nunc veterum libris, nunc somno et inertibus lioris
ducere soUicitae iucunda oblivia vitÄe?
0 (juando faba Pythagorae cognata simulque
unctxi satis pingui ponentur oluscula lardo?
65 0 noctes cenaeque dcum, quibus ipse meique
ante larem proprium vescor vemasque procacis
pasco libatis dapibus, cum, ut cuique libido est,
siccat inaequalis calices conviva solutus
legibus insanis, seu quis capit acria fortis
70 pocuhi, seu modicis uvescit laetius. ergo
sermo oritur, non de villis domibusve alienis,
nee male necne Lepos saltet, sed quod magis ad nos
pcrtinet et nescire malum est agitamus, utnimne
divitiis homines an sint virtute beati,
75 quidve ad amieitias, usus rectumne, trahat nos,
et (juac sit natura boni summumque quid eius.
Cervius haec inter vicinus garrit anilis
ex re fabellas. siquis nam laudat Arelli
5U porgitur Lachm. perditur.
14
212 Q- HORATII FLACCl
aollicitas i^narus opes^ sie incipit, "^olim
80 rusticus urbanum murem mus paupere fertur
accepiflse eavo, veterem vetus hospes amicum,
asper et attentus quaesitis, ut tarnen artum
aolveret hospitiis animuin. quid multa? neque ille
sepositi ciceris uec longae invidit avenae,
85 aridum et ore ferens acinum semesaque lardi
frosta dedit| cupiens yaria fastidia cena
yincere tangentis male singula dente superbo,
cum pater ipse domus palea porrectus in homa
esset ador loliumque, dapis meliora relinquens.
90 tandem urbanus ad hunc '^quid te iuvat'' inquit, ^^'amiee,
praerapti nemoris patientem vivere doreo?
vis tu homines urbemque feris praeponere silvis?
carpe viam« mihi crede^ comes; terrestria quando
mortalis animas vivunt sortita, neque uUa est
95 aut magno aut parvo leti fuga: quo^ bone, circti^
dum licet, in rebus iucundis vive beatus,
vive memor, quam rfs aevi brevis." haec ubi dicta
agrestem pepulere, domo levis exsilit: iude
ambo propositum peragunt iter^ urbis aventes
100 moenia noctumi subrepere. iamque tenebat
nox medium caeli spatium, cum ponit uterque
in locuplete domo vestigia, rubro ubi cocco
tincta super lectos canderet vestis ebumos,
multaque de magna superessent fercula cena,
t05 quae procul exstructis inerant hestema canistris.
ergo ubi purpurea porrectum in veste locavit
agrestem, veluti succinctus cursitat hospes,
continuatque dapes, nee non vemiliter ipsis
fungitur officiis, praelambens omne quod adfert.
110 ille cubans gaudet mutata sorte bonisque
rebus agit laetum convivam, cum subito ingens
valvarum strepitus lectis excussit utrumque.
currere per totum pavidi conclave, magisque
exanimes trepidare, simul domus alta Molossis
115 personuit canibus. tum rusticus ^'haud mihi vita
SATIRARUM LIB. II. 6. 7. 213
est opus hac" ait et 'Valeas: me silva cavusque
tutus ab insidiis tenui solabitur ervo."
VII.
'lamdudum ausculto et cupiens tibi dicere servus
pauca reformido.' Davusne? *ita, Davus, amicom
mancipium domino et frugi quod sit satis, hoc est;
ut vitale putes/ age, libertate decembri,
5 quando ita maiores voluerunt, utere, narra.
'pars hominum vitiis gaudet eonstanter et iirguet
propositum, pars multa natat; modo recta capessens^
interdum pravis obnoxia. saepe notatus
cum tribus anellis, modo laeva Priscus inani,
10 vixit inaequalis, claviim ut mutaret in horas,
aedibus ex magnis subito se conderet, unde
mundior exiret vix libertinus honeste,
iam moechus Romae, iam mallet doctus Athenis
vivere, Vertumnis quotquot sunt natus iniquis.
15 scurra Yolanerius, postquam illi iusta cheragra
contudit articulos, qui pro se tolleret atque
mitteret in phimum talos, mercede diuma
conductum pavit; quanto constantior isdem
in vitiis, tanto levius miser ac prior ille,
20 qui iam contento, iam laxo fune laborat/
non dic€s hodie quorsum haec tam putida tendant,
furcifer? *ad te, inquam.' quo pacto, pessime? Maudag
fortunam et mores antiquae plebis, et idem,
siquis ad illa deus subito te agat, usque recuses,
25 aut quia non schtis quod clamas rectius esse,
aut quia non firmus rectum defendis et haeres
nequiquam caeno cupiens evellere plantam.
Komae rus optas, absentem rusticus urbem
tollis ad astra levis, si nusquam es forte vocatus
30 ad cenam, laudas securum olus ac, velut usquam
vinctus eas, ita te felicem dicis amasque
quod nusquam tibi sit potandum. iusserit ad se
214 Q- HORATU FLACCI
Maecenas serum sub lumina prima venire
convivam: "nemon oleum fert ocius? ecquis
35 audit?^^ cmn magno blateras clamore fugisque.
Mulvius et scurrae tibi uon referenda preeati
discedunt. "etenim fateor me'' dixerit ille
"duci ventre levem, nasum nidore supinor,
inbecillus, iners, siquid vis, adde, popino.
40 tu cum sis quod ego et fort^sis nequior, nitro
insectere velut melior, verbisque decoris
obvolvas Vitium?'' quid, si me stultior ipso
quingentis empto drachmis deprenderis? aufer
me voltu terrere; manum stomachumque teneto,
45 dum quae Crispini doeuit me ianitor edo.
te coniunx aliena capit, meretricula Davum.
peccat uter nostmm eruce dignius? acris ubi me
natura intendit, sub clara nuda lucema
quaecumque exc^pit turgentis verbera eaudae,
50 clunibus aut agitavit equum laseiva supinum,
dimittit neque famosum neque sollicitum ne
ditior aut formae melioris meiat eodem.
tu cum proiectis insignibus, anulo equestri
Romanoque habitu, prodis ex iudice Dama
55 turpis, odoratum caput obscurante lacenia,
non es quod siraulas? metuens induceris atque
altercante libidinibus tremis ossa pavore.
quid refert, uri virgis ferroque necari
auctoratus eas, an turpi clausus in arca,
60 quo te demisit peccati conseia erilis,
contractum genibus tangas caput? estne marito
matronae peccantis in ambo iusta poteötas?
in corruptorem vel iustior. illa tamen se
non habitu mutatve loco, peccatve superne,
65 cum te formidet mulier neque credat amanti.
ibis sub furcam prudens, dominoque furenti
committes rem omnem et vitam et cum corpore famam.
63—65 Kirchner (qu. Hör. 63).
SATIRARÜM LIB. H. 7. 215
•
evasti. credo, metues doctusque cavebis:
quaeres, quando iterum paveas iterumque perire
70 possis, 0 totiens servus. quae belua ruptis,
cum semel eflfugit, reddit se prava catenis?
"non 8um moechus^' ais : necjue ego, hercule, für, ubi vaga
praetereo sapiens argentea. tolle periclum,
iam vaga prosiliet frenis natura reraotis.
75 tune mihi dominus, renim imperiis hominumque
tot tantisque minor, quem ter ^indicta quaterque
inposita liaud umquam misera formidine privet?
adde super, dictis quod non levius valeat: nam,
sive vicarius est qui servo paret, uti mos
so vester ait, seu conservus, tibi quid sum ego? nempe
tu, mihi (|ui imperitas, aliis servis miser atque
dueeris ut nervis alienis mobile lignum.
(luisnani igitur liberV sai)iens, sibi qui imperiosus,
quem neque pauperies neque mors neque vincula terrent,
b5 responsare cui)idinibu8, contemnere honores
fortis, et in se ipso totus teres atque rotundus,
externi necjuid valeat per leve morari,
in quem manea mit semper foi*tuna. potesne
ex his ut i)roprium quid noscere? quinque talenta
90 poscit te mulier, vexat foribusque repulsum
perfundit gelida, rursus vocat. eripe turpi
eoUa iugo, '*^liber. Über sum'' die age. non quis:
urguet enim dominus mentem non lenis et acris
subieetat lasso stimulos versatcpie negautem,
95 vel cum Pausiaca torpes, insane, tabella,
qui peccas minus atque ego, cum Fulvi Rutubaeque
aut Placideiani contento pojdite miror
proelia rubriea picta aut carbone, velut si
re Vera pugnent, feriant, vitentque moventes
100 arma viri? nequam et eessator Davus: at ipse
subtilis veterum iudex et callidus audis.
nil ego, si dueor libo fumante: tibi ingens
virtus atque animus cenis responsat opimis?
obsequium ventris mihi pemiciosius est cur?
216 0. HORATO rLACCl
•
IM tergo plector enim. qui tu impunitior illa,
quae parvo sumi nequeunt, obsonia captas?
nempe inamarescunt epulae sine fine petitaey
inlusique pedes vitiosum ferre recusant
corpus, an hie peccat, sub noctem qui puer uvam
110 furtiva mutat strigili? qui praedia vendit,
nil servile gulae parens habet? adde quod idem
non horam tecum esse potes, non otia recte
ponere, teque ipsum vitas fugitivus et erro,
iam vino quaerens, iam somno fallere curam;
115 frustra: nam comes atra premit sequiturque fugacem/
unde mihi lapidem? 'quorsum est opus?' unde sagittas?
'aut insanit homo aut versus facit/ ocius hinc te
ni rapis, accedes opera agro nona Sabino.
VIII.
Ut Nasidieni iuvit te cena beati?
nam mihi convivam quaerenti dictus here illic
de medio potare die. "^sic ut mihi numquam
in vita fuerit melius.' die, si grave non est,
5 quae prima iratum ventrem placaverit esca.
'in primis Lueanus aper: leni fuit austro
captus, ut aiebat eenae pater: aeria eireum
rapula, lactucae, radiees, qualia lassum
pervellunt stomaehum, siser, allee, faeeula Coa.
10 his ubi sublatis puer alte cinetus aeemam
gausape purpureo mensam pertersit, et alter
sublegit quodeumque iaeeret inutile quodque
posset cenantis ofTendere, ut Attica virgo
cum sacris Cereris procedit fuscus Hydaspes
15 Caeeuba vina ferens, Aleon Chium maris expers.
hie erus "Albanum, Maeeenas, sive Falemum
te magis adpositis deleetat, habemus utrumque:
divitias miseras!" sed quis eenantibus una,
Fundani, pulchre fuerit tibi, nosse laboro.
20 'summus ego, et prope me Viseus Thurinus, et infra,
si memini, Varius, cum Servilio Balatrone
SATIIIARUM LIB. n. 8. 217
VibidiuS; quas Maecenas adduxerat umbras.
Nomentanus erat super ipsum, Porcius infra,
ridiculus totas simul absorbere placentas.
25 Nomentanus ad hoc, qui, siquid forte lateret,
indice monstraret digito: nam cetera turba,
no8; inquam, cenamus avis, conchylia, piscis,
longe dissimilem noto celantia sucum;
ut vel continuo patuit, cum passeris atque
30 ingustata mihi porrexerat ilia rhombi.
post hoc me docuit melimela rubere minorem
ad lunam delecta: quid hoc intersit; ab ipso
audieris melius, tum Vibidius Balatroni
''nos nisi damnose bibimus, moriemur inulti;'*
35 et calices poscit maiores. vertere pallor
tum parochi faciem nil sie metuentis ut acris
potores, vel quod maledicunt liberius, vel
fervida quod subtile exsurdant vina palatum.
invertunt Allifanis vinaria tota
40 Vibidius Balatroque, secutis omnibus; imi
convivae lecti nihilum nocuere lagoenis.
adfertur squillas inter murena natantis
in patina porrecta. ' sub hoc erus '"haec gravida'^ inquit
"capta est, deterior post partum came futura.
45 his mixtum ins est: oleo, quod prima Venafri
pressit cella; garo de sucis piscis Hiberi;
vino quinquenni, verum citra mare nato,
dum coquitur (cocto Ghium sie convenit ut non
hoc magis ullum aliud); pipere albo, non sine aceto
50 quod Methymnaeam vitio mutaverit uvam.
enicas viridis, inulas ego primus amaras
monstravi incoquere; inlotos Curtillus echinos,
ut melius muria quod testa marina remittat/^
interea suspensa gravis aulaea ruinas
55 in patinam fecere, trahentia pulveris atri
quantum non aquilo Campanis excitat agris.
nos maius veriti, postquam nihil esse pericli
sensimus, erigimur: Rufus posito capite, ut si
218 Q. HORATIl FLACCI
filius inmaturus obisset, flere. quis esset
60 finisy ni sapiens sie Nomentanus amicum
toUeret ^'heu, Fortuna^ quis est crudelior in nos
te deus? ut semper gaudes inludere rebus
humanis." Varius mappa conpeseere risum
vix poterat. Balatro, suspendens omnia naso,
65 "haec est condicio vivendi" aiebat^ *'eoque
responsura tuo numquam est par fama labori.
tene, ut ego acoipiar laute, torquerier omni
sollicitudine districtum, ne panis adustuS;
ne male conditum ius adponatur, ut omnes
70 praecincti fecte pueri comptique ministrent?
adde hos praeterea casus, aulaea ruant si,
ut modo, si patinam pede lapsus frangat agaso.
sed convivatoris uti ducis Ingenium res
adversae nudare solent, celare secundae/'
75 Nasidienus ad haec "tibi di quaecumque preceris
commoda dent ; ita vir bonus es convivaque comis :
et soleas poscit. tum in lecto quoque videres
stridere secreta divisos aure susurros/
nuUos bis mallem ludos speetasse: sed illa
80 redde age quae deinceps risisti. 'Vibidius dum
quaerit de pueris, num sit quoque fracta lagoena^
quod sibi poseenti non dantur pocula, dumque
ridetur fictis rerum, Balatrone secundo,
Nasidiene, redis mutatae frontis, ut arte
85 emendaturus fortunam. deinde secuti
mazonomo pueri magno discerpta ferentes
membra gruis, sparsi sale multo nou sine farre,
pinguibus et ficis pastum iecur anseris albae,
et leporum avolsos, ut multo suavius, annos,
90 quam si cum lumbis quis edit. tum peetore adusto
vidimus et merulas poni et sine clune palumbis,
suavis res, si non causas narraret earum et
naturas dominus: quem nos sie fugimus ulti
ut nihil omnino gustaremus, velut illis
95 Canidia adflasset, peior serpentibus Afris/
Q. HORATII FLACCI
EPISTULARUM
LIBER PRIMUS.
I.
Prima dicte mihi; summa dicende camena,
gpectatum satis et donatum iam rüde quaeris,
MaecenaS; iterum antiquo me includere ludo.
non eadem est aetas, non mens. Veianius, armis
5 Herculis ad postem iixis, latet abditus agro,
ne populum extreraa totiens exoret arena.
est mihi purgatam crebro qui personet aurem
'solve seneseentem mature sanus equum, ne
peeeet ad extremum ridendus et ilia dueat/
10 nunc itaque et versus et cetera ludicra pono:
quid verum atque decens, curo et rogo et omnis in hoc
sum:
condo et conpono quae mox depromere possim.
ac ne forte roges quo me duce, quo lare tuter:
nullius addictus iurare in verba magistri,
15 quo me cumcpie rapit tempestaS; deferor hospes.
nunc agilis fio et mersor civilibus undis,
virtutis verae custos rigidusque satelles,
nunc in Aristippi furtim praecepta relabor
et mihi res, non me rebus subiungere conor.
20 ut nox longa quibus mentitur amica, diesque
longa videtur opus debentibus, ut piger annus
pupillis quos dura premit custodia matrum,
sie mihi tarda fluunt ingrataque tempora quae spem
consiliumque morantur agendi gnaviter id quod
220 Q. HORATU FLACCI
26 aeque pauperibus prodest, locupletibus aeque,
aeque neglectum pueris senibusque nocebit«
restat ut bis ego me ipse regam solerqiie elemeBtis.
non possis oculo quantum contendere Lynceus,
non tarnen ideirco contemnas lippus inungui;
30 nee, quia desperes invicti membra Glyeonis,
nodosa eorpius nolis prohibere eberagra.
est quadam prodire tenus, si non datur ultra.
fervet avaritia miseroque ciipidine pectus:
' sunt verba et voees quibus hunc lenire dolorem
35 possis et magnam morbi deponere partem.
laudis amore tumes: sunt certa piacula quae te
ter pure lecto poterunt recreare libello.
invidus, iracundus, iners, vinosus, amator:
nemo adeo ferus est ut non miteseere possit,
40 si modo culturae patientem commodet aurem.
virtus est Vitium fugere, et sapientia prima
stultitia caruisse. vides, quae maxima credis
esse mala, exiguum censum turpemque repulsam,
((uanto devites animi eapitisque labore:
45 inpiger extremos curris mercator ad Indos,
per mare pauperiem fugiens, per saxa, per ignis:
ne eures ea, quae stulte miraris et optas,
disoere et audire et meliori eredere non vis?
(luis circum pagos et circum compita pugnax
50 magna coronari contemnat Olympia, cui spes,
cui sit condicio duleis sine pulvere palmae?
vilius argentum est auro, virtutibus aurum.
*o cives, cives, quaerenda pecunia primum est;
virtus post nummos:' haec lanus summus ab imo
55 prodoeet, haec recinunt iuvenes dictata senesque.
laevo suspensi loculos tabulamque lacerto.
est animus tibi, sunt mores, est lingua fidesque,
sed quadringentis sex Septem milia desunt:
plebs eris. at pueri ludentes *rex eris' aiunt,
56 schien schon mehreren unecht, aus Sat. I, 6, 74.
EPI8TULARUM LIB. I. 1. 221
(0 'si recte facies.' [hie murus aeneus esto,
nil conscire sibi, nulla pallescere culpa.
Roscia; die sodes, melior lex an puerorum est
nenia, quae regnum recte facientibus ofFert,
et maribus Curiis et decantata Camillis?
>5 isne tibi melius suadet qui; rem facias, rem,
si possis, recte, si non, quocumque modo rem,
ut propius spectes lacrimosa poemata Pupi,
an qui Fortunae te responsare superbae
liberum et erectum praesens hortatur et aptat?
70 quod si me populus Romanus forte roget, cur
non ut portieibus sie iudiciis fruar isdem^
nee sequar aut fugiam quae diligit ipse vel odit,
olim quod volpes aegroto cauta leoni
respondit referam: 'quia me vestigia terrent,
75 omnia te adversum spectantia, nulla retrorsum.*
belua nmltorum es capitum. nam quid sequar aut quem?
pars hominum gestit conducere publica; sunt qui
crustis et pomis viduas venentur avaras
excipiantque senes quos in vivaria mittant;
80 multis occulto crescit res fenore. verum
esto aliis alios rebus studiisque teneri:
idem eadem possunt horam durare probantes?
'nuUus in orbe sinus Baus praelucet amoenis'
si dixit dives, lacus et mare sentit amorem
85 festinantis eri: cui si vitiosa libido
fecerit auspicium, cras ferramenta Teanum
tolletis, fabri. lectus genialis in aula est:
nil ait esse prius, melius nil caelibe vita:
si non est, iurat bene solis esse maritis.
90 quo teneam voltus mutantem Protea nodo?
quid pauper? ride: mutat cenacula, lectoa,
balnea, tonsores, conducto navigio aeque
nauseat ac locuples quem ducit priva triremis.
si curatus inaequali tonsore capillos
60. 61. von si recte facies an für unecht erklärt von M.
222 Q- HORATU FLACCI
occurrO; rides; si forte subucula pexae
trita subest tunicae vel si toga dissidet inpar,
rides. quid, mea cum ]>ugnat sententia secum
quod petiit spernit, repetit quod nuper omisit,
aestuat et vitae disconvenit ordine toto,
100 diruit, aedificat, mutat quadrata rotundis?
intonire putas soUemnia me neque rides,
nee medici eredis nee curatoris egere
a praetore dati, rerum tutela mearum
cum sis et prave sectum stomacheris ob ung^em
105 de te pendentis, te respicientis amici?
ad summam, sapiens uno minor est love, dives,
über, honoratuSy pulcher, rex denique regum,
praeeipue sanus, nisi cum pituita molesta est.
II.
Troiani belli scriptorem, Maxime Lolli,
dum tu declamas Romae, Praeneste relegi:
qui quid sit pulchrum, quid turpe, quid utile, quid non,
planius ac melius Chrysippo et Crantore dicit.
5 cur ita crediderim, nisi quid te detinet, audi.
fabula, qua Paridis propter narratur amorem
Graecia Barbariae lento collisa duello,
stultorum regum et populorum continet aestus.
Antenor censet belli praecidere causam.
10 quid Paris? ut salvus regnet vivatque beatus,
cogi posse negat. Nestor conponere litis
inter Peliden festinat et inter Atriden:
hunc amor, ira quidem communiter urit utrumque.
quidquid delirant reges, plectuntur Achivi.
15 seditione, dolis, scelere atque libidine et ira
Iliacos intra muros peccatur et extra,
rursus quid virtus et quid sapientia possit,
utile proposuit nobis exemplar Ulixen,
qui domitor Troiae multorum providus urbis
EP18TULARUM LIB. I. 2. 223
20 et moEes hominuni inspexit, latumque per aequor,
dum sibi, dum sociis reditum parat, aspera multa
pertulit, adversis rerum inmersabilis undis.
Sirenum voces et Circae pocula nosti:
quae si cum sociis stultus cupidusque bibisset^
25 sub domina meretrice fuisset turpis et excors
vixisset canis inmundus vel amica luto sus.
nos numerus sumus et fruges consumere nati,
sponsi Penelopae nebulones, Alcinoique
in cute curanda plus aequo oi)erata iuventus,
30 cui pulchnim fuit in medios dormire dies et
ad strepitum 'cithanie cessantem ducere somnum.
ut iugulent bominem, surgunt de nocte latrones:
ut te ipsum serves, non expergisceris? atqui
si noles sanus, ciirres hydropicus; et ni
:^5 posces ante diem librum cum lumine, si non
intendes animum studiis et rebus honestis,
invidia vel aniore vigil torquebere. nam cur
((uae laedunt oculum festinas demere, siquid
est animum, diifers curandi tempus in annum?
40 dimidium facti qui coepit habet: sapere aude:
incipe. qui recte vivendi prorogat horam,
rusticus exspcctat dum defluat amnis: at ille
labitur et labetur in omne volubilis aevum.
quaeritur argentum puerisque beata creandis
45 uxor et incultae pacantur vomere silvae.
({uod satis est cui contingit, nihil am])lius optet.
non domus et fundus, non aeris acervus et auri
aegroto domini deduxit coq)ore febris,
non animo curas: valeat possessor oportet,
50 si conportatis rebus bene cogitat uti.
qui cupit aut metuit, iuvat illum sie domus et res
ut lippum pictae tabulae, fomenta podagram,
auriculas citharae collecta sorde dolentis.
sincerum est nisi vas, quodcumque infundis acescit.
31 cessantem B. cessatum.'
224 Q. HORATU FLAOCI
55 gpeme voluptateB: nocet empta dolore voluptai. .
semper ayarus eget: certum voto pete finem.
invidus alterius macrescit rebus opimis:
invidia Siculi non invenere tyranni
malus tormentum. qui non moderabitur irae»
6(» infectiim volet esse, dolor quod suaserit et mena,
dum poenas odio per vim festinat inulto.
ira furor brevis est: animum rege; qui nisi paret,
Imperat: hunc frenis, hunc tu conpesce catena.
fingit equum tenera doeilem cerylce magister
65 Ire viam qua monstret eques: venatleus, ex quo
tempore cervlnam pellem latravit in aula,
militat in silvis catulus, nunc adhibe puro
pectore verba puer, nunc te melioribus offer.
quo semel est imbuta recens, senrabit odorem
70 testa diu. quod si cessas aut strenuus anteis,
nee tardum opperior nee praecedentibus insto.
III.
luli Flore, quibus terrarum militet oris
Claudius Augusti privignus, scire laboro.
Thraeane tos Hebrusque nivali compede vinctua,
an freta vicinas inter currenti^ turris,
5 an pingues Asiae campi collesque morantur?
quid studiosa cohors operum struit? hoc quoque curo.
quis sibi res gestas Augusti scribere sumit?
bella quis et paces longum diffundit in aevum?
quid Titius, Romana brevi venturus in ora?
10 Pindarici fontis qui non expalluit haustus,
fastidire lacus et rivos ausus apertos.
ut valet? ut meminit nostri? fidibusne Latinis
Thebanos aptare modos studet auspice musa,
an tragica desaevit et ampullatur in arte?
15 quid mihi Celsus agit? monitus multumque moneudus,
privatas ut quaerat opes et tangere vitet
EPISTÜLARÜM LIB. I. 4. 225
scripta, Palatinus quaecumque recepit Apollo,
ne, si forte suas repetitum venerit olim
grex avium plumas, moveat cornicula risum
2ü furtivis nudata coloribus. ipse quid audes?
(juae circumvolitas agilis tliyma? non tibi parvum
iugcnium, non ineultum est et turpiter hirtum.
seu linguam causis aeuis, seu civica iura
re8i)onderc paras, seu condis amabile Carmen,
25 prima feres liederac victricis praemia: quod si
frigida curarum f Omenta relinquere posses,
quo te caelestis sapientia duceret, ires.
hoc opus, hoc Studium parvi properemus et ampli,
si i)atriae volumus, si nobis vivere cari.
30 debes hoc etiam rescribere, sit tibi curae
quantae conveniat Munatius. an male sarta
gratia nequiquam coit? an rescinditur et vos
seu calidus sanguis seu rerum inscitia vexat
indomita cervice feros? ubicumque locorum
35 vivitis, indigni fraternum rumpere foedus,
pascitur in vestrum reditum votiva iuvenca.
IV.
Albi, nostrorum sermonuni candide iudex,
quid nunc te dicam facere in regione Pedana?
scribere quod Cassi Parmensis opuscula vincat,
an tacitum silvas inter reptaro salubris,
5 curantem quidquid dignum supiente bonoque est?
non tu corpus cras sine pectore: di tibi fonnam,
di tibi divitias dcderunt artemque fruendi.
quid voveat dulci nutricula malus alumno,
qui sapere et fari possit quae sentiat, et cui
10 gratia, fama, valetudo contingat abunde,
et mundus victus, non deficiente crumena?
32 an, dann et. Ueberlieferung et, dann at und ac.
IS
Leurs, Uonitios.
226 Q. HORATII FLACCI
inter spem curanique, timores inter et iras
omnem crede diem tibi diluxisse supremum:
grata superveniet quae non sperabitur hora.
15 me pingruem et nitidum bene curata cute vises^
cum ridere voles, Epiouri de grege porcum.
V.
Si potes Archiacis conviva recumbere lectis
nee modiea cenare times olus omne patella,
supremo te sole domi, Torquate, manebo.
vina bibes iterum Tauro diffusa palustris
5 inter Minturnas Sinuessanumque Petrinum.
si melius quid habes, arcesse; vel imperium fer.
iamdudum splendet focus et tibi munda supellex.
mitte levis spes et certamina divitiarum
et Moschi causam: cras nato Caesare festus
10 dat veuiam somnumque dies; inpune lieebit
festivam sermone benigne tendere no«tem.
quo mihi fortunam, si non eonceditur uti?
parcus ob heredis curam nimiumque sevenis
adsidet insano. potare et spargere florcs
15 incipiam patiarque vel inconsultus haberi.
quid non ebrietas designat? operta recludit,
spes iubet esse ratas, ad proelia tnidit inertem,
sollicitis animis onus eximit, addocet artis.
fecundi calices quem non feeerc disertum?
20 contracta quem non in paupertate solutiim?
haec ego procurare et idoneus imperor et non
invitus, ne turpe toral, ne sordida mappa
corruget naris, ne non et c>antharus et lanx
ostendat tibi te, ne fidos inter amicos
25 sit qui dicta foras eliminct, ut coeat par
iungaturque pari. Butram tibi Septiciumque
et nisi cena prior potiorque puella Sabinum
detinet adsumam. locus est et pluribus umbris:
EnSTULARUM LIB. I. 5. 6. 227
sed nirais arta premunt olidae convivia caprae.
*«) tu qiiotus esse velis rescribe et rebus omissis
atria servantem postico falle clientem.
VI.
Nil admirari proi)c res est una, Numici,
solaque quae possit facere et servare beatum.
hunc soleui et Stellas et decedentia certis
tempora momentis sunt qui formidine nulla
5 imbuti spectent. quid eeiises munera terrae?
quid maris extremos Arabas ditantis et Indos?
ludicraque et plausus et amici dona Quiritis?
quo speetanda modo, «pio sensu credis et ore?
qui timet bis adversa, fere miratur eodem
10 quo cupiens pacto: pavor est utrobique molestu«,
inprovisa simul species extemat utninique.
gaudeat an doleat, cupiat metuatne, quid ad reni^
si, quidquid vidit melius peiusque sua spe,
defixis oeulis animöque et corpore torpet?
15 insani sa])iens nomen fenit, acquus iniqui,
ultra quam satis est virtutem si petat ipsam.
i nunc, argentum et maimor vetus aeraque et artis
suspice, cum gemmis Tyrios mirare colores;
gaude quod spectant oculi te mille loquentem;
20 navus mane fonmi et vespertinus pete tectum,
ne plus fnmienti dotalibua emetat agris
Jlutus et (indignum, qui sit peioribus ortus!)
hie tibi sit potius quam tu mirabilis illi.
(piidquid sub terra est, in apricum proferet aetas^ •
25 defodiet condetque nitentia. cum benc notum
porticus Agrippae et via te con8i)exerit Appi,
ire tarnen restat Numa quo devenit et Ancus.
si latus aut renes morbo temptantur acuto,
7 que ct. quid. 11 extemat Jacobs, cxterret nndoxercet. 22 qui
B. quod.
15*
228 ^ HORAXn FLACCI
quaere fugam morbi. vis recte vivere (quis non?):
30 gi virtus hoc una potest dare, fortis omissis
hoc age deliciis. virtutem verba putas et
lucum ligna: cave ne portus occupet alter,
ne Cibyratica, ne Bithyna negotia perdas;
mille talenta rotundentur, totidem altera, porro et
35 tertia succedant, et quae pars quadret aeervum.
scilicet uxorem cum dote fidemque et amicos
et genus et formam regina Pecunia donat,
ac beue nummatum decorat Suadela Venusque.
mancipiis locuples eget aeris Cappadocum rex:
40 ne fueris hie tu. chlamydes LucuUus, ut aiunt,
si posset centum scenae praebere rogatus,
^qui possum tot?' ait: 'tarnen et quaeram et quot habeb(
mittam/ post paullo scribit sibi milia quinque
esse domi chlamydum; partem vel tolleret omnis.
45 exilis domus est ubi non et multa supersunt
et dominum fallunt et prosunt furibus. ergo
si res sola potest facere et servare beatum,
hoc primus repetas opus, hoc postremus omittas.
si fortunatum species et gratia praestat,
50 mercemur serviim qui dictet nomina, laevum
qui fodicet latus et cogat trans pondera dextram
porrigere: 'hie multum in Fabia valet, ille Velina;
cui libet hie fascis dabit eripietque curule
cui volet inportunus ebur/ frater, pater adde;
55 ut cuique est aetas, ita quemque facetus adopta.
si bene qui cenat bene vi>it, lucet, eamus
quo ducit gula, piscemur, venemur, ut olim
Gargilius, qui mane piagas, venabula, servos,
differtum transire forum campumque iubebat,
60 unus ut e multis populo spectante referret
emptum mulus aprum. crudi tumidique lavemur,
quid deceat quid non obliti, Caerite cera
digni, remigium vitiosum Ithacensis Ulixi,*
59 campumque B. populumque. S. Commentar.
EPISTULARUM LIB. I. 6. 7. 229
cui potior patria fuit interdicta voluptas.
ß si, Mimnermus uti censet, sine amore iocisque
nil est iueundum, vivas in amore ioeisque.
vive, vale. siquid novisti rectius istis,
candidus imperti; si non, his utere mecum.
VII.
Quinque dies tibi pollicitus me rure futurum,
sextilem totum meudax desideror. atqui,
si me vivere vis sanum recteque valentem,
quam mihi das aegro, dabis aegrotare timenti,
5 Maecenas, veniam, dum ficus prima ealorque
designatorem decorat lictoribus atris,
dum pueris omnis pater et matercula pallet,
officiosaque sedulitas et opella forensis
adducit febris et testamenta resignat.
0 quod si bruma nivis Albanis inlinet agris^
ad mare descendet vates tuus et sibi pareet
eontractusque leget: te, dulcis amice, reviset
cum zephyris, si concedes, et hirundine prima,
non quo more pyris vesci Calaber iubet hospes
5 tu me fecisti locupletem. 'vescere sodes/
'iam satis est/ 'at tu quantum vis tolle/ 'benigne/
'non in Visa feres pueris munuscula parvis/
'tarn teneor dono quam si dimittar onustus.'
'ut Übet: haec porcis hodio comedenda relinques/
0 prodigus et stultus donat quae spemit et odit:
haec seges ingratos tulit et feret omnibus annis.
vir bonus et sapiens dignis ait esse paratus:
nee tamen ignorat quid distent aera lupinis.
dignum praestabo me etiam pro laude merentis.
5 (|uod si me noles usquam discedere, reddes
forte latus, nigros angusta, fronte capillos,
reddes dulce loqui, reddes ridere decorum et
inter vina fugam Ginarae maerere protervae.
230 Q. UORATU FLACCr
forte per angustam tenuis nitedula rimam
30 repserat in ciimeram frumenti, pastaque rursos
ire fora» pleiu» tendebat corpore fnistra.
cui mufltela i)rocul 'si vis' ait 'effugere istinc,
maera cavum repetes artum^ quem macra subisti/
hac ego si coupellor imagine, euncta resigno ;
35 nee somuuui plebis laudo satur altilium, nee
otia divitiis Arabiim liberrima rauto.
aaepe vereeundum laudasti, rexque paterque
audisti eorani, nee verbo parcius abseus:
inspice si ]>()ssiim donata reponere laetus.
M) band male TelemaehiiS; proles ])atientis Ulixi,
'non est aptus equis Itbace locus^ ut neque planis
porreetus spatiis nee multae prodigus barbae:
Atride, nuigis apta tibi tua dona relinquam/
par\'um parva decent; mihi iam non regia Roma^
4) sed vaeuum Tibiir placet aut inbelle Tarentum.
strenuus et fortis causisque Pbilippus agendis
clanis, ab officiis oetavam circiter horam
dum redit atque foro nimium distare Garinas
iam grandis natu queritur, conspexit, ut aiunt,
50 adrasum quendam vacua tonsoris in umbra
cultello proprio» purgantem leniter unguis.
'Demetri' (puer hie non laeve iussa Philippi
accipiebat), 'abi, quaere et refer, unde domo, quis,
cuius fortunae, ((uo sit patre quove patrono/
55 it redit et narrat, Volteium nomine Menam,
praeeonem, tenui censu, sine crimine natum,
et properare loco et cessare et quaerere et uti,
gaudentem parvisque sodalibus et lare certo
et ludis et post decisa negotia campo.
60 *^8citari libet ex ipso quodeumque refers: die
ad cenam veniat/ non sane credere Mena,
mirari secum tacitus. quid multa? 'benigne*
respondet. 'neget ille mihi?' 'negat inprobus et te
20 nitedula B. volpecula.
EPISTÜLARÜM LIB. I. 7. 231
neglegit aut borret/ Volteium mane Philipi)U8
65 vilia vendentem tunicato scruta popello
occupat et salvere iubet prior, ille Philippe
excusarc laborem et mereennaria vincla,
quod non mane domum venisset, denique quod non
providisset eum. 'sie ignovisse putato
70 me tibi, si cenas hodie mecum/ 'ut Übet/ 'ergo
post iiouam venies: nunc i, rem strenuus äuge/
ut ventum ad cenam est, dicenda taeenda locutus
tandem dormitum dimittitur. hie ubi saepe
oceultum visus decurrere piscis ad hamum,
75 mane cliens et iam certus conviva, iubetur
rura suburbaua indictis comes ire Latinis.
inpogitus mannis arvum caelumque Sabinum
nan cessat laudare. videt ridet(|ue Philippus,
et sibi dum requiem, dum risus undique quaerit,
^t» dum Septem donat sestertia, mutua Septem
promittit, persuadet uti mercetur agellum.
mercatur. ne te longis ambagibus ultra
quam satis est morer, ex nitido fit rustieus atque
suleos et >nneta crepat mera, ]>raeparat ulmoS;
s5 inmoritur studiis et amore seneseit habendi,
verum u])i oves furto, morbo i)eriere capellae,
spem mentitii segcs, bos est enectus arando,
oifensus damnis media de nocte caballum •
arripit iratusque Philippi tendit ad aedis.
10 (jueni simul aspexit seabrum intonsumque PhilippuS;
*durus* ait, 'Voltei, nimis attentusque videris
esse mihi.' *pol me miserum, patrone, vocares,
si velles' inquit 'verum mihi ponere nomen.
quod te per genium dextramque deosque penatis
^5 obsecro et obtestor, vitae me redde priori.*
qui scmel aspexit quantum dimissa petitis
praestent, mature redeat repetatque relicta.
metiri se quemque suo modulo ac pede verum est.
232 ^ HOlUTIl PXAOCl
\1II.
Celso gaudere et bene rem gerere Älbinovano
musa rogata refer, comiti scribaeque Neronia.
si quaeret quid agam, die multa et pulchra minantem
vivere nee recte nee guaviter: haud quia gnrando
5 eontuderit vitis oleamve momorderit aestus,
nee quia longinquis armentum aegrotet in agris;
sed quia mente minus validug quam eorpore toto
nil audire velim, nil discere, quod levet aegrum;
fidis offendar medicis, irascar amieis,
10 cur me funesto properent arcere vetemo;
quae noeuere sequar, fugiam quae profore credam;
Romae Tibur amem ventosus, Tibure Romam.
post haeCy ut valeat, quo paeto rem gerat et se,
ut plaeeat iuveni percontare utque coborti.
15 si dieet 'recte/ primum gaudere, subinde
praeceptum auriculis boc instillare memento:
ut tu fortunam, sie nos te, Celse, feremus.
IX.
Septimius, Claudio nimirum intellegit unus,
quanti me facias. nam cum rogat et prece cogit
scilicet ut tibi se laudare et tradere coner,
dignum mente domoque legentis bonesta Neronis,
5 munere cum fungi propioris censet amici,
quid possim videt ac novit me valdius ipso,
multa quidem dixi, cur excusatus abirem;
sed timui mea ne finxisse minora putarer,
dissimulator opis propriae, mihi commodus uni.
10 sie ego, maioris fugiens opprobria culpae,
frontis ad urbanae descendi praemia. quod si
4 Gruppe.
EPISTÜLARÜM LIB. I. 8. 9. 10. 233
depositum laudas ob amici iussa pudorem,
scribe tili gregis hunc et fortem crede bonumque.
X.
Urbis amatorem Fuscum salvere iubemus
ruris amatores. bac in re scilicet una
multum dissimiles; at cetera pene gemelli,
fraternis animis quidquid negat alter et alter,
5 adnuimus pariter vetuli notique columbi.
tu nidum servas, ego laude ruris amoeni
rivos et musco eircumlita saxa nemusque.
quid quaeris? vivo et regno, simul ista reliqui
quae vos ad caelum effertis rumore secundo,
[0 utque sacerdotis fugitivus liba recuso,
pane egeo iam mellitis potiore placentis.
vivere naturae si convenienter oportet
ponendaeque domo quaerenda est area primum,
novistine locum potiorem rure beato?
15 est ubi plus tepeant hiemes, ubi gratior aura
leniat et rabiem canis et mnmenta leonis;
cum semel accepit solem furibundus acutum?
est ubi divellat somnos minus invida cura?
deterius Libycis ölet aut nitet berba lapillis?
JO purior in vicis aqua tendit rumpere plumbum,
quam quae per pronum trepidat cum murmure rivum?
nempe inter varias nutritur silva columnaS;
laudaturque domus longos quae prospicit agros.
naturam expellas furca, tamen usque recurret
ih et mala perrumpet furtim fastidia victrix.
non qui Sidonio eontendere callidus ostro
nescit Aquinatem potantia vellera fucum,
certius accipiet damnum propiusve meduUiS;
quam qui non poterit vero distinguere falsum.
K) quem res plus nimio delectavere secundae,
mutatae quatient. siquid mirabere, pones
234 Q. HORATn FLACa
invitus. fuge magna: licet aub paupere teeto
rege8 et regum vita praecurrere amieos.
cervus equum pogna melior commuuibua herbia
35 pellebaty donec minor in certamine longo
inplora\it opea hominis frenumque recepit
sed postquam victor victo diseessit ab hoste,
non equitem dcirso^ non frennm depolit ore.
sie qui pauperiem veritus potiore metallis
4c» libertate caret, dominum vehit inprobus atque
seniet aeternum. quia parvo nesciet uti.
• eui non conveniet sua res, ut ealeeus olim,
»i pede maior erit, subvertet, si minor, uret.
laetus Sorte tua nves sapienter, Aristi,
45 nee me dimittes ineastigatum, ubi plura
eogere quam satis est ac non cessare videbor.
imperat aut sernt eolleeta }>eeunia euique,
tortum digna sequi potius quam ducere funem.
haee tibi dietabam post fanum putre Vacunae,
5u excepto quod non sinml esses cetera laetus.
XL
Quid tibi visa Chios, Bullati, notaque Lesbos,
quid eoncinna Samos, quid Croesi regia Sardis,
Sm}Tna quid et Colophon? maiora minorane fama?
cunctane prae campo et Tiberino flumine sordent,
5 an venit in votum Attalicis ex urbibus una?
an Lebedum laudas odio maris atque narum?
'scis Lebedus quid sit. Gabiis desertior atque
Fidenis vicus: tarnen illie vivere vellem,
oblitusque meoruni; obliWseendus et illis,
10 Neptunum procul e terra spectare furentem.'
sed neque qui Capua Romam petit, imbre lutoque
37 Victor victo hat nach Bentley Editio Cadomensis 14 SO. victor
violens und violens victor.
EPISTÜLARÜM LIB. I. 10. II. 235
adspersus, volet in caupoua vivere; nee qui
frigus eollegit; furuog et balnea laudat
ut fortunatam plene praestantia Wtarn;
15 nee si te validus iaetaverit auster in alto,
idcirco navem trans Aegaeum mare vendas.
incolumi Rhodos et Mvtilene pulcbra faeit quod
paenula solstitio, eampestre nivalibus auris,
per bnimam Tiberis, sextili mense eaminus.
20 dum lieet ac voltum servat Fortuna benignuni;
Komae laudetur Samos et Chios et Bbodos absens.
tu quamcumque deus tibi fortunaverit horam
grata sunie manu, neu duleia differ in annum;
ut quoeumque loco fueris vixisse libenter
25 te dicas. nam si ratio et prudentia curas,
non locus efFusi late maris arbiter aufert,
caelum, non animum, mutant qui trans mare eurrunt.
strenua nos exercet inertia, navibus atque
quadrigis petimus bene vivere. quod petis, hie est,
3ü est Ulubris, animus si te non deficit aequus.
Quid tibi visa Chios, Bullati, notaque Lesbos,
quid concinna Samos, quid Croesi regia Sardis,
Smyrna quid et Colophon? maiora minorane fama?
cuuctane prae cami)o et Tiberino flumine sordent
5 an venit in votum Attalicis ex urbibus una?
6 an Lebedum laudas odio maris atque viarum?
17 incolumi Rhodos et Mitylene pulchra faeit quod
paenula solstitio, eamjiestre nivalibus auris,
per brumam Tiberis, sextili mense eaminus.
22 tu quamcumque deus tibi fortunaverit horam
grata sume manu neu duleia differ in annum;
ut quoeumque loco fueris vixisse libenter
25 te dicas sapiens, ratio et prudentia curas,
non locus et fusi late maris arbiter aufert :
25 sapiens, nam si. 2() et fusi. effusi.
236 Q. HORATII FLACCl
caelnm, non animum mutant qui trans mare cumtnt
strenua nos exercet inertia, na>ibu8 atque
quadrigis petimus bene vivere. quod petis hie est,
30 est Vlubris, animus si te non deficit aequus.
XII.
Fructibus Agrippae Siculis, quos coUigis, Icci,
si recte frueris, non est ut copia maior
ab love donari possit tibi, tolle querellas:
pauper enim non est cui rerum suppetit usus.
5 si ventri bene, si lateri est pedibusque tuis, nil
divitiae poterunt regales addere maius.
si forte in medio positorum abstemius herbis
vivis et Urtica, sie vives protinus ut te
confestim liquidus Fortunae rivus inauret,
10 vel quia naturam mutare pecunia nescit,
vel quia cuncta putas una virtute minora.
miramur, si Democriti pecus edit agellos
cultaque, dum peregre est animus sine corpore velox;
cum tu inter scabiem tantam et contagia lueri
15 nil parvum sapias et adhuc sublimia eures,
quae mare conpescant causae, quid temperet annum,
stellae sponte sua iussaene vagentur et errent,
quid premat obscurum lunae, quid proferat orbem,
quid velit et possit rerum concordia discors,
20 Empedocles an Stertinium deliret acumen.
verum seu piscis seu pomim et caepe trucidas,
utere Pompeio Grospho, et, siquid petet, nitro
defer: nil Grosphus nisi verum orabit et aequum.
vilis amicorum est annona, bonis ubi quid deest.
25 ne tamen ignores quo sit Romana loco res,
Cantaber Agrippae, Claudi virtute Neronis
Armenius cecidit; ins imperiumque Phraates
Caesaris accepit genibus minor; aurea fruges
Italiae pleno defundit Copia eomu.
EPISTÜLARÜM LIB. I. 12. 13. 14. 237
XIIL
Ut profieißcentem docui te saepe diuque,
Augusto reddes signata Volumina, Yini,
81 validus, si laetus erit, si denique poscet;
ne studio nostri pecceS; odiumque libellis
5 'sedulus inportes opera vehemente minister,
si te forte meae gravis uret sareina chartae,
abicito potius quam quo perferre iuberis
clitellas ferus inpingas Asinaeque paternum
cognomen vertas in risum et fabula fias.
10 viribus uteris per clivoS; flumina, lamas.
\ietor propositi simul ac perveneris illuc,
sie positum servabis onus, ne forte sub ala
faseiculum portes librorum ut rusticus agnum,
ut vinosa glomus furtivae Pyrrhia lanae,
15 ut cum pilleolo soleas conviva tribulis.
ne volgo narres te sudavisse ferendo
carmina quae possint oculos aurisque morari
CaesariS; oratus multa prece, nitere porro.
vado; vale: cave ne titubes mandataque frangas.
XIV.
Vilice silvarum et mihi me reddentis agelli,
quem tu fastidis habitatum quinque focis et
quinque bonos solitum Variam dimittere patres,
certemus, spinas animone ego fortius an tu
5 evellas agro, et melior sit Horatius an res.
me quamvis Lamiae pietas et cura^moratur,
fratrem maerentis, rapto de 'fratre dolentis
insolabiliter, tamen istuc mens animusque
fert et amat si)atiis obstantia rumpere claustra.
10 rure ego viventem, tu dicis in urbe beatum.
cui placet alterius, sua nimirum est odio sors.
stultus uterque locum inmeritum causatur inique:
238 Q. HORATII FLACCl
in culpa est animiis, qui se non cffugit umquam.
tu mediastinus tacita preee rura petebas,
15 nunc urbem et ludos et balnea vilicas optas:
me constare mihi scis et discedere tristem,
quandocumque trahunt invisa negotia Romam.
non eadem miramur: eo diseonvenit inter
meque et te. nam quae deserta et inhospita tesqna
2t) credis, amoena vocat mecum qui sentit, et odit
quae tu pulchra putas. fomix tibi et uncta popina
incutiunt urbis desiderium, video, et quod
anguluH iste feret piper et tus ocius uva,
nee vicina subest vinum praebere tabema
25 quae possit tibi, nee meretrix tibicina, cuiu8
ad strepitum salias terrae gravis, et tarnen urgues
iam pridem non taeta ligonibus arva bovemque
disiunctuni curas et strictis frondibus exples.
addit opus pigro rivus, si decidit imber,
30 multa niole docendus aprico parcere prato.
nunc*, age, quid nostrum concentum dividat, audi.
quem tenues decuere togae nitidique capilli,
quem scis inmunem Cinarae plaeuisse rapaci,
quem bibulum liquidi media de luee Falemi,
35 cena brevia iuvat et prope rivum somnus in herba.
nee lusisse pudet, sed non incidere ludum.
non istic obliquo oeulo mea commoda quisquam
limat, non odio obscuro morsuque venenat:
rident vicini glaebas et saxa moventem.
40 cum servis urbana diaria rodere mavis?
horum tu in numerum voto ruis: invidet usum
lignorum et pecoris tibi calo argutus et horti.
optat ephippia bos piger, ojjtat arare caballus.
quam seit uterque, libens, censebo, exerceat artem.
XIV".
Vilice silvarum et mihi me reddentis agelli,
quem tu fastidia habitatum quinque focis et
EPISTULARÜM LIB. I. 14. 239
quinque bonos solitum Variam dimittere patres,
certemus, 8i)inas animone ego fortius au tu
5 evellas agro
5* .... et melior sit Horatius an res.
me quamvis Lamiae pietas et cura moratur
fratrem maerentis, nipto de fratre dolentis
insolabiliter, tarnen istuc mens animusque
0 fert et amat spatiis obstantia rumpere claustra.
14 tu mediastinus tacita prece nira petebas,
nunc urbem et ludos et balnea vilicus optas.
15 non cadem miramur, co disconvenit inter
me(iue et te: nam quae deserta et inhospita tesqua
20 credis, anioena vocat mecum qui sentit, et odit
(|uae tu pulehm putas. fomix tibi et uncta popina
incutiunt urbis desiderium, >ideo, et (juod
angulus iftte feret piper et tus ocius uva,
nee vicina subest vinum praebere taberna
25 quae possit tibi, nee meretrix tibicina, cuius
ad strepitum salias terrae gravis, et tarnen urges
iam pridem non tacta ligonibus arva bovemque
2S disiunctum cura« et strictis frondibus exples.
if> nie constare mihi scis et discedere tristem,
(piandoeumque trahunt invisa negotia Romam.
32 (jucni tenucfl deeucre togae nitidique capilli,
quem seis inmunem Cinarae jilacuisse rapaci,
(iuem bibulum liquidi media de luce Falemi,
35 cena brevis iuvat et prope rivum somnus in herba.
37 non istic obliquo oculo mea commoda quisquam
liniat, non odio obscuro morsuque venenat :
rident vicini glaebas et saxa moventem.
40 cum servis urbana diaria rodere mavis?
horum tu in numenim voto niis; invidet usum
lignonim et pecoris tibi calo argutus et liorti.
optat ejdiippia bos piger, optat arare caballus.
240 Q. HORATII FLACCl
XV.
Quae sit hiems Veliae, quod caelum^ Vala, Salemi,
1' quaerere ab experto iam mi est opus, est opus illud,
quorum hominum regio et qualis via. nam mihi Baias
Musa supervacuas Antonius et magis Ulis
me facit invisum, gelida cum perluor unda
5 per medium frigus. sane murteta relinqui,
dictaque cessantem nervis elidere morbum
sulfura contemni, vicus gemit, invidus aegris,
qui Caput et stomachum supponere fontibus audent
Clusinis Gabiosque petunt et frigida rura.
to mutaudus locus est et deversoria nota
praeteragendus equus. 'quo tendis? non mihi Cumas
est iter aut Baias' laeva stomachosus habena
dicet eques, certum nitens iter. edere perge,
maior utrum populum frumenti copia pascat;
15 collectosne bibant imbris puteosne perennis
iugis aquae. nam vina nihil moror illius orae.
rure meo possum quidvis perferre patique:
ad mare cum veni, generosum et lene requiro,
quod euras abigat; quod cum spe diWte manet .
20 in venas animumque meum, quod verba ministret,
quod me Lucanae invenem commendet amicae.
tractus uter pluris lepores, uter educet apros,
utra magis piscis et echinos aequora celent,
pinguis ut inde domum possim Phaeaxque reverti,
25 scribcre te nobis, tibi nos adcredere par est.
MaeniuS; ut rebus matemis atque paternis
fortiter absumptis urbanus coepit haberi,
scurra vagus, non qui certum praesaepe teneret,
inpransus non qui civem dignosceret hoste,
30 quaelibet in quemvis opprobria fingere saevus, —
pernicies et tempestas barathrumque macelli, —
quidquid quaesierat, ventri donarat avaro,
1' Zusatz des Herausgebers. 4 magis. tarnen. t3 certum u s. w
sed equis frenato est auris in ore.
EPISTT'LARÜM LIB. I. 15. 16. 241
hic ubi nequitiae fautoribus et timidis nil
aut pauUum abstulerat; patinas cenabat omasi,
:iit vilis et agiiinae, tribus ursis quod satis esset;
scilicet ut ventres lainna candente nepotum
diceret urendos corrector Bestius. idem
(luidquid erat nactus praedae maioris, ubi omne
verterat in fumum et cinerem, 'non hercule miror
40 aiebat, ^si qui comedimt bona, cum sit obeso
nil melius turdo, nil volva pulchrius ampla.*
nimiruni hie ego sum. nam tuta et parvola laude,
cum res deficiunt, satis inter vilia fortis:
verum ubi quid melius contingit et unctius, idem
4:> vos sapere et solos aio bene vivere, quorum
oonspicitur nitidis fundata pecunia villis.
XVI.
Ne perconteris fundus mens, optime Quinti,
arvo paseat erum an baeis opulentet olivae,
pomisne an pratis an amicta vitibus ulmo,
scribetur tibi forma loquaciter et situs agri.
5 continui montes, ni dissocientur opaca
valle, sed ut veniens dextrum latus aspieiat sol,
laoMim decedens curru fugiente vaporet.
temperiem laudes. quid, si rubieunda benignae
coma vepres et pruna ferant? si quercus et ilex
10 multa fruge pecus, multa dominum luvet umbra?
dicas adductum propius frondere Tarentum.
fons etiam rivo dare nomen idoneus, ut nee
frigidior Thracam nee purior ambiat Hebrus,
infirmo capiti fluit utilis, utilis alvo.
15 hae latebrae dulces et, iam si credis, amoenae,
ineolumem tibi me praestant septembribus horis.
tu recte vivis, si euras esse quod audis.
iactamus iam pridem omnis te Roma beatum:
7 decedens B. discedens und descendens.
Lkhr8, Horalius. 1 6
242 d UORATII FLACCI
sed vereor ne cui de te plus .quam tibi eretliu«^
20 neve putes alium sapiente bonoque beatum,
neu, si te populus sanum recteque valentem
dictitet, oceultam febrem sub tempus edendi
dissimuleS; donec mauibut< trenior incidat unctis. *
Htultorum incumta pudor malus ulcera celat.
25 mim» bella tibi terra ]uiguata niarique
dicat et bis verbis vucua» i)ei'inulceat auris,
'tene magis salvuui populus velit an populum tu,
servet in ambiguo ([ui consulit et tibi et urbi
luppitor/ Augusti laudes agnoscere possis:
:iO cur pateris sapiens emendatusque voeari?
respottdesue tuo, die sodes, nomine? 'nempe
vir bonus et prudens did delector ego ac tu/
qui dedit hoc hodie, cras, si volet, auferet, ut si
detulerit fascis indigno, deti*ahet idem.
36 'pone, meum est* inquit: pono taeitusque recedo.
idem si clamet furem, neget esse pudieum,
contendat laqueo Collum pressisse paternum,
mordear opprobriis falsis mutemque colores?
falsus honor iuvat et mendax infamia ten*et
40 quem nisi mendosum et medicandum? vir bomis est quis?
'qui consulta patrum, qui leges iuraque servat,
quo multiic niagnaeque secantur iudice Utes,
quo res Sponsore et quo causiic teste teuentur.*
sed videt Imnc omnis domus et vicinia tota
45 introrsus turpem, speciosum i)elle decora.
'nee furtum feci nee fugi* si mihi dicit
servus, 'habes pretium, loris nou ureris^ aio.
*uon hominem occidi.* n(ni pasces in cruee corvos.
*sum bonus et frugi.' renuit negitatque Sabellus/
Mj eautus enim metuit foveam lupus accipiterque
suspeetos laqueos et opertum miluus hamum.
oderunt peecare boni virtutis amore.
tu nihil admittew in te forinidine poenae:
.io cur. cum. 35 tiibtis<^uo.
EPISTUhARUM LIB. 1. IC. 17. 24»
8it rspcs fallcndi, miscebis saei-a profauis.
nam de mille fabae modus cum surripis unum,
danmum est, non facinus, mihi pacto lenius isto.
vir bonus, omne forum quem spectat et omne tribunal,
quandocumque deos vel poi-co vel bove placat,
"laue patei^ clare, clare cum dixit 'Apollo/
labiji movet metuens audiri 'pulchra Laverna,
da mihi fallere, da iusto sanctoque videri;
uoctem pcccatis et fraudibus obice nubem.'
i{m melior servo, qui liberior sit avanis,
in triviis fixum cum se demittit ob assem,
non video. nam qui cupiet, metuet quoque: porro
qui metuens vivet, über mihi non erit umquam.
perdidit arma, locum virtutis deseriut, qui
semper in augenda festinat et obruitur re.
vendere cum possis captivum, occidere noli:
serviet utiliter: sine ])ascat durus aretque,
naviget ac mediis hiemet mercator in undis,
annonae i)ro8it, portet frumenta penusque,
vir bonus et sapiens audebit dicere 'Pentheu,
rector Thebarum, quid me perferre patique
indignum coges?" 'adimam bona/ 'nempe pecus, rem,
lectOK, argentum. tollas licet.' 'in manicis et
c*ompcdibus saevo tc sub custode tenebo.'
*ip8e deus, simul atque volam, me solvet.' opinor
hoc sentit, 'moriar.' mors ultima linea rerum est.
XVII.
Quamvis, Scaeva, satis per te tibi consulis, et scis
(juo tandem pacto deceat maioribus uti,
(iisce, docendus adhuc quae censet amiculus, ut si
caecus iter monstrare velit: tamen aspice si quid
et uos quod eures proprium fecisse loquamur.
si te grata qiües et primam somnus in horam
delectat, si te pulvis strepitusque rotaruni.
244 Q- HORATII FLACCI
si laedit caupona, Ferentinum ire iubebo.
nam neque divitibus contmguut gaudia solia,
10 iiec vixit male (lui aatus moriensque fefellit.
si prodesse tuis paulloque beniguius ipsum
te tractare volea, accedes siccus ad unctum.
'si pranderet olus patieuter, regibus uti
nollet Aristippus.' 'si sciret regibus uti,
15 fastidiret olus qui me iiotat/ utrius horum
verba probes et facta doce, vel iunior audi
cur sit Aristippi potior sententia. iiamque
mordaccin cyuieum sie eludebat, ut aiunt,
"^scurror ego ipse mihi, populo tu: rectius hoc et
20 splendidius mult«» est. equus ut me portet, alat
officium facio: tu poscis vilia rerum,
daute minor, t^uamvis fere te nullius egentem.'
omnis Aristippum decuit color et status et res,
temptantem maitira, ferc praesentibus aequum.
25 contra, (j[uem duplici panno patieutia velat,
mirabor, vitac via si convorsa decebit.
alter purpureum non exspectabit amictum,
(juidlibet indutus celeberrima per loca vadet
])ersouamque feret non inconcinnus utramque:
30 alter Milcti textam cane peius et angui
vitabit clilamydem, morietur frigore, si non
rcttuleris pannum. refer et sine vivat ineptus.
res gerere, et captos ostcndere civibus bostis,
. attingit solium lovis et caelcstia temptat.
35 principibus placuissc viris non ultima laus est.
non cuivis bomini contingit adire Corinthum.
sedit, (pii timuit uc non succederet: esto.
quid? (jui pervenit fecitne viriliter? atqui
bic est, aut nusquam, quod quaerimus. bic onus horrel
40 ut par^'is animis et parvo corpore maius:
bic subit et perfert. aut virtus nomen inane est,
aut decus et pretium recte petit experiens vir.
coram rege sua de paupertate tacentes
plus poscente ferent. distat sumasne pudenter
EPI8TULÄRÜM LIB. I. 17. \V. 245
45 an rapias: atqui rerum caput hoc erat, hie fons.
'indotata mihi soror est, paupercula mater,
et fundus nee vendibilis nee pascere finnus*
qui dicit, clamat 'vietiim date/ succinit alter
'et mihi dividuo findetur munere quadra/
50 sed tacitus pasci si posset corvus, haberet
plus dapis et rixae multo minus invidiaeque.
Brundisium comes aut Surrentum ductus amoenum
qui queritur salebras et acerbum frigus et imbris,
aut cistam effraetam et subducta viatica i)lorat,
55 nota refert meretricis aeumina, saepe catellam
saepe periscelidem raptam sibi flentis, uti mox
nuUa fides damnis verisque doloribus adsit.
nee semel inrisus triviis attollere eurat
fracto crure planum, lieet illi plurima manet
60 lacrima, per sanetum iuratus dicat Osirim
'credite, non ludo: crudeles, tollite claudum:*
'quaere peregrinum^ vicinia rauca reclamat.
XVII ' .
1 Quamvis, Seaeva, satis per te tibi consulis et stas,
3 disee, doeendus adhuc quae censet amiculus, ut si
eaeeus iter monstrare velit: tamen adspiee si quid
5 et nos quod eures proprium fecisse loquamur.
si te grata quies et primam somnus in horam
deleetat, si te pulvis strepitusque rotarum,
si laedit caupona, Ferentinum ire jubebo:
nam neque divitibus eontingunt gaudia solis,
10 nee vixit male qui natus moriensque fefellit.
si prodesse tuis paulloque benignius ipsum
te traetare voles, accedes siceus adunctum.
'si pranderet olus patienter, regibus uti
noUet Aristippus/ 'si sciret regibus uti;
15 fastidiret olus qui me notat' utrius horum
1 et stas. et scis.
246 Q. HOBATII I-XACCI
verba probcs et facta doce, vel iunior audi
cur Sit Aristippi potior senteutia. namqiie
mordacem cynicum sie eludebat, ut aiunt^
'8Curror ego ipse mihi, populo tu: rectius hoc et
20 splendidiuö multo est. equus ut me portet, alat rex,
officium facio; tu poftcis vilia rerum,
dante minor, quamvis fers te nullius egentem/
omnis Aristippum decuit color et statu» et i-es,
tentantem maiora, fere praesentibus aequum;
25 contra quem duplici panno patientia velat,
mirabor >itae via si conversa decebit.
alter purpuream non exspectabit amictom,
quidlibet indutus celeberrima per loca vadet
personamque feret non inconcinnus utramquc:
30 alter Mileti textam cane pejus et angui
vitabit chlamydem, morietur frigore, si non
rettuleris pannum. refer et sine vivat ineptu4.
:t(> non cuivis liomini contingit adire Corintlium.
XVIII.
Si bene te novi, metues, liberrimo Lolli,
scurrantis speciem praebere, profeasus amicum.
ut matrona meretrici dispar erit atque
discolor, infido scurrae distabit amicus.
5 est huic diversum vitio vitiuni propc maius.
asperitas agrestis et inconcinna gravisque,
quae sc commendat tonsa cute, dentibus atris,
dum volt libertas dici mera veracjue >'irtus.
rirtus est medium vitionim et utrimque reductum.
10 alter in obsequium plus aequo pronus, et imi
derisor lecti, sie nutum divitis horret,
sie iterat voces et verba cadentia tollit,
ut puerum saevo eredas dictata magistro
reddere vel partis mimum tractare secundas:
15 alter rixatur de lana saepc caprina,
EPISTULARUM LIB. I. 17. 18. 247
propugiiat nugig annatus: 'scilicet ut noii
»it mihi prima fiiles et vere quod placet ut non
acritcr elatrem? pretium aetas altera Bordet/
ambigitiir quid enim? Castor sciat an Doliehos plus;
20 Bnindisium Minuci melius via ducat an Appi.
quem damnosa .Venus, quem praeceps alea nudat,
^loria quem supra viris et vestit et unguit,
(juem tenet argenti sitis inportuna famesque,
quem pau])ertatis pudor et fuga, dives amicuS;
25 saepe decem vitiis instructior, odit et horret,
aut, si non odit, regit ac veluti pia mater
plus quam se sapere et virtutibus esse priorem
volt et ait prope vera: *meae (contendere noli)
Htultitiam patiuntur opes: tibi parvola res est.
HO arta deeet sanum comitem toga: desine meeum
certÄre.' Eutrapelus cuicumque nocere volebat,
vestimenta dabat pretiosa: 'beatus enim iam
cum pulehri» tunicis sumet nova consilia et spes,
dormiet in lueem, scorto postponet honestum
35 officium, nummos alienos paseet, ad imum
Tliraex erit aut olitoris aget mercede caballum.'
72 non ancilla tuum ieeur ulceret ulla puerve
intra marmoreum vcnerandi limen amici,
HC dominus juieri i)ulchri grataeve puellae
munere te caro beet aut incommodus angat.
HT arcanum neque tu scrutaberis illius umquam,
commissumque teges et vino tortus et ira.
iicc tua laudabis studia aut aliena reprendes,
40 nee, cum venari volet ille, poemata panges.
•rratia sie fratrum geminorum, Amphionis atque
Zethi, dissiluit, donec suspecta severo
conticuit lyra. fraternis cessisse putiitur
nioribus Amphion: tu cede potentis amici
4> Icnibus inii)eriiS; quotiensque educet in agros
Aetolis onerata plagis iumenta canesque,
71 grataeve. carflevo. 75 caro. i?rato.
248 Q. HORAXn FLACCI
surge et inhumanae senium depone camenae,
ceues ut pariter pulmenta laboribus empta:
Romanis sollemne viris opus, utile famae
50 vitaeque et membris: praesertim cum valeas et
vel euren superare canem vel viribus aprum
possis. adde, virilia quod speciosius arma
non est qui tractet: scis quo clamore coronae
proelia sustineas campestria; denique saevam
55 militam puer et Cantabrica bella tulisti
sub duce qui templis Parthomm signa refigit
nunc, et siquid abest Italis adiudicat armis.
ac ne te retrahas et inexcusabilis absis,
quamvis nil extra, numerum fecisse modumque
60 cunus, interdum nugaris rure patemo:
partitur lintris exercitus, Actia pugna
te duce per pueros hostili more refertur,
adversarius est frater, lacus Hadria, donec
alterutrum velox victoria fronde Coronet.
89 oderunt hilareni tristes tristemque ioeosi,
sedatuni celeres, agilem gnavumque remissi,
potores [bibuli media de nocte Falerni
oderuntj porrecta ncgantem pocula, quamvis
nocturnoö iures te formidare tepores.
65 consentire suis studiis qui crediderit te,
fautor utroque tuum laudabit pollice ludum.
protinus ut moueam (siquid monitoris eges tu),
quid de quoque viro et cui dicas, saepe videto.
percontatorem fugito: nam garrulus idem est,
70 nee retinent patulae commissa fideliter aures,
et semel emissum volat inrevocabile verbum.
76 qualem commendes etiam atque etiam aspice, ne mox
incutiant alieua tibi peccata pudorem.
fallimur et quondam non dignum tradimus: ergo
quem sua culpa premet, deceptus omitte tueri,
80 ut penitus notum si temptent crimina, serves
91 [ J M. V. 72 75 siiul versetzt nach oben hinter 36.
EPISTULARÜM LIB. 1. 18. 19. 249
tuterisque tuo fidenteni praesidio: qui
deute Theonino cum circumroditur, ecquid
ad te post pauUo veutura pericula sentis?
uam tua res agitur, paries cum proximus ardet,
S5 et ueglecta solent inceudia sumere viris.
dulcis inexpertis cultum potentis aniici:
expertus metuit. tu, dum tua navis iu alto est,
hoc age, ne mutata retrorsum te ferat aura.
1(4 deme supercilio nubem: plerumque modestus
\V) occupat obscuri speciem, tacitumus acerbi.
inter cuncta leges et i)ercontabere doctos,
qua ratione queas traducere leniter aevum,
ne te semper inops agitet vexetque cupido,
ue pavor et rerum mediocriter utilium spes:
100 virtutem doctrina paret naturane donet,
((uid minuat curas, quid te tibi reddat amicum,
quid pure trauquillet, Iiouos au dulce lucellum
an secretuni iter et fallentis semita yitae.
me quotiens reficit gelidus Digentia rivus,
105 quem Mandela bibit, rugosus frigore pagus,
(juid sentire ])uta8, quid credis, amice, precari?
'sit mihi quod nunc est, etiam minus, et mihi vivam
{[\ii)(\ superest acvi, siquid superesse volunt di:
sit ])ona librorum et provisae frugis in annum
110 copia, neu fluitcm dubiae spe pendulus horae.
sed satis est orarc lovem quae ponit et aufert:
det vitam, det opes: aequum mi animum ipse parabo.
XIX.
Prisco si credis, Maeccnas docte, Cratino,
nulla placere diu nee vivere carmina possunt,
(juae scribuntur aquae potoribus. ut male siccos
ascripsit Liber satyris faunisque poetas:
V. SO— 93 sind versetzt oben nach V. 04. 'i siccos. sanos.
%>« a Hi'iftATII FLACXn
^ rraa Unie dnlfe» nlaenmt mmae cameiuie:
laudria^ ju^vitsr Tini tibo«» H<»ineras:
Eiudn« ip«e pstcr BiasqnaB nin piifu;» ad arma
pmnluit «lirenda. 'f*innD Pntealqne Libonii»
numdabi» rieri«. adiiniun cantare sereri^'
t# b«^ rimnl edixi et mm cc«avere pnelae
iK^tuni'» ferure mem. potere dinmo.
quid? itiquis voltn toiro fenu et petie nado
eii;riiaeque tn^ae nmalet textore CatAnem.
^irtutemne repraie»eiitet moresque Catonis?
1^ nipit larbitam Timagenis aemala lingua.
liuni studet urbanu.« tenditqne diseitus kaheri.
det-ipit exemplar %itii< imitabile. qucni si
pallerem ca«u. biberent essangue caminum.
o imitatnres, genram pecuf«, ut mihi saepe
20 bili'ni. saepe iocam ve$tri moTere tuinultns!
libera |)er Tacuum po»ui Testigia priiireps.
nou aliena meo prciM^i pede. qui sibi fidit,
(lux regit examen. Parios ego primus iambos
ngtendi Latio. numeros animosqne »ccutns
3 Archilochi. non re^i et agentia verba Lycamben.
ac ne nie foliis ideo brerioribus omes,
quod timui mutare modos et carminis artem,
tomperat Archilochi musam pede mascula Sappho,
temj>erat Alcaeus, ged rebus et ordine dispar
^ nee gocenim quaerit quem yereibug oblinat atris,
nee gponsae laqueum famoso carmine nectit.
Imne ego non alii dictum prius ore Latino
volgavi iidicen. iuvat inmemorata ferentem
ingenuis ooulisque legi inanibusque teneri.
35 pcire velis, mea cur ingratus opuscula lector
landet ametque domi, premat extra limen iniquu^;
non ego A'cntosae jdebis suifragia venor
inpensis cenarum et tritae munere vestis;
5 lyrae. fero. lo edixi ct. cdixi und edixit. 32 U tl) erlief erui
hunc ogo lion alio dictum prius ore Latiiius u. Latinis.
EnSTULARÜM LIB. I. 19. 2(». 251
iiou cgo iiobilium seriptorum auditor et ultor
40 ^ammaticas ambire tribus et pulpita dignor.
Inno illae lacrimae. 'spissis indigna theatria
scripta pudet recitare et nugis addere pondus"
Hi dixi, ^rides' ait 'et lovis auribus ista
sen'aB: iidis enim manare poetica mella
45 te soliim, tibi pulcher/ ad haec ego naribiifi uti
fonnido et, luctsintin acute ne secer ungiii,
Mi^plicet iste locus' clamo, et diludia posco.
Iiulus enim genuit trepidum certamen et iram,
im tniois ihimicitias et funebre bellum.
XX.
Vortumnum lanumque, liber, spectare nderis,
pcilicct ut prostes Sosiorum pumice mundus.
odisti clavis et grata sigilla pudico,
])aucis ostendi gemis et communia laudaS;
5 non ita nutritus. fuge quo descendere gestifl.
nou erit emisso reditus tibi, 'quid miser egi?
quid volui?* dices, ubi quid te laeserit; et sei»
iu breve te cogi, cum plenus languet amator.
(|uod si nou odio peccuntis desipit augur,
10 earus eris Romae, donec te deseret aetas:
rontrectatus ubi manibus sordescere volgi
«•oepcris, aut tineas pasces taciturnus inertis
aut fnpries Uticam aut vinctus mitteris Ilerdam.
ridebit monitor non exauditus, ut ille
15 (pii male parentem in rui>iR protruait asellum
iratus: quis enim invitum «en^are laboret?
lioc quoque te manet, ut pueros elementa doceutem
oi'nii)ct extremis in vicis balba senectuR.
cum tibi sol tepidus pluris admoverit auris,
20 nie libortino natum patre, et in tenui re,
mtiiores pennas nido extendisse loqueris.
ut quantum generi demas, virtutibus addas;
252 Q. HORATII FLACCI EPISTTLARUM LIB. I. 20.
me primis urbis belli placuisse domique;
corporis exigui, praecanum, solibus aptum^
25 irasci celerem, tarnen ut placabilis essein.
forte meum siquis te percontabitur aevum,
me quater undenos seiat inplevisse dec^mbris^
collegam Lepidum quo duxit LolliuB anno.
Q. HORATII FLACCI
EPISTULARUM
LIBER SECÜNDÜS.
I.
Cum tot sustincas et tanta uegotia solus,
res Italas armis tuteriS; moribus omes,
legibus emendeS; in ])ubliea commoda peccem,
si longo sermone morer tua tempora, Caesar.
5 Konmlus et Liber pater et cum Castore PoUux,
])ost ingentia facta deorum in templa recepti,
dum terras kominumque colunt genuS; aspera bella
conponunt, agros adsignant, oppida condunt,
l)loravere suis non respondere favorem
10 spcratum mcritis. diram qui contudit hydram
notaque fatali portenta labore subegit,
conperit invidiam supremo fine domari.
urit euim fulgore suo, qui praegravat artis
infra kc positas: extinctus amabitur idem.
15 praesenti tibi maturos largimur honores
iurandascpie tuum per numen ponimus araS;
nil oriturum aliaS; nil ortum tale fatentes.
sed tuus hie ))opuluS; sapiens et iustus in uuo
te nostris ducibus, te Grais anteferendo,
20 cetera nequaquam simili ratione modoque
aestimat; et nisi (juae terris semota suisque
temporibus defuncta videt, fastidit et odit,
sie fautor veterum; ut tabulas peccare vetantis
quas bis quinque viri sanxerunt, foedera regum
25 Tel Gabiis vel cum rigidis aequata SabiniS;
254 Q. HORATII FLAOCl
poutificum libroS; aiinosa volumiua vatuni
(lietitet Albauo musas iu moute loeiitas.
Hl; quia Gmioruui siuit antiquissima quae^iuc
scripta vcl optima, Romani pensantiir eailem
M) Hrriptore» tnitina, noii est quod multa loquamar;
uil intra est oleii, iiil extra est in nuce duri,
venimus ad summuni foi-timae, pingrinius aU^ue
psalliniKK et luctamur Äehivis doetiiis iinetig.
si meliora dies, ut viiia, poeniata reddit,
35 'scirc veliiii, chartis pretiiim qiiotus iu'i*oget aunns
scriptor abliiiu* anuos eentum qui. decidit, inter
perfectos veteresiiue referri debet an inter
vilis atqiie novos? excliidat iiirgia finis.
'est v<»tus atqiic probiis, c^utum qui perficit annot
40 quid? <|ui deperiit minor uno mense vel anno,
inter qm>s referendus erit? veteresne i>oetas,
an quos et i^raesens et postera respuat aetas?
Mst«» quidem veteres inter ponetur honeste,
qui vel mense brevi vel toto est iunior anno/
45 utor permisso, eaudaeque pilos ut equinae
paullatim vello et demo unum, demo et item unu
dum cadat elusus ratione ruentis acervi
<iui redit in fastos et virtutem aestimat annis
miraturque nihil nisi quod Libitina sacmvit.
50 Kunius et sapiens et fortis et alter Homerus,
ut critici dirunt, leviter curare videtur*
quo promissa cadant et somnia Pythagorea?
Xaevius iu manibus non est et mentibus haeret
piiene recens? adeo sanctum est vetus omne poem
5> junbigitur quotieus, uter utro sit prior, aufert
Pacuvius docti famam senis, Accius alti:
5»)' <iuautus sit l)(»ssennus edacibnH in ufirnRitis
EriSTUL.VKUM LIB. II. I. 2ZÖ
<>o lios ediscit et ho» arto »tipata tkeatro
spectat Roma potens; habet hos numeratque poet^iB
ad nostrum tempus Livi scriptoris ab aevo.
iiiterdum volgus rectum videt: est ubi peccat.
^^i veteres ita miratur laudatque poetaS;
«5 iit nihil anteferat; nihil illis conparet, errat,
qui quaedam nimis autique, qui pleraque dure
dicere credit eos, ignave multa fatetur,
et sapit et meciim facit et love iudicat aequo,
no« equidem insector dclendave carmina Livi
:o e^se reor, memini (|ua6 plagosum mihi parvo
Orbilium dictare: sed emendata videri
pulchraquc et exactis minimum distantia miror.
inter quae verbum emicuit si forte decorum,
si versus pauUo concinnior uuus et alter,
15 iuiuste totum ducit venditquc poeiiia.
indi^ior quiequam reprcndi, uou (juia cnisse
rnnpositum inlepideve putetur, sed quia uuper,
nci' veiiiam anti(|uis, sed hom)rem et praemia posci.
rccte nccne erocuni floresque perambulet Attac
Sil fabula si dubiteiu, clament periissc pudorem
üuncti iiaene patres, ea cum reprendcre coner
quae gravis Aesopus, quae doctus Roscius egit ;
vcl quia uil rectum, nisi quod placuit sibi, ducunt,
vel quia turpe putant i)arerc minoribus, et quae
bb inberbi didicere, senes pordenda fateri.
iam saliarc Xumac caimeu qui laudat, et illud,
(piod mecum iguorat, solus volt scire videri,
iugcniis non illc favet plauditque sepultis,
uostra sed ini)ugnat; nos uostraque lividus odit.
([uod si tarn Graccis novitas invisa fuisset
<iuani uobi«, quid nunc esset vetus? aut quid haberet
<luod legeret tereretque viritim publicus usus?
;it primum positis nugari Graecia bellis
eoepit et in lusum fortuua labier ae(|ua,
G«. iiui-«!'.!. ^i-si. yi lubum. vitiuin.
'0
256 • Q. HORATII FLACCI
05 nunc athletarum studüs, nunc arsit equorum,
mannoris aut eboris fabros aut aeris aniavit,
Buspendit picta voltum mentemque tabella,
nunc tibicinibus, nunc est gavisa tragoedis;
sub nutrice puella velut si luderet infans.
100 quod cupide petiit, mature plena reliquit.
quid placet aut odio est, quod non mutabile credas?
hoc paces habuere booae ventique secundi.
Romae dulce diu fuit et sollemne reclusa
mane domo vigilare, clienti promere iura,
105 cautos nominibus rectis expendere nummos,
maiores audire, minori dicere, per quae
crescere res possct, miiiui damnosa libido.
mutavit meutern populus le™ et calet uno
scribendi studio; pueri patresque severi
11 > fronde comas vincti cenant et canniua dictant.
ipse ego, qui nullos me adfirmo scribere versus,
invenior Parthis mendacior et prius orto
sole vigil calamum et Chartas et scrinia posco.
navem agere ignarus na vis timet; abrotonum aegro
115 non audet nisi qui didicit dare: quod medicorum est
[)romittunt medici, tractant fabrilia fabri:
scribimus indocti doctique poemata passim.
hie error tarnen et levis haec insania quantas
virtutes habeat sie coUige. vatis avarus
120 non temere est animus: versus amat, hoc studet unum,
detrimenta, fugas servoruin, incentlia ridet,
non fraudem socio puerove incogitat uUam
pupillo, vivit siliquis et pane secundo,
militiae quam quam piger et malus, utilis urbi,
125 si das hoc, parvis quoque rebus magna iuvari.
08 tenerum pueri balbumque poeta figurat,
torquet ab obscaenis iam nunc sermonibus aurem,
mox etiam pectus praeceptis format amicis,
asperitatis et invidiae corrector et irae,
130 recte facta refert, orientia tempora notis
instruit exemplis, inopem solatur et aegrum.
EPISTÜLARÜM LIB. II. 1. 257
castis cum pueris ignara puella mariti
disceret unde preces, vatem ni musa dedisset?
poscit opem chorus et praesentia numina sentit;
i:i5 caelestis inplorat aquas docta prece blanduS;
avertit morbos, metuenda pericula pellit,
impetrat et pacem et locupletem fnigibus annum.
carmine di superi placantur, carmine manes.
agricolae prisci, fortes parvoque beati,
140 condita post frumenta levantes tempore feste
corpus et ipsum animum spe finis dura ferentem
cum sociis operum pueris et coniuge fida,
Tellurem porco, Silvanum lacte piabant,
floribus et vino Genium memorem bre^^s aevi.
145 Fescennina per hunc inventa licentia morem
versibus altemis opprobria rustica fudit,
libertasque recurrentis accepta per annos
lusit amabiliter, donec iam saevus apertam
in rabiem coepit verti iocus et per honestas
150 ire domos inpune minax. doluere cruento
dente lacessiti, fuit intactis quoque cura
condicione super comrauni, quin etiam lex
poenaque lata, malo quae noilet carmine quemquam
describi. vertere modum, formidine fustis
155 ad bene dicendum delectandumque redacti.
Graecia capta ferum victorem cepit et artis
intulit agresti Latio. sie borridus ille
defluxit numerus Satuniius et grave virus
munditiae pepulere: sed in longum tamen aevum
160 raanserunt hodieque manent vestigia ruris.
senis enim Graecis admovit acumina chartis,
et post Punica bella quietus quaerere coepit,
quid Sophocles et Thespis et Aeschylus utile ferrent,
temptavit quoque iam si digne vertere posset,
105 et placuit sibi natura sublimis et acer:
nam spirat tragicum satis et feliciter audet,
164 iam. rem.
Lrhrs, Horatios. 1*7
258 Q. HORATIl FLACCl
sed turpem putat inscite metuitque lituram.
creditur, ex medio quia res arcessit, habere
gudoris minimum; sed habet comoedia tanto
170 plus oneris, quanto veiiiae minus, aspiee, Plautus
quo pacto partis tutetur amantis ephebi,
ut patris attenti, lenonis ut insidiosi,
quam non adstrieto percurrat pulpita socco.
175 gestit enim mimmum in loculos demittere, post hoc
securus cadat an recto stet fabula talo.
quem tulit ad seaenam ventoso gloria curru,
exanimat lentus spectator^ seduhis inflat:
sie leve, sie parvum est, animum quod laudis avarum
180 subruit aut refieit. valeat res ludicra, si me
palma negata maerum, donata reducit opimum.
saepe etiam audacem fugat hoc terretque poetam,
quod numero plures, virtute et honore minores,
indocti stolidique et depugnare parati
185 si discordet eques, media inter carmina poscunt
aut ursum aut pugiles : his nam plebecula gaudet.
verum equitis quoque iam migravit ab aure volupta^
omnis ad incertos oculos et gaudia vana.
quattuor aut pluris aulaea premuntur in horaS;
190 dum fugiunt equitum turmae peditumque catervae;
mox trahitur manibus regum fortuna retortis,
esseda festinant, pilenta, petorrita, naves,
captivum portatur ebur, ca[)tiva Corinthus.
si foret in terris, rideret Democritus, seu
19.> diversum confusa genus panthera camelo
sive elephas albus volgi converteret ora;
spectaret populum ludis attentius ipsis
ut sibi praebentem nimio speetacula plura;
scriptores autem narrare putaret asello
2«M) fabellam surdo. nam quae i)ervincere voees
evaluere sonum, referunt quem nostra theatra?
173 quantus sitDosseonus edacibus inparasilis ist oben nach V. 55
gesetzt.
EPISTULARÜM LIB. II. 1. 259
Garganuni niiigirc putes nemus aut mare Tuscum,
tanto cum strepitu ludi spectantur et artes
flivitiaeque pcregrinae: quibus oblitus actor
205 cum stetit in scaena, concurrit dextera laevae.
dixit adhuc aliquid? nil sane. quid placet ergo?
lana Tarentino violas imitata veneno.
ac ne forte putes me, (juae facere ipee recusem^
cum recte tractent alii, laudare maligne;
210 ilje per extentum funem mihi posse videtur
ire poeta; meum qui pectus inaniter angit,
iuritat, mulcet, falsis terroribue inplet,
ut magus, et modo me Thebis, modo ponit Atlienig.
verum age et bis, qui se lectori credere malunt
215 quam spectatoris fastidia ferre superbi,
curam redde brevem, si munus Apolline dignum
vi» conplere libris et vatibus addere calcar,
ut studio maiorc petant Helicona virentem.
multa quidem nobis facimus mala saepe poetae
220 (ut vineta egomet caedam mea), cum tibi librum
soUicito damus aut fesso; cum laedimur^ umim
giquis amicorum est ausus reprendere versumj
cum loca iam recitata revolvimus inrevocati;
cum lamentamur, non adparere labores
225 nostros et tenui deducta poemata filo;
cum speramus eo rem venturam ut, simul atque
carmina rescieris nos fingere, commodus ultro
arcessas et egere vetes et scribere cogas:
sed tamen est operae pretium cognoscere, qualia
230 aedituos habeat belli specta-ta domique
virtus, indigno non committenda poetae.
gratus Alexandro regi magno fuit ille
Choerilus, incultis qui versibus et male nati»
rettulit accei)to8, regale nomisma, Pliilippos.
235 ged veluti tractata notam- labemque remittunt
atramenta, fere scriptores carmine foedo
gplendida facta linunt. idem rex ille, poema
qui tam ridiculum tam care prodigug emit,
260 Q HORATII FLACCI
edicto vetuit nequis se praeter Apellen
240 pingeret aut alius Lysippo duceret aera
fortis Alexandri voltum simulantia. quod si
iudicium subtile videndig artibus illud
ad libros et ad baec musarum dona vocareS;
Boeotum in crasso iurares aere natum.
!>45 at neque dedecorant tua de se iudicia atque
munera, <iuae multa dantis cum laude tulerunt,
dilecti tibi Vergilius Variusque poetae,
nee magis expressi voltus per aenea signa,
quam i)er vatis opus mores animique vironim
2)0 claromm adparent. nee sermones ego mallem
repentis ])er bumum quam res conponere gestas^
terrarumque situs et flumina dicere et arcis
montibus inpositas et barbara regna, tuisque
auspiciis totum confeeta duella per orbem,
255 claustraque custodem pacis cobibentia lanum,
et formidatam Parthis te principe Romam,
si quantum cuperem, possem quoque: sed neque parvum
Carmen maiestas recipit tua, nee mens audet
rem temptare pudor quam vires ferre recusent.
21)0 sedulitas autem, stillte quem diligit, urguet,
praeeipue cum se numeris commendat et arte:
discit cnim citius meminitque libentius illud
quod quis deridet quam quod probat et veneratur.
nil moror officium quod me gravat; ac neque ficto
^A"» in i)eiu8 voltu proponi cereus usquam,
nee prave factis decorari versibus opto,
ne rubeam pingui donatus munere et una
cum scriptore meo capsa porrectus operta
deferar in vicum vendentem tus et odores
270 et piper et quidquid chartis amicitur ineptis.
EPISTULARUM LIB. 11 2. 261
IL
Flore, bono claroque fidelis amice Neroni,
siquis forte velit puerum tibi vendere natum
Tibure vel Gabiis et tecum sie agat, *hic et
candidus et talos a vertice pulcher ad imoB
5 fiet eritque tuus uummorum milibus oeto,
vema ministeriis ad nutus aptiis erilis,
litterulis- Graecis imbutus : idoneus arti
cuilibet argilla quidvis imitabitur uda,
quin etiam canet indoctum sed dulce bibenti.
10 multa fidem promissa levant, ubi plenius aequo
laudat venalis qui volt extrudere mercis:
res urguet me nulla: meo sum pauper in aere.
nemo hde mangonum faceret tibi: non temere a me
quivis ferret idem. semel hie cessavit et, ut fit,
15 in sealis latuit metuens pendentis habenae/
15* sie si quod satis est sapienti dieat aperte,
des nummos, excepta nihil te si fuga laedit,
ille ferat pretium poenae securus, opinor.
prudens emisti vitiosum; dicta tibi est lex:
insequeris tarnen hune et lite moraris iniqua?
20 dixi me pigrum proficiscenti tibi, dixi
talibus offieiis prope mancum, ne mea saevus
iurgares ad te ((uod epistula nuIIa rediret.
quid tum profeci, mecum facientia iura
si tamen attemptas? quereris super hoe etiam^ quod
25 exspectata tibi non mittam earmina mendax.
Luculli miles coUeeta viatica multis
aerumnis, lassus dum noctu stertit, ad assem
perdiderat: post hoc vehemens lupuS; et sibi et hosti
iratus pariter, ieiunis dentibus acer,
30 praesidium regale loco deiecit, ut aiunt,
summe munito et multarum divite rerum.
clarus ob id factum donis omatur honestis,
15' Zusatz des Herausgebers.
262 <l. HORATII FLACCI
aeei]nt et bis dena saper sestertia nummum.
forte sab hoc tempus castellum evertere praetor
:)5 neseio quod cupiens bortari coepit eundem
verbis quae timido quoque possent addere mentem:
M, bone, quo virtus tua te vooat, i pede fausto,
grandia laturus meritorum praemia. ([uid stas?'
post baec ille eatus, quantiunvis rusticus, 'ibit,
4^» ibit eo quo vis qui zonam perdidit' iuquit.
Romae nutriri mibi eontigit atque doceri
iratus Grais quantum uocuisset Achilles,
adieeere bonae paullo plus artis Äthenae,
scilicet ut vellem curvo dignoscere rectum
45 atque inter silvas Academi quaerere verum,
dura sed emovere loco me tcmpora grato,
civilisque rüdem belli tulit aestus in arma
Caesaris Augusti non responsura lacertis.
unde simul ])rimum me dimisere Philippi,
50 decisis bumilem pennis inopemque paterni
et laris et fundi, paupertas inpulit audax
ut versus facerem: sed quod non desit habeutem
quae poterunt umquam satis ex])urgare cicutae,
ni melius dormire putem (juam scribere versus?
55 singula de nobis anni i)raedantur euntes;
eripuere iocos, Venerem, convivia, Indmn;
tendunt extorquere poemata: quid faciam vis?
denique non omnes eadem mirantur amantque.
cannine tu gaudes, hie delectatur iarabis,
<)(• ille Bioneis semKmibus et sale nigro.
tres mihi convivae prope dissentire videntur,
poscentes vario multum diversa palato.
quid dem, quid non dem? renuis quod tu, iubet alter;
(luod petis, id sane est invisum acidumque duobus.
65 i)raeter cetera me Romaene poemata ccnses
scribere posse inter tot curas totque labores?
hie sponsum vocat, hie auditum scripta relictis
Omnibus officiis: cubat hie in colle Quirini,
hie extremo in Aventino, visendus uterque:
KPISTCLARUM LIB. II. 2. 263
70 iutervalla Wdes haud sane coramoda. verum
piirae sunt plateae, nihil ut meditantibus obstet,
nempe instat calidus mulis genilisque redemptor,
torquet nunc lapidem nunc ingens machina tignum,
tristia robustis luctantur funera plaustris,
75 hacr rabiosa fugit canis, hae lutulenta ruit sus :
i nunc et versus tecum meditare canoros.
scriptoruin chorus omnis amat nemus et fugit urbis,
rite cliens Baechi somno gaudentis et umbra:
tu me inter strepitus nocturnos atque diurnos
80 vis eanere et contracta sequi vestigia vatum?
ingenium, sibi quod vacuas desumpsit Athenas
et studiis annos Septem dedit insenuitque
libris et curis, statua taciturnius exit
plerumque et risu populum quatit: hie ego rerum
S5 fluctibus in mediis et tem])estatibus urbis
verba lyrae motura sonum conectere digner?
fratcr erat Romae consulti rhetor, uterque
S7* alterius laudum sie admirator ut alter
alterius sermone meros audiret honores,
Grassus ut hie Uli, foret huic ut Mucius ille.
90 qui minus argutos vexat furor iste poetas?
carmina conpono, hie elegos. mirabile visu
caelatumque novem'musis opus! aspice primum,
quanto cum fastu, quanto molimine circum
spectemus vacuam Romanis vatibus aedem:
i'h mox etiam, si forte vacas, scqnere et procul audi,
quid ferat et qua re sibi neetat uterque coronam.
caedimur et totidem plagis consumimus hostem
lento Samnites ad lumina prima duello.
discedo Alcaeus puncto illius; ille meo quis?
100 quis nisi Callimachus? si plus adposcere visus,
fit Mimnermus et optivo cognomine crescit.
70 haud sane Froelich. humane. 72 nempe instat. Festinat.
87. 87' ergänzt von Mein. Ueberlieferung rhetor ut alter alterius
sormone. 89 Crassus B. Gracchus.
264 Q HORATII FLACCI
multa ferO; ut placem genus inritabile vatum,
cum scribo et supplex populi sufFragia capto:
idem, finitis studiis et meiite recepta^
t05 obturem patiilas inpune legentibus auris.
ridentur mala qui conponunt carmina; veram
gauilent scribentes et se venerantur et ultro,
si taceas, laudant quidquid scripsere beati..
at qui legitimum cupiet fecisse poema,
110 cum tabulis animum censoris sumet honesti;
audebit, quaecumque parum splendoris habebunt
et sine pondere erunt et honore indigna ferentur^
verba movere loco, quamvis invita recedant
et versentur adhuc intra penetralia Vestae;
ti5 obscurata diu populo bonus eruet atque
proferet in lucem speciosa vocabula rerum,
quae priscis memorata Gatonibus atque Cethegis
nunc Situs informis premit et deserta vetustas;
adsciscet nova quae genitor produxerit usus,
120 vemens et liquidus puroque simillimus amni
fundet opes Latiumque beabit divite lingua.
luxuriantia conpescet, nimis aspera sano
levabit cultu, virtute carentia tollet,
ludentis speciem dabit et torquebitur ut qui
125 nunc Satyrum, nunc agrestem Cyelopa movetur.
praetulerim scriptor delirus inersque videri,
dum mea delectent mala me vcl denique fallant,
quam sapere et ringi? fuit haud ignobilis Argis,
qui se credebat miros audire tragoedos
133 in vacuo laetus sessor plausorque theatro;
cetera qui vitae servaret munia recto
more, bonus sane vicinus, amabilis hospes,
comis in uxorem, posset qui ignoscere servis
et signo laeso non insanirc lagoenae,
135 posset qui rupem et puteum vitare patentem,
hie ubi cognatorum opibus curisque refectus
expulit elleboro morbum bilemque meraco,
et redit ad sese, 'pol me occidistis, amici;
EPISTULARCM LIB. II. 2. 21)5
noii servastis* «ait, 'cui sie extorta voluptas
110 et demptus per vim mentis gratissimus error/
nimirum sapere est abiectis utile nugis,
et tempestiviim pueris concedere ludum,
ac non verba sequi fidibus modulanda Latinis,
sed verao numerosque modosque cdiscere vitae.
115 quocirca mecum loquor haec tacitusque recordor:
si tibi nuUa sitim finiret copia lymphae^
narrares medicis: quod quauto plura parasti,
tanto plura cupis^ nulline faterier audes?
si volnus tibi monstrata radice vel herba
150 non fieret levius, fugeres radice vel herba
proficiente nihil curarier: audieras, cui
rem di donarent, Uli decedere pravam
stultitiam, et cum sis nihilo sapientior ex quo
plenior es, tamen uteris monitoribus isdem?
155 at si divitiae prudentem reddere possent,
si cupidum timidumque minus te, nempe ruberes,
viveret in terris to siquis avarior uno.
si proprium est quod ([uis libra mercatus et aere est,
quaedam, si credis consultis, mancipat usus;
ißo qui te pascit ager, tuus est, et vilicus Orbi,
cum segetes occat tibi mox frumenta daturas,
te dominum sentit, das nummos, accipis uvam,
pullos, ova, cadum temeti. nempe modo usus
paullatim mercaris agrum, fortasse trecentis
105 aut etiam supra nummonim milibus emptum.
quid refert, vivas numemto nuper an olim?
emptor Aricini quondam Veientis et arvi
emptum cenat olus, quamvis aliter putat; emptis
sub noctem gelidam lignis CAlefactat aenum:
170 sed vocat usque suum qua populus adsita ceiiis
limitibus vicina refigit iurgia tamquam
sit proprium quicquam, puncto quod mobilis horao
nunc prece nunc pretio, nunc vi, nunc morto suprema
103 usus. isto.
266 Q. UORATII FLACCI
permutet dominos et cedat in altera iura.
175 sie quia perpetuus nulli datur usus et hercs
heredem alterius velut unda supervenit undani;
quid vici prosunt aut horrea? quidve Calabris
saltibus adiecti Lucani, si metit Orcus
grandia cum par^Hs non exorabilis auro?
190 gemmas, marmor, ebur, Tj^rrliena sigilla^ tabellas,
argentum, vestis Gaetulo murice tinctas,
sunt qui non habeant, est qui non curat habere,
cur alter fratnim cessare et ludere et ungui
praeferat Herodis palmetis jnnguibus, alter
195 dives et inportunus ad umbram lucis ab ortu
silvestrem flammis et ferro mitiget agrum,
seit Genius, natale comes qui temperat astrum,
naturae deus humanae mortalis, in unum
quodque eaput voltu mutabilis, albus et ater.
190 utar et ex modieo quantum res poscet acervo
tollam ego, nee metuam quid de me iudicet beres,
quod non plura datis iuvenerit: et tamen idem
scire volam, quantum simplex hilarisque nepoti
discrepet et quantum discordet i)arcus avaro.
ii»5 distat enim, spargas tua prodigus an neque sumptum
invitus faeias neque plura i)arare labores,
ac potius, puer ut festis quinquatribus oliin,
exiguo gratoque fruaris tempore raptim.
I)auperie9 inmunda i)rocul precor absit: ego utrum
200 nave ferar magna an parva, ferar unus et idem.
non agimur tumidis velis aquilone seeundo,
non tamen adversis aetatem ducimus austris,
viribus, ingenio, specie, virtute, loco, re
extremi primorum, extremis usque priores.
205 non es avanis: abi. quid? cetera iam simul isto
cum vitio fugere? caret tibi pectus inani
ambitione? caret mortis foraiidine et ira?
191 tollam ego nee. tollam nee. 199 precor B. domus u. anderes
(s Comraentan.
-i' EPISTULARUM LIB. II. 2 267
ÄS; somnia; terrorcs magicos, miracula, sagaS;
s^ nocturnos lemures portentaque Thessala rides?
T natalis grate numeras? ignoseis amicis?
>■ lenior et melior fis accedente senecta? —
I quid te exempta levat simiis de pluribus una?
vivere si reete nescis, decede peritis.
f lusisti satis, edisti satis atque bibisti:
; tempus abire tibi est, ne potum largius aequo
rideat et pulset lasciva decentius aetas.
Q. HORATII FLACCI
DE ARTE POETICA
LIBER.
Huniano eapiti cervicem pictor equinam
iungere si velit et varias inducere formas,
undique collatis membris ut turpiter atruiii
desinat in piscem mulier formosa superne,
5 spectaitum admissi risum teneatis amiei?
credite, Pisones, isti tabulae fore librum
permisileniy cuius velut aegri somnia vanae
fingentur species, ut nee pes nee caput uni
reddatur formae. pictoribus atque poetis
10 quidlibet audendi semper fuit aequa potestas.
Bcimus, et hanc veniam petimusque damusque vieissim ;
sed non ut plaeidiB eoeant inmitia, non ut
serpentes avibus geminentur, tigribus agni.
inceptis gravibus plerumque et magna professis
15 purpureus, late qui splendeat, unus et alter
adsuitur pannus, eum lueus et ara Dianae
et properantis aquae per amoenos ambitus agros,
aut ilumen Rhenum, aut pluvius describitur arcus.
sed nunc non erat Ins locus, et fortasse cupressum
20 scis simulare: quid hoc, si fractis enatat exspes
navibus, aere dato qui pingitur? amphora coepit
institui: cun*ente rota cur urceus exit?
denique sit quidvis, simplex dumtaxat et unum.
maxima pars vatum, pater et iuvenes patre digni,
25 decipimur specie recti: brevis esse laboro,
obscurus fio; sectantem levia nervi
2 formas B. plumas.
DE ARTE POETICA LIBER. 269
dcficiunt animique: professus grandia turget;
serpit hiimi tutus nimium timidusque procellae;
qiii variare cupit rem prodigialiter unani;
^ii delphinum silvis adpingit, fluctibus aprum.
in ritium ducit ciilpae fuga, si caret arte.
Aemilium circa ludum faber unus et unguis
expriraet et mollis imitabitur aere eapilloa,
3H*
infelix operis summa; quia ponere totum
35 nesciet. Imnc ego me, siquid conponere eurem,
non magis esse velim quam naso vivere pravo,
spectandum nigris oculis nigroque capillo.
130 nee sie incipics, ut scriptor cyclius olim,
'fortunam Priami cantabo et nobile bellum/
quid dignum tanto feret liic promissor hiatu?
parturiunt montes, nascetur ridiculus mus.
140 quanto rectius bic qui nil molitur inepte,
^dic mibi, musa, virum, captae post moenia Troiao
qui mores hominum multorum vidit et urbis/
non fumum ex fulgore, sed ex fumo dare lucem
cogitat, ut speciosa dehinc miracula promat.
145 Antipbaten ScyUamque et cum Cyclope Cbarybdin.
nee reditum Diomedis ab interitu Meleagri,
nee gemino bellum Troianum orditur ab ovo:
semper ad eventum festinat et in medias res
non secus ac notas auditorem rapit, et quae
150 desperat tractata nitesc^re posse, relinquit,
atque ita mentitur, sie veris falsa remif^cet,
primo ne medium, medio ne discrepet imum.
39 sumite materiam restris, qui scribitis, aequam
viribus, et versatc diu, quid ferre rccusent,
40 quid valeant umeri. cui lecta potenter erit res,
nee facundia deseret bunc nee lucidus ordo.
ordinis baec virtus erit et venns, aut ego fallor,
ut iam nunc dicat iam nunc debentia dici,
3.*^' etwa alter odor ille unfangenil.
270 Q. HOKATll FLACCl
pleraque differat et praesens in tempus omittat.
45 in verbis etiam tenuis cautusque serendiS;
hoc amet, hoc spemat promissi carminis auctor.
dixeris egregie, notum si callida verbuni
reddiderit iunctura novum. si forte necesse est
indiciis monstrare recentibus abdita rerum,
50 fingere cinetutis non exaudita Cethegis
continget, dabiturque licentia sunipta pudenter,
et nova fictaque niiper habebunt verba fidem^ si
52'
Graeco fönte cadent, parce detorta. (juid autem
Caecilio Plautoque dabit Romanus ademptum
55 Vergilio Vario(iue? ego cur, adquirere pauca
si ])08sum, invideor? cum lingua Catonis et Enni
sennonem patrium ditaverit et nova rerum
nomina i)rotulcrit. licuit scmperque licebit
signatum praesentc nota procudere nummuni.
60 ut silvae foliis privos mutantur in annos,
60' ut nova succrescunt novus et decor enitet illis,
prima cadunt, ita verborum vetus interit aetas,
et iuvenum ritu florent modo nata vigentque.
debemur niorti nos nostraque: sive receptus
terra Neptunus classis aquilonibus arcgt,
65 regis opus, sterilisve ])alus prius aptaque remis
vieinas urbis alit et grave sentit aratrum,
sou cursum mutavit initjuum frugibus amnis
doctus iter melius: mortalia facta peribunt,
nedum sermonum stet bonos et gratia vivax.
70 multa renasccntur quao iam cecidere, cadentque
(luae nunc sunt in honore vocabula, si volet usus,
(][uem pencs arbitrium est et ins et norma loquendi.
res gestae regumque ducumque et tristia bella
(juo scribi possent numero, monstravit Homerus.
V) versibus inpariter iunctis querimonia primum,
40 Hamracrstein. 52* Der Schluss etwa aut si. 59 nummum
Luisinus. iiomon. CO privos B. pronos. 60' Herausgeber. 65 palus
prius B. diu palus.
PE ARTE rOETlCA LIBER. 271
post etiam inclusa est voti sententia compos.
quis tarnen exiguos elegos emiserit auetor,
grammatici certant, et adhue sub iudice lis est.
Archilochum proprio rabies armavit iambo.
80 hune socci cepere pedem grandesquo cothurni^
alternis aptum sermonibus et popularis
vincentem strepitus et natum rebus agendis.
musa dedit fidibus divos puerosque deorum
et pugilem victorem et equum certamine primum
85 et iuvenum curas et libera viua referre.
discriptas servare viees operumque colores
cur ego si nequeo iguoroque poeta salutor?
cur nescire pudens prave quam discere malo?
versibus exponi tragicis res comica non volt:
90 indignatur item privatis ac prope socco
dignis carminibus narrari cena Tbyestae.
singula quaeque locum teneant sortita decentem.
interdum tarnen et vocem comoedia toUit,
iratusque Cbremes tuniido delitigat ore;
95 et tragicus plerumque dolet sermonc pedestri
Telepbus et Peleus, cum pauper et exul uterque
proicit ampullas et sesquipedalia verba,
81 curat cor spectantis tetigisse querella.
non satis est pulchra esse poemata: dulcia sunto
100 et quocumque volent animum auditoris agunto.
ut ridentibus arrident, ita flentibus adflent
humani voltus. si vis me flere, dolendum est
primum ipsi tibi: tunc tua me infortunia laedent,
Telephe vel Peleu: male si mandata loqueris,
105 aut dormitabo aut ridebo. tristia maestum
voltum verba deccnt, iratum pleua minarum,
ludentem lasciva, severum seria dictu.
format enim natura prius nos intus ad omnem
fortunarum babitum; iuvat aut inpellit ad iram,
110 aut ad bumum maerore gravi deilucit et angit:
02 Ribbeck.
272 Q- HORATH FLACCI
post effert animi motus interprete lingua.
si dicentis erunt fortunis absona dicta,
Romani toUent equitesque patresque caeliinnum.
intererit multum divusne loquatur an heroS;
115 maturusne Bcnex an adhuc florente iuventa
fenidus, et matrona potenH an sedula nutrix,
mercatorne vagus cultome virenti« agelli^
Colchus an Assyrius, Tbebis nutritus an Argis.
aut faniam sequere auf »ibi convcnientia finge.
12(» 8crii)t()r Homereum si forte reponis Aebillem,
inpiger, iraeundus, inexorabilis, acer
iura neget sibi nata, nibil non arroget armis.
»it Medea ferox invictaque, flebilis Ino,
perfidua Ixion, lo vaga, tristis Orestes.
125 siquid inexpertum scaenae committis et audes
personam formare novam, servetur ad imum
qiialis ab incepto processerit, et sibi constet.
difficile est proprie communia dicere; tiique
rectius Iliaeum Carmen dedueis in actus,
130 quam si profcrres ignota indictaque primus.
publica materies privati iuris crit, si
non circa vilem patulumque moraberis orbem,
nee verbum verbo curabis reddere fidus
interpres, nee desilies imitator in artum,
i:;5 unde pedem profen-e pudor vetet aut operis lex.
153 tu quid ego et populus mecum desideret audi:
si plausoris eges aulaea manentis et usque
155 sessuri, donec cantor S^os plaudite' dicat,
aetatis cuiusque notandi sunt tibi mores,
mobilibusque decor maturis dandus et annis.
reddere qui voces iam seit puer et pede certo
signat bumum, gestit paribus colludere et iram
i'U) coUigit ac ponit temere et mutatur in horas.
inberbus iuveiiis, tandem custode remoto,
113 equitesque patresque B. eqnites i)e(litesquo. Die Verse 136 bis
152 sind oben hingesetzt nach V. :^7. Homereum B. honoratum
DE ARTE POETICA LIBER. 273
gaudet equis canibusque et.aprici gramine campi,
cereuB in Vitium flecti, monitoribus asper,
utilium tardus provisor, prodigus aeris,
165 gublimis cupidusque et amata relinquere pemix.
conversis studiis aetas animusque virilis
quaerit opes et amicitias, inserrit honori,
commisisse cavet quod mox mutare laboret.
multa Bcnem circumveniunt incommoda, vel quod
170 quaerit et inventis miser abstinet ac timet uti;
vel quod res omnis timide gelideque ministrat,
dilatof; spe lentus, iners pavidusque futuri;
difficilis, querulus, laudator temporis acti
se puerOy castigator censorque minorum.
175 multa ferunt anni venientes commoda seeum,
multa recedentes adimunt: ne forte seniles
mandentur iuveni partes pueroque viriles.
semper in adiunetis aevoque morabimur aptis.
aut agitur res in scaenis aut acta refertur.
ISO segnius inritant animos demissa per aurem
quam quae sunt oculis subiecta fidelibus et quae
ipse sibi tradit spectator. non tamen intus
digna gen promes in scaenam, multaque tolles
ex oculis quae mox narret facundia praesens,
185 ne pueros coram populo Medea trucidet,
aut humana palam coquat exta nefarius Ätreus,
aut in avem Procne vertatur, Gadmus in anguem.
quodcumque ostendis mihi sie, incredulus odi.
neve minor neu sit quinto productior actu
190 fabula quae posci volt et spectata reponi.
nee deus intersit; nisi dignus vindice nodus
ineiderit: nee quarta loqui persona laboret.
actoris partis chorus officiumque virile
defendat, neu quid medius intercinat actus
195 quod non proposito conducat et haereat apte.
ille bonis faveatque et consilietur amice.
172 lentus. pavidus B. longus. avidus.
LKHXfl, Hontiiu. IB
274 Q. HORATD FLACCI
et regat iratoS; et amet pacare tumentis,
ille dapes laudet meusae brevis, ille salubrem
iustitiam legesque et ai)erti8 otia portis,
200 ille tegat commissa, deosque precetur et oret
ut redeat miseris, abeat fortuna superbis.
tibia non ut nunc orichalco vineta tubaeque
aemula, sed tenuis simplexque foramine paueo
adspirare et adesse choris erat utilis atque
205 nonduni spissa nimis conplere sedilia flatu:
quo sane populus numerabilis, utpote parvus,
et frugi castusque verecundusque coibat.
postquam eoepit agros extendere victor et urbis
latior ampleeti murus vinoque diurno
210 placari Genius festis inpune diebus,
accessit numerisque modisque licentia maior.
indoetus quid enim saperet liberque laborum,
rusticus urbano confusus, turpis honesto?
sie priscae motumque et luxuriem addidit arti
215 tibicen traxitque vagus per pulpita vestem;
sie etiam fidibus voces crevere severis,
et tulit eloquium insolitum facundia praecepS;
utiliunique sagax rerum et divina futuri
sortilegis non discrepuit sententia Delphis.
220 carmine qui tragico vilem certavit ob hircuni,
mox etiam agrestis satyros nudavit et asper
ineolumi gravitate iocum temptavit eo quod
inleccbris erat et grata novitat^ morandus
speetator funetusque sacris et potus et exlex.
225 verum ita risores, ita commendare dicacis
eonveniet satyros, ita vertere seria ludo,
ne quicuraque deus, quicumque adhibebitur heros,
regali conspectus in auro nuper et ostro,
migret in obscuras bumili sermone tabemas,
230 aut, dum ^itat humum, nubis et inania captet.
eflfutire levis indigna tragoedia versus,
212 und 213 Paldamus.
DE ARTE POETICA LIBER. 275
ut festis matrona moveri lu8sa diebus,
intererit satyris paullum pudibunda protervis:
non ego inornata et dominantia nomina solum
235 verbaque, Pisones, satyromm scriptor amabO;
nee sie enitar tragico differre colori,
ut nihil intersit Davusne loquatur et audax
Pythias emuncto luerata Simone talentum,
an eustos famulusque dei Silenus alumni.
240 ex noto fictum carmen sequar, ut sibi quivis
speret idem, sudet multum frustraque laboret
ausus idem: tantum series iuneturaque pollety
tantum de medio sumptis aeeedit honoris,
silvis deducti eaveant; me indice^ fauni
245 ne velut innati triviis ac paene forenses
aut nimium teneris iuyfinentur versibus umquani;
aut inmunda crepent ignominiosaque dieta:
offenduntur enim quibus est equus et pater et res,
nee, siquid fricti ciceris probat et nucis emptor,
250 aequis aeeipiunt animis donantve Corona,
syllaba longa brevi subiecta vocatur iambus,
pes citus ; unde etiam trimetris accrescere iussit
nomen iambeis, cum senos redderet ictus
primus ad extremum similis sibi: non ita pridem,
255 tardior ut paullo graviorque veniret ad auris,
spondeos stabilis in iura patema recepit
commodus et patienS; non ut de sede seeunda
cederet aut quarta socialiter. hie et in Acci
nobilibus trimetris apparet rarus, et Enni
2C0 in scaenam missos cum magno pondere versus
aut operae celeris nimium curaque carentis
aut ignoratae premit artis crimine turpi.
non quivis videt inmodulata poemata iudex^
et data Romanis venia est indigna poetis.
265 idcircone vager scribamque licenter? an omnis
visuros peccata putem mea? tutus et intra
spem veniae cautus vitavi denique culpam^
non laudem merui. vos exemplaria Graeca
18*
276 a HORATU FLACCl
nocturna versate manu, vers^tö diurna.
270 at vestri proavi Plautinos et numeros et
laudavere sales, nimium patienter utrumque,
ne dicam stulte, mirati, si modo ego et tos
8cimu8 inurbanum lepido seponere dicto,
legitimumque Bonum digitis callemus et aure.
275 ignotum tragicae genus invenisse camenae
dicitur et plaustris vexisse poemata Thespis
quae canerent agerentque peruncti faecibus ora.
post hunc personae pallaeque repertor honestae
Aeschylus et modicis instrayit pulpita tignis
280 et docuit magnumque loqui nitique cothumo.
successit vetus his comoedia; non 8ine multa
laude: sed in vitium libertas excidit et vim
dignam lege regi: lex est accepta^ chorusque
turpiter obticuit sublato iure noeendi.
285 nil intemptatum nostri liquere poetae,
nee minimum meniere decu8 vestigia Graeea
ausi deserere et celebrare domestica facta,
vel qui praetextas vel qui doeuere togatas.
nee virtute foret clarisre potentius armis
290 quam lingua Latium, si non ofFenderet unum
quemque poetarum limae labor et mora. vos, o
Porapilius sanguis, Carmen reprendite quod non
multa dies et multa litura coercuit atque
praesectum deciens non castigavit ad unguem.
295 ingenium misera quia fortunatius arte
credit et excludit sanos Helicone poetas
Democritus, bona pars non unguis ponere curat^
non barbam, secreta petit loca, balnea vitat.
nanciscetur enim pretium nomenque poetae,
3"0 si tribus Anticyris Caput insanabile numquam
tonsori Licino commiserit. o ego laevus,
qui purgor bilem sub vemi temporis horam.
non alius faceret meliora poemata. verum
nil tanti est. ergo fungar vice cotis, acutum
305 reddere quae ferrum valet, exsors ipsa secandi;
DE ARTE POETICA LIBER. 277
munus et officium, nil scribens ipse, docebo,
unde parentur opes, quid alat formetque poetam,
quid deceat; quid non, quo virtus, quo ferat error.
333 aut prodesse volunt, aut delectare poetae,
aut simul et iucunda et idonea dicere vitae.
335 quidquid praecipies, esto brevis, ut cito dicta
percipiant animi dociles teneantque fideles.
omne supervacuum pleno de pectore manat
ficta voluptatis causa sint proxima veris,
ne quodcumque volet poscat sibi fabula credi,
340 neu pransae Lamiae vivum puerum extrahat alvo.
centuriae seniorum agitant expertia frugis,
celsi praetereunt austera poemata Ramnes:
omne tulit punctum qui miscuit utile dulci,
lectorem delectando'pariterque monendo.
345 hie meret aera Über Sosiis, hie et mare transit
et longum noto scriptori prorogat aevum.
309 scribendi recte sapere est et principium et fons.
310 rem tibi Socraticae poterunt ostendere chartae;
verbaque provisam rem non invita sequentur.
qui didicit patriae quid debeat et quid amicis,
quo sit amore parens, quo fraier amandus et hospes^
quod sit conscripti, quod iudicis officium, quae
315 partes in bellum missi ducis, ille profecto
reddere personae seit convenientia cuique.
respicere exemplar vitae morumque iubebo
doctum imitatorem et vivas hinc ducere voces.
interdum speciosa locis morataque recte
320 fabula nullius veneris, sine pondere et arte,
valdius oblectat populum meliusque moratur
quam versus inopes rerum nugaeque canorae.
Grais ingenium, Grais dedit ore rotundo
musa loqui, praeter laudem nullius avaris.
325 Romani pueri longis rationibus assem
discunt in partis centum diducere. 'dicat
filius Albini, si de quincunce remota est
uncia, quid superat? poterat dixisse' 'triens:* 'eu.
278 Q. HüRATn FLACCI
rem poteris servare tuam. redit uncia, quid fit?'
330 'semis/ an, haec animos aerugo et cura peculi
cum semel imbuerit, speramus carmina fingi
posse linenda cedro et levi servanda cupresso?
347 sunt delicta tarnen quibus ignovisse yelimus:
nam neque chorda sonum reddit quem volt manus et mens,
poscentique gravem persaepe remittit acutum,
350 nee semper feriet quodcumque minabitur arcus.
venim ubi plura nitent in carmine, non ego paucis
offendar maculis, quas aut incuria fudit,
aut humana parum cavit natura, quid ergo est?
ut scriptor si peccat idem librarius usque,
355 quamvis est monitus, venia caret, ut citharoedus
ridetur, chorda qui semper oberrat eadem,
sie mihi; qui multum cessat, fit Choerilus ille,
quem bis terve bonum cum risu miror; et idem
indignor quandoque bonus dormitat Homerus.
3<:o verum operi longo fas est obrepere somnimi.
ut pictura poesis: erit quae, si propius stes,
te capiat magis, et quaedam, si longius abstes;
haec amat obscurum, volet haec sub luce videri,
haec placuit somel, haec deciens repetita placebit^
365 iudicis argutum quae non formidat acumen;
o maior iuvenum, quamvis et voce paterna
fingeris ad rectum et per te sapis, hoc tibi dictum
tolle memor, certis medium et tolerabile rebus
recte concedi: consultus iuris et actor
370 causarum mediocris abest virtute diserti
Messallae, nee seit quantum Cascellius Aulus,
sed tamen in pretio est: mediocribus esse poetis
non homines, non di, non concessere columnae.
ut gratas inter mensas sjTuphonia discors
375 et crassum unguentum et Sardo cum melle papaver
offendunt, poterat duci quia cena sine istis,
333—346 sind oben hingesetzt nach 308. 364. 365 sonst in um-
gekehrter Ordnung.
DE ARTE POETICA LIBER. 279
sie animis natum inventumque poema iavandis^
si pauUum summo decessit^ vergit ad imum.
ludere qui nescit, campestribus abstinet armis;
aso indoctusque pilae discive trochive quiescit,
ne spissae risum toUant inpune coronae:
qui nescit versus, tarnen audet fingere, quidni?
.über et ingenuus, praesertim census equestrem
summam nummorum, vitioque remotus ab omni.
385 tu nihil invita dices faciesve Minerva:
id tibi iudicium est, ea mens, siquid tarnen olim
scripseris, in Maeei descendat iudieis auris
et patris et nostras, uonumque prematur in annum,
membranis intus positis: delere, licebit
390 quod non edideris; nescit vox missa reverti.
silvestris homines sacer interjiresque deorum
caedibus et victu foedo deterruit Orpheus,
dictus ob hoc lenire tigris rabidosque leones.
dictus et Amphion, Thebanae conditor arcis,
395 saxa movere sono testudinis et prece blanda
ducere quo vcllet. fuit haec sapientia quondara,
publica privatis secernere, sacra profanis,
concubitu prohibere vago, dare iura maritis,
oppida moliri, leges incidere ligno.
400 sie honor et nomen divinis vatibus atque
carminibus venit. post hos insignis Homerus
Tyrtaeusque maris animos in Martia bella
versibus exacuit: dictae per carmina sortes,
et vitae monstrata via est, et gratia regum
40> Pieriis teraptata modis, ludusque repertus,
et longorum operum finis ; ne forte pudori
sit tibi musa lyrae sollers et cantor Apollo,
natura fieret laudabile Carmen an arte,
quaesitum est. ego nee Studium sine divite vena,
410 nee rüde quid possit video ingenium: alterius sie
altera poscit opem res et coniurat amice.
qui studet optatam cursu contingere metam,
multa tulit fecitque puer, sudavit et alsit.
280 . Q* HORATn FLACCl
abstinuit Venere et vino; qui Pythia cantat
415 tibic^n, didicit prius extimuitque magistrum.
nee satis est dixisse 'ego mira poemata pango:
oecupet extremum Scabies: mihi tuq)e relinqui,
et quod non didici sane neseire fateri/
ut praeco, ad mercis turbam qui cogit emendas,
420 adsentatores iubet ad lucrum ire ])oeta
dives agriS; dives positis in fenore nummis.
si vero est, unctuin qui reete ponere possit,
et spondere levi pro paupere, et eripere artis
litibus implicitum; mirabor, si seiet inter
425 noseere mendacem verumque beatus amieum.
tu seu donaris seu (|uid donare voles cui,
nolito ad versus tibi factos ducere plenum
laetitiae: clamabit enim 'pulchre, bene, reete/
pallescet super bis, etiam stillabit amicis
430 ex oculis rorem, saliet^ tundet pede terram.
ut qui eondueti ploraut in funere^ dieunt
et faciunt prope plura dolentibus ex animo, sie
derisor vero plus laudatore movetur.
reges dicuntur multis urguere culullis
435 et torquere mero quem perspexisse laborant,
an sit amicitia dignus : si carmina condes,
numquam te fallant animi sub volpe latentes.
Quintilio siquid recitareS; 'eorrige sodes
hoc' aiebat 'et hoc/ melius te posse negares
440 bis terque expertum frustra, delere iubebat
et male formatos ineudi reddere versus,
si defendere delictum quam vertere malles,
nullum ultra verbum aut operam insumebat inanem,
quin sine rivali teque et tua solus amares.
445 vir bonus et prudens versus reprendet inertis,
culpabit duros; incomptis adliuet atrum
transverso calamo Signum, ambitiosa recidet
omamenta, parum claris lucem dare coget,
arguet ambigue dictum, mutanda notabit,
450 fiet Aristarchus: non dicet 'cur ego amieum
DE ARTE POETICA LIBER. 281
offendam in nugis?' hae uugae seria ducent
in mala derisum semel exceptumque sinistre.
ut mala quem Scabies aut morbus regius urguet
aut fanaticus error et iracunda Diana,
455 vesanum tetigisse timent fugiuntque poetam
qui sapiunt: agitant pueri incautique sequuntur.
hie dum sublimis versus ructatur et errat,
si veluti merulis intentus deeidit aueepa
in puteum foveamve, licet 'succurrite' longum
460 clamet *io cives,* non sit qui tollere curet.
si curet quis opem ferre et demittere funem,
'qui scis an prudens huc se proiecerit atque
servari nolitV dicam, Siculique poetae
narrabo interitum. deus inmortalis haberi
465 dum cupit Empedocles, ardentem frigidus Aetnam
insiluit. sit ius liceatque perire poetis.
invitum qui servat, idem facit occidenti.
nee semel hoc fecit, nee si retractus erit, iam
fiet homo et ponet famosae mortis amorem.
470 nee satis adparet cur versus factitet; utrum
minxerit in patrios cineres, an triste bidental
moverit incestus: certe furit, ac velut ursus,
obiectos caveae valuit si frangere clathros,
indoctum doctumque fugat recitator acerbus;
475 quem vero arripuit, tenet occiditque legende,
non missura cutem, nisi plena cruoris, hirudo.
467 Ribbeck.
Druck Tun J. B. HnuiraKKLo in L4>ipzig.
m23w^
J. .