Skip to main content

Full text of "Q. Horatius Flaccus : mit vorzugsweiser Rücksicht auf die unechten Stellen und Gedichte"

See other formats


Google 


This  is  a  digital  copy  of  a  book  that  was  prcscrvod  for  gcncrations  on  library  shclvcs  bcforc  it  was  carcfully  scannod  by  Google  as  pari  of  a  projcct 

to  make  the  world's  books  discoverablc  online. 

It  has  survived  long  enough  for  the  Copyright  to  expire  and  the  book  to  enter  the  public  domain.  A  public  domain  book  is  one  that  was  never  subject 

to  Copyright  or  whose  legal  Copyright  term  has  expired.  Whether  a  book  is  in  the  public  domain  may  vary  country  to  country.  Public  domain  books 

are  our  gateways  to  the  past,  representing  a  wealth  of  history,  cultuie  and  knowledge  that's  often  difficult  to  discover. 

Marks,  notations  and  other  maiginalia  present  in  the  original  volume  will  appear  in  this  flle  -  a  reminder  of  this  book's  long  journcy  from  the 

publisher  to  a  library  and  finally  to  you. 

Usage  guidelines 

Google  is  proud  to  partner  with  libraries  to  digitize  public  domain  materials  and  make  them  widely  accessible.  Public  domain  books  belong  to  the 
public  and  we  are  merely  their  custodians.  Nevertheless,  this  work  is  expensive,  so  in  order  to  keep  providing  this  resource,  we  have  taken  Steps  to 
prcvcnt  abuse  by  commercial  parties,  including  placing  lechnical  restrictions  on  automated  querying. 
We  also  ask  that  you: 

+  Make  non-commercial  use  ofthefiles  We  designed  Google  Book  Search  for  use  by  individuals,  and  we  request  that  you  use  these  files  for 
personal,  non-commercial  purposes. 

+  Refrain  fivm  automated  querying  Do  not  send  automated  queries  of  any  sort  to  Google's  System:  If  you  are  conducting  research  on  machinc 
translation,  optical  character  recognition  or  other  areas  where  access  to  a  laige  amount  of  text  is  helpful,  please  contact  us.  We  encouragc  the 
use  of  public  domain  materials  for  these  purposes  and  may  be  able  to  help. 

+  Maintain  attributionTht  GoogXt  "watermark"  you  see  on  each  flle  is essential  for  informingpcoplcabout  this  projcct  and  hclping  them  lind 
additional  materials  through  Google  Book  Search.  Please  do  not  remove  it. 

+  Keep  it  legal  Whatever  your  use,  remember  that  you  are  lesponsible  for  ensuring  that  what  you  are  doing  is  legal.  Do  not  assume  that  just 
because  we  believe  a  book  is  in  the  public  domain  for  users  in  the  United  States,  that  the  work  is  also  in  the  public  domain  for  users  in  other 
countries.  Whether  a  book  is  still  in  Copyright  varies  from  country  to  country,  and  we  can'l  offer  guidance  on  whether  any  speciflc  use  of 
any  speciflc  book  is  allowed.  Please  do  not  assume  that  a  book's  appearance  in  Google  Book  Search  mcans  it  can  bc  used  in  any  manner 
anywhere  in  the  world.  Copyright  infringement  liabili^  can  be  quite  severe. 

Äbout  Google  Book  Search 

Google's  mission  is  to  organizc  the  world's  Information  and  to  make  it  univcrsally  accessible  and  uscful.   Google  Book  Search  hclps  rcadcrs 
discover  the  world's  books  while  hclping  authors  and  publishers  rcach  ncw  audicnccs.  You  can  search  through  the  füll  icxi  of  ihis  book  on  the  web 

at|http: //books.  google  .com/l 


y/'j'.  //j/jr 


J 


(l  HORATIUS  FLACCUS. 


i>nL'C!T/''ij'n 


MIT  VOEZLTGSWKI^SEK  KrOKSICHT 
AUP  DIE  UNECHTEN  STELLEN  UND  GEDICHTE 


H  E  U  A  U  S  Ü  E  G  E  B  E  N 


vii:. 


K.  LEHKS. 


iitorr.ssnii  IX  K«»Mfis«r:no. 


StreLuu  110»  exorcet  incitia 

Ilnr.  Epirt.  I,  II,  18. 


LEIPZIG, 
F.  C.    W.   VOGEL. 


^r.^96- 


'/ 


V  Vn.t  A^   ' 


A 


MEINEN  FREUNDEN  . 


RUDOLPH  SKRZECZKA 


UND 


C.  F.  WILHELM  MÜLLER 


ZUGEEIGNET. 


VORREDE. 


Und  ist  es  oinUieh  dir  geluwgon, 
Und  bist  du  vom  Gefühl  durchdrungen, 
Was  fi*uchtl>ar  ist  allein  ist  wahr: 
Du  prüfst  das  allgemeine  Walten: 
Es  wird  nach  seiner  Weise  schalten: 
Ges«'lle  dich  der  kleinsten  Schaar. 


üass  der  gesunde  Meusehenverstand  sieh  zu  richten  habe 
nacli  der  Ueberlieferung,  nicht  die  Ueberlieferung  ihr  Urtheil 
zu  erwarten  habe  «aus  dem  gesunden  Menschenverstände,  nach 
dieser  Norm  ist  zwar  von  Jeher  in  der  Kritik  in  ziemlicher 
Breite  gehandelt  worden,  und  breiter  wol  nirgend,  aus 
alter  lieber  Gewohnheit  und  pädagogischer  Herzensangst, 
als  im  Horaz.  Dass  aber  solche  menschliche  Schwachheit 
formulirt  wird  als  die  rechte  Weisheit,  das  geschah  wol 
erst  in  neuerer  Zeit.  Die  Erscheinungen,  welche  daraus 
her\'orgingen ,  konnten  nicht  anders  sich  gestalten  als  er- 
heiternd. Und  so  sind  sie  denn  auch,  jene^Kleinbürger  der 
Ueberlieferung,  wenn  sie  ihre  trockene  Ueberlieferung  mit 
der  vornehm  gemachten  Etikette  ^Methode'  (denn  Schema- 
tismus ist  es  ja  oder  Schablone)  unter  grossem  Wichtigthun, 
auch  wol,  wenn's  trifft,  unter  charlatanischem  Ausruf  als 
Universalmittel  von  Hand  zu  Hand  vertreiben.    Und  in  der 


VI  VORREDE. 

Gebrauchsanweisung  liest  man  unterstrichen  'objective  Kritik'. 
Die  es  nicht  giebt.  Jede  Kritik,  sobald  sie  über  das  Hand- 
werk hinausgeht,  sobald  sie  ihren  rechtmässigen  Ehrennamen 
desUrtheilens  verdient,  ist  natürlich  subjectiv.  Ein  gescheites 
Subject  macht  gescheite  Kritik  —  was  nicht  dasselbe  ist 
mit  irrthumsloser  — ,  und  umgekehrt.  Und  ein  jedes  Pro- 
blem verlangt  seine  eigene  Lösung:  für  jeden  einzelnen  Fall 
ist  der  Weg  zu  finden,  zu  ahnen,  der  zum  Ziele  führt,  die 
Richtung,  in  der  er  liegen  möcht«,  die  Mittel,  welche  durch 
Berg  und  Wald  die  ihn  verdecken  hindurchführen.  Sich 
fort  und  fort  innerhalb  der  Berge  nach  rechts  und  links 
herumdrehen,  als  gäbe  es  da  hinten  nichts  weiter,  während 
das  Ziel  und  die  Aussicht  draussen  liegt,  wie  fruchtbar  und 
unterhaltend  das  ist,  kann  man  in  den  Horazausgaben  lernen. 
Unangenehm  ist  es  freilich,  dass  man  zu  dem  würdigen  Per- 
gamen  das  Beste  erst  selbst  mitbringen  soll :  aber  es  ist  nicht 
anders:  sogar  den  Geschmack.  Auf  den  sie  unter  dem 
Namen  der  ästhetischen  Gründe  —  nun  es  muss  ausgedrückt 
werden  wie '  es  sich  giebt  —  eine  ganz  besondere  Pique 
haben.  Das  wäre!  Ein  jeder  Kunstkenner  und  Kunstkri- 
tiker thut's:  der  Gemäldebeurthdler,  der  Archäolog:  und 
wir,  denen  die  edle  Aufgabe  geworden,  die  Kunstwerke  des 
menschlichen  Worts  zu  deuten  und  einzureihen,  wir  sollten 
mit  dem  Armuthszeugniss  vor  ein  Publicum  treten,  das  Schil- 
ler und  Goethe  hinter  sich  hat,  und  uns  bei  Kunstwerken 
das  Kriterium  des  Geschmacks  versagen! 


Die  bisher  geschilderte  Erscheinung,  welche  augenblick- 
lich nicht  unberührt  bleiben  konnte,  wird  in  dieser  Art,  als 
grundsätzliche,  sich  bald  verziehen.  Sie  ist  ein  künstliches 
Product.  Demohngeachtet  wird  das  Widerstreben  aus  den 
bekannten  natürlichen  Neigungen  und  Abneigungen  der  Men- 


VORREDE.  VII 

sehen  auch  im  Horaz  fortdauern.  Aber  es  bewegt  sich  doch, 
und  wird  fortfahren  sich  zu  bewegen. 

'Accidit  etiam  litteratis  hominibus  ut  ea  quibus  a  puerili 
aetate  adsueverunt  omni  errorrs  suspicione  exclusa  pro  veris 
habeant.    Insigne  exemplum  praebent  carmina  Horatii,  quae 
omni    tempore  lectitata  explicamuii,  laudamus,  admiramur 
tanta  credulitate,  ut  etiam  ad  claram  lucem  eaecutiamus. 
coepit  tamen  soporem  istum  excutere  vir  acuti  iudicii,  P. 
HoAnan  Peerlkamp,  quamquam  ille  mea  sententia  nunc  Ion- 
gius  quam  par  erat,  nunc  non  eo  usque   quo  oportebat  pro- 
gressus.^    Was   diese  Worte  Gottfried  Hermann's  enthalten 
(de  primo  carmine  Horatii),  dass  wir  auf  der  Grundlage  des 
Peerlkampschen  Gedankens  eine  neue  Ausgabe  brauchen^ 
ist  bisher  nicht  in  Erfüllung   gegangen.     Wie  viel  weiter 
würden  wir  aber  sein,  wenn  an  MeinekC;   dessen  kurzem 
Kommentar  wir  auch  in  dieser  Richtung  nicht  weniges  ver- 
danken, die  Forderung  einer  neuen  Ausgabe  herangetreten 
wäre.    Wie  sehr  hätte  ich   darauf  gehoflft!    Dass  ich  mich 
bestimmt  sehe  zu  einer  solchen  Ausgabe  des  Horaz,  in  der, 
wenn  auch  nicht  mehr  allein,   doch  immer  ganz  besonders 
die  Oden  ins  Auge  zu  fassen  sind,  da  wiederholt  sich  mir  die 
Erfahrung,  welche  ich  schon  einmal  in  einer  Vorrede  auszu- 
sprechen hatte,  dass  wir  zu  unsern  Büchern  durch  Schicksal 
kommen.    Denn  wie  sehr  mein  Herz  und  Sinn  von  jeher  an 
den  Satiren  und  Episteln  hing,    so    wenig  habe  ich  eine 
gleiche  Stellung  gegen  die  Oden  gewinnen  können.   Zu  wel- 
chen Horaz  ja  auch  gar  nicht  aus  zwingender  Anlage,  son- 
dern durch  Umstände  kam.    Es  wäre  ja  auch  schlimm,  wenn 
wir   von  einem  ganzen  Strom   herrlichster  Lyrik  umgeben, 
ausheimischer  und  einheimischer,  nicht  Urtheil  und  Empfin- 
dung für  wahre  LjTik  berichtigt  hätten  I  Aber  Horaz  ist  doch 
immer  Horaz,  den  wir  hinreichend  zu  beurtheilen  die  Mittel 


VIII  VORREDE. 

Iiaheu  und  dem  wir  auch  in  den  Oden  noch  cinipres  absp 
cheu  müssen,  was  hinausgeht  über  dasjenige,  was  allerdü 
der  grosseste  Theil  unserer  Athetesen  triflft,  das  Unsinni 
und  Absurde,   das  Läppische  •  und  Blödsinnige.    Ich  bin 
der  Erkenntniss  der  Sachlage  nicht  von  den  Oden  herj 
kommen,  sondern  von  eigigcn  Episteln,  die  ich  in  ihrer  . 
tzigen  Gestalt  durchaus  nicht  verstehen  konnte,  die  ich 
früheren  Jahren,  da  ich  Episteln  erklärte,  jedesmal  üIm 
schlug,  weil  ich  mir  nicht  zu  helfen  wusste,  bis  ich  dei 
endlich  einmal  mich  angeregt  fand  in  solcher  Trägheit  nie 
zu  verharren. 

So  ging  ich  denn  auch  als  ich  zuerst,  was  im  Jah 
1863  geschah,  uflFentlich  über  Horaz  sprach,  von  den  Ej 
stein  aus.  Einige  Oden  berührt«  ich  auch  damals  sclia. 
manche  andere  1864  und  1867.  In  den  Satiren  sind  mc 
ner  Ueberzeugung  nach  nur  einige  wenige  interpolirte  Ver» 
in  den  Epoden  einer. 

Die  Au(^abe,  welche  ich  mir  allein  gestellt  habe,  ist  di 
Untersuchung  über  den  Bestand  des  horazischen  Text« 
Sie  ist  die  erste  und  ist,  darauf  muss  ich  hier  wie  in  alle 
ähnlichen  Fällen  bestehen,  unabliängig  und  muss  unabhfti 
gig  gehalten  werden,  wenn  man  nicht  der  Unbefangenhei 
des  Blickes  und  der  Empfindung  Eintrag  thun  will,  von  eine 
andern  Aufgabe,  welche  die  spätere  ist,  die  Geschichte  de 
Textes.  Gewiss  eine  anziehende  Aufgabe  und,  wie  schwierij 
auch,  jedenfalls  des  Versuches  werth.  Da  sich  diese  Untei 
suchung,  was  überall  zu  sehr  vernachlässigt  ist,  hier  voi 
zugsweise  auf  diejenigen  Schicksale  zu  richten  haben  wird 
welchen  die  Texte  in  den  allerfrühesten  Stadien  ihres  Ein 
tritts  und  ihrer  Verbreitung  in  die  Oeffentlichkeit  nach  dei 
damaligen  Umständen  ausgesetzt  sein  konnten,  so  wird  wo 
auch  hier  die  Ueberlieferung  nicht  das  Beste  geben,  Bonden 


VORREDE.  IX 

der  Scharfblick  und  die  Umsicht  eines  alles,  was  in  Frage 
kommen  muss,  erspähenden  und  verbindenden  Geistes. 
Ueber  mein  Vorgehen  in  Betreff  der  Echtheit  und  Unecht- 
heit  habe  ich  nichts  weiter  zu  sagen.  Nur  über  mein  Ver- 
halten in  denjenigen  Stellen,  in  denen  ich  meine  dass  nur 
eine  Entstellung,  entstanden  durch  Verderbung  eines  oder 
mehrerer  Worte,  vorliege.  Es  sind  an  dem  Horaz  doch  meh- 
rere Männer  von  dem  bedeutendsten  Conjecturtalent  be- 
schäftigt gewesen.  Sie  sind  vielfach  gescheitert  und  sie  haben 
gemeint  sich  wider  ihr  sonstiges  Genie  behelfen  zu  müssen. 
Und  nach  mehreren  hat  ein  Mann  wie  Meineke,  dem  ja 
auch  in  diesem  Punkt  jedermann  das  Höchste  zutraut,  sieh 
an  einer  ganzen  Zahl  von  Stellen  veranlasst  gefunden,  durch 
ein  Zeichen  zu  erkennen  zu  geben,  dass  er  die  Stelle  für 
verdorben  halten  müsse,  eine  Conjectur  aber  nicht  zu  finden 
wisse.  Diese  Vorgänge  schienen  mir  hinreichende  Berech- 
tigung zu  dem  Glauben  zu  gewähren,  dass  überhaupt  mit 
einer  Herstellung  aus  Buchstabenverderbung  noch  viel  öfter 
nicht  durchzukommen  sei  als  man  bisher  %ich  dazu  ent- 
schlossen: dass  der  Fall  viel  öfter  vorliege,  dass  die  Ver- 
derbung durch  verlorea  gegangene  und  schlecht  ausgefüllte 
Worte,  ja  mitunter  Zeilen,  entstanden  sei.  Hienach  bin  ich 
mit  Entschiedenheit  verfahren. 

Mit  Ribbeck  freue  ich  mich  darin  in  Uebereinstimmung 
mich  zu  finden,  dass  wir  beide  den  schönen  Bentleyschen  Les- 
arten,  die  in  den  Winkel  gestellt  waren,  ihren  gebührenden 
Platz  gegeben.  Wirklich  ist  es  zu  verwundem,  wie  viele 
der  gewöhnlichen  Horazherausgeber  mit  ihm  umgehen  als 
treibe  er  Spielereien  dieser  Mann  mit  dem  göttlichen  Dä- 
monium,  dem  aus  seinem  Haupte  die  bewaffneten  Gedanken 
entsprangen,  wie  Minerva  dem  Jupiter. 


X  VORREDE. 

Die  interpolirten  Strophen  und  Verse  sind  eingerückt, 
Lücken  durch  Punkte  angezeigt.  Gedichte,  die  einer  grossem 
Umgestaltung  bedürftig  erschienen,  sind  zuerst  in  ihrer  her- 
kömmlichen Gestalt  abgedruckt,  hinterher  in  der  veränderten 
unter  derselben  Nummer,  also  z.  B.  etwa  II,  dann  II''.  Wenn 
was  nach  gewöhnlicher  Ansicht  ein  Gedicht  ist  uns  in  zwei 
zu  trennen  schien,  'ist  dies  bezeichnet  durch  z.  B.  Vr,  VP. 

Nur  bei  denjenigen  Lesarten  des  Textes,  welche  gar  keiner 
Ueberlieferung  entsprechen,  ist  die  üeberlieferung  darunter 
angegeben  und  der  Urheber  der  aufgenommenen  Textesworte. 
Wobei  B  Bentley  und  M  Meineke  bedeutet.  Wo  kein  Name 
steht  rühren  sie  von  mir  her:  so  weit  ich  weiss.  Etwaiges 
Nichtwissen  —  nattlrlich  stelle  ich  hiemit  jedem  Berechtig- 
ten sein  Eigenthum  zurück  —  zu  entschuldigen  habe  ich 
wol  nicht.  Wenigstens  um  eine  Verpflichtung  anzuerkennen, 
von  der  Horazlitteratur,  der  ganzen  oder  der  meisten,  Kennt- 
niss  zu  nehmen,  dazu  gehören  jedenfalls  ganz  andere  An- 
sichten über  die  Aufgaben  des  Lebens  als  ich  sie  nun  ein- 
mal habe.  Ich* habe  mir  ein  heiteres  Sprüchlein  von  Goethe 
über  die  Deutschen  Zeitschriften  schon  längst  auf  meinen 
Fall  übertragen: 

Wer  hätte  auf  alle  Horatiana  Acht, 
Morgens,  Mittag,  Abend  und  Mittemacht, 
Der  war*  um  alle  seine  Zeit  gebracht. 
Hätte  weder  Stunde  noch  Tag  noch  Nacht, 
Und  war'  ums  ganze  Jahr  gebracht : 
Das  hätt'  ich  ihm  gar  sehr  verdacht! 


Die  VcTschleifung  bei  Horaz.*) 

1.  Bei  Behandlung  der  Horazisclien  Verschleifungen 
darf  man,  und  es  wird  zweckmiiszig  und  übersichtlich  sein 
dies  zu  thun,  die  Oden  und  Briefe  einerseits  zusammen  be 
handeln,  abgesondert  die  Satiren.  Ich  will  hier  einiges  über 
die  Horazischen  Verschleifungen  aufschreiben,  und  zwar  wie 
es  für  die  Oden  und  die  Briefe  mit  Einschlusz  der  ars  pve- 
lica  geltend  ist,  deren  SynalOphen  ich  tibersehe.  Für  die 
zweite  Silbe  der  Verschleifung  darf  man  keine  für  unanstöszi- 
ger  gebrauclit  ansprechen  als  et  und  est,  jenes  natürlich  noch 
viel  häufiger  als  dieses  erscheinend,  und  man  darf  sich  ge- 
faszt  machen  beide  in  manchen  Fällen  häufig  oder  auch 
allein  angewendet  zu  finden,  wo  andere  Silben  Bedenken 
hätten.  Dann  folgen  Präpositionen,  einzeln  oder  in  Zusam- 
mensetzungen, nebst  dem  untrennbaren  ///  privativum.  Dann 
erst  nominale  und  verbale  Stämme,  pronominale  nebst  Par- 
tikelstämmen. Diese  Unterscheidung  der  Stämme  ist  bei  der 
lateinischen  Verschleifung  sehr  wichtig.  Die  fünfzehn  Gedichte 
z.  B.  des  vierten  Buches  enthalten  überhaupt  48  Verschlei- 
fungen, wobei  wir  das  Vindelici  et  A,  18  als  vermuthlich 
richtig  mitzählen,  das  voltu  et  einiger  9,  43  als  ganz  und 
gar  unwahrscheinlich  weglassen.  Darunter  sind  nun  auszer 
\'S  mit  (jue  et  noch  6  andere  mit  et,  also  19,  mit  est  5, 
mit  Präpositionen  16,  mit  nominalen  und  verbalen  Stäm- 
men (eingeschlossen  2  und  zwar  ausländische  Propria,  de- 
nen,  wie  die  Vergleichung  der  Beispiele  an  die  Hand  zu 

*)  Zuerst  im  Jabre  1S63  in  Fleckeisens  Jahrbüchern.  Dortige  Ver- 
zdhlungen  jetzt  berichtigt  mit  Unterstützung  von  Julius  Schultz,  dessen 
Schrift  de  prosodia  satiricorum  Romanorum  capita  duo,  de  muta  cum 
liquida  et  de  synalocphe  Regim.  1SG4  für  die  von  mir  nur  m  zweiter 
Reihe  herbeigezogeneu  Satiren  zur  Ergänzung  dient. 

Lehr!» ,   Horatius.  A 


II  VERSCHLEIFUNG. 

geben  scheint,  das  Ohr  auch  in  diesem  Falle  gröszcre  Frei- 
heit gab)  8,  und  endlich  ein  rieque  entm.  Bei  der  Verteilung 
der  letzten  Classen  in  die  einzelnen  Oden  findet  hin  und 
wieder  Zufall  statt.     Bisweilen  wieder  eigentümliche  Aus- 

*  gleichung.  Auf  einiges  Jlitspielen  des  Zufiills  musz  man 
überhaupt  in  diesem  Bereich  der  lateinischen  Wortverschlei- 
fung gefaszt  sein  und  starren  Schematismus  nicht  erwarten : 
z.  B.  wenn,  um  bei  Horatius  zu  bleiben,  in  den  Briefen  hin 
und  wieder  in  20— 30  Versen  jede  Synalöphe  ausbleibt,  wie 
epist.  1  7,  33—54,  I  16,  56-79,  II  2,  35—63,  II  1,  141  — 
175.  226—244.  253—270,  selbst  in  den  Satiren  doch  wenig- 
stens I  4,  44—56,  II  5,  61 — 80  mit  nur  einer  einzigen  Syn- 
alöphe tandem  et  in  V.  68.  Doch  zurück  zu  jenem  vierten 
Buche  der  Oden.  Das  Phidanim  quisqitfs — hat  60  Verse  mit 
4  Synalöphen ,  was  ein  ungemein  geringes  Verhältnis  ist  für 
ein  so  langes  Gedicht  (worüber  später).  Wenn  darunter  drei 
VerSchleifungen  sind  mit  .Nominalstamm,  so  ist  dies  wieder 
ein  ganz  ungewöhnlich  hohes,  ich  glaube  in  keiner  einzigen 
Ode  sonst  erscheinendes  Verhältnis.  Aber  freilich  sind  sie 
in  Art  sehr  gemildert:  pugilemre  equumve  18,  moresque  \ 
aureos  22,  ego  apis  Matmae  27  (die  vierte  ist  nigroque  \  in- 
videt  23).  Wie  viel  weniger  wiegen  diese  als  z.  B.  in  II  1 
(Motiim  ex  Metello  — )y  vierzig  Versen  mit  7  Verschleifungen, 
die  drei hieher  gehörigen:  principum  amicitias  4,  plenmn  opus 
aleae  6,  atrocem  animum  24. 

2.  Ehe  wir  weitergehn,  stehe  hier  noch  etwas  über  die 
schon  erwähnte  Verschleifung  que  et  Ganz  herA'orstechend 
ist  dieselbe  im  vierten  Buche  der  Oden :  unter  den  fünfzehn 

•  Gedichten  dieses  Buches  sind  mehrere,  wo  das  que  et  be- 
sonders beliebt  ist.  Die  erste  Ode  (40  Verse)  enthält  drei 
Synalöphen:  XZnamque  etnobil/s,  22 h/raeque  et Beren/fitiae, 
dann  noch  35  decoro  \  inter—.  In  der  fünften  Ode  (40  Verse) 
zwei:  13  ominibusque  et  predbus.  22  macuhsum  edomuit. 
In  der  neunten  V.  7  Ceaeque  et  Alcaei,  und  ausserdem  in 
dem  52  Verse  haltenden  Gedicht  ante  Agamemnona  25  und 
das  ganz  zweifelhaft«  vultu  et  43.  In  dem  dreizehnten  Ge- 
dicht (28  Verse)  drei  Synalöphen:  4  ludisqne  et  bib/x,  21  no- 


VER8CHLE1FÜN0.  III 

taque  et  artium :  dann  28  diiapsam  in  cinerem.  Ferner  das 
vierzehnte  enthält  52  Verse  mit  6  Verschleifungen ,  davon  4 
in  que  et:  24  mittere.  equnm,  33  consilium  ety  31  prhnosque 
et  eurfremos,  39  Imidemque  et  optntum,  42  Medusque  et  InduSy 
46  Xiiusque  et  Jxter.  Das  fünfzehnte  (32  Verse)  V.  10  rectum 
eragantt\  \A  famnque  et  impert,  25  nosque  et  profest is,  31 
Troiamqite  et  Anchisen, 

So  steht  in  den  Oden  des  vierten  Buchs  dieses  que  et 
dreizehnmal,  wahrend  es  in  den  drei  ersten  Büchern  höch- 
stens siebenmal  vorkommt,  zweimal  im  dritten:  6,  35  P//r- 
rhumque  et  ingentem  und  21,  18  riresque  et  addh^  im  zweiten 
Buche  gar  nicht,  im  ersten  Buche  zweimal  echt:  32,  9  TV 
Hfremque  et  illiy  35,  10  gentesque  et  Latiumy  und  zweimal 
vermutlich  unecht  in  dem  Pastor  cum  traheret  —  (15) 
nemlich  V.  12  currusque  et  rabiem  und  V.  18  strepitumque 
et  re/erem.*)  Noch  sei  bemerkt  dasz  im  carmen  saeadare 
(76  Verse)  von  sieben  Synalöi)hen  zwei  sind  mit  que  et: 
V.    11  aliusque  et  identy  47  remque  prolemque    \    et  decus — . 

Man  wird  sagen  dürfen  dasz  in  den  Jahren,  in  denen 
die  Oden  des  vierten  Buches  entstanden,  Horatius  zu  der 
Anwendung  von  que  et  eine  grossere  Neigung  hatte.  Und 
wer  bemerkt  dasz  dieses  que  et  auszerdem  auffallend  häufig 
ist  in  der  (n*s  poet/ca,  aber  nur  in  der  erstem  kleinem  Hälfte 
bis  V.  214,  wird  l)eiläufig  es  vielleicht  nicht  unwahrschein- 
lich finden,  dasz  an  dieser  Partie  der  ars.  p.  Horatius  in  den- 
selben Jahren  arbeitete.  Vielleicht  hieng  jenes  wenigstens 
für  das  vierte  Buch  der  Oden  zusammen  mit  der  in  demsel- 
ben noch  etwas  gesteigerten  und  noch  ausnahmsloser  liefolg- 
ten  Neigung  —  so  wird  man  sich  etwa  ausdrücken  können 

*)  Darunter  ein  regumquc  dnatntque  et  tristia  hella,  was  doch 
Schwerlich  ein  etwas  feinerer  Mund  wenigstens  hören  liesz  regumrjue  du- 
cHmquett  und  mehrere  Beispiele,  wo  durch  solche  Annahme  Verse  ohne 
Caesur  entstehen.  Denn  es  scheint  in  der  That  noch  nicht  ganz  über- 
riüssig  immer  wieder  einmal  daran  zu  erinnern  dasz  man  durch  den  — 
endlich  ganz  abzuschaffenden  —  Namen  E 1  i  s  i  o  n  sich  nicht  die  Vorstel- 
lung über  die  Sache  verwirren  lasse.  Ov,  Amor,  I,  6,  57  aut  e<jo  tarn 
fcrroque  ignique  paratior  ipse.  Und  mit  Interpunction :  VergUio  Ffl- 
rioque?  ego  cur  acquirere  pauca  — 

A  2 


IV  VERSCHLEIFIXÜ. 

ohne  zu  wenig  oder  zu  viel  zu  sagen  —  zur  Anwendun 
einer  niilszigeu  Zahl  und  zur  Anwendung  namentlich  auc 
der  milderen  Versehleifungen.  Und  que  et  ist  wol  von  alle 
die  mildeste:  das  giif"  selbst  unter  denen  mit  kurz  e  in  c 
ster  Silbe  besonders  leicht  und  oft  zugelassen:  und  o 
von   dem  vorher  und  spüter. 

3.  Nach  diesen  Vorbemerkungen  will  ich  nun  aber  wa 
ich  über  die  Versehleifungen  bei  Horatius  zu  sagen  gedenk 
go  darstellen,  dasz  ich  sein  längstes  Gedicht,  äiG  ars  poeiici 
zugrunde  lege,  welches  sich  in  seinen  maszvoU  gehaltene 
Versehleifungen  sehr  geeignet  erweist  von  ihm  auszugehei 

.1.  Also  zuerst  ein  Wort  über  die  Anzahl.  Die  47G  Vers 
enthalten  100  Synaluphen,  also  nahezu  auf  5  Verse  c^iu€ 
Die  ars  p.  tritt  hiermit  ganz  wohl  in  die  Rcilic  der  übrigei 
groszen  Episteln,  ja  auch  groszen  und  gröszem  Oden.  Voi 
den  übrigen  22  Episteln  geben  die  acht  nächst  gruszten  fol 
gonde  Verhaltniszahlen  der  Versehleifungen,  wo})ei  wir  durcl 
einen  oben  angesetzten  Strich  die  Zahl  mit 'einem  Bruch  aus 
drücken  wollen. 

I  2  (71  Verse)  6'  (das  heiszt  also  auf  je  6'  Verse 
*ino  Verschloifung).  I  16  (73  V.)  6'.  II  2  (216  V.)  G.  1 
7  (98  V.)  5'-  118  (lll  V.)  o.  II  1  (270  V.)  5'.  I  l 
(107  V.)  4'.  16  (68  V.)  4'.  Nun  treten  aber  dieselben  Zah- 
len ganz  überwiegend  in  den  groszen  und  gruszern  Oden, 
lu^hon  von  etwa  40  Versen  an,  der  ersten  drei  Bücher  auf.  Weuu 
man  eine  Dehnbarkeit  innerhalb  eines  Bereiches  wie  der  obigen 
/«ahlou  ganz  natürlich  finden  wird,  so  wird  man  sich  auch 
wioht  wundern,  wenn  in  einem  achtzigzeiligen  oder  vierund- 
«Oi^h]ügzoiligon  Gedicht  (III  \  Descende  cnelo  —  29  Tjfrrhona 
rr^um—  )  die  genaue  Zählung  nur  3'  ergibt,  übrigens  mit 
«iomUohor  Annäherung  zu  4.  —  Diese  Zahlen  sind  keine  zu- 
fiiUi^nu  SJo  drücken  den  Maszstab  für  Ohr  und  Empfindung 
d\Vi  Uomtiu8  aus,  den  er  für  die  gröszem  Gedichte  nicht 
wwr  duldolo.  «ondern  für  angemessen  hielt.  Für  die  gröszem— 
»^^i  0*  d«*i  ihm  erschien,  ein  lang  fortgehendes  Gedicht  rö- 
nuHohou  Mundes  ohne  alle  oder  nahezu  ohne  alle  Verschlei- 
ftu\s  maoho  den  Eindruck  der  Affeetation,  sei  es  dasz  er  für 


VERSCHLEIFÜNG.  V 

den  Ernst  und  das  Gewicht  des  Inhalts,  wie  er  den  langem 
Gedichten  doch  wol  meistentheils  eigen  sein  wird,  den  glat- 
ten Schliff  nicht  angemessen  fand,  der  einem  kleinem  ear- 
men  amabile  anstand  oder  einer  Studie.  Dennoch  auch  un- 
ter den  Oden  kleinem  Umfangs  erscheinen  jene  Zahlen  no(jh 
häufig  genug,  ja  er  hat  in  einigen,  wiewol  wenigen,  eine 
noch  gröszere  Anzahl  Verschleifungen  zugelassen,  z.  B.  so 
dasz  die  Verhältniszahl  ist  2'  und  einmal,  wie  wir  sehen 
werden,  T.*)  Allein  nun  gibt  es  eine  ganze  Anzahl  Oden, 
welche  nach  einer  andern  Richtung  hin  gearbeitet  sind;  ja 
es  gibt  eine  Zahl  Oden  von  16,  20,  30  Versen  teils  ohne 
alle  Verschleifung,  teils  mit  6iner  oder  zwei  und  bisweilen 
ganz  milden  Verschleifungen.  Ohne  Verschleifung  I  4  Sol- 
ri(f/r  acris  hiems — ,  5  Quis  muita  graciUs — ,  14  0  navis  refe- 
rent.  Mit  6iner  sehe  man  I  8  Lydia  die — ,  9  Vides  ut  aita 
— ,  13  Cum  tu  Lydia  Telephi  — ,  18  Nullam  Vure  sacra 
— ,  sehr  interessant  in  Beziehung  auf  die  Verschleifung  zu 
vergleichen  mit  CatuUus  c.  30.  Auch  die  beiden  andern  in 
diesem  Metmm  bei  Horatius  von  8  Zeilen  haben  das  eine 
111  gar  keine,  das  andere  IV  10  6ine  Verschleifung  (LJgU' 
rinp  in).  Ferner  25  Parcius  iunctas  — ,  3 1  Quid,  dedicatum — 
(aurum  aut  V.  6),  37  Nunc  est  bihendum  —  (ausa  et  V.  25), 
II  8  Vlla  si  iuris — ,  10  Rectius  vives  —  (nur  tieque  altum  V. 
1),  III  10  Extremum  Tanain — ,  19  Quantum  distet  ab  Inacho 
— ,  IV  7  Diffugere  nives  —  (blosz  ein  neque  enim  V.  25). 
Mit  zwei  Verschleifungen  II  5  (1  — 16)  Nondum  subacta  — , 
14  Eheu  fugaces  — .  Wenn  bei  groszen  Oden  die  Verschlei- 
fungen gegen  die  vorhin  angegebenen  Normen  auffallend  ge- 
ring werden,  wie  im  vierten  Buche  in  Pindarum  quisquis  -- 

♦)  Das  0  nala  mecum  — ,  nicht  unversehrt  und  also  schwer  zu  beur- 
teilen, wird  unter  allen  Umständen  wol  keine  höhere  Ziflfer  aufzuweisen 
haben  als 2';  dies  thun  auch  die  freilich  auch  nicht  sicher  zu  beurteilenden 
Dianam  tencrae  —  I  21  und  Parcus  deorum  —  134.  Sicher  ist  Exegi 
moiiumentum  — ,  wovon  sogleich.  —  II  3  Aequam  memenlo  —  3'.  — 
In  der  im  Text  zunächst  folgenden  Aufzählung  sind  ein  paar  Gedichte 
mit  aufgezählt,  die  nicht  völlig  in  Ordnung  sind,  solche  jedoch  die  wahr- 
scheinlich in  dem  Punkte,  worauf  es  uns  ankommt^  nicht  wesentlich 
anders  waren. 


VI  VERSCHLEIFÜNG. 

60  Verse —  15,  in  Qualew  minist rum  —  70  Verse —  12',  n 
Erwägung  namentlich  auch  ihres  Inhalts,  ebenso  IV  5  Dh 
orte  bonis  —  mit  zwei  und  IV  6  Dive  quem  protes  —  n 
nur  iiner  Verschleifung  auf  40  Verse  —  und  was  jetzt  a 
Carmen  saeculare  vorliegt  enthält  auf  76  Verse  7  Verschic 
fungen,    darunter  5  mit  f/ue  und  est  —  dann  also  darf  ma 
sich  die  Frage  vorlegen,  ob  Horatius  damit  einen  Fortschri 
,  gemacht   oder  ob  er   nachgegeben  einer  Verzärtelung  dt 
Zeit    und    des  Ohrs,    die  übrigens,    wie  wir  uns  zu  erii 
nem  nicht  unterlassen  wollen,    auch  bei  den  griechische 
Alexandrinern  in  die  Versbildung    eindrang.     Sollten  jen 
Oden  damit  gewonnen  haben?  Wenn  er  ganz  im  Gegenthei 
in  einer  Ode  kleinen  Umfangs  begann: 

Exogi  moDumentum  aerc  pereiinius 
regaliquc  situ  pyraiuidum  altius, 
quod  non  imber  cdax,  non  aquilo  iopoteus 
possit  diruere  aut  innumerabilis 

und  in  jedem  Verse  dieser  Anfangsstrophe  eine  Verschlei- 
fung zuliesz,  nicht  einmal  ganz  milde,  und  dieses  ganz  gewis 
seinem  Bewustsein  oder  seiner  Empfindung  nicht  unbemerkt 
blieb,  wenn  er  hier  jene  glatte  Politur  nicht  zuliesz  oder  nicht 
.  erstrebte,  angemessen  dem  kräftigen  und  römisch  be wüsten 
Inhalt,  so  mochte  man  dies  lobenswerther  finden.  So  hat  das 
Gedichtchen  auf  seine  16  Verse  7  Verschleifungen  erhalten. 
Auch  werde  ich  ihm  wol  nichts  unrichtiges  unterlegen, 
wenn  ich  bemerke,  wie  in  dem  Donvc  gratus  eram  tibi  — , 
welches  auf  seine  24  Verse  6  Verschleifungen  hat,  fünf  da- 
von sich  zusammendrängen  in  die  letzten  6  Verse: 

si  flava  cxcutitur  Cliloc 
reiectaeque  patct  ianua  Lydiae? 

quamquam  siderc  pulcrior 

ille  est.  tu  levior  cortice  et  inprobo 

iracundior  Hadria, 

tecum  viverc  amem,  tccum  obeam  libens. 

d.  h.  von  da  an  wo  das  Gedicht  leidenschaftlich  wird.  Viel- 
leicht darf  man  etwas  ähnliches  anwenden  auf  II  7  0  saepe 
mecum  — ,  vielleicht  auch  auf  IV  3  Quem  tu  Melpomenesemei 
— .  Doch  möchte  ich  das  hier  so  sicher  nicht  sagen  —  denn 


VEK8CHLE1FÜNG.  VU 

man  darf  nickt  vergessen;  man  soll  es  vielmehr  durch  Be- 
obachtung wissen,  wie  sehr  auch  Zufälle  spielen   —  als  in 
jenem  so  bestimmt  gegliederten  und  mit   unverkennbarer 
Liebe  ausgearbeiteten  Donec  gratus  ei^am  tibi  — .    Freilich 
nahm  er  gewis  als  Verschleifungen  nicht  die  ersten  besten 
sich   darbietenden;  aber  dergleichen   ganz   aufzugeben  für 
eine   gleichmässige  Glätte   mochte    nicht    als    das    weisere 
erscheinen,  und,  wenn  man  etwa  an  Aequam  meniento  —  3' 
—  schon  Anstosz  zu  nehmen  begann,  als  Verwöhnung.   Nun 
wieder    im  Gegenteil  ist  es  gewis  kein  Zufall,    wenn  das 
sechzehnte  Gedicht  in    den  Epoden  Altera  iam  teritur  — 
mit    wechselnden    Hexametern    und    ganz    reinen    lamben 
in    den  33   Hexametern    nicht  eine    einzige    Verschleifung 
hat,  und  auch  in  den  lamben  nur  fünf  Verschleifungen  zu- 
gelassen sind,  deren    drei  in  (jue.    Dies  jedoch  wie  epod, 
13    scheint    sich    als    metrisches    Schaustück   darzustellen, 
wie  auch   die  Spondiaci  zeigen  7  (V.  17.  29j,  welche  dem 
Horatius  da,  wo  er  sich  selbst  schreibt,  so  fremdartig  sind 
und  hier  gar  gebildet  in  jener  gezierten  Art  mit  griechischen 
Wörtern  und  dem  berüchtigt  gewordenen  Apenninus.  (S.  den 
Anhang  über  die  versus  spondiaci.)      Und  ich  meinesteils 
würde  dies  besser  verstehen  als  warum  eine  Ode  von  dem 
Ton  des  Nunc  est  bibenduni  —  in  ihren  wenn  auch  nur  32 
Zeilen  keine  andere  Verschleifung  hat  als   ein  ausa  et  (V. 
25),  und  ähnlich  einige  andere  der  oben  genannten,  welche 
nicht  in  die  Classe  griechischer  Studien  oder  Spielereien  fal- 
leu,  wenn  nicht  auch  hier  Horatius  gerade  römisch  politischen 
Inhalt  venvendet  hätte.    Bei  einem  Gedicht  wie  dieser   IG. 
E])ode  also  mag  es  doch  leicht  geschehen  sein  dasz  es  man- 
chem noch  gar  nicht  altvaterischen,  aber  vaterländischen  Sinn 
widerstand,  dasz  es  manchen  bedünkte  der  altrömische  Most 
sei  für  solche  neumodische  Schläuche  nicht,   manchen  auch 
von  denjenigen,  die  gar  nicht  an  allen  Freiheiten  des  Luci- 
lius    in    versu    facienda    ein    für    allemal    festzuhalten  ge- 
dachten und  solche    schalkhafte  Erinnerung  an  seine  Un- 
ebenheiten verstanden  und  beifällig  lasen.     Und  'das  Ge- 
dicht ist  nicht  um  des  Inhalts  willen  gemacht'  —  der  Ein- 


VIII  VERSCHLEIFUNG. 

druck  verbleibt  doch;  und  wenn  das  einem  Nullam  Va 
Sacra  —  gar  nichts  schadet,  so  kann  es  verdrieszen  bei  < 
nem  sich  romisch  und  innerlich  anstellenden  Inhalt.    U 
weiter  auf  die  Verschleifungen  insbesondere  zu  kommen ,  i 
verfuhr  Horatius  ein  andermal  bei  einem  nur  auf  die  For 
gearbeiteten  Gedicht  ganz  anders,  als  er  nemlich  das  Mist 
rarum  est  componierte,  das  gar  keinen  andern  Zweck  un 
Ursprung  haben  kann  als  die  Form,  imd  bei  dem  er  gan 
genau  ge^vust  haben  musz  was  er  that,  das  er  ganz  zu  se: 
ner  Zufriedenheit  in  der  Form  machen  muste  oder  gar  nich' 
Dieses  kleine  Gedicht  nun  hat  auf  seine  zwölf  Verse  siebei 
Verschleifungen.    Diese  klangen  ihm    doch  also  auch  gut 
natürlich  diese  wie  6r  sie  machte  und  wie  der  Nationalmun( 
eines  gebildeten  Römers  sie  sprach.     Was  sollen  wir  alsc 
sagen  ?    Horatius  hatte  die  Ueberzeugung  von  einer  Verban- 
nung der   römischen   Verschleifungen    in   den  griechischen 
Dichtungsformen  nicht,  gewis  die  Ueberzeugung  von  der  Not- 
wendigkeit und  Angemessenheit  einer  Regelung  fllr  die  neuen 
Formen  und  für  die  neue  Zeit.    Er  dichtete  nach  zwei  Rich- 
tungen hin:    als  griechische  Nachahmung,    als  Studie,  als 
Studie  auch  zur  Schmeidigung  der  Sprache  nach  jener  die 
Verschiffung  ausschlieszenden  Richtung  mit  voller  Berechti- 
gung.   Aber  der  Reiz  der  Glätte  und  Eleganz  ward  ihm  ge- 
fährlich, und  hatte  er  schon  in  den  Dichtungen  älterer  Zeit 
ihm  hin  und  wieder  nachgegeben  an  bedenklicher  SteHe,  so 
gab  er  diesem  Reiz  noch    um    ein    mehreres    nach,    als  er 
nach  einer  Reihe    dazwischen    liegender   Jahre    in  dieses 
Gebiet   noch  einmal   wider  seinen  Willen  einkehren  muste 
und    die    sonstigen  Reize,    welche   ihn    zu  dieser  Gattung 
gezogen,    hinter   ihm    lagen.     Und  es   lag   in    der   römi- 
schen Luft  ein  Keim ,    der  jene  Atmosphäre  entwickelte  — 
auch  in  unserer  Literatur  wissen  wir  davon  zu  sagen  —  in  wel- 
cher alles  von  weichem  Wohllaut  träuft.  Die  römischen  Muster- 
verse dieser  Richtung,  die  Persius  aufgestellt,  1 ,  93  sind  be- 
kannt: eine  Verschleifung  bieten  sie  auch  nicht;    die   dem 
Romantiker  des  Tiberius,  dem  Julius  Montanus  'der  auszer- 
erdentlich  gern  Sonnenauf-  und  Untergänge  anbrachte'  ange- 


X'ERSCHLEIFUNG.  IX 

hörigen  Verse  bei  Seneca  ep.  122  sind  in  derselben  Form 
geschmolzen.  Auf  die  griechisch  lyrischen  Formen  sind  wol 
die  oben  besprochenen  Vorgänge  des  Horatius  nicht  ohne 
Einflusz  gewesen ,  wenn  z.  B.  Statins  ein  Sapphisches 
Gedicht  flV  7)  in  56  Versen  mit  zwei  Verschleifungflü 
bildete ,  ein  Alcäisches  in  60  Versen  (IV  2)  gleichfalls  mit 
zwei,  dem  gemäsz  135  Hendekasy Haben  mit  5  Verschlei- 
fangen  (H  7),  190  mit  8  (IV  3),  55  mit  2  (IV  9), 
sanfter,  vielmehr  fast  sämtlichen  sanftester  Art,  dasz  eine 
Schilderung  eines  reiszenden  Wassers  IV  3 ,  durch  welche 
an  einer  Stelle  gehäufte  Verschleifungen  herbeigeführt  sind, 
so  aussiebt:  76  et  nunc  Ute  ego  turbidus,  79  qui  terras  rapere 
et  rotare  Silvas, 

Von  den  Episteln  haben  wir  auszer  der  ars  p.  die  acht 
nächst  groszten  besprochen.  Es  bleiben  14,  deren  längste 
50  Verse  hat  (die  diine  Epistel  17  von  62  Versen  ist  ein 
Wahn»,  die  kürzeste  13.  Ohne  alle  Verschleifung  ist  keine, 
üebrigens  wäre,  was  sie  in  Betreff  der  Anzahl  der  Ver- 
schleifungen aufweisen,  unter  ihnen  nicht  weiter  nach  Um- 
fang zu  verteilen.  Es  bieten  noch  5  die  oben  besprochenen 
Verhältniszahlen  4  bis  6',  drei  sogar  3'  und  2'.  Aber  6  bie- 
ten eine  geringere  Anzahl  Verschleifungen,  und  es  scheint 
nicht  zufällig,  wenn  die  Epistel  3  an  die  jungen  litterari- 
schen Freunde  auf  36  Verse  nur  zwei  Verschleifungen  hat, 
oder  die  an  Vinias,  natürlich  für  Augustus  beigelegte,  auf 
18  Verse  ebenso  zwei,  oder  das  Si  potes  Arckiacis  —  auf 
32  Verse  3,  und  zwar  drei  et.  Die  andern  sind  nach  den  Verhält- 
niszahlen: 17  Quamvis  Scaeva  —  32  oder  33  V.  die  ich  allein 
fftr  den  echten  Bestand  halten  kann  —  10'.  Und  10  Prisco 
si  credis  —  49  V.—  9'.  Und  10  Vrbis  amatorem  —  50  V.— 8'. 
Es  kommen  Sonderbarkeiten  vor.  In  10  hören  die  Ver- 
schleifungen bei  V.  34  auf  bis  auf  6ine  die  nach  45  kommt. 
Hingegen  in  19  ist  keine  Verschleifung  bis  V.  38,  in  den  übrig- 
bleibenden 1 1  Versen  5,  von  denen  freilich  4  et.  Solche  Zu- 
fälligkeiten der  Verteilung  habe  ich  schon  oben  berührt. 
Es  können  auch  in  der  Zahl  überhaupt  Zufälle  mitgespielt 
haben:    für  Horatius  möchte  ich  doch  vielmehr  sagen  — 


X  VEKSCHLEIFUNO. 

nach  dem  was  die  Durchmusterung  bei  ihm,    ich  sage 
ihm,  an  die  Hand  zu  geben  scheint  —  eine  Laune  eini 
etwas  geputzter,    gleichsam  auf  einem  farbigen  Briefbog 
zu  schreiben,  die  mir  in  keinem  der  obigen  Beispiele  um 
giBmessen  erscheinen  würde. 

Doch  genug.  Von  diesem  Versuch  aus  der  Statistik  d 
Zahlen  einen  Sinn  herauszulesen  kann  ich  nicht  fortgeh 
ohne  um  Verzeihung  zu  bitten.  Ganz  vollzogen  kann 
niemals  werden,  da  der  Verschleifungen  Beschaffenheit,  d 
man  immer  sogleich  ins  einzelne  nicht  wol  verbinden  kan 
immer  doch  auch  auf  den  Zahlenwerth  influiert.  Zu  A 
und  Beschaffenheit  der  angewendeten  Verschleifungen  gehe 
wir  jetzt. 

B,  In  jenen  476  Versen  der  (ws  p.  sind  32 ,  in  dene 
die  zweite  Silbe  der  Verschleifung  gebildet  ist  durch  et,  1 
mit  est  (V.  99  esse),  25  mit  einzelner  oder  Zusammengesetz 
ter  Präposition  und  in  privativum,  womit  73  von  den  hun 
dert  Verschleifungen ,  welche  die  ars  p,  überhaupt  enthält 
absorbiert  sind. 

Demnächst  bemerken  wir  vier  Beispiele  mit  einsilbigei 
Partikel,  nemlich  aut  (18.  105.  119.  443):  dasz  alle  in  dei 
Stelle  der  Penthemimeres  stehen  ist  Zufall. 

Es  bleiben  die  Fälle,  wo  die  zweite  Silbe  Stamm  eines 
zwei-  oder  mehrsilbigen  Wortes  ist  (auszer  natürlich  Prä- 
position). Darunter  zuerst  5  mit  Pronomina,  und  zwar  drei 
(55.  272.  416)  mit  eyo,  welches,  wie  man  sich  bei  einiger 
DichterlectUre  leicht  überzeugt,  zu  Verschleifungen  in  seinen 
beiden  Silben  mit  am  leichtesten  verwendbar  ist.  Auszer- 
dem  primum  ipsi  tibi  103.  poteraf  (juia  cena  sine  istis  370. 
Dann  folgende  mit  pronominalen  Adverbien :  ütquc  ita  meu- 
titur  151.  verum  ita  risores  225.  verum  ubi  pluru  fiitent*dbi. 
ttullum  ultra  verbum  443.  Ferner  einmal  etiam :  pes  citus  unde 
etiam  252.  Dasz  unter  den  mit  Nominal-  und  Verbalstämmen 
gebildeten  in  der  ars  p.  mit  nur  zwei  Ausnahmen  kein  Beispiel 
ist,  in  dem  die  erste  Silbe  der  Verschleifung  nicht  in  m  aus- 
gienge,  dabei  ist  Zufall;  aber  die  übermegende  Neigung,  auf 
welche  dies  deutet,  wird  kein  Zufall  seiu,  sondern  wird  sich 


VERSCHLEIFUKÜ.  XI 

auch  sonst  bestätigen.  Weiter  kein  Zufall  ist  dasz  unter  den 
beiden  abweichenden  das  eine  einen  Infinitivus  in  -re  hat  (423 
eripere  artis)^  den  man  in  Verschleifung  häufig  trifft;  das 
letzte  Beispiel  ist  cur  pgo  amicum  450. 

Nach  diesem  allem  bleibt  noch  ein  in  der  ars  p.  einzig 
stehendes  Beispiel :  primum  t)m  tibij  tunc  tua  me  infortunia 
laedent  103.  Meineke  bemerkt  zu  catnn.  I  16,  8,  wo  Peerl- 
kamp  emendieren  wollte  non  Liter  aeque,  iion  $i  acuta,  dies 
könne  nicht  gebilligt  werden :  denn  'monosyllabas  voces  prae- 
ter pronomina  ie  et  7ne  icarm.  II  3,  {jscu  te  in  romoto.  epod,  5, 
9  quid  ut  noverca  me  intucris)  Horatius  in  lyricis  nunquam 
elisit.'  Da  die  Epoden  mit  genommen  sind,  so  wäre  noch 
an  das  iam  iam  efßcaci  do  manus  scientiae  17,  1  zu  erin- 
nern. Uebrigens  trifft  diese  Bemerkung  einen  wichtigen  Punkt. 
Horatius  hat  in  Oden,  Epoden  und  Briefen  überhaupt  mit 
groszer  Sparsamkeit  die  erste  Silbe  der  Verschleifung  aus 
einsilbigem  Wort  gebildet.  Also  in  Oden  und  Epoden  auszer 
den  genannten  drei  Stellen  noch  carm,  III  29,  5  iam  dudum 
apud.  me  est,  55  rirtute  me  involvo.  —  In  den  Briefen  also 
jenes  tua  me  infortuiüa  laedent  in  der  ars  p.,  ferner  11,3 
me  includerCy  27  ul  his  ego  me  ipse  regam,  75  omnia  te  ad- 
versum,  I  2,  33  ut  te  ipsum  series,  1  7,  24  me  eliam,  II  1,  111 
me  adfirmOy  112,  1^  me  inter,  138  nie  occidistis,  2[2  quid  (e 
exempta.  Hiezukommt  //// 1  18,  112  aequum  mi  animum  ipse 
parabo  (zw^eites  Beispiel  vor  Kürze);  /w  I  12,  14  cum  tu  in- 
ter  scabiem,  I  14,  41  horum  tu  in  numerum]  qui  II  2,  133. 
Alles  Pronominalform,  und  in  der  That  in  seltener  Anwen- 
dung. So  wie  man  aber  einen  Blick  in  die  Satiren  wirft,  sieht 
es  ganz  anders  aus.  Jenes  *i:  si  et  vivo  l,  6,  70,  age  si  et  sfra- 
mentis  II  3,  117,  hoc  si  erit  in  le  II  3,  41,  si  obsecret  204, 
81  acceperis  07,  si  interdicta  I  2,  96,  si  exierit  I  2,  120,*/  incre- 
Äi//YIl5,93.  Und  auszerdem  zweimal  osi,  wobei  Nominalstamm 
erseheint,  o  si  angulus,  o  si  urnam  116,  8.  10.  w/:  atniid 
fit — ich  bemerke  dasz  ich  aus  den  Satiren  meist  nicht 
Vollständigkeit  beabsichtige  —  I  1,  44;  cum,  tum,  dum, 
num,  Präp.  cum,  iam,  aber  auch  quam,  nam.  Ja  Substantiva, 
rem  II  2,  27.  II  3,  189.     re  II  4,  48.     di  II  6  54.  Auch  sum, 


XII  VKR.SCHLEIFUXCJ. 

z.  B.  (lUuUpud  suni  etjo  II  l,  74,  tihi  quid  sunt  ego  II  7,  i. 
—  Daez  übrigens  in  den  Beispielen  aus  Oden  nur  zwei, 
den   Briefen    nur    ein  Beispiel  ist,  in  dem  die  zweite  Sil! 
ein  einsilbiges  Wort  ist,  das  honim  tu  in  numerum  ep.  I  1 
4^  und  seu  te  in  remoto  cann.  II  3,  G  und  iam  dudum  api 
nie  est  III 29,  5,  ist  eine  nicht  zufällige  Sparsamkeit,    di 
gegenüber  wieder  gleich  ein  Blick  in  den  Satiren  bietet  z.  I 
at  ni  id ßt  I  I,  44.     dum  r.r  parva  52.     y//ff//i  ex  56.    dm 
aes  I  5,   13.    .v/  et  vivo  IG,  70.    ?ia/N  ul  27.   se  a  volgo  II  1 
71.    SP  in  II,  75.     inm  ftaec  auferet  113,  151.    neque  tu  ho 
facis  132.  —  Uebrigens  auch  mehrere  einsilbige  in  demsel 
ben  Verse  nii  Juerit  mi  inquit  cum  u.rorihus  umquam  alieni 
I  2,  57.    Auf  die  verwendeten  Stämme  wird  man  merken 
C.    Reden  wir  denn  bei  dieser  Gelegenheit  Überhaupi 
von  den  Versen  die  mehr  als  6ine  Verschleifung  enthalten. 
Verse  mit  zwei  Verschleifungen  sind«  in  der  ars  p.  folgende 
10,  von  denen  7  mit  einem  et:  214  sie  priscae  motumque  et 
lujcuriem   addidit  arti,     234  nofi  ego  inornata  et  dominantia 
nomina  solum,     272  ne   dicam   stulte  mirati,    si  modo  ego  et 
vos.  309  scribendi  rede  saper c  est  et  principium  et  Jons,  318 
doctum  imitatorem  et  virus  kinc    ducere  voces.     375  et  cras- 
sum  unguentum  et  Sardo  cum  melle  papaver.     423   et  spon^ 
dere  levi  pro  paupere  et  eripere  artis.  Die  drei   andern  sind : 
103  primum  ipsi  tibi,   tunc   tua   me   infortunia  laedent.     410 
nee  rüde  quid  possit  video  ingenium :   alterius  sie.     443  nul- 
ium  ultra  verbum  aut  operam  insumebal  inanem.    In  den  üb- 
rigen Episteln  gibt  es  Hexameter  mit  zwei  Verschleifungen 
29,  darunter  14  in  denen  et  spielt,  und  5  mit  ^.v^:  II  2,  183 
cur  alter  fratrum  cessare  et  ludere  et  ungui.    I  1,  4S  discere 
et  audire  et  meliori  credere  non  vis.     6,  17  /  nunc,  argentum 
et  marmor  vetus  aeraque  et  artes.     14,   19  meque  et  te,  nam 
quae  deserfa  et  inhospita  tesqua,     8,  1  Celso  gaudere  et  bene 
rem  gerere  Albino vano.   15,  2  quorum  hominum  regio  et  qua- 
lis  via,     42  nimirum  hie  ego  sum,  nam  tuta  et  parvola  laudo. 
2,  15  scelere  atque  libidine  et  ira.     12,  17  cum  tu  inter  sca- 
biem  täntam  et  contagia  lucri.     17,  54  aut  cistam  effractam 
et  subducta  viatica  plorat,     14,   42  lignorum    et  pecoris  tibi 


VERSCHLEIFITJG.  XIU 

cttio  argutus.     II  1,  78  nee  veniam  anü'quis,  sed  konoretn  et 
praemia  posci.     214  rerum  age  et  A/s,     I  6,  34  mil/e  talenta 
rotundentur,  totidem  aliern,  porro  et.   II  1 ,   31  fiil  intra  est 
olea/fi,  nil  extra  est  in  nuce  duri,   II  2,  64  quod  petis  idsane 
est  invlsum  acidumque  duobus.   1 2,  54  sincerum  est  nisi   vas, 
juodcumque  Inf  und is  acescit.  7,   72  ut  ventum  ad  cenam  est. 
98  metiri  se  quemgue  suo  moduio  ac  pede  verum  est.    Die  üb- 
rigen sind  I  1,  3  Maecenas,  iterum  antiquo  ine  includere  iudo. 
27  restat,    ut  his  ego  me  ipse  regain  solerque  elementis.  II  1, 
IS2  saepe  etiam  audavem  J'ugat  hoc  terretque  poetam.  I  6,  52 
porrigere,  hie  multum  in  Fabia  valet.     7,  86  verum  ubi  oves. 
18,  112  aequum  mi  animum  ipse  parabo.     II  1,   111  ipse  ego 
qui  nullos  me  adfirmo.    II  2,  99  discedo  Alcaeus  puncto  iiiius. 
112  <*^  sijie  pondere    erunt  et  honore   indigna  ferentur.     13 
nemo  hoc  mangonum  faceret  tibi,  non  temere  a  me. 

In  den  Oden  sind^einunddreiszig  Verse  mit  zwei  Ver 
Schleifungen:  darunter  fünfzehn,  in  welchen  wenigstens 
die  6ine  mit  einem  et,  auch  est,  gebildet  ist.  I  32,  9  Libe- 
rum et  Musas  Veneremque  et  Uli.  34,  13  mutare  et  insigncm 
attenuat.  113,  13  A//c  vina  et  unguenta  et  nimium  breves.  27 
exitura  et  nos  in  aeternum  \  exilium  inpositura.  6,  2  Cantabrum 
indoctum  juga  ferre  nostra  et.  III  2,  13  dulce  et  decorum 
est.  3,  49  aurum  inrepertum  et.  4,6  insania  ?  audire  et  vi- 
deor.  6,  28  primum  inquinavere  et.  9,  22  iiie  est,  tu  lerior 
cortice  et  inprobo.  12,  1  miserarum  est  neque  amori.  29,  5 
iam  dudum  apud  me  est.  IV  3,  24  quod  spiro  et  piaceo 
si  piaceo  tuum  est.  4,  52  f allere  et  effugere  est  trium- 
phus.  12,  2S  dulce  est  desipere  in  loco.  Die  übrigen  sind 
I  15,  25  sice  opus  est  imperitare  equis.  33,  11  formus  atque 
animos  sub  iuga  aeneu.  16,  21  hostile  aratrum  exercitus  in- 
solens.  24,  8  quando  ullum  inveniet  parem.  34,  4  vela  dare 
atque  iterare  eursus.  II  3,  10  umbram  hospitalem  consociare 
amant  III  4,  49  magnum  illa  terrorem  intulerat  loci.  9,  24 
tecum  vivere  amem,  tecum  obeam  libens.  16,  1  fore  enim  tu- 
tum  Her.  21,  13  tu  lene  tormentum  ingenio  admoves.  21,  20 
regum  apices  neque  militum  arma.  24,  4  (?)  Tyrrhenum  omne 
tuis  et  mare  Apulicum.     24,  31    virtutem  mcolumem  odimus. 


XIV  VERSCHLEIFUNC;. 

2b,  8  indictum  ove  aiio,     30,  7  Libithiam  usquc  ego.    12, 
Jruticefo  excipere  upnnn. 

Von  mehr  als  zwei  Versclileifungcn  in  demselben  Yen 
enthalten  Oden  und  Briefe  zusammen  sieben  Beispiele:  can 
I  21,  \A  pestemque  a  popith  et  principe  Caesare  in.  a,p.  44 
nullum  ultra  verbum  ant  operam  insumebat  inanem,  rp,  I  ' 
57  et  properare  loco  et  cessare  et  quaerere  et  uti,  11,1 
quid  t*erum  atque  decens  curo  et  rngo  et  omnis  in  hoc  sum 

I  18,  76  qualem  coinmendes  etiam  ntque  etiam  adspice*)  11  1 
114  nuvim  ayere  ignarus  nai*is  timet^  abrotonum  aegro.  Un( 
der    einzige    merkwürdige  mit  vier  Verschleifungen :    epist 

II  1  ,  46  pauliafim  vello  et  demo  unum^  demo  et  iten 
unum,  oder  wie  wenigstens  zu  Persius  Zeit  (s.  6,  58)  aucl 
schon  in  Exemplaren  stand,  demo  etiam  untim. 

Nun  aber  nehme  man  auch  hier  die  Satiren  dagegen. 
Wie  jenen  Vers  13,  20  nutlane  habes  vitia'^  immo  a/ia  et 
fortasse  minora.  Und  in  derselben:  33  non  alius  quisquam 
at  tibi  amicus^  at  ingenium  ingens.  39  turpia  decipiunt  cae^ 
cum  ritia  aut  etiam  ipsa  kaec.  87  mercedem  aut  nummos 
unde  unde  extricat  amaras,  1 1 1  iura  inrenta  metu  iniusti 
fateare  necesse  est.  Da  ist  man  wirklich  in  einer  andern 
Welt  und  wird  stark  an  die  Komödie  erinnert  und  an  ihre 
bisweilen  kettenhaften  Verschleifungen.  Es  müssen  aber 
auch  noch  die  Verse  mit  nur  zwei  Verschleifungen  hinzuge- 
nommen  werden,  in  einem   (demselben)  Gedicht  von   142 


*)  Vielleicht  ist  die  beilautigc  Bemerkung  hier  nicht  ungeeignet,  dass 
von  den  vier  Versen,  in  denen  Lucretius  sich  fünf  Verschleifungen  er- 
laubt hat  (I  234.  II  213.  III  6S9.  IV  1200),  die  drei  letzten  etiam  atque 
etiam  enthalten.  Auch  sonst  mehrfach,  wo  sich  die  Synalöphen  steigern. 
So  di?  zwei  Verse  im  zweiten  Buche,  welche  vier  Synalöphen  enthalten 
(377.  1064»,  haben  gleichfalls  ein  etiam  atque  etiam.  Es  ist  sein  belieb- 
ter Versanfang  (Juare  etiam  atque  etiam  — .  Die^e  Bemerkungen  zu  ma- 
chen wird  mir  leicht,  weil  mir  eine  vollständige  nach  meinen  hier  ange- 
wendeten Rubriken  geordnete  Sammlung  der  Lukrezischen  Verschleifun- 
gen aus  den  Händen  eines  jungen  Mannes  Namens  Rud.  Wölk  vorliegt. 
Es  ist  schade,  dass  wir  kein  Institut  haben,  in  welchem  solche  nützliche 
Sammlungen  zum  Druck  gelangen  können. 


VERSCHLEIFUNG.  XV 

Versen,  in  Zahl  und  Art:    22   qiudam   ait  njnoras  te  an  ut 
ignotum  ihre  nobis.     27   quam   aut  aguila   out  serpens  Epi- 
daurius,     92  aut  positum  ante  viea  quia  pullum   in  parte  ca- 
tini,  97  cum  ventum  ad  verum  est.  d8  atque  ipsa  utilitas,    100 
mittum  et  turpe  pecus  glandem  atque  cuhilia  propter,  115  nee 
rincef   ratio    hoc  tantundem   ut  peccet  idemquc.     131  ahiecto 
imtrumento  artis.     Gewi8  ist  in  den  Satiren  die  Behandlung 
nicht  eine  ganz  gleichartige.     Die  Motive  dieser  Abstufun- 
gen mögen  oft   recht   feine  nach  Ton  und  Stimmung  sein. 
Die  römischen  Dichter  der  Augusteischen  Zeit  besaszeu  je- 
denfalls in  der  manigfaltig  abgestuften  Behandlung  der  Syn- 
alGphe  ein  auszerordentlich  werthvoUes  Kunstmittel,  um   so 
werth voller  bei  der  unaussprechlichen  Armut  ihrer  poetischen 
Kunstmittel  gegenüber  den  griechischen,  die  gewis  Männer 
wie  Horatius  und  Ovidius  oft  bis  ins  innerste  empfanden. 

iK  Hiemilchst  noch  eine  Bemerkung  zu  et  und  est,  Sie 
ei-scheinen  auszerordentlich  überwiegend  da  wo  eine  Ver- 
schleifung  in  der  letzten  Silbe  eines  Verses  zugelassen  ist. 
In  den  Oden  ist  est  selten,  und  et  häufig,  djigegen  est 
in  den  Briefen  häufig,  natürlich  da  im  Hexameter  ein 
neuer  Anfang  mit  et  doch  nur  zu  den  Seltenheiten  gehören 
kann,  hingegen  in  jener  Verknüpfung  der  Verse  innerhalb 
der  lyrischen  Strophe  Horatius  etwas  gesucht  hat.  Er  würde 
sonst  jenes  et  nicht  so  häufig  angewendet  haben,  so  häufig 
diisz  wir  uns  nicht  wundern  dasz  auch  die  Nachahmer  es 
annahmen.  Jene  Verknüpfung  kann  auch  durch  den  Mund 
noch  besser  unterstützt  werden,  wenn  dies  et  durch  Posi- 
tionslänge mit  einem  anfangenden  Consonanten  des  zusam- 
mengeknüpften Verses  sich  gezogen  spricht.  So  sind  auch 
9ämmtliche  Fälle  mit  Ausnahme  vermutlich  nur  eines  einzigen 
wirklich  von  Horatius  geschriebenen:  H  13,  22  sedesque  di- 
srriptas  piorum  et  \  AeoHis  ßdibus  querentem.  In  unserem 
so  genannten  Horatius  sind  auszerdem  noch  zwei  Beispiele : 
I  7,  9  carmine  perpetuo  celebrare  et  \  undique  decerptam,  eine 
auch  von  Hermann  für  unecht  gehaltene  Stelle,  und  III  27, 
22  sentiant  motus  orientis  Austri  et  \  aequoris  in  der  Europa, 
die  sicher  nicht  von  Horatius  ist,  deren  Verfasser  aber  diese 


XVI  VERSCHLEIPUKO. 

Eigentümlichkeit  geflisseutlicli   iiaclialimt.     Er  hat  soll 
ßchlicszende  et  in  seinen  76  Versen  noch  zweimal :  29  m 
in  pratis  studiosa  florxnn  ei  \    debitae ,   46  dedat  iratae  l 
rare  ferro  et  \  frangerc.  Er  ahmte  nach ,   man  darf  es 
nennen  eine  Liebhaberei  des  Horatius,  der  es  doch  III 
in  60  Versen  viermal  anzuwenden  sich  nicht  scheute,   i 
II  6,  1.  2  zweimal  in  unmittelbar  hintereinander  folgern 
Versen,  wenn  er  auch   auszerdem  es  in  keinem  einzeli 
Gedichte  mehr  als  Einmal  hat.    Die  Silbe  vor  et  lang  1 
er  (das   unechte  Austri  und  sacro  et  lasen  wir  eben)  111 
39  triremi  et,  3,  69  luno  ef,  29,  49  iiegotio  et.    Später  \s 
ihm  dieses  et  fremd  geworden,  und  in   den  Gedichten  d 
vierten  Buches  kommt  es  nicht  vor,  wol  aber  eine  Verknü] 
ung  durch  das,  wie  mich  dünkt,  noch  auffallendere  im  ] 
6,    11  procidit  late  posuitgue  Collum  in    \  pulvere.     Dies 
auszerdem   III   8,    3  plena  miraris   positusque  carbo  in 
caespite.     Und  in  zwei  Beispielen    im  ersten  Buch  21,  1 
pestenigue    a  populo    et  principe    Caesare    in    und    35,    3 
mcude  difßngas  retuaum  in  \  Massngetas.  Endlich  könnte  ma 
zu  dieser  Verknüpfung  noch  ziehen  I  19,  13  hie  rivum  mit 
cnespitem,   hie  \  verbenas.    Eine  Partikel  also  hat  Horatiu 
auszer  et  nicht  gebraucht.*)    Meineke  hat  11  8,  3  vorge 
schlagen  dente  si  nigro  ßeres  rel  uno  aut   \   turpior  ungut 
Dazu  würde  man  sich,  glaube  ich,  wenn  man  übrigens  die 
Aenderung  für  entsprechend    und    nutig   hielte,   entschlie 
szen  können.    Wenigstens  ist  aut  diejenige  einsilbige  Par 
tikel  welche,  nächst  et,  Horatius  zur  sonstigen  Verschleifun 
innerhalb  des  Verses  in  Briefen  und  Oden  noch  am  häufig- 
sten gebraucht  hat,  mit  Einschlusz  zweier  Beispiele  in  den 
Epoden  achtzehnmal.  Auszerdem  kommen  noch  so  gebraucht 
vor,  wenn  ich  eben  Oden,  Epoden  und  Briefe  zusammen- 
nehme, ac,  an,    ut,  o  epod.    17  30   ö  mare  o  terra  ardeo. 
Ausserdem  hie  haec  usw.,  hinc,  hie,  huc.     Und  esepist.  I  1, 
76  belua  multorum  es  capitum.    In  den  Satiren  kommen  wol 


*)  Prudentius  cathem.  VIII  29   hctat  hortatu  levis  ohscquella  ut  \ 
mulceat  artus. 


VEU^CnLEIFUNO.  XVH 

nur  dazu  at ,  id  (ni  id  fit)  und  // :  lusum  it  Maecenas  I  5, 48.  — 
Doch  was  noch  weiter  die  Schluszsilbe  des  Verses  betrifft,  so 
liest  horae  ac  III  8,  27  niemand  mehr,  und  es  bat  auch  al- 
les gegen  sich  der  Vorschlag  Horkels  III  14,  10  vos  o  pueri 
et  pue/lae  ac  \  iam  vhmm  experlae.    Auch  das  dasz  die  Ver- 
sohleifung  des  ae  zu  gefährlich  ist,    von  der  in  den  Oden 
nur  6in  Beispiel  ist  III  4,  78  neguitiue  udditus,    und  ebenso 
iior  eines  in  den  Briefen  I  6,  26  porticus  Agrippae  et  via  te. 
Weshalb   es  dem  Horatius  um  so  näher  lag  die  happigen 
EiijmUnae  aUtes  epod.  5,   100  lieber  mit  Hiatus  vorzuführen: 
«»bgleich  er  in  den  Epoden  noch  zweimal  unter  mildernden 
Umständen  schrieb    siticulosae  Apuliae    3,    16  und   u fixere 
matres  Iliae  addictum  feris  17,    11.  —  In   den   Satiren  fol- 
^'ende:  quid  causac  est  I  1,  20.  (juae  invideaiit  I  2,  100.  *////- 
titiae  atque  II  3,  276.     sive  est  naturae  hoc  II  4,  7.     quartae 
esto  partis  Vli.res  II  5,  100.     nee  longae  invidit  at^enae  II  6, 
S4.     Damae  auf  I  6,  38.     Scipiadae  et  IL  1,  72.   togatae  est 
(Schluszi  I  2,  82.    —   Die  Beispiele  des  am  Schlüsse  ver- 
schliffenen  et  in  den  Episteln,   eingeschlossen   ars  p, ,  sind 
I  7,  27  reddes  ridere  decorum  et.     Und   in  der  Länge  I  6, 
34  porro  et.    In  den  Satiren  auch  nur  II  2,  58  vinum  et,  11 
S,  92  carum  et,  und  II  5,  97  urgue  et. 

Die  Beispiele  der  Verschleifung  in  Schluszsilbe  mit  est 
sind  in  den  Oden  I  3,  37  ardui  est,  II  16,  25  animus  quod 
ultra  est.  IV  3,  24  tuum  est  und  21  tui  est:  wo  der  Paral- 
lelismus mehr  dafür  spricht  als  dagegen,  dasz  es  nicht  auf 
eine  gänzliche  Vernichtung  des  selbständigen  est  abgesehen 
war  durch  ein  absichtlich  crass  gesprochenes  tuist.  Das 
tuumst  bleibt  doch  ebenso  wie  die  ähnlichen  hier  wie  bei 
Ovidius  und  andern,  von  tuumst  bis  adulteriumst,  jedenfalls 
eine  Verschleifung,  da  es  ja  niemandes  Meinung  ist  einen  Laut 
darzustellen  wie  das  deutsche  ^umst'.  Solche  Zusammen- 
schreibung tuumst  oder  tuumJX  usw.  ist  und  war  (bisweilen 
noch  compendiöser  tuuß)  eine  orthographische  Sitte.  Und 
so  konnte  sie  möglicherweise  auch  nur  als  solche  von  eini- 
gen angenommen  werden  eben  so  in  vocalisch  auslautenden 
Wörtern,  um  so  mehr  da  nichts  so  häufig  zu  schreiben  kam 

Lehri,  Horatiiu.  B 


XVlll  VERSCHLEIFIJNG. 

als  ein  solches  est  und  nichts  unzweideutiger  war  als  solch- 
Ausgänge  in  ast,  ist,  ost,  die  niemals  etwas  anderes  seh 
konnten  als  Formen  entstanden  durch  ein  est,  während  z.  B 
das  unendlich  seltnere  es,  das  überdies  doch  das  Aussehei 
von  selbständigen  Redeteilen  und  Casusendungen  erhaltei 
konnte,  r^etulas  u.  a.,  angefangen  von  ins,  weniger  dazu  ein- 
lud.   Welches  Gefühl  ist  es  wol   eigentlich,  welches  auch 
diejenigen  Männer,  welche  die  Sitte  angenommen  das  st  zu- 
sammenzuschreiben, doch  nicht  sich  entschlieszen  läszt  zum 
*,  sondem  dann  den  Apostroph  einzuführen?*)    Wenn  Ho- 
ratius  die  Verschleifung  der  langen  Silbe  im  vierten  Buche 
fast  ganz  mied,  so  konnte  er  doch  gerade  ein  est  sich  er- 
lauben, wie  ein  et  in  quod  spiro  et  plaeeo  und  wahrschein- 
lich ein  zweites  Mal  in  V/ndelici  et  4,  2{  und  selbst  das  cur' 
Jacunda  parum  decoro  \  mterverba  cadit  lingua  silentio  1,  35^ 
Ich  vermag  die  Ueberzeugung  von   der  Notwendigkeit  des? 
tuist  bei  Horatius  mit  jener  Sicherheit,  wie  sie  Lachmann 
aufstellte,  nicht  zu  gewinnen. 

In  den  Briefen  wie  Satiren  ist  dies  est  hinreichend  häu- 
fig, in  der  ars  p,  viermal;  darunter  zweimal  in  Länge  {quid" 
ergo  est,  retinqui  est),  in  den  übrigen  Briefen  zehnmal  (*a— 
piente  bonoqiie  est  \  \,  b  verdient  vielleicht  angemerkt  zu 
werden),  darunter  (Einmal  in  Länge  in  aula  est  l  1,  87  in. 
derjenigen  Epistel  in  welcher  dies  Schlusz-e*/  viermal  vor- 
kommt, während  es  sonst  in  keiner  mehr  als  dnmal  steht. 
Man  sieht,  es  herrschen  hier,  wie  nicht  zu  verwundern,  Zu- 


♦)  Bei  Blanc  italiän.  Grammatik  S.  97  lese  ich  folgendes,  was  zu  meiner 
Annahme  orthographischer  Sitte  sehr  in  Analogie  stehen  würde ;  'gli  kann 
durchaus  nur  vor  i  apostrophirt  werden  ....  In  Boccaccio ,  Gicv. 
Villani  und  anderen  '  Alten  findet  man  zwar  häufig  gF  al(n\  gV 
occhi,  gV  anihasciadori,  allein  das  ist  Fehler  der  neueren  Herausgeber  j 
die  Alten  schrieben  glallri,  glocchi  und  verlieszen  sich  darauf  dasz  nie- 
mand falsch  lesen  würde;  beim  Abdruck  der  Handschriften  hätte  man 
das  aber  in  gli  altri  usw.  auflösen  sollen*.  —  Ich  meine,  die  Frage  tut 
est  oder  tuisl  bei  Horaz  und  diesen  gebildeten  Dichtern  ist  gar  keine^ 
Frage  der  Aussprache  sondern  der  Orthographie,  der  Schreibegewohnheit, 
und  Schreibebequemlichkeit. 


VERSCULEIFUNO.  XIX 

ßl%keiten   in  der  Verteilung.    Wie  in  den  Satiren  auch. 
Doch  wtlrde  Horatius  vielleicht  zwei  hintereinander  folgende 
Verse  mit  Schlusz-c*/,  wie  sat.  I  3,  68-  69,  in   den  Episteln 
nicht  zugelassen  haben.  Es  haben  die  Satiren  überhaupt  52 
Beispiele  mit  diesem  est  —  denn  in  der  Reisebeschreibung 
lagse  ich  mir  meinen  Glauben  an  den  epischen  Schlusz  char- 
taeque  viaeque  nicht  rauben  — ,   darunter  7  in  der  Länge. 
Sie  haben  nun  aber  auszer  et  und  est  noch  penes  te  es  II  3^ 
39.  cruemven't  atque  hie  I  2,  22 ,  II,  50  jugcra  centum  an, 
und  Einmal  ein  Substantiv  atque  os  I  4,  43.    Aber  dies  zur 
Haierei,  um  den  Mund  voll  zu  nehmen :  mgenium  cui  sitj  cui 
mens  divmior  atque  os  \  magna  sonaturum  — .  Nach  dem  allem 
wäre  es  vielleicht  gar  nicht  so  auffallend,  dasz  man  in  ^iner 
feinem  Gattung,  am  Schlusz  des  Pentameters,   in  welchem 
et  durch  die  Gliederung  des  lateinischen  Distichon  von  selbst 
wegfiel  und  wegfielen  die  milden  ersten  Silben  ywc,    wenn 
nicht  einmal  ein  neque,   und  re  und   das   infinitive  -re  im 
Pentameter   mit  zweisilbigem  Ausgang  auch  fast  ganz  und 
gar  —  dasz  man  sich  nur  das  est  erlaubte,  ob  mit  der  In- 
tention ist  dst  recht  absichtlich  verbunden  zu  sprechen,  oder 
möglichst   auseinander   gehalten,   möchte  so  sicher  nicht 
sein.     Vielleicht  jenes  eben  so  w^enig  als  penes  tes, 

E.  Die  obige  Bemerkung  über  das  seltene  Vorkommen 
des  ae  in  Episteln  und  Oden  hängt  mit  der  andern  zusam- 
men, dasz  alle  lange  Vocale  in  erster  Silbe  zur  Verschlei- 
fung  ungemein  selten  angewendet  sind  mit  Ausnahme  des  ö, 
welches  ein  höchst  merkwürdiges  Uebergewicht  hat.  luden 
Briefen,  eingeschlossen  ars  p. ,  sind  —  abgerechnet  die 
oben  genannten  einsilbigen  me,  te,  mi,  tu,  qui  —  lange  erste 
Silben  in  Verschleifung  (auch  jene  am  Versschlusz  mitgezählt) 

in  o  53 
dagegen  in  /  3  (ars  p.  417  relinqui  est,  456  pueri  incau- 

tique.  ep,  I  6,  5  lateri  est) 

in  a  6  (I  1,  87  in  aula  est.  I  6,  24  sub  terra  est. 

I  14,  3  /w  culpa  est,  II  1,  31  nil  intra  est, 

nil  extra  est,  II  2,   200  magna  an  parva) 

B2 


XX.  VERSCHLEIFUNO. 

in  r     2  (I  12,   13  peregre  est,  11  2,  64  sane  est 
inae  1  (I  6,  24  porticus  Agn'ppae  elu 

In  den  Oden,  gleichfalls  das  me  und  te  abgerechnet,  übrige 

echtes  und  unechtes  gezählt: 

in  o  45 

in  /  8  (I  17,  14  et  musa  cordi  ost.  I  34,  10  d 
auffallendste  invisi  horrlda.  III  1, 
trirrmi  et.  III  4,  65  vis  comHi  earpei 
12,  11  Huuhin  et.  27,  22  Austn  et.  1 
3,  21  Uii  est,  IV  4,  21  das  wahrschei 
lieh  richtige   Vindelici  et) 

in  a   1  (II  16,  25  anmus  quod  ultra  est) 

in  e  0 

in  ae  1   (nequitiae  additvs  III  4,  78) 

In  den  Satiren    hat  man  einige  40  i  (darunter  das  tantu 
eget  in  der  zweiten  Silbe  des  Dactylusj,  einige  20  a,  wäl 
rend,  wenn  ich  recht  gezahlt,  etwa  65  o.  In  e  rede  est  II 
232,  recte  hoc  ebd.  SS,  pure  apparere  12,  100,   in  re  i/«. 
II  4,  4S.  Und  das  bisher  (auszer  tu)  ausgebliebene  u — dem 
mit  voltu  et  ist  der  Stelle  IV  9,  43  nichts  geholfen  —  finde 
sich  ein ,  wenn  auch  nur  in  vigilare  mptu  exanimem  I  1  76 
iura   inventa  metu  iniusti  13,   111,  cornu  ipse  bilibri  II  2,  61 
—  Auch  in  den  Epoden  ist  kein  w.     Dem  Horatius  schie- 
nen diese  u  offenbar  divtu  gravia,  perpes^u  aspera.  *)  —  Bei 
Gelegenheit  jenes  übenviegenden  o  will  ich  bemerken  dasz 
in  dem  Verzeichnis  der  verkürzten  Schlusz-ö  im  Substantiv 
bei  Corssen  Ausspr.  I  344  fehlt,    was  für  die   allmähliche 
Entwicklung  nicht  gleichgültig  ist,   dasz  doch  bei  Horatius 
ein  mentiö  vorkommt  sut.  I  4,  93,  und  das  Polio  auch  schon 
bei  ihm,   zwehnal   in  den  Satiren   und  selbst  in  den  Oden 
einmal  II  1,  14,  und  das  sartagö  auch  schon  bei  Persius  1, 
80,  nicht  erst  bei  Juvenalis.    Daran  zu  denken  wenigstens, 
dasz  man  hier  mit  dem  Buchstaben  zu  thun  hat,  der  jenen 


*)  Bei  Lucretius  nur  (nach  Woelk^  1,677  abitn  auf  aditu.  III,  49 
conspectu  ex,  946  in  offensu  est.   Vf.,  74t  casu  atque,   II,  ^%  tu  am'mo. 


VERSCHLEIFUNG.  XXI 

Keim  zur  Verkürzung  in  sich  trug,  kann   man  sich  nicht 
enrehren. 

F.  Das  Uebergewicht  der  Verschleifungen  in  derArsis  ist 
in  der  ars  p.  auszerordentlich  grosz.  In  altera  brevi  dactyli 
folgende :  non  ego  uiomata  234,  cur  etjo  amicum  450,  si  modo 
fgoetvos  212^colludere  et  iram  159,  sine  pondere  et  arte  320,  et 
ipondereleri  propaupere  et  eripere  artis  423.  Auch  hier  spielt 
et  wieder  seine  Rolle.  So  in  den  übrigen  Briefen:  II  1,  214 
temm  age  et  his,  72  pulcraque  et  exactis^  252  dicere  et  arces, 
267  donatus  munere  et  una,   II  2,  28  et  sibi  et*hosti,  183  /w- 
dere  et  ungui,  207  formidine  et  tra.  I  6, 17  aeraque  et  artes, 
I  1,  11  e^  rogo  et  omnis  in  hoc  sutHj  48  discere  et  audire  et, 
69  liberum  et  erectum,    I  2,  15  libidine  et  ira.  I  7,  57  quae- 
rere  et  uti,  95  obsecro  et  obtestor.    14,   21  fomix   tibi   et 
uncta  popina,     16,  28  et  tibi  et  urbi,     20,20  natum  patre  et 
in  tenui  re.    Und  auszer  diesen  nur:    112,  112  e^  sine  pon^ 
dere  erunt^  I  6,  65  sine  amore  iovisqu^,  10,   33  praecurrere 
amicos,  7,  86  verum  ubi  oves.    Hienach  möchte  das  regiuni 
opus,  welches  Meineke  ars  p.  65  wünschte,  doch  wol  nicht 
dringend  genug  sein.  (Ausonius  Mos,  290  las  regis  opus,)  Aus 
den  Satiren  wären  ähnlich,  nicht  gleich,  iVi^e/zri/wi  edax  II  2,  92, 
rancidum  aprum  ebd.  89.  Die  Satiren  weisen  auch  hier  einen 
sehr  verschiedenen  Character  auf.  Unter  den  gegen  fünfzig  Bei- 
spielen welche  sie  enthalten  ist  die  vorherrschende  Anwen- 
dung im  fünften  Fusz  auch   dort  bemerkbar  und  dem  zu- 
nächst im  ersten,  sonst  aber  trotz  dem  nicht  seltenen  Auf- 
treten auch  in  ihnen  des  Infinitivs  ist  doch  die  Anwendung 
von  kurz  e  in  der  ersten  Silbe,  wenn   sie  es  auch  einmal 
in  einer  einzelnen  Satire  ist  wie  18.  n  8 ,  doch  im  ganzen 
nicht  die  überwiegende,  sondern  erreicht  nicht  voll  die  Hälfte 
der  Beispiele.    Auszer  andern  Vocalen  (z.B.   ianea  et  effi- 
gieSf  aequora  alebant,  peccati  conscia  erilisj  maxima  avis)  er- 
scheint -um  wiederholt,  wovon  einige  Beispiele  oben.    Noch 
einige  seien:  ptisanarium  oryzae,  inclutum  Vlixen^  magnum 
spectaculum  utrumque,  nee  modum  habet.    Auch  -em  namque 
parabilem  amo,  in  diem  et  horam.    Das  et  als  zweite  Silbe 
ist  überraschend  selten,  wol  nur  eben  in  in  diem  et  horam. 


XX«  VERSCHLEIFLNO. 

lanea  et  ejjifiics^  llia  et  Egeriu  est,  alten/m  et  huic,  spiritu 
et  inressum,  wogegen  nun  also  Präposition,  andere  Partikc 
plaudere  vt  audax,  nescio  «w,  occupo,  at  ille,  und  häufig  n 
minale  und  verbale  Stämme.    Das  amieos  in  eomponere  am 
cos,  quaerere  amabam,    contemnere  honores^   non   sine  aceti 
anulo  equestri  u.  a.,  man  sehe  nur  die  schon  im  Verlauf  vo: 
gekommenen.     Das  pronominale  quam  ex  hoc  fonticulo  tart 
tundem  sumere.  eo  ßt  mag  hergeschrieben   werden  wege: 
der  dazwischen  tretenden  Interpunction.   Wie  occupo.  at  iUt 
Lange  Silben   scheinen   die  Briefe  doch  zu   geben  ii 
Verbal-ö,  curo  et  rogo  et  omnis  in  hoc  sum ,  und  obsecro  e 
obtestor.    Doch  lasse  ich  es  dahin  gestellt,  da  Haui)t  anden 
urteilt  in  der  bekannten  Untersuchung  obscrvationes  critica< 
S.  18,  wo  er  diese  Beispiele  bereits  aufgeführt  so  wie  die  in  doi 
Satiren  vorkommenden:  occupo. at  ille,  anulo  equestri,  at  qw 
tantuli  eget.  —  Bei  Corssen  I  345  hätte  das  diligö  aus  dem 
Scherz  des  Mäcenas  7<i  te  visceribus  meis,  Ilorati,  plus  tarn 
diligo,    tu  tuum  sodalem    —    eine  Stelle  verdient.  —    Die 
Beispiele  der  Verschleifung  in  lang  /  der  ersten  Silbe   in 
den  Satiren  sind  vielleicht  um   eines  zu  vermehren,   wenn 
man  einige  Wahrscheinlichkeit  fände  in  dem  Versuch,  die 
unerklärliche  Stelle  II  5,  90  difßcilem   et  morosum  äffendes 
garrulus  nitro  (oier  ultra)  \  nonetiam  sileas  so  zu  schreiben  :  dif- 
ßcilemet  ?norosum äffendes gorrulus :  ultra  \  noli  et  iam  sileas, 
in  dem  Sinne  eines  Vorder-  und  Nachsatzes  verbunden :  'wirst 
du  Anstosz  geben:   gleich  höre  auf.'    Oder  besser  verstan- 
den sage:  ^ ultra  nolo! 


VERSUS   SPONDIACI.  XXIU  ' 


Anhang  zu  I,  3  A. 

Ueber  die  versus  spondiaci  der  Römer.    Von  Anton  Viertel. 
Aaszug  aus  dessen  Abhandlung  über  diesen  Gegenstand  in  Fleckeisens 

Jahrbüchern  1862  S.  801  ff. 

Spondeische  Verse  hat  Horaz,  wenn  man  von  dem 
bedenkliehen  Vers  invitum  qui  servat  idem  facit  occidmti  der 
a,  p.  467  absieht,  nur  vier:  Od.  I.  28,  21  (wenn  echt).  Epod. 
Xni,  9.  XVI,  17,  29.  Wie  sie  sich  denn  überhaupt  bei  la- 
teinischen Dichtem  selten  finden.  Während  die  homerischen 
Gedichte  1558  spond.  Verse  enthalten,  (durchschnittlich 
kommt  auf  18  Verse  ein  Spondeus  —  s.  Arthur  Ludwich  de 
hexametris  poetarum  Graecorum  spondiacis,  Habs  typts 
Orphanolrophei  1866  — ),  hat  die  ganze  römische  Literatur 
von  (Ennius)  Lucrez  bis  auf  Claudian  kaum  über  220  auf- 
zuweisen. Lucrez  hat  30,  Cicero  2,  Catull  verhältniszmäszig 
am  meisten.  In  dem  epithalammm,  das  aus  408  Versen  be- 
steht, sind  nicht  weniger  als  30,  so  dasz  auf  je  14  Verse 
einer  kommt,  die  elegischen  Gedichte  enthalten  12;  nächst 
Catull  hat  sein  Nachahmer,  der  Dichter  der  Ciris,  die  ver- 
hältniszmäszig groszte  Zahl,  unter  38  Versen  einen,  im 
Ganzen  14.  Tibull  hat  keinen,  Properz  7,  Vergil  32,  davon 
einen  doppelt  III,  12  und  VIII,  679,  in  der  Aen.  26,  in  den 
Eklogen  3,  in  den  Georgicis  5.  Ovid  in  den  Met.  39  (unter 
285  einen),  in  den  Fast.  10,  in  den-4/wör.  2,  in  den  übrigen 
Gedichten  keinen ;  die  Verfasser  der  Heroiden  5,  Manilius 
6  oder  5,  Persius  keinen,  Petronius  einen,  Lucan  14,  Silius 
6,  Valerius  Flaccus  einen,  Statins  7,  (6  in  der  Thebais,  nur 
einen  in  den  Silvae),  Juvenal  33  (unter  113  einen),  Martial 
14,  die  Catalecta  Vergiliana  einen,  die  Sulpicia,  Avian,  Cal- 
pumius,  Nemesian  keinen,  Serenus  einen,  Ausonius  23,  Ru- 
tilius  3,  Claudian  6,  der  Dichter  des  Aelna  1,  Cato  in  der 
Lydia  3. 

Zwei  Spondeen  hinter  einander  hat  die  lat.  Literatur 
nicht,  Catull  hat  im  Epith.  einmal  drei  aufeinander  folgen 
lassen. 


XXIV  VERSUS  SPONDIACr. 

Nur  von  sehr  wenigen  Versen  läszt  sich  die  Behaupti 
aufstellen ,  duss  der  Dichter  mit  dem  spond.  Ausgang  eh 
Sinnes    oder  einen  Gemüthseindruck  hat  hervorbringen  ^ 
Icn.    Dahin  gehurt  des  Ennius  Vers  dono  duale  doque  vol 
tibus  cum  magnis  dis  Ann.  207,  welchen  SchUisz  Vei^l  2  3 
wiederholt  hat ;  CatuU  epith.  34  und  vielleicht  24.,  Verg.  Eci 
4,  49,  der  sich  in  der  Ciris  39S  wiederfindet,  Aen.  II,  ( 
VII,  634.  Georg,  II,  5.  Mehr  derartige  Verse  hat  Ovid  M 
VI,  247.     VII,  5S1.     I,  732.    XIII,  6S4.    III,  669.   V,  2t 
VI,  69.     VII,    114.    Vielleicht  auch  V,    165.    Unter  alh 
übrigen  Versen  könnte  man  höchstens   noch  Lucan  I,   3* 
hierher  ziehen. 

Ungesucht  erscheint  der  spondcische  Ausgang  nur  i 
den  Versen  des  Lucrez  und  in  der  Mehrzahl  der  Verse  de 
Juvenal,  sowie  in  einem  und  dem  andern  der  übrigen  Diel 
ter;  die  Spoudeen  im  fünften  Fusz  sind  von  denselben  ang€ 
nommen,  wie  sie  der  Sinn  am  Schlusz  des  Verses  ai 
die  ITand  gab. 

Catull  hat  zuerst  die  spondeischen  Verse  zur  Anwendung 
gebracht,  um  durch  Unterbrechung  des  gewöhnlichen  Rhyth- 
mus einen  gewissen  Ohreukitzel  auszuüben.  Diesem  Zwecke 
entsprechen  auch  die  zum  Schlusz  gewählten  Worte.  Ee 
sind  dies  bei  Catull  an  11  Stellen  griechische  Worte 
meist  mit  von  Natur  langen  Vocalen  oder  Diphthongen.  Dasz 
derartige  Verse  mit  griechischen  Worten  am  Schlusz  schon 
bei  den  Dichtern  der  republikanischen  Zeit  sehr  in  der  Mode 
waren,  beweist  Ciceros  Spott  ad  Att,  VII,  2.  Bnmdisium  ve- 
nimus  VII  KaL  Dec,  usi  tua  felkitate  navigandt;  ila  belle 
nobis 

pavit  ab  Epiro  lenissimus  Onvhesmites, 
hunc  a/iovdsia^ovta  sicui  voles  rußv  riwregiov  pro  tuo  vendila. 
Auch  Persius  I,  95  spottet  über  die,  qui  claudere  sie  ver^ 
sum  didicerunt:  et  costam  longo  subdu,rimus  Apennino.  Und 
auch  Petron  hat  vielleicht  nicht  unabsichtlich  seinem  schwül- 
stigen Philosophen  Eumolpus  269  einen  Spondeus  in  den 
Hund  gelegt  yalta  petit  gradiens  juga  nobiUs  Apennini )  — 
Cicero  selbst  hat  seine  beiden  spond.  Verse  mit  Oriona  ge- 


VERSUS   SPONDIACI.  XXV 

schlössen,  Horatius  (oder  Pseudohoratius)  I,  28,  21  Orionis; 
epod,  13,  9  Cyllenea,  ib.  16,  \1  Fhocaeorum,  einmal  den  la- 
teinischen Eigennamen  Apennlnus  epod,  16,  29.;  Vergil  hat 
17  Verse  mit  griech.  Worten  geschlossen,  2  mit  lat.  Eigen- 
namen.   Der  Vers  des  Helvius  Cinna  schlieszt  mit  cristallus. 
Propert.  hat  unter  7  Versen  6  mit  griech.  Worten,  Ovid  31,  4 
mit  lat.  Eigennamen ;  unter  den  5  spond.  Versen  der  Heroiden 
endigen  4  auf  griech.  Eigennamen,  in  der  Ciris  9,  bei  Lucan  10 
und  einer  auf  Aperminus»   Der  Vers  des  Valer  Fl.  endigt  auf 
Orithi/ia;   Silius  hat  3  mal  griech.  Worte,  2  Mal  Apenninus. 
Manilius  hat  2,  Statins  6  griech.,    auszerdem  Surrenthium. 
Juvenal  hat  1 1  griech.  Worte  und  5  rum.  Eigennamen ,  Mart. 
4  griech. ,   8  lat.  Eigennamen ;    Ausonius  7  lat. ,    5  griech., 
Claudian  hat  unter  6  Versen  5  mit  griech.  Eigennamen,  Ru- 
tilius  hat  Oriotii  und  Apenninus, 

Uebrigens  wurde  dasselbe  Wort  wiederholt  zum  Aus- 
gang des  Spondeus  benutzt  und  ein  Dichter  entlehnte  es  vom 
andern.  So  findet  sich  centaurea  3  Mal  bei  Lucret.  Verg. 
Georg.  IV,  270  und  Lucan.,  der  Eigename  Centauri  3  Mal  bei 
Ovid  und  Luc;  Orion  10  Mal  bei  Cic,  Verg.,  Hör.,  Luc, 
Man.,  Cir.y  Rut.,  Claud.  Orithyia  9  Mal  bei  Verg.,  Prop., 
Ov.,  Val.  Fl.,  Stat.,  Amphilrile  8  Mal  bei  Cat.,  Ov.,  Cir„ 
Claud.;  Hellespontus  8  Mal  bei  Cat.,  Ov.,  Luc,  Sil.,  Man., 
Cir.  u.  8.  w. 

Den  Schlusz  bildet  meist  ein  viersilbiges,  seltner  ein 
dreisilbiges  Wort;  ausnahmsweise  Bildungen  sind  die  Aus- 
gänge cum  magnis  dis  bei  Ennius  und  Verg.  und  ad  cennm 
si  bei  Juven.;  zweisilbige  Worte  am  Schlusz  finden  sich  nicht. 


XXVI  zu  ODE  1,    l. 

Od.  I,  l  Maecenas  atavis  — 

'Jeder  hat  seine  eigenen  Neigungen,  denen  er  seiner  Nat 
gemasz  nachgeht  und  in  denen  er  sich  trotz  Mlihen  sogar  l 
glückt  fühlt.    Jenen  zieht  und  beglückt  Olympischer  Si( 
und  Ruhm,  diesen  höchste  Ehrenstellen  des  Stats,  den  u 
gemessne  Reichthümer,  einen  andern  Sicherheit  und  Muä 
auf  dem  väterlichen   Landgütchen  u.  s.  w.     Mich  beglUcl 
der  Gedanke  an  zu  erwerbenden  Dichterruhm:     mich  ziel 
als  zu    meiner    Beschäftigung  es    fort    aus  dem  Getriel 
der  Welt  hin  in  die  Frische  der  Wälder,   wo   ich  den  Re 
gen  und  Gesängen  der  Satjni  und  Nymphen  und  der  Mi 
sik  der  Musen  horchen  darf.    Und  wenn  du  mich  danael 
Mäcenas,  unter  die  lyrischen   Dichter  einreihen  willst,  (ml 
unter  den  lyrischen  Dichter  einen  Platz  einräumen  willst 
eyxQivetv),  so  werde  ich  glau])en,  das  allerhöchste  Glück  er 
reicht  zu  ha))en.'   —  Dies  alles  ist  vollkommen  in  der  Ord- 
nung des  Gedankens   und  in  der  Ordnung  der   Latinität^ 
bis  auf  ein  in  der   eben  gegebenen   Paraphrase    verhehl- 
tes Wörtchen  des   überlieferten  Textes,  nemlich  das  si  im 
V.  32.    Bemerken  will  ich  gleich  noch,  dasz  mit  dem  zwei- 
ten gleichsam  parallelen  Teil  des  Gedichtes:    me  doctarum 
hederae  praemia  frontiuin   dis  miscetit  superis  —  das  beim 
Eintreten    des    ersten    Teils    angCAvendete   dominos    evehit 
ad  deos    absichtlich   auch  im  Ausdruck   wieder   aufgenom- 
men ist.  — 

Ferner  nun  das  secemunt  popuh  könnte  man  vielleicht 
verstehen  wollen  —  denn  es  würde  das  wol  heiszen  kön- 
nen—  metaphorisch:  'meine  poetischen  Neigungen  scheiden 
mich  vom  Volk,  d.  h.  heben  mich  darüber  empor,  machen 
mich  zu  etwas  besserem.'  —  Allein  das  stört  den  rechten 
Gedankengang.  — 

Und  für  das  si,  worauf  wir  nun  kommen,  ist  auch  da- 
mit nichts  gewonnen.  Man  erhielte:  'Mein  Umgang  mit 
Satyni  und  Nymphen  erhebt  mich  über  das  Volk,  wenn  mir 
die  Musen  günstig*  sind.'      Und  was  thut  dieser  Umgang 


zu   ODE   I,    1.  XX VU 

^onst?  Und  wenn  er  nichts  thut,  wozu  wird  er  erwähnt? 
Kurz  das  ist  eine  von  jenen  Verbindungen,  bei  denen  es 
sogleich  finster  wird  vor  dem  Greist.  —  Uebrigens  verlangt 
der  Gedankengang,  dasz  er  mit  dem  me  gelidum  nemus  elc, 
seine  Beschäftigung,  seine  Neigung  angebe.  —  Mit 
dem  si  kann  ich  nicht  fertig  werden :  ich  muss  es  für  falsch 
halten.  Der  Sinn  fordert  cum,  oder  noch  besser  dum:  'Meine 
Beschäftigung  und  Neigung  führt  mich  vom  Lebensgewühl 
hinweg  in  den  Wald  zu  Satyrn  und  Nymphenreigen,  wäh- 
rend auch  (wobei  denn  auch)  die  Musen  nicht  verschmähen 
{non  rrfugit)  —  mich  also  nicht  als  einen  unwürdigen,  un- 
eingeweihten betrachtend— ihre  Musik  ertönen  zu  lassen .  — 
Will  vielleicht  jemand  lieber  cui\  so  würde  ich  dagegen  we- 
nig einzuwenden  haben. 

Quod  si  heiszt,  was  es  ursprünglich  heiszt,  und  was 
es  häufig  heiszt:  wenn  nun  also,  wenn  demnach.  —  Das 
heiszt  es  z.  B.  Epüf.  I  7,  25  und  10;  (dasselbe  yt/örf  eben- 
daselbst V.  94:  yuod  le  per  gentum  etc.):  femer  Ep.  I  19, 
17.  II  1,  90.  Od.  I  24  y  13  (wo  für  den  gleichmäszigen 
Ton  des  Gedichts  quodsi  —  non  viel  besser  scheint  als 
quid  si  —  f  num  —  ?)  und  III  1,  41  (wenn  nun  also.)  — 

Sollte  vielleicht  si  dem  Bestreben  verdankt  werden,  den 
Horaz  bescheiden  zu  macheu?  Was  er  nur  in  so  fern  ist 
als  er  seine  Gabe  der  Muse  verdankt :  übrigens  aber  in  den 
Büchern  der  Oden,  für  welche  er  diese  Einleitungsode  schrieb, 
ist  er  der  Muse  sich  sehr  bewuszt  und  commandiert  sie :  de^ 
scende  coelo  etc.  — 

Bis  auf  jenes  si  musz  ich  meinerseits  alles  in  dem  Ge- 
dicht in  der  besten  Ordnung  finden:  soweit  es  einen  Ein- 
flusz  auf  Zusammenhang  und  Verständnis  hat.  —  Für  den 
Stil  befremdet  mich  allerdings  das  hmw,  V.  7,  mit  seinem 
knappen  Eintreten  mit  hinzuzurechnendem  Verbum  aus  dem 
vorigen:  während  man  ein  neues  Verbum  erwarten  würde.  Ich 
bin  sehr  geneigt  zu  glauben,  dasz  in  dieser  Gegend  4  Zei- 
len ausgefallen  seien;  ob  zusammenhängende  4  erst  hinter 
tollere  honoribus  oder  in  andrer  Art,  ))leibt  natürlich  un- 
gewis. 


XXVIII  ZV  ODE  T,   2. 

0(1,  I,  2  lam  satis  terris  — 

Es  trifft  sich  gut  dasz  gleich  dieses  zweite  Gedicht  ein  ( 
gchiedenes  Beispiel  vor  das  Auge  stellt,  in  welchem  Umfa 
iWs  zu  welchem  Grade  Interpolation  und  Verderbung  geh 
Dasz  die  zweite  und  dritte  Strophe,  lerrnit  ijentcs — ,  piscl 
et  summa  genus  unecht  sind ,   ebenso  die  fünfte  und  sechs 
Iliae  dum  se,  audiet  ches^  endlich  die  zehnte,  und  zwar  n 
Einschlusz  des  von  Peerlkamp  gegen  Guietus  Meinung  b 
behaltenen  ersten  Verses  heu  nimis  longo  saliate  ludo  fals 
sind,  darin  musz  ich  Peerlkamp,  in  mehreren  derselben  na< 
Guietus   Vorgang,    durchaus    beistimmen.     Auch    darf   i( 
grosztentheils  in  den  Gründen  ihm  folgen.  Das  tibrigo  ausz* 
den  genannten  Strophen  musz  ich  anders  behandeln  als  e 
Ich  finde  auszer  ihnen  weitere  interpolirte  Verse  anzunehme 
keinen  Anla«iz:  wohl  aber  AnLiw.  mich  zu  wundern  wie  c 
den  Schluszvers  (e  duce  Cuesai*  unangefochten  konnte  voi 
übergehen  lassen.    Also  zuerst  zur  zweiten  und  zur  dritter 
auch  von  Buttmann  und  Meineke  verworfenen  Strophe.    Ein* 
Tiberüberschwemmung  in  der  Stadt  Rom,  ein  übrigens,  wem 
auch  nicht  immer  in  gleichem   Grade  und   unter  gleichen 
Unwetter,  nicht  seltenes  Ereignis,   schreckt  nicht  nur  die 
Stadt    oder    nächste    Gegend,    sondern    gleich     „die    Völ- 
ker",  und  zwar   befürchten    sie   gleich    davon    eine  Deu- 
kalionische  Wasserflut.    Und  diese  Befürchtung  ist  hier  aus- 
gesprochen und  geschildert,  ehe  noch  überhaupt  die  Uebcr- 
schwemmung  erwähnt  ist,    was   erst  V.  9  geschieht.    Und 
es  entsteht  ein    unmöglicher  Antiklimax  wie  dieser:    Jupi- 
ter  hat  mit  Unwetter  die  Stadt  geschreckt  und   die  Völ- 
ker, es  möchte  eine  Deukalionischo  Ueberschwemmung  her- 
einbrechen.   „Sahen  wir  ja"  oder  „xmd  so  sahen  wir"  oder 
„denn  wir  sahen"  den  Tiber  die  Regia  und  den  Vestatem- 
pel  bedrohen. —  Auch  ist  die  Schildening  derDeukalionischen 
Flut  in  gesuchten  und  kleinlichen  Ztlgen,  nicht,  wie  Butt- 
mann sagt,  empfindsam,  sondern  läppisch  und  abgeschmackt. 

Die  Fische    wohnen    auf   den    Ulmen,   wo  sonst    die 
Tauben   wohnten.    Warum   denn?    Schwimmen    sie   nicht 


zu   ODE   I,   2.  XXIX 

nach    wie     vor    in    ihrem    Wasser-Element  ?       Und    die 

furchtsamen  dammae  schwimmen  in  dem  Meer.  Wie  es  auch 

mit  ihrer  Schwimmkunst  beschaffen  sein  mag,  sie  werden 

es  wol    nicht  weit  bringen,    nalari  autem  in  diluvio  et  in 

iila  rnpina  polest?  sagt  Seneca  (die  Stelle  ist  von  Peerlkamp 

angeftihrt,  Quaest.  nat.  III,  27)  in  Beziehung  auf  das    Ovi- 

dische  nat  lupus  inte?*  oves^  fulvos  vehit  unda  leones  {Met,  I 

304j,  und  nennt  das  sehr  gut  pueriles  ineptias.    Wie  ist  es 

denn  aber  mit  der  Schwimmkunst  der  dammae  beschaffen?- 

Sie  müssen  vorzugsweise  zum  Schwimmen  unfähig  sein.  Denn 

um   das   unmögliche    zu  schildern   sagt   Claudiau  in  Prob, 

Olt/br.  cons.  169  Ante  dubunt  hiemes  Xilum  (etwa  lu'olamf), 

per  ßumina   dammae   errabunt    (jlacieque  niger    damnabitur 

Indus,  — 

Also  diese  dammae  schwimmen  superiecto  aequore,  sie 
schwämmen,  und  sie  schwimmen  gar  in  dem  über  sie  ge- 
worfenen Meer,  sie  schwimmen  unter  dem  Meer.  Was  ein 
vernünftiger  Mensch  nennt:  sie  ertranken  in  dem  sie  über- 
flutenden Meer.  Diejenigen,  die  alles  erklären,  sagen:  das 
superiecto  gehe  nicht  auf  die  dammae^  sondern  es  ist  allge- 
mein zu  fassen:  in  dem  über  das  Land  geworfenen  (omnia 
iam  tegente  Orelli).  Peerlkamp  sagt  sehr  richtig :  so  könne 
man  nicht  verstehen;  das  heiszt  nemlich  ein  vernünftiger 
Leser,  der  einen  vernünftigen  Stylisten  zu  lesen  voraussetzt, 
kann  und  wird  et  superiecto  pavidue  natarunl  aequore  dam- 
mae nicht  anders  verstehen  als  dam?nis  superiecto.  —  Aber 
nun  auch  die  vorangehende  Strophe:  sie  fürchteten  dasz 
wiederkehre  das  Zeitalter  der  Pyrrha,  das  sich  über  neue 
Ungeheuerlichkeiten  beklagte.  Oder:  über  die  neue  Unge- 
heuerlichkeit der  Ueberschwemmung.  Denn  moiistra  steht 
auch  in  der  Bedeutung  des  Singulars  z.  B.  Ov.  Met.  V,  216, 
459.  Und  nova  monstra  selbst  so  XI,  391.  (monstri  novitate 
XII,  175). —  Sie  beklagten  sich,  „klagten"  über  die  grosze 
herankommende  ungeheuerliche  Wasserflut?  Welcher  matte 
und  nichtssagende  Ausdruck  für  die  Situation! 

Femer  nun  Proteus  omne  pecus  egit  altos  visere  montes. 
Omne  pecus  soll  also  heiszen  seine  ganze  Herde,  seine  ganze 


zu   ODE  I,  2. 

Robbeuheerde,  die  er  täglich  iuis  Land  trieb,   wie  aus  i 
Odyssee  bekannt.  Was  soll  denn  die  ganze  Heerde?  Sei 
Heerde  >vird  verlangt:   „seine  ganze  Heerde"  ist  nicht  i 
nichts  zur  Sache  thuend,  sondern  ungehörig  und  störend. 
Orelli  sagt:  omne  pecus  dictum  est  vt  Sat,  1,  5,  2  omne  oi 
'omnh  ffeneris  bcluas  marinas!  Alle  Arten  von  Seeungethtime 
deren   Heimath   und  wohliger    Aufenthalt    das  Wasser  n 
treibt  er  ans  Land.    Wie  das?  —   Uebrigens  könnten  d 
beiden  Strophen  viel  besser  sein,  sie  könnten  sogar  vortrel 
lieh  sein :  wenn  desselben  Inhalts,  mUszten  sie  wegen  ihrt 
verkehrten  Stellung  und  des  entstehenden  oben  angegebene 
Antiklimax  für  eingeschoben  gelten.*) 

Ueber  die    fünfte  Strophe  Iliae  dum  se  ist  nur  das  z 
sagen  notwendig,    dasz  das  love  non  probante  ujcorius  am 
nis  sie  ganz  sicher  als  unecht  kennzeichnet,    da   dies    in 
Widerspruch  steht  damit,  dasz  Jupiter  ja  oflFenbar  Unwettei 
und  Flut  zur  Strafe  absichtlich  sendet,  also  mit  solcher  Ue- 
berschwemmung   gar    sehr    einverstÄudcn    ist.      Dasz    dei 
erw^achsenc  oder  unerwachsene  Schüler,    welcher  sich  mit 
einer   mythologischen   Erweiterung  ül)er  den    Tiberis  Stoflf 
schaffte,  eine  Strophe  zu  bauen,    sich  oberflächlich  an  das 
obige  terruit  hielt  und  nun  gemeint  hat:   'llberis,  der  aus 
Galanterie   für  seine  Frau    über  die  Intentionen  des  Zeus 


*)  Sonderbar  ist  es,  dasz  bei  0\id,  der  sich  nach  seiDem  auch  soust 
bisweileu  frei  gegebeuen  Hange  mit  der  Beschreibung  der  Deukalioni- 
sehen  Flut  eine  Spielerei  gemacht  hat,  von  Seneka  oben  ganz  gut  cha- 
racterisirt,  dennoch  die  Verse  mit  der  Ulme  295.  6  Itle  supra  segetes 
aut  mersae  admina  HUae  Navigat ,  hie  summa  piscem  deprendit  in 
ulmo  auch  nicht  ursprünglich  scheinen.  Der  hie  im  Gegensatz  scheint 
ein  Schwimmender  sein  zu  müssen,  der  wunderlich  bei  dem  gleich  wie- 
der folgenden  Figitnr  iti  viridis  wo  der  Schiflfende  foitgesetzt  wird,  da- 
zwischen kommt.  Man  möchte  für  in'c  verlangen  et.  Aber  selbst  dann 
fragt  man  noch:  I/fe  supra  segetes  uavigat  —  was  ist  denn  das  ande- 
res als  das  unmittelbar  vorher  gesagte  dueit  remos  uhi  nupcr  ararat. 
Das  auf  den  Verf.  der  Horazverse  die  Deukalionische  Flut  des  Ovid  von 
Einflusz  war,  möchte  man  nach  einigen  Anzeichen  glauben  dürfen.  Und 
80  ist  auch  wol  die  Ulme  früher  in  die  Ovidische  Beschreibung  gepflanzt 
worden  als  in  die  Horazische. 


zu  ODE   I,   2.  XXXI 

Ünaus  beinah  Ernst  gemaeht  hätte  mit  der  Zerstörung,  da 
Japiter  nur  schrecken  wollte*'  kann  sein.  Dasz  nicht  nur 
ein  Scholiast  C  terreri  iussii  Juppüer  populuni  non  perire) 
solches  allen  Sinn  und  vernünftigen  möglichen  Gedanken- 
gang  auf  den  Kopf  stellende  Zeug  befriedigt  annimmt,  son- 
dern auch  neuere  Interpreten,  das  kann  leider  auch  sein. 
Denn  es  ist.  —  Nun  also  zur  nächsten  Strophe:  Andient  — 
Was  werden  also  die  spärlich  heranwachsenden  Kinder^ 
wenn  sie  zum  verständnisfähigen  Alter  gekommen  sein  wer- 
den ,  über  die  Generation  ihrer  Eltern  hören  ?  Dasz  die  Bür- 
ger die  Schwerter  geschärft  haben,  durch  welche  vielmehr 
die  Parther  hätten  umkommen  sollen,  und  Schlachten.  Dasz 
beidemal  der  HauptbegriflF  ausbleibt,  'Schlachten  gegen 
einander  geführt',  nachdem  eben  auch  vorher  nur  ungenau 
gesagt  war,  die  Bürger  haben  die  Schwerter  geschliflfen, 
nicht  gegen  einander  geschliflFen,  das  zeigt  einen  Menschen, 
der  was  er  sagen  wollte  nicht  in  seinen  Vers  zu  bringen 
TCTStand.  Da  mr  dadurch  ganz  sicher  sind,  keine  Horazi- 
sche  Strophe  zu  haben,  brauchten  wir  nicht  einmal  mehr 
zu  fragen,  welchen  Zusammenhang  sie  denn  habe,  über  den 
allerdings  durch  Wendung  oder  Partikel  ein  Anzeichen  na- 
türlich erscheinen  dürfte.  Die  Meinung  des  Interpolators 
kann  doch  wol  nur  gewesen  sein :  Und  in  der  That  haben 
wir  durch  die  Versündigung  der  Bürgerkriege  solche  Strafe 
verdient. 

Nach  Entfernung  der  bisherigen  unechten  Strophen  wbrd 
noch  ein  Fehler  sichtbar,  den  der  ursprüngliche  Text,  — 
auf  leicht  erklärliche  Weise,  —  angenommen,  f^s  schlie- 
szen  zwei  Strophen  unmittelbar  hintereinander  mit  templague 
Vesiae  und  carmina  Vestam.  Was  man  als  unmöglich 
empfindet.  Ich  habe  das  erstemal  geschrieben  ^«w/j/a^wp  casta. 

V.  33.  34.  31.  Die  Schilderung  der  Venus  mit  ihrer 
gewohnten  Umgebung  und  in  ihrer  gewohnten  Persönlich- 
keit {ridens:  quam  locus  circum  volat  et  Cvpido)  auch  hier, 
wo  sie  nicht  gerade  als  Liebesgöttin,  sondern  als  Stamm- 
mutter, herbeikommt,  die  Not  zu  wenden,  darf  nichts  auf- 
fallendes haben.  S.  pop.  Aufs.  S.  138. 


xxxrr  zu  ode  i,  2. 

Ja  es  kann  vielleicht  die  Lieblichkeit  ihrer  gewohnten 
scheinimg  die  Hoffnung  auf  das  Entv\'eichen  der  Trauer 
gleich  um  so  mehr  bestärken.     Allein  um  so  mehr  ents 
die  Frage:  warum  soll  Apollo  kommen  V.  31  nube  cande 
umeros  amiclus  ?    Icli  habe  dies  nie  verstehen  können. 
Götter  kommen  in  Wolken  gehüllt,   um  sich  unsichtbar 
machen.     Das  hciszt:  dies  ist  eines  von  den  Mitteln,  wel 
sie  dazu  anwenden  können.    Wie  kann  Hoi-az  dem  Apc 
vorschreiben,   ob  er  sichtbar  oder  unsichtbar  kommen  so 
Ob  erkennbar   oder  unerkennbar?    Und   wenn  unsichtb 
welches  Mittels  er  sich  dazu  bedienen  soll  ?  Wie  wenn  il 
beliebte,  auch  unter  fcmder  Gestalt  zu  kommen,  ^ne  es  » 
gleich  von  Merkur  vorausgesetzt  wird  dasz  er  wol  in  c 
Gestalt  des  Augustus  verborgen  sein  könnte?    —  Es  gie 
noch  einen  FjiII,    dasz  die  Götter  sich  in  Wolken  hülle 
den  ich  quaest,  rp.  S.  240  bemerkt,  zu  Hes.  op.  225  i^ii 
loaafttvr]  vmymv   avdgioTroiai   (pigovaa,    nemlich    wenn    8 
trauern.    Und  wie  sollte  Horaz    sagen:    Komme    endlie 
Apollo,  in  Trauer  gehüllt?    Auch  das  kann  ich  nicht  glai 
ben.    Er  hat  ihm  auch    das  nicht  vorzuschreiben:    und  i 
wäre  traurig  ominös  und  ])aszte  nicht  zu  der  folgenden  he 
teren  Beschreibung  der  Venus ,    die  wir  wol  am  Platze  fii 
den.    Auch  hier  möchten  wir  einen  Zug  von  Apollos  heitt 
rer  und  herrlicher  Glanz-Erscheinung.    Ich  habe  geschriebei 
luce  candentis  vmeros  amiclus, 

V.  37  —  Mars  freut  sich  an  Lärm ,  an  glatten  Helmei 
und  an  dem  kühnen  Blick  eines  mit  festem  Fusze  gegei 
den  blutigen  Feind  dastehenden  Soldaten.  Dies  ist  dei 
natürliche  und  schöne  Sinn,  der  sich  bei  den  Worten  dei 
Phantasie  darstellt.  Sonderbar  dasz  Peerlkamp  das  ausdrucks- 
volle/;erf/7?*  nicht  empfindet,  sondern  fragt:  warum  nicht  mi- 
litis  \  das  elien  nur  der  Autor  nicht  habe  in  den  Vers  brin- 
gen können !  „Der  blutige  Feind"  verstehe  ich  eollectir  und 
sehe  eine  feststehende  Fussmiliz,  welche  feststehenden  Fu- 
szes  einem  Feindesheer  gegenüber  kühn  entgegengerichteten 
Blickes  seinen  Angriff  erwartet,  oder  auch  des  Zeichens  zum 
eigenen  geschlossenen  Angriff  harrt.     Cruentus  hostis  ist  *der 


zu  ODE  I,  2.  XXXIII 

roller  Blut  ist',   nicht  aber  augenblicklich,  sondern  weil  er 
feer  seiner  Natur  nach  immerfort  blutigen  Krieg  sucht  und 
»achte,  weil  blutiger  Krieg  ihm  behagt,  wie  wenn  Mars  oder 
auch  Hannibal   sanguineus   heiszt,  Verg.  Aen.  XII,  322,  Ov. 
Rem.  am,  153.  Sil.  Ital.  I,  40.  Oder  Achilles,  und  der  Krieg 
selbst,    cruentus:  Cur  tarnen  ille  ferox  belloquc  cruentior  ipso 
Vivii  arfhuc  operis  nostri  populator  Achilles   Ov.   MeL   XII, 
591.  (quem  cruenla  per  tnedias  rapit  ira  caedes  Od.  111,2,  11.) 
Wie  durchaus  unpassend  nun  für  die  Situation  des  pe- 
ditis  hier,  denBentley  natttrlich  wohl  verstand,  der  Mamas 
pedes  sei,  da  die  Mauren  keine  Fuszsoldaten  sind,  sondern 
Reiter,  und  nach  Neigung  und  Bewaffnung  vielmehr   zum 
Schwärmen  geeignet  als  zum  Feststehen,    hat  Bentley  glän- 
zend nachgewiesen,  ebenso  dasz  nichts  passender  als  Marsi 
peditis,    was  Faber  vermutet   hatte.    Natürlich  sind  gegen 
Bentley  hübsche  Dinge  vorgebracht,    z.  B.  dasz  doch  auch 
ein  Reiter  ein  Fuszsoldat  sei,  wenn  er  eben  kein  Pferd  hat, 
und  was  der  Puerilia  mehr  sind.    Denn  es  versteht  sich  dasz 
die  Herausgeber  ihren  kosakischen  Fuszsoldaten  festhalten 
müssen.     Ganz  unbedenklich,  wenn  die  Strophe  von  Horaz 
ist,  schreibt  man  Marsi:  wahrscheinlich  thut  man  Recht  auch 
dann  so  zu  schreiben  wenn  sie  nicht  von  Horaz  ist:   doch 
das  läszt  sich  nicht  ganz  sicher  behaupten,   hat  auch  kein 
Interesse  mehr.    Ist  sie  denn  nun  aber  von  Horaz,  trotzdem 
dasz  sie  an  sich  anständig  erscheint  und  keineswegs  in  so 
lumpigem  Aufzug  als  die  früheren  falschen  Strophen?    Ich 
stosze  doch  jedesmal   dabei   an.    Es  ist  mir  jedesmal,  ich 
musz    schon    den  Ausdruck  gebrauchen,  in  welchen  meine 
Empfindung  sich  mir  umgesetzt  hat,  als  wenn  Jemand  sich 
mutwillig  den  Teufel  an  die  Wand  malt.     Peerlkamp   will 
ja  wol  dasselbe  wenn  er  sagt:    Haec  aliena  sunt  et  animum 
a  re  proposita  nimis  abducunt,      Dixerat  Horadtis  Martern 
tarn  esse  satiatum  beÜis.    Nunc  idem  laudaret  amorem  Mar- 
tis  erga  bella?    Schade  dasz  das  laudaret,    wie  leider   nur 
zu  oft  bei  Peerlkamp,  vrieder  nebenbei  schlägt.  Warum  musz 
es  denn  nothwendig  als  Lob  gesagt  sein?  —  Ich  hätte  nach 
meiner  Art  folgendes  zu  sagen.    Mars  hat  sich   bisher  um 

Lehr»,  Horatias.  C 


XXXIV  Zu  ODE  I,  2.  3. 

die  Römer  nicht  gekllnimert.  Dies  mit  dem  aiisdriieklicheu 
yffieyiecttim  genus'^  weiszt  darauf  bin  dasz  Horaz  in  diesem 
Augenblick  von  ihm  als  Kriegsgott  abstrabirt,  ibn  nur  als 
woblwollenden  Stanmigott  denkt,  der  ja  eben  kommen  soll 
um  dem  Innern  Blutvergieszen  ein  Ende  zu  maeben,  um 
Frieden  zu  bringen.  Und  in  diesem  Augenblick  ibn  gerade 
an  seine  Kriegsgelüste  zu  erinnern,  ihm  den  Spiegel  seiner 
Kriegsfreude  vorzuhalten,  in  dem  er  sich  gefällt,  das  wäre 
doch  verkehrt. 

Wollte  man  verstehen  saiiaftt  für  saliatus  „oder  magst 
du  auf  deine  veniacblässigten  Nachkommen  rücksichtigen, 
Stammvater,  weil  du  nun  endlich  durch  ach  nur  zu  lange 
Kriege  gesättigt  bist",  so  enthält  das  nebentretende  guem 
iurat  —  gleich  wieder  die  Trostlosigkeit  der  Hoffnung  voll- 
kommen zur  Unzeit. 

V.  52.  Endlich  musz  ich  nun  den  letzten  Vers,  der 
tiberliefert  ist,  te  duce  Caesar,  für  unmöglich  erklären.  Dasz 
er  den  Merkur,  zu  dem  er  drei  Strophen  gesprochen  —  denn 
es  ist  durchaus  nicht  anders  —  plötzlich  Caesar  nennt,  ist 
ganz  unvernünftig.  Natürlich  habe  ich  auch  hier  nicht«, 
wenn  nur  der  Caesar  entfernt  wird,  gegen  eine  andere  pas- 
sende Aendenmg.  Ich  habe  angenommen,  dasz  der  ganze 
Vers  verlöscht  war  und  dumm  ersetzt  wurde.  Ich  habe  arra 
fiegata  geschrieben. 

Od.  I,  3.  Sic  te  diva  potens  Cypri  — 

V.  17.  Es  wirdwol  kein  Irrthum  sein,  die  Strophe  quem 
mortis  timiiit  (jradiim  für  unhorazisch  zu  halten.  Dasz  der 
erste  SchiflFer  gerade  in  die  jetzigen  nächst  beschiiften  Ge- 
genden gesetzt  wird  hat  allerdings  etwas  befremdende«.  Für 
mich  ist  der  Hauptgrund  dasz  das  quem  mortis  timuit  t/ra- 
dum,  'welchen  Schritt  (Anschritt  Orelli)  des  Todes  fürchtete 
der  —  gewiss  gerade  an  dieser  Stelle  (viel  weniger  z.  B.  in 
einer  Schlacht)  auch  dem  Ausdruck  nach  gesucht,  doch  wol 
deutlich  auch  im  Klang  und  Laut  die  Nachahmung  verrätb 
von  V.  33  fett  corripuit  gradum, 

2G.    gens  humana  ruit  per  retitum  nejas.   Mit  Recht  wird 


zu   ODE   1,   4.  XXXV 

an  vetilum  nefas  Anstosz  genommen,  vetttinn  ist  fttr  nefas  ein 
ganz  unpassend  mattes  Wort.  Ich  habe  Oudendorps  per 
vetitum  in  nefas  geschrieben. 

Od.  I,  4      Solvitiir  acriö  hiems    — 

V.  5  ist  überliefert  iam  Cytherea  ekoros  dura  Venus  im- 
nünrntfi  Imia.  Gegen  Bentleys  Bemerkung  dasz  nie  zusam- 
men Kvi^fQ€ta  lt4(pQodhrj,  Cytherea  Venus  gesagt  worden, 
bringt  Meineke  die  Stelle  aus  Musaeus  de  Herone  V.  38 
aX)!  ahi  Kvv^tQetav  ihjeaxoftevt^  \4tpQodiTriv,  Allein  dies  ist 
gegen  die  Hiatusgesetze  des  Musaeus:  s.  AVernicke  zu  Try- 
]»hiodor,  welcher,  ohne  Zweifel  richtig,  vorschlug  Uaaxoufvv; 
ßaGiliiav.  Hier  schreibt  sich  für  Venus  sehr  leicht  hvisy 
sich  leicht  im  Tanze  schwingend,  wie  \t/mp/iarum(jne  leides 
vhori  I,  1,  31.  Das  sonstige  Gerede  (ich  habe  leider  kein 
anderes  Wort)  bei  den  Auslegern,  womit  Cytherea  Venus  be- 
wiesen werden  soll,  oder  ihre  Stellen  wie  Arnoh.  p.  143 
numquid  ex  pelugi  spiima,  itt  ej'  Coeii  genitniibus  amputaifSj 
Ci/ihereiae  Vener is  concretnm  roalutsse  vandorem  (deutlich 
sich  beziehend  auf  Hes.  Theog.  190  If.)  hat  Meineke  mit  Recht 
der  Erwähnung  nicht  werth  gehalten.  Die  Stelle  eines  spä- 
ten grammatist'hen  Kompilator«,  welche  Peerlkamp  anführt 
^EjriOeza  ^AipQodiirjq.  Xqvar^.  Kioltag.  (DiXo^iBidi]g.  Kvd'SQeia 
beweiszt  für  ein  nothwendig  zusammen  vorkommendes  ^ArpQo- 
ditf^  Kv&egeia  so  viel  als  folgendes  im  schol.  zu  IL  K.  26S 
Nid-r^gade  vtjaog  Tt}g^1[ay,(üviy,rj(;^  i^  XafATtQioQ  Tiuarai^AfpQO- 
diir-.  dib  xa/  Kv^iqua  l/rit'hFTiyjog  t]  &e6^. 

V.  7  ist  eine  doppelte  üeberlieferung  du/n  gratis  Cyclo- 
pum  Volcanus  ardens  uril  ofjicinas  und  visit  (woraus  auch 
das  ganz  unbrauchbare  ^tssil  geworden  war)  ojjflcinas.  Bentley 
erklärt  das  urit  offivinas  für  unmöglich.  Denn  urere  cami- 
Ri/z/t  könne  man  zwar  sagen,  oJJ!cina?n  urere  heiwie  Aie  Werk- 
statt in  Brand  setzen,  sie  verbrennen.  Vielleicht  liesze  sich 
doch  annehmen,  wenn  man  sagen  darf,  auch  nach  Bentley  rich- 
tig sagen  darf,  was  bei  Propertius  steht  II,  1,  54  Colchis  Jolci- 
acis  urit  ahena  focis  sie  brennt   die   Kessel,  d.  h.  sie  hitzt 

sie  mit  umgebendem    oder  untergelegtem  Feuer,    so  wäre 

C2 


XXXVI  zu   ODE  I,   4. 

auch  denkbar  zu  sagen:  Volcmuis  urit  officinas  er  setzt  die 
Werkstatt  in  Hitze, -er  hitzt  die  Werkstatt  mit  daiin  ange- 
ztlndetem  Feuer.  Allein  das  hülfe  uns  nicht.  Denn  es  könnte, 
dies  vorausgesetzt,  wol  heiszen :  während  Volkan  seine  Werk- 
statt hitzt,  nicht  aber  während  Volkan  die  Werkstatt  der  Cy- 
klopen  hitzt.  Denn  das  thun  und  thaten  ehe  er  kam  die 
Cyklopen.  Will  man  nicht  unvernttnftig  verdrechselte  Aus- 
drucksweise schaffen,  so  ist  das  nicht  anders.  Also  kommen 
wir  auf  visit.  Was  Bentley  aufgenommen.  Allein  das  ist 
erstaunlich  matt  gesagt,  dasz  Volkan  die  Cyklopen  nur  re- 
vidiren  geht:  es  muszte  dem  Horaz  ebenso  nahe  liegen, 
vielmehr  das  ausdrucksvolle  ttrget  zu  schreiben,  als  es  uns 
nahe  liegt  (Jul.  Scaliger  that  es)  wenigstens  aus  urit  gleich 
ein  urget  zu  emendireu.  Wogegen  uns,  wenn  es  sonst  das 
ausdrucksvolle  und  treffende  ist,  wahrlich  dadurch  kein  An- 
stand entstehen  soll,  dasz  die  Ueberlieferung  es  uns  in  tirit 
verschrieben  oder  verschlimmert  bringt.  Doch  es  kommt 
noch  das  ardens  in  Betrachtung.  Verstand  Bentley,  >vie  es 
scheint,  ardens  in  sinnlicher  Bedeutung,  somuszich  sein  ardens 
Visit  auch  dadurch  für  unzulässig  erklären.  Die  Herausgeber 
scheinen  auch  sonst  so  zu  verstehen  und  vergleichen  Clau- 
dian  epiyr,  XXII  de  chlamyde  et  frenis  T.  II,  p,  690  Lern- 
nia  non  semper  supplex  ardefitis  adibat  (nemlich  Achilles 
Mutter)  Antra  dei  nato  galeam  factura  eomantem  und  Stat. 
siliK  3,  1,  133  Jiec  maior  ab  antris  Leinniacis  fragor  est,  ubi 
Jlammeus  aegida  caelat  Mulciher,  Die  Erklärung  ^ßafnmis 
relucens  scheint  auch  ftlr  das  ardens  bei  Claudian  richtig 
zu  sein.  Aber  so,  Jlammeus  oder  ardens,  kann  er  nur  ge- 
nannt werden,  wenn  man  ihn  sich,  wie  es  an  beiden  Stellen 
der  Fall  ist,  selbstthätig  an  seinem  Feuer  sitzend  und  von 
ihm  glühend  beleuchtet  denkt. 

Zu  Visit  paszt  das  nicht.  Aber  wie  paszt  es  zu  urget  f 
Gleichfalls  nicht.  Ich  verstehe  ardens  'eifrig,'  wie  Vergil. 
Aen.  Xn,  731  at  perßdus  e?isis  Frangitur  in  medioque  ar- 
dentem  deserit  ictu.  Ich  glaube  dasz  Horaz  ardens  urget 
ganz  sorglos  schrieb,  dasz  ihm  der  Gredanke,  bei  Volkan, 
der  ein  Gott  ist,  welcher  mit  Feuer  arbeitet,  könne  mit  dem 


zu  ODE  I,   4.  XXXVU 

Beiwort  ardens  eine  Zweideutigkeit  entstehen  gar  nicht  kam 
oder  nicht  anfocht^  da  eben  nur  der  eine  Sinn  in  dem  Vol- 
canus  Cyclopum  officinas  ardens  urget  verständiger  Weise 
sieh  darbietet.  Dasz  Volkan  in  Nächten  die  Werkstatt  der 
Cyklopen  besucht,  um  sie  besonders  zur  Arbeit  anzufeuern, 
beruht  doch  wol  darauf  dasz  Nachts  tlber  dem  feuerspeien- 
den Orte,  wo  man  sich  die  Werkstatt  dachte,  ein  Feuer- 
schein lag,  der  Tags  nattlrlich  schwindet.  Wie  es  von  der 
aeolischen  Insel  Hiera  oder  Volkansinsel  beschrieben  wird 
von  Elallias  bei  dem  Scholiasten  des  Apollonius  Rhodius 
in,  41:  vvxrwQ  fihv  ovv  navTa  %a  neqi  jfjv  igyaalav  tov 
&eov  yivoiieva  yuxXwg  drilovrai,  fi€&'  ^fiigav  de  ix  rrjg 
TtOQVfplg  o&ev  r^  q>l6^  avirjoiv  äaneg  vi<pog  vneQxeifiSvov 
bgatai.  Und  Horaz  wird  sich  wol  auch  gerade  diese  Insel 
gedacht  haben,  die  uns  auch  Vergil  ja  {Aen.  8,  415  fif.)  als 
die  Werkstatt  der  Cyklopen  beschrieben  in  einer  Scene,  wo 
Volkan  zu  ihnen  vom  Olymp  herabsteigt  und  sie  treibt  zu 
einer  neuen  und  zu  beschleunigenden  Arbeit:  wo  es  dann 
mit  dem  gewaltigen  Arbeiten  erst  recht  losgeht.  Dasz  Vol- 
kan in  den  ersten  Frühlingsnächten  besonders  gern  zu  der 
Werkstatt  der  Cyklopen  auf  die  Erde  geht,  (denn  auch  das 
musz  zum  vollen  Verständnis  der  Horazischen  Stelle  ange- 
nommen werden,  auch  Volkans  nächtliche  Abwesenheit  vom 
Olymp  musz  durch  den  Frühling  motivirt  sein),  schlosz 
sich  entweder  daran  dasz  der  Gang  vom  Olymp  auf  die 
dann  liebliche  Erde,  ebenso  wie  seiner  Frau,  ihm  einladend 
ist,  oder  daran  dasz  man  in  jener  Zeit  bei  klarem  Frühlings- 
himmel  die  Feuerscheine  besonders  hell  zu  sehen  glaubte.  Mit 
solchen  Deutungen,  im  Frühling  schmieden  die  Cyklopen  die 
Blitze,  welche  lupiter  sich  zum  Gebrauch  im  Sommer  und 
Herbst  bei  Seite  legt,  wolle  man  uns  doch  verschonen.  Mit 
soleben  Nüchternheiten  verkümmere  man  uns  nicht  das  Ver- 
ständnis und  den  Genusz  derjenigen  wirklich  schönen  und  gra- 
ziösen Horazischen  Gedichte,  in  welchen  er  ein  ihm  wahres 
und  tiefes  Gefühl  zum  Ausdruck  bringt,  vor  allem  sein 
Frtthlingsgefühl. 

V.    1 6.    Die  üeberlieferung  ist  lam  te  premet  nox  fa- 


XXXVllI  ZC   ODE   I,   4,  0. 

bulaeque  mahos.      Bei  Persius   V,    151   steht  InduUje  ijeii 
carpamvs  dulctUy  noslniin  est  Quod  riris:    chu's  et  manes 
Jahula  fiCs.      Da  Persius  hier    die  fubulae    manes    nachj 
sprochen,    so  hat  er  sie    nicht    nur   gelesen  sondern  au 
verstanden.  Und  m  fabulae  manes  ^  wo  Meineke  ihn  bezeic 
nete,  liegt  also  der  Fehler  nicht.    Aber  da  jedenfalls  in  de 
Yforte  fabuiae  die  Nichtigkeit  der  manes  ausgedrückt  liej 
so  paszt  dazu  nicht  dasz  ihnen  ein  premere ,  ein  Festhalte 
eine  Energie  zugeschriehcn  wird.     Und   das  premere  ist  • 
was  ich  für  falsch  halten  musz.     Schreibe  ich  jnafiet  (wie  I 
18,  31.  I,    2S,  15)  so  ist  alles  in  Ordnung,    fahulae  mam 
bezeichnet  sie  als  a^evr^va  xagt^va,  energielose,  fahula  wii 
genannt    dessen   ganze   Existenz   nur   noch   im  Munde  d( 
Leute  ist,  während  er   selbst  sich  durch  keine  Realität  de 
Wirkens  mehr  geltend  machen  kann.  Wie  allerdings  ja  auc 
von  alten  Leuten,  welche  die  Jugend  auf  ihr  Thun  keinei 
Einflusz  mehr  gewinnen  läszt,   in  jener  Stelle  Ter.  Heeifr 
4,  3,  14  nos  iani  fabula  sttmus  seyiex  atque  anus, 

I,  6.  Scriberis  Vario  — 

Die  vierte  Strophe  13  —  quis  MarUnn  tunica  (nach  Peerl- 
kamp  auch  von  Meineke  verworfen)  ist  unmöglich.  Es  kön- 
nen liier  nicht  noch  einmal  Beispiele  hochepischer  und  tra- 
gischer Stoflfe,  welche  in  der  zweiten  Strophe  absolvirt  waren, 
und  nachdem  auch  schon  die  ganze  angelegte  Periode  zu 
ihrem  Zielpunkt  (nicht  dich  und  Augustus  vermag  ich  zu 
singen)  geführt  worden,  nachhinken.  Das  wäre  selbst  dann 
nicht  möglich  wenn  die  Beispiele  in  der  vierten  Strophe  eine 
Steigerung  gegen  die  frühern  enthielten.  Nachdem  Ilias  mit 
dem  Namen  Achilles  und  Odyssee  und  Pelopidengeschlecht 
genannt  worden,  den  Meriones  zu  bringen  (von  dem  er 
auch  nichts  zu  sagen  weisz  und  der  auch  an  und  für  sich 
schon  zwischen  Mars,  Pallas  und  Diomedes  sonderbar  eintritt) 
das  ist  gar  läppisch. 

Sehr  komisch  ist  aber  der  überlieferte  Schlusz  nos  eon- 
vivia^  nos  proelia  virginum  stnclis  in  hivenes  nngutbus  acn'um 
cantamus  vacui  sii^e  quid  urimur,  non  praeter  sali  tum 


zu  ODE,   I,   6.   7.  XXXIX 

leves:   wie  er  nämlich  dem  Agrippa  eingesteht,    wenn  er 
war  ein  Liebesdichter  sei,  oder  vielmehr,  wie  im  Gedanken- 
gange liegt,  wenn  seine  Aufgabe  zwar  sei  ein  Liebesdichter  zu 
sein,  so  dichte  er  doch  auch  seine  Liebesgedichte  oft  ohne  ver- 
liebt zu  sein,  und  jedenfalls  solle  Agrippa  deshalb  ihm  nicht  für 
einen  ungewöhnlichen  Suitier  halten.  Wie  wenn  ein  Schulmei- 
ster, der  es  nicht  hätte  lassen  können,  einige  leichtfertige  Ge- 
dichte in  Dnick  zu  geben,  sich  bei  seinem  Herrn  Schulrath  ent- 
schuldigte,   er  möchte  deshalb   von    seiner   Solidität  nicht 
schlechter  denken. —  Ich  glaube,  dasz  fast  alles  nach  vacuiver- 
löscht  war.    Ich  habe  geschrieben  cantamvs  racui:  me  decel 
Euhlutn  plectro  ludere    Teio.    Vacui  in   der  Entfernung  von 
Staatsgeschäften,  in  Dichtermusze:  wie  I,  32,  1. 

Od.  I,  7.    Laudabunt  alii  — 

Dasz  Anfang  und  Schlusz  dieses  Gedichts  nicht  zusam- 
menstimmen, ist  schon  mehrmals  bemerkt.  Der  zweite  Theil 
besagt:  'Man  musz  der  Trauer  nicht  nachgeben,  es  wird 
ja  auch  wieder  besser  werden;  man  musz  seine  Trauer  er- 
heitern und  die  Hoffnung  neu  beleben  durch  den  Wein! 
That  es  ja  so  auch  Teucer,  wie  die  Mythe  erzählt,  in  trau- 
rigst scheinender  Lage.'  —  Was  hat  dieser  Inhalt  zu  thun 
mit  dem  Anfang  bis  V.  15?  Dieses  in  einem  Theil  der 
Handschriften  und  meist  noch  in  den  Ausgaben  als  eines 
gehende  Gedicht  sind  zwei  Gedichte,  von  denen  aber  das 
erste  den  Schlusz  (nach  V.  14  mohllihus  pomaria  nvis)  ver- 
loren hat,  das  zweite  den  Anfang.  Für  diesen  fehlen  wol 
zwei  Verse,  z.  B. : 

Tnduiffere  iuvat  dir/s  sub  peciore  curis  ? 
Laeta  dei  solacia  quaere! 

Das  Gedicht  auch  mit  dem  aus  dem  Mythus  hergenom- 
menen Ausgang  ist  sehr  ähnlich  dem  dreizehnten  Epodus. 
Im  27.  Verse  hat  tlberdera  gegen  die  vor  ihm  allgemeine  Les- 
art: Tffl  desperandum  Tettcro  duce  et  auspiee  Teuere  Bent- 
\ey  vortreflflich  gesprochen,  und  Teucro  duee  et  mispiee  Phoe- 


XL  ZU  ODE  I,  7. 

bo  empfohlen,  auch  mit  der  Bemerkung,  dasz  aus  einer  E 
klärung  in  den  Seholien  diese  Lesart  hervorgehe.    Sie  wir 
jetzt  auch  aus  mehreren  Handschriften  nachgewiesen.  Würd 
sie  das  auch  nicht  und  hätten   die  Scholiasten  keine  Spm 
das  wäre  ganz  gleichgiltig:  schon  auch  allein  deszhalb  wei 
nil  desperandum  Teucro  duce  et  auspice  Teucro:  certus  enin 
promisit  Apollo    —     gegen  alle  Logik  ist:   was  natttrliel 
Bentley  auch  bertlhrt.    Ich  glaube  aber,  dasz  mit  dieser  Les- 
art (die  auch  Meineke  aufgenommen)  das  ursprüngliche  noch 
nicht  hergestellt  ist.    Mich  beleidigt  jedesmal  und  macht  4en 
Eindruck  einer  unzeitigen  Bravade  in  dieser  Lage  vor  seinen  Ge- 
nossen und  vor  sich  selbst  dieBeniftmg  auf  sich:  ich  glaube  es 
hat  an  Stelle  von  Teucro  vor  duce  ein  Adjectiv  zu  stehn :  magno 
duce  et  auspice  Phoebo,  oder  fido,  oder  divo,    Stand  magno 
oder  ßdo  duce,  so  ist  Teucro  vielleicht  hineingekommen  durch 
falsches  Verständnis,  indem  einer  magno  duce  verkehrt  als 
Teucro  glossierte.    Oder  wenn  nicht,  so  ist  es  hineingekom- 
men,   wie  es  auch  statt  Phoebo  sich  eingeschlichen,  durch 
Schreibfehler  im  Vorschweben  des  Teucer,  —  Mir  sagt  divo 
am  meisten  zu.    Sodann:  Es  ist  kein  andrer,  als  eben  der 
unfehlbare  Apollo,  von  dem  ich  das  Versprechen  habe,  dasz 
in  neuem  Lande  ein  Doppel-Salamis  entstehen  werde. 

Doch  wir  haben  nun  tlber  das  erste  Gedicht  Laudabunt 
alii  etc,  zu  sprechen.  'Andre  mögen  Rhodos  oder  Mitylene, 
Ephesos,  Korinth,  Theben,  Delphi,  Tempe,  Athen,  Argos, 
Mycenä  preisen:  auf  mich  hat  keiner  von  allen  diesen  Or- 
ten einen  so  überwältigenden  Eindruck  gemacht,  alsTibur.' 

Ja!    das  steht  aber  nicht  da!   sondern: auf  mich  hat 

weder  Lacedämon  noch  Larissa  einen  so  überwältigenden 
Eindruck  gemacht  als  Tibur.*  Das  ist  ja  wider  den  noth- 
wendigsten  Verstand.  Sollten  auch  nach  dem  'mich'  wie- 
der Namen  genannt  werden ,  so  muszten  es  doch  vor  allen 
vorhergehenden  sich  hervorhebende  sein,  und  dem  entspre- 
chen doch  wahrlich  Lacedämon  und  gar  Larissa  nicht;  und 
auch  noch  einen  sprachlichen  Ausdruck  dieser  Hervorhebung 
würde  man  kaum  vermissen  dürfen,  etwa:  mich  hat  selbst 
das  ruhmvolle  Athen  nicht,  noch  das  herrliche  Tempe  so  über- 


zu  ODE  I,   7.  XLI 

rascht  als  —  denn  diese  oder  solche  zwei  Namen  wür- 
den hieher  gehören.  — 

Aber  schon  vorher  V.  5 — 9,  welche  Sonderbarkeiten 
betreflTen  uns  da!  'Einige  haben  kein  anderes  Geschäft 
als  durch  Lied  auf  Lied  Athen  zu  loben  —  so  nemlich 
perpeluo  carmine  zu  erklären  'Lied  auf  Lied',  was  ohne 
Zweifel  angeht,  lassen  wir  den  Versen  zu  gute  kommen. 
Denn  yersteht  man  ein  zusammenhängendes  langes  Epos, 
oder  nur  ein  Gredicht,  das  gar  kein  Ende  nimmt,  so 
drangt  sich  immer  gleich  ein  unwesentlicher,  den  natür- 
lich erwarteten  Fortschritt  störender  Beigedanke  auf.  Also: 
'Einige  haben  kein  anderes  Geschäft  als  durch  Lied  Athen 
zu  loben  und  sich  —  insofern  sich  nemlich  Athens  Lob  aus 
allen  Sphären  her,  aus  Krieg,  Kunst,  Wissenschaft  seinen 
Stoff  zu  nehmen  hat  —  einen  von  allen  Seiten  her  ge- 
pflöckten Olivenkranz  zu  erwerben.'  Allein  da  der  Oli- 
venkranz nicht  allgemein  den  Dichterkranz  andeutet,  son- 
dern gerade  den  in  Attika  erworbenen,  so  wird  er  eben 
nicht  von  überall  gepflückt:  und  der  hier  stehende  Ausdruck, 
unwissentlich  verdreht  oder  absichtlich  verdrechselt,  kann 
Horaz  unter  keinen  Umständen  zugeschrieben  werden.  Wir 
würden  also  die  Gonjectur  des  Erasmus ,  welche  aus  diesem 
richtigen  Gefühl  hervorgegangen  ist,  aufnehmen:  tindique 
decerpiae  frondi  praeponere  oh'ram,  wenn  dem  Gedicht  da- 
mit aufgeholfen  wäre! 

Nun  aber  gar  plurimtis  in  lunojiis  honorem  oder  honore ! 
Wir  hatten  bisher  doch  immer:  der  eine  singt  diesen  Ort, 
der  andre  jenen :  nun  wird  ein  andrer  Begriff,  ein  andres 
Ziel  hervorgekehrt:  'wer  recht  ausführlich  ist  in  der  Ehre 
der  Inno,  oder  recht  wiederholt  die  Inno  ehren  will,  der 
besingt  Argos  und  Mycenä'.  Oder:  'Sehr  viele  besingen  zu 
Ehren  der  Inno  etc.*,  was  jedoch  die  Sache  ebenso  wenig 
erlaubt,  und  die  Latinität  gar  nicht ;  wie  G.  Hermann  zeigt, 
de  prhno  earmine  Horati  p.  8,  wo  Beispiele,  wie  -die  von 
Orelli  mit  einem  ^quomodo,  quaeso,  expUcabunf  eingeführten, 
plurimu*  mit  einem  Substantiv  enthaltenden :  plurimus  oleaster, 
plurimus  aeger  moritur  vigilando  usw.  längst  als  unpassend 


XLU  ZU   ODE  I,  7.  S.   9. 

abgemeseu  sind.  Kur/:  das  'm  Ehren  der  Inno'  ist  ei 
unaussteldicher  Quergedanke.  Dabei  habe  ich  von  den  Ep 
thetis,  welche  noch  mehr  verwirren,  noch  gar  nicht  gespn 
eben!  —  Ich  sehe  nur:  es  sind  hier  Fetzen  eines  Horazische 
Gedichtes,  das  ganz  unverständig  mit  Geograjihie  interpoliei 
worden  war: 

Laudabuni  aiü  ciaram  Rhodon  mit  Mittflenen 

aut  Epheson   bimarisre   Corinlfu 

mocfiiny  rel  Baccho  Thebas  vpI  Apollino  Dolphos 

tnsignis,  aut  Thessala  Tempe. 

Me  domiis  Albwioae  resoiumlis 

et  prapceps  Anio  ar  Tiburni  lucus  v(  uda 

mobilibus  pomaria  rivis 
Die  vier  ersten  Zeilen  hat  eben  einer  erweitert,  welcher 
meinte,  Athen  dürfe  doch  wol  nicht  fehlen  und  einige  an- 
dere bekannte  Orte  auch  nicht,    die   nun  eine  ganz  krause 
Sammlung  sind.  — 

Die  Orte  der  vier  ersten  Zeilen  sind  Orte  von  gemein- 
samem Inhalt:  durch  Naturschönheit  und  historische  Erinne- 
rungen wohlbekannte  und  vielgenannte,  und  vielbesuchte 
Orte;  Gegensatz:  das  an  Naturschonheit  fllr  mich  mit  allen 
wetteifernde,  stille  und  in  seiner  Stille  zu  Poesie  begeisternde 
Tibur.  Denn  das  wird  wol,  nach  andern  Horazischen  Stel- 
len, in  dem  verlorenen  ausgesprochen  gewesen  sein. 

I,  8»  Lydia,  die  — 

Die  Ueberlieferung  in  V.  4  cur  apricuvi  oder/t  campum 
ist  unmöglich.  'Sage  warum  du  eilst  ihn  durch  Liebe  zu  verder- 
ben, warum  er  den  Campus  meide.  — ^  Natürlich  aus  Liebe. 
Das  ist  ja  schon  beantwortet.  Mit  cur  apncum  geht  schon 
die  Reihe  der  directen  Fragen  an  wie  sie  fortgesetzt  wird. 
Ich  habe  geschrieben  cur  apricum  odit  et  campum  —  ? 

Od»  I,  9.  Vides  ut  alta  — 

Von  der  dritten  Strophe  permitte  divis  cetera  sagt  Mei- 
neke:  "^Haec  siquis  paullo  attentius  legat  fiec  dulci  verbo- 
rum  sono  se  decipi  patiatur  pennepte  dicta  esse  infellegel, 
Toto  enhn  sententia  eo  redit,  ut  tempestas  postquam  detonuerit 


zu   ODE   I,   9.  XLIII 

detanuisse  dicahü\  Die  Strophe  enthält  doch  etwas  mehr: 
'wenn  die  Götter  die  von  ihnen  erregten  Stürme  besänftigt 
haben  (worin  denn  wol  eingeschlossen  liegt:  was  sie  doch 
immer  wieder  thun),  finden  auch  alsbald  alle  diejenigen, 
die  unter  jenen  Stürmen  gelitten,  ihre  Ruhe  wneder/  An 
das  vorige  angeschlossen  heiszt  das  also:  'siehe  schon  ist 
es  Winter  geworden:  lass*  uns  der  bösen  Jahreszeit  durch 
Trinken  begegnen.  Alles  übrige  tiberlasse  den  Göttern:  welche 
ja  nach  der  bösen  Zeit  auch  wieder  gute  geben,  wo  auch 
wir  dann  nicht  mehr  zu  leiden  haben  ?  Dies  möchte  angehn. 
Ls  geht  aber  gar  nicht  an  in  Verbindung  mit  dem  folgen- 
den :  7rage  nicht  was  der  morgende  Tag  bringen  wird,  son- 
dern geniesze  den  heutigen :  denn  die  bösen  Tage  kommen 
dennoch/  Und  da  dieses  mit  den  vorigen  Strophen  unverein- 
bare Thema  sich  offenbar  bis  zum  Schlusz  als  das  beabsi«h- 
tigte  Thema  des  Gedichtes  ausweist,  so  ist  die  dritte  Stroj)he 
dennoch  falsch.  Nach  dem  Fortschritt,  welchen  die  dritte 
Strophe  gab,  war  das  Hauptgewicht  gelegt  auf  den  Winter 
als  böse  Jahreszeit,  die  man  einigermaszen  durch  den  Wein 
vertreiben  müsse,  bis  die  Götter  wieder  die  gute  Zeit  geben. 
Nach  dem  dagegen,  was  die  vierte  Strophe  aufnimmt  und 
fortführt,  ist  der  Winter  angenommen  als  eine  willkommne 
Gelegenheit  zum  Genieszen,  die  man  auf  das  schnellste  er- 
greifen müsse,  wie,  unbekümmert  was  der  morgende  Tag 
noch  gestatten  werde,  einen  jeden  Tag,  der  den  Genusz  ge- 
stattet, ausnutzen.  Und  vor  allem  die  Jahre  der  Jugend, 
so  lange  die  Zeit  des  Alters,  der  mancher  Genusz  versagt 
ist,  noch  nicht  kam.  —  Also  ist  die  dritte  Strophe,  wie  ge- 
sagt, falsch.  Sie  musz  entfernt  werden.  Allein  sie  hat  eine 
richtige  Strophe  verdrängt,  die  folgenden  Inhalt  hatte.  'Was 
stehst  du?  lasz  dir  sagen  (man  denke  sich  einen  beliebigen 
Anfang  wie  audi  monentem :  nc  mora  sU  u.  s.  w.) :  lasz  auch 
drauszen  die  Natur  selbst  dich  erinnern,  wie  auch  die  schöne 
Zeit  des  Menschenlebens,  die  Jugend,  nicht  besteht  und  vom 
Winter  überkommen  wird.' 

Mir  hat  ein  Uebergang  der  Art   hier   stets  nöthig  ge- 
schienea.    Ohne  den  Anlasz,  dasz  der  Jüngling  nicht  schnell 


XLIV  ZU   ODE   I,    10.    11. 

genug  sich  entfernt,  ist  es  auffallend,  dasz  er  gerade  an  dei 
Jttngling  und  so  naelidrücklich  sich  mit  seinen  Lehren  wen- 
det, von  welchem  man  doch  der  Natur  gemäsz  voraussetzen 
darf,  —  ich  mOclite  fast  sagen  auch  dem  Namen  gemäsz,  den 
er  ihm  gegeben  —  dasz  er  zu  den  schönen  Dingen  von 
selbst  'sehr  geneigt  ist.  Dasz  der  Alte  oder  Aeltere  aber  so 
treibt:  es  kann  gar  nicht  schnell  genug  sein,  kein  Augenblick 
ist  zu  verlieren ,  mit  Alcäisch-Anakreontischer  Nachdrücklich- 
keit, dazu  musz  ein  augenblicklicher  Anlasz  gegeben  sein.  Je 
kleiner  dieser  ist,  desto  schöner  ist  die  Genuszstimmung  des 
Alten  charakterisirt.  —  Uebrigeus  sagte  ich  eine  Strophe, 
weil  eine  vollkommen  was  nöthig  ist  fassen  kann. 

Od.  I,  10  Merciiri  faciinde  — 

Die  vierte  Strophe  qum  et  Atridas  ist  ganz  unmöglich. 
Diese  Leistung  des  Merkurius  dasz  er  den  Priamus  heimlich 
vor  den  Wächtern  der  Griechen  zum  Zelte  des  Achilles  ftthrte, 
gehört  zu  seinen  alltäglichen  und  kann  unmöglich  als  eine 
Steigemng  eintreten  nach  dem  Stückchen,  womit  er  einen 
Gott  getäuscht.  —  Uebrigens  sind  vielleicht  durch  diese 
falsche  Strophe  einige  richtige  verdrängt.  Jedenfalls  ist  diese 
compresse  Herzählung  zu  dürftig,  und  wenn  es,  wie  der 
Scholiast  sagt,  Nachahmung  eines  Alcäushymnus  auf  Hermes 
war ,  sicher  ein  zu  dürftiger  Auszug,  als  dasz  man  nicht  ge- 
rechten Verdacht  haben  dürfte,  so  sei  das  Lobgedicht  auf 
Merkurius,  das  Horaz  beabsichtigte,  nicht  beschaffen  gewe- 
sen, wenn  es  vollständig  war.  Möglich  ist  auch  dasz  es 
nicht  in  der  Mitte  gefüllt,  sondern  hinter  der  letzten  Strophe 
fortgesetzt  war  oder  fortgesetzt  werden  sollte.  Vielleicht 
dasz  dort  nun  eine  bestimmte  den  Hermes  verherrlichende 
Fabel  aus  der  Hermeslegende  ausführlicher  eintrat  oder 
eintreten  sollte. 

Od.  I,  1 1   Tu  ne  quaesieris  — 

Im  dritten  Verse  ist  die  Ueberlieferung  ut  melius  quid- 
quid  eril  pati,  so  dasz  uf  ffielius  wäre  gleich  quanto  melius. 
Da  so  nicht  gesprochen  wird,  musz  es  geändert  werden. 
Ich    habe    für    ut   melius  geschrieben    utilius  'förderlicher . 


zu  ODE   I;    12.  XLV 

Dm  dieses  gut  und  poetisch  ist,  dafür  wird  es  doch  nicht 
nöthig  sein  Beispiele  heizuschreihen. 

Od.  I,  12.  Quem  virum  aut  heroa  — 

'Sei's  dasz  Augustus  die  drohenden  Parther  besiegt  ha- 
ben wird,  sei  es  dasz  die  fernen  Serer  und  Inder,  so  wird 
er,  nur  geringer  als  du  lupiter,  den  Erdkreis  regieren.' 
V.  53.  Es  scheint  mrklich  als  ob  an  diesem  Unsinn  noch 
kein  Anstosz  genommen  worden.  Unmöglich  ist  das  aus  ei- 
nem einigermaszen  klaren  Kopfe  gekommen  (einem  unklaren 
mag  Ode  III,  5  Anfang  vorgeschwebt  haben),  am  wenigsten 
aas  einem  ganz  klaren  wie  Horatius.  Wohl  bemerkt  worden 
ist  das  unmittelbar  vorhergehende  tu  secundo  Caesare  rcgnes, 
welches  im  Widerspruch  steht  mit  V.  18  tmde  nil  malus 
generatur  ipso  nee  vujet  quidquam  simile  aut  secundum,  im 
Widerspruch,  oder  falls  dies  tu  secundo  Caesare  refjnes  ohne 
alle  Beziehung  auf  jenes  Vorangegangene  geschrieben  wor- 
den, eine  Nachlässigkeit  des  Styls  verriethe,  welche  meder 
einem  Horaz  sehr  fremd  wäre.  Buttmann  hat  angenom- 
men, secundo  stehe  hier  in  prägnanter  Bedeutung:  auf 
das  erste  unmittelbar  in  der  Reihe  folgend,  so  dasz  kein 
bemerkbarer  Zwischenraum  bleibt.  Und  er  sieht  nun  diesen 
Gedanken,  den  er  schön  findet :  Dir,  lupiter ,  ist  die  Sorge 
fQr  Augustus  durch  das  Fatum  tibertragen:  wohlan,  in  der 
Reihe  der  Götter  unmittelbar  hinter  dir  ist  ja  —  dessen  ich 
oben  bei  Erwähnung  deiner  Hoheit  zu  gedenkenhatte  (V.  IS)  — 
eine  Stelle  leer:  so  setze  in  diese  Stelle  den  Augustus.  —  Schön 
wäre  das?  Nein  scheusslich  wäre  es:  alle  andern  Götter 
mit  einem  Schlage  herabgesetzt  und  abgesetzt  gegen  den 
Augustus.  Was  Horaz  auch  in  Beziehung  auf  Augustus  als 
Gott  gesündigt  hat,  diesen  Grad  von  Impietät  weise  man 
doch  nach !  Die  drei  letzten  Strophen  sind  ni -ht  von  Horaz 
und  sind  ein  elendes  Machwerk.  So  steht  es  mit  den  Schlusz- 
gtrophen  dieses  Gedichtes ;  gehen  wir  zum  Anfang.  Welchen 
Mann  oder  Heros  oder  Gott  nimmst  du  zu  feiern,  Klio? 
wessen  Name  wird  Echo  nachtönen,  sei's  auf  dem  Pindus 
oder  EEämus?    Wen  sollte  ich  eher  preisend  nennen  als  den 


XLVI  ZU   ODE   1,    12. 

lupiter?  Die  Sonderbarkeit  des  Uebergangs  von  dem  „du'' 
zu  dem  „ich"  bemerkte  Bernays  und  schlägt  vor,  mit  dem 
quid  prius  df'cum  die  Muse  redend  und  dem  Horatius  ant- 
wortend zu  verstehen.  Was  allerdings  sogleich  die  Folge 
luittc,  dasz  er  die  Strophe  Retjulum  —  tnsujni  referam  Ca- 
wenn  für  eingeschoben  erklären  muszte.  Dagegen  könnte 
ich  nichts  haben.  Aber  ich  ha))e  gegen  seine  Annahme 
sonst  sehr  viel. 

Mich  beleidigt  in  dem  Munde  der  Muse,  die  selbst  eine 
Göttin  ist,  das  emphatische  du  'auch  dich  werde  ich  nicht 
verschweigen,  Liber/ 

Sodann  aber:  man  vergegenwärtige  sich  doch  die  Situ- 
ation. Die  Muse  sitzt  auf  dem  Hämus  oder  Pindus  oder 
Helikon  —  und  z\n8chen  Kom  und  einem  jener  Berge  geht 
das  Gesi)räch  vor  sich.  Horaz  richtet  nach  dem  Hämus  seine 
Anfrage  und  von  dort  aus  spricht  die  Muse  an  ihn  —  oben- 
ein be>ginnend  in  einem  ziemlich  bequemen  Gesi)räch8ton :  was 
sollte  ich  eher  sagen  ?  —  die  lange  Antwort.  Dies  musz  ich 
für  unmöglich  erklären.  Wenn  Honiz  fragt  Quem  rimm  aut 
heroa  lyra  vel  acri  tibia  sutnis  cf^hbrare  Cito  ?  so  musz  er  die 
ihn  inspirirende  Muse  in  seiner  nächsten  Xähe  denken  oder 
in  sich  selbst.  —  Die  zweite  und  dritte  Strophe ,  hllbsch  an 
sich,  können  nicht  hieher  gehören.  Fragt  Horaz  die  Muse 
in  sich  selber  an:  wen  meine  Muse  nimmst  du  zu  feiern? 
dann  ist  auch  der  Ue))ergang  in  die  erste  Person  wenigstens 
ni<-ht  so  schroff.  Es  wäre  also  zu  denken:  in  Tibur  oder 
sonst  in  einem  freien  Platze  —  denn  Echo  wird  seinen  Ge- 
sang nachtönen  —  fühlt  er  die  Kegung  zum  Dichten,  fühlt 
er  die  Muse  in  sich  sich  regen.  Wer  Klio  wird  es  sein? 
(.v//w/*.v  würde  ich  vorziehn).  Doch  es  versteht  sich  ja  wol 
von  selbst  dasz  ich  keinen  eher  zu  singen  habe  als  vor 
allen  lujnter.  —  Und  doch,  und  obgleich  Statins  schon  die 
zweite  Person  fand,  wieTheb.  1,41  zeigt  Qtwm  prinA- /leroum 
Ciio  (iai)is,  dennoch  taucht  mir  immer  die  Frage  auf,  ob 
Horaz  nicht  geschrieben  sumami  Ich  könnte  leicht  glauben 
dasz  ein  früher  und  gelehrter  Poet,  der  den  Horaz  der  Pin- 
darischen  Stelle  mehr  annähern  wollte,  die  zweite  Person 


zu   ODE  I,   12.  XLVU 

hineingebraclit  und  vielleicht  dadurch  auch  den  Anlasz  gab 
zur  Einführung  der  zweiten  und  dritten  Strophe. 

Gegen  die  Strophen  quid  pruis  bis  recujnbit  lassen  sich, 
glaube  ich,  keine  haltbaren  Einwendungen  machen.  Die 
Verse  13  —  18  sind  auch  schön  und  nicht  gewöhnlich  aus- 
gedrückt, die  übrigen  allerdings  schwunglos  und  gewöhn- 
lich. Interessanter  gefaszt  ist  die  nächste  Strophe,  wo- 
mit von  den  Heroen  auf  die  historischen  Männer,  und  zwar 
die  Römischen,  übergegangen  wird:  deren  Jljenge  ihm  so 
grosz  entgegentritt  dasz  er  nicht  w^eisz  wo  er  anfangen  soll. 
Eine  Wendung,  mit  der  ü])rigeu8  auf  eine  chronologische 
Folge  sogleich  verzichtet  ist.  Die  Strophe  Rointditm  schlieszt 
sich  an  die  vorigen  ohne  Anstosz  an,  nur  musz  man  eine 
Verderbung  in  dem  Tarquhü  annehmen,  was  wol  unter  allen 
Umständen  nicht  ursprünglich  ist.  Nichts  musz  ich  für  un- 
glücklicher halten  als  Buttmanns  Vertheidigung,  dasz  in  dieser 
Reihe  Tarquinius  superbus  sehr  wohl  stehe.  Denn  freilich  mit. vm- 
perhi  Tarquini  fascesg?Lr  einen  andern  Tarquinius  bezeichnet  zu 
wähnen  als  den  allgemein  durch  das  Beiwort  superbus  unter- 
sciiiedenen,  dasz  Horaz  so  ungeschickt  oder  verkehrt  gewesen, 
auf  diese  Seite  ist  Buttmann  nicht  getreten.  Dasz  aber  Horaz 
um  die  höchste  Stufe  des  Römischen  Königthums  zu  bezeich- 
nen denjenigen  genannt,  der  es  ruinirt,  und  zwar  nicht  etwa 
durch  überspannte  doch  ruhmvolle  Thaten  nach  auszen 
ruinirt,  sondern  durch  Nichtachtung  der  Rechte  im  innern, 
das  und  was  es  sonst  ist  werden  Buttmanns  erpreszte  Be- 
gründungen uns  wahrlich  nicht  glaublich  machen.  Wir  brau- 
chen einen  Mann  von  anerkannten  Römerthaten  oder  Römer- 
charakter. Die  superbi  fasces  zwischen  zwei  Königen  und 
Cato  scheinen  nichts  natürlicher  zu  erfordern  als  einen  jener 
stolzen  Vertreter  der  Republik,  einen  jener  alten,  charakter- 
festen republikanischen  Consuln.  ¥An  Brutus,  zugleich  Grün- 
der der  Republik,  würde  vortrefflich  passen.  Da  hätten 
wir  denn  statt  des  zufällig  verlornen  oder  durch  Einwirkung 
des  9uperbus  neben  den  beiden  Königen  absichtlich  und  un- 
verständig verdrängten  Namens  zu  schreiben  Tunios  fasces. 
Und  dagegen   hätte  ich  meinerseits  ein  diplomatisches  Be- 


XLVIII  ZU  ODE  I,   12. 

denken  auch  nicht.    Ich  habe  aber  ein  anderes,  dasz  Hoi 
neben  dem  unbedenklichen  Calo  auch  noch  sollte  z  u  g  1  e  i  e  h  ( 
Bruti  genannt  haben,  nemlich  in  einem  Gedichte,  das  ga 
ausdrtlcklich  dem  Augustus   unter  die  Augen   zu  komm» 
berechnet  war.  Daher  gehe  ich  einen  andern  Gang.  Gera» 
die  beiden  folgenden  Strophen  sind  mehrfach  ftlr  unecht  g 
halten.    Nun  musz  ich  gestehen,  dasz  mir  die  Gründe  nie 
zwingend  scheinen   bis  auf  einen.     Ueber  die  Erwähnur 
der  Scauri  und  namentlich  zwischen  Regulus  und  Paulh 
und  lauter  Alten,  während  jene  alten  Zeiten  keinen  Scaun 
aufweisen,  kann  ich  nicht  fort.    Also  wird  die  Strophe  R* 
gulum  bis  Fabrtciumque  nicht  ursprünglich  sein.    Dann  du] 
fen  wir  für  Tarquini  schreiben  Fabricij   der  dort  auch  gan 
wohl  paszt.*)  Während  mir  wenigstens  ein  gleich  passende 
Mann  mit  hineinpassendem  Namen  nicht  zu  Gebote  stehl 
Vielleicht  erhalte  ich  ihn  von  einem  andera.    Maximi  (wie 
wol  Fabius  Maximus  ein  stolzer  Consul  war)  will  mir  nich 
gefallen,    aus  einigen  Gründen.      Erst   nach    der    Verder 
bung  in  Fabrici  wäre  diese  Strophe  gemacht.  **)   Die  folgende 
Strophe  habe  ich  beibehalten,  vielleicht  mit  Unrecht.    Nui 
habe  ich  Bentlevs  Vorschläge   sancta  paupei*tas  (für  saeva, 
nothwendig  allerdings  nicht)  und  arto  für  apto  aufgenommen. 
Natürlich    der  Ausfall    einer    echten  Strophe  vorher  musz 
dann  angenommen  werden.     Allein  ausgefallene  Strophen 
müssen  ja  auch  angenommen  werden,  wenn  die  jetzigen  bei- 
den unecht  sind.     Nach  nur  zwei  genannten  Namen  aus 


♦)  Im  Boethius  cons,  IT  carm.  7  steht  Vbi  ntaic  fidelis  ossa  Fabri- 
cfi(80)  matient,  quid  Brutus  rigidtis  autCato?  Dasz  dies  nicht  geschrie- 
ben ist  ohne  Erinnerung  an  unser  Gedicht,  ist  wol  klar.  Dasz  er  auch 
den  Brutus  darin  gefunden ,  bleibt  natürlich  doch  ungewisz.  (In  dem 
Gedicht  des  Boethius  kommen  die  "Wörter  superhus  und  artus  (so) 
auch  vor.) 

**)  Vor  Quintilian  bekanntlich:  dessen  Bemerkung  IX,  3,  IS  nur 
verstanden  werden  kann,  wenn  er  sich  die  Interpunction  so  dachte: 
Fabriciumgue ,  hunc  et  incomptis  Curium  capiüis  utilem  hello,  tulit  et 
Camiilum  saeva  paupertas.  — 


zu  ODE  I,    12.   15.  XLIX 

der  ganzen  republikanischen  Zeit  konnte  er  unmöglich  gleich 

Siüf  die  Marceller  kommen. 

V.  46.  Marceliis  für  das  tiberlieferte  Marcelli  rührt  von 
Peerlkamp  her  und  ist  nothwendig.  Auch  von  Meineke  und 
Haupt  aufgenommen. 

Diese  zwölfte  Ode  bietet  die  schwierigste  aller  Aufgaben 
im  Horaz.  Was  vorliegt  ist  voll  Unmöglichkeiten  durch  und 
durch-  Dies  ist  ganz  und  gar  ausgemacht  und  kann  dagegen 
nichts  zugelassen  werden.  Im  tibrigen  aher  ^  quid  novisli rec- 
tiujf  istig  candidusi'mperti:yiel\e\QhtSi}xc\i  si  non,  his  titere  inecum. 

L   15  Pastor  cum  traheret  — 

^Dasz  dieses  Gedicht  von  V.  21  an  mit  seiner  zufällig 
ziisammmengeworfenen  Heldenaufzählung ,  beginnend  mit 
Nestor,  dem  unpassendsten,  der  hier  eintreten  konnte,  den 
Achilles  entweder  ganz  auslassend  oder  ihn  so  kopflos  ein- 
führend wie  in  der  letzten  Strophe  geschieht,  mit  den  lächer- 
lichen prosaischen  Ausdrücken  non  Xestora  respicisf  Merio- 
nen  quoque  nosces,  nicht  von  Horatius  ist,  versteht  sich  von 
von  selbst.  Aber  ob  die  Partie  bis  V.  20  acht  sein  kann, 
musz  auch  sehr  zweifelhaft  erscheinen.  Das  ganz  unmoti- 
virte  Hereinbrechen  des  Nereus,  der  den  Winden  gebietet: 
*seid  einmal  still,  damit  ich  reden  kann — lag  doch  die  Mo- 
tivirung  durch  seinen  Enkel  Achilles  und  den  bevorstehen- 
den Kummer  seiner  Tochter  so  nahe  — :  ohne  alle  Indivi- 
dualisirung  sei  es  des  Locals  sei  es  der  ferneren  Angaben, 
diese  Fehler  gerade,  und  so  auffallend,  scheinen  nicht  die 
Horazischen.  Immer  aber  will  mir  es  scheinen  dasz,  wenn 
gleich  schon  die  Verse  bis  20  nicht  von  Horatius  sind,  die 
>iel  dümmere  Fortsetzung  von  V.  21  dennoch  wieder  von 
einer  andern  Hand  herrührt.' 

So  schrieb  ich  über  dieses  Gedicht  im  Jahre  1864  (Fleck- 
eisen Jhb.  1864  Heft  3  S.  173).  Jetzt  kann  wer  es  bedarf 
die  Anstoszigkeiten  und  besonders  die  zufällige  Zusammen- 
würfelung  der  Helden  einzeln  ausgeführt  lesen,  und  zwar 
von  keinem  geringem  Manne  als  0.  Jahn,  im  Hermes  vom 
Jahre  1868  (lU.  2  S.  184).    Ich  will  von  ihm  die  Bemer- 

Lehr$,  Huraiiiu.  D 


L  ZU   ODE  I,    15. 

kung  hierher  setÄCii ,  dasz  namentlich  auch  das  Fehlen 
Philoktet,  der  dem  Paris  die  todtliche  Wunde  beibrachte,  i 
des  Menelaus  befremdet.  —  Zu  den  Worten  über  Aias  S. 
erlaube  ich  mir  die  Bemerkung,  dasz  zwischen  Aias  d 
Telamonier  und  Paris  ein  Zusammentreffen  bei  der  Leic 
des  Achilles    erzählt    ward,    bei  dem  es  dem  Paris  re< 
schlimm   erging,  Quint.  III,  330.     Es  bleibt  aber  besteh 
dasz  hier  unter  Aiaa:  celer   sequi   vernünftiger  Weise  i 
<ler  Lokrer  verstanden    werden   kann,    der   'OiXr^oi;  rax 
A'tag.  —  Dasz  0.  Jalin  jenen  Aufsatz  schrieb  unbewuszt  d( 
sen,  was  ich  in  demselben  Sinne  über  das  Gedicht  gesa 
hatte,  das  kann  mir  nur  angenehm  sein  und  kann  mein 
Sache   bei   den  Zaghaften  und  Urtheilsbefangenen    nur   j 
gute  kommen.    Jedoch  die  Folgerung,  welche  er  nach  Da 
le^ung  der  vor  keiner  Entschuldigung  Stich  haltenden  Misei 
ausspricht,  musz  ich  dem  ausgezeichneten  Manne  bestreitei 
Er  schreibt:     *Wie  dem  auch  sei,    wir  werden  annehme 
müssen,    dasz  Horaz  Gründe  hatte  oder  zu  haben  glaubte 
auch  weniger  gelungene  Versuche  dem  Publicum  nicht  voi 
zuenthalten.    Vielleicht  machte  er  Studien  durch  selbstän 
dige  Bearbeitung  mythologischer  Partien   aus  Griechische! 
Lyrikern ,  ehe  er  den  Versuch  machte,  solche  Darstellungei 
seinen  eigenen  Oden  wie  im  dritten  Buch  einzuverleiben 
Dasz  Horaz  auch  weniger  gelungene  Versuche  aufnahm,  dag 
glaube  ich  allerdings:    denn  sonst  hätte  ich  noch  manches 
Gedicht  geringeren  Ranges  nicht  unangefochten  lassen  kön- 
nen :  ich  hätte  vielmehr  den  Wegen  Peerlkamps  oder  Grup- 
pes  nachgehen  müssen.      Er  konnte  immer  noch  auf  seine 
neue,   schöpferische  und  patriotische  Thätigkeit  als  Römi- 
scher Nachahmer  Altgriechischer  lyrischer  Formen  hinwei- 
sen.   Er  durfte  auch  dichten,    wie  ich   oben  einmal  mich 
ausgedrückt,  ^als  griechische  Nachahmung,  als  Studie,  als 
Studie  auch  zur  Schmeidigung  der  Sprache'.   Und  dazu  kommt 
für   die  Zulassung  von  Gedichten   zweiten  oder  überhaupt 
geringeren  Ranges,    um  bei  dieser  Gelegenheit  hierauf  et- 
was einzugehen,  noch  zweierlei.     Sollte  Horaz  es  bei  den 
Satiren  nicht  gewuszt  haben,  dasz  sie  nicht  alle  auf  glei- 


zu   ODE  1,    15.  LI 

(her  Stufe  stehen  ?  sollte  er  wol  selbst  die  zweite  Satire  für 
gleich  gut  gehalten  haben  als  z.B.  die  achte,  oUm  truncm  eram, 
oder  die  neunte,    den  Litteraten?    Gewisz  nicht.    Aber  es 
war  ihm  begegnet,  was  allen  Dichtern,  ganz  gleich  gelingt 
nicht  jedes,  und  er  that  was  sie  alle  thaten,  er  liesz  nicht 
nur  Gedichte  des  ersten  Ranges  bekannt  werden.    Eben  so 
bei  den  Oden.    Und  ich  denke  darüber  wird  keine  Uneinig- 
keit bestehen.    Wer  von  uns  wird  denn,   um    ein  namhaf- 
teres zu  nennen,  das  carmen  saeculare  für  ein  Gedicht  ersten 
Banges  Horazischer  0 Jen  halten  ?  Ob  aber  auch  nur  zwei- 
ten, das  ist  fraglich.    Wir  kommen  noch  auf  etwas  anderes. 
Horaz  hat  einige  Oden  auf  Ordre  gemacht  und  gerade  diese 
konnte    er   auch  der  OeflFentlichkeit  nicht  entziehen.    Und 
gerade  diese,  da  sein  Herz  nicht  dabei  war  oder  sie  zu  der 
hohen  Grattung  gehören  muszten,  für  welche  er  sich  selbst 
ja  ungeeignet  wuszte,  gelangen  ihm  am  wenigsten.  Die  Stats- 
oden  des  vierten  Buches  auf  Tiberius  und  Augustus  gehören 
dahin,  und  ich  möchte  es  dem  Horaz  zutrauen ,  dasz  er  von 
ihrer  wahren  Beschaffenheit  eine  Einsicht  hatte.    Neben  die 
Ordre  konnte  wol  auch  in  den  Verhältnissen,   in  denen  er 
nun  einmal  war,  ein  Gebot  der  Höflichkeit  treten:  und  da 
konnten   die   Folgen    für   die  Poesie  ähnliche  werden.    So 
erscheint  mir  die  Ode  an  Polio  II,  I .   Aber  es  konnte  auch 
kommen,  dasz  bei  einem  oder  dem  andern  Gedicht  irgend  eine 
Rücksicht  ihm  selbst  den  ganz  freien  Blick  benahm.    Viel- 
leicht bei  dem  carmen  jraecei/«rre  ein  gehobenes  patriotisches  und 
persönliches  Gefühl  über  die  Aufgabe,  wie  es  sich  Ode  IV,  6 
aasspricht  So  viel  über  Gedichte  geringeren  Ranges.  Aber  hier 
handelt  es  sich  nicht  um  ein  solches,  das  in  irgend  eine  der 
genannten  Kategorien  fallen  könnte.    Es  handelt  sich  nicht 
um  einen  weniger  gelungenen  Versuch,  sondern  um  eine  ab- 
surde Schfllerarbeit.  Und  wir  wissen  es  ganz  bestimmt  dasz 
Horaz  die  entscheidendste  Gründe  hatte,  solche  Schülerarbeiten 
nicht  aufzunehmen:    er,   welcher  eine  neidische  Opposition 
sich  gegenüber  yniszte,   er,  welcher  die  Fahrlässigkeit  der 
Römiselien  Poeten  geiszelte  und  der  sich  ob  seiner  eigenen 
Un verschämtlieit ;  als  er  z.  B.  die  ars  poetica  schrieb,   wol 

D2 


LH  ZV   ODE  I,    10. 

hätte  dii8  Gesicht  verhüllen  müssen,   wenn   er   selbst  d 
ROiuisichcn  Publicum  so  etwas  geboten  hätte  wie  dieses  ( 
dicht.  —  Dasz  Horaz   Welerlei  Uebungstudien  gemacht,  ( 
auf  seinen  Tafeln  und  Papieren  stehen  blieben  oder  wegj 
wischt  wurden,  versteht  sich  von  selbst,  dasz  er  auch  Gr 
einsehen  mythoh)gischen  ÖtoflF  zu  diesen   üebungen  geno 
men  bezweifle  ich  nicht ;  aber  dasz  er  selbst  solche  Uebun« 
stücke  aufgenommen,  musz  ich  für  das  unglaublichste  erklär 
was    wir  annehmen  können.      Während  es  doch  wahrli 
nichts  glaubwürdigeres  giebt   als  dasz  Nachahmungen   a 
den  Namen  des  Horaz  gesetzt  wurden,  dasz  auch  unter  d 
Horazischen  Gedichte,   wofür  es  doch   auch  sonst  an  anc 
kannten  Beis])ielen  nicht  fehlt,  nachgeahmte  Stücke  gekoi 
men  sind.   Wir  würden  unter  allen  Umständen  dahin  gedrän; 
werden  zu  sagen,  nicht   Horaz  selbst   hat   dieses  Uebung 
stück  jemals  in  seine  Werke  aufgenommen,    sondern  ma 
fand  es  nach  seinem  Tode  unter  seinen  Papieren  und  ui 
verständige  Freunde  reihten  es  ein.     Gruppe  hat  einen  so 
chen  Vorgang   bei    den  Ausgaben    der  Horazischen  Werk 
oder  Oden  nach   seinem  Tode  angenommen.     Und  ich  bi 
gar  nicht  abgeneigt,    dies  von  einzelnen  Strophen,   die  gu 
oder  gar  schön  genug  sind  um  Horazisch  zu  sein,  anzuneh 
men.    Aber  von  unserem  Gedicht  behaupte  ich,  Horaz  hab( 
solches  Zeug  als  die  letzten  Strophen  von  V.  21   auch  zuj 
Uebung  niemals  gemacht,  es  müszte  denn  sein  als  ein  Knabe 
also  doch  zu  einer  Zeit,   wo    er  in  der  Mythologie  nocl 
eben  so  unwissend  gewesen  wäre  als  in  einer  von  ihm  zu- 
erst eingeführten  Griechischen  Versform  frühreif.    Ich  habe 
auch  bei  diesem  Gedicht  das  äuszerste  gethan,    indem  ich 
über  den  ersten  Theil,  der  äuszerst  bedenklich  ist,  mich^so 
vorsichtig  ausgedrückt  als  ich  gethan.    An  dem  ersten  Theil 
bis  V.  16  nimmt  Jahn  keinen  Anstosz;    weit43rgehend  wird 
jedoch   der  'willkürlich   herbeigeführten  Situation    gedacht. 
Das  wäre    also  was  ich  als  Mangel  aller  Motinrung  und 
Localisinmg  bezeichnet.      Ich    musz   auch  jetzt  festhalten 
was  ich  über  die  erste  Partie  gesagt  als  sehr  bedenklich, 
aber,  wie  es  scheine,  gegen  die  folgende  sich  doch  abhebend. 


zu  ODE  I,    15.    16.    17.    19.   20.  LIII 

Indem  ich,  um  einen  Absehlusz  zu  liaben^  die  Verse  16 — 20, 
wfi  schon  die  Zufälligkeit  der  Heroenauswahl  könnte  aiizu- 
^hen  scheinen,  noch  zu  dem  frühem  Theile  zog,   erklärte 
ich  mir  den  Sinn  also:  vergebens  wirst  du  im  Gemach  blei- 
ben um  zu  meiden  die  Gefahren,   die  deiner  Phantasie  er- 
sclieinen  werden,  die  Speere  und  Pfeile  und  das  Schlacht- 
Geräusch  und  jenen    fuszschnellen  Ajax,  der  sogar  das  — 
bei  einem  Feigling  wie    du  noch  allein  tröstliche   —    Ent- 
fliehen unmöglich  macht.  —  Horaz  freilich  schrieb  auch  das 
nicht,  benannte  auch  schwerlich   die  vor  Troja  gehandhab- 
ten Pfeile  Knosische.    Aber  er  schrieb  auch  nicht    das  ge- 
schmacklose, vielleicht  abgeschmackte :  schon  jetzt  setzt  Pal- 
las ihren  Helm,  ihre  Aegis  und  ihre  Wuth  in  Bereitschaft. 

0(1.  L   16    0  matre  pulclira  — 

Die  Ueberlieferung  no/i  acuta  si  tjemmant  Cortfhantfs  aei-a 
und  sie.     Es  wird  erfordert  qui.    Dies  habe  ich  geschrieben. 

Öd.  I,    17  Velox  amoenum   -- 

V.  4.     Die  Ueberlieferung  usqu^y   was  wider  den  Sinn 
ist.     Ich  habe  Pecrlkamps  ipse  aufgenommen. 

Od.  I,    19    Mater  saeva  cupidinum  — 

V.   12  musz  ich  das  überlieferte  nee  quae  nihil  attinent 
für  Unsinn  halten.  Ich  habe  geschrieben  nee  qnaerere  publica. 

Od.  I,  20   Vile  potabis  — 

Peerlkamp  sagt :  *  Ego  pro  carmine  scholastico  habeo.  Thema 
fuit:  Horatius  Maecenateminvitans,  metro  Sapphico*  Sehr  wahr, 
maf  der  Scholar  die  Aufgabe,  die  er  so  dürftig  löste,  erhalten 
oder  sich  selbst  gestellt  haben.  In  der  letzten  Strophe  V.  10 
ist  die  Ueberlieferung  theils  ht  bibis  uvam,  theils  tu  hibes  uvam. 
Soll  es  einigermaszen  verständlichen  Verstand  haben,  so 
musz  der  Verfasser  geschrieben  haben  bibis.  Bei  mir  wirst 
du  nur  geringen  Sabiner  trinken.  Du  freilich  trinkst  (bist 
gewöhnt  zu  trinken)  feine  Weine,  dergleichen  in  meine 
Becher  nicht  kommen.    Was  bibes  sein  sollte  ist  Unverstand- 


LIV  ZU  ODE   I,  20.  21.   22. 

lieh.    Döderleins  tum   bibes   noch  unverständlicher.    Hat 
aber  bibh  mit  dem  verlängerten  bis  geschrieben ,   so  lie 
darin  auch  ein  sicheres  Zeiclien  nicht  Horazischer  Hand.    W; 
den  Sabinerwoin  betrifft,   so  meint  Meincke,  der  übrigei 
auch  nicht  an  das  Gedi(*lit  (verzeihen  mir  die  Musen  die  B 
nennung!)  glaubt,  der  sei  sehr  passend,  weil  Mäcenas  viel  a 
Fieber  litt  und  nach  Galen  der  Sabinerwein  Fiebernden  geg 
ben  wurde,  desaf,  rictu  roL  XVI  p.  64S  Lips.  zma  rt]v  Yn 
).lav  6  äiovog    aafiJvog,    öv  xai    dtdoaai  xolg    nvQSTTOvai 
Allein  wenn  das  die  Meinung  war,  warum  heiszt  der  woh 
thätige  Wein   ohne  weiteres   riie?    Warum  entschuldigt  i 
sich  in  der  dritten   Strophe  Über  das  viie  Snbinmn,  das  c 
reichen  werde,   damit,   ilasz  bei  ihm  kein  feiner  Wein  z 
erwarten  sei?  Das  stimmt  alles  gar  nicht.    Uebrigens  könnt 
die  erste  Strophe  mehr  so  aussehen  als  hätte  der  Verfasse 
Wein  vom  eignen  Gute   des  Horaz  verstanden:  vergessen« 
dasz  jener  aiujulus  feret  ptper  et  tus  ociusuva  ep.  I,  14,  23 
Warum  er  gerade  an  jenem  Tage  eine  Flasche  schlechtei 
Weins   selbst    versiegelt   hat,    welcher  Dienst    damit  den 
Wein  oder  dem  Mäcenas  geschah,  ob  das  klar  ist,  weisz  icl 
nicht.    Aber  klar  ist,    dasz   die   modici  canthari  das  aller 
gröszte  Befremden  mit  Recht  eiTOgt  haben.    Orelli's  Recht- 
fertigung wu-d  die  Sache  auf  eine  heitere  Weise  vorführen; 
"ErriO^nov  tnodicis  vonsiilto  vfdctur  delectum,  quia,  ut  owempfn 
demonstrarit  Hof  man  Peerlkampj  cofitftarusj  poculum  ansatum 
mttius  y  multfbibis  potissimum  placehat! 

Od.  I,   2  t  Dianam  tenerae  — 

Musz  doch  jedenfalls  am  Sehlusz  einer  Strophe  beraubt 
sein   über  Diana. 

Od.  I,  22    Integer  vitae   - 

In  dieser  Ode  können  nur  die  beiden  ersten  schönen 
Strophen  von  Horaz  sein,  und  sind  es  wahrscheinlich.  Im  fol- 
genden hat  man  (Peerlkamp  und  Meineke)  die  vierte  Strophe 
qtiale  portentum  —  herausgeworfen,  die  allerdings  lächerlich 
gräulich  ist.  Aber  was  ist  denn  damit  viel  gewonnen  ?    Dasz 


zu  ODE  I;  22.  25.  26.  LV 

mit  den  beiden  letzten  Stropben  der  Faden  ganz  abreiszt  ist 
doch  anleugbar.  Alle  Uebergänge  oder  Uebergangspartikeln, 
die  man  versuchen  wird,  werden  eine  Lächerlichkeit  an  den 
Tag  legen.  Etwa:  und  wie  kein  Wolf  so  wird  auch  kein 
Klima  mich  abhalten  Lalage  zu  besingen.  Wie  ist's  denn 
aber  mit  der  dritten  Strophe?  Dasz  sie  im  höchsten  Grade 
das  Bedenken  herausfordert  mit  dem  Abfall  des  Tons  gegen 
die  ersten,  darauf  darf  man  bestehen.  Ich  habe  nicht  um- 
hin gekonnt;  mich  manchmal  mit  einer  Fictiou  zu  vergnügen. 
Wenn  es  denkbar  wäre  dasz  der  Schalk  Fuscus  Aristius, 
wie  wir  ihn  aus  der  neunten  Satire  leibhaftig  kennen,  von 
Horatius  eine  Ode  mit  dem  Anfang  dieser  drei  Strophen  er- 
hielt, wenn  er  nach  dem  feierlich  mysteriösen  Ton  der  ersten 
beiden,  in  welchen  die  Phantasie  in  die  afrikanischen  und 
asiatischen  Wüsten  und  Wildnisse  versetzt  war  mit  ihren 
Löwen  und  Tigern  und  Hyänen,  wenn  er  da  auf  den  trivia- 
len Wolf  und  den  wohlbekannten  Sabinerald  gerathen 
wäre,  und  die  Nonchalance ,  womit  das  Ereignis  von  beiden 
Seiten  vor  sich  geht,  oder  von  Seiten  des  Wolfs  könnte  man 
fast  sagen  die  prompte  Höflichkeit,  mit  welcher  er,  unge- 
legen kommend,  sich  empfiehlt,  hätte  er  sich  da  nicht  ver- 
anlaszt  sehen  können,  die  parodische  vierte  Strophe  hinzu- 
zusetzen: *ihr  mUszt  aber  deshalb  doch  von  diesem  Wolf 
nicht  falsch  urth eilen:  dieser  Wolf  das  war  kein  gewöhn- 
licher Wolf,  das  war  ein  Wolf  der  über  den  Löwen  geht?' 

Od.  I,  25   Pareius  iunctas  — 

V.  5  ianua  —  quae  prius  multum  faci/is  movebat  cardio 
nes,  aut/i'.  —  Es  ist  ja  doch  von  einer  Spröden  die  Rede, 
die  dafftr  nun  gestraft  wird  dasz  sie  die  Liebhaber  nicht 
leicht  einliesz.  Die  Ueberlieferung  ist  unmöglich  richtig.  Ich 
habe  geschrieben  quae  pinus  nullt  facilis  movebas  eardinesjaudh, 
—  Aber  amatque  ianua  Urnen  wird  wol  auch  nicht  richtig  sein. 

0(1.  I,  26  Musis  amicus    — 

Offenbar  nur  Einleitungsstrophen.    Nur  erst  die  Auffor- 
derung an  die  Muse,  wozu  das  übrige,  der  eigentliche  Gegen- 


LVI  ZU   ODE   I,  26,   2S. 

Stand  fehlt.   Unten  Ode  32  Poscimur  ist  merkwürdiger  Wc 
noch  einmal  derselbe  Fall,  dasz  v«)rlianden  ist  nur  der  i 
fang  eines  Gedichtes,  welcher  die  Autforderung  an  die  L] 
enthält.    Will  jemand  freilich  sagen:  Horaz  konnte  nimn 
solche  drei  Strophen  als  ein  Gedicht  veröffentlichen,    al 
ein  stoffarmer  Nachahmer  konnte  schon  solch  ein  Uebunj 
stück  machen  und  meinen    das  sei  schon   ein  Gedicht, 
läszt  sich  dagegen  nichts   sicheres  sagen.    Aus  Beschaffe 
heit  imd  Form  wird  sich  nichts  beibringen  lassen,  waru 
sie  nicht  von  Horaz  sein  sollen.     Etwas  anzumerkendes  i 
wol  das :  dir,  iluse,  und  deinen  Schwestern  ziemt  es  — ,  nid 
etwa  mit  bestimmtem  Namen  einer  der  Musen:    dir,  Klii 
und  deinen  Schwestern.  —  Allein  es  ist  doch  so  gesagt  Ot 
III    19,    15    tres  prohibet   supra    rixarum    metuens    langer 
Gratia  mtilh  itmcla  sororihns.   Od.  IV  7,  5  Gratia  cum  Nym 
phis  gemmtsque  sororWus  amiel  ducere  nuda  choros. 

Od.  I,  28.  Archytasode. 

Zur  Erinnerung  an  die  verwunderlichen  Erklärungen, 
mit  welchen  man  das  Verständnis  dieser  Archytasode  hat 
erzwingen  wollen,  will  ich  folgende  Worte  Meinekes  her- 
setzen ausdemPhilologusV.  (1850  S.  171).  W^o  er  noch  darauf 
hinwies  dasz  statt  des  überlieferten  aerias  domos  (was  Von 
einem  Luftschiffer  richtig  gesagt  wäre')  V.  5.  nach  allem  Sprach- 
gebrauch von  Horaz  aetherias  müsse  geschrieben  sein.  Was 
wir  natürlich  auch  aufgenommen.  Meinekes  Worte  also 
sind :  'Bekanntlich  ist  in  jüngster  Zeit  die  dialogische  Fonn 
in  umfangreichen  Abhandlungen  wieder  behauptet  worden. 
Ohne  mich  auf  eine  Widerlegung  dieser  Ansicht  in  allen 
ihren  unlogischen  Streif-  und  Querzügen  einzulassen,  will  ich 
an  ihre  Vertreter  nur  die  Frage  richten,  wie  sie  den  Dich- 
ter ge^en  den  Vorwurf  einer  durch  und  durch  unkünstlerischen, 
aller  Concinnität  ermangelnden  Composition  in  Schutz  neh- 
men wollen?  Wie  Horaz  die  dialogische  Composition  einer 
Ode  behandelt,  hat  er  im  neunten  Gedicht  des  dritten  Buchs 
gezeigt.  Wie  will  man  es  femer  mit  den  Gesetzen  einer 
vernünftigen  Interpretation  vereinigen,  wenn  die  Worte  pul- 


zu   ODE   I,   28.  LVII 

ren's  exigul    cohibettt    te   munera    den  Sinn  haben    sollen, 
Aifhytas    liege   hier  unbeerdigt,   und  nicht   vielmehr  den, 
dasz  Archytas,  der  mit  seinem  Geist  die  Welt  umfaszt  habe, 
jetzt  auf  den  engen  Raum  eines  winzigen  Grabes  beschränkt 
sei?    Die  Unhaltbarkeit  jener  Erklärung  zeigen  ja  deutlich 
genug  die  folgenden  Beispiele  von  der  unabwendbaren  Noth- 
wendigkeit   des  Todes.     Und  nun  gar  te  iudice  im  Munde 
des  Archvtas!    Wer  sich  so  auf  das  Urtheil  eines  anderen 
beruft,   wie  hier  Archytas  thun  würde,   der  kann  das  nur, 
wenn  dieser  andere,  also  hier  der  Schiffer,  sein  Urtheil  über 
die  Sache,  um  die  es  sich  handelt,  also  hier  über  die  Weis- 
heit des  Pythagoras,  wirklich  ausgesprochen  hat.     Und  das 
hatte  Archytas  in  seinen  Schriften  gethan.    Die  Erklärung 
*wie  selbst  du,  ein  ungebildeter  Schiffer,   zugeben  wirst'  ist 
durchaus  willkürlich  und  verleiht  dem  Ausdruck  eine  Fär- 
bung ,  die  mit  dem  Gebrauch  unvereinbar  ist.'  — 

Dieser  hier  berührte  und  alle  anderen  Versuche,  welche 
mit  einem  Beiwort  zu  charakterisircn  schwer  wäre,  hat  aus- 
fQhrlich  in  ihrer  Nichtigkeit  und  Unmöglichkeit  nachgewie- 
sen B.  G.  Weiske  'über  die  achtundzwanzigste  Ode  im  ersten 
Buche  des  Horaz'  in  Jahns  J<ahrbüchern  Bd.  XII,  1  (1S30) 
S.  349 — 362 :  mit  einer  geduldigen  Müh  waltung,  bei  welcher 
sich  mir  wenigstens,  der  ich  also  wol  weniger  optimistische 
Ansichten  über  Belehrung  haben  musz,  stets  die  Frage  auf- 
drangt: für  wen?  Doch  hat  Weiske  auch  eine  eigene  An- 
sicht aufgestellt:  und  Meinekc  spricht  sich  in  der  Ausgabe 
dahin  aus,  über  Sinn  und  Composition  dieses  Gedichtes 
schienen  ihm  alle  im  Irrthum  zu  sein,  die  früher  oder  in 
neuerer  Zeit  einer  anderen  Ansicht  gefolgt  wären  als  der 
von  Weiske  aufgestellten.  Ein  merkwürdiges  Wort,  auf  wel- 
ches wir  fuszen,  dasz  auch  Meineke  alle  Erklärungen  ver- 
werflich findet.  Der  einen,  die  er  glaubt  annehmen  zu  können, 
haben  wir  nun  nachzufragen.  'Es  spricht  ein  Schiffbrüchiger, 
—  au  das  Kalabrische  Ufer  Ausgeworfener.  —  Der  Schatten 
redet  den  unfern  im  Grabe  ruhenden  Archytas  an,  durch 
sein  und  andrer  Beispiel  sich  tröstend  wegen  des  To- 
de»,  und  zuletzt  bittet   er   irgend  einen  etwa  Vorbeischif- 


LVIU  ZU  ODE  I,  28. 

f enden  um  Bestattung  seiner  Gebeine'.  Ich  bin  nun  in  dei 
Übeln  Lage,  auch  das  bestreiten  zu  müssen.  Wir  erhielten 
folgende  Situation:  ein  eben  an  das  Ufer  geworfener  Leich* 
nam,  neben  welchem  sein  eigner  Schatten  steht  (man  sagt 
wol  lieber,  er  umschwebt  ihn:  mir  kommt  der  schwebende 
declamirende  Schatten  noch  komischer  vor)  und  redet.  Dtr 
bei  kann  dieser  Schatten  noch  lesen :  denn  er  hat  eben 
vom  Grabe  abgelesen,  dasz  dies  Grab  den  Archytas  hirgi» 
Neben  diesen  Gründen,  welche  ich  für  ganz  entscheidend 
halten  musz,  wäre  es  kaum  noch  nOthig,  anderes,  was  auch 
jedenfalls  verwunderlich  erscheinen  musz,  zu  erwähnen,  ich 
meine  wie  dieser  Verunglückte  sich ,  ohne  alle  Vorbereitung, 
die  wir  erhalten  hätten,  eben  auch  als  einen  philosophisch 
gebildeten  Mann  erweist,  der  eben  herausgeworfen  augen- 
blicklich in  groszer  Seelenruhe  und  man  darf  wirklich  sagen 
als  ob  gar  nichts  vorgefallen  wäre  sieh  philosophisch  tröstet 
Doch  dies  mag  gelten  oder  nicht:  es  gilt  aber:  die  oben 
genannte  Situation,  welche  dabei  nothig  ist  und  dem  Hora- 
tius  nimmer  zugemuthet  werden  kann,  ist  auch  gegen  diese 
Auslegung  entscheidend.  Es  bleibt  nur  übrig,  wohin  der 
ganze  Anfang  führt :  Horatius  stellt  die  Betrachtung  an  (fin- 
giert sie  anzustellen)  im  Erschauen  des  in  der  Nähe  seiner 
Heimath  befindlichen  und  ihm  wahrscheinlich  selbst  bekann- 
ten unscheinbaren  Grabes  des  Archytas :  'auch  du,  der  durch 
alle  Welten  geschweift,  wirst  hier  in  dem  kleinen  Grabe, 
in  wenig  Erde  festgehalten.*  Und  fort  bis  V.  20.  Denn 
zur  Verdä(*htigung  der  Strophe  17 — 20  ist  wol  kein  hinrei- 
chender Grund,  und  der  Sclilusz  mit  Proseq)ina  eindringlicher 
und  gesteigerter. 

Den  Hiatus  captti  inhumato  würde  Meineke  wol  heute 
nicht  mehr  als  Horazisch  vertheidigen.  Peerlkamp  vermu- 
thete  intumulato  (Heroid.  2,  136).  Und,  mich  dünkt,  über 
diesen  Hiatus  wird  es  sehr  fraglich  bleiben  ob  man  ihn  selbst 
dem  Kachahmer  beimessen  darf,  der  in  demselben  Versmasze 
ein  Gedicht  (V.  21—36)  sich  zur  Aufgabe  stellte.  Denn  für 
ein  selbständiges  Gedicht  halte  ich  es,  nicht  für  eine  Fort- 
setzung des  vorhergehenden.  Der  Inhalt  ist  auch  nicht  zwei- 


zu  ODE  I,  28.   29.  30.  IJX 

feihafty  man  lese  uiir  genau  was  die  lateinischen  Worte  be- 
8ag:en.  Der  Nachahmer  stellte  sich  das  dumme  Schulthema 
(80  dumm  und  nicht  d&mmer  als  wir  so  viele  aus  der  pro- 
saischen fihetorik  kennen) :  eines  in  den  nördlichen  Gegenden 
des  Adriatischen  Meers  im  Sturm  ertrunköneu,  dann  dort  an 
das  Ufer  geworfenen  Leichnam  bittet  einen  vorüberfahrenden, 
nach  Tarent  zum  Waareneinkauf  schiffenden  Seefahrer,  ein 
wenig  anzuhalten  und  ihn  mit  Staub  zu  bestreuen.  Wofür 
er  ihm  denn  mit  den  dort  aus  aller  Herren  Ländern  einge- 
kauften reichlichen  Waaren  eine  vom  Sturm  unbeschädigte 
Rückkehr  vorzugsweise  an  den  gefährlichen  Südküsten  Ita- 
lienS;  den  Calabrischen  wünscht,  damit  jene  Waare  ihm  un- 
gefährdet und  ruhig  —  wie  auf  ruhigem  Wasser  heim- 
fliesze.  —  Me  quoque  'mich  wie  so  viele  andere.'  Bei  dem 
etwas  ungeschickten  und  übertriebenen  unde  polest  kann 
man  selbst  bei  diesem  Nachahmer  fragen  ob  es  richtig  ist, 
ob  es  nicht  heiszen  müsse  unde  petis. 

Od.  I,  29   Icci  beatis  — 

V.  16  Orelli  sagt  zu  polUcHus  meliora:  ^Excidere  vide- 
titr  ex  ironid.  Dies  ist  ein  sehr  richtiges  Gefühl,  wenn  polli" 
citus  meliora  in  dem  Sinne  verstanden  wird  des  deutschen: 
du  hattest  doch  besseres  versprochen:  wie  das  wol  ein 
Lehrer  zum  Schüler  sagt.  Aber  poliicitus  ist  (ein  etwas 
stärkeres)  prqfessus  und  meliora  xgeiTTio  was  den  Vorrang 
hat,  das  Uebergewicht  (Hauptstelle  Ov.  Met,  VHI,  Alb). 
Melior  Venus  Od.  I  33,  13  höher  stehend  im  Range.  Ver- 
steht man  also  das  poliicitus  meliora  etwa  gleich  professus 
maiora,  altioroj  so  fällt  der  Anstosz  weg.  —  Die  Frage  kehrt 
mir  Ton  Zeit  zu  Zeit  wieder,  ob  Horaz  geschrieben,  cum  tu 
coemptos  undique  nobilis  libros  Panaeti  socraticam  et  domum 
mutare  loricis  Hiberis  sollicitus  meliora  temnis.  Natürlich 
meliora  in  demselben  Sinn.  Der  Abschlusz  jueliora  temnis 
wird  etwas  schlagender. 

Od.  I,  30  O  Venus  regina  — 

Venus  mit  allen  jugendlichen  Göttern  (eingeschlossen 


LXn  zu  ODE  I,  31.  32. 

ländischen  und  ausländischen  Weine  haben.  Dasz  sich  a 
die  Erwähnung  des  Weinlandes  noch  der  Gedanke  des  fl] 
pigen  und  kostspieligen  Lebensgenusses  knüpft,  der  gerad 
in  dem  Weine  seine  Höhe  sucht,  scheint  mir  doch  so  übe 
nicht,  und  auch  nicht  die  noch  einflieszende  neue  Steigerung 
dasz  er  bei  vielen  reichen  Leuten  mit  immer  neuer  Unruhe 
verbunden  ist.  —  Ich  habe  geglaubt  diese  Strophe  beibe 
halten  zu  müssen  oder  zu  können :  vielleicht  mit  Unrecht. 

Od.  I,  32  Poöcimur  — 

Poscimur:  eine  gangbare  Redeweise:  jetzt  ist  es  an 
uns,  kann  man  es  von  uns  erwarten,  einzutreten,  zu  zeigen 
was  wir  vermögen.  Ist  uns  je  schon  ein  Lied  gelungen, 
das  uns  Dauer  versprechen  darf,  mein  Barbiton,  so  ist  es 
jetzt  unsere  Sache,  bei  dieser  freudigen  Grelegenheit,  bei  Ge- 
legenheit dieses  freudigen  Ereignisses,  das  unsem  Freund 
betroffen,  mit  einem  trefflichen  Liede  einzutreten,  so  gewähre 
mir  jetzt  ein  solches,  du  Barbiton, -das  du  ja  schon  von  dei- 
nem ersten  Urheber  her  gewöhnt  bist  in  allen  Lagen  des 
Lebens  erheiternd  und  verschönernd  einzutreten.  Denn  jetzt 
unser  Mäcenas  hat  sich  eine  herrliche  Braut  erworben  usw. 
So  nämlich  mit  bestimmter  Erwähnung  des  Freundes  und 
der  jetzigen  Gelegenheit  —  wie  ich  der  Verdeutlichung  we- 
gen etwa  passendes  angedeutet  —  muszte  es  fortgehen.  Dasz 
es  eine  freudige  Gelegenheit,  die  gemeint,  darauf  scheint 
alles  zuführen,  schon  das  vacui  lu^imus:  auch,  dünkt  mich, 
dasz  eine  Liebesangelegenheit,,  wofür  wenigstens  die  zweite 
und  dritte  Strophe  besonders  passend  scheinen.  Nun  wäre 
das  alles,  wohin  der  Gang  durchaus  zieht,  ganz  in  Ordnung, 
wenn  nicht  das  durchaus  unpassende  und  unerträgliche  La-- 
tinuin  stände.  Dies  musz  ich  durchaus  für  falsch  halten. 
Ich  habe  amoenum  geschrieben.  Und,  was  sich  nach  dem 
gesagten  von  selbst  versteht,  musz  ich  das  Gedicht  für  un- 
vollständig halten.  Es  ist  eben  nur  die  Einleitung  vorhan- 
den. Wie  man  diese  Strophen  für  etwas  anderes  halten 
kann  als  für  eine  blose  Einleitung  bleibt  mir  ganz  verbor- 
gen.   Ob  zu  dieser  Einleitung  auch  noch  die  Strophe  o  decus 


zu  ODE   I,   32.  LXIII 

— ,  Yon  welcher  ich  noch  nicht  gesprochen,  von  Horaz  her- 
rührt; oder  ob  sie  von  einer  andern  Hand  unpassend  hinzu- 
^{figty  das  bliebe  noch  zu  fragen. 

Ich  musz  das  letzte  glauben.  Alles  was  er  dem  Barbiton 
zu  sagen  hat  ist  in  den  drei  ersten  Strophen  erschöpfend, 
treflfend  fftr  den  Fall  und  geistreich  gesagt.  Ein  neuer 
und  obenein  —  wie  soll  ich  sagen  —  viel  allgemeiner  und 
salopper  gehaltener  Anruf  an  das  Barbiton  scheint  gar  nicht 
zu  erwarten.  So  würde  man  wol  auch  urtheilen  müssen, 
wenn  dieser  Anruf  in  verständlichem  Latein  ausgedrückt 
wäre,  lieber  das  cumque,  das  niemand  versteht,  welches 
heiszen  müszte,  was  niemand  belegt,  'zu  jeder  Zeit,  bei  jeder 
Gel^enheit'  ist  mehrfach  gesprochen  worden.  Bentleys 
allerdings  von  ihm  selbst  hinreichend  als  miszfäUig  bezeich* 
netes  cuique  und  Lachmanns  lenimen  medxcum  {Lucret.p.  288) 
sind  Versuche  der  Verzweiflung.  Aber  was  ist  denn  saive 
mihi?  Heiszt  denn  saive  mihi  sei  mir  günstig?  —  Ich  denke 
doch  und  sehe  doch  nur  dasz  mihi  salve  heiszt,  auch  als  feier- 
liche Formel:  sei  mir  gegrüszt,  d.  h.  nimm  von  mir  den 
Pietätsgrusz  salve  an.  Dies  mihi  cumque  salve  kann  doch 
auch  der  Verfasser  dieser  Strophe  nicht  geschrieben  haben. 
Soll  ich  etwas  vorschlagen  was  dieser  Verfasser  doch  ge- 
schrieben haben  könnte,  so  sei  es: 

o  decus  Phoebi  et  dapibus  supremi 
grata  testudo  lovis,  o  deorum 
dulce  lenimen  mihi  luxque  ^ salve 
rite  vocanli. 

'wenn  ich  dich  in  der  Noth  wie  eine  Gottheit  verehrend 
herbeirufe',  rexque,  lexque^  noxquey  luxque  (Od.  Met,  IX,  760) 
haben  bekanntlich  sogar  die  besten  Dichter  gesagt  — 

Uebrigens  mag  hier,  wo  zwischen  unserm  Poscimur  — 
und  dem  vorhergehenden  Gedicht  gar  keine  Aehnlichkeit 
des  Inhaltes  ist,  darauf  aufmerksam  gemacht  werden,  dasz 
dieses  vorhergehende  in  der  ersten  Zeile  hat  poscit.  Dasz 
luck  bei  Anordnug  der  Horazischen  Oden  diese  jetzt  öfter 
besprochene  Wortgleicbheit  über  den  Zufall  hinausgeht,  da- 


LXIV  ZU   ODE  I,   34.   35. 

von   wird  man  sich   überzeugen.     Interessant  ist  auch  d 
Gegensatz:  I  26,  1  irlsfitiam  und  27,  1  laetitiae. 

Od.  I,  34  Pareiis  deoriim  — 

Ein  Mann,  der  sich  geheilt  von  der  Epikureischen  Ph 
losophie  l)ckennt,  der  schlieszt  damit  die  Fortuna  zu  feien 
welche  in  der  Epikureischen  Philosophie   bekanntlich  alU 
hX'i  fortuna (jubernans :  Lucr.5,  JOS.  Ein  Mann,  der  an  Jupitc 
glaubte  und  an  einen  Wagen  des  Jupiter,  durch  dessen  Fahre 
er  alles  bis  in  die  Unterwelt  erschüttert,  der  nennt  sich  ut 
glaubig  bisher  und  nun  erst  gläubig  geworden,    da  Jupite 
mit  diesem  Wagen  auch  einmal  über  den   klaren  Himmel 
anstatt,  wie  er  sonst  glaubte,  nur  über  den  wolkigen  gefah 
ren  ist?  Ein  Mann,  der  nunmehr  zum  festen  und  religiösei 
Glauben  an  die  Götter  gekommen  ist,  an  Jupiter   obenan 
der  verehrt  nicht  die  absichtsvollen,  vorsehungsvollen  Pläm 
des  Jupiter,  sondern  seine  durch   die  Fortuna  repräsentirte 
nach  Belieben  spielende  Willkürmacht? 

Ein  unklarerer  Gedankenwirrwarr  ist  nie  erhört  wor- 
den. Uebrigens  auch  als  Epikureer  warum  ist  er  so  viel 
dümmer  geworden  und  aus  vernünftigem  Epikureer  ein  un- 
vernünftiger, —  als  damals  da  er  bei  einer  ihm  unerklärli- 
chen Naturerscheinung  sagte:  namque  deos  didici  seciirum 
atjere  aemtm,  nee  si  quid  miri  faeiat  natura  deos  id  trislis 
ex  alto  coeli  demiitere  lecto  Sat  I  5,  103. 

Wer  nicht  annimmt  dasz  Horatius  in  den  Perioden  wenn 
er  Oden  dichtete  zeitweise  von  Geistesverdunkelung  befallen 
wurde,  der  kann  auch  diese  Ode  ihm  nicht  beilegen. 

Od.  I,  35  O  diva  gratum  quae  re^s  Antiura  — 

An  diesem  Gedicht  sind  verschiedene  Zweifel  laut  ge- 
worden, auch  bis  zur  Ausscheidung  oder  Umstellung  von 
Strophen.  Hier  bin  ich  nun  einmal  in  der  Lage,  die 
Vertheidigung  zu  übernehmen.  Die  Berechtigung  augenblick- 
lich bei  der  ersten,  zweiten  Leetüre  an  einem  und  dem  an- 
dern Punkte  zu  stutzen,  nicht  alsbald  glatt  hinüberzuschrei- 


zu   ODE  I,   35.  LXV 

tetij  ist  anzuerkennen.  Allein  das  ist  noch  kein  Beweis, 
däs  ist  auch  kein  Fehler:  das  darf  Dichtem,  die  auf  küh- 
ner Hohe  sich  bewegen,  —  denken  wir  doch  an  Pindar,  wo 
wir  stets  darauf  gefaszt  sind,  —  zugestanden  werden.  Auf 
so  kühner  Höhe  geht  nun  Horatius  gewöhnlich  nicht.  Aber 
meiner  Ueberzeugung  nach  ist  er  gerade  in  dieser  Ode  über 
sich  selbst  hinausgeschritten,  wie  in  dem  ganzen  des  Ge- 
dichtes, das  sich  hinaushebt  über  die  gnomische  Begion,  um 
der  leidigen  politisch  rhetorischen  Pathetik  gar  nicht  zu  ge- 
denken, 80  in  der  kühnen  Abgerissenheit  und  Ueberraschung 
der  Gedanken,  namentlich  zweimal,  beim  Auftreten  der 
Xecessiias  und  bei  dem  Eintreten  des  patriotischen  Schlus- 
ses V.  29.  Dem  angemessen  ist  die  Kühnheit  der  Phantasie, 
aus  welcher  die  plastischen  Bilder  gestaltet  sind.  Es  ist  eine 
wahrhaft  prachtvolle  und  energische  Plastik,  in  welcher  die 
g:egen  den  Tyrannen  anbrechende  Revolution  geschildert 
wird,  wie  ein  kühner  Führer  die  Denk-  und  Ehrensäule  um- 
stürzt und  anf  dieses  Zeichen  und  Vorgang  das  herangesam- 
melte Volk  mit  wildem  Ruf  zu  den  Waffen  auch  die  Zaudern- 
den und  Bedenklichen  zur  Theilnahme  anreizend  ansteckt. 
Ich  musz  es  aufrichtig  sagen:  wie  man  hier  ein  einziges 
Wort,  eine  einzige  Sylbe  miszverstehen  könne  oder  ändern, 
wenn  man  sich  dem  natürlichen  Zuge  der  durch  die  Um- 
stände, die  Worte  und  Sylbeu  angeregten  Gedanken  und 
Bilder  überläszt,  ist  mir  unbegreiflich,  wie  man  columnam 
irgend  anders  verstehen  könne  als  eben  gesagt,  wie  man 
das  cessantes  beanstanden  könne.  Was  ich  allerdings  gegen 
Bentley  sagen  musz  und  sein  cursuntesy  gegen  den  aber  aller- 
dings noch  einiges  andere  zu  sagende  auch  gilt.  Schön  und 
verständlich  ist  die  Schilderung  in  der  sechsten  Strophe,  wie 
die  bisher  reiche  —  in  Sammet  und  Seide  prangende  For- 
tuna des  hohen  Hauses  sich  plötzlich  in  die  dürftige  Fortuna 
mit  dflrftigem  Kleide  verwandelt  und  auszieht.  Es  ist  die 
Fortuna  der  Familie,  die  nicht  an  das  Haus  gebannt  ist, 
sondern  an  die  Familie.  Eine  reiche  Familie,  in  deren 
mächtigem  Hause  bisher  reiches,  von  Schmeichlern  und  Mit- 
genieszenden  getheiltes  Leben  waltete,  verarmt,  musz  aus- 

Lehx»,  Uontins.  E 


LXVI  ZU   ODE   I,   35. 

wandern  (ins  Exil  vielleicht)  aus  dem  reichen  Palast  un 
die  vermeintlichen  Freunde  verlassen  sie.    An  die  Stelle  d< 
Familie  setzt  Horaz  die  Fortuna  der  Familie:   dieses  lang 
Zeit  freundliche  Glück  fam/ca  forUina)  verwandelt  sich  plöfc 
lieh  in  ein  unfreundliches  (inimica) :  in  dem  Palast  heimisc 
bisher  wandert  es  hinaus:  reich  prunkend  bisher  ist  es  na 
plötzlich  in  dürftigem  Bettclkleide.    Dieselbe  Fortuna  ist  die« 
gerade  auf  diese  Weise  und  in  ihrer  Natur  der  Wandelbai 
keit,  der  plötzlichen  Wandelbarkeit  proteusartig  dargestellt 
Es  bleibt  fast  etwas  mystisch  Befremdliches  in    der  Figu 
wie  in  ihrem  Wesen.    Aber  diese  Figur  wie  der  ganze  aus 
ziehende  Zug  wären  in  der  Thjit  werth  und  geeignet  einei 
Maler  zu  einem  Bilde  anzuregen.    Ja  auch  die  Revolutions 
scene  fordert  schon  zu  einem  Bilde  auf.     Und  ein   dritte* 
Bild,  ein  ganzes  Volk  mit  seinem  Cäsar  vor  ihr  anflehend 

stellte  sie  schlieszlich  in  ihrer  Hoheit  dar.  —  Also  die  bis 

• 

herigen  Hausfreunde  und  Schmarotzer  der  Familie  ziehen 
nicht  mit :  sie  finden  Vorwände  sich  zu  entziehen :  mit  zieht 
die  Hoffnung  und  die  Treue,  die,  wie  man  weisz,  über- 
haupt eine  seltene  Erscheinung  ist,  sie,  welche  als  Candida 
anima  jeden  Aufputz  und  Farbenjiufputz  verschmäht,  nur  den 
weiszen  und  den  einfachsten  Mantel  trägt.  Das  bedeutet 
panniis  (eine  riiis  resfis,  trita  braucht  sie  nicht  zu  sein).  Die 
Stelle  aus  Horaz,  wo  es  von  dem  Mantel  des  Diogenes  ge- 
sagt ist,  im  Gegensatz  ein  feines  Kleid,  epist.  I,  17,  32,  ist 
bekannt:  alter  Mileti  lextum  cane  peius  et  angvi  vitahit 
chlami/dem ,  morietur  fHijore  si  non  rettuleris  pannum.  Auch 
das  abnegat  ist  trefflich :  denn  auch  daran  hat  man  Anstoss 
genommen:  nicht  etwa  zu  verstehen  se  abnegat^  sondern  das 
ganz  natürliche  comitem  te  altnegat.  Wenn  die  arme  Fortuna 
auszieht,  so  sagen  alle  übrigen  alsbald:  wir  bedanken  uns 
dafür  in  deiner  Begleitung  zu  gehen,  an  dir  einen  Weg- 
gesellen zu  haben,  dessen  wir  uns  nur  zu  schämen  hätten, 
malam  fortiinam  comitem  abrwgant,  nur  Spes  et  Fides  iilam 
comitem  non  abnegant.  Es  wäre  noch  ein  Wort  über  die 
rara  Fides  zu  sagen.  Ich  weisz  kaum  ob  es  nöthig  i8t  zu 
sagen,  es  sei  ein  Verschwimmen  der  Personification  mit  dem 


zu   ODE  I,   35.  LXVII 

Be^ff  oder  der  Sache.  Ich  weisz  nicht  ob  dieses  auch  nur 
80  stark  ist  als  in  den  Stellen  1 ,  24 ,  6  Ergo  Quintilium 
perpetuus  sopor  Urget?  cui  pudor  et  iustitiae  soror,  incor- 
mptaßdes^  nudaque  veritas  guando  ullum  inveniel  parem? 
Und  I,  18,  16  saeva  tene  cum  berecyntio  Comu  tympanay 
(juae  subsequitur  caecus  amor  suiy  Et  toUens  vacuum  plus 
nimio  gloria  verticem  Arcanigue  ßdes  prodiga^  perlucidior 
ritro.  Ich  nehme  das  rara  Fides  wie  rara  Occasio  bei  Au- 
sonius  epigr.  XII  „iVi  simulacrum  Occasiom's*' :  Sum  dea,  quae 
rara  et  paucis  Occasio  nota ,  also  eine  Gottin,  die  sich  selten 
unter  den  Menschen  sehen  lässt.*) 

Das  Schwierigste  ist  die  Strophe  17 — 20,  Bedeutung 
und  Darstellung  ({^r  Necessitas.  Als  was  tritt  sie  auf?  Ich 
kann  nicht  umhin  zu  sagen:  auch  hier,  wenn  man  die  Worte 
auf  sich  ohne  weiteres  wirken  läszt,  wird  man  sogleich  die 
Vorstellung  haben:  als  ein  Scherge.  Das  wird  wol  zuerst 
(ladurcli  herbeigeführt,  dasz  die  Fortuna  von  Anfang  an  so 
sehr  als  Macht,  als  Herrin  auftritt,  dasz  der  Gedanke,  sie 
nun  plötzlich  als  eine  Dienerin  zu  denken,  als  eine  Dienerin 
des  Fatums,  denn  das  Fatum  soll  nun  Necessitas  nach 
Einigen  sein,  durchaus  fem  liegt.  Und  es  ist  nichts  ge- 
than,  diesen  Gedanken  uns  näher  zu  bringen.  Vielmehr 
zweitens  sind  auch  die  lusignien  und  Werkzeuge,  welche 
sie  trägt,  nicht  dahin  leitend;  im  Gegentheil.  Diese  sind 
zunächst  in  den  clari  trabales  und  cunei  Symbole  der  Ver- 
festigung: aber  mit  den  Worten  nee  severvs  uncus  abest  Uqui- 
dumque  plumbum  erwarten  wir  durch  die  Sprachwendung 
schon  nicht  nur  eine  adäquate  Aufzählung  von  noch  ein 
Paar  Werkzeugen  der  Verfestigung,  sondern  etwas  anderes, 
am  natürlichsten  in  Steigerung,  durch  die  Wendung  schon, 
aber  ganz  schlagend  durch  das  severus.  Wenn  mit  dem 
uncus  auch  nichts  anderes  als  nur  eine  Klammer  gemeint 
ist  neben  Nagel  und  Keil,  wie  sie  der  Maurer  braucht,  wa- 

*)  Sonderbar,  dasz  MartialLXXVIII  alle  drei  eben  genannte  Hora- 
zisc^  Stellen  vorschwebend  hatte  als  er  schrieb:  Ibis  litoreas ,  Macer, 
SaloTtaSn  Ibit  rara  fidcs  amorque  recti  Et  secum  comitem  trahet 
pudor em. 

E2 


LXVIII  ZV  ODE  I,  o5.  37. 

nun  heiszt  die  Klammer  gerade  severus?    nicht  aber  ,,d 
starke'^  oder  dergleichen:    sondern  mit  diesem  auf  mon 
lischeS;  menschliches  deutenden  Epitheton.    Den  uncus  blc 
als  Mauerklammer  hier  severus  zu  nennen,  das  hat,  ich  b( 
haupte  dies  dreist,  gar  keinen  Sinn:  demjenigen,  der  dei 
natürlichen  Zuge  der  Worte  folgt,  wird  es  auch  gar  nicl 
in  den  Sinn  kommen.    Sondern  er  wird  den  uncus,  womi 
der  Leichnam  geschleppt  wird,  verstehen,  und  dann  unte 
liquidum  plumbtim  —  sei's  ein  AVerkzeug  der  Tortur  —  odei 
wozu  ich  viel  mehr  neige,  das  liquidum  plumbum,  mit  den 
die  vincuia,  die  Ketten,  verlothet  werden.    Also  wir  habei 
einen  unerbittlichen  und  auch  zu  grausamster  Strafausführunj 
ausgerüsteten  Schergen.     Ein  solcher  Scherge  ist  römiscl 
gedacht,  und  so  schreitet  er  voran,  ein  Lictor.    Als  Zeicher 
ihrer  Maeht  und  höchster  Gewalt,  welclie  stets  streng,   ofi 
strafausführend  zu  walten  hat,  geht  der  Fortuna  der  Lictoi 
Necessitas  voran.    Das  will  ich  nicht  bestimmt  behaupten, 
aber  mir  schwebt  es  immer  vor,  dasz  auf  Haken  und  Ketten 
hier  Horatius  verfiel  in  Anschlusz  au  die  eben  geschilderte 
Scene  des    durch  den  Volksaufstand   gestürzten  Tyrannen, 
dessen  ferneres  Schicksal  sein  wird  und  uns  noch  durch 
diese  Worte  angedeutet  vor  die  Phantasie  tritt,  mit  dem 
imrus  geschleift  oder  in  Ketten  geschmiedet  zu  werden. 

Ifi  einem  solclien  Gedicht  darf  man  auf  Kühnheiten  in 
der  Sprache  gefaszt  sein.  Dahin  rechne  ich  das  mortale 
corpus^  V.  3,  ungewöhnlich  angewendet,  x^vrjtov  aiTßua,  einen 
sterblichen  Leib,  für  homiiiem  mortulem.  Und  das  amici 
feiere  iuqum  pariter  dolosi  V.  28 :  ad  iiigum  pariter  ^ferendum 
dolosi  wenn  es  gilt  das  Joch  mitzutragen  voller  hinterlistiger 
Ausflüchte. 

Od.  I,  37  Nunc  est  bibendum  — 

V.  10  contamifiato  cum  grege  turpium  morbo  virorum. 
—  Dasz  Horaz  die  unangenehme  Sache,  nicht  zufrieden  mit 
dem  cofitamiriatus  und  turpis,  noch  einmal  mit  morbo  sollte 
ausgedrückt  haben,  dasz  er  sein  hinreichend  bezeichnetes 
iurpiutn  noch  selbst  sollte  erklärt  haben  durch  das  morbo^ 


zu  ODE  I,   35.  37.  LXLX 

und  dazu  mit  einem  im  ersten  Fnsze  gesetzten  und  zum 
Nachdruck  herausfordernden  morho,  das  haben  ausgezeich- 
nete Männer  sich  nicht  wollen  aufreden  laszen.  Sie  empfan- 
den geschmacklos  starkes  Auftragen  und  stjiistisches  Unge- 
schick oder  Unschicklichkeit.  Vielleicht  ist  morbo  Glossem : 
turpiumj  nämlich  ^ morbo  turpium ,  erklärte  einer.  Und  es 
hiesz  ursprünglich  contamiiiato  cum  grcge  turphnn  auda.v  (oder 
prorajc)  viromm,  Bentley  freilich  findet  auch  das  virorum 
anstuszig.  *  Virorum  nomine ,  nisi  fuUor^  non  diynaretur 
Eunuchos:  qui  semiviri potius  vel  feminae  vel  moiustra  dicendi 
erani,  hoc  sa/tem  in  loco ,  cum  eos  exserrarptur  et  contemtui 
haberei!  *  Nun  ich  weisz  doch  nicht :  sie  war  so  wahnsinnig 
(dement/s  ruinös) y  dasz  sie  wagte  dreist  oder  muth willig 
herausfordernd  zu  sein,  nicht  etwa  umgeben  von  tapferen 
energischen  Männern,  sondern  inmitten  einer  unzüchtigen 
Schaar  schimpflicher  Männer.  Bei  Aufnahme  einer  passen- 
den Lesart  habe  ich  Bentley  die  Ehre  geben  wollen  und 
habe  sein  Opprobriorum  geschrieben :  welches  zu  dem  ron- 
taminattis  und  lurpis.  die  allerdings  zunächst  ihre  körper- 
liche Beschaffenheit  kennzeichnen  sollen,  noch  den  vollen 
Ausdruck  moralischer  Indignation  hinzubringt. 

14  mentertique  h/mphutam  Marrotico  redegit  in  rcros 
tiinores^  'ihren  Geist,  der  voll  ihres  süssen  Weines  sich  in 
phantastischen  Bildern  der  Hoffnung  erging,  brachte  er  zu- 
rück in  die  Wirklichkeit  der  Furcht',  oder  in  die  Furcht,  ' 
die  eine  wirkliche,  und  nicht  wie  ihre  Hoffnung  eine  i)han- 
tastische  war.  Wenn  der  Mareotische  ohog  xalliaToc  im  ein- 
zelnen so  beschrieben  wird  (Athen.  1,  59  S.  3'^.)  ^levAog 
zeyag  xai  ridix,  bI' Ttvovc,  euavddorog,  Xerttoc,  xefpalrjg  ov  xai'>- 
tx>oL'iieyogj  so  ist  das  ein  rechter  Frauenwein,  ein  recht 
verführerischer  Wein  für  eine  Frau:  und  das  Gehirn  einer 
zechenden  Frau  anzugreifen  wird  er  schon  vermocht  haben. 

24  nee  lalentis  clugse  cita  reparavil  oras.  Peerlkamp  sagt : 
'Ciasse^  dicuntj  pro  una  nave.     Viri  docli  de  eo  saepe  eycrunt^ 
ut  ad  Lucan.   VIII,  575.     Frontin,  IV,    7.     Flotntm  /,    18. 
Sueton.   Caesar  39.     Hoc   ita    sit   in   aiiis  poetarufn    locis, 
quamquam  de  multis  haud  immer ito  dubitari  possit:  hoc  loco 


LXX  ZU   ODE   I,   37. 

ea  siijnißcaUo  admitli  von  rede  potesL  PauUo  enhn  m 
Cleopairae  viw  una  navis  fuit  sospes  de  magna  cloi 
Ntinc  eadem  non  bene  dicerelur  ctta  vlasse  Aegypti  m 
riora  petere.  Xeque  oras  reparavif  pro  adiit  Latm 
est,  hl  gen  tose  Bentleius  penetruvity  idque  exemplfs  api 
shnis  coinmendat,  qnihus  alia  addere  possim,  r,  c,  Flori  I 
22  de  Sertorio.  Hier  miisz  man  jedem  Worte  beistimnu 
bis  auf  das  eine,  dasz  non  rede  und  non  bene* gesagt 
für  das  was  'unmöglich'  ist.  Ja  noch  mehr :  auch  wenn  ^ 
keine  Flotte  hätten,  sondern  ein  SehifiF,  was  wir  erreich« 
konnten  indem  wir  für  Hasse  schrieben  pappe,  wäre  eb» 
so  wenig  geholfen.  AVo  sollte  sie  denn  hinfahren  mit  de 
schnellen  (citus  obenein,  was  noch  ganz  etwas  anderes! 
als  veloa;)  Schiff? 

Sehen  wir  auch  in  den  Text,  so  hat  August  sie  an  ifa 
Küste  getrieben:  mit  V.  31  sind  wir  auf  Aegyptischem  Bodi 
und  es  heiszt  nun  weiter  mit  sehr  deutlicher  Beziehung  a 
historische  Ueberlieferungen :  hier  hatte  sie  zwei  Wege,  de 
Ketten,  die  Augustus  ihr  drohte,  zu  entgehen :  entweder  sie 
den  Tod  zu  geben  —  dies  versuchte  sie,  es  ward  ihr  ab< 
das  Schwert  entriszen  (Plut.  Anton,  79)  —  oder  um  den  Pre 
der  Aufgabe   ihrer  Königswürde   in  verborgene  Gegende 
sich  zurückzuziehn.    Dies  verschmähte  sie  nach  Horaz:  - 
der  in  diesem  Punkte  anders  spricht  als  die  Historiker,  ebei 
so  wie  da,  wo  er  sie  nur  mit  wenigen  öchifiFen  von  Actioi 
entkommen  läszt  —  aber  die  Sache,  der  Gedanke  an  /a/« 
tes  oras  ist  von  den  Historikern  bezeugt,  nur,  wie  gesag* 
dasz  nach  diesen  sie  den  Versuch  wirklich  machte:  praepa 
rata  in  Oceamnnjuga  Flor.  IV,  S.  usiaaraaig  üg  ttjv  Iqv&qci 
x^akaaaav  Dio  51,   6.  f'^tü   yiaTOixeiv  an;oq)vyovaa    dovlsia 
xai  noXe^iov  Plut.  Anton,  69.   Sie  wollte  in  das  rothe  Mee 
gelangen:    indem  sie   nach   Einigen  ihre  Schiffe  über  dei 
Isthmus  von  Suez  zu  ziehen  begann  (Plut.  Anton.  69»,  nacl 
Andern  (Dio  51,   7)    im  Arabischen  Meerbusen  zu  diesen 
Zwecke  Schiffe  erbaute.     Jeder  Versuch  der  Art  erfordert« 
Umstände  und  Zeit:  und  es  kann  dabei  von  classe  cita  ode 
nuüis  cita  nicht  die   Rede   sein.     Ich    kann    nicht   ander 


zu  ODE   I,   37.  LXXI 

glauben  als  dasz  hier  wieder  schlechte  Ausfüllung  einer 
Lücke  ist.  Es  läszt  sich  vielerlei  Passendes  ausdenken. 
Ich  habe  geschrieben  re  trepida  penetravit  oras.  Denn  was 
das  penetravit  anbetrifft,  so  hat  auch  davon  Peerlkamp  ganz 
richtig  gesagt,  dasz  Bentleys  Beispiele  dafür  sehr  passend 
sind:  man  sehe  sie  ja  nach.  —  Meinekes  Vorschlag  über 
den  Vers  Vp  quo  nihil  adhuc  prolatum  est  quod  probari 
possif  ist  soUicitare  paravit  oras  i,  e,  non  instituit  inferiores 
regni  partes  ad  bellum  renovandum  instigare'  Allein  dies  hat 
gegen  sich,  dasz  es  ja  keine  Groszthat  ist,  kein  Beweis  von 
Energie,  den  Versuch,  die  Innern  Völker  zum  Kriege  auf- 
zuregen, nicht  zu  machen.  Sodann  dasz  ein  zu  unange- 
nehm klingender  Vers  entsteht  soUicitare  \  paravit  \  oras. 
Kein  gleich  gebildeter  Vers  ist  in  den  Horazischen  Alcäischen 
Strophen  vorhanden.  Der  ähnlichste  ist  II,  1,  36  quae  caret 
ora  cruore  nostro :  gewisz  auch  kein  guter  Vers  —  übrigens 
in  einer  von  Ritschi  aus  andern  Gründen  für  verdächtig 
erklärten  Strophe:  —  doch  um  vieles  noch  beszer  als  der 
unsrige,  weil  der  ei-ste  Theil  noch  Wortabschnitte  bildet, 
welche  den  Einschnitt  nicht  so  stark  ins  Ohr  fallen  laszen 
als  wenn  das  einheitliche  Wort  gerade  dahinter  die  erste 
Möglichkeit  eines  Halts  gewährt ;  und  ein  guter  Leser  wird 
gewisz  in  jenem  Verse  die  früher  gegebene  Möglichkeit  wol 
benutzen,  durch  einen  recht  hörbaren  Halt  hinter  quae.  Alle 
übrigen  Verse,  die  überhaupt  hinter  der  fünften  Silbe  einen 
Halt  haben,  sind  ganz  anders,  sei  es  durch  den  Sinn,  sei  es 
rhythmisch  gegliedert.  (Im  zweiten  Theil  meistens  Wortab- 
schuitt  bei  der  Hebung  in  der  siebenten  Silbe.)  Da  sie  mir 
vorliegen,  so  will  ich  sie  sämmtlich,  auch  die  mit  Synalöphe 
an  der  Stelle,  hersetzen  :  und  zwar  nach  der  Reihenfolge  der 
Oden,  weitre  Unterscheidung  bei  der  überhaupt  kleinen  Zahl 
der  Einsicht  des  Lesers  überlassend. 

I,  9,  7  0  Thaliarche  merum  diota.  10,  12  luppiter  ipse 
ruens  lumultu.  In  der  zwar  zweifelhaften  26,  12  teque  tuas- 
que  decet  sorores.  35,  36  liquimus?  unde  manuin  iuventus. 
—  n,  1,  24  praeter  atrocem  animum  Catonis.  36  jenes  quae 
varet  ora  cruore  ?iostro.    3,  8  interiore  nota  Falerni.     7,  24 


LXXII  ZU  ODE  I,   38.   II,    1. 

deproperare  apto  Coronas,  13,  9  hospttfs,  We  venena  Cohhm 
16  caeca  timetvn  aliunde  fata.  17,  8  (von  Horaz  oder  niohti 
integer^  ille  dies  iitrumque.  —  III,  2,  32  deseruit  pede  poent 
ciaudo  (vielleicht  malerisch).  29,  32//i.v  trepidat:  quod  adeti 
memento,  —  IV,  4,  76  expediunt  per  acuta  helU.  9,  9  Ste^ 
sichorique  (jraves  Camenae, 

Od.  I,  38  Persicos  odi  — 

V.  6  simpUvi  ini/rto  nihil  adlahores  sedulus  curo.  Ich 
kann  dies  niclit  für  richtig  halten,  Meinekes  Versuch  e» 
zu  rechtfertigen  ist  wol  künstlich.  'Sollte  es  verdorben  seia 
80  sei  das  beste  Peerlkamps  Vorschlag  sedulus  curae.  Dies 
scheint  mir  auch. 

Od.  II,  1  Motuni  ex  Metello  — 

Diese  Ode  ist  von  Ritschi  behandelt  worden  im  Rhein. 
Mus.  1S50  S.  62S  ff.,  trefflich  ^vie  sich  versteht  und  sehr  entschie- 
den gegen  den  'tief  eingefressenen  Rost  des  Schulvorur- 
theils  von  der  intacten  Ueberlieferung  Horazischer  Poesien*. 
In  unserem  Gedicht  hat  er  drei  Strophen  für  unecht  erklärt, 
die  dnitefpaullum  sererae  —  j,  die  siebente  (Tuno  etdeorum — ) 
und  die  vorletzte.  Was  nun  zunächst  die  vorletzte  betrifft, 
80  ist  alles,  was  er  sagt,  vollkommen  unwiderleglich,  was 
er  sagt  von  der  pedantischen  nichtssagenden  Aufzählung, 
von  der  Logik  und  scharfsinnigen  Unterscheidung,  wonach 
das  Wasser  eingetheilt  >vird  in  1)  Strudel,  2)  Flttsse,  3) 
Meere  und  4)  Küsten,  alles  eben  so  treffend  und  sicher 
als  in  der  humoristischen  Energie  des  Tones  erquicklich. 
Als  Zugabe  macht  er  dann  die  Bemerkung,  dass  die  über- 
wiegende Ueberlieferung  für  qui  yuryes  (gegen  quis  gunjes) 
ist,  und  wenn  der  Urheber  der  Strophe  qui  gurges  geschrie- 
ben haben  sollte,  dasz  dies  verrätherisch  sei,  man  möge 
ein  solches  qui  für  qualis  nehmen  wollen  oder  es  nach  dem 
Sprachgebrauch  des  Horaz  selbst  und  des  hier  in  Betracht 
kommenden  Literaturkreises  messen,  die  nur  quis  in  allen 
solchen  Fragen  kennen.    Wir  hatten  soeben  auch  noch  bei 


zu  ODE  II,    1.  LXXIII 

Ode  I,  37  auf  den  nicht  unbedenklichen  Bau  des  Verses 
qvae  caret  ora  cruore  nostro  aufmerksam  zu  machen.  Auch 
fllr  die  Strophe  hino  et  deorum  —  weiss  ich,  je  mehr  ich 
mich  damit  beschäftige,  um  so  weniger  zu  i)laidiren.  Dasz 
alle  die  Opfer,  welche  den  Staat  dem  Untergang  nahe 
brachten,  wie  die  nächste  Str(»phe  ausführt,  nur  sollten  ihren 
Grund  haben  in  einem  Racheopfer  für  einen  Jugurtha  (Horaz 
weisz  sonst  ganz  andere  Grtlnde  beizubringen)  —  allerdings, 
wie  gesagt,  je  mehr  ich  versuche  es  zu  überdenken;  desto 
unhaltbarer  erschien  es  mir.  Dabei  aber  habe  ich  dann  die 
Frage  aufzuwerfen,  ob  der  plötzliche  Uebergang  nach  praeter 
otrocem  animum  Catonis  —  auf  quis  non  latino  samjuine  phi- 
guior  —  nicht  einen  Zwischengedanken  vermissen  lasse, 
wie  den:  und  überhaupt  mit  welchen  traurigen  Opfern  war 
es  uns  bestimmt  diese  Unterjochungen  zu  erkaufen!  Das 
liegt  ja  freilicli  auch  in  der  Strophe  qufs  non  —  implieirt : 
aber  die  Frage  ob  nicht  ein  schroffer  Uebergang  entstehe, 
wird  man,  hoffe  ich,  nicht  unberechtigt  finden.  Auch  viel- 
leicht nicht  die  andere:  ob,  wenn  die  traurigen  Opfer  von 
Bürgerzw^etracht  und  Bürgerblut  nur  in  einer  Strophe  be- 
handelt sind,  dann  das  Abbrecfhen  mit  sed  ne  —  nicht  zu 
rasch  käme.  Die  Kenia,  die  jetzt  abgebrochen  wird,  hat 
dann  nur  eine  Strophe  eingenommen.  Ich  würde  also  ge- 
neigt sein,  anzunehmen,  wozu  ich  auch  an  einigen  andern 
Stellen  gedrängt  worden  bin,  dasz  die  nicht  echte  Strophe 
luno  et  deorum  —  eine  Parallelstrophe  zu  einer  echten 
Horazischen  Strophe  sei,  welche  durch  jene  verdrängt  wor- 
den. Aber  eine  Vertheidigung  der  dritten  Strophe  müehto 
ich  versuchen  auf  folgende  Art.  *)  Das  Beiwort  severa  zu 
(ragoedia  ist  gerade  deshalb,  weil  eine  Tragödie  nie  anders 
als  ernst  sein  kann,  ein  charakteristisches,  ihre  eigenthümliche 
und  hohe  Natur  kurz  bezeichnendes.  Ebenso  kann  sie  unter 


♦)  Eine  Umstellung  derselben  nach  der  folgenden,  um  den  Namen 
Polio  nicht  so  spät  zu  bringen,  wenn  es  für  nöthig  erachtet  wird,  hätte 
kdn  Bedenken.  In  Ode  IV,  2  steht  jetzt,  nachdem  das  lule  entfernt 
igt,  der  Name  des  Angeredeten  in  V.  2ß. 


*.    ■i'ti/n/f>  l.i.'>/.i. !. :    w  01111  « 
.i^r.   wii-'^t   «l'i  /u   «Iriuer  i 
..ir   LiM^ituiiir    /iiriickkci.ri' 
.     .    ,rr:u'u'  in    (irr    onistou   ui 
j>    :r,i>/.iiilriickrn  tra.iioii  die; 
■    U".;  >««n'^tiL'cii  Diclituiiirsartc 
\  '■/•■..//•'    nminis    clKirakter 
^  '       :>i".  roil'iui.::. 
-    •.  •.-.ii;    rr.i-iHilit*   sirli    ir.if  kurz 
>  iltf  i'>  wirklirh   so    iuMu-iiV 
•  "A*  Tra-i<cli(.' hiclitcrlie-alnini: 
^v  -virV.  ilasz  s  v  i  n  u  Mii-^c  •^oinvii; 
A  '.*  IiOirrirt'  Von  Musu  sicli  nitnli 
■'■\\  ileu  Z^salllllK'llllan;L^    imloii 
:  f'.w  ihm  .iri's]»r(M-lieii  winlV 
,  ./iIk'U,    ilass   die  (loschiclitseliiei 
....  ciirireircnircsutzt  wird,  küniR'  1>e 
i^'/Jy    jnihh'nis    res   heliaiuleliul 
\'i«ri:äii.i:'e    des   Stats,   der  Dipl«» 
„ -iviii*  I*<>et    bidiaiidelt    /au'    fSoyii 
K^A\^\<:\,  und  p'ittlielifs   S(diii-k>al. 
.  h/i  OS   also,    (»rdnot   er  die  Stals- 
>-,v:rd  das  rulie  Material  duroli  seine 
.  '.liin,:r  (^rdimn::'  irewinnon.     Iiidom 
\\\x\\s    den    man    vom    praktistdien 
^^.,  ■•.  könnte,  kommt  diese  Vorstellnn.:: 
.  .%■  vos  ordinaris  *  überaus  prosaisidi' 
h/:!  nicht  .sa«:'on:  dass  es  immer  noch 
•\-ll  ich  ni<dit   streiten.     Indessen  — 
'  .kt,  auf  welehem  mir  Kinstimmunu 
'.•»ionilioh    erwiins(dit  sein  würde  — 
,^>os  dediolites   nieht    pr(»8aisehV    die 
•i  ein  kleines  weui^^crV  Ist  es  iiiidit 
^;  ;>ei  der  ersten,  man  denke  hei  der 
■  -oml  ein  Frairment  eines  ( Jrieehisehen 
.  »adot  form  lieh  auch  hier  einen  Schrei*k 
Tud    daran    muss    man    sieh    bei 


zu  ODE   U,    1.   3.   4.  LXXV 

Horaz  doch  auch  gewöhnen.  Man  muss  sich  gewöhnen,  den  poe- 
tischen Maszstab  für  ihn  nicht  zu  hoch  zu  stellen  und  mitunter 
auf  bedeutenden  Abfall  gefaszt  zu  sein.  In  diesem  Gedicht; 
wie  ich  glaube  (vgl.  zu  1, 15)  durch  Rücksichten  der  Höflichkeit 
abgepreszt  sind  die  ersten  vier  Strophen  ohne  Plastik,  ohneGe- 
fflhlsausdrucky  ohne  Gredanken.  Erst  mit  der  fünften  Strophe 
kommt  etwas  von  Plastik  hinein;  die  in  dem  Glanzpunkt 
des  ganzen  Gedichtes,  dem  empfundenen  und  gedachten 
Wort  über  Cato,  gipfelt.  —  In  V.  20  gibt  bekanntlich  die 
Ueberlieferung  das  unmögliche  audire  magnos  mm  v/deor 
duccs  (Reminiscenz  aus  Od.  III,  4,  6).  Ritschi  gab  seine 
Conjectur  sudare  video.  Nach  ihm  hat  man  erfunden  anteire. 
Also  Horaz  hatte  nöthig,  ein  grosses  Geschichtswerk  abzu- 
warten, um  die  Feldherren  vorangehen,  ich  will  noch  eine 
Concession  machen,  voranschreiten  zu  sehen !.  Natürlich  hat 
Ritschi  auch  V.  5  Bentleys  tincta  für  imcia  geschrieben. 

Od.  II ,  3  Aequum  memento  — 

V.  9  fiF.  (juo  pinus  ingens  albaque  popuhis  umbram  kospi- 
taiem  consociare  amant  ramisf  quid  oblique  laborat  h/mpha 
fugax  trepidare  rivof  huc  —  So  lautet  mit  diesen  Frage- 
zeichen, deren  Wunderlichkeit  Meineke  und  Haupt  gewiss 
empfanden  als  sie  sich  dazu  entschlossen,  die  Strophe  bei 
ihnen  und  Andern.  Die  Ueberlieferung  hat  statt  quo  auch 
qun^  und  variirt  sehr  in  quid  (so  auch  2  Blandinii),  mit 
qMod,  quo  und  noch  anderem.  Mir  ist  auch  das  nachschlep- 
pende ramis  immer  störend.  Ich  habe  geschrieben:  quo 
prnus  ingens  albaque  populus  umbram  hospitalem  consociare 
amant,  errans  ubi  obliquo  laborat  lympha  fugax  trepidare  rivo, 
huc  —  (dahin,  eo  —  III,  1,  34.  Epod.  XVI,  59.) 

Od.  II,  4  Ne  sit  ancillae  — 

'Schäme  dich  nicht  eine  Sklavin  zu  lieben:  auch  Achill, 
Ajax,  Agamemnon  haben  ob  ihrer  Schönheit  Sklavinnen  ge- 
liebt, Briseis,  Tekmessa,  Kassandra.  Ja,  wird  man  sagen, 
aber  das   waren  Königstöchter.    Vielleicht    dasz    auch    die 


LXXVI  ZU   ODE   II,   4. 

Eltern  deiner  Phyllis  hocligestelltc  Leute  sind,  welche  di 
zur  Ehre  gereichen:  jedenfalls  hat  sie  über  Verlust  da 
königlichen  Geschlechts  und  über  Unbill  der  Penaten  zi 
trauern/ 

Wie?  Gleich  von  königlichem  Geschlecht  muss  sie  seint 
Jedenfalls  doch  von  königlichem?  Und  lilier  Unbill  dei 
Penaten  hat  nicht  nur  der  zu  khigen,  den  sie  aus  könig- 
lichem Hause  nicht  vor  Unbill  schützen,  sondern  ein  jeder, 
der  aus  freiem  Hause  zum  Sklaven  wird.  Und  warum  kann 
er  denn  nicht  wissen,  wer  ihre  Eltern  seien?  Kann  er  sie 
nicht  fragen?  Für  diesen  Punkt  müssen  wir  also  die  An- 
nahme machen,  dass  der  unwahrscheinlichste  Fall  vorausge- 
setzt und  ganz  implicite  uns  heraus  zu  ahnen  überlassen 
wird:  sie  sei  als  kleines  Kind  etwa  geraubt,  so  dass  sie 
selbst  ihre  Eltern  nicht  kennt.  Grade  in  eine  solche  hat  er 
sich  verliebt. 

Doch  wie?  Eben  war  sie  königliclien  Geschlechts  und 
nun  mit  einem  Mal :  *glaube,  dasz  sie  nicht  aus  der  verwor- 
fenen Plebs  und  von  einer  uukeuschen  Mutter  stammt.*  Wie 
soll  sich  denn  diese  rückgängige  Bewegung  an  das  Vorige 
anschlieszen?  Der  blosze  starre  Imperativus  crede  sagt  uns 
darüber  nichts:  und  doch  hätten  wir  das  allergröszte  Recht 
zu  erwarten:  'wie,  du  glaubst  nicht  an  (bis  königliche  Ge- 
sclilecht?  Nun  so  darfst  du  doch  dessen  vei-sichert  sein, 
dass  —\  Wir  hätten,  sage  ich,  das  allergröszte  Recht  zu 
erwarten,  dasz  irgendwie  so  etwas  im  Ausdruck  —  und 
wäre  CS  selbst  nur  durch  eine  Partikel  —  zur  Erscheinung 
käme.  — 

'Und  schön  finde  ich  sie  auch:  und  du  kannst  mir 
glauben,  dasz  ich  das  aus  Ueberzeugung  sage,  nicht  etwa, 
wozu  bei  mir,  der  ich  bereits  das  vierzigste  Jahr  hinter  mir 
habe,  kein  Verdacht  ist,  weil  sie  mir  Concessionen  ge- 
macht liat.* 

AVanun  muss  denn  so  ernstlich  versichert  werden,  dasz 
sie  schön  gefunden  wird?  Man  hätte  nach  der  vierten 
Strophe,  angeschlossen  an  die  Trojanischen  Sklavinnen,  die 
wegen  ihrer  Schönheit  geliebt  wurden  (niveo  colore  — forma\ 


zu  ODE  II;  4.  LXXVlf 

glauben  sollen,  dasz  sie  ungewöhnlich  schön  gewesen  und 
dasz  eben  ihre  königliche  Schönheit  zu  der  Ueberzeugung 
verleitete,  dasz  sie  königlichen  Geblüts  sei.  Wenn  das  nicht 
aus  dem  Eindruck  ihrer  königlichen  Schönheit  gesclilossen 
war,  woraus  denn?  Nun,  aus  ihrer  Tugend.  Die  soll  ja 
aber  nur  dafür  gut  sagen,  dasz  ihre  Mutter  keine  Hure 
war.  —  Kurz:  ich  komme  aus  diesen  Cirkeln  und  Unklar- 
heiten nicht  heraas.  Und  —  was  damit  zusammenhängt  — 
ich  weisz  nicht,  was  Ernst,  was  Spasz  ist:  während  ich 
doch  wohl  glaube,  für  den  Horazischen  Humor  sonst  em- 
pfänglieh zu  sein.  Es  thäte  nemlich  noth,  jeder  einzelnen 
Strophe  beizuschreiben :  dies  soll  Ernst,  dies  soll  Spasz  sein. 
Denn  allerdings  die  ersten  Strophen,  der  Vergleich  der 
anciUa  mit  jenen  heroischen  Königstöchtern  sieht  nach  Spott 
aus.  Aber  gewisz  für  die  beiden  letzten  Verse  hört  jedes 
Zeichen  dafür  auf,  —  nachdem  in  der  vierten  die  obigen 
unerträglichen  Wunderlichkeiten  das  Fortschreiten  hemmten, 
freilieh  auch  schon  die  dritte  Strophe  hier  zur  Unzeit  kam, 
welche  man,  wenn  man  überhaupt  sonst  meinen  könnte,  ein 
Horazisches  Product  vor  sich  zu  haben,  vielleicht  entfer- 
nen mttsste. 

Einige  Herausgeber  wissen  es  mit  überraschender  Fein- 
föhligkeit  ganz  genau:  schön  müsse  die  aitrilla  wirklich  ge- 
wesen sein:  sonst  verliere  das  Gedicht  alle  Anmuth:  aber 
alles  Uebrige  sei  ironiscR.  Die  vorletzte  Stroi)he  besage,  dass 
sie  untreu  und  habsüchtig  war. 

Ich  möchte  eigentlich  glauben,  dasz  der  Verfasser  das 
Gedicht  ernst  gemeint  tmd  dasz  die  humoristisclic  Färbung 
seiner  Ungeschicklichkeit  verdankt  wird :  dasz  er  z.  B.  nicht 
fbblte,  dasz  der  Vergleich  mit  den  heroischen  Königstöchtern 
komisch  ist,  wenn  er  nicht  humoristisch  sein  soll.  Doch 
sicher  kann  man  das  nicht  wissen.  —  Eben  hatte  ich  dieses 
niedergeschrieben,  als  mir  Westphals  Paraphrase  (humoristi- 
sche Lyrik  des  classischen  Alterthums,  1868.  S.  101)  in  die 
Hände  fiel:  aus  dem  Grossen  gemacht  wie  sie  ist  bestätigt 
sie  für  mich  durch  scheinbar  kleine,  aber  sehr  wesentliche 
Aenderungen  wie  sie  sich  ohne  Zweifel  bewusztlos  ihm  ein- 


LXXVm  zu  ODE  II,   4.   5.   6. 

gestellt,  dasz  ich  die   Ungefügigkeiten  des  Originals  recht 
gesehen.    Ich  setze  seine  Paraphrase  her. 

Schäm*  dich  nicht,  dasz  deine  Sklavin   dir  dein  Herz  gefesselt  hält! 

Von  der  blonden  Magd  Briseis  ward  besiegt  Achill,  der  Held; 

Seiner  Magd  Tekmessa  Schönheit  rührte  den  Telamoniden; 

Die  gefangene  Kassandra  schlug  in  Fesseln  den  Atriden, 

Als  die  Beihen  der  Barbaren  müde  sanken  in  den  Staub. 

Als  nach  Rektors  Tod  die  Feste  Trojas  ward  der  Flammen  Raub. 

Traun!  du  wirst  mit  einem  edlen  Schwiegenator  noch  beglückt! 
Kann  es  nicht  ein  fürstlich  Haus  sein,  dem  das  Schicksal  sie  entrückt? 
Glaube  nicht,  dass  sie  die  Tochter  einer  niedern  Mutter  sei; 
Nein,  sie  stammt  nicht  aus  dem  Pöbel,  die  dich  liebt  so  herzlich  treu ! 
Welche  Wange!  welche  Wade!  welche  Miene!  welch  ein  Haar! 
Aber  sei  nicht  eifersüchtig,  denn  ich  bin  jetzt  vierzig  Jahr. 

Od.  II,  5  nondiim  subacta  — 

Dasz  die  beiden  letzten  Strophen  ganz  fremdartig  sind 
musz  sich  doch  wol  von  selbst  verstehen. 

Od.  II,  6  Septimi  — 

Dasz  diese  Ode,  seihst  wenn  der  huloctus  Cantaber  inga 
ferre  nostrn  in  Zweifel  laszen  sollte,  geschrieben  sein  musz, 
ehe  Horatius  sein  Sabinum  hatte,  ist  unzweifelhaft.  Es 
heiszt  also:  'Septimus,  der  du  mir  geäuszert,  wohin  auch 
immer,  auch  in  die  fernsten  Gegenden,  ich  mich  zu  wenden 
Lust  hätte,  du  wollest  dich  von  mir  nicht  trennen,  Tibur 
möge  mir  der  Sitz  für  mein  Alter  sein  und  meine  Wohnung 
(domus),  wenn  ich  ermüdet  sein  werde  von  Meer  und 
Wegen  und  Kriegsdienst.  Sollten  aber  die  feindlichen  Far- 
cen dies  versagen,  so  will  ich  von  Tibur  nach  Tarent  gehen, 
wo  es  noch  schöner  ist  und  der  lieblichste  Winkel  auf  der 
Erde  den  ich  kenne'.  —  Ein  jeder  musz  sich  doch  sagen 
dasz  in  der  zweiten  Strophe  steht:  'o  möchte  für  meine 
alten  Tage,  wenn  ich  —  müde  geworden,  Tibur  das  Asyl 
sein!'  Wie  kann  er  denn  aber  gleich  mit  dem  Alter  ins 
Haus  fallen?  Es  würde  doch  verlangt  werden:  Tibur  ist 
ein  Ort,  an  dem  ich  jetzt  weilen  möchte  (oder  weile)  und 


zu   ODE   II,   6.  LXXIX 

noch  in  meinem  hohen  Alter  weilen  möchte.    Es  bleibt  also 
bei  dieser  unbefriedigenden  Strophe  anzumerken,  dasz  domus 
auf  bloszer  Conjectur  beruht,  gegen  die,  wenn  durch  sie  dem 
Sinne  genügt  würde,  allerdings  nichts   einzuwenden  wäre. 
Die  üeberlieferung  ist  modus.    Nun  aber  der  Fortschritt,  wie 
er  oben  ganz  richtig  und  nicht  übertrieben  angegeben  wor- 
den, ist  lacherlich.    Wer  hindert  ihn  gleich  nach  Tarent  zu 
gehen?    Warum  musz  er  erst  warten,  dasz  die  Parcen  ihn 
Von  Tibur  wegtreiben,   um  an  diesen  schönsten,  ihm  lieb- 
lichsten  Ort    zu    gehen,    die    Parcen  die   ja    dann    wahr- 
lieh nicht  intguae  sein  würden,   sondern  ihm  einen  groszen 
Liebesdienst  erweisen?     Es  musz  nach  der  ersten  Strophe 
eine  grosze  Zerstörung  vorgegangen  sein.    Es  war  dort  ent- 
weder eine  Anzahl  Verse  verloren  gegangen ,  die  dann  aus- 
gefällt  wurde  durch  die  jetzige  zweite  Strophe  nebst  dem 
ersten  Verse  der  dritten.     Oder  wir  haben  eine  unverstän- 
dige Enveitening  aus  etwa  Folgendem ; 

Septimi,  Gades  aditure  mecum  et 
Cantabrum  indoctum  iuga  ferro  nostra  et 
barbaras  syrtis,   ubi  Maura  semper 
aestaat  unda : 

Sit  modus  lasso  maris  et  viarum. 
dulcc  pellitis  ovibus  Galaesi 
flumen  ut  regnata  petam  et  Laconi 
rnra  Phalantbo. 

Da«  Ganze  mit  dem  sehr  schönen  und  zarten   Schlusz  ist 
von  merkwürdig  ergreifender  Stimmung  für  den  jungen  Ho- 
ratius    und    ist  überhaupt  äuszerst  merkwürdig.      Horatius 
machte  also  damals  Oden,    und  indem   er  sich    hier  tutfes 
nennt  —  wie  er  doch  als  Satirendichtor  nicht  sich  nennen 
würde   —   zeigt  er  dasz  Odendiclitung  damals  vor   seiner 
»Seele  stand,  und  als   diejenige  Dichtung   vor  seiner  Seele 
stand,    die  er   in  der  gewünschten  Musze  fortzutreiben  sich 
vorstellt.    Es  scheint,  wir  haben  hier  wieder  einen  Fall,  wie 
die  Dinge  und  Conflicte  in  den  menschlichen  Gemüthem  an- 
ders gehen  als  in  den  Tabellen.    Es  scheint  doch  dasz  man 
sagen  musz:  Horatius  hat  in  der  nächsten  Zeit  als  er  nach 


LXXX  ZU  ODE  U,  6.  7.   8. 

Rom  zurückgekehrt  war  gleich  lyrische  Gedichte  gemacht 
Es  war  ihm  sein  eigentliches ,  durch  sein  Genie  ihm  ange- 
wiesenes Feld  der  Satire,  jedenfalls  in  seiner  Bedeutung 
wenigstens,  noch  nicht  zum  Bewusztsein  gekommen.  Theili 
war  seine  Stimmung  damals  eine  traurig  sehnsüchtige,  theiUi 
mochte  der  Gedanke  als  personlicher  Angreifer  wie  Lueilim 
hervorzutreten  dem  noch  unbedeutenden  und  schutzlosen 
sich  kaum  als  eine  Möglichkeit  vorstellen;  vielleicht  ent- 
schied sich  dieser  Gedanke  plötzlich,  und  es  war  damit  sein 
satirisches  Talent  in  die  freie  Bahn  gebracht,  als  er,  mit 
Mäcenas  bekannt  geworden,  das  Gefühl  einer  Stellung  und 
einer  Sicherheit  gewann.  Da  regte  sich  denn  mächtig  der 
Flügelschlag  seines  satirischen  Genius,  und  die  Odendichtung 
trat  zunächst  in  den  Hintergrund. 

Od.  II,  7  0  saepe  mecum  — 

In  V.  11 ,  12  ist  noch  ein  Fehler,  für  den  noch  keine 
annehmbare  Heilung  gefunden.  Sie  berühren  den  schimpf- 
lichen Boden  mit  dem  Kinn,  d.  h.  sie  fielen  getroffen  wäh- 
rend des  Fliehens,  scheint  wol  ganz  unanstöszig.  Aber  das 
blosze  Adjectiv  minaces  scheint  doch  gar  nicht  möglich. 

Od.  ir,  8  Ulla  si  duris  — 

V.  3  dente  si  fiigro  fieres  vel  vno  turpior  unguL  Gewisz 
musz,  worauf  auch  Meineke  weist,  uno  auch  schon  zu  dente 
verstanden  werden,  und  macht  dies  jede  Aenderung  un- 
nöthig. 

V.  14  simpUces  Nymphae  scheint  mir  unrichtig.  Ich  bin 
viel  mit  den  Nymphen  umgegangen,  wovon  ich  schon  in 
den  populären  Aufsätzen  kein  Hehl  gemacht.  Ich  habe  sie 
nicht  si'mplicex  gefunden.  Ich  glaube  Horaz  hat  geschrieben 
complices, 

V.  17  Ueberlieferung  adde  quod  pubes  tibi  crescit  omnis, 
servitus  crescit  nova,  Unsinn.  Offenbar  durch  Versehen  des 
Schreibers  wiederholtes  crescit.  Ich  habe  das  zweitemal 
dafür  ut  sit  geschrieben. 


zu  ODE   II,    10.    II.  LXXXI 

0(1.  IL  1 0  Reetius  vives  — 

Man  wünscht  den  letzten  Vers  weg,  der  schon  Gesagtes 
wiederholt  und  den  Yorangehenden  Schlusz  mit  dem  an- 
sehaolichen  Beispiel  von  Apollo  abschwächt. 

Od.  n,   11  Quid  bellicosus  — 

In  dieser  Ode  musz  feststehen  Folgendes  als  ganz  un- 
möglich von  Horaz  herrührend,   a)  Vom   Scythen,  um  ihn 
wegen  weiter  Entfernung  als   gefahrlos  zu  bezeichnen,  zu 
sagen :   er  ist  durch  das  Adriatische  Meer  getrennt  —  wie 
(rriechenland,  die  Illyrische  Küste ,  —  ist  lächerlich,    b)  Zu 
«Igen:  'lasz  dich  durch  Sorgen  nicht  unentschlossen  zurück- 
halten   das  Leben    zu    nützen,  welches  weniges  verlangt' 
ist  unsinnig.      Es    wird  erfordert:    Svelches  ja   doch   nur 
weniges    bietet'.      o)    Nach    der    zweiten    Strophe:    fugit 
retro  levis  iiirentas  u.  s.  w.  ist  es  unmöglich,    dasz   er  und 
Hirpinius  mit  einemmale  als  Greise  erscheinen :  rosa  canos 
ofloratt   capillos.     Diese  drei  Punkte  lassen  keine  Mäkelei 
zu.    Sie  müssen  auf  das  allerentschiedenste  behauptet  wer- 
«leii.   Sie  sind  auch  von  Peerlkamp  bemerkt.    Welcher  noch 
eine  Anzahl    anderer  Aeuszerungen  macht  und  das  Gedicht 
för  unhorazisch  erklärt.     Ich  kann  über  die  andern  Punkte 
nicht  so  entschieden  sein :  und  lieszen  sich  die  obigen  drei 
Punkte  durch  Conjecturen  heben,  so  würde  icli  nicht  wagen 
es  dem  Horaz  abzusprechen.    Die  beiden  ersten  Punkte  zu- 
nächst sind  freilich  von  der  Art,  dasz  man  sie  kaum  einem 
halbwegs  verstÄudesfähigen  Menschen   zutrauen   darf:    und 
fordern  dadurch  vielleicht  um  so  mehr  zur  Aenderung  her- 
aus.     Die   Aenderung   des  canos    wäre  leicht,   nämlich  in 
chctos    oder    vinctos.      (Sogar    vhwuhim    steht    so    Senec. 
Med,  70  prnecingens  roseo  tempora  vinculo.  Dieselbe  Strophe 
hat    vorgeschwebt    bei    Seneca  HippoL    394    sie   t entere 
iüctae     coUa    perfundant     comae).       Für    ne    (oder     neu) 
trepides   in    usum    poscenti^    aevi  pauca    klänge    praebentis 
pauca  prosaisch ,   aber  beszer  praebentis  aevi  parca,     Oder 
spondentisf  Man  könnte  sagen :  spondere  thut  das  Leben  nicht 
pauca y  sondem  gar  nichts.    Indessen,  meine  ich,  es  könne 

\A\kf,   Hontiiu.  F 


1.XXXII  zu  ODE  II,  11.  n. 

auch  0cbr  wol  verstanden  werden :  in  seltenen  Fällen  giel 
das  Leben    auf  unsere  Anfrage   spondesne   hoc?   die  Anl 
wort  spondeo.     Die  ungewöhnliche  Construetion  ne  irepide 
in  usum   —   'sei  nicht  ängstlich  heranzugehen   scheint  mi 
zwar  durch  die  Stelle,   welche  Meineke  als  Parallele  bei 
bringt,   nicht  gerechtfertigt:    Oed.  Tyr.  9S0   ug  ta  ufjgbt 
fif]  (poßov  vvfKpBv^ara,      Das  wäre  nur  parallel   wenn  ei 
hieszo:  gehe  dreist  an  die  Ehe  mit  der  Mutter.    Dennocl 
aber  sollte  ich  glauben,  dasz  es  auch  von  Horaz  könnte  ge 
wagt  sein.    Aber  das  hilft  noch  alles  nichts,  so  lange  nicht 
der  Scjfthes  Iladria  divisus  obiecto  weggeschafft  ist.    Ich  habe 
geschrieben  —  natürlich  als  irgend  einen  Versuch  —  hornda 
diüijfus  ora  (dadurch,  dasz  er  in  der  horrida  ora  wohnt  von 
uns  doch  weit  getrennt)    tu  remitta«  quaerere.    —  Bekannt 
Od.  I,  26,  4  guis  sub  arcto  rex  gelidtie  metuatur  orae.  I,   12, 
55  subiectos  Orient is  orae  Seros  et  hidos.  —  *Du'  —  über- 
lasz  es  andern. 

Od.  II,   12  Nolis  longa  ferae  — 

V.  6  undc  pericuium  fuUjens  contremuit  dotnus  Saturni 
veteris.  Sollte  das  Iloraz  wirklich  geschrieben  haben  ?  Man 
sagt  contremuit  stehe  mit  dem  Accusativus  wie  Verg.  Aen. 
3 ,  648  sonitumque  pedum  voccmque  tremisco  (des  Cyklopen). 
Sen.  ep.  65.  e,ctr,  fortes  simus  adversus  Jbriuita.  non 
contremiscamus  iniurios,  non  voinera^  non  vinculoj  non 
egestatem.  Aber  man  sollte  doch  auch  sagen:  es  sei  immer 
auffallend,  wenn  ein  zusammenstehendes  coeluni  contremuit 
nicht  heiszen  soll:  *der  Himmel  erdröhnte'  {coelum  tonitru 
contremit  z.  B.  sehr  bekannt  aus  Cic.  or.  3,  39).  Soll  dem 
aber  nicht  so  sein,  dasz  dann  wenigstens  nicht  gesagt  ist 
Telluris  iuvenes^  quos  coelum  contremuit ^  sondern:  'die  Gi- 
ganten, von  denen  aus  der  Himmel  vor  Gefahr  erzitterte'. 
Wdrde  das  nicht  eine  gesuchte  Ausdrucksweise  sein  aus 
einer  Rhetorik,  welche  dem  Honiz  nicht  zuzumuthen? 
Sodann  aber  den  beigebrachten  Beispielen  mit  dem  Accu- 
sativ  gegenüber  müszte  auch  augemerkt  werden,  dasz  peri- 
cuium  contremisco  mit  jenen  nicht  parallel  ist.    In  jenen  ist 


zu   ODE  U,    a  LXXXIIl 

der  G^enstand  im  Accusativ  genannt,  vor  oder  von  dem. 
eben  weil    er   gefährlich  imd    fühlbar    ist,    man   erzittert 
Und  80  sind    wenigstens   auch    die   andern  Beispiele  bei 
Forcellini:  Justin  32,   4  cum  Ilajmibalem  Romano  tonanlem 
Mio  Italia  contremuü  (hinreichend  mit  absichtlicher  Rheto- 
rik gesprochen).     Stat.  Theh.  IX,   535  Illam  (quercum)  nu-- 
tmtem  nAius  ei  mons  ipse  tremiscit,  qua  teilure  cadatj  quos 
obruat   ordine  jfilvas.     Hieron.    in  Jesaiam  1,  10,    4  semper 
dbi  impendentetn  manum  domini  pertremhcant.     So   die   vie- 
len Beispiele   von  tremo  und  tretnendus.     Alles  Obige  zu- 
sammengenommen musz  ich  den  Anstoss,  den  ich  jedesmal 
nehme  an 

TeUuris  iuvenes,   uiule  pcriculum 
fuigens  contremuit  domwt 
Satumi  veteris 
ftir  gerechtfertigt  halten.  Ich  glaube,  dasz  pericuium  schlechte 
Ergänzung  einer  Lücke  am  Versende  ist  uiid  habe  geschrie- 
ben utide  per  aethera.    Die  aetheria  domus   (I,  3,  29).     In 
derselben  Sache  cum  parentis  regna  per  arduum  cohors  Gi- 
ff  auf  um  scanderet  impiu  II,  19,  21. 

V.  10  geht  nun  die  Ueberlieferung  also  weiter: 
Satumi  rcteris:  tuque  ped(*s(rihus 
dices  historiig  proelia  Caesari&\ 
Maecenasy  melius  durtaque  per  rias 
regum  colla  minacium. 
Alusa  pedestris  *  Verse,  die  auf  der  Erde  gehen,  keinen 
hohen  Flug  nehmen   sagt  Horaz  von  seinen  Satiren,  Sat.  II, 
6,  16  ergo   ubi  mc  in   montis  et   in    arcem  ex*  urbe  removi, 
quid  prius  illustrem  satiris  musaque  pedestri?  Und  ganz  eben- 
so von  Versen,  die  den  gewöhnlichen  tragischen  Flug  ab- 
legen, an  der  anderen  Stelle  A.  p.  95  et  tragicus  plerumque 
iolet  sermone  pedestri  Telephus  aut  Feteus.    Und  hier  sollte 
es  Horaz  schon  in  dem  Sinne  gesagt  haben:  in  Prosa  ge- 
schrieben?   Sodann  ist  ja  der  angefangene  Gedanke  ohne 
Abschlusz,  der  sich   doch  deutlich  genug  dahin  anliesz:  so 
wenig  du  von  mir,  von  meiner  weichen  Cithara  die  höchsten 

Qeschichtsthemata  der  alten  Zeit  verlangen  darfst  oder  die 

F2 


LXXXIV  ZU  ODE  U,   12. 

höchsten  iiiythischeu  Themata,  eben  so  wenig  dies  ueueati 
Thema  der  Kriegsthaten  und  Triumphe  des  Augustus,  dai 
an  Hoheit  mit  jenen  alten  sich  miszt.  Denn  mich  hat  zi 
ganz  andern  Themen  die  Muse  bestimmt.  —  Endlieh  we; 
erklärt  tuque?  Was  ist  das  für  ein  Uebergang  mit  quB 
welches  gleich  wäre  einem  hnmo  tu'i  Ist  das  möglich! 
Nimmermehr.  Hier  waren  theils  nur  vereinzelte  Bfichstaben- 
spuren  übrig  geblieben,  theils  Worte  verlöscht,  und  beides 
ward  verkehrt  ausgefttllt.  Ich  habe  versucht  was  ich  in  den 
Text  gesetzt  und  was  den  nothwendigen  Sinn  enthält: 

neve  pedestnlnia 
(lici  carminibtis  proelia  Oipsaris, 

MaeceJias,  iubens 

V.  V^  *Deu  sttszen  Gesang  der  Gebieterin  Licymnia'. 
(lomina  ist  die  ehrfurchtsvolle  Bezeichnung  der  hochstehen- 
den Frau,  wobei  sich  hier  einmischt,  dasz  als  Gemalin  des 
Mäcenas,  seines  Gebieters  (Patrons),  sie  auch  selbst  dem 
Horatius  als  seine  Gebieterin  dasteht.  Wie  von  der  Göttin 
bei  Prep.  IV,  2,  31  Ergo  hie  Musarum  et  Sileni  patrh  itnago 
Fictilis  et  valami,  Pan  Tegeaee,  tui,  Kt  Veneris  dominae 
rotiicreSy  mea  turba,  roiumbae  Tingunt  Gorgoneo  punica 
rostra  lacu. 

V.  21  ff  ist  die  Uel)crliefcrung : 

num  tu  quae  tenuit  dives  Aehaemeties 

aut  pinguis  Phrygiae  Mt/gdonias  opes 

permutare  vclis  crine  Licymniae 

plenas  aut  Arabum  domos? 

dum  f'oder  cujnj  flagrantia  detorquet  ad  oscuia 

cen'icem — —  — 

Und  zwar  herrscht  in  den  Ausgaben  vor  (z.  B.  auch  bei 
Bentley  und  Meineke)  eben  diese  Interpunction  mit  dem 
Fragezeichen  nach  domos.  Das  ist  aber  doch  ganz  unmög- 
lich. 'Möchtest  du  das  Perserreich  eintauschen  wollen  oder 
die  Schätze  Arabiens  für  das  Haar  der  Licymnia,  wenn  sie 
mit  dir  Küsse  tauscht'  ?  Entweder  'für  das  Haar  oder  'für 
die  Küsse'  war  zu  sagen,  aber  nicht  beides  confus.  Setzt 
man  hinter  Licymniae  das  Fragezeichen  und  verbindet  dann 


zu  ODE  II,  12.  13.  LXXXV 

plenes  aut  Arabum  domos  dum  —  80  entsteht:  'möchtest  du 
da«  Perserreich   oder   die   fruchtbaren   Phngierfluren    ein- 
taosehen  für  das  Haar  der  Licymuia  ?  oder  die  Reichthömer 
Arabiens  (eintauschen)  wenn  sie  deinen  Küssen  entgegen- 
kommt oder  mit  nur  scheinbarer  Sprödigkeit  sie  sich  ent- 
reiflzen   läszf?     Wie   diese  Scene   mit  dem  Wechseln  der 
Küsse  eine  Steigerung  ist  gegen  das  Anschauen  des  Haares, 
auch  ausführlich  ausgemalt  gegenüber  dem  einfach  gesagten 
crine,    so   ist   es  ganz  noth wendig,    dasz  auch  die  einzu- 
tauschenden Schätze  in   demselben  Verhältnisz  ausgedrückt 
seien.     Eis  kann  nicht  dem  einfachen  cn'nis  gegenüber  gleich- 
sam  ein  Doppelgebot  stehen,  der  ausgeführten  Scene  der 
Küsse  ein  einfaches :  es  kann  nicht  in  der  Sache  ein  EJimax, 
in  den  einzutauschenden  Gegenständen  ein  Antiklimax  sein. 
Dagegen  mit  Umsetzung  eines  Verses  erhalten  wir  das  ])e- 
friedigende : 

num  tu  quae  tenuit  dives  Achaemt^nos 
permutare  veUs  crrne  Licymniae  ( 
aut  pinguis  Phf*ygiae  Mygdonias  opes 
plenas  aui  .  irabum  damos 

dum  ßagrantia  deiorquet  oscula  cprvicem  u.  s.  w. 

Od.  II,  1 3  Ille  et  nefasto  — 

Dasz  hier  die  drei  letzten  Strophen  Zusatz  sind ,  darauf 
ist  bereits  von  mehreren  aufmerksam  gemacht,  und  es  unter- 
liegt keinem  Zweifel.  Es  tritt  etwas  völlig  Fremdartiges 
ein.  Wenn  aber  Gnippe  nun  das  ganze  Gedicht  sein  lässt 
Strophe  2,  3,  6,  7,  so  fehlt  ihm  belebender  Gedanke  und 
Fortgang.  Ich  glaube  annehmen  zu  müssen,  dasz  auch  eine 
Versetzung  der  echten  Strophen  vorgegangen,  deren  richtige 
Folge  ist:  1.  2  (illum)  3  (et  quidquid)  6  (quam  paene)  7 
(Sappho)  4  (quid  qtusque)  5  (miles).  Zur  Weglassung  end- 
lich der  ersten  Strophe,  obgleich  es  dem  Gedicht  gewisz 
gut  th&te,  haben  wir  doch,  wie  ich  glaube,  kein  Recht. 

Od.  II,  14  Eheu  fugaces  — 

Wenn  man  die  Strophe  visendus  aier  —  V.  17  für  echt 


LXXXVI  ZU  ODE  II,    14.   15. 

halten  wollte,  so  mUszte  man  sie  umstellen  hinter  linquenA 
tellus.  —  Denn  nachdem  wir  bereits  so  gründlich  in  dtt 
Unterwelt  verweilt,  ist  es  jedesmal  anstöszig  noch  eiiir 
mal  in  das  Leben  uns  zurltckgefUhrt  zu  sehen.  AUdi) 
die  falsche  Stellung,  welche  sie  erhalten,  kann  auch  daraiii 
hinweisen,  dasz  sie  ein  unechter  Zusatz  ist.  Und  dafür  ent* 
scheide  ich  mich  durchaus.  Der  krass  mythologische  Tob 
will  zu  dem  sanfteren,  weicheren  Ton  der  bisherigen  Stro- 
phen nicht  passen,  der  mit  linquendu  telliu  gleich  wieder 
empfunden  wird.  Die  zusammengepreszte  Mythologie  in  der 
genannten  Strophe  ist  noch  um  so  auffallender,  da  wir  das 
Mythologische,  bescheiden  angebracht,  schon  in  der  zweiten 
und  dritten  Strophe  hatten,  ja  mit  der  compescens  unda  om^ 
nibiu  enavfganda  doch  eigentlich  schon  dasselbe  wie  mit  dem 
visendus  Cocytu».  — 

Aber  ich  kann  nicht  umhin  auch  die  letzte  Strophe  fftr 
unecht  zu  halten.  Wo  war  denn  eine  Andeutung,  dasi 
Postumus  ein  Mann  sei,  der  karg  und  sparsam,  wenn  nicht 
geizig,  seines  Vermögens  nicht  geniesze?  Ja  der  voran- 
gehende Vers  scheint  doch  auf  die  Pflege  eines  Gartens  zu 
deuten.  Und  dazu  kommt  der  übertriebene  Ausdruck  in 
der  Strophe: 

Die  hundert  Schlüssel,  mit  denen  der  Wein  verwahrt 
wird,  der  Wein,  der  noch  besser  ist  als  der  Wein  der 
Priesterschmäuse.  Schwerlich  auch  hätte  Horaz  richtigeres 
Gefühl  den  Erben  gerade  dUjniov  genannt,  um  ihn  gleich  in 
einer  Wirthschaft  in  entgegengesetzter  Richtung  zu  schildern, 
die  doch  nicht  digna^  auch  nach  Horazischem  Sinne  nicht 
diyna  ist. 

Das  Ergebnisz  ist:  die  vier  ersten  Strophen  mit  der 
sechsten  sind  echt  und  sehr  hübsch.  Der  echte  Schlusz  ist 
dann  verloren.  Statt  seiner  haben  sich  zwei  unechte  Btro- 
phen,  die  fünfte  und  die  letzte,  eingedrängt. 

Od.  n,  15  lam  pauca  aratro  — 

Hier  haben  wir  ein  Capitel  Antiquitäten,  Aufzählung 
von  Einzelheiten.    Und  ein  belebender  Gedanke  für  Kopf 


i 


zu   ODE  II,    15.  LXXXVII 

oder  Gemath;    eine  Gnome^  eine  Mahnung,   eine  Warnung 
ist  in  dem  ganzen  Gedicht  gar  keine.    Ich    mttszte  es  fflr 
onhoraziseh    halten  —  wie    auch  Peerlhamp   thut  —  auch 
irenn  der  Ausdruck  besser  wäre  als  er  denn  doch  wirklich 
ist    Allein  der  Ausdnick  ist  schwerfällig  und  sonderbar  un- 
^lenk :   denn  die  Ungelenkigkeit  scheint  viel  mehr  als  die 
Affeetation  die    Sonderbarkeiten    herbeigeführt    zu    haben. 
Im  einzelnen,  ob   motes  treifend  für    die  Stelle  ist,    wo  es 
nicht  auf  die  Höhe  der  Gebäude,   sondern  auf  die  Ausdeh- 
nang  der  Anbauten  und  Anlagen   ankommt,   ob  stagna  be- 
zeichnend genug  gewählt  ist  für  die  piscinae,  mag  dahinge- 
stellt bleiben.     Befremdend  darf  wol  auch  V.  14  commune 
'das  Gesamtvermugen  erscheinen. 

Aber  sonderbar  ist  doch  gewisz  'alle  Fülle  für  die 
Nase\  Lateinisch  omnis  copia  narhim^  und  sonderbar  gewisz 
violaHü  et  myrtus  et  otnnü  copia  narium  xpargent  olwetis  (die 
nicht  mehr  vorhanden  sind)  odarrm  fertiUbus  domino  priori: 
man  mag  rioletis  für  Dativ  nehmen  oder,  wie  auch  gemeint 
worden,  für  Ablativ.  In  den  beiden  letzten  Strophen  aber 
ist  ein  unausstehlicher  und  unverstehlicher  unlogischer  Zick- 
zack und  Durcheiuanderziehen  von  dem,  was  die  Armuth 
nicht  erlaubte  und  was  das  Gesetz  nicht  erlaubte,  was  es 
nicht  erlaubte  und  was  es  gebot.  Und  von  dem,  was  der 
bescheidene  Sinn  nicht  erlaubte,  ist  gar  keine  Rede.  Aber 
freilich  das  wäre  schon  ein  Gedanke  oder  Empfindung,  de- 
ren eben  das  Gedicht  baar  ist. 


Hehrere  Handschriften  haben  dies  Gedicht  an  das 
vorige  angeschlossen:  während  doch  wenigstens  in  einer 
Aebnlichkeit  des  Inhalts  hier  gar  keine  Veranlassung  dazu 
vorhanden  war.  Sollte  vielleicht  darin  noch  eine  Spur  sein, 
dasz  es  ursprünglich  nicht  in  der  Reihe  der  Horazischen 
Gedichte  stand,  sondern  nebenbei  geschrieben,  und  sich  zu- 
filllig  länger  als  manche  andere  Nebenschreibung  so  er- 
hielt? —  Es  scheint  dasz  man  von  den  unechten  Anfangs- 
Versen  der  zehnten  Satire  glauben  dürfe,  sie  seien  Ursprung- 


LXXXVIU  ZU  ODE  11,   U». 

lieh  beigeschriebon  gewesen  und  seien,  dadurch  kenntlieli, 
in  einen  Theil  der  Abschriften  gar  nicht  aufgenommen  wor- 
den, während  sie  in  einen  andern  Theil  kamen.  Dasz  heute 
unsere  ältesten  Handschriften,  wie  man  uns  sagt,  sie  nicht 
enthalten  ist  ein  Zufall.  Denn  jene  vorzüglichen  Verse  wer- 
den doch  nicht  erst  nach  dem  achten  oder  neunten  Jahr- 
hundert entstanden  sein  sollen. 

Od.  II,  HJ  Otium  divos  rogat  — 

Das  otium^  welches  die  Thraker  und  die  Meder  erstreben, 
hier  zu  begreifen  und  mit  dem  otiurn^  welches  der  Sturmer- 
faszte  auf  der  See  erbittet,  in  Uebereinstimmung  zu  setzen, 
daran  werden  alle  Versuche  scheitern.  Die  Verse  5  und  6 
sind  Ausfüllung  einer  Lücke,  die  nach  der  ersten  Strophe 
entstanden  war.  Allein  der  Ausfall  betrug  nicht  blosz  zwei 
Verse,  wie  der  Ausfüllende  annahm,  sondern  wenigstens  eine 
Strophe  und  zwei  Verse.  Denn  der  Sinn  welcher  verlangt 
wird  läszt  sich  in  zwei  Verse  zusanmiengefaszt  nicht  denken. 
Dieser  Sinn  ist  aber:  'der  mercator^  wenn  er  auf  der  See 
von  Gefahr  drohendem  Sturm  ergriffen  wird,  bittet  die  Götter 
um  die  Gewährung  des  otixnn,  dem  er  sich,  diesmal  errettet, 
hingeben  wolle.  Allein  kaum  ist  er  entronnen,  so  geht  er 
wieder  an  die  negotia  und  fährt  fort  zu  erwerben.  Und  nie 
kommt  er  zum  otium.  Denn  dies  ist  ein  inneres,  durch 
keine  Schätze  zu  erkaufendes,  nur  durch  innere  Genügsam- 
keit zu  erwerbendes  Gut.'  Es  schlieszt  das  Gedicht  mit 
V.  28.  In  den  beiden  letzten  Strophen  soll  Horatius  dem 
Grosphus  sagen:  Mu  bist  ein  sehr  reicher  Mann,  hast  aber 
keine  innem  Eigenschaften;  ich  besitze  wenig,  habe  aber 
Genie  und  Charakter.'  Es  ist  mir  nicht  bekannt,  dasz  Ho- 
ratiiis  ein  solcher  Grobian  gewesen.  Auch  ist  der  Gedanke 
'dem  einen  sind  Güter  von  dieser  Art  verliehen,  dem  andern 
von  jener  Art'  nicht  derselbe  mit  jenem  *auch  das  höchste 
Glück  hat  stets  eine  Schattenseite',  für  welchen  Achilles 
und  Tithonus  noch  passende  Beispiele  sein  könnten,  so  dasz 
die  beiden  Verse  über  diese,  für  sich  genommen,   wie  mich 


zu  ODE  II,    16.    17.  LXXXIX 

dfinkt,  noch  echt  scheinen  könnten.    Worauf  man  dann  mit 

V.  31  in  eine  unerwartete  und  bodenlose  Grube  fällt.   *Der 

herrliche  Achilles  muszte  frflh  sterben,    der  schöne  von  der 

Göttin    erwählte  Tithonus  in   langem  Alter   dahin  siechen. 

Und  so  wird  auch  die  Zeit  vielleicht  zwischen  unser  beider 

Gfltem  noch  einmal    einen  Tausch   eintreten    lassen.    Jetzt 

hast  du  Reichthum  und  keine  geistigen  Gaben^    ich  Armut 

nnd  Geist/    Weitere  Verrenkungen,  mit  denen  man  versucht 

wieder  in  die  Höhe  und  ans  Tageslicht  zu    gelangen,    sind 

!*o    unnatürlich    wie    erfolglos.  —  Noch    musz    die  Strophe 

icarniU  aeratas  —  wegen  der  lächerlichen  Reiterschwadronen 

—  eine  Schar  reitet  auch  nicht  schneller  als  ein  einzelner  — 

entfernt  werden.    Der  Verfasser,  die  schöne  Strophe  III  l 

nachahmend,  scheint   dort,  wie  es  auch  Neueren  begegnet, 

statt  des  erzbeschlagenen  Schnellseglers,  einer  pn'va  triremis 

epist,  I  1,  95,  ein  Kriegsschiff,  gar  mit  Schiffsschnabel,  ver- 

Htanden  zu  haben,  wodurch  Thorheit  entsteht. 

Od.  II,   17  Cur  me  querellis  — 

Zu  einem  sichern  Entschlusz  über  dieses  Gedicht  zu 
kommen  wird  schwer  sein,  auszer  zu  dem,  dasz  es  in  dieser 
Gestalt  nicht  aus  Horaz  Händen  gekommen.  Dasz  'das 
ridiküle  Pathos  der  Strophe  me  nee  Chimaerae  des  Horaz 
ganz  unwürdig  sei',  wie  Meineke  sagt,  das  nachzuempfinden 
musz  verlangt  werden.  Meineke  ist  auch  nicht  abgeneigt, 
auch  die  folgenden  Strophen  bis  zu  Ende  mit  Peerlkamp  für 
unecht  zu  halten.  Dann  wäre  also  das  Gedicht  mit  den 
drei  ersten  Strophen  abgeschlossen.  Das  scheint  wenig  be- 
friedigend. Mich  will  bedttnken  dasz  auch  die  Strophe 
iucei  ruinam  —  an  einer  Unbestimmtheit  des  Ausdrucks 
leidet  und  an  einem  forcirten  Wesen,  wie  es  dem  Horaz, 
wo  es  persönliche  und  Hencensverhältnisse  gilt,  nicht  eigen 
ist  Dasz  femer  die  Strophe  seu  Hbra  -  auch  nicht  Horazisch 
aussiebt  mit  ihrer  gehäuften  astrologischen  Gelehrsamkeit, 
bei  der  man  gar  nichts  denken  kann.  Das  hat  Persius  ganz 
anders    gemacht  in»  der    allerdings  von  der    unsrigen  nicht 


XC  zu  ODE   lU    IT.    18.   19.   2'>. 

unabhaiigigeu  Stelle  V;  45,  welche  nur  beweisen  koiinta 
dasz  ent>Teder  unsere  Stelle  nach  Persius  gemacht  oda 
unsere  Interpolation  schon  älter  als  Persius  ist.  Meini 
Meinung  ist,  wenn  man  nicht  das  (ranze  für  falsch  halten 
will,  dasz  echt  seien  die  erste  Strophe  und  die  drei  letzten: 
dasz  das  Gedicht  geschrieben  sei  als  nach  der  Krankheil 
Mäcenas  doch  wieder  gesund  geworden  war  und  im  Theateoi 
cnne  Freudenbezeugung  über  seine  Genesung  empfangen 
hatte:  dasz  Horaz  mit  seinem  fios  /tumilem  Jenemus  agnam 
meint  sein  Opfer  für  die  Genesung  des  Mäeenas.  Lachmanns 
rut  V.  25  für  cum  paszt  uns  dazu  treflFlich. 

Od.  II,  18  Non  ebur  neque  aiireuui  — 


In  dem  Metrum  unseres  Gedichtes,  auch  mit  ein  Paar 
Anklängen  an  den  Sinn  und  Ausdruck,  ist  des  Prudentius 
i'pUogtis  verfaszt,  S.  306  Obb.  Nos  cilos  iambicos  sacramus  ei 
rotatiles  trochaeos  heiszt  es  V.  7.  Es  sind  34  Verse  und 
pxnz  deutlich  zweizeilige  Strophen. 

Od.  II,  19  Bacchum  in  reiuotis  — 

Dies  wie  das  ähnliche  Gedicht  III,  25  Quo  me  Bacche 
rupis  tiu  plenuM?  sind  schwache  und  durch  Pathos,  dem 
man  das  Gemachte  gar  sehr  anfühlt,  iwangenehme  Gedichte. 

Od.  II,  20  Non  usitata  nee  teniii  ferar  — 

£s  ist  ihm  nicht  genug  ein  Schwan  zu  werden,  sondern 
ein  Schwan  von  nicht  gewöhnlichem,  besonders  starkem 
Flügel!  In  einen  solchen  Schwan  verwandelt  wird  er  ein 
'zweigestalter  Dichter  fliegen.  Denn  jeder  andere  Dichter 
hat  nur  in  einer  Gestalt  existirt,  er  in  zwei  Gestalten.  'Ich 
werde  ein  zweigestalter  Dichter  durch  die  Luft  fliegen  ist 
doch  einigermaszen  sonderbar.  Also:  ich  werde  fliegen  und 
werde  nicht  länger  auf  der  Erde  weilen.  Würde  er  denn 
das  wenn  er  gewöhnlich  stürbe  ?    Nicht  werde  ich  als  Sohn 


zu   ODE  II,   20.  Ul,    l.  XVA 

inner  Eltern^  nicht  ich  als  der,  den  du  mich  nennst,  soll 
hassen  —  und  ist  fast  komisch  ausgedrückt  —  nicht  als 
fiofatios  sterben  und  in  der  Unterwelt  bleiben,  wie  es  doch 
den  andern  Menschen  begegnet  als  das  was  sie  sind  und 
wie  sie  heissen  zu  sterben.  Und  also  Horatius  stirbt  nicht 
als  Horatius.  Als  was  denn?  Und  er  wird  ja  erst  recht 
als  Horatius  bekannt  sein.  Die  Sache  war  und  was  ver- 
ständig zu  sagen  war:  er  stirbt  gar  nicht.  —  Bald  werde 
ich  über  alle  Völker  als  sangreicher  Vogel  dahin  fliegen. 
Und  es  wird  mich  kennen  lernen  der  Koleher  —  Wie? 
woran  werden  sie  denn  den  fliegenden  Schwan  als  Horatius 
erkennen?  Oder  während  er  da  oben  fliegt  wird  er  dabei 
Peine  Gedichte  declamiren?  Und  wie?  die  Daker  und  Kol- 
eher haben  die  schon  von  Horaz  gehurt?  und  freuen  sich 
ila  oben  von  dem  Dichter  besucht  zu  werden,  in  dessen 
Oden  sie  so  schlecht  behandelt  sind?  —  Und  der  erfahrene 
Iberer  wird  mich  lernen,  oder  studiren  (Prop.  UI,  5,  25). 
Das  heiszt  doch  >virklich:  er  wird  meine  Gedichte  lernen. 
Eline  vielleicht  für  schön  gehaltene  Confusion  zwischen  dem 
Schwan-Horatius  und  dem  Gedichtbuch-Horatius.  Und  all 
das  Zeug  soll  von  Horatius  sein?  Es  ekelt  mich  wirklich 
an  zu  verweilen  und  zu  fragen,  um  wie  viel  schlechter  mit 
der  bereits  von  mehreren  herausgeworfenen  Strophe  iam  iam 
—  die  Sache  wird.  Wohl  aber  ist  darauf  aufmerksam  zu 
machen,  dass,  wenn  sie  wegfällt,  und  mit  ihr  der  albus  alejtj 
in  dem  Gedichte  jede  Andeutung  fehlt  dar^z  vom  Schwan 
die  Rede  ist. 

Das  Gedicht  ist  ein  besonders  unglücklicher  Versuch, 
nach  Art  des  Schlussgedichts  im  dritten  Buch  ein  paralleles 
selbflüobendes  Gredicht  zu  machen;  sehr  wahrscheinlich  wird 
man  glauben  dürfen,  dasz,  wie  es  jetzt  steht,  es  von  dem 
Verfasser  als  paralleles  Schlussgedicht  für  das  zweite  Buch 
aacb  gedacht  war. 

Od.  in,  1  Odi  profanuin  volgus  — 

Heineke  sagt  von  dieser  ersten  Strophe,  er  hätte  sie 
Ton  den  übrigen  absondern  sollen,  denn  es  scheine  unzwei- 


XCII  zu   ODE   Ul,    1. 

felhaft  (lasz  sie  das  Proömium  hätte  sein  sollen  nicht  nur 
für  das  erste  Gedieht,  sondern  auch  für  die  folgenden  in 
demselben  Metrum  geschriebenen.  Aber  wanim  denn?  passt 
sie  dem  Sinne  nach  zum  ersten  Gedichte  nicht,  so  kann  sie 
auch  nicht  allgemeines  Motto  sein.  Denn  das  Motto  müszte 
ftlr  alle  Gedichte  passend  sein,  ftlr  welche  es  bestimmt  ist. 
Paszt  sie  aber  dem  Sinne  nach,  so  ist  das  erste  Gedicht 
wohl  ernst  und  bedeutsam  genug,  um  eine  hervorhebende 
Anfangstrophe  zu  haben.  Was  es  sonst  Bedenkliches  haben 
mag  für  antike  Sitte,  eine  Strophe  solchen  Inhalts  und 
Schwunges  nicht  künstlerisch  verwoben  zu  sehn,  sondern 
als  abgesondertes  Motto  für  sechs  Gedichte,  will  ich  beruhen 
lassen.  Denn  es  giebt  gegen  Meinekes  Meinung  noch  ent- 
scheidende Gründe.  Diese  Annahme  hat  nämlich  gegen  sich 
den  Schlusz  der  dritten  Ode  non  hoc  iocosae  conveniet  lyrae 
und  den  Anfang  der  vierten  Descmde  caelo.  Wer  hier 
als  ein  von  den  Musen  bevollmächtigter,  von  den  Musen 
ausgestatteter  Verkünder  ihrer  Weisheit  auftritt,  kann  weder 
sagen,  er  sei  eigentlich  für  so  ernste  Dinge  kein  Organ 
noch  kann  er  die  Muse  erst  herbeirufen,  ja  sich  noch  wun- 
dem wenn  sie  ihn  schnell  erhört.  Sodann;  was  doch  ohne 
Zweifel  der  Hauptaustosz  für  die  Vereinigimg  der  Strophe 
mit  dem  ersten  Gedicht  ist,  das  trennt  sie  auch  von  den 
übrigen.  Zwar  kommt  etwas,  was  die  Jungfrauen  angeht, 
in  der  sechsten  Ode,  und  in  dieser  allein,  vor  (21  ff.),  aber 
wahrlich  so  ausgedrückt,  wie  man  zu  den  Jungfrauen  selbst 
gar  nicht  sprechen  könnte,  sondern  zu  ihren  die  Schuld 
tragenden  Müttern.  Hiemach  ist  es  gar  nicht  mehr  nöthig 
zu  urgiren,  dasz  auch  —  etwa  mit  Ausnahme  des  zweiten 
—  Ton  und  Art  dieser  Gedichte  nicht  an  pueri  gerichtet  ist. 
Nur  das  eine  sei  berührt.  Die  fragende  Form  am  Schlusz 
des  ersten  Gedichtes  quod  si  dolentem  .  .  .  cur  invidendis 
postibus  et  novo  sublime  ritu  tnoliar  atrtutn?  cur  volle  per- 
mutem  Sabifta  divitias  operosioresf  paszt  diese  etwa  für  ein 
Knabenpublicum  ?  So  spricht  man  vor  einem  erfahrenen 
Publicum,  mit  welchem  man  überlegt.  Aber  überhaupt  die- 
ser Frageton   ist    kein  Lehrton,    kein    überlegener  Lehrton 


zr  ODE  Ulf  i.  xciii 

wie  ihn  das  Auftreten  in  jeuer  Strophe  ankündigt.  DieB 
darf  gesagt  werden,  weil  es  wahr  ist;  zur  Abweisung  der 
ersten  Strophe  wäre  es  nicht  mehr  nöthig.  Das  schönste 
VerstAndniss  übrigens  gibt  die  Annahme  dal$z  Horatius  die 
tScUuszfragen  an  sieb  selbst  gerichtet  spricht.  Das  Gedicht  ent- 
Mi  in  grossen  Zügen  die  Hauptsätze  seiner  durch  Betrach- 
tung der  umgebenden  Bestrebungen  nur  befestigten  Lebens- 
weisheit, zunächst  recapitulirt  für  sich  selbst.  Die  Sätze  sind: 

Auch  die  höchsten  menschlichen  Machthaber  stehen  doch 
unter  der  Gewalt  des  lupiter,  der  allein  der  allmächtige  ist 
(5—8).  Unbestrittener  Hauptsatz,  kurz  und  kräftig  in  6iner 
Strophe  bingestellt. 

Was  Menschen  anbetrifft,  so  mögen  innerhalb  des  Be- 
reichs menschlicher  Verhältnisse  Abstufungen  in  Stellung 
und  Ansehen  immerhin  stattfinden ;  allein  diese  Unterschiede 
sind  eitel:  der  Tod  erfasst  alle  gleichmäszig  (2  Strophen, 
9—16). 

Schuldbewusztsein,  auch  in  höchsteu  Verhältnissen,  ver- 
hindert jeden  noch  so  raffinirten  Lebensgenusz,  ja  die  noth- 
wendigste  Lebenserquickung,  den  ruhigen  Schlaf,  der  da- 
gegen die  niedere  Hütte  und  die  Ländlichkeit  aufsucht 
(ebenfalls  2  Strophen,  17—24). 

Genügsamkeit  in  Lebensgenusz  und  ^Lebensbedürfnissen 
schützt  vor  den  Gefahren  des  Meeres  und  vor  den  Un- 
sicherheiten und  Sorgen  groszer  Landbebauung  (2  Strophen, 
2.5—32). 

Dagegen  die  groszen  Bedürfnisse  des  Luxus  steigern 
sich  fort  und  fort  und  suchen  im  Ueberdnisz  Abwechselun- 
gen und  Ortsveränderungen;  allein  gewisz  wird  man  durch 
Ortsveränderung  Furcht  und  Besorgnis  nicht  los,  sie  folgen 
«1  jedem  Orte  nach  (2  Strophen,  33 — 40). 

Also  — 

Nach  diesem  Gange  ist  mir  die  Erwähnung  des  Ueber- 
drusses  des  Reichen,  der  aus  Ueberdrusz  an  seiner  Land- 
villa ins  Meer  baut,  völlig  treffend  und  wesentlich.  Dem 
zweiten  Bedenken,  das  Meineke  für  die  Verwerfung  der 
Strophen  33 — 40  stimmte,  kann  man  weniger  dreist  entgegen- 


XCIV  zu   ODE   HI,    \. 

treten.    Demun^eachtet  sollte  es  denn  wirklich  so  iiuffallen< 
sein,  wenn  HoratiuS;  indem  er  von  jenen   Seebauten  al 
einer  Ungeheuerlichkeit  zu  sprechen  denkt,  sich  des  Am 
drucks   bedient:  Men  Fischen  wird  das  Meer  zu  eng*,  uni 
mit  einem  kleinen  Schritt  weiter:  'sie  flihlen  das  Meer  ver 
engt'  ?    An  der   parallelen  Stelle  epist.  I  1 ,    83  fllhlt  dat 
Meer :  ^nullus  in  orbe  ninus  Baus  praelucet  amoenis   si  diofA 
dives ,   Incus  et  mare  sentit  amorein  festinantis  eri.     Und   sc 
eben  beschuldigte  der  Baum  die  Witterung.    Ich  finde  da- 
gegen Anstosz  an  dem  frequens,    'Häufig,  vielfach'  läszt  dei 
Unternehmer  die  BaustUcke  hemb :  das  scheint  mir  unmäszig 
prosaisch  und  unerträglich  für  den  welcher  alles  nächst  Fol- 
gende,   wie  mir  scheint,  ungemein  schön  und  poetisch  ge- 
dacht und  gesagt  hat.    Wie  schön  ist  minae :  die  imminentin. 
Ein  hnc  vehetis  scheint  mir  wol  passend:  'hieher  schafft  er 
—  wohin  sie  wahrlich  nicht  gehören,  wo  wahrlich  ihr  Ort 
nicht  ist.    Ich  hätte  auch  huc  ferens  schreiben  können.    Doch 
vehens  ist   wol   vielmehr   das  Treffende  und  Gangbare  in 
solcher  Verbindung. 

Um  nun  mit  einem  Worte  zur  ei"sten  Strophe  zurück- 
zukehren, sie  musz  fort.  Sie  ist  entweder  gar  nicht  von 
Horatius,  oder  ist  sie  von  Horatius  — :  an  und  für  sicli  ist 
sie  hübsch  genug  —  so  können  wir  sie  nur  als  ein  frag- 
mentum  Horatianum  betrachten :  wol  nicht  aus  einer  fertig- 
gewordenen, sondern  aus  einer  beabsichtigten  Ode.  Ich  sehe 
nicht  was  es  eigentlich  Bedenkliches  habe  anzunehmen 
(worauf  Gruppe  schon  hingewiesen),  dasz  man  in  Horaz 
Nachlasz  einzelne  Strophen  fand,  die  er  zur  Uebung  oder 
als  Theile  beabsichtigter  und  wenigstens  in  dieser  Gestalt 
nachlier  nicht  fertig  gearbeiteter  Gediclite  niedergeschrieben  : 
dasz  dann  ein  Freund  solche  Reliquien  zunächst  nur  auf  sein 
Exemplar  sich  abgeschrieben:  dasz  er  oder  bald  ein  ande- 
rer auch  gesucht,  sie  an  irgend  einer  scheinbar  einiger- 
maszen  passenden  Stelle  einzuschreiben,  vielleicht  gar  mit 
kleinen  Aenderungen  einzuweben:  dass  sie  dann  endlich 
von  da  in  viele  Exemplare  sich  fortpflanzten. 


zu  ODE   111,   2.  XUV 

Od,  III,  2. 

Mir  scheinen  nun  auch  in  die  zweite  Ode  solche  Stro- 
phen gekommen  zu  sein ,  im  hoclilehrhaften  Ton  scheinbar 
dieser  Stelle  anpassend,  durch  den  logischen  Zusammen- 
hang auf  das  unzweideutigste  <aus  ihrer  Stelle  zu  verweisen. 
Diese  sind  die  fünfte  Strophe  virtus  repulmc  —  und  die 
siebente  und  achte  Strophe  est  et  ßdeli  u.  s.  w.  Dasz  wir 
alle  diese  Strophen  so  liinter  dem  Vorangehenden  fortleseu, 
und  dasz  wir  sie  selber  hinter  einander  fortlesen,  ist  wirk- 
lich nicht  wol  gethan.  Welcher  Mensch  oder  Gott  könnte 
wol  sagen  >vie  das  e*^  etßdcU  —  hieher  geräth.  Aber  auch 
das  virtus  repulsae  an  das  Vorige.  Und  selbst  nicht  die  bei- 
den Strophen  mit  virtus  gehören  zusammen,  deren  erste  von 
der  Tugend  in  ihrer  avxaQA^ia  redet,  die  zweite  von  der 
Tugend  die  sich  den  Lohn  der  Unsterblichkeit  gewinnt. 
Auch  tritt  in  der  fünften  Strophe  plötzlich  die  virtus  des 
Statsmannes  auf,  während  von  der  kriegerischen  virtus  die 
Rede  sein  musz,  welche,  wenn  nach  V.  16  gleich  die  Strojihe 
virtus  recludens  immeritis  niori  folgt,  sehr  wol  angezeigt 
und  involvirt  ist.    Also  erhielten  wir  als  zweite  Ode  folgende: 

Augustam  amice  pauperiem  pati 
robustus  acri  militia  puer 
coudiscat  et  Parthos  ferocis 
vexet  eques  metuendus  hasta 

vitamque  sab  divo  et  trcpidis  agat 
in  rebus,  illum  ex  moenibus  bosticis 
matrona  bellantis  tyraiiiii 
prospicieiis  et  adulta  virjro 

suspiret:  eben,  ue  rudis  agniinum 
sponsuB  laccssat  regius  aspcrum 
tactu  Icoaem,  quem  cnienta 
per  medias  rapit  ira  caedcs. 

dulce  et  decorum  est  pro  patria  mori: 
mors  et  fugacem  persequitur  virum, 
nee  parcit  inbellis  iuveutae 
poplitibuB  timidove  tergo. 


XfJVI  zu   ODK   JII,   2. 

viitus  rechideus  iiimeritis  raori 
caelum  negxita  tem])tat  itcr  via, 
coetusqiic  volgaris  et  udam 
spemit  humum  fufj^enteponna- 

Das  läszt  sich  schon  hurcu.  Mit  poplitibtis  iimidove  tergo 
Wbrigens  das  Gedicht  etwa  zu  schlieszen  finden  wir  ganz 
unbefriedigend.  Es  ist  dann  für  den  groszen  Anlauf  zu  kurz 
und  für  den  gi'oszen  Ernst  und  Schwung  in  dem  Schlusz 
gerade  mit  dem  Motiv  'der  Tod  ergreift  ja  auch  den  Feigen 
ein  Abfall  wie  er  dem  Horaz  gar  nicht  zuzutrauen  ist.  Nun 
habe  ich  aber  noch  eine  Vermuthung,  auf  welche  einzugehen 
ich  freilich  anheimstellen  musz.  Dasz  nemlich  zwei  Strophen 
aus  der  nächsten  dritten  Ode,  V.  49—54  aurum  inrepertum  — 
und  quicunque  mund^  — ,  welche  dort  ursprünglich  nicht  hin- 
gehören können,  aber  gut  scheinen  und  vor  den  übrigen, 
die  wir  dort  als  Zusatz  erkennen  werden,  sich  hervorhebend, 
in  diese  zweite  Ode  gehören  möchten,  nach  Strojihe  3.  Dann 
erhalten  wir,  wie  mich  dünkt,  ein  schönes,  volles,  sich  gar 
befriedigend  erweiterndes  und  erhebendes  Gedicht. 

Aiigustam  amice  pauperiem  pati 
robustus  ncri  militia  ])uer 
coudiscat  et  Parthos  ferocis 
vexet  eques  metnondus  hasta 

vitamque  siib  divo  et  trcpidis  agat 
in  rebus,  illum  ex  moenibus  hosticiR 
matrona  bellantis  tyranni 
prospiciens  et  adulta  virgo 

Buspiret:  eheu,  nc  nidis  agminum 
sponsus  lacessat  regius  aspernm 
tactu  leonem,  quem  crueiita 
per  medias  rapit  ira  caedos. 

aurum  inrepertum  et  sie  melius  situm, 
cum  terra  celat,  spernere  fortior 
quam  cogere  bumanos  in  usus 
omne  sacrum  rapionte  dextra 

quicumque  mundo  terminus  obstitit, 
hunc  tangat  armis.  visere  gestiens 
qua  parte  debacchentur  ignes, 
qua  nebulae  pluviique  rores. 


zu  ODE  m,  3.  xcvn 

dolce  et  decomm  est  pro  patria  man  : 
mon  et  fitgaeem  pereequitar  viroin, 
nee  parcit  inbellis  iayentae 
poplitibos  timidove  tergo. 

virtos  recladens  imneritis  mori 
caehim  n^gata  temptat  iter  yia, 
coetusque  volgares  et  udam 
spemit  humam  fagiente  penna. 

Od.  ni,  3  Instum  et  tenacem  — 

Dann    wären    hier    zwei  Strophen    an    eine    passende 
Stelle  gesetzt,    die   wenigstens  an  die  Stelle^   wo  sie  jetzt 
stehen,  III,  3,  49  nicht  gehören.    Dasz  diese  moralisirende 
Strophe  aurmn  inrepertum  —  dort  im  Munde   der  Inno  auf- 
fallend unpassend  eintritt  ist  schon  bemerkt  worden :  welche 
die  Grösze  und   Dauer  Roms   nicht  von  der  Moralitftt  ab- 
hängig gemacht,  auch  nicht  seine  Moralität  prophezeit,  son- 
dern seine  Macht  unter  bestimmten,  ihren  personlichen  und 
HoheitsgefQhlen   Rechnung   tragenden   Bedingungen.    Hier- 
mit sind  wir  in  die  schwierige  dritte  Ode  gelangt,    ^e  hat 
nach  V.  44,  womit  man  am  liebsten  das  Ende  haben  möchte, 
jedenfalls  noch  andere  und  zwar  schlechte  Einschiebungen 
erhalten.     Die  Strophe   horrenda  late  —  scheint    doch   mit 
dem  mittelländischen  Meer  und  Aegypten  geringere  Grenzen 
zu  setzen  als  die  vorangehende,   und  Grenzen,  die  den  da- 
maligen   römischen   Ohren   gar    nicht    imponiren    konnten. 
Und  die  Strophe  ter  si  resurgat  —  verräth  sich    auffallend: 
dasz  luno,    welche  in  Voraussicht   femer  Zukunft,    wie  es 
der  Göttin  geziemt,  von  Parthem  prophezeit,  hier  sich  be- 
schränkter Weise  einbildet,    sie  würde  immer  und  immer 
noch  mit  ihren  Argivem  aus  der  Dias  operiren,  ist  einfältig. 
Ob  V.  58  das   nhnium  pH  rebusque  ßdenter  erklärt  werden 
kann,  mag  dahin  gestellt  bleiben:  mir  will  sich  die  Logik 
nicht  fttgen. 

Mit  dieser  dritten  Ode  hat  sich  ein  ausgezeichneter 
Mann  dngehender  beschäftigt,  K.  L.  Stmve.  In  seinem 
Aufsatze,  'über  Veranlassung  und  Absicht'  dieses  Gedichtes 


xcviii  zu  ODE  111,  :i. 

(opusc.  vol.  2)  lese  ich:  'Wenn  ungegrabenes  Gold.  .  .  E^ 
ist  freilich  nicht  zu  leugnen,  dasz  im  Zusammenhange  diese 
Verse  fehlen  können,  da  sie,  \ne  gesagt,  nicht  Bedingung 
der  luno  sein  können;  es  ist  mir  ferner  nicht  zweifelhaft, 
(lasz  einzelne  Strophen  hier  und  da  dem  Horaz  unterge- 
schoben sind,  worüber  Buttmann  mit  feinem  Geschmack  im 
zweiten  Bande  seines  Mythologus  gesprochen  hat;  aber 
diese  herrliche  Strophe  diesem  Gedichte  nehmen  wollen, 
wie  neuere  Hyperkritik  wollte,  ist  in  meinen  Augen  wahrer 
Frevel,  da  der  ernste  Inhalt  desselben  gUnzlich  dem  tiefen 
Gefühle  des  Horaz  angemessen  ist.'  Also  weil  die  Strophe 
herrlich  ist  und  an  sich  von  Horatius  sein  könnte,  darum 
ist  sie  auch  von  Horatius;  und  nicht  nur  Aas,  sondern  sie 
steht  auch  an  dieser  Stelle  richtig.  Abgerechnet  dasz  ein 
kleiner  Euphemismus  vorgekommen:  'fehlen  können*  für 
*  fehlen  müssen .  So  schlieszt  —  das  musz  ich  noch  einmal 
sagen  —  ein  Mann  wie  Struve:  und  dies  ist  ein  recht  ein- 
dringliches Beispiel  wie  unfrei  \nr  dem  Horatius  gegenüber 
stehn.  Und  so  geht  es  uns  noch  heute.  Ich  also  kann 
nicht  anders,  als  annehmen  dasz  Horazeus  Gedicht  wirklich 
mit  triumphatisquc  possit  Roma  fer<Kv  dare  iura  Medis 
schlosz.  Das  Folgende  ist  Erweiterung,  durch  gröszeren  und 
kleineren,  auch  groszen  Unverstand  sich  verrathend,  und 
dem  Inhalte  nach  nichts  hinzufügend  was  nicht  in  der 
echten  Ode  alles  pnlgnant  enthalten  wäre.  Die  letzte 
Strophe  non  hoc  ioeosae  vonveniet  lyrae  ist  gemacht  naeh 
II,  1,  37  sed  nv  relictis  Musa  proeax  iocts  u.  s.  w.  Sie  hier 
für  Horazisch  zu  halten  und  sie  hinter  triumphatisque  possft 
Roma  fero.v  dare  iura  Medis  noch  aufzunehmen  wird  sich 
nicht  cini)fehlen.  Jener  Abschlusz  ist  so  auf  dem  Gipfel, 
möchte  ich  sagen,  angelangt,  dasz  man  gar  keine  Fortsetzung 
erwartet.  Der  Dichter  hat  die  Sache  fertig  gebracht:  und 
dann  ist  es  wunderlich  zu  sagen:  doch  höre  auf;  dieser 
Stoß'  paszt  dir  nicht.  Auch  erscheint  das  ganze  Gedicht 
von  vorn  herein  zu  ernst  und  aus  selbstangeregten  Betrach- 
tungen hervorgegangen,  als  dasz  es  naturgemäsz  und  auch 
klug  wäre,  das  Gedicht  gleich  wieder  abzuschwächen  durch 


zu  ODE  III,   3.  XC'IX 

(las  Gest&ndnisZ;  es  sei  nur  eine  Kunstpilanze  in  dem  Gar- 
ten des  Autors.  Dies  werden  die  Gründe  sein,  aus  denen 
mich  wenigstens  die  Strophe  hinter  Borna  ferox  dare  iura 
Medis  gelesep  —  denn  den  Wegfall  der  weiteren  Stro- 
phen musz  ich  entschieden  festhalten  —  jedesmal  wie  ab- 
ßllig  und  ungehörig  berührt. 

Doch  in  der  ecliten  Partie  ist  noch   einige«  in  Er\vä- 
?ung  zu  ziehen.   Hauptsächlich  das  Troica  quem  peporit  ne- 
potem  V.  32.    Dies  musz  ich   für  unmöglich   erklären.    Die 
Zeit,  in  welcher  Inno  redet,  was  und  wie  sie  es  redet  (das 
aufgeregte  Ilton  liion  —  iam    nee  —  bellum    resedif)    musz 
eine  Zeit  bald  nach   der  Zerstörung  Trojas   sein:  und    das 
Perfectum   pepertt   musz  ich    für   unmöglich  halten.     Inno 
»spricht  prophezeiend:   dederit.     Das  invisum  nepotem  heiszt 
dann :  den  mir  bis  jetzt,  in  der  Voraussicht,  verhaszten.   Ich 
meine  das  geht  wohl :  allein  ein  viel  befriedigenderer  Gedanke 
entsteht  durch  eine  kleine  Aenderung,  nämlich  in  invictum. 
Zu  betrachten    hat  man    noch    das    iihtm    ego    lucidas 
mre  sedes,  dueei^e  nectains  sticos  et  adscrihi  quietis  ordinibvs 
patiar  deorum.    Hat  Horaz  hier  einmal,    vielmehr  einmal 
drei  gleichmäszige  Glieder  so  verbunden,  einmal  oline  Con- 
junction  und    dann    mit    et?    Nein.     Es   musz    verstanden 
werden:    ich  werde    zugeben  dasz  er  in   den  Himmel  ein- 
trete  (nicht    sterbend  in  die  Unterwelt    gehe,    sondern  — 
Mortis  equis  —  in   den  Himmel    eintrete),    dasz   er  sodann 
durch  Trinken  von  Nektar  (Saft  des  Nektar  wol  absichtlich 
zur  Hervorhebung  der  belebenden  Kraft)  zum  unsterblichen 
Gotte  werde.    Allein  mir  scheint  darin  eine  gewisse  über- 
flüssige  Accuratesse  und  Pedanterie   zu  liegen.    Aber  sehr 
8chön  wird  es,  auch  die  Sonderung  in  zwei  Glieder  klarer 
hervortretend,  wenn  man  für  inire  schreibt  mcrere.    Womit 
auch  das  Moment,  von  welchem  aus  Horaz  auf  den  Romulus 
überging,  wie  durch  invictum  schlieszlich  wieder  in  Erinne- 
rung tritt,  dasz  auch  Romulus  durch  eigenes  Verdienst  sich 
überhaupt  erst  einen  Anspruch  zur  Erhöhung  unter  die  Götter 
gewinnen  konnte. 

Jene  Verbindimg  betreffend  will  ich  erinnern,  dasz  man 

02 


C  zu  ODE  lUy  4. 

zwar  Od.  I,  11;  16  sapiagj  vina  liques  et  spatio  brevi  spem 
langam  reseces  nicht  dahin  ziehen  wird,  dasz  aber  doeh 
hinter  sapias  eine  gröszere  Interpnnction  als  das  gewöhnlich 
in  den  Ausgaben  gefundene  Komma  durchaus  zweckmftszig 
ist  Aber  wie  ist  es  denn  mit  ep.  1, 1,  55  lY,  redii  et  normt 
Volteium  nomine  Menani  —  Diese  Interpunction  leitet  irre. 
Vielmehr,  wenn  man  tlberhaupt  eine  Interpunction  setzen 
will :  ii  rediif  et  narrat.  Vgl.  it  reut  officio  luppiter  ipse 
suo  Ov.  Fast,  I,  126.  atque  inter  mensas  ire  redire  suasM^rL 
12,  60.  licet  expositum  per  Urnen  opetHo  ire  redirc  graiu 
Stat.  silv,  n,  35.  ^Ov.  met.  II,  409  dum  redit  itque  frequens)^ 

Od.  III,  4   Descende  caelo  — 

Der  Sinn  in  dem  unangenehmen  und  unwahren,  leider 
nach  Analogien  nicht  zu  verdächtigenden  Pathos  der  ersten 
beiden  Strophen,  der  Fortschritt  in  der  folgenden  kann 
doch  nur  dieser  sein:  'Es  treibt  mich  zum  Glesange:  gib 
mir  nun,  Muse,  ausfllhrliches  Lied  ein  (nicht  etwa  ein  klei- 
nes Carmen  amabtle).  Hört  ihr?  Schon  ist  sie  da  mit  ihrem 
Liede,  schon  hat  sie  meine  Phantasie  mit  Auge  und  Ohr  in 
ihre  Sphäre  erhöht.  So  augenblicklich  hat  sie  mich  erhört. 
Und  so  sind  mir  von  jeher  die  Musen  gtlnstig  gewesen,  indem 
sie  mich  auf  wunderbare  Weise  aus  Gefahren  gerettet  schon 
als  Kind  (Str.  3.  4.  5),  dann  als  Erwachsenen  aus  des  Krie- 
ges Gefahren  und  der  See  und  vor  dem  stürzenden  Baum 
(Str.  7).  Und  so  würde  ich  auch  in  Zukunft  unter  allen 
Gefahren  der  drohendsten  Brandung,  des  verderblichsten 
Klimas,  der  ungastlichsten  Völker  mich  sicher  fühlen.'  In 
diesem  nothwendig  gegebenen  Gedankengange  hat  die  sechste 
Strophe  V.  21 — 24  keine  Stätte.  Heiszt  vester^  Camenae  — 
'unter  eurem  Schutze  reise  ich^  so  ist  sie  thöricht,  denn  die 
Reisen  nach  Tibur,  Präneste,  Bajä  bieten  keine  Gefahren. 
Soll  es  heiszen:  Mhr  habt  mich  schon  als  Kind  geschützt 
und  so  empfinde  ich  auch  jetzo  mich  in  eurem  Schutz,  em- 
pfinde nämlich  dasz  ihr  willig  mir  Poesie  eingebt,  sobald 
ich  hierher  auf  mein  Sabinum  oder  sonst  in  einen  jener 
stillen  und  naturschönen  Orte  —  nur  so  kann  ich  verstehen 


zu  ODE  III;  4.  CI 

waram  Rom  nicht  genannt  ist  —   am  zu   dichten  mich  hin- 
b^be'?    Das  letzte  mosz  die  Strophe    heiszen,    aber  sie 
kann  dann  unmöglich  hier  stehen;  wo  sie  den  Zusammen- 
lag der  Errettungen  aus  den  Gefahren,  den  gehörigen  und 
nuammengebörigen  Fortschritt  von  Strophe   5   zu  Strophe 
7  anertrSglich  unterbricht    Durch  ihre  gänzliche  Entfernung 
würde  die  nothwendige  Anrede   der  Musen,   Camenacj  ver- 
loren gehen.    Es   bleibt  also  übrig  ihr  den  Platz  als  dritte 
Strophe  zu    geben.    'Gleich    hat  sie    mich    erhört;  ja  wol 
immer  empfinde  ich  dasz  ihr  willig  mir  Poesie  eingebt'  usw., 
wie   oben    gesagt.    *Habt  ihr   mir    doch    euren    auffälligen 
Schatz  in  wunderbaren  Zeichen  in  erster  Kindheit  und  da- 
mals   wie    in    späteren    Lebensstufen    durch    wunderbaren 
Schutz  in  Gefahren  bewährt.    Und  so  würde  ich  auch'  usw. 
bis  Vers  37. 

Der  Fortgang  von  V.  37  wäre  nun  dieser:  *so  wie  ich 
an  mir  euer  Verdienst  erfahren  und  eben  gepriesen,  so 
habe  ich  ein  anderes  Verdienst  zu  preisen,  dessen  Wirkun- 
gen mir  nahe  liegen,  doch  zugleich  in  weitere  Sphären  des 
States  sich  hinerstrecken.  Ihr  seid  es,  in  deren  Umgang 
Cäsar  Erholung  von  den  Anstrengungen  des  Krieges  sucht, 
and  der  Umgang  mit  euch  ist  es  ohne  Zweifel,  dem  er  die 
Milde  seiner  Entschlieszungen  verdankt.  Wissen  wir  doch 
wie  lupiter  und  die  milden  Götter  Jupiters  die  wilden  Un- 
gethtlme  bewältigt.'  Dieses  Svissen  wir  doch'  hat  keinen 
Zusammenhang.  Die  Musen,  von  deren  Mitwirkung  bei 
dem  Siege  der  milden  Götter  man  nothwendig  et^vas  zu 
hören  erwartet,  verschwinden.  Es  liegt  nichts  offener  vor 
Angen  als  dasz  nach  ros  lene  consilium  et  dntis  et  dato  gau- 
deti$  abnae  ein  Gedanke  fehlt,  der  die  folgende  mythologi- 
sehe  Erzählung  passend  einfuhrt  und  fiir  den  sie  wiederum 
paszt.  Dieser  Gedanke  ist:  'und  Milde  ist  immer  stärker 
als  rohe  Gewalt'  Dieser  Gedanke,  welcher  verloren  ge- 
gangen, hat  den  Raum  zwischen  almae  und  scimus  einge- 
nommen, den  nothwendigen  Baum: 


CII  zu  ODE  UI,  4. 

V08  lenc  cousiliiim  et  datis  et  dato 
gaudetis  almae 


scimus  iit  inpios 

Titanas  immancmque  turmain 
fulmine  sustuleht  caduco. 

So  ist  alles  in  Ordnung.  Ueber  Unechthcit  der  Strophe 
testis  mearum  ist  doch  wol  nicht  nöthig  noch  ein  Wort  zu 
verlieren. 

V.  10  me  fabulosae  Volture  in  Appulo  altricis  extra 
Urnen  Apuliae  ludo  fatigatumque  somno.  Dasz  es  unsinnig 
sei  *auf  dem  AppuUschen  Voltur  ausserhalb  Appulien  hat 
Bentley  bemerkt,  ja  ausgeführt.  Ebenso  ineptum  plane  et 
absurdum  esse  de  nutricis  nomine  hie  cogitare.  Sein  altricis 
sedulae  ist  nun  aber  hier;  wo  doch  eine  Nachlässigkeit 
der  altrix  näher  liegt,  nicht  ansprechend.  S.  Horkel  S.  33. 
Horkels  adulterae  hat  auch  keinen  Beifall  gefunden:  ver- 
muthlich  weil  es  dem  gehobenen  Colorit  der  Stelle  nicht 
entsprechend  scheint.  Man  wird  von  Buchstabenähnlichkeit 
durchaus  abzusehen  haben  und  in  Apuliae  einen  Nachlässig- 
keitsfehler dur^h  Appulo  veranlaszt  oder  unverständige  Aus- 
füllung einer  Lücke  anzunehmen  haben.  Ich  habe  versucht 
—  dem'o  ludo  fatigatumque  somno.  Sollte  jemand,  gewisz 
mit  Unrecht,  wegen  des  Klanges  Bedenken  haben,  so  kann 
auch  derium  geschrieben  werden. 

V.  44  fulmine  sustulerit  caduco.  Bentley  hat  das  allge- 
mein überlieferte  caduco  in  einer  herrlichen  Anmerkung  für 
sprachwidrig  erklärt  und  dafür  corusco  geschrieben.  Ich 
habe  nach  der  genauesten  Erwägung,  deren  ich  fähig  bin, 
nicht  umhin  gekonnt  ihm  zu  folgen.  ^Cadere  et  decidere 
fulmen  passim  apud  autores  dicitur  neque  exemplis  in  re 
manifesta  est  opus.  Caducum  tarnen  fulmen,  ut  iam  dixi^ 
nemo  quisquam  appellavii.  Quid  ita?  nempe  quia  %b  caducus^ 
etsi  a  cadendo  dictum  sitj  notioni  tarnen  cadendi  semper  super- 
addat  infirmitatemj  debilitatem,  fragilitatem:  ita  ut  non  quae- 


zu  ODE  111,   4.  ClU 

ruHfue  guogue  modo   cadant  caduca  rede  dtcantur:    sed  ea 
tola  guae  sponte  et  suapte  imbecillüate  o//  casum  et  ruinam 
tendant,    lin  lignum  caducum  apud  nostrum    (Od.-U,  13   te 
triste  lignum,  te   caducum  in    domini  caput  immerentis)^  guia 
prae  retustate  diutius  stare  non  potuit,   ita  alii  folia  caduca 
glandes,  Jrondes,  ßores,  guitaSj   rivos^  lucrumas,  spes,  res  ca- 
hcas  et  similia  (die  Wörterbücher  sind  an  Stoff  nicht  arm) 
dixerunt  u.  8.  w.    Nämlich  caducus  ist  unter  allen  Umstän- 
den adjectivischer  Bedeutung,  nicht  weniger  als  etwa  occi^ 
duus,  deciduus,  nicht  verbaler,  participialer.    Wenn  es  Aen. 
M,  481,  wo  Aeneas  in  die  Gegenden  der  Unterweltsgefilde 
kommt  quae  hello  clari  secreta  freguentant,  heiszt,  nachdem 
er  erst  mehrere  dort  erschaute  Griechen  genannt:  hie  mul- 
tum    fleti  ad   superos  bellogue   caduci  Dardanidae,   guos  ille 
omnes  longo  ordine  cemens  ingemuit,  Glaucumgue  Medontague 
u.  s.  w.,  so  kann  das  unmöglich  blos  heiszen,  ^die  im  Kriege 
gefallenen ,    sondern  gleichsam   'die  im  Kriege  hinfälligen  : 
es  lag  gleichsam  in  der  Natur  der  Trojaner,   es  war  ihnen 
als  eine  Eigenschaft,  —  als  ihr  Loos  —  mitgegeben,  durch 
den  Krieg  vor  der  Zeit  des  natürlichen  Todes  hinzuster- 
ben:  kriegshinfällige:  sie  waren  ntwaifiog  atgatog  Aesch. 
Ag.  618.    Wenn  die  Menschen  im  allgemeinen  alle  caduci 
heiszen  können,  so  können  es  doch  auch  noch  einzelne  vor- 
zugsweise.    So    auch    vom  Turnus  Aen.    VIII,    623  si  7nora 
praesentis  leti  tempusgue  caduca  oratur  iuveni.    Er  war  nun 
einmal,  zum  frühzeirigen  Tode  bestimmt,  wie  Achilles,  vor- 
zugsweise ein  caducus  und  als  zum  frühzeitigen  Hinsterben 
durch  den  Krieg   bestimmt  könnte  er  ein  hello  caduats  hei- 
szen.   So  jene  Trojaner  alle. 

Aber  wie  ist  es,  wenn  es  von  der  vor  Müdigkeit  end- 
lich hinsinkenden  Byblis  heiszt:  Ov.  Met.  IX,  651  deficiunt 
siltae,  cum  tu  lassata  seguendo  concidis  et  dura  positis  tel- 
Iure  capillis,  Btfbli,  iaces  frondesgue  tuo  premis  ore  caducas. 
Wie  man  dort  bei  bellogue  cadeniis  beiErklärem  fälschlich  las 
neoovreg,  so  hier  frondes  caducas  ^ folia  guae  deciderunt'  In 
gleicher  Art  steht  Met,  VII,  841  in  der  Geschichte  des  Kephalus 
fronde  letem  rursus  slrepitum  facietite  caduca  sum  ratus  esse 


CIV  ZV  ODE  III,   4. 

Jeram,  Es  kann  nur  heiszen  'abfälliges  Laub',  seine  Natur 
bezeichnend.  Gar  nicht  anders  als  Verg.  Ge.  I,  368  unter 
den  Zeichen  des  nahenden  Sturmes:  videbis  saepe  levem  pmr 
leam  et  frondes  voUtare  caducasy  'gefallene  Blätter  Vom 
nicht  genau.  Die  Frage  kann  nur  die  sein,  ob  es  an  diesen 
Stellen  allgemeines  Beiwort  des  Laubes  ist  oder  die  caduem^ 
frondes^  die  es  immer  gicbt,  in  gewissen  Jahreszeiten  vor- 
zugsweise giebt;  als  eine  besondere  Art  bezeichnend  'Fall- 
laub'. FQr  das  letzte  wird  man  sich  entscheiden:  decid^m 
heiszt  dies  auch :  Plin.  h.  n.  X\1II,  25,  60 :  Die  rechte  Zeit 
des  Säens  ist  non  pn'us  quam  foUa  deciderint.  Man  nimmt 
dafür  am  Untergang  der  Yergilien  an:  sed  ille  indodlü 
caeli  agricola  hoc  Signum  habeat  mter  suos  vepris  humumque 
suam  adspiciens  cum  [folta  deeident]  riderit  decidua.  Im  Bereich 
des  LaubeS;  der  Früchte  ist  dies  caducus  stehender  Sprach- 
gebrauch geworden:  so  sagte  man  spicu  caduca,  poj^aj 
oleae,  u.  s.  w.  So  Lucret.  Y,  1363  at  specimen  saüonis  ei 
iimtiorüs  origo  ipsa  fuil  verum  prhnum  natura  creatria?^  ar- 
boribus  quoniam  bacae  glandesque  caducae  tempesHva  dabant 
puUorum  examma  supter,  nicht  Mie  herabgefallenen  oder 
herabfallenden ,  sondern  diejenigen,  die  ihrer  Natur  nach 
herabzufallen  pflegen.  Da  Früchte  vorzugsweise  caducae 
sind,  wenn  sie  überreif,  ja  augekommen  sind,  so  kann  bei 
Früchten  auch  diese  Eigenschaft  damit  vorzugsweise  bezeich- 
net werden:  poma  caauca,  (Gegensatz  inlegra  et  paene  dura 
Pallad.  III,  25  S.  91  ed,  Bip.  lu  anderer  Sphäre  aqua 
caduca  dasjenige  Wasser,  welches  aus  einem  Gefäsz  über 
den  Rand  fiiessen  muss,  überflüssiges :  Yarro  de  re  rust.  3, 5.  Aus 
•einem  Gefäsz  oder  Bassin:  Frontin.  II,  94  ein  altes  Gesetz: 
ne  quis  privatus  aliam  aquam  dueut  quam  quae  ex  lacu  humum 
accidit:  haec  e?im  sunt  vef*ba  legü\  id  est  quae  ex  lacu  abun- 
davit:  eam  nos  caducam  vocamus.  Das  sind  die  aquae  caducae 
bei  Ov.  Pont.  II,  6,  26,  durch  welche  ein  darunterliegender 
Stein  oder  steinerner  Boden  allmählich  gehöhlt  wird:  utque 
caducis  percussu  crebro  saxa  cavantur  aquis.  Also  caducus 
heiszt  alles  was  wegen  Mangel  an  Festigkeit,  Halt,  Haltbar- 
keit {muf*us  caducus)  zum  Falleu   geneigt  ist,    und    deshalb 


ZC   ODE  lU;   4.  CV 

knflpfte  cdch  an  das  Wort  so  vorzugsweise  der  metaphorische 

Oebnuich  'hinfällig^   selbst  bis  dahin,   wo    der  Begriff  des 

Nlens  gar  verschwand  wie  caducae  UUerae  fiunt  bei  gewisser 

Zabereitiing  des  Papiers  Plin.  A.  n.  Xm,  12,  25.  oder  aus 

doMlben   litterarischen  Sphäre  bei  Symmachus  lY,    34   et 

Mttrtiorum  quidem  vatum    divinoHo  caducis   corticibus  incuh 

ettü  est.  Und  wir  sind  vielleicht  geneigt  hin  und  wieder  etwas 

Dehreres  in  das  Wort  zu  legen  wo  vielleicht  blos  au  diesen 

metaphorischen  Gebrauch  gedacht  war.    Z.  B.  wenn  Ovid 

ngt  Met.  VI,  395  von  der  Quelle,  die  aus  den   vielen  um 

Harayas  geweinten  Thränen  entquoll :  fertilis  immaduit  laade- 

factaque   terra  caducas   concepit  lacrimas  ac  venis  perbibit 

mü,  so  soll  vielleicht  gar  nichts  weiter  verstanden  werden 

üb:  die  hinfälligen  Thrftnen    wurden  diesmal  festgehalten 

za  etwas  Dauerndem.    Dasz  nun  dieser  bisher  behandelte 

Gebrauch  der  allgemein  überwiegende  ist   lehrt  also  alles. 

Und  es  entsteht  die  Frage,  hat  man  dennoch  caducus  auch 

hin  und  wieder   gesagt  von  Dingen,  die  nicht  aus  Mangel 

an  Stütze  und  Halt  und    aus  Schwächliclikeit    zum  Fallen 

eine  Neigung    haben,    sondern   auch    von    solchen    welche 

niederfallen  durch  eine  in  ihrer  Natur  liegende  Kraft  und 

Miichtigkeit :  von  welcher  Art  es  wäre  wenn   man  gesagt 

hätte  fulmen  caducum^  was  jedenfalls  nicht  cadens,   decidena 

VI  erklären  wäre,  sondern  ausdrucksvoller  Messen  Natur  es 

ist  herabzustürzen.' 

Bentley  leugnet  das:  er  kannte  keine  Stellen  für  sol- 
chen Gebrauch  des  caducus:  abgerechnet  dasz  er  für  die 
Anwendung  auf  den  Blitz  noch  insbesondere  auf  die  Stelle 
Sen.  quaest.  n.  11,  23  aufmerksam  macht,  wo  vom  Wetter- 
leuchten (fulgurj^  im  Gegensatz  des  Blitzes  (fulmen),  dem 
^U/nüf  qui  ejcsplendescat  modo  nee  ewsiliat,  gesagt  wird,  weil 
*  minore  vi  ad  fulgurandum  opus  est  ,  quam  ad  fulminan- 
dum\  so  entstehe  es  wol  durch  eine  geringere  Rei- 
bung, durch  welche  eben  nur  ^ewcutitur  igiiis  caducus  et 
cito  interiturws.  Das  ist,  wie  er  II.  c.  12  es  ausdrückt,  die 
fidquratio,  welche  comminatio  est^  conatio  sine  ictu,  jenes  die 


CVl  zu  ODE   lll,   4. 

fulmvuUio,  die  laculatio  cum  ictu:  welche  vpir  doch  für  den 
lupiter  brauchen. 

Bemerken  will  ich  hiebei,  wiewol  aus  deciduus  nichts 
für  caducus  folgt,  denn  es  handelt  sich  jetzt  um  Sprachge- 
brauch; dasz  wenn  Plinius  jene  Veniger  bekannte'  Ansiebt 
über  den  Blitz  berührt,  superiorum  triam  sidemm  (des  Sa- 
tumus,  lupiter,  Mars)  igrtes  esse  qui  decidm  ad  tef*ras  ßd" 
minum  nomen  habetit,  h,  n.  II,  20,  18  —  dasz  damit  die 
Blitze  als  ein  Feuer  ab  fall  aus  den  Feuern  jener  Planeten 
bezeichnet  werden,  ein  abfallender  üeberschusz.  Wie 
Anaxagoras  sagte,  nach  Sen.  qu.  n.  II,  12,  illum  ignem  ex 
aethere  distUIare  et  ex  tanto  ardore  caeli  multa  decidere, 
quae  nubes  diu  inclusa  custodiant,  (A.  w.  II,  8,  6  sidera  — 
nee  cum  suo  quaeque  homine  orta  moriuntur  nee  aliquem  ex^ 
stingui  decidua  significant.)  Doch  zurück  zu  caducus  und  zu 
Bentley.  Die  Herausgeber  kümmert  das  alles  nicht:  'spasz- 
haft  ist,  dasz  man  ihm  sogar  entgegenhält:  ^tela  caduca 
Prop.  IV,  2,  53',  nämlich:  vidi  ego  latentes  acies  et  tela  ca- 
duca atque  hostes  turpi  terga  dedisse  fuga.  Was  sogar  dann 
schon  spaszhaft  wäre,  wenn  er  nicht  selbst  diese  Stelle  aus- 
drücklich angeführt  und  behandelt  hätte:  ^telum  caducum 
est  debile  et  cassum,  nullo  inipetu  et  invalido  brachio  tortum^ 
ut  ostendet  tibi  Proper tius  IV,  2*.  Kurz  ich  sehe  nicht  dasz 
gegen  Bentley  etwas  beigebracht  wäre.  Leider  bin  ich  auch 
unwissend :  ich  kenne  nur  eine  Stelle,  welche  ein  Bedenken 
erregen  könnte,  aus  —  Sidon.  Apollinaris  epist  II,  2. 
Der  hat  von  einem  aus  den  Bergen  hergeleiteten  Flnsz,  der 
in  ein  Bassin  durch  sechs  Röhren  und  ihre  Löwenköpfe 
herabfiel,  gesagt  dasz  prae  strepitu  caduci  ßumrnis  die  Um- 
stehenden sich  nicht  vernehmen  könnten.  Das  ist  eine 
solche  Abweichung  von  dem  sonst  bisher  erkannten  Ge- 
brauch von  aqua  caduca^  wie  fulmen  caducum  bei  Horaz 
wäre.  (Richtig  sagt  er  si  quid  forte  deiectu  caducae  frondis 
ager  insorduit  ep.  V,  13).  Einen  so  späten  Zeugen,  der 
vielleicht  absichtlich  neuerte  und  aflfectirte,  vielleicht  eine 
alte  Stelle  miszdeutete,  für  den  Horaz  beweisen  zu  lassen, 
scheint  mir   nicht  thunlich.    Bis  wir  also    des  weitem  be- 


zu  ODE   III,   5.  CVll 

lehrt  werden,  durfte  ich  caduco  nicht  schreiben.  Sein  corus- 
cmfiämen  hat  Bentley  durch  eine  glänzende  Reihe  von 
Stellen  aus  allen  Zeiten  Römischer  Poesie  Ton  Cicero  bis 
AusoniuB  belegt,  deren  mehrere  vom  Blitz  schleudernden 
lopiter  der  unsem  ganz  ähnlich  sind. 

Od.  in,  5  Caelo  tonantem  — 

In  dieser  Ode  findet  sich  das  viel  besprochene  periret 
in  der  Cäsurstelle,  wo  eine  Länge  zu  er>varten  wäre. 

si  Don  periret  immiserabilis 
captiva  pubes.  'signa  ego  puiiicis 
adfixa  delabris  et  arma 
milidbus  sine  caede'  dixit 

'derepta  vidi,  vidi  ego  civium 
retorta  tergo  bracchia  libero 
portasque  non  claasas  et  arva 
marte  coli  populata  nostro*. 

Es  war  schon  von  Glareanus  vorgeschlagen  perirent, 
Gewisz  ist  uns  bei  einem  Statins  unter  allen  Umständen 
onanstöszig  ein  et  in  remis  hilaris  sedere  itiventus  Ach.  I 
559.  Bei  Ovid  werden  wir  wenigstens  bald  inne,  dasz  er 
den  Plural  bei  dem  CoUectivum  oft  anwendet  und  dürfen 
nicht  zweifeln  an  einem  iamque  brevis  spatium  vitäe  sortita 
iyventu*  sanguineam  trepido  plangebant  pectora  matrem^ 
quinque  superstitibus  Met,  III,  125.  Zumal  auch  diese  Stelle 
zu  denen  gehört,  wo  durch  Anwendung  des  Plurals  jeder 
dnzelne  aus  der  Menge  mit  seiner  Thätigkeit,  vielleicht 
auch  mit  seinem  energischen  Leiden  naturgemäsz  vor  die 
Phantasie  tritt  Wohin  die  Horazische  Stelle  gar  nicht  ge- 
hört. Und  um  so  mehr  müszte  der  Plural  auffallen  nicht 
nur  als  ungebräuchlich  für  den  Horaz,  sondern  auch  als  un- 
geschickt, da  man  um  so  mehr  merken  würde,  nur  die  ge- 
forderte Länge  in  der  Gäsur  habe  ihn  herbeigeführt.  So 
musz  wol  auch  Bentley  geurtheilt  haben,  der  nicht  schrieb 
perirent  immiserabilis  captiva  pubes,  sondern  perirent  immise- 
rabileSj  captiva  pubes,  —  Lachmanns  perires  befriedigt  wol 


CVIII  zu  ODE   lU,  5. 

auch  nicht  jedermann.  Meineke  hat  es  nicht  aufgenommen, 
während  er  doch  Lachmanns  freilich  wunderschönes  anjpiu 
y.  37  unbedenklich  in  den  Text  genommen.  Ich  meinet 
Theils  könnte  mich  nur  entscheiden  fQr  Bentlev*s  ft  nam 
perircnt  himiserabiles,  capliva  pubes.  Denn  dasz  Horatios, 
was  neuerlich  behauptet  worden,  aus  der  Altlatinität  sich 
einmal  ein  periret  mit  Länge  in  der  Thesis  hergenommen, 
g.  Corssen  krit.  Beiträge  560,  —  wozu  jüngst  gefügt  wird 
i^is  lliacas  domos  I,  1 5,  36,  BUcheler  Grundrisz  der  Latei- 
nischen Declination  S.  8,  dergleichen  gestehe  ich  auch  von 
ausgezeichneten  Männern,  von  denen  ich  immer  lerne  und 
immer  zu  lernen  geneigt  bin,  nicht  annehmen  zu  können. 
So  sehr  hat  es  die  innem  Gründe  gegen  sich  gerade  und 
vorzugsweise  bei  Horatius,  der  mit  der  Altlatinität  auf  einem 
so  entschieden  gespannten  Fusz  steht,  dem  solche  Formen, 
wenn  er  sie  bei  den  Alten  fand,  abstoszcud  waren.  Und 
wenn  ich  nun  lese:  'Auch  bei  Horaz  findet  sich  in  der 
Verssenkung  handschriftlich  verbürgt  periret  gemessen  Corssen 
a.  a.  0.,  so  bleibt  mir  nur  übrig  zu  sagen,  dasz  für  solche 
Bedeutung  handschriftlicher  Bürgschaft  in  der  Ueberlieferung 
der  Horatiusoden  mir  jedes  Orgaif  abgeht.  —  Wie  aber 
wenn  die  beiden  Strophen  gar  nicht  von  Horatius  sind, 
sondern  Interpolationen?  Denn  welchen  vernünftigen  Sinn 
hat  denn  das  vidi  portas  non  clavsas  et  nrv>a  marte  coli  popu" 
lata  nosiro?  Man  versuche  doch  die  Phrase  sich  klar  zu 
machen.  Wie  man  es  versuchen  wird,  man  wird  auf  Un- 
sinn stoszeu.  Bei  dem  'ich  habe  die  Thore  nicht  verschlos- 
sen gesehen  unter  allen  Umständen.  Das  'ich  habe  die 
verwüsteten  Felder  von  unsern  Soldaten  bebauen  sehn  ist 
zwar  kein  Unsinn,  wenn  man  es  so  versteht;  aber  welch 
einen  Stylisten  verräth  das.  Denn  wer  da  liest  vidi  arva 
marte  coli  populatu  nostro  wird  doch  zunächst  verstehn: 
'ich  habe  die  von  unserm  Eriegsheer  verwüsteten  Felder 
bebauen  sehn .  Ganz  mit  Recht.  Weil  erstlich  auch  der 
Gedanke  erwartet:  'die  von  uns  verwüsteten  Felder  und 
das  fehlende  'von  uns'  ungern  vermiszt  wird,  und  weil 
zweitens  das  inarte  mit  populatu  natürlich  zusammens(*hieszt, 


zu  ODE  lU,   5.  6.  CIX 

ig  wuurie  so  in  aufldrackBYoIler  Anwendung,  nicht  nur  als 
nichtssagende  Figur  fttr  exerdtus  genommen  werden  darf: 
das  Heer  in  so  fem  es  eben  verheerend,  erobernd  gedacht 
wird.  —  TTebrigens  käme  das  hier  Gesagte  sehr  ähnlich 
wieder  V.  34.  35 :  auch '  ein  marie,  und  zwar  ein  ausdrucks- 
volles. Nach  dem  allen  hat  es  fQr  mich  die  gröszeste  Wahr- 
deheinliehkeit,  dasz  aus  Horatius  Händen,  und  zwar  sehr 
schön  mit  unmittelbarem  Hineingehen  in  die  Rede  des  Re- 
glos nur  folgendes  gekommen : 

lioc  carerat  mens  provida  Reguli 
dissentientis  condicionibus 
foedis  et  exemplo  trahenti 
perniciem  veniens  in  aevum. 

'anro  repensos  scilicet  acrior 
miles  redibit?  flagitio  additis 
damnum  u.  s.  w. 

Od.  in,  6  dclieta  maionim  — 

In  einem  liebenswttrdigen  Buche  eine«  liebenswürdigen 
Autors,  im  Diderot  von  Rosenkranz,  wird  aus  dem  Kreise 
jener  geistreichen  Nichtphilologen  über  diese  Ode  eine  Ge- 
schichte erzählt 7  Th.  II  S.  293.  4.  Diderots  moralisches 
Bedenken  über  das  delicta  maiorum  immeritus  Ines  ist  frei- 
lieh eben  so  dilettantisch  als  die  Lösung,  zu  interpungiren 
«kUda^  maiotmm  immet^Hus^  lues  —  mit  der  Bedeutung 
aya^iog  twv  /rariQiov.  Wenn  aber  sein  Freund,  der  italie- 
nische Geschäftsträger  in  Paris,  Galiani,  der  dies  nicht  an- 
nehmen wollte,  bei  diesen  Verhandlungen  die  Hypothese 
aufstellte  über  die  Composition  der  Ode  als  einer  von  zwei 
Interlocutoren  im  Wechselgesange  vorgetragenen,  so  hatte 
er  die  richtige  Empfindung,  wozu  man  allerdings  kein  Phi- 
lologe zu  sein  braucht,  dasz  Anfang  und  Fortgang  der  Ode 
doreliaue  nicht  zusammenstimmen.  Die  drei  ersten  Strophen 
besagen:  Vernachlässigung  der  Pietät,  des  Cultus  (Tempel- 
rerfsM,  Nichtberücksichtigung  abmahnender  Anzeichen;  haben 


ex  Zr  ODE  lU,  6. 

da»  Unglück  über  Rom  herbeigeführt.  Sie  besagen  auszer- 
dein:  das  jetzige  Geschlecht  sei  daran  unschuldig.  Die 
Strophen  von  Fecunda  culpap  —  und  wo  ist  irgend  ein  Ueber- 
gang?  —  ftlhren  alles  zurück  auf  die  moralisclie  Verderbt- 
heit ,  den  Verfall  der  Sittlichkeit ,  und  geben  dabei  dem 
jetzigen  Geschlecht,  das,  ausdrücklich  gesagt,  noch  schlech* 
ter  sei  als  das  vorangehende,  eine  grosse  Mitschuld.  Von 
Fecunda  culpae  —  ha1)en  wir  ein  hübsches  Gedicht,  auch 
nur  an  einer  Stelle  durch  falsche  Lesart  entstellt,  sei's  daai 
man  mafnra  virgo  durch  Biichstabenvcrschreibung  herbeige- 
führt glaubt ,  wo  man  dann  wol  matrumque  virgo  fingitur 
urttbus  schreiben  möchte,  oder,  was  unzweifelhaft  im  Hora- 
tiuH  nicht  selten  ist,  durch  unverstandig  ausgefüllte  Lücke, 
wo  dann  einfach  R^mana  vir^o  et  sich  darbietet.  Was  ich 
v«)rgezogen.  Doch  diesem  hübschen  Gedicht  fehlt  der  An- 
fang, wie  dem  vorangehenden  der  Schlusz.  Von  der  Strophe 
paene  ovcupatam  ist  bisher  noch  nicht  gesprochen.  Im  ersten 
Au^reublick  scheint  sie  zu  der  vorhergehenden  nicht  zu 
passen,  weil  die  Entzweiungen,  welche  die  Stadt  dem 
Untergange  durch  barbarische  Volker  nahe  gebracht,  ein 
«anderes  Motiv  scheinen  als  die  Nichtberücksichtigung  der 
Aus])icien.  Indessen  könnte  auch  wol  so  gemeint  sein :  die 
über  unsere  ünfrömmigkeit  erzürnten  Götter  haben  uns  viel 
Unheil  gegeben.  Sie  haben  den  unter  Xi(».htbeachtung  der 
Anspielen  unternommenen  Angriffen  gegen  die  Parther  einen 
schimpflichen  Ausgang  gegeben:  sie  haben  innerhalb  der 
Stadt  Entzweiung  entstehn  lassen  und  dadurch  die  Stadt 
selbst  der  Zerstörung  durch  Barbarenvölker  nahe  gebracht. 
Nun  aber  müssen  wir  noch  einmal  auf  den  Anfang  des 
ersten  Gedichtes,  dessen  geschichtliche  Angaben  übrigens 
gerechtfertigt  sind,  s.  Mommsen  res  g,  dtin  Aug.  p,  58,  p.  85, 
—  zurüekkt>mmeii.  'l)u  wirst  die  Vergehen  der  Vorfahren 
unvei-schuldet  büszen,  bis  du  die  verfallenen  Göttertempel 
und  die  schmählich  verna(*hlässigten  Götterbilder  wiederher- 
gestellt haben  wirst'.  Unverschuldet?  Wie  das?  Dasz  die 
Vorfahren  sie  haben  verfallen  lassen,  daran  ist  er  unver- 
schuldet, aber  dasz  er  sie  bis  jetzt  nicht  hergestellt,    dasz 


ZV  ODE  lU,  6.  S.  (;Xl 

er  daran  gemahnt  werden  musz,  dasz  der  Dichter  sich  ver- 
anlaszt  findet  ^  das  Vorhaben  des  Augustus  durch  eine  Ode 
ab  eine  so  dringende  Pietätspflicht  dem  Römer  erst  ans  Herz 
zu  l^en,  auch  daran  ist  er  unverschuldet?  und  'Du  wirst 
die  Vernachlässigung   der  Vorfahren   büszen,    ohne   daran 
aehald  zu  sein   —  soll  unter  solchen  Umständen  gesagt  wer- 
den können,   ohne  dasz  hinzugefügt  wird:    derer  du   dich 
aber  durch  Fortverharren  in  derselben  Vernachlässigung  mit- 
schuldig machst?  —  Nicht  ein  moralisches  Bedenken  macht 
nng  das  mmerttusy  aber  ein  sehr  groszes  logisches,  mir  ein 
unüberwindliches.     Ich  weisz  nur  vorzuschlagen  heu  meritvs. 
Hiermit  wäre  dann  der  schroffe  Gegensatz  zwischen    dem 
'unverschuldet'  am  Anfange  und  dem  Verschuldet'  am  Schlusz 
nicht  mehr  vorhanden.    Aber  ttbrigens  bleiben  die    ausein- 
andergehenden   beiden   Theile    unvermittelt    und    ein  Risz 
nach  V.   16  bleibt  unwidersprechlich  bestehen.     Vielleicht 
käme  nun  Jemand  auf  die  Meinung  es  liesze  sich  nach  V. 
16  in  den  ausgefallenen  Strophen   ein   Uebergang  aus  der 
ünfrGmmigkeit  in  die  Unsittlichkeit  annehmen  und,    zuge- 
geben immer   den  Ausfall  von  Strophen,  hätten  wir  viel- 
leicht doch  ein  Gedicht  vor  uns,  nicht  zwei.    Mir  ist  dies 
weniger  wahrscheinlich:  indessen  hier,  aber  auch  erst  hier, 
hOrt  die  Gewiszheit  auf. 

Od.  ni,  8  Martiis  caelebs  — 

V.  5.  Ob  docte  sermones  utHusqve  linguue,  von  Bentley 
erklärt:  gelehrt  in  den  Schriften  beider  Sprachen  —  richtig 
ist,  da  der  erhobene  Zweifel,  ob  die  Erwähnung  seiner  grossen 
Gelehrsamkeit,  gar  auch  in  griechischen  Schriften,  denn 
hier  veranlaszt  sei,  nicht  ohne  Grund  ist,  das  mag  dahin- 
gestellt bleiben.  Sicher  ist,  dasz  eine  andere  Zeile  dieses 
Gedichtes  nicht  die  ursprüngliche  sein  kann :  nämlich .  V. 
16  procul  omnis  esto  clamor  et  ira.  Das  ist  ja  unter  den 
gegebenen  Umständen  unsinnig.  Von  wem  ist  denn  da 
Prügelei  zu  fürchten  ?  Der  richtige  Vers  miisz  verloren  ge- 
wesen   sein.     Ich  habe   geschrieben  pronti  omnis  esto  cura 


cxn  zu  ODE  m,  lo.  ii. 

futurL  Die  letzte  Strophe  ist  von  Meineke  eingeklammert 
Jedenfalls  sind  die  beiden  ersten  Zeilen  ohne  Sinn.  Die 
beiden  letzten  sind  gut  und  geben  einen  recht  passenden 
Schlusz.  Ich  habe  sie  beibehalten.  Da  wäre  also  in  dem- 
selben Gedicht  noch  ein  dritter  und  vierter  schlechter  Vors 
eingesetzt  für  die  ursprünglichen.  Natürlich  soll  das  nielit 
behauptet  werden.  Man  darf  eben  so  wol  die  ganze  Strophe 
für  unecht  halten. 

Od.  III,   10  Extremum  Tanain  — 

V.  15  hat  Meineke  bekanntlich  Pieria  als  nomen  pro- 
prium nachgewiesen.  Die  Interpunction,  die  auch  er  hat 
wie  andere,  Komma  hinter  curvat  und  suppUcihus  tuis  par^ 
oas  verbunden,  ist  gewiss  nicht  die  richtige,  parcas  verlangt  der 
Sprechende  kräftig  und sinngemäsz  für  sich.  Zum  UeberflusE 
habe  ich  angemerkt  miserere  supplieibus  tuis  Coripp.  I,  175. 

V.  19,  20  nach  der  Ueberlieferung  non  hoc  semper  erii 
liminis  aut  aquae  caelestis  patieus  latus  erscheinen  mir  jedes- 
mal komisch.  Denn  was  droht  er  ihr  damit?  Entweder: 
ich  werde  mir  durch  das  harte  und  naszkalte  Liegen  zu- 
letzt noch  Hüftweh  oder  Fieber  zuziehn.  Oder:  ich  werde 
doch  endlich  das  harte  und  kalte  Liegen  nicht  mehr  aus- 
halten und  ganz  wegbleiben.  —  Ich  habe  geschrieben  non 
hoc  commcruit  liminis  aut  aquae  caelestis  patiens  latus. 

Od.  m,  11  Mercuri  — 

Lyde,  die  in  jugendlich  muthwilliger  Mädchenhaftigkeit, 
wenn  man  will,  Spnldigkeit,  noch  von  dem  Liebesverlangen 
nichts  weisz  oder  wissen  mag,  soll  zur  Liebe  bestimmt  wer- 
den dadurch,  dasz  sie  ihr  Ohr  leiht  der  Geschichte  von 
jenen  Mädchen,  die  zu  unliebsamer  Ehe  gezwungen  in  dw 
Brautnacht  ihre  Männer  mordeten!  Das  ist  absurd.  Oder 
durch  die  Geschichte  jener  einen,  die  in  so  schreckliche  und 
ungewöhnliche  Alternative  versetzt,  mitleidiger,  vielleicht 
liebender  G^innung  nachgebend,  um  jenes  Verbrechen  nicht 


zu   ODE  III,    11.  CXIII 

ZU  be^eLen  in  den  Fall  kommt,  sich  selbst  zu  opfern  und 
Scbreckliches  zu  erdulden.  Auch  das  ist  albern.  Es  erinnert 
mich  an  jenen  albern  frömmelnden  Candidaten  bei  Fritz 
Beuter,  der,  während  er  ein  Mädchen  sich  zur  Heirath  ge- 
oei^  stimmen  will,  ihr  die  Ehe  und  Ehepflichten  als  eine 
Hölle  schildert.  Der  angemessene  Stoflf  für  ein  solches  Lied 
war  allein  entweder  eine  Erzählung  von  Sprödigkeit,  welche 
Venus  strafte,  oder  von  einem  beglückten;  beseligenden 
Liebesverhältnis.  Indessen  wir  sind  vielleicht  von  einer 
falschen  Voraussetzung  ausgegangen.  Nemlich  bei  dem  die 
modoSy  quibus  obstinaias  adpUcet  auris  bleibt  es  fraglich ;  soll 
die  Lyra  ein  Lied  geben,  das  auch  seinem  Inhalte  nach  der 
Lage  angepaszt  und  durch  solchen  Inhalt  bestimmend  für 
das  Mädchen  sein  soll:  das  zuerst  sich  Darbietende  scheint 
dies  allerdings:  oder  soll  die  Lyra  nur  eine  übrigens  gleich- 
göltige,  aber  spannende,  das  wilde  Kind  zur  Aufmerksamkeit 
zwingende  Geschichte  geben,  wodurch  sie  mittelbar  auch 
aufmerksam  würde  für  den  Sänger?  Und  doch!  auch  bei 
dem  letzten  Zweck  singt  man  ihr  gerade  die  Schauder  der 
Liebe  und  die  Liebestragödie  vor?  Ein  angenehmes  Mähr- 
chen vielmehr,  sollte  man  glauben,  wie  es  Desdemona 
fesselte.  Namentlich  aber  der  emphatisch  vorangestellte 
Anfang:  so  höre  Lydc  denn  die  Gesehielite  von  den  Mörde- 
rinnen ihrer  Männer  und  der  Strafe,  welche  sie  noch  in  der 
Unterwelt  büszen,  ist  dann  eben  auch  vom  Blödsinn  nicht 
ferne.  Denke  man  sich  jedoch  bei  dieser  Ansicht  von  dem 
Zweck  des  Liedes  diese  Uebergangstrophc  einmal  weg  und 
mache  eine  nothwendige  Aenderung  etwa  wie  diese:  SteUt 
nma  paullum  sicca,  dum  f/rafo  Danai  puellns  cannine  mulces. 
Qvae  luunt  poenas  etiam  sub  Orco.  Dasz  er  also  im  Vorhaben, 
iigend  eine  Geschichte  aus  der  anziehenden  Fabelwelt  vor- 
zutragen, sich  durch  einen  Anstosz  in  eine  solche  Geschichte 
Uneinziehen  läszt,  um  so  unbefangener,  je  weiter  sie  von 
einer  Beziehung  auf  den  gegenwärtigen  Fall  abliegt.  Und 
läsen  wir  das  Gedicht  also,  so  würde  ich  nichts  zu  verwerfen 
wagen.  Auch  wird  sich  in  den  Strophen  von  quae  manent 
(was  in  der  vorhergehenden  mit  dem  lymphaefundo  pereuntis 

Leiu«.  HoimtiUB.  H 


CXIV  zu  ODE  lU,   11.  • 

• 

imo  vielleicht  nicht  ganz  unbedenklich  ist)  wol  gar  nichts 
angeben  lassen  in  Sprache  und  Art  der  Erzählung,  was 
nicht  hübsch  genug  wäre.  Worauf  ich  sogleich  noch  zurdok- 
komme.  Jetzt  erst  ttber  die  Interpolation,  die  ich,  wie  schon 
gesagt,  wirklich  annehme.  Dasz  das  Gedicht  nach  der  vierten 
Strophe  eine  Interpolation  V.  17  —  20  erhalten  hat,  ist  be- 
kanntlich allgemeines  Urtheil  bedeutender  Männer.  Es  ist 
jenes  Cerberus  quamvis  furiale  centum  muniant  atigues  capui 
citis  atque  spirihis  laeier  sanwsque  manet  ore  triiingui:  das 
Bentley  durch  eine  wahrhaft  treffliche  Conjectur  mpul  ex- 
eatque  zu  retten  suchte,  während  doch  schon  der  blosze  er- 
klärend eintretende  Name  Cerberus  an  die  Hand  des  Horas 
nicht  glauben  läszt.  Wir  nehmen  also  an,  dasz  noch  eine 
zweite  Strophe  interpolirt  ist  V.  25 — 28,  und  nehmen  noch 
an,  dasz  der  Interpolator  eine  Strophe  bildete,  für  die  ee 
ihm  bequem  war  (er  hatte  poenas  schon  selbst  gebraucht) 
in  der  nächsten  echten  Strophe  eine  kleine  Aenderung  vor- 
zunehmen, von  quao  iuunt  poenas  in  quac  manent  culpas.  — 
Doch  Meineke  urtheilt  noch  ttber  die  letzte  Strophe,  sie  sei 
mit  Recht  von  Peerlkamp  bezweifelt  worden.  Ich  kann  nicht 
anders  als  sie  ^elir  schon  finden  und  Peerlkamps  Reden, 
dasz  ^nostri  memorem  sepulcro  scalpe  querellani  verba  inepta 
seien,  äusserst  nichtig.  Er  beginnt :  '  Verba  inepta.  Suaserat 
Lt/nceo  ut  qitam  celerrime  fugeret.  Quo  modo  iam  dicere 
potest  incide  epitaphium  in  tnco  sepulcro f'  Sie  sagt:  geh 
imter  glücklicher  Vorbedeutung,  sodasz  du  entkommst  und 
fortlebst.  Sie  sieht  ganz  natürlich  in  ihm  den  Ueberleben- 
den,  während  sie  für  sich  unter  irgend  welcher  Gestalt  den 
baldigen  Tod  vor  Augen  sieht.  Ihr  Grab  wird  er  entweder 
wo  finden  oder  er  wird  es  ihr  errichten,  im  schlimmsten  Falle 
ein  Kenotaphium.  —  Peerlkam])  hat  gegen  die  letzte  Strophe 
sich  auch  bestärken  lassen  durch  den  Glauben,  es  seien  hier 
Nachahmungen  aus  Ovids,  wie  er  nicht  zu  zweifeln  scheint, 
Hypermnestra.  Gewis  ist  das  Gegentheil  der  FaH.  Man 
sehe  unten  den  Excurs  über  die  Herolden. 


zu  ODE   HI,    14.  CXV 

Od  in,  14  Herculis  ritu  — 

V.  5  unicus  maritus  heiszt  natürlich  und  kann  auch  gar 
nicht  zweideutig  sein :  wie  es  keinen  zweiten  giebt. 

V.  10  verwirrt  das  überlieferte  vos  o  pueri  et  puellae  iam 
firum  expertae  male  ominatis  (einige  eben  so  unmöglich  male 
nommaiis)  parcite  verbis.  Ueber  den  Hiatus  heute  noch  ein 
Wort  zu  verlieren  wäre  widerwärtig.  Bentley  verbesserte 
bekanntlieh  male  inommatis,  an  sich  vortrefflich,  wie  er  auch 
einsah,  dasz  die  puein  neben  sich  die  Mädchen  erforderten 
nnd  in  seiner  bewundemsw^ürdigen  Anmerkung  auch  dafür 
die  parallelen  Stellen  anführte,  beginnend  mit  epist  II,  1,  132 
castU  cum  pueris  ignara  puella  mariti  disc.eret  unde  preces 
tatem  nisi  Musa  dedisset.  Er  verlangte  also  non  virum  ex- 
pertae. Ich  habe  mit  Pottier  haud  virum  expertae  geschrie- 
ben. Knaben  und  Mädchen  gehen  also  auszer  den  Matronen 
in  der  den  Augustus  empfangenden  Procession  mit.  Es  schien 
mir  durchaus  verlangt  zu  werden :  vosque,  o  pueri  et  puellae 
haud  virum  expertae,  male  et  ominatis  parcite  verbis.  Durch 
Strophe  5  erhalten  wir  die  interessante  Notiz,  dasz  Spar- 
tacos  und  seine  Leute  die  früheren  Weinvorräthe  und  dar- 
unter die  vorzüglichen  Sorten  aus  den  Jahren  des  Marsischen 
Krieges  soweit  vernichtet  oder  ausgetrunken  hatten,  dasz 
nur  wie  durch  ein  Wunder  noch  hier  und  dort  vielleicht 
eine  Flasche  aufzutreiben  war.  Juvenal  läszt  freilich  noch  die 
Xabobs  seinerzeit  trinken  calcatam  bellis  social ibus  uvam  V,  30. 
Und  nun  kommt  dieser  Horatius  auf  den  ganz  wunderlichen  Ge- 
danken, eine  von  diesen  Flaschen  gerade  solle  der  Diener  ihm 
schaffen,  und  zwar  geschwind.  Wahrscheinlich  wird  da  wol 
Horaz  seine  Freude  über  die  Rückkehr  des  Augustus  ohne 
Wein  feiern  müssen.  Und  eben  so  wahrscheinlich  ohne 
Mädchen  und  Gesang.  Woran  ihm  auch,  wie  er  sagt,  nichts 
mehr  liegt.  —  Die  Absurdität  dieser  drei  Strophen  kann 
durch  Worte  gar  nicht  entsprechend  ausgedrückt  werden. 
Das  echte  Gedicht  schliesst  mit  V.  35.  /6 


H2 


CXVI  zu  ODE  m,   10. 

Od.  in,    16  Inclusam  Daiiaen  — 

Eine  der  schwierigsten  Aufgaben.  Ich  sehe  diese  Ode 
bei  Martin  (Posener  Programm  1SÜ5  S.  13)  auf  ein  kleine» 
Masz  gebracht,  und  es  ist  mir  angenehm,  die  Schwierigkeiten 
und  Unerträglichkeiten ,  von  denen  ich  durchdrungen  bin, 
zum  groszen  Theilc  auch  bei  ihm  zu  finden.  Also:  ,,je  mehr 
sich  einer  versagt,  desto  mehr  wird  er  von  den  Göttern  er- 
halten^*. Einen  so  absurden  Gcthmken  konnte  Horaz  nicht 
schreiben.  Auch  ist  der  Gedanke  des  ganzen  Gedichtes  nicht: 
sei  genügsam,  damit  du  um  so  reicher  werdest,  sondern :  sei 
genügsam,  damit  du  mit  wenigem  zufrieden  lebest.  Ein 
Horazischer  Gedanke  an  und  für  sich  wäre  wol  qxianto  qinx- 
gue  sfbi  plura  netjuverii^  a  so  pltira  fer(*t.  Doch  was  hülfe 
uns  das?  Gleich  nil  vupienthim  nudus  castra  peto  et  trans- 
fuija  dhntmn  partis  (inquere  gestio  kann  Horaz  auch  nicht 
geschrieben  haben.  Er  war  nicht  reich,  er  w^ar  nicht  im 
Lager  der  Reichen.  —  V.  32  —  bin  ich  auch  nicht  reich, 
so  ist  doch  drückende  Aimuth  fern ,  und  wenn  ich  mehr 
verlangte,  so  konnte  ich  von  Mäcenas  mehr  erlangen.  Ei  da 
hat  er  schon  Tugend  predigen!  wenn  er  sich  den  Rücken 
so  gedeckt  weisz!  Es  hat  einer  gut  schwimmen,  wemi  das 
Bot  neben  ihm  fährt.  Dasz  dieser  Gedanke  hier  ganz  wider 
den  Zweck  des  Gedichtes  eintritt,  das  einzusehen  musz  von 
jedem  verlangt  werden.  Dasz  auch  die  Rede  an  den  Mä- 
cenas ^nec  si  plura  velini  tu  dure  deneges*  unfein  ist,  worin 
ich  gleichfalls  Martin  beistimme,  das  zu  empfinden  oder  nicht 
zu  empfinden  kann  glücklicher  Weise  überlassen  bleiben  und 
dasz  II,  IS,  12  nicht  eben  so  ist.  Endlich  steht  das  Mch 
bin  glücklicher,  als  wenn  ich  die  reichsten  Ernten  bezöge' 
dreimal  da.  Allein  nun  hört  meine  Uebereinstimmung  mit 
Martin  auf.  Ich  sehe  in  seinem  Gedichte  noch  zwei  ganz 
unmögliche  Strophen,  während  ich  die  Ausstellungen  und 
darauf  gegründeten  Ausmerzungen  in  Strophe  3  und  4  {aurum — 
duces)  ganz  ungerechtfertigt  finde.  Zuerst  die  zweite  Strophe 
ist  unmöglich  von  Horatius.    Denn  sie  ist  bis  zum  Lächer- 


ZV  ODE  lU,   U>.  CXVU 

liehen  Tcrkehrt.    Philipp  konnte  einfach  durch  Bestechung 
ime  Stadtmauern  sprengen :    lupiter  vermochte  das  nicht  ? 
Er  vermochte  nicht  hinzugehen  mit  einer  gut  gefüllten  Geld- 
börse, um  sich   den  Eintritt  in  den  Thumi  zu  erkaufen  — 
wodurch  denn  auch  beiläufig  der  eigentliche  Gedanke  'Be- 
stechung vermag  alles  in  der  Welt'  gleich  geleugnet  würde 
—  sondern  lupiter  hatte,  um  hinein  zu  kommen,   die  Um- 
stände nöthig  sich  selbst  in  Gold  zu  verwandeln?  Und  wenn 
er  nicht  hinein  gelangen  konnte  ohne  eine  so  wunderbare 
Verwandlung  in  Regen,  wozu  Goldregen?   wobei  das  Gold 
ja  nur  etwas  Beiläufiges,  Zufälliges,  eine  Laune  wird.  Konnte 
er,  lupiter,  als  gewöhnlicher  Regen  nicht  e])en  so  gut  hinein- 
fallen? —  Fällt  die  Strophe  fort,   dann  kümmert  sich  eben 
Horatius  um  diese  mythischen  Einzelheiten  nicht  und  gibt 
zu  erkennen,    dasz  er  hinter  diesem  Mythus  auch  nur  die 
pragmatische  Wahrheit  hier  sieht,  die  er  hier  durch  Beispiele 
klegt.    Das  zweite  ist  die  Strophe  j)»rac  rhms  aquae  siiva- 
que  vigerum  paucorum   et  segetis  certa  ßdes  meae  fulgentem 
imperio  fertilis  Afrk'uc  faUit  sorle  bcatior.     Wie  ist  einer 
denn  auch  bei  einem  kleinen  Landgute  der  Ernte  sicher? 
Die  recht  arme  Phidyle  musste  ja  doch  die  betenden  Hände 
zu  den  Göttern  heben  und  Weihrauch  und  Frucht  und  ein 
Ferklein   opfern  ne  pestilentem  sentiut  Africum  fecunda  vitis 
nee  sterilem  setjes  robujinenu     Und  wie  ist  sie  denn  sicherer 
als  gerade  bei  sehr  weit  ausgedehnte  Länder  umfassenden 
Besitzungen,  wie  sie  gleich   hier  im  Gegensatze  vorgeführt 
werden,  bei  denen  doch  viel  eher  Miszcrute  nur  thcilweise 
eintreten  mag.    Hiermit  ist  die  Stro])he  gerichtet  und  es  ist 
nicht  nöthig  auf  den  wunderlich  geschraubten  Ausdruck  der 
Strophe  noch  einzugehen.  Wovon  sie  durch  Bentleys  fulgente 
auch  nicht  frei  wird :  welches  übrigens  wir,  die  wir  von  der 
Unmöglichkeit  der  Strophe  iniportuna  tarnen  überzeugt  sind, 
mit  jenem  schon  besprochenen  Verse  nee  st  plura  velim  tu 
dare  deneges,  auch  sonst  nicht  brauchen  können.    Wir  haben 
das  *al8*  nach  dem  Comparativ  anderswo  zu  suchen. 

Ich  wtiszte  aus  unserer  Uel)erlieferung  heraus  nur  Folgen- 
des vorzuschlagen. 


CXVIII  zu  ODE  III,   IG. 

Liclusam  Danacn  turris  aenoa 
robustacque  t'ores  et  vigilum  canum 
tristes  excubiao  munierant  satis 
nocturnis  ab  ailulteris. 

aurum  per  medios  ire  satellites 
et  peiTiimpere  amat  saxa  potent  ins 
ictu  fulmineo.  conciilit  auguris 
Argivi  domus  ob  lucriim 

demersa  exitio,  diifidit  urbium 
portas  vir  Macedo  et  subniit  aemulos 
reges  miineribus,  munera  navium 
saevos  illatiiioaiit  duces. 

crescens  al  sequitur  cura  pecuniam 
maiorumque  fames.  iure  perhorrui 
Irtte  conspicimm  tollere  verticem, 
Maeccnas,  equitum  decus; 

contcmptae  dominus  splendidior  rei. 
quam  si  quidquid  amt  inpiger  Appulus 
occultare  meis  dicercr  horreis, 
uiaguas  iuter  opes  inops; 

quam  si  mygdoniis  regnum  Alyattei 
campis  continuem.  multa  peteutibus 
desunt  multa:  bene  est  cui  deus  obtulit 
parca  quod  satis  est  manu. 


hire  pcr/iOfTiii  in  Stro])lie  4  muss  mau  verstehen  als  i)rä- 
gnantes  Perfectum:  mit  Recht  habe  ich  davor  eine  Furcht 
gefaszt  (korrorem  imbibi)  wie  vor  einer  sichtbaren  Gefahr. 
Doch  lege  ich  mir  immer  noch  eine  Frage  vor,  ob  es  nicht 
besser  gefiele,  wenn  in  der  zweiten  Zeile  geschrieben  würde 
ttu^ris  arnea  robustaeque  foros  nee  i'i(jHiim  canum  — ,  einma- 
liges HPC  nur  an  der  zweiten  Stelle  für  nee -nee,  wie  sunt 
igitur  Musae  neque  iimanti  inrdus  ApoUo  l^wpei^t,  I,  8,  41. 
Ja  wohl !  es  wird  nun  so  vollkommen  befriedigend,  dasz  ich 
bei  den  vorliegenden  erstaunlichen  Veränderungen,  denen 
das  Gedicht  nun  einmal  ausgesetzt  gewesen,  es  nur  für  das 
Richtige  halten  konnte,  auch  diesen  Schritt  noch  zu  thun. 


ZC  ODE  III,   17.   18.  CXIX 

Od.  in,  17  Aeli  vetusto  nobilis  ab  Lamo  — 

Das  musz  eine  schöne  Wirthscliaft  gewesen  sein  in  dem 
Hause  des  Herrn  Lamia  von  urältestem  Adel.    So  wie  ein- 
mal ein  stiirmiseli  regnerischer  Tag  sie  überkommt,  ist  man 
in  Gefahr,  sich  mit  kalter  Küche  begnügen  zu  müssen :  denn 
man  hat  kein  Holz  im  Hause.    Ja  selbst ,  obgleich  morgen 
ein  Fest  zu  feiern  ist,  an  welchem  man  vcrmuthlich  sogar 
nach  altem  Brauch   ein  Schweinchen   einzuschlachten  hat, 
steht  zu  fürchten,  dasz  man  für  Holz  auf  alle  Fälle  zu  sorgen 
nicht  wird  gedacht  haben.    Horaz  kennt  das,  und  da  er  zu- 
fällig nach  dem  Barometer  sieht,    das   auf  Sturm   deutet, 
denkt  er  sogleich  an  diesen  Freund  mit  seinem  liederlichen 
Hauswesen  und   erinnert  ihn  an  den  Holzbedarf  nicht  nur, 
sondern  auch  daran  zugleich,  dasz  er  überhaupt  morgen  ein 
Fest  feiern  wird:   er  würde,  so  sieht  es  aus,  auch  dies  wol 
Terjessen.    Diese  Erinnerung  macht  er  sehr  fein  mit  dem 
räthselhaften,  durch  keine  überleitende  Partikel  verdeutlich- 
ten, nur  für  den  Wissenden  andeutenden  Futunim  ciirabis 
V.  14.   Von  der  ungemeinen  freundschaftlichen  Sorgsamkeit 
des  Horaz  würde  ganz  besonders  es  ein  Beweis  sein,  wenn 
wir  uns  den  Lamia  und  sein  Haus,  wohin   die  Erwähnung 
des  Waldes  V.  10  allerdings  hinzuzielen    scheint,  auf  dem 
Lande  zu  denken  hätten.   Da  hätte  also  Horaz,  da  die  Sache 
ja  dringende  Eile  für  den  heutigen  Tag  noch  hat,   seine 
Jlahnung  durch  einen   Eilboten  überschicken  müssen.    Ist 
aber  Lamia  in  der  Stadt  und  schickt  man  in  Lamias  Hause 
aus  Rom  jeden  Tag  nach  Holz  in  den  Wald,  da  war  doch 
gewiss  auch  keine  Zeit  zu  verlieren. 

Ein  lehrreiches  Beispiel  wie  Stümper  ins  Blaue  hinein- 
arbeiten, ohne  Individualisirung  und  Bild  von  Ort,  Zeit 
and  Verhältnissen. 

Od.  in,  18  Faune  Nymphanim  — 

Dasz  V.  13  und  14  Unsinn  sind,  wie  es  Peerlkamp  be- 
merkt, aus  1, 1 7  unverständig  nachgemacht,  ist  unzweifelhaft. 
Ich  habe  wie  er  die  ganze  Strophe  als  unecht  bezeichnet: 


CXX  zu  ODE  in,   19.  20. 

wiewol  ich  seine  Ausstellungen  an  V.  15.  16.  nicht  über- 
zeugend finde.  —  Höchst  merkwürdig  für  unseni  Horaztext 
ist  das  sehr  in  den  Handscliriften  für  pagus  verbreitete 
pardusj  dessen  Ursprung  aus  Esaias  11,  6  '^habitabit  hipm 
cum  agno  et  pardus  cum  haedo   Bentley  nachwies. 


Od.  lU,  19  Quantum  distet  ab  luacho   — 

Dasz  bei  V.  9  ein  unheilbarer  Bruch  ist,  ist  klar.  Auch 
läszt  sich  nicht  bequem  ein  Uebergang  denken,  so  dasz  wir 
in  demselben  Gedichte  blieben.  Vielmehr  sind  es  zwei  Gre- 
dichte,  von  ähnlichem  Inhalt,  Weingelag;  dem  ersten  ist  der 
Schlusz,  dem  zweiten  der  Anfang  verloren  gegangen.  Wie 
in,  6.  I,  7. 

Od.  III,  20  Xon  vides  — 

Das  ist  wol  recht  schön,  wie  das  nicht  benannte  Mäd- 
chen —  sie  wird  wol  Leäna  gcheiszen  haben  —  'wie 
eine  Löwin,  der  man  ihre  Jungen  geraubt,  dem  Ncarchus, 
der  ihr  für  sich  ihren  schönen  geliebten  Knaben  abspenstig 
macht,  durch  die  Schaaren  der  Jünglinge  wüthend  nach- 
stürzt, wie  sie  dann  ihre  Zähne  wetzt,  bis  Nearchus  Zeit 
hat  seine  Pfeile  hervorzunehmen:  wie  während  dieser  Prä- 
liminarien der  schöne  Jüngling,  nun  nicht  als  die  zufallende 
Beute  des  siegenden  Theils,  sondern  als  Schiedsrichter  des 
Kampfes,  in  souveräner  Gleichgültigkeit  die  Siegespalme 
unter  seinen  Fuss  —  nicht  'legt',  sondern  'legt  wie  man 
erzählt'  und  seine  Locken  im  Winde  spielen  lässt.  Wenn 
die  Löwin  siegt,  wird  er  ihr  die  Palme  geben.  —  Auch  du  wirst 
den  Kampf  feige  fliehen:  nachher  nimmt  er  zum  Kampf 
gegen  sie   ohne  weiteres  die  Pfeile  hervor. 

Ich  kann  zu  dem  allen  nichts  weiter  sagen  als:  gut 
gebrüllt,  Löwe. 

Od.  m,  21  0  nata  mecum  — 

Ohne  die  Unfreiheit,  von  welcher  wir  in  Horazischen 


zu   ODE  Ulf  21.  CXXI 

Dingen  beherrscht  werden,  wäre  es  ganz  unerklärlich,  wie 
wir  noeh  heute  das  Unmögliche  hinnehmen  in  dem 

0  nata  mecom  consule  Maiilio, 
seu  tu  querellas  sive  geris  iocos 
seu  rixam  et  insanos  amores 
seu  facilem,  pia  testa,  somnum, 

qnocumque  lectum  nomine  Massicum 
servas,  moveri  digna  bono  die  — 

Wo  das  qnocumque  lectum  nomine  Massicum  keine  einiger- 
maszen  vernünftige  Erklärung  zuläszt  und  nicht  nur  die  An- 
rede///a  testa,  sondern  der  ganze  Gedanke  'magst  du  auch 
Klagen  und  Zank  bringen,  doch  wtlrdig  am  guten  Tage 
heiTorgeholt  zu  werden  in  sich  eben  so  unmöglich  ist  wie 
für  das  ganze  folgende  Gedicht,  wo  dieser  testa,  die  langui- 
diora  vina  enthielt,  nicht  schnell  und  zänkisch  berauschende, 
ihre  Eigenschaften  einzeln  vorgerühmt  und  aufgezählt  werden 
und,  wie  sicli  auch  ebenso  für  den  Anlasz  geziemt,  nur  gute 
und  erheiternde  Eigenschaften.  Dies  hat  Bentley  nicht  an- 
gemerkt; mit  der  pia  testa  und  mit  dem  quocumque  lectum 
limine  Massicum  hat  er  sich  —-  man  darf  es  richtig  aus- 
drfteken  —  abgequält,  dabei  freilich  eine  geistreiche  Con- 
jectur  gebracht  (quocumque  fetum  numine),  die  aber  nicht 
abhilft. 

Solche  Abquälereien  bei  Bentley,  der  den  Gedanken 
der  Verunstaltungen  durch  Inteq)olationen  im  Horatius  noch 
nicht  gefaszt  hatte,  mögen  uns  doch  ein  Wink  sein.  Das 
interessanteste  Beispiel  ist  mir  die  parra  III  27,  eingeleitet 
mit  den  merkwürdigen  Worten,  welche  d^n  gigantischen 
Mann  in  Verlegenheit  zeigen:  'videamus  siquid  nos  tot  aliis 
frustra  expertis  meliore  cum  successu  conemur.'  Wie  hätte 
e«  denn  selbst  ihm  gelingen  können  bei  einem  Gedichte, 
das  einfach  blödsinnig  ist? 

Ob  jene  Verse  seu  tu  querellas  bis  servas  an  die  Stelle 
anderer  Verse,  die  etwa  unleserlich  geworden  waren,  gesetzt 
worden  oder  ob  sie  geradezu  die  absichtliche  Erweiterung 


CXXII  zu  ODE  111,  21.  23. 

eines  Scliülers  sind,  der  hier  eine  gute  Stelle  fand,  um  sich 
mit  einer  Strophe  auf  den  Wein  zu  üben,  so  dasz  Horatiuft 
selbst  etwa  nur  geschrieben  hätte:  0  nnta  mecum  consule 
Manlio  digna  et  moveri  testa  bono  die,  kann  natürlich  nicht 
gewuszt  werden. 

Auf  die  Unhaltbarkeit  der  letzten  Strophe  te  Liber  — 
hat  Peerlkanip  aufmerksam  gemacht.  Und  wer  könnte  ver- 
theidigen  wollen  testam  producere?  Und  Liber  testam  pro^ 
ducet?  Und:  die  hellen  Lichter  werden  die  Flasche  fort- 
führen —  statt  des  Umgekehrten?  Aber  dagestanden  hat 
wol  noch  eine  Strophe,  deren  Gestalt  ich  versucht  habe  aus 
der  jetzigen  herzustellen. 


Od.  III,  23  Caelo  supinas  — 

V.  17.  Auch  Meineke  nach  Guietus  und  Peerlkamp  hat 
die  letzte  Strophe  verworfen.  Es  sei  unmöglich  dem  Sinne 
oder  der  Latinität  gerecht  zu  werden.  Für  mich  liegt  die 
eigentliche  Schwierigkeit  in  inuniinis.  Denn  gesetzt  selbst  es 
könnte  immunis  allein  gesagt  in  dem  Sinne  von  immtmis 
sceleris,  jioxae  u.  dgl.  fllr  etwas  anderes  gehalten  w^erden 
als  eine  gesuchte  Absonderlichkeit,  so  w^äre  es  doch  unver- 
ständig hier  angewendet.  Eine  Hand,  die  immunis  an  den 
Altar  tritt,  —  wer  sollte  da  zuerst  etwas  anderes  verstehen 
können  als  'ohne  Gaben .  —  Das  Uebrige  würde  ich  nicht 
entscheidend  finden.  Rührte  die  Strophe  von  Horaz  her,  so  war 
daran  dasz  sumptuosa  hostia  nur  Ablativ  sein  könne  kein  Zwei- 
fel, und  die  Coustruction :  wenn  eine  unschuldige  Hand  den  Altar 
berührt,  so.,  nicht  einschniQichelnder  (nemlich  ovaa,  futura) 
durch  ein  kostspieliges  Opferthier,  erweicht  sie  die  Götter 
durch  far  pium,  —  Man  könnte  auch  daran  denken  dann  hinter 
hostia  ein  Kolon  zu  setzen:  so  ist  sie  durch  ein  kostspieliges 
Opferthier  nicht  einschmeichelnder:  sie  erweicht  die  Götter 
durch  far  pium.  Doch  halte  ich  jenes  für  besser.  Also 
was  nun  ?  Wenn  wir  von  dem  immunis  befreit  wären ,  würde 
die  Strophe  bleiben    können.     Das  aber   musz   nun    noch 


zu  ODE  lU,   24.  CXXIII 

ins  Auge  gefaszt  werden,  dasz,  wenn  ßie  entfernt  wird,  vnr 
anzunehmen  hätten,  es  sei  durch  einen  Parallelversuch  die 
echte  Strophe  von  ähnlichem  Inhalt  verdrängt.  Denn  einen 
solchen  Ahschlusz  verlangt  das  sonst  kahl  bleibende  Ge- 
dicht, einen  solchen  inhaltsvollen  erklärenden  Ahschlusz  zu 
dem  te  mhil  attinet.  Wollte  man  die  alte  Strophe  beibe- 
halten, so  würde  man  wol  für  immums  an  insontis  denken 
können. 


Od.  in,  24  Intactis  opulentior  — 

V.  4  Tyrrhenum  omne  tuis  et  mare  Apulicum.  Dies  wie 
alles  was  sonst  noch  als  Ueberlieferung  erscheint,  dort 
terrenum^  hier  mare  publicum  und  ponticum  ist  gleich  un- 
brauchbar: ponticujn,  publicuin  ^  ApuUcum  sind  dieselbe 
Ueberlieferung.  Aber  ich  musz  glauben,  es  war  vor  dem 
allen  eine  Lücke.  Ich  habe  versuclit :  Ti/rrhenum  omne  luis 
et  mare  Imteis.  Mit  deinen  Bauten  und  Schiffen.  Die  un- 
gewöhnliche Stellung  des  et  ist  in  Horazischer  Art. 

V.  5  si  ßget  adamantbios  —  Gewöhnlich  ßtii't.  Dies 
figet  wird  als  Scholienlemma  angegeben  bei  Keller.  Dies 
befriedigt  (man  würde  ihm  auch  ohne  alle  Autorität  der 
Ueberlieferung  den  Vorzug  geben)  und  macht  die  vorgeschla- 
gene Umstellung  von  Axt  si  summis  adamantinos  Jigit  verticibus 
fiberflüssig.  Obgleich  das  ßgit  einigermaszen  gemildert  wird 
vor  dem  Griechischen  Wort.  Die  ül)rigen  Paar  Beisi)iele  in 
den  drei  ersten  Büchern  der  Oden  (im  vierten,  wie  in  den 
Briefen  und  der  Ars  p.  gibt  es,  wie  aus  Lachmann  be- 
kannt, Lucr.  p.  77,  gar  keine  Beispiele),  sind  mit  Aus- 
nahme eines  Perfects,  und  auch  dies  vor  Griechischem 
nomen  proprium  (petTupü  Acker onta  I,  3,  3G),  manet,  ridet^ 
arat  (I,  13,  6.  II,  6,  14.  III,  16,  24):  d.  h.,  wie  /Iget,  solche,  in 
denen  die  Conjugation  immerfort  lange  Sylben  bot,  arus,  ara- 
mus  u.  8.  w.  Freilich  auch  diese  nur  durch  Unterstützung 
der  Arsis  damals  noch  hin  und  wieder  zugelassen, 

V.  39  schien  doch  Bentleys  gelu  für  solo  Aufnahme  zu 
Terdienen. 


CXXIV  zu   ODE  III,   27. 

Od.  III,  27  Inpios  pairae  — 

Ein  blödsinniges  Gedicht.  Es  gibt  nur  diesen  einen 
passenden  Namen  dafür  und  ich  werde  ihn  beibehalten. 
Wovon  soll  Europa  ein  Beispiel  sein?  'Der  Schein  trügt*. 
Gleich  ich  möchte  sagen  vorläufig  hat  man  zu  empfinden, 
dasz  das  Beispiel  nicht  genau  passe.  'Böse  Omina  werden 
zwar  bei  dieser  Abreise  nicht  vorhanden  sein,  Galatea:  aber 
du  siehst,  wenn  auch  in  diesem  Augenblicke  die  See  noch 
ruhig  erscheint,  welche  Stürme  und  Seegefahr  die  jetzige 
stets  stürmisclie  Jahreszeit  drohe' :  'so  auch  Europa*  —  und 
nun  ist  der  Fall  nicht  ähnlich.  Europa  ist  viel  mehr  zu 
entschuldigen,  ja  ganz,  da  sie  einem  Scheine  traute,  der 
gar  keinen  Anlasz  zum  Misztrauen  enthielt,  am  wenigsten 
einen  so  starken  und  dringenden  als  die  nach  aller  Er- 
fahrung voraussichtlichen  Stürme  zur  Zeit  des  untergehen- 
den Orion.  Es  wäre  also  nicht  ein  'so  auch*  zu  erwarten, 
sondern  eine  Steigerung:  täuscht  der  Schein  nicht  selbst 
unter  viel  unschuldigem  Verhältnissen?  Wie  Europa  — 
Gescheit  wäre  das  eben  auch  nicht,  aber  es  wäre  doch 
logisch. 

Doch  dies  einmal  bei  Seite  gesetzt.  'So  auch  vertraute 
sich  Europa  einem  scheinbar  einladenden  Stier  an  und  sah 
sich  i)lötzlich  in  das  Meer  mit  seinen  Ungeheuern  versetzt 
und  erbleichte  davor  und  vor  dem  Betrug  (oder  vor  den 
Gegenständen  in  welche  sie  trügerisch  hineingeführt  war) 
als  sie  mitten  darin  war,  die  dreiste*.  Nachdem  durchaus 
vorher  von  einer  Seereise  der  Galatea  die  Rede  gewesen, 
wird  man  jetzt  bei  dem  scatentem  behüs  pontum  palhnt  na- 
türlich glauben,  in  den  Gefahren  des  Meeres,  in  welchen 
auch  Europa  sich  ])lötzlich  sah,  liege  der  Vergleich  der  Ge- 
fahren. Aber  dies  kann  nicht  festgehalten  werden:  das 
Meer  kann  hier  nur  beiläufig  sein.  Denn  für  die  folgende 
Ausführung  wäre  die  Sache  ganz  dieselbe,  wenn  der  Stier 
lupiter  sie  über  Land  von  ihrer  Heimat  fortgeführt  hätte. 
Und  als  lupiter  seine  Geliebte  über  das  Meer  führte,  da 


zu  ODE   III,   27.  CXXV 

hätte  er  nicht  ^ielmelir  es  sogleich  eintretend  beruhigt,  selbst 
wenn  es  augenblicklich  aufgeregt  war?  Warum  fährt  sie 
denn  aber  hinüber  in  der  Nacht  unter  Sternen?  Welchen 
Zweck  hatte  lupiter  dasz  er  sie  in  der  Nacht,  meinetwegen 
in  anbrechender  Nacht  hinüberfuhrt?  Fand  er  sie  denn  so 
spät  noch  Blumen  sammelnd  auf  der  Flur?  Oder  holte  er 
sie  allerdings  bei  Tage,  aber  die  Reise  war  weit:  wie  viele 
Stunden  dachte  sich  der  Verfasser  dasz  lupiter  zu  seinem 
Gange  über  das  Meer  brauchte  ?  Er  bedachte  eben  gar  nichts  : 
die  Fahrt  der  Europa  unter  Sternen  gefiel  ihm. 

Sobald  sie  das  Ufer  von  Kreta  berührt  rief  sie:  o  wie 
habe  ich  meinen  Vater  verlassen  können,  meine  kindlichen 
Pflichten  vergessen  können,  überkommen  von  Wahnsinn  (oder: 
Liebeswahnsinn).  Für  die  Schuld  der  Jungfrauen  gibt  es 
nur  einen  Trost,  den  Tod !  —  Ist  das  nicht  ganz  gesproclien 
als  wäre  sie  absichtlich  und  mit  Bewusztsein  einem  Lieb- 
haber in  die  Feme  gefolgt?  Ja  der  Ausdruck  virgi/n/m 
culpa,  für  welche  nur  der  Tod  die  Befreiung  ist,  führt  aller- 
dings den  Gedanken  leicht  auf  etwas  anderes,  w\is  denn 
auch  angenommen  worden,  dasz  bereits  lupiter  sich  ihr  ver- 
einigt. Freilich  dasz  es  hiesz:  sie  stiesz  diese  Klagen  aus 
sobald  sie  Kreta  berührt,  das  fülirte  dahin  nicht.  Aber 
80  oder  so:  nachdem  lupiter  sie  hinübergebracht,  hat  er 
sich  sogleich  entfernt,  man  sieht  freilich  gar  nicht  warum, 
und  hat  das  Mädchen  sich  selbst  überlassen,  ohne  ihr  eine 
Andeutung  zu  geben  wer  er  sei?  Oder  er  hat  sein  Liebes- 
verlangen sogleich  erfüllt  imd  —  nun  es  entsteht  dieselbe 
Frage.  Und  angenommen  dies  ganz  Unglaubliche,  so  hat 
sie  doch  den  Stier  in  menschliche  Gestalt  sich  verwandeln 
sehen.  Und  ahnet  nichts?  Ja  noch  mehr  schon  allein  einen 
Stier,  der  sie  durch  das  Meer  schreitend  oder  schwimmend 
getragen  von  Phönizien  nach  Kreta,  den  fahrt  sie  fort  — 
für  einen  —  gemeinen  Ochsen  zu  halten  und  ahnet  gar 
nichts?  Dies  Letzte  gilt  denn  auch  gegen  die  Annahme, 
zu  der  man  sich  in  der  völligen  ßathlosigkeit  der  Situation 
auch  schon  entschlossen  hat,  zu  der  in  der  Euroi)afabel  un- 
erhörten Annahme ,  lupiter  habe  sich  ihr  vereinigt  als  Stier. 


CXXVI  zu   ODE  III,   27. 

Irgend  aber  eine  noch  so  leise  Andeutung  von  einer  Ahnung^ 
dasz  sie  wohl  mit  einem  Gotte  zu  thun  habe,  ist  nirgend. 
Vielmehr  unter  dieser  Voraussetzung  wird  das,  dasz  sie  dea 
Stier  wiederhaben  möchte  um  ihn  zu  zerreiszen,  zu  komisch 
oder  zu  ernst.  Uebrigens  lacerare  ferro.  Hat  sie  ein  Messer 
mitgebracht?  Und  überall  wovon  redet  sie  denn?  Davon 
dasz  sie  Eltern  und  Heimat  verlassen:  meliusne  ßuchu 
i're  per  longos  ßai  — ,  impudens  liqui  patrios  penates  — . 
Dies  Verlassen,  wie  schon  bemerkt,  wird  überall  und 
ganz  unbegi-eiflich  als  ein  absichtliches  angenommen.  So 
auch  hier  impudens  Uqui,  —  Nun  ferner:  *  Warum  zögre  ich 
zu  sterben.  0  dasz  ein  Gott  mich  nackt  unter  Löwen  irren 
liesze*.  Warum  nackt?  *Und  er  gewahre  dasz  mich  Tiger 
fressen,  so  lange  ich  noch  schön  bin  und  nicht  abgemagert^ 
damit  sie  nicht  die  Beute  der  zarten  Jungfrau  erhalten, 
wenn  die  Saftigkeit  vertrocknet  ist.'  Eine  ganz  sonderbare 
zärtliche  Besorgtheit  für  die  Tiger.  So  steht  der  Unsinn 
hier:  es  kann  davon  nichts  abgelassen  werden.  W\as  sich 
der  Verfasser  gedacht  oder  was  ihm  dabei  dunkel  vorge- 
schwebt, und  was  er  so  irichcrlich  ausgedrückt  hat,  das 
weisz  ich  nicht.  Hat  er  blos  sagen  wollen:  und  möchte 
das  bald  geschehen?  Oder  hat  ihm  etwas  vorgeschwebt, 
was  —  leider  —  Orelli  ganz  befriedigt  zur  Erklärung  dieser 
Strophe  beibringt,  und  —  sehr  unnöthig  —  mit  Stellen  be- 
legt? Dasz  es  für  Eltern,  wenn  sie  ihr  gestorbenes  Kind 
sehen,  für  den  Geliebten,  wenn  er  die  gestorbene  Ge- 
liebte sieht,  etwas  Tröstliches  hat,  wenn  die  Leiche 
noch  schön  und  unverzerrt  aussieht.  Und  dieses  über- 
trägt man  auf  die  von  Tigern  gefressene  Europa!  Doch 
weiter.  ^\llein  was  brauche  ich  auf  die  Tiger  zu  warten? 
Mir  stehn  ja  eigene  Mittel  des  Todes  zu  Gebot.'  Und 
ist  es  doch  als  hörte  ich  die  Stimme  meines  Vaters 
der  mir  Vorwürfe  macht,  dasz  ich  durch  diese  Mittel 
mir  nicht  augenblicklich  den  Tod  gebe.  'Du  kannst 
dich  mit  dem  Gürtel  an  diesem  Baume  aufhängen.'  'Oder 
—  wenn  die  schroffen  Höhen  und  die  spitzen  Felsen  dir 


zu  ODE  III,   27.   IV,  2.  CXXVU 

durch  den  Tod  (den  sie  enthalten,    den  sie  gewähren  kön- 
nen) Freude  machen,  so  vertraue  dich  dem  schnellen  Sturme 
an.    Es  ist  der  helle  Blödsinn!    Sie  braucht  Sturm  dazu? 
Und  geht  das  alles  unter  Sturm  vor?    Und  nun  welch  ein 
)Iotiv,    schleunig   sich   den  Tod  zu    geben,    läszt    sie    den 
Vater,  wahrlich  zu  groszer  Ueberraschung  vorbringen.    Wir 
meinten  doch:    wegen  ihres  —  freilich    uns    unbekannten, 
aber  doch  immer  angenommenen  schimpflichen  Verbrechens, 
—  nein,  sondern   damit  du  nicht,   von  Räubern  überfallen, 
eme  Sklavin  werdest,  du,  welche  eine  Prinzessin  bist,  und 
nicht,  —  was  der  alte  Phönizierkönig  von  Gottes  Gnaden, 
der  sich  doch  unter  die  Griechen  rangirt,  erst    an  zweiter 
Stelle  ungeziemend  findet,  das  Eebswcib  eines  Barbaren. 

In  die  Worte  der  Venus  mox  tibi  lusit  satis  u.  s.  w. 
hat  sich  w^eder  Bentlev  noch  Meineke  finden  können.  Jener 
schlug  vor  iam  tibi  iniussus  —  Meineke,  was  der  Strophe 
an  sich  einen  guten  Sinn  gibt,  abstinebis.  Halte  es  jeder 
damit  wie  er  wolle,  wie  auch  mit  den  Eingangsversen  des 
Gedichtes  bis  V.  15,  wie  auch  mit  dem  zuletzt  noch  auf- 
tauchenden Zweifel,  ob  denn  mit  diesem  Ausgange  eines 
höchsten  Gltlckes  nicht  auch  die  Fabel  zur  Abmahnung  der 
Galatea  sich  als  die  unpassendste  enveise.  Ich  bin  des  Wei- 
lens  unter  dem  Blödsinn  müde. 


Od.  rV,  2  Pindarum  quisquis  — 

V.  2.  Das  überlieferte  lule  festzuhalten  für  den,  der 
nicht  lulus  hiesz,  sondern  lulius,  wird  doch  wenigstens 
jetzt  nach  Mommsen  (die  Römischen  Eigennamen,  Forschun- 
gen I,  35)  nicht  möglich  erscheinen.  Ille  hatte  schon  Pecrl- 
kamp  vorgeschlagen   (s.  IV,  3,  3j. 

V.  49  tuque  dum  procedis  u.  s.  w  —  viel  besser  als 
die  andere  Ueberlieferung  te.  Du,  io  Triumphe  —  io  Tri- 
umphe als  den  Triumphus  anredender,  anrufender  Vocativ  be- 
handelt, wie  Epod.  IX,  21. 


CXXVni  zu   ODE  IV,  4.  5. 

Od.  IV,  4  Quälern  ministrum  — 

V.  15  fnatris  ab  ubej*e  tarn  lade  depulsum  leonffm.  Un- 
sinnige Ueberlieferung.  Ich  habe  geschrieben  non  ante  deput- 
mm  —  V.  18 — 22  für  diese  Verse  —  mein  gewöhnliches 
Mittel  des  Einrückens  war  hier  weniger  thunlich  —  waren 
natdrlich  zwei  Klammem  noch  zu  wenig.  Es  versteht  sich 
dasz  sie  schon  von  mehreren  abgeurthcilt  sind,  auch  von 
Meineke.  Die  Veränderung  des  sed  in  et  (von  Jani  her- 
rührend, auch  von  Meineke  aufgenommen)  stellt  das  Nöthige 
gut  her. 

V.  24  revictae  erklärt  Meineke  \ncissim  vwtae ,  Seinem 
Urtheil  ^glossemati  simite  est  quod  Bentleius  e  codd.  exhihvdt 
repressae  wird  man  wol  beistimmen.  Peerlkamp  schlägt 
noch  vor  reiectae, 

V.  61—64.  Diese  Anhäufung  mythologischer  Gelehr- 
samkeit in  Hannibals  Munde  ist  gewis  absurd.  Auch 
^bieptuni  est  Romanos j  qitonnn  inv/ctam  xHrlutem  poeta  celehraU 
comparari  ettm  sparlisj  qui  eonserta  manu  vieti  occubuerunC 
Meineke.  Er,  früher  schon  Struve,  haben  die  Strophe  für 
unecht  erklärt. 

V.  65  merses  profundo,  pulchnor  evenit.  Dies  und  euviet 
ist  die  Ueberlieferung.  Beides  nicht  brauchbar.  Denn  auch 
Meineke  kann  ich  in  dem  Glauben,  dasz  Horaz  evenk  für 
emenjet  neu  angewendet,  nidit  beistimmen.  Ich  sehe  nicht 
wol  ein,  was  mit  dem  doch  nicht  ausdrucksvollen  Wort  er- 
reicht worden  wäre  mehr  als  wenn  Horaz  z.*  B.  exstitit 
geschrieben  hätte.  Ich  habe  geschrieben  eminet.  Auch  an 
enitet  könnte  man  denken,  enitesc/s  pufchrior  multo  II,  8,  5. 
Doch  wäre  enitet  etwas  spielender  und  für  unsere  Stelle 
musz  ich  eminet  besser  finden. 

Od.  IV,  5  Divis  orte  bonis  — 

V.  17.  IS  ist  beidemal  nira  die  Ueberlieferung.  Un- 
möglich. Fabers  prata  das  erstemal  ganz  einfach.  Wie 
sich  eine  so  einfache  und  allergewohnlichste  Verschreibung 


zu  ODE  IV,   5.  8.  CXXIX 

—  durch  ein  Wort  in  einen  Vers  aus  einem  nächsten  ge- 
lesen —  wie  dieses  doppelte  rura  —  ^ms  merum  wie  Bent- 
ley  sagt,  womit  er  viel  zu  wenig  sagt  —  in  den  Horastexten 
erhalten  kann,  darüber  mag  denn  doch  Verwunderung  er- 
laubt sein. 

Od.  r\^,  8  Donarem  pateras  — 

lieber  Unzuträglickkeiten  und  Unerträglichkeiten  dieses 
Gedichtes  haben  die  Stimmfähigsten  sieh  ausgesprochen.  Es 
i^te  die  Vermischung  der  beiden  Scipionen  und  die  Ver- 
nachlässigung des  gewöhnlichen  metrischen  Gesetzes  in  non 
meendia  Carthagims  impiae  die  Aufmerksamkeit  vorzugsweise 
sogleich  nach  der  Mitte  des  Gedichtes,  von  wo  aus  sie  sich 
dann  auf  die  Anstösze  des  ferneren  Theiles  richtete.  Sonst 
wflrde  wol  bereits  empfunden  und  gesagt  worden  sein,  dasz 
gleich  der  Anfang  höchst  venvunderlich  ist.  'Ich  würde 
Erze  schenken,  eherne  Schalen  und  Dreifüsze,  wenn 
ich  nemlieh  reich  wäre  an  Kunstwerken,  welche  grosze 
Maler  oder  Bildhauer  geschaffen,  Männer  wie  Parrhasius 
und  Skopas,  welche  geschickt  waren  in  Stein  oder  in 
Farben  das  Bild  bald  eines  Menschen  bald  eines  Gottes 
aufzustellen'.  Kann  man  verdrehter  sprechen?  Wenn  aber 
Anfang,  Mitte  und  Ende  verdreht  sind,  welche  Garantie 
bleibt  dann  überhaupt  für  Horatius?  Der  Inhalt  ist  Varia- 
tion des  Themas  der  nächstfolgenden  Ode.  Die  unsere  ist 
über  die  Maszen  verkehrt.  Gleich  am  Anfang  ist  übrigens 
uch  das  sonderbar:  wenn  er  weisz,  dasz  Censorinus  sich 
aus  solchem  Tand  nichts  macht  (non  est  tibi  animus  talium 
deUctomm  egens:  gaudes  carminibus),  so  ist  es  recht  schief 
anzufangen :  ich  würde  meinen  Freunden  entgegenkommend 
fdiren  Wünschen  entgegenkommend,  ep.  I,  9,  9.  II,  1,  227) 
eherne  Schalen  und  Dreifüsze  schenken  wenn  ich  sie  hätte. 
Dem  Censorinus  würde  er  sie  ja  auch  dann  nicht  schenken, 
gar  cammodus.  Sodann  also  die  beiden  ersten  Strophen 
niit  den  oben  bezeichneten  unausweichlichen  Verkehrtheiten. 
Ea  ist  am  Anfange  recht  gehäuft,    was   freilich  durch  das 

Ltkn,  HofBtiw.  ^ 


CXXX  zu   ODE  IV,  8. 

ganze  Gedicht  geht,  dasz  ohne  festen  Umrisz  gedacht  und 
demgemäsz  gesprochen  wird,  dasz  man  verschiedentlich  ge- 
äfft wird,  indem  etwas  anderes  kommt  als  man  erwartete. 
'Nicht  mit  Inschriften  versehene  Marmorbildsäulen,durch  welche 
den  Gestorbenen  Athem  und  Leben  zurückkehrt/  Dies  pasztvon 
den  Bildsäulen  wol,  aber  von  den  Inschriften  darauf  gar  nicht; 
die  Inschriften  können  das  Andenken  der  Gestorbenen  erhalten, 
meinetwegen  erneuern,  aber  sie  geben  ihnen  nicht  Leben  und 
Athem  wieder.  Femer :  nicht  Bildsäulen  mit  Inschriften,  nicht 
dieThatenselbst  geben  die  Tugenden  der  Helden  so  hell  zu 
erkennen  als  Gedichte.  Wahrlich  die  Thaten  selbst  treten  hier 
befremdend  herein.  Am  Schlusz :  Hercules  ist  an  den  Tisch 
des  lupiter  gezogen,  die  Tyndariden  sind  Retter  in  Seege- 
fahr geworden,  Bacchus  führt  Gelübde  zu  gutem  Ausgang. 
Nattirlich  war  auch  für  Bacchus  etwas  Specielles  zu  erwar- 
ten, nicht  das  was  alle  Götter  thun,  und  die  beiden  eben 
genannten  eben  so.  Uebrigens  habe  ich  für  diesen  ganzen 
Schlusz  noch  auf  etwas  aufmerksam  zu  machen  was  äuszerst 
schwer  ins  Gewicht  fällt.  Hercules,  Kastor  und  PoUux, 
Bacchus  sind  nur  Götter,  gelten  nur  für  Götter  durch  den 
Mund  der  Sänger.  Sie  sind  es  in  Wirklichkeit  nicht.  Dies 
ist  vollkommen  unhorazisch. 

Bekanntlich  ist  das  Gedicht  auch  das  einzige,  welches 
sich  der  vier/eiligen  Strophenform  nicht  fügt.  Wenn  es 
nicht  von  Horaz  ist,  wie  es  sicher  nicht  ist,  können  wir 
darüber  mit  Sicherheit  nichts  sagen,  eben  so  wenig  ob  dem 
Verfasser  die  Vermischung  der  beiden  Scipionen  nicht  zu- 
getraut werden  darf.  Wenn  beides  nicht,  so  ist  das  Ein- 
fachste die  beiden  Verse  1 7  non  incendia  Cartkagims  impiae 
und  28  digmim  laude  virum  Musa  i^etat  mori  herauszuwerfen, 
wiewol  dadurch  einmal  eine  Stropheneintheilung  entsteht, 
welche  von  der  sonst  in  dem  Gedichte  befolgten  abweicht 
(V.  25 :  der  Anfang  eines  neuen  Sinnabsatzes  mit  der  letzten 
Strophenzeile). 

Es  ist  also  nach  alle  dem  das  ganze  Gedicht  in  glei- 
chem Charakter:  es  ist  ihm  mit  der  Lachmannischen,  auch 
von  Meineke    angenommenen  Ausscheidung   ganz  und  gar 


zu  ODE  JV,  8.  9.  CXXXI 

nicht  aufgeholfen.  Beilftofig  darf  ich  darüber  auch  noch 
eine  flberflüssige  Bemerkung  machen.  Wenn  die  vierte 
Strophe  hienach  heiszen  soll  nan  tncisa  notis  marmora  publi" 
eis,  per  quae  spiritus  et  v/ta  redit  bonis  post  mortem  ducibuSy 
clan'us  hidicant  laudes  quam  Calabrae  Pierides,  so  darf  man 
sagen:  Horaz  hei  seiner  Stellung  gegen  Ennius  würde 
schwerlich,  wenn  nur  allgemein  von  dichterisch  gefeierten 
Helden  die  Rede  ist,  wenn  nicht  gerade  speciell  Scipio 
oder  allerwenigstens  deutlich  altrGmische  Helden  bezeichnet 
waren,  er  würde  dann  schwerlich  gerade  die  Muse  des 
Ennius  genannt  haben. 

Od.  IV,  9  Ne  forte  credas  — 

Diese  Ode  ist  sehr  verunstaltet.  Zuerst  durch  drei 
einfach  herauszunehmende  Strophen,  V.  13 — 2b.  Das  Bei- 
spiel noH  sola  comptos  arsit  adulteros  u.  s.  w.,  als  wenn  es 
80  groszes  Unglück  wäre,  dasz  nicht  schon  alle  eitle  Ehe- 
brecherinnen vor  der  Helena  besungen  worden,  ist  lächer- 
lich, und  die  folgenden  Aufzählungen  willkürlich  zusammen- 
gewürfelt, und  das  ^nicht  Idomeneus  oder  Sthenelus 
allein  haben  besingenswerthe  Kämpfe  geführt'  überwun- 
derlich. Weiterhin  hat  das  Gedicht  eine  viel  schwerer  zu 
hebende  Verderbung  erlitten.  Alle  Beispiele  Bentleys  wer- 
den nicht  überzeugen,  dasz  man  vernünftig  sagen  könne: 
est  animus  tibi  consul  non  unim  anni:  und  nun  noch  fort- 
fahren: *du  hast  einen  Geist,  der  nicht  Consul  für  ein  Jahr 
ist,  sondern,  so  oft  er  ein  guter  und  treuer  Richter  das 
Rechte  dem  Nützlichen  vorzog,  venvarf  mit  hoher  Miene  die 
Geschenke  der  Angeklagten  und  entfaltete  seine  Waffen 
siegreich.'  Dies  letzte  durchaus  nothwendige  ^md*,  das  aller- 
dings in  keiner  Handschrift  steht,  bringtauch  durch  voitu  et 
einen  Hiatus  in  w,  wie  er  in  Horatius  Oden,  Epoden  und 
Episteln  unerhört  ist  (s.  oben».  Wollte  man  nun  die  beiden 
Strophen  37 — 44  einfach  herausnehmen,  so  scheint  damit 
noch  nicht  geholfen.  Denn  erstens  ist  das  blosze  est  animus 
tibi  rerumque  prudens  et  secundis  temponbus  dubiisque  rectus 

12 


CXXXII  zu   ODE  IV,   9.   10.    11.    12. 

eine  dem  langen  Vorwort  gegenüber  zu  kurz  abgefertigte 
Besehreibung  der  hervorzuhebenden  Eigenschaften  des  Lollius. 
Sodann  erscheint  die  Verbindung  der  beiden  Adjectiva 
durch  qve  —  et  ganz  befremdlich.  Es  ist  hier  noch  eine 
gröszere  Verunstaltung  vorgekommen.  Ich  wäre  geneigt  zu 
Folgendem : 

totve  tiios  patiar  labores 

impune,  Lolli,  carpere  lividas 
obliviones.  est  animus  tibi 

• 

vindex  avarae  fraudis  et  abstinens 
ducentis  ad  se  cuncta  pecuniae 
rerumque  prudens  et  secundis 
temporibus  dubiisque  rectus. 

non  possidentem  — 

Od.  IV,  10  0  crudeUs  adhuc  — 

V.  2.  Die  Ueberlieferung  insperata  tuae  cum  veniet  pluma 
superbiae  ist  Unsinn.  Aber  weder  Bentleys  bruma  kann 
ch  f(lr  brauchbar  halten,  noch  Marklands  ruga.  Sondern 
allein  Withofs  poena. 

Od.  rV,  11   Est  mihi  nonum  — 

In  dieser  Ode  sind  3  Strophen  eingesetzt.  V.  9 — 12 
ganz  unpassend  ftlr  Horatius'  Verhältnisse.  Und  die  beiden 
letzten  Strophen  sind  von  age  lam  vieorum  ßnis  amorum  an 
(ähnlichen  Inhalts  wie  die  an  Ode  III,  14  nach  V.  16  an- 
gesetzten) unmäszig  thöricht  und  läppisch.  Auszerdem  aber 
war,  um  den  natllrlichen  Gedankengang  hereinzubringen, 
Umstellung  einiger  Strophen  notliig. 

Od.  IV,  12  lam  veris  comites  — 

Die  vorletzte  Strophe  ad  quae  si  p?*operas  gaudta  musz 
für  eingesetzt  gelten.  Er  eilt  ja  nicht,  sondern  bedarf  der 
Aufmunterung  w/  ponat  moras  et  Studium  tuen. 


zu  ODB  IV,  14.  cxxxra 

Od.  IV,  14  Quae  cura  patrum.  — 

In  dieser  groszen  Statsode  müssen  fort  die  zwei  Stro- 
phen 17 — 25,  beginnend  mit  dem  metrischen  Fehler  spe- 
etandus  in  cer  \  iamme  Martio.  Und  wer  würde  nicht  be- 
troflFen,  nachdem  er  in  diesen  Strophen  den  Vergleich  des 
Tiberius,  wie  er  die  Feinde  niederstürzt,  mit  einem  unter 
Begengusz  die  Wellen  aufregenden  Sturm  gelesen,  wenn 
nun  mit  neuem  Ansätze  kommt :  So  wälzt  sich  der  Aufidus, 
wenn  er  wild  wird  und  die  Aecker  überströmt,  wie  Tiberius 
die  Feinde  niedermachte.  Und  wieder  ausführlich  das  Ver- 
glichene wie  der  Vergleich.  Sonderbar  ist  es  wie  der 
Rhetor,  der  diese  Strophen  verfaszt,  etwas  von  seinem  eigenen 
übertriebenen  Pathos  merkt  und  sich  durch  ein  prope  ein- 
schränkt Immer  hat  auch  mich  dieses  prope  choquirt. 
Und  man  denke  sich  doch  in  den  wii-klichen  Schwung 
eines  Dichters:  er  stürzte  auf  die  Feinde  fast  wie  ein  Löwe, 
0.  dgl.  Den  Schwung?  Ich  denke  auch  nur  denjenigen 
Geschmack,  den  man  dem  Horatius  zutrauen  darf.  Auszer- 
dem  aber  enthält  hier  das  'fast'  eine  Unhöflichkeit  und 
Irreverenz  gegen  den  kaiserlichen  Prinzen.  Uebrigens  haben 
diese  Strophen  einen  pathetischen  Ausdruck  wie  ihn  die 
übrige  Ode  nicht  hat:  welche  mäszige,  sich  wenig  anstren- 
gende Prosa  ist,  groszentheils  etwa  mit  kleiner  Umstellung 
eines  oder  des  andern  Worts  recht  gut  als  Prosa  lesbar. 
Aehnlich  nüchtern,  die  hier  begonnene  Registerform  gleich- 
falls fortsetzend,  ist  das  folgende  letzte,  uninterpolirt  erhal- 
tene Gedicht    Denn  man  lese  doch  daselbst 

tua  Caesar  aetas 

fruges  et  agris  rettulit  uberes 
et  Signa  nostro  restituit  lovi 
derepta  Parthorum  superbis 
postibus,  et  vacuum  düellis 

lanam  Quirini  clausit  et  ordinem 
rectum  evaganti  frena  licentiae 


CXXXn'  Zü  ODE  IV,    15.  EPOD.   XV.   XVI. 

iniecit  emovitque  culpas 
et  veteres  revocavit  artia  — 

Das  ist  ein  versificierter  Speisezettel.  Dem  Horatius,  dessen 
poetischer  Athem  überhaupt  nicht  sehr  stark  ging,*  war  er 
fttr  diese  auf  Ordre  gefertigten  Hofgedichte  ganz  ausge- 
gangen. 

In  dieser  vierzehnten  Ode  möchte  auszerdem  das  plus 
vice  simplice  in  V.  13  noch  verdorben  sein. 

Epod.  XV  Nox  erat  — 

V.  7  dum  pecori  lupus  et  nantis  infestu^  Orion  turbarit 
hibemvm  mare,  wie  überliefert,  ist  Unsinn.  Ich  habe  Ausfall 
angenommen. 

Epod.  XVI  Altera  iam  teritur  — 

V.  15.  forte  guod  eocpediat  vommuniter  aut  melior  pars 
malis  carere  quaeritis  lahoribtis.  So  Meineke.  Ebenso  Haupt, 
aber  mit  einem  Komma  liinter  expediat.  Andre,  um  auch 
hierin  der  wenigstens  bei  weitem  überwiegenden  Ueber- 
lieferung  treu  zu  bleiben,  nicht  quod  expediat,  sondern  quid 
expediat.  Dasz  jede  Erklärung  mit  quid  expediat  unmöglich 
sei,  weist  Bentley  bis  zum  Ueberflusse  nach.  Er  selbst  ent- 
scheidet sich  für  forte  (quod  expediat!)  communiter  u.  s.  w. 
Was  denn  wenigstens  eine  Construction ,  eine  Form  der 
Rede  ist,  bei  der  man  athmen  kann,  während  alle  übrigen 
Lesarten  dem  Leser  die  Kehle  zuschnüren.  Aber  wie  kommt 
denn  forte  dazu,  mit  einem  Male  'vielleicht*  zu  heiszen? 
Das  heiszt  es  nicht,  und  da  was  es  heiszt  'zufällig*  auch 
keine  Stätte  findet,  so  ist  forte  verdorben.  Ich  habe  ver- 
sucht, indem  ich  noch  eine  andere  Verderbung  annehme, 
vielleicht  befördert  durch  das  eingedrungene /örfe,  welches 
die  beiden  Verse  eines  Verbums  beraubt  hatte: 

ferte  quod  expediat  communiter  aut  melior  pars 
malis  carere  quo  velit  laboribus. 


EPOD.   XVL  CXXXV 

Ferte  bringet  herbei  (gebet  an)  ein  Mittel,  welches  allge- 
mein helfen  kann  oder  durch  welches  den  Leiden  zu  ent- 
g:ehen  der  beszre  Theil  den  Willen  fassen  kann.  —  Der 
nemlich  eines  männlichen  Entschlusses  fähig  ist  und  der 
Einsicht  y  dasz  nur  in  einem  Unternehmen  ktthnes  Ent- 
scUusses  eine  Hülfe  ist  Vgl.  35  haec  et  guae  poterunt 
redäus  abscmdere  dulcis  eamus  omnis  exsecrata  dvitas  aut 
pars  indocili  melior  ff  rege;  mollis  et  exspes  inominata  per- 
primat  cubilia,  vos,  quibtis  est  virtus,  — 

Die  Aufforderung  mit  ferte  ist  sehr  passend.  Denn 
wie  eine  Berathung  ist  die  Situation  gedacht.  V.  23  sie 
placet  an  melius  quis  habet  suadere  ?  Und  da  niemand  Ein- 
rede thut:  secunda  ratem  occupare  quid  moramur  alitef 

V.  4S.  49.  Diese  beiden  Verse  nuila  nocent  habe  ich 
hieher  gesetzt.  Die  Handschriften  haben  sie  hinter  V.  60 
(nach  gewöhnlicher  Zählung)  lahoriosa  nee  cohors  Ulixei. 
Das  ist  natürlich  nicht  möglich.  Haupt  hat  sie  eingeklam- 
mert. Ich  habe  sie  dahin  versetzt,  wo  sie  nach  dem  Gange 
des  Gedichtes  richtig  stehn  können.  Zwischen  beiden  Aus- 
hülfen läszt  sich  natürlich  mit  Sicherheit  nicht  entscheiden. 

Die  letzten  vier  Verse  heiszen  bei  Meineke  und  Haupt: 

luppiter  illa  piae  secrevit  litora  genti. 
ut  inquinavit  aere  tempus  aureum; 
aere,  dehinc  ferro  duravit  saecnla,  quorum 
piis  secunda,  vate  me,  datur  fuga. 

Es  wird  wol  niemand  sein,  der  dies  wiederholte  aere 
als  natürlich  angebracht  empfände.  Es  gibt  auszer  aere 
eine  andere  Ueberlieferung  aerea :  dem  ersten  Anschein  nach 
besser  für  den  Sinn:  allein  Meineke,  der  es  ehemals  auf- 
genommen, bemerkt  dagegen,  bei  Horaz  sei  dehinc  nie  ein- 
silbig: Sat.  I,  3,  104.  5,  97.  Epist.  II,  3,  144  (während  hin- 
gegen rfe/w,  deindej  deinceps  einsilbig  und  zweisilbig 
seien,  ein  neuer  Beweis,  dasz  Sat.  I,  5,  97  das  von  Bent- 
ley,  auch  aus  Handschriften,  eingeführte  dein  statt  des  frü- 
heren  dehinc  richtig  sei).    Aber  es  kommt   dazu  Bentleys 


CXXXVm  EPOD.   XVII.   SAT.   I,   3.  4. 

auch  die  v-ierzeiligen;  und  es  kann  uns  nicht  Wunder  neh- 
men wenn  Horaz  auch  seine  jenen  nachgebildeten  Gedichte 
eben  so  baute,  auch  bei  solchen  Gedichten,  wo  er  wol 
schwerlich  daran  gedacht  hat  dasz  sie  sollten  gesungen 
werden.  Das  Strophenprincip,  und  im  Groszen  in  den  Oden 
das  vierzeilige  Strophenprincip  bezweifelt  kein  Einsichts- 
voller mehr.  Die  Frage  ist  noch  erlaubt,  aber  allerdings 
vielleicht  tiberfltlssig,  weil  vielleicht  nicht  zu  beantworten, 
ob  nicht  ein  Paar  Gedichte,  ich  will  z.  B.  sagen  Nullam 
Vare  sacra  —  auch  in  den  Oden  sind,  die  zweizeilig  ge- 
meint waren. 

Sat  I,  3  Omnibus  hoc  \1tinm  est  — 

In  V.  20  ist  die  Ueberlieferung:  nullane  habet  vitiaf 
imo  alia  et  fortasse  minora.  Das  aUa  will  nicht  passen. 
Ich  habe  geschrieben  imo  ah:  et  (gleich  et  tarnen)  fortasse 
l^fnora.  (Sat.  I,  6,  65.) 

Sat.  I,  4  Eupoliö  atque  Cratinus  — 

V.  7.  Was  heiszt  die  gewöhnliche  Ueberlieferung  Zi/e//iW 
—  facetus,  emunvtae  ?iaris,  durus  componere  versus?  Der 
harte  Verse  machte?  Wie  kann  denn  aber  durus  componere 
versus  so  viel  sein  als  durus  in  coviponendis  versihusf  Danach 
wäre  das  Naheliegendste  'steif,  ungelenk  zum  Versemachen.* 
Aber  es  ging  ihm  ja  so  auszerordentlich  leicht  von  der 
Hand.  Ich  sehe  nicht  anders  als  dasz  es  heisze:  Versteift 
darauf  Verse  zu  machen ,  obstinalus.  Dazu  paszt  auch  der 
Fortschritt  nam  fuit  hoc  vitiosus  u.  s.  w.  sempergue  inversa 
tueri  durus  aus  Valer.  Flacc.  3,  647  hat  angeführt  Golenski 
de  infnitiro  Latino  (Regim.  1864)  S.  49.  Beiläufig  be- 
merke ich  dasz  für  das  i*idiculus  totas  simul  absorbere  pla^ 
centas  Sat.  II,  8,  24  gemsz  die  richtige, Erklärung  ist,  die 
mir  ein  junger  Freund  gegeben :  der  die  lächerliche  Passion 
oder  Geschicklichkeit  hatte  die  ganzen  Kuchen  zu  verschlin- 
gen: ridiculus  ad.  —  Aber  ich  habe  hier  in  der  überlieferten 
Stellung  der  Verse   noch    eine  Aeuderung    vorgenommen. 


SAT,   I,  7.  CXXXIX 

auf  welche  der  hinter  ut  magnum  —  auiTallend  abgerissen 
eintretende  Vers  cum  flueret  lucukntus  erat  quod  tollere 
velles  hinwies.  Ich  habe  ihn  hinter  emunctae  naris  —  gestellt; 
und,  dftnkt  mich,  mit  der  Interpunktion,  die  ich  gegeben, 
wird  es  nun  befriedigend.  V.  14.  Die  Ueberlieferung  Cris- 
pmus  mmhno  me  provocat.  Bentley's  nummo  ist  für  mich 
tib^rzeugend :  schon  das  einzige  Wort:  sed  quid  faciamus 
älo  ^mmhnd'l  deest  siqmdem  pecuniae  summa^  quam  per^ 
ieret  ü  qui  sponsiane  vinceretur.  V.  79  laedere  gaudes^  in- 
juitf  et  hoc  studio  pravus  facis.  Dies  die  Ueberlieferung 
*iind  das  thust  du  studio  pravus^  Das  ist  doch  wunderlich. 
'Durch  dieses  Streben'  brauchen  wir.  Ich  habe  geschrie- 
ben et  hoc  studio  pravos  facis  ^und  in  diesem  Streben  stellst 
da  die  Menschen  als  verkehrt  dar.' 

Sat.  I,  7  Proscripti  Regis  — 

In  dieser  Satire  habe  ich  an  einer  Stelle  eine  bedeu- 
tende Aenderung  vorgenommen.    Nämlich  V.  9   heiszt  ge- 
wöhnlich: ad  Regem  redeo,   postquam  nihil  inier  utnimque 
emvenä  {hoc  etenim  u.  s.  w.     Nun  sind  aber  die  Worte  ad 
R^em  redeo  unmöglich.  Weder  hat  der  Dichter  vorher  bei 
dem  Rex  allein  verweilt,  noch   war  er,  indem  er  ihn  eben 
noch  zusammen  mit  Persius  erwähnt,  von  ihm  abgekommen, 
noch  spricht  er  hinter  dem  ad  Regem  redeo  von  ihm  irgend 
tU  Hauptperson.    Kurz,  wie  gesagt,  es  ist  das  ad  Regem 
redeo  ganz  unmöglich.    Ob  jemand  aus  Buchstabenversclirei- 
bung   (wo  man  denn  wol  an  ardere  denken  würde)   eine 
passende  und   ungezwungene  Verbesserung  machen   kann, 
weisz  ich  nicht.     Ich  habe  auch    hier    angenommen,    dasz 
eine   entstandene  Lücke  schlecht  ausgefüllt  ist,    und  habe 
etwas  für   den  Sinn  Treffendes  eingesetzt:    moliri  exitium. 
Womit  dann  zugleich  etwas  anderes  gehoben  werden  kann, 
was  wir  in  dem    gewöhnlichen  Texte    lesen    und  was  ich 
gleichfalls  für  unmöglich  halten  musz:  ich    meine  die  ge- 
wöhnliche neunzeilige  Parenthese  von  hoc  V.  10  bis  miseris 
V.  18  —  ein  Ungethüm  wie  wir  es  ähnlich   am  Anfange 


CXL  SAT.   I,  7.  8. 

des  15.  Briefes  werden  zu  entfernen  haben:  also  eine  neun- 
leilige  und  zwar  einige  ganz  gehörige  Perioden  in  sich  ent- 
haltende Parenthese.  Von  dem  sechszehnzeiligen  parenthe- 
tischen Ungethüm  im  65.  Gedicht  des  CatuU  sind  wir  ja 
nun  durch  glücklichere  Einsicht  befreit.  Nachdem  nun  an 
unserer  Stelle  ftlr  das  ad  Regem  redeo  das  von  dem  Sinn 
Erforderte  hergestellt  ist,  fängt  mit  postquam  nicht  ein  neuer 
Satz  an,  wodurch  jene  Parenthese  nöthig  wird,  sondern  es 
gehört  nun  zusammen  moliri  exitium  postquam  nihil  inter 
utrumque  convenit.    Und  alles  geht  einfach  vorwärts. 

Sat  1,  8  Olim  truncus  eram  — 

V.  14  nunc  licet  Esquiliis  habitare  salubribus  atque  aggere 
in  aprico  spatian\  quo  modo  tristes  albis  informem  spectabani 
ossibus  agrum.  Es  wird  so  viel  ich  sehe  erfordert  das  schon 
von  Bentley  vorgeschlagene  qua;  allein  auch  das  hilft  nur 
wenn  ohne  Interpunction  geschrieben  wird  aggere  in  aprico 
spatiari  qua  modo  tristes  u.  s.  w.  Dasz  Horaz  'auf  welchem* 
(abgerechnet  dasz  man  lieber  sehen  würde  Von  welchem*) 
sollte  mit  quo  ausgedrückt  haben,  was  Bentley  offenbar  an- 
stöszig  fand,  ist  auch  wohl  bedenklich.  Aber  gar  der  Sinn! 
'Jetzt  kann  man  auf  dem  sonnigen  Damm  sich  ergehen, 
auf  welchem  man  früher  —  Das  konnte  man  auch  vorher, 
wenn  er  vorhanden  war.  Da  fehlt  der  Begriff  'mit  Vergnü- 
gen sich  ergehen ,  der  in  spatiari  doch  nicht  liegt,  noch  viel 
weniger  als  in^  dem  Deutschen  'spazieren  gehen',  sondern 
nur  mit  bequemen  Schritten.  Soll  man  etwa  bei  aggere  in 
aprico  künstlich  ergänzen  salubri?  Wie  dann  aber  weiter? 
auf  welchem  vorher  tristes  spectabant  Wer  sind  denn  die 
tristes  ?  Traurige  Menschen  ?  Wer  redet  denn  so  Lateinisch  ? 
Und  was  ist  es  denn  auch  für  ein  Sinn?  Das  Subject  zu 
tristes  kann  nur  Esquiliae  sein.  Jetzt  kann  man  auf  den 
Esquilien  gesund  wohnen  und  wo  sie  früher  traurig  auf  das 
Leichenfeld  sahen  gesund  sich  ergehen:  d.  h.  auf  einem 
jetzt,  wo  es  vorzüglich  auch  durch  die  Aussicht  auf  die  Gär- 
ten lohnte,  auf  der  Höhe  angelegten  planirten  Gange.  Vom 
Servischen  Wall  ist  keine  Rede. 


SAT.   1,   10.  CXLI 

Sat  I,  10  Nempe  incompoBito  — 

Dasz  die  ersten  vor  den  ganz  kenntlichen  Anfang  Nempe 
{:e8etzten  Verge  sehr  gut  sind  (ich  meine  nicht  nur  metiisch) 
das  ist  gewis.  Dasz  der  Ton  gröber  ist  als  Horaz  ihn  je 
Tor  dem  Publicum  anstimmte  (auch  mit  exhortatus^  fflr  das 
bekanntlich  Horkel  sehr  beachtenswerth  excoriatus  vorschlug) 
ist  auch  gewis.  Dasz  sie  deshalb  nicht  von  Horaz  sein 
konnten  folgt  noch  nicht.  Horaz  war  so  unschuldig  nicht 
als  er  sich  z.  B.  vor  Mäcius  darstellt.  Fttr  einen  Höllensack 
konnte  er  sie  wohl  machen.  Weiteres  darüber  (s.  ein  Weniges 
oben  zu  Od.  II,  15)  dasz  unsere  ältesten  Handschriften  sie  nicht 
haben  und  die  Scholiasten  sie  nicht  erklären  er^varten  wir  von 
Holderzu  lernen.  Zu  V.  70  gebtlhrt  hier  ihre  Stelle  der  trefflichen 
Ausführung  von  Dr.  Eugen  PI ew  (Fleckeisen  Jahrb.  1866), 
welche  zwar  durch  mich  veraulaszt  worden,  die  ich  selbst 
aber  schwerlich  so  befriedigend  geleistet  hätte.  *Bei  Horatius 
SaL  I,  10,  dort  wo  von  dem  ungebildeten  Versbau  der  alten 
Zeit  und  namentlich  des  Lucilius  die  Rede  ist,  sehlieszt  ein 
Vers,  78,  .  .  ,  et  in  versu  facienda  \  saepe  caput  scaberet 
u.  s.  w.  Corssen  Ausspr.  u.  s.  w.  II  S.  430  ftlhrt  diese  Stelle 
als  Beleg  dafür  an,  dasz  nicht  einmal  in  den  Horazischen 
Satiren,  die  doch  der  Umgangs-  und  Volkssprache  am  näch- 
sten ständen,  das  Bestreben  sichtbar  sei^  am  Ende  des  Ver- 
ses in  der  5.  Arsis  Hochton  und  Vershebung  zusammen- 
fallen zu  lassen.  Lehrs  glaubt  dessen  ungeachtet  seine 
(auch  K.  Jahrbb.  1S64  S.  185  angedeutete)  Meinung  festhal- 
ten zu  müssen,  dasz  das  Ohr  in  jenem  Verse  sich  unge- 
wöhnlich berührt  fühle  und  dasz  Horazius  hier  (mit  ähn- 
lichem Witz  wie  in  7ian  quivis  videt  immodulata  poemata 
iudex)  eine  metrische  Inconvenienz  habe  einflieszen  lassen: 
hier  eine  des  Lucilius,  und  zwar  eine  ihm  nicht  etwa  zuzu- 
trauende, sondern  es  dränge  sich  deutlich  auf,  dasz  in  dem 
m  tersu  facienda  eigne  Worte  des  Lucilius  enthalten  sein 
mfiszten,  wie  unsicher  auch  bei  Charisius  p.  60  P.  (78  K.) 
die  Ueberlieferung  eines  Lucilischen  et  versus  faciendi  sein 
möge.    Eine  Untersuchung  jener  Versschlüsse,  namentlich 


CLXII 


SAT.   I,    10. 


aber  der  mit  antispondeischem  vorletzten  Worte,  war  Lehrs 
Meinung,  werde  dies  wol  bestätigen.  Im  folgenden  habe 
ich  eine  solche  Untersuchung  für  die  hauptsächlichsten 
Hexameterdichter  angestellt.  Corsseu  II  S.  442  f.  spricht 
noch  einmal  über  diese  Versausgänge  von  der  Form  ,-,v^-io 
und  bemerkt,  dasz  im  Gegensatz  zu  Ennius  'die  Dichter  der 
Augusteischen  Zeit  diese  Form  des  Versausganges  selten 
anwandten,  nicht  weil  sie  die  Uebereinstimmung  von  Hoch- 
ton und  Vershebung  suchten,  sondern  weil  die  Cäsur  [rich- 
tiger Dihärese]  nach  der  Hebung  des  fünften  Vers- 
fuszes  den  rollenden  Fall  des  Versschlusses  unter- 
brach*. Wie  treffend  auch  die  letztere  Bemerkung  sein 
mag,  so  bedarf  die  erstere  sicherlich  einer  genauem  Be- 
stimmung. Ausgehn  will  ich  bei  der  Betrachtung  der 
Hexameterschltisse  von  der  Form  v^^-'-  vonHoratius;  er 
hat  folgende: 


SatI  1,104  ac  ncbulonem 

2.12  ac  nebulonis 
2,57    umqiiam  alienis 
2,98    ciniilönes,  parasitae 

m 

2,1 19  ven^rem  facilemque 

3,52  fortisque  lia1)eätur 

4,4  aut  alioqui 

4,27  hie  imerorum 

6,36  matre  inhonestus 

8,3  fiirum  aviumque 

8.13  ne  sequeretur 

8,48    Saganäe  caliendrum 
10,46    Varrone  Atacino 
10,70    versü  faciendo 


U    1,27    tötldem  studiomm 
2,95    rhombi  patinaeque 
3,166  dlfft^rt  barathrone 
3,195  Priamusque  nhumato 
3,207  non  furiosos 
3,221  qiii  scelcratus 
5,46    ne  manifestum 
7,75    Imperlis  hominumque 
7,90    Ffilvi  Rutubaeque 
8,21    Servüjö  Balatroni 
S,33    VibTdias  Balatroni 


£pp.  I  1,27  solerque  eJemeutis 
1,62    an  puerorum  est 
f4,8      mens  animusque 
n  1,58    properare  Epicharmi 
1,115  quod  modicorom  est 


1,173  in  parasitis 
1,263  et  veneratur 
3,81    et  populäres 
3,146  interna  Meleagri 
3,355  ut  citharoedus. 


v-»  «^ 


SAT.   1,    l'».  CXLIII 

Hieraus    ergibt    sich,    dasz   Horatius    den  Versschlusz 
^  3  keineswegs  gemieden  hat ;  dasz  derselbe  in  den  freiem 
Satiren  häufiger  ist  (auf  83  Verse  Imal)  als  in  den  Episteln 
(auf  197  Verse  Imal);  dasz  endlieh  die  Wahl  des  vorletzten 
Wortes  keineswegs  gleichgültig  ist:  denn  1)  in  den  über- 
wiegend meisten  Fällen  weicht  die  Betonung  desselben  Ton 
der  prosaischen  nicht  ab:   a)  15  Wörter  sind  einsilbig,  b) 
Smal  ist  Synalöphe.  2)  seine  Betonung  ist  abweichend  in 
folgenden  Fällen:  a)  6  Wörter  haben  die  Messung  v^v^-'  oder 
^---i:  Fälle,  die  um  so  eher  zu  entschuldigen  sind,  als  bei 
Anwendung  dieser  Wörter  im  römischen  Hexameter  immer 
Hochton  und  Vershebung  auseinanderfallen  müssen,  b)  2  Worte, 
darunter  ein  Eigenname,  haben  die  Messung  — ^.  c)  4  Wörter 
haben  die  Messung  --^:  darunter  Sht,  I  10,70  in  besprochner 
Absicht;   II  2,95  grändes    rhömbi   pältnaeqni    scheint    auch 
nicht  unabsichtlich;    II  3,166   quid  enm   differt,  burathrotw 
scheint  weniger  auflallend,   da /er/  Stammsilbe  ist;  II  796 
endlich  sind  zwei  Eigennamen.    In  den  Episteln  kommen 
Antispondeen  an    dieser  Stelle   nicht  vor.    Durchschnittlich 
kommt  bei  Horatius  auf  116  Verse  1  Versschlusz  w^-^3.  Bei 
Persius  ist  der  Gebrauch  viersilbiger  Versschlttssc  wieder 
viel  spärlicher:  I  4  TrdUnttes  Labeonem.l,  25  exihit  capnficus, 
I  26  usque  adeone.    Es  kommt  auf  216  Verse  1  solcher  Vers- 
Khlusz.    Bei  dem  vorletzten  Worte  ist  die  Betonung  Imal 
regulär  in  Folge  von  Synalöphe,  2  mal  abweichend  mit  der 
Messung   ^  ^  ^  -. 

Bei  luvenalis  ist  der  Gebrauc^J  wieder  reichlicher: 

I   4  h  hie  spoliator  III    217  et  Polycliti 

53  mOgitüm  labyrinthi  V       59  Gaetulfim  Ganymedem 
55  si  capiendi  115  ferro  Meleagri 

80  vel  Cluvienus  VI     110  illos  Hyacinthos 
130  atqae  Arabarches  156  et  Bereiiices 

n     1  et  glacialem  551  dr'derit  Petosiris 

in  70  aut  Alabandis  655  atque  Eriphylae 

133  vel  Catienae  VII      6  desertis  Aganippcs 
144  et  Samothracum  15  ^quTt^s  Asiani 


CXLIV                                            SAT. 

l,  10. 

VII  90  tu  Camerinos 

Xn  101  promittänt  hecatomben 

94  aut  Proculeius 

102  Tgnäles  elephanti 

191  et  generosus 

xnr 

7  ut  mediocris 

193  et  jaculator 

105  hie  diadema 

Yin  38  aut  Camerinus 

122  non  Epicurum 

89  luöpfim  socioram 

148  et  populorum 

103  non  PolycHti 

197  et  Radamanthas 

229  pirsönlm  Menalippes 

200  quod  dubiUret 

IX      6  miseräbüiör  Crepereius 

XIV 

17  paribusque  elementis 

22  et  GaDymedem 

20  ac  Polyphemus 

64  ut  Polyphemi 

40  döciles  imitandis 

X  114  aut  Cicero nis 

41  et  Catilinam 

150  altosque  elephantos 

46  pernöctäntis  parasiti 

243  ut  renovata 

81  et  generosae 

286  hoc  cruciatu 

252  quod  Mithridates 

350  DOS  animorum 

XV 

125  immänis  Agath}T8L 

Durchschnittlich  kommt  hier  auf  79  Verse  ein  Vera- 
Bchlusz  ,^ix3,  Ueber  die  Betonung  des  vorletzten  Wortes 
ergibt  sich  1)  es  fällt  überwiegend  oft  Hoehton  und  Vers- 
hebung zusammen:  a)  30  mal  ist  das  vorletzte  Wort  einsil- 
big, b)  4  mal  findet  Synalöphe  statt.  2)  Hochton  und  Vers- 
hebung fallen  auseinander  in  folgenden  Fällen:  a)  4mal  hat 
das  vorletzte  Wort  die  Messung  ^^-  oder  jl^^i^  bj  2 mal 
die  Messung  -  -^ ,  c)  8  mal  die  Messung  jl-i.  Ueber  2,b  u. 
c.  vgl.  unten. 

Gehen  wir  zu  den  Epikern  der  ersten  Eaiserzeit  über, 
so  ist  zunächst  bei  Vergilius  das  Verhältnisz  schon  ein 
ganz  anderes.    Die  Versschlüsse  sind: 


ecl.    3,63  mbens  hyacinthus 
5,87  an  Meliboei 
6,53  fQltUs  hyaciutho 
8,44  Extrem!  Garamantes 

m 

10,12  ÄÖnie  Aganippe 

ge.  I  437  Inöö  Melicertae 

n^  84  Ida^is  cyparissis 


III  60  päti  hymenaeos 

IV  137  töndebät  hyacinthi 
183  ferragin^ös  hiacinthos 

Aen.I  651  inconcessosqae  hyme- 
naeos 
III  328  Lacedaemoniosque  hyme- 
naeos 


SAT.    I;     10. 


CXLV 


AenJniOl 
464 

553 
614 
6S0 
IV  99 
146 
215 
316 
667 

V300 
448 

VI  11 
445 
484 
623 
896 
Vn344 
35S 
398 
555 


dticis  Meliboei  IX  314 

sectoque^elephAnto  477 

niyiMgdm  Scylaceom  574 

gemtore  Adanuuito  767 

cönKförae  cyparissi  X    60 

pactosqae  hymcnaeos  136 

pictique  Agathyrsi  505 

sgmiyirö  comitatu  720 

IncSptös  hymenaeos  XI    69 

femin^ö  ulutatu  217 

HSl^Qs  Panopesque  355 

aut  Erymantho  XII    87 

mentem  animumque  419 

maestamque  Eripyhlen  515 

säcrdm  Polyphoeten  805 

Yetitosque^hymenaeos  Culex  235 

nitlns  elephanto  401 

Tarniqae  hymenaeis  Cirris  95 

Phrygiisque  hymenaeis  434 

cinit  hymenaeos  470 
cSlöbrent  hymenaeos 


Rhoetumqae  Abarimqae 
fimtnSö  ululata 
Diöxippüm  Promolumque 
Nolmöniqfle  Prytanimque 
et  Simoenta 
Ortctä  terebintho 
gSmItfi  lacrimisque 
pröfugos  hymenaeos 
länguSntis  hyacinthi 
Turnique  hymenaeos 
dignisque  hymenaeis 
alboque  orichalco 
odörifgräm  panaceam 

m 

genüs  Peridiae 
miscere  hymenaeos 
ispictins  Ephialten 
hie  rhododaphne 
foribusque  hyacinthi 
äectrö  lacrimoso 
hinc  Strophadasque 


Pflr  die  Betonung  des  vorletzten  Wortes  ergiebt  sich 
Folgendes:  1)  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  ist  sie  von  der 
prosaischen  abweiehend:  a)  21  Wörter  haben  die  Messung 
'-^^L^^^j.  oder  ^^,  b)  2  Wörter  die  Messung  -^  (wol 
ohne  eine  malerische  oder  andere  Absicht),  c)  8  Wörter  die 
Messung  -  -  ^.  2)  Hochton  und  Vershebung  fallen  zusammen 
in  folgenden  Fällen :  a)  5  mal  ist  das  vorletzte  Wort  einsil- 
big, b)  1 7  mal  findet  Synalöphe  statt.  Durchschnittlich 
kommt  auf  ca.  261  Verse  1  Versschlusz  w^^- 

Bei  0  vidi  US  ist  der  Gebrauch  dieses  Versschlusses 
sehr  viel  spärlicher;  es  sind  folgende  Fälle: 


Metn  244  Phegiftcö  Erymantho 

Y  312  Hyintfä  Aganippe 
Ulm,  Honüw. 


V  409  Pisa^aS  Arethusae 

Vm  310  HySnteö  lolao 

K 


CXLVI  SAT.   1,   10. 

Met  XI    17  Bäcchri  ululatus  XI11257All8töräqQeChromiumqae 

756  Jövi  Gauymedcs  25S  Noimöniqde  Prytauinque 

Ftlr  die  Betonung  des  vorletzten  Wortes  ergiebt  sich, 
dasz  bei  Ovidius  stets  Hochton  und  Vershebung  ausein- 
ander fallen:  a)  4  Wörter  haben  die  Form  -s^v^-t  oder  «^^^ 
b)  4  Wörter  haben  die  Messung  -  -^.  Durchschnittlich  kommt 
auf  1500  Verse  ein  Versschlusz  -^-^cr. 

Auch  Catullus  musz  hier  in  Betracht  gezogen  werden. 

62,4    (licet lu"  hymciiacus  (>4,20    despexit  hymeuaeo8 

5        0       hymenaec  141    Optätös  hymenaeos 

66,11  aiictüs  hymenaoo  319    cust<ldlbänt  calathisci 

Hieraus  ergiebt  sich,  dasz  1)  die  Betonung  des  vorletz- 
ten Wortes  tiberwiegend  häufig  von  der  prosaischen  ab- 
weicht: a)  4  Wörter  haben  die  Form  -  --,  bi  ein  Wort  hat 
die  Form  ~i.  2)  \  mal  fällt  Hochton  und  Vershebung  zu- 
sammen bei  einsilbigem  Wort.  Durchschnittlich  kommt  auf 
ca.  134  Verse  ein  Versschlusz  ^^i-. 

Bei  Silius  Italiens  kommen  fol<rende  Fälle  vor: 


'O' 


I  152  superumque  hominumque  V    22  latequc  hymcnaeo 

II  484  divumquf  homiuumque  XV  728  ac  residentem 

III      64  primoque  hymenaeo  XVII    79  Tj'rins  hymenaeos 

Hieraus  ergiebt  sich:  1)  das  Zusammenfallen  von  Hoch- 
ton und  Vershebung  tiberwiegt  entschieden:  a)  1  Wort  ist 
einsilbig,  b)  4  mal  findet  Synalöphe  statt.  2)  Nur  1  mal  fällt 
Hochton  und  Vershebung  auseinander;  das  vorletzte  Wort 
hat  die  Messung  w^jj.  Durchschnittlich  kommt  auf  2034 
Verse  1  Versschlusz  ^^v^^c. 

Bei  Lucanus  kommt  tiberhaupt  nur  1  Fall  vor: 

XI II  318  prÄecipitÄ  cataractae.     Das   vorletzte  Wort   hat  die 
Messung  -^v^-^. 

Bei  Statins  kommt  in  den  >>iivae  und  AchiUeis  kein 
Fall  vor,  in  der  Thebais  folgende: 


SAT.    I;     10. 


CXLVIi 


n  202  primisque  bymenaeis 
239  luiec  Aracyiitho 
610  Echi5iuflm  Lycophontem 


m  283  däbils  bymenaeiB 
YII  344  qui  Cyparisson. 


Hieraus  ergiebt  sich:  1)  Das  Zusammenfallen  von  Hoch- 
ton und  Vershebung  überwiegt:    a)  2  Worte  sind  einsilbig 
bj  1  mal   ist  Synalöphe.    2)  2  mal  fällt  Hochton  und  Vers- 
hebung auseinander:  a)  1  Wort  hat  die  Form  -  ws^^;  bj  1  Wort 
die  Form  ^  -'.  Durchschnittlich  kommt  auf  2S24  Verse  1  Vers- 

Wir  wollen  nun  zur  voraugusteiöclien  Hexameterpoesie 
zarQekgeh^n  und  zunächst  die  viersilbigen  Versschlttsse  bei 
Lucretius  aufsuchen;  es  sind  folgende: 


I     4  omue  aniniantum 
5  t  ad  rationem 
6S  nee  minitanti 
74  mente  animo(|iie 
ft"  comitari  hyraenaeo 
112  natura  aiümai 
n9  r^m  novitatem 

14b  sp^cies  ratioqae 

1S2  quae  genital! 

194  natura  animantum 

• 

264  adiuta  aliena 

266  nil  revocari 

VA  omne  auimautum 

424  quo  referentcs 

457  natura  abituque 

517  qu^it  cohibere 

544  nil  revocari 

517  rSbüs  reparandis 

550  res  reparare 

779  caecamquo  adhibere 

SoS  arbasta  animantis 

621  arbasta  animantis 

82S  plura  adhibere 


n 


I  912 
1033 
1038 
43 


61 

77 

78 

139 

393 

4r,3 

4S0 

483 

509 

591 

614 

640 

665 

691 

717 

804 

918 

920 

936 


sunt  clementis 
gcns  animantum 
natura  animantum 

•  _ 

pariterquc  animatus 
species  ratioque 
äliäe  minuuntur 
saecla  animantum 
ut  moveantur 
est  elcmentis 
esse  elemcntis 
figflränlm  ratione 
in  brevitate 
in  mclioris 
undc  oriantur 
qui  violarint 
mätrr'm  comitantur 
quaoquo  imitantur 
oonstarQ  elcmentis 
atquQ  imitari 
ütf  videatur 
una  eademque 
turbamquc  animantum 
naturaro  animantis 
Kl 


3XLVIU                                        SAT. 

1,  10. 

11981  constat^   elementis 

838  atqu^  animai 

[1U23  ad  rationem] 

ni  949  sis  moriturus 

1063  geucrisqu^  auimantum 

1079  quin  obeamus  • 

1073  Bimili  ratione 

1092  ex  hodiemo 

T1I    93  spScies  ratioque 

IV    38  vfvös  volitare 

132  delatvim  Heliconi 

104  ilUs  similesque 

142  mens  animusqae  est 

2a0  ant^  agiUtur 

150  pars  animar 

335  sunt  speculonim 

155  vocemquQ  aboriri 

343  gestumquQ  imitari 

161  atquQ  animai 

351  ne  simulacra 

167  constarQ  auunamque 

365  gestumque  imitari 

228  natur^m  animaeque 

448  fiti  videantur 

244  ex  elementis 

545  ex  Heliconis 

III  254  atquQ  animai 

610  plus  operaeve 

341  sie  animai 

645  cäpiilnt  animantes 

344  atquQ  animai 

646  et  generatim 

[374  miuora  animai] 

650  quae  perhibemus 

[380  priT^  animai] 

[720  in  remorando] 

[388  cumquQ  aiiimantis] 

740  natura  aiiimaUs 

[392  concussa^animaT] 

759  cum  vigilamus 

397  vis  animai 

78S  cum  simulacra 

399  ull^  animaF 

833  sunt  ratione 

406  partQ  animai" 

[859  cuiusquQ  animantis] 

444  is  cohibessit 

925  pars  remaneret 

455  omn^m  animai 

944  inde  animai 

468  qui  revocantes 

959  parte  animai 

476  ^is  penetrant 

979  ut  videantur 

499  atqu^  animai 

985  essQ  operati 

522  a  modicina 

1053  hunc  jaculatur 

536  tanta    animai 

1146  ne  jaciamur 

573  si  cohibere 

1217  nee  superatumst 

580  perferre  animai 

1246  aut  penetratum 

597  cum  perhibetur 

1249  ex  aliisque 

624  natura  animaist 

y    49  ex  animoque 

713  necn^  anima7 

50  dum  rationes 

724  mult^  animarum 

69  tellnrQ  animantes 

761  e  sapienti 

80  atqu?  auimantis 

SAT.  I,   10. 


CXLIX 


y    83  qua  ratione 
[141  fomiimqa^  EDimalem] 
[145  688^  animata 
[229  cniqaam  adhibendast 
255  d&fiYiSm  rerocator 
378  adhac  potnissent 
415  vim  minuemnt 
431  generisqa^  ammantam 
456  sunt  dementis 

478  in  statione 

479  quae  moveantur 
547  obiecta  alienis 
55*}  yis  animai 

590  qua  ratione 
742  flabra  aqnilonum 
615  ill^  alimenti 
919  membra  animantom 
929  qnod  caperetnr 
1053  ^nim  paterentur 
122S  atqne  elephantis 
1347  spevolnerunt 


y  1373  atqu^  olearam 
VI      41  sp^ctss  ratioqae 
59  qua  ratione 
292  d&uviim  revocari 
330  est  elementis 
333  in  remorando 
354  ex  elementis 
445  presteraimitetur 
5 86  hie  animai 
591  ipse  animai 
730  fiabra  aqnilonnm 
S46  ut  coäundo 
902  pari  ratione 
919  est  adeundum 
959  quae  iaciuntur 
1009  ex  elementis 
1012  ex  elementis 
1025  ac  vacuatus 
1117  est  inimicus 
1119  fortQ  alienum 
1124  atque  alienum. 


Hieraus  ergiebt  sich  für  die  Betonung  des  vorletzten 
Worts:  1)  in  den  überwiegend  meisten  Fällen  fällt  Hochton 
und  Vershebung  zusammen:  a)  71  Wörter  sind  einsilbig 
(Uerzu  rechne  ich  auch  adhüc)\  b)  70  mal  findet  Synalöphe 
statt  2)  Hochton  und  Vershebung  decken  sich  nicht  in  fol- 
genden Fällen:  a)  14  Wörter  haben  die  Messung  -^^z 
oder  w^^  oder  -^;  b)  5  Wörter  die  Messung  -^;  c)  1  Wort 
die  Messung  —  ^,  Durchschnittlich  kommt  bei  Lucretius 
auf  46  Verse  ein  Versschlusz  v>  ^  ^  -. 

In  den  Fragmenten  des  Ennius  (ed.  Vahlen)  kommen 
folgende  Fälle  vor: 


▼•   23  mOrtäl^s  perhibebant 
44  pgdim  stabilibat 
56  aeriimnls  tetolisti 


V.    57  quoB  peperisti 
100  impunQ  animatus 
116  di  genuerunt 


CL 


SAT.   I,   10. 


V.  tlT  dis  oriumlum 
124  et  tutulatos 
128  ut  teiieHtis 
VM  his  toleraret 
13$  cirtäbänt  tuditantos 
139  ac  popularis 
152  gOnt^s  opulentae 
175  ut  misererciit 
200  prftiüm  dederitis 
223  qulsquam  superarat 
227  quae  peiliibetur 
237  atque  elophanti 
254  divomqu^  homiuumque 


V.  259  iilö  gracileuto 

274  sed  maledictis 

275  inimicitias  agitantes 
300  Didon^  orinndos 
305  c(>nlr>gä  Tuditano 
30S  aevpm  agitabant 
324  caüs^  poliendi 

393  quae  perhibctur 
409  ifibet  horiturque 
414  partim  requiescunt 
4S6  togS  superescit 
567  divomqu^.  hominumque 
591  taetrosqup  elephantos 


Aus  diesen  Fragmenten  ergiebt  sich  für  die  Betonung 
des  vorletzten  Wortes :  1 »  in  der  Meliraalil  der  Fälle  fällt 
Hochton  und  Vershebung  zusammen :  a)  1 1  Wörter  sind  ein- 
silbig; b)  7  mal  findet  Synalöphe  statt.  2)  Nicht  selten  fällt 
aber  Hochton  und  Vershebung  auseinander:  a)  5  Wörter 
haben  die  Form  -^^i,  .w'  oder  ^;  b)  5  Wörter  die  Form 
-^;  c)  4  Wörter  die  Form  -"  -  '.  Durchschnittlich  kommt  in 
diesen  Fragmenten  auf  ca.  1 8  Verse  1  Versschlusz  ^  -  ^  -. 

In  den  Fragmenten  des  Lucilius  ^ed.  Gerlaeh)  sind 
folgende  Fälle  eines  solchen  Versschlusses: 


I    6,2  hanc  scelerosi 

24  mÜreut  legioncs 

25  Clont  elephantis 

II      4  iuvasse  auimamque 

0,2  et  capitatam 
rV    2,3  cum  dccumano 
VI    17  equiim  musimonem 
IX    13  ac  podagrosus 
XI      2  quem  Cephalouem 
XrV      8  ac  Babylonem 


XV  7  ac  Syropboenix 
10  et  cerebrosum 

13  sirpiculiqu^  bolerorum 

XVI  3  atquQ  Aqiülonem 
XVn  1,6  iusign?m  habuisse 
XXIX  15  ut  fugitivom 

XXX  10  atquQ  anünosam 
Inc.  1,5  turp?  iuhoDCstum 
3J  binc  inimicus 
16,2  tantiquQ  habearis 


SAT.   I,    10.  CLI 

Eine  Beweisaufnahme  aus  diesen  wenigen  Fragmenten 
mugz  freilich  sehr  mangelhaft  ausfallen.  Es  ergibt  sieh 
Folgendes:  1)  in  den  überwiegend  meisten  Fällen  stimmen 
in  den  uns  erhaltnen  Fragmenten  Hochton  und  Vershebung: 
ai  10  Wörter  sind  einsilbig;  b)  7  mal  findet  Synalöphe  statt. 
2)  3  Wörter  haben  die  Form  <>-^. 

Nachdem  wir  uns  nun  das  nothwendigste  Material  vor- 
geführt haben,  können  wir  über  die  Anwendung  des  Vers- 
schlusses v-^^-^  er  im  lateinischen  Hexameter  etwa  Folgendes 
sagen:  Ennius,  der  Begründer  des  lateinischen  Hexameters, 
der  noch  mit  vielfachen  sprachlichen  und  metrischen  Schwierig- 
keiten zu  kämpfen  hatte,  hat  sich  auch  über  diesen  Vers- 
schlusz  wol  noch  keine  sehr  bestimmten  Gesetze  gemacht: 
er  scheint  ihn  von  allen  lateinischen  Dichtem  am  häufigsten 
zu  haben.    Freilich  war  die  lateinische  Sprache   wol  nicht 
80   reich  an   Wortformen    von    der  Messung  wv^^-  als  die 
griechische,    wie   dies   eine  Vergleichung   des    Ennius   mit 
Homer  zeigt.    Bei  Ennius  kommen  auf  seine  ca.  600  Verse 
betragenden  Fragmente  32  solcher  Verssohlüsse :  bei  Homer 
kommt  die  gleiche  Anzahl  schon  auf  die  191  ersten  Verse 
der  Dias.     Auch   in  der  Setzung  des  vorletzten  Wortes  in 
der  5.  Arsis  läszt  sich  bei  Ennius  nicht  gerade  etwas  speci- 
fisch  Lateinisches  finden:   er  hat    nemlich  an  dieser  Stelle 
13  einsilbige  Wörter  (wenn  mjin   2  durch  Synalöphe  ein- 
silbig gewordene  dazu  zählt),  Homer  bei  der  gleichen  An- 
zahl  von  Versschlüssen    der   Form  w^i-  in   II.  A   1 — 191 
12  dergleichen.    AuflFallenderweise   stehen    die   bei   Ennius 
häufig  (5  mal)   vorkommenden  Antispondeen  an    vorletzter 
Stelle  bei  Homer  A  1—191  nur  1  mal.  Femer  aber  scheint 
Ennius  namentlich  auf  die    prosaische  Betonung  der  latei- 
nischen Sprache   bei   der  Wahl  dieser  Worte  keine  Rück- 
sicht genommen  zu  haben:  so  hat  er  in  der  5.  Arsis  viele 
Antispondeen  (5  auf  600  Verse),  die  von  der  regulären  latei- 
nischen Betonung  grade  am  empfindlichsten  abweichen,  ohne 
dasz  in  den  meisten  Absichtlichkeit  anzunehmen  ist.     Der 
nächste   Epiker    nach  Ennius,    von    dem  wir    noch    etwas 
übrig   haben,    ist  Vergilius.    Bei    diesem  ist  der  Gebrauch 


CLII  8AT.  I,  10. 

des  Yersschlusses  oo^^  unendlich  viel  eingeschränkter ;  noch 
mehr  bei  Ovidius  und  den  spätem  Epikern.  Warum  habea 
wol  diese  Dichter  diesen  Yersschlusz  so  gemieden?  Corssen 
a.  a.  0.  II  S.  443  sagt :  'weil  die  Dihärese  nach  der  Hebung 
des  fünften  Versfuszes  den  rollenden  Fall  des  Yersschlussäi 
unterbrach.*  Aber  Homer  hat  ja  doch  so  unendlich  viel 
mehr  solcher  Versschlüsse :  Vergilius  hat  im  Ganzen  52,  bei 
Homer  kommen  52  schon  auf  die  ersten  309  Verse  der 
Ilias.  Es  mag  also  noch  ein  andrer  Grund  mitwirken,  und 
dieser  liegt  wol  darin,  dasz  das  vorletzte,  in  der  fdnften 
Hebung  stehende  Wort  den  lateinischen  Dichtern  seiner  Be- 
tonung wegen  grosze  Schwierigkeiten  machte.  Dasselbe 
kann  sein  entweder  ein  einsilbiges  oder  ein  mehrsil- 
biges. Schlioszt  nun  aber  der  Vers  w^^c?,  so  müssen  alle 
mehrsilbigen  vorhergehenden  Wörter  an  letzter  Stelle  eine 
Länge  haben  und  auf  der  letzten  Silbe  betont  werden.  Da 
es  aber  in  der  lateinischen  Sprache  keine  mehrsilbigen  Wör- 
ter giebt,  die  von  Natur  auf  der  letzten  Silbe  betont  sind, 
so  muss  in  allen  solchen  Fällen  der  gewöhnlichen  lateinischen 
Betonung  Zwang  angethan  werden,  auszer  wenn  die  eigent- 
lich letzte  Silbe  mit  dem  Vocalanlaut  des  nächsten  Worts 
verschliffen  wird.  Gehen  einsilbige  oder  durch  Verschleifiing 
einsilbig  gewordene  Wörter  dem  Versschlusse  .j^iz^  vorher, 
so  werden  diese  allerdings  regulär  accentuirt,  aber  ein  Ver- 
schlusz,  JL,  wwi-  fällt  sehr  unkräftig  ins  Ohr  schon  wegen 
der  vorher  entstehenden  sog.  bukolischen  Dihärese.  Die 
ältesten  lateinischen  Hexameterdichter,  wie  Ennius,  haben 
nun  neben  nicht  gerade  selten  angewandten  einsilbigen  Wör- 
tern in  der  fünften  Hebung  der  lateinischen  Betonung  durch 
Setzung  von  mehrsilbigen  Wörtern  vielfach  Zwang  angethan. 
Die  Augusteischen  Dichter  aber,  deren  Ohr  ein  viel  feineres 
geworden  war,  und  die  Sprache  und  Versbau  auch  mehr 
beherrschten,  vermieden  cinestheils  die  einsilbigen  Wörter 
in  vorletzter  Hebung  noch  ängstlicher  (Vergilius  hat  nur  6, 
Ovidius  keine)  andrerseits  gingen  sie  den  der  lateinischen 
Betonung  Gewalt  anthuenden  mehrsilbigen  Wörtern  dadurch 
zum  Theil  aus  dem  Wege,  dass  sie  den  Versschluss 


\-»  V,'  —   ^ 


SAT.   I,   10.  CUII 

fiberbaapt  sehr  viel  spärlicher  anwandten;  namentlich  ent- 
hielten sie  sieh  aber  antispondeischer  Wortfüsze  in  der  fünf- 
ten Hebung:  Yergilius  hat  2,  Ovidius  und  die  späteren  Epiker 
keinen.  Ueberhaapt  erlauben  sich  die  Augusteischen  Epiker 
den  Versschlusz  ^^la  grösztentheils  nur  bei  griechischen 
Wörtern  und  bei  Eügennamen^  die  meistens  auch  griechischen 
Unpnings  sind.  Ueberwiegend  häufig  sind  die  letzten  Wör- 
ter der  betreffenden  Verse  solche  griechische  Wörter  und 
Eigennamen:  denn  Vergilius  hat  unter  52  Versschlttssen 
u^i-  47  griechische  Wörter  an  letzter  Stelle,  Ovidius  unter 
S  dergleichen  7,  und  auch  der  achte  Vci*sschlusz  bei  ihm 
BorfAft  ululatus  weist  wol  auf  ein  griechisches  BaxxeJat 
okhyaL  Schon  bei  Catullus  sind  in  der  letzten  Stelle  alle 
6mal  griechische  Wörter;  bei  Statins  sind  alle  5  Wörter 
an  letzter  Stelle  griechisch ,  bei  Valerius  Flaccus  6  unter  7 
d^hichen.  Namentlich  merkwürdig  ist  das  Wort  hf/me- 
naeäs,  das  (durch  Catullus  vielleicht  Mode  geworden)  später 
das  allerbedeutendste  Contingent  zu  unsern  Versschlüssen 
stellt  Bei  Catullus  steht  es  (abgesehen  von  dem  öfter  wie- 
derholten Refrain)  unter  6  Versschlüssen  5ma1,  bei  Vergilius 
14  mal  unter  52,  bei  Silius  Italiens  3mal  unter  6,  bei  Va- 
lerius Flaccus  2mal  unter  7,  bei  Statins  2mal  unter  5  Ver- 
schlüssen s^wic.  Aber  auch  an  der  vorletzten  Stelle  sind 
die  griechischen  Wörter  und  Eigennamen  häufig.  Vergilius 
hat  unter  30  Fällen  j  wo  Hochton  und  Vershebung  ausein. 
ander  fallen,  8  griechische  Wörter,  Ovidius  unter  8  Fällen 
7  griechische  Wörter;  Statins  unter  2  Fällen  1,  Valerius 
Flaecns  unter  3  Fällen  auch  i  griechisches  Wort.  Diese  Er-. 
Kheinung  ist  sehr  wichtig:  denn  wenn  das  vorletzte  und 
letzte  Wort  ein  griechisches  ist,  wie  dies  ganz  überwiegend 
bei  Ovidius  der  Fall  ist,  so  wird  der  lateinischen  Be- 
tanang  kein  Zwang  angethan,  und  ein  solcher  Versschluss 
wurde  daher  von  dem  römischen  Ohre  wohl  nicht  unange- 
nehm empfunden.  Aber  auch  wenn  in  den  meisten  übrigen 
Fillen  nur  das  letzte  Wort  ein  griechisches  ist,  erscheint 
doch  der  betreffende  Versschlusz  schon  hierdurch  gewisser- 
inaszen  der  römischen  Sprachsphäre  entrückt  und  in  eine 


CLIV  SAT.   I,    10. 

andre  liineiu versetzt ,  so  dasz  die  Römer  auch  solche  Vers- 
schlüsse wie  tondehat  ht/arnttki,  de^ppjcit  hymeuaeos  gleichsam 
nicht  mit  römischen  Betonungsgesetzen  maszen.  Dafür  spricht 
auch,  dass  in  solclien  Fällen  häufig  ein  Hiatus  und  eine 
Verlängening  einer  Kürze  eintritt,  wie  fultm  ht/nrintho,  paii 
hi/menaeos,  canit  hymonaeos.  projufjus  hymonaeos^  dtcetur 
hymenaeiis,  auctus  hympnaeo.  wodurch  sich  diese  Versachlüsse 
als  von  der  gewöhnlichen  Art  abweichend  documentiren.  — 
Zwischen  Vergilius  einerseits  und  Ovidius  und  den  spätem 
Kpikem  andrerseits  ist  noch  darin  ein  nicht  unbeträchtlicher 
Unterschied,  dasz  ersterer  den  Versschi usz  ^w/-  wenigstens 
vcrhältniszmäszig  noch  sehr  viel  häufiger  gebraucht.  Die 
überwiegende  Mehrzahl  besteht  freilich  aus  griechischen 
Wörtern  und  in  einigen  Fällen  ist  die  Hcrübemahme  aus 
dem  Griechischen  sehr  offenbar:  z.  B.  ecL  10,  12  \4ovb] 
'Ayavlnnt,,  Georg,  I  437  Vvüif;i  MbXitl^qtj-,  Aen,  V  300 
''Elvfiog  naronevg  re.  IX  344  ^Poitov  %  ^Aßaqlv  t€.  IX 
767  Not]idova  re  ÜQVTaviv  re  (wörtlich  ebenso  Ov.  Met.  XIII 
258  aus  n.  E.  678)  u.  A.  Daneben  hat  aber  Vergilius  auch 
noch  manches,  was  an  die  ältere  Ennianische  Art  erinnert, 
nenilich  einige  Versschlüsse  auf  v^v.i-  aus  rein  lateini- 
schen Wörtern,  wie  Aon.  IV  896  nife?is  elephantOy  IV  667 
femhieo  ululahi  ^  IV  215  semiriro  comitatu^  namentlich  aber 
VI  11  meutern  animumque^  X  505  (femitu  facnmüque,  Vers- 
schlüsse die  hei  Ovidius,  Valerius,  Statins  durchaus  nicht 
vorkommen.  L.  Müller  de  re  metr.  S.  220  sieht  in  solchen 
Versschlüssen  (er  führt  an  IV  215.  X  505.  III  553;  680) 
eine  malerische  Absicht  des  Dichters :  es  ist  das  zum  Theil 
möglich,  aber  bei  Vergilius  durchaus  nicht  immer  der  Fall. 
Auch  Silius  Italiens  hat  dieselbe  Eigenthümlichkeit  wie  Ver- 
gilius: er  hat  zweimal  (I  152.  II  4S4)  einen  nachweislich 
Ennianischen  Versschlusz  herüber  genommen,  einen  solchen 
freili<*h,  der  keinen  Widerspruch  von  Hochton  und  Vershe- 
bung enthält. 

Nun  bleibt  uns  noch  zur  Betrachtung  tibrig  der  Didak- 
tiker Lucretius  und  die  römischen  Satiriker.  Das  erstere 
Werk  ist  das  einzige  groszerc  noch  vorhandene  (redicht,  in 


SAT.   I,    10.  CI.V 

welchem  die  Versschi  Qsse  wwIt  ziemlich  häufig  angewendet 
nnd.  Bei  ihm  fallen  die  oben  besprochenen  Schwierigkeiten 
in  der  Betonung  des  vorletzten  Wortes  grdsztentheils  weg: 
«ein  Hexameter  braucht  keine  besondere  Kraft  und  Pracht, 
er  hat  daher  in  der  tiberwiegenden  Mehrzahl  der  Fälle  vor 
den  Versschi usz  ^w^-  ein  einsilbiges  Wort  gesetzt.     Unter 
den  161  Fällen,  in  denen  er  einen  solchen  Versschlusz  hat, 
geht   71mal    demselben    ein  einsilbiges  Wort   voraus    und 
aosserdem  38mal  Wörter,  die  durch  Elision   einsilbig  wer- 
den: zusammen  109mal.    Die  übrig  bleibenden  (52)  Wörter 
sind  grosztentheils  (32)  in  ihrer  regulären  Betonung  belassen 
durch  Synalöphe  der  letzten  Silbe.    Somit  bleiben  bei  Lu- 
cretiuB  nur  20  Fälle,  in  denen  der  gewöhnlichen  Betonung 
hat  Grewalt  angethan  werden  müssen,  darunter  die  verhält- 
niszmäszig    sehr    geringe  Anzahl    von  5   Antispondeen.  — 
Aehnlich    ist  wol  das  Verhältnisz   bei  den  Satirikern:    sie 
nehmen  an  dem  etwas  schwachen,    der   prosaischen  Rede 
nahestehenden  Versschlusz,  -,wv>^-  keinen  Anstosz,  eben- 
sowenig an  häufiger  Anwendung  der  Synalöphe,  welche  die 
Epiker  zum  Theil  verschmähten.    Aus  des  Lucilius  vorhält- 
niszmäszig  wenigen  Fnogmenten  lassen  sich  sogar  Antispon- 
deen  mit  Bestimmtheit   nicht  nachweisen,   da  die  Ueberlie- 
ferung   an  jener  oben  angeführten  Stelle  des  Charisius  (et 
versus  facipfidi)  so  äuszerst  unsicher  ist;    allein  wir  dürfen 
deren  Gebrauch  nach  jener   Stelle    des  Iloratius   dreist  bei 
ihm  voraussetzen.   —    Bei   Horatius  selbst  macht  die  Zahl 
der  einsilbigen  (15)  oder  durch  Synalöphe  einsilbig  gewor- 
denen  (3)  Wörter   die    Majorität   aus  il8  gegen   17).    Die 
Fälle,  in  denen  bei  ihm  von  der  regelmässigen  Betonung 
abgewichen  ist,  scheinen  theils  absichtlich,  theils  leichterer 
Natur  zu  sein:  vgl.  oben  bei  Horatius  2  a  u.  c.   Bei  Persius 
ist  der  Gebrauch    des  Versschlusses  w^i-  äuszerst  selten, 
hei  Juvenalis  dagegen  wieder  recht    häufig.     Auch  bei  ihm 
Bind  die  einsilbigen  und  durch  Synalöphe  einsilbig  gewor- 
denen Wörter  (32)  bedeutend  überwiegend  (gegen  16  mehr- 
silhige).    Er  hat  nur  2  Antispondeen   in  vorletzter  Hebung, 
dagegen  sind  bei  ihm  sehr  bemerkenswerth  die  8mal  vor- 


CLVI  SAT.  II,  2.  3.  5.  6. 

kommenden  pomphaften  Vereausgänge  tz^'  -v^-^c:  ^g  sind 
dies  wol  Alles  Parodien  (oder  Reminiscenzen)  epischer  Stellen, 
wenigstens  haben  sie  sowol  wie  die  2  Fälle  mit  Antispon- 
deen  an  letzter  Stelle  ein  griechisches  Wort* 


Sat  II,  2  Quae  virtiis  — 

V.  10  if.  habe  ich  einigermaszen  zu  constituiren  gesucht, 
wie  sie  nach  Sinn  und  Construction  möglich  scheinen. 

Sat.  II,  3  Si  raro  scribis  — 

V.  57  Clamei  amica  mafer^  honesta  soror.  So  die  üeber- 
lieferung.  Natürlich  umzukehren :  honesta  mater^  amica  soror. 

Sat.  n,  5  Hoc  quoque  Tiresia  — 

V.  1 04.5  sparge  subinde  et  si  pauUum  potes  iJiacrimare 
est  gaudia  prodentem  voltum  celare.  Lachmann  hat  emendirt 
Hiacrima.  e  re  est  —  Ich  kann  dem  nicht  beistimmen,  theils 
wegen  des  Uebelklanges,  theils  weil  die  Bemerkung  e  re  est 
gaudia  prodentem  voltum  celare  sich  zu  sehr  von  selbst  ver- 
steht. Ich  habe  versucht  —  illacrimare  gaudia  pertendes 
voltu  celare.  —  Man  könnte  auch  an  ausgefallnen  Vers 
denken.  Merkwürdig  ist  doch,  dass  Orestes  tragoedia  V.  63 
gelesen  wird  conticuit  genitor  dum  vultus  gaudia  plorant. 
Hat  auch-eiumal  plorantcm  oder  ploranti  vultu  hier  gestanden? 
Doch  scheint  das  schon  nicht  zw  paullum  illacrimare  zu  passen. 
—  Beiläufig  möchte  ich  mir  die  Frage  erlauben,  ob  es  wirk- 
lich die  Meinung  ist,  dasz  wir  an  Klang  und,  noch  mehr, 
an  Latinität  glauben  sollen,  an  Properzische,  in,  9  fin. 
IIoc  mihi  Maecenas  laudis  concedis  et  a  te  est  quod  ferar  in 
partis  ipse  fuisse  tuas. 

Sat  II,  6   Hoc  erat  in  votis  — 

V.  29.  Dasz  Horaz  sollte  quid  vis  insane  et  quas  res  agis 
geschrieben  habe  und  nicht  wo  alles  aus  dem  Leben  das 
von  Bentley  trefflich  als  das  durchaus  gangbare  nachge- 
wiesene quid  tibi  vis  und  quam  rem  agis,  konnte  ich  nie 
glauben.    Man  erlaube  mir  meine  Meinung  darttber  abzu- 


SAT.   U,  6,  EPIST.  I.  l.  CLVII 

seliieiben  aus  Julias  Schultz  de  prosodia  satiricorum  Roma- 
nonm  p.  26:  ^Prima\  ut  dicit  Lucianus  Muellerus  p.  283 
'etitUmis  Latinae   normast^  nan  ut  possint  manosyllaha  longa 
out  media    (sie  appellat  syllahas  m  littera  terminatas)  elidi  in 
irevi  msi  quae  sint  mdecltnabilia  aul  flexione  formata  aliefia 
üb  legitmü  modtdis.     Itaque   {id  quod  Muellerus  non  atii- 
git)  BetUleü  coniectura   a  Ilemdorßo   recepta    Sat.  II   6,29 
Quid  tibi  vis^  insane,  et  quam  rem  agis?  improbus 
urguet  cet.  reiicienda  erit,  quam  Bentleius  conieciuram  pro 
iepravato  illo,  quod  codd.  praebent:  Quid  tibi  vis  insane 
et  qua s  res  agis  —  egregie  ex  linguue  usu  fitnnasse  vide^ 
tur.    Et    Meinekius    ei   Hauptius   ad   quas    res    redienint 
omisso    tibij    Quid   vis  insane   et  quas  res  agis?  — 
Lehrsius  se  aliorsus  incltnare  dicit.     Cum  priorem  monosyl- 
laiam  in  si/naloepha  substantrvum  rarissime  esse  inveniamus, 
alteram  post  monosyllabum  brevem  item  perraro  ^  hoc  genus, 
de  quo  agitur^  cur  fere  inauditum  fuerit,  intelligi.     Neque 
ideo  id  ita  ßrmum  fuisse ,  ut  statuendum  sil  in  satira  et  quo 
loco  communem  vitam  quam  maxime  imitari  decebat  maluisse 
Haratium  pervulgatum  dicendi  genus  migrare  potius  quam  illud 
et  comicorum   quoque  versibus  familiäre  quam  rem  agis? 
cum  ipsa  synaloepha  transsumere. 


Epist.  I,   1  Prima  dicte  mihi  — 

V.  16  —  19  'Rufen  wir  uns  nun  kurz  ins  Gedächtnisz, 
wie  Aristipp  in  alles  was  Tyehe  in  der  Gestalt  des  Vortheils 
oder  Vergnügens  lockend  anhieten  mochte  sich  einliesz,  zu- 
gldch  aher  lehrte  und  ausführte  sich  mit  humoristischer 
Freiheit  ihr  überlegen  zu  halten,  um  sobald  sie  unbequem 
ward  ihrer  frei  zu  werden:  was  er  durchzusetzen  verstand 
gegenüber  den  Launen  der  Tyrannengunst,  gegenüber  den 
Laonen  der  Elemente,  als  er  in  der  afrikanischen  Hitze  die 
erBchmeichelten  Goldsäcke  fortwerfen  hiesz,  gegenüber  sogar 
den  Launen  der  schönen  und  verführerischen  Frauen.  In 
^es  sich  hingebend  'hielt  er  ohne  gehalten   zu  werden . 


CLVIII  EPIST.   1,    1. 

Allein  das  vermochte  nur   er  und  vemiogeu  nur  Menschen 
wie  er,  die  zu  den  seltensten  Erscheinungen  gehören'.    Die- 
ses sind  Worte  aus  meinen  [»opulären  Aufsätzen,  1S56.  S.  162. 
Sie  werden  wol   hinreichend    zu  erkennen   geben,  wie  ich 
meinerseits  keinen  passendem  Spruch  zu  Bezeichnung  des 
Aristippismus  wüszte  als  das  ^sich  die  Dinge,  nicht  sich  den 
Dingen   zu    unterwerfen',   sibi  res  non  se  subiungere   rebus^ 
und  jeden  über  diesen  Vers  hier  entstandenen  Zweifel  nicht 
anerkenne.    Ob  man  ftlr  den  Stoicismus  den  Spruch   ohne 
weiteres  umkehren  dürfte ,  was  wol  nicht  -der  Fall ,  kommt 
aber  zum  Verständnis/  unserer  Verse  auch  nicht  in  Frage. 
Horaz  gibt  bezeichnende  Züge  für  beide  Philosophien,  und 
wie  für  den  Ari8tii)i)ismus  der  genannte  Spruch  ein  Schibo- 
letli   ist,    so  für   den  Stoiker  die  'Tugend',    nein  vielmehr 
die  'wahre  Tugend*  —   gewisz   wird    er  alles  was  andere 
Schulen  Tu'rend  (dgeir-)  nennen  nur  für  einen  Schein  von 
Tugend  erklären  —  und  die  Starrheit  in  Ausübung  dieser 
wahren  Tugend,  während   bei  andern  Schulen  eine  gewisse 
Biegsamkeit  zugestanden  wird,  wie  Aristipp  die  Biegsamkeit 
auf  den  Thron  gesetzt.    Ein  zweiter  Gegensatz  wird    noch 
hervorgehoben ,   einerseits  das  sich  selbst  leben  des  Aristip- 
pismus,   sehr  bekannt  und  sobald  man  sagt  „Aristippische 
Philosophie"  (Aristippi  prarcepta)  sogleich   sich   darbietend, 
und  hingegen  der  Stoiker,  welcher  thätig  und  gern  ein  thätig 
ist  (ycoiviüvtxog  xai  7iQaxTtxog  Diog.   La.  VII,  124),  welcher 
sich  mit  Statsgeschäften  befaszt,  wenn  nicht  etwas  dagegen 
ist  {jtohxtvetai  av  juij  zi  xojAr/;).    Man  wird  übrigens  sehr 
wohl  thun,  bei  V.  15.16  an  Cato  zu  denken,   nicht  als  ob 
Horaz  dabei   selbst  gerade    nothwendig  an    Cato    gedacht, 
wiewol    dies  sehr  mnglich  ist,    aber  an   einen  praktischen 
Stoiker  vielmehr    als  an  einen  Schulstoiker.    Bei  dem  Ari- 
stippismus ist  Phil<>soj)h  und   Praktiker  überhaupt  weniger 
zu  scheiden  und  Horaz  denkt  an    sich  selbst.     Horaz  war 
eine  Aristip])ische  Natur  und  wus/te,  dasz  er  es  war,  daher, 
wenn  er  sich  einmal  in  den  Stoicismus  vertieft  hatte,  er  sich 
doch  bald  unversehens  wieder  auf  den  Wegen  des  Aristip- 
pus  fand:  'unversehens  gleite  ich  in  den  Aristippus  zurück'. 


EPIST.   1,    1.  CLIX 

Was  er  mit  Rücksicht  auf  seiue  Natur  sagrt  ohne  es  zu  ta- 
deln. Der  Ariötippiöchen  Natur  des  Horaz  und  der  be- 
wuszten  Anerkennung  derselben  und  der  Norm  'sich  die 
EHnge,  nicht  sich  den  Dingen  zu  unterwerfen  verdanken 
wir  die  eigenthümlichsten  Züge  des  Horaz,  welche  ihn  uns 
besonders  anmuthig,  aber  auch  besonders  werth  machen: 
seine  Stellung  zu  Mäcenas,  dem  er  bereit  ist  alles  zurückzu- 
geben, wenn  er  ihm  zu  unbequem  werden  wolle;  dasz  er 
nicht  Lust  habe  aus  seinem  'Fusz  und  Masz*  ipes  und 
modulus)  herauszugehen  (Kpist.  I,  7,  9S).  Welches  der  Aristip- 
pische  Fusz  ist.  Aber  einen  Virtuosen  gleich  dem  Meister 
Aristipp  fühlte  er  sich  nicht :  et  mihi  res  non  me  rebus  sub- 
iuTifßere  conor.  Die  ganze  geniale  Leichtigkeit  des  Aristipp 
hatte  er  nicht;  vielleicht  hätte,  wenn  er  sie  gehabt,  das  Ein- 
zige, was  uns  in  ihm  stört,  seine  August  Vergötterung 
einen  andern  Charakter  angenommen.  Er  sah  sich  auch 
bei  andern  philosoi)lii8chen  Schulen  nach  Stützen  und  An- 
regungen um.  Er  wuszte  die  schönen  und  hohen  Lehren 
der  Stoiker  wohl  zu  schätzen  und  ihnen  etwas  abzugewin-  ' 
neu  :  allein  sobald  er  an  die  starren  Conseciuenzen  kam, 
fühlte  sich  seine  graziöse  Natur  abgestossen,  und  wo  er  ihnen 
einmal  bis  an  die  Grenzen  ihrer  Paradoxa  gefolgt,  springt 
er  wol  mit  scherzhafter  Wendung  davon  zurück ,  wie  am 
Schlüsse  dieses  ersten  Briefes.  Auch  in  der  Art  wie  Horaz 
seine  Schriftstell erei  trieb,  zeigt  sich  sein  Aristippismus.  Auch 
sie  liesz  er  sich  nicht  gar  zu  sehr  über  d(ui  Kopf  wachsen. 
Geistreich,  zum  humoristischen  Menschenbeobachter  bestimmt, 
geschmackvoll  wie  er  war,  in  den  griechifichen  Dichtern 
den  ansprechendsten  Lebensgeuus/  findend,  hatte  er  die 
Elemente  und  Triebe  zur  Schriftstellerei  in  seiner  Natur 
gegeben.  Allein  das  Formen,  namentlich  auch  das  Formen 
eines  Ganzen,  eines  plastischen  Gebildes  wurde  ihm  keines- 
wegs leicht.  Von  diesem  letztgenannten  Talent  besasz  unter 
den  Romischen  Satirikern  Juvenal  gar  nichts.  Horaz,  der 
es  aus  seinen  Griechen  wol  als  die  höchste  Blüthe  schrift- 
stelleriBcher  Production  inne  geworden  war,  besasz  es:  doch 
stand  es  ihm  nicht  immer  leicht  zu  Gebote.    Er  hat  in  den 


CLX  EPIST.   I,  1. 

Satiren  einigemal  die  höchsten  und  unvergänglichsten  Mei- 
sterstücke in  dieser  Art  aufgestellt:  den  Gegenstand 
seines  satirischen  Spottes  in  einen  geistreichen  Rahmen  ge- 
faszt,  zu  einem  vollendet  plastischen  Bilde  ausgearbeitet: 
Canidia,  der  Litterat,  Tiresias,  Nasidienus,  die  Consultation 
des  Trebatius. 

Aber  wie  sehr  treten  dagegen  andere  nicht  wenige  zu- 
rück 1    Ist   es  nicht   als  ob  der  Catius  (II,  4)  ein  früherer 
Versuch  wäre,  bis  ihm  in  glücklicher  Stunde  die  Bearbei- 
tung desselben  Stoffs   zur  Gesellschaft  bei  Nasidieuus  auf- 
ging? So  machte  er  sich  in  späteren  Jahren  von  dieser  Be- 
schwerlichkeit los.  Er  nahm  oder  erfand  sich  die  Form  der 
Epistel,    das  heiszt    die  Form    der    Formlosigkeit.    Dabei 
hatte  er  auch  noch  die  Annehmlichkeit,  die  er  liebte,  wie 
auch  die  Oden  zeigen,  mit  dem,  was  er  zu  sagen  hatte,  an 
eine  bestimmte  Person  sich  zu  weuden,  sei  es  ein  unbethei- 
ligter,  sinniger  Zuhörer,  sei  es  ein  solcher,  der  zu  dem  dies- 
mal behandelten  Gegenstande  in  näherer  Beziehung  stand. 
In  Nachahmung  also  der  Brieffoim  des  Lebens  war  er  nun 
jener  Arbeit,  einen  plastischen  Rahmen  zu  erfinden,  über- 
hoben.   Er  legte  nun  seine  Gedanken  wie  sie  ihm  aus  dem 
Leben  und  besonders  jetzt  auch  bei  der  Leetüre  entstanden, 
und  —  worin  er  ein  Meister   war   —   seine    concentrirten 
Gnomen,  in  losem  Verbände  neben  einander:  er  führte  den 
einen  Gedanken,   über    den   er   mehr  Treffendes  zu  sagen 
wuszte,  oder  der  ihn  sonst  eben  mehr  anzog,  ausführlicher 
aus:   jenen  kürzer:  konnte  an  Punkten  auch  eine  Anzahl 
Einzelgnomen    hintereinander  vortragen.    Dasz  dabei  nicht 
ohne  alle   psychologisch   erkennbaren  Gedanken-  oder  Ge- 
fühlsverbindungen verfahren  wird,  das  ist  natürlich.    Aber 
jenen  Charakter  des  Lockeren,  Springenden,  Unvollständigen, 
ungleichmässig  Ausgeführten  musz  man  erwarten  und  aner- 
kennen. In  keinem  seiner  Briefe  ist  dies  in  höherem  Grade 
der  Fall  als  in  der  ars  poetica,    und  von  den   obigen  Ge- 
sichtspunkten ausgehend  musz  man  ihre  Form  oder  Form- 
losigkeit ganz  begreiflich  finden. 

In  unserer  ersten  Epistel  ist  sogleich  die  Wendung  sehr 


EPIST.   I,    l.  CLXI 

beqaem.  'Jetzt  sind  die  Jahre,  wo  für  die  Poesie  die  Zeit 
yoTfÜ)&  ist  Jetzt  gilt  es  immer  hinter  der  Philosophie  her- 
zttsein  und  einzusammeln  aus  ihr  was  im  rechten  Augen- 
blicke anzuwenden  ist.  So  macht  mir  jedes  Hindemisz, 
welches  mich  von  dem  rüstigen  Studium  der  Philosophie 
abzieht  y  mich  zwingt  es  eine  Zeit  lang  hinauszuschieben, 
jetzo  die  Zeit  so  lange,  wie  dem  Liebhaber  ein  erwartetes 
Mädchen,  das  nicht  kommt  u.  s.  w.  Da  bleibt  mir  denn 
nichts  übrig  als  mich  unterdessen  zu  trösten  und  in  der 
Bahn  zu  erhalten  mit   folgenden  Grundlehren:'  — 

Da  stand  es  dann  frei,  eine  gröszere  oder  kleinere  Zahl 
philosophischer  Sätze  folgen  zu  laszen,  einige  kürzer,  einige 
aosfhhrlicher  erläutert,  und  in  einer  auch  noch  sehr  dem 
Beheben  unterworfenen  Reihenfolge.  Achuliche  Wendungen 
kommen  sonst  wieder,  z.  B.  im  zweiten  Theil  des  zweiten 
Briefes  im  zweiten  Buch.  —  Ob  ßibbeck  diese  Ansicht  von 
den  Episteln  hat  weisz  ich  nicht.  Wenn  er  sie  hat,  verstehe 
ich  seine  Behandlung  derselben  nicht:  wenn  er  sie  nicht 
hat,  wenn  er  eine  andere  Vorstellung  hat,  nach  der  er  mehr 
gebundene  Form,  mehr  systematischen  Gang  oder  wie  ich 
es  nennen  soll,  nöthig  findet,  so  habe  ich  meine  Stellung 
bezeichnet. 

V.  56  iaevo  suspeiisi  — ,  aus  Sat.  I,  0,74.  Von  Meineke, 
«ich  Haupt  hier  entfernt.  • 

V.  60  **/  rede  facies  hie  munis  ueiiens  esto:  nil  eon- 
scire  sibi,  nulla  pallescere  euipa.  Meineke  hat  die  Worte  von 
kic  bis  eulpa  hinausgeworfen.  Ohne  Zweifel  mit  Recht  des- 
halh,  weil  der  Gedanke  durchaus  nicht  hierher  paszt. 

V.  101.  Im  Aristarch,  zweite  Ausgabe  S.  437  (vorher 
schon  im  Rheinischen  Museum)  hatte  ich  gesagt,  der  Vers 
mmire  putas  soiemma  me  neque  rides  müsse  fehlen :  er  sei 
verkehrt  und  unmöglich.  —  Wie  denn  anders  ?  Wenn  meine 
Kleidung  schief  und  nicht  zusammenpassend  ist,  lachst  du: 
wenn  meine  Bestrebungen  nicht  harmoniren,  da  glaubst  du, 
daaz  ich  den  gewöhnlichen  Wahnsinn  der  Menschen  habe  — 
Ei,  Querköpfigkeit !  Er  glaubt  dann  nicht,  dasz  er  wahnsinnig 
sei:  er  sieht  gar  keinen  Wahnsinn  an  ihm:  er  sieht  das  ge- 

\A\viy  Horatins.  L 


CLXII  EPIST.   I,  2. 

wohnliche  Treiben  der  Menschen  an  ihm  und  es  fällt  ihm 
eben  deshalb  gar  seine  Disharmonie  nicht  als  et>vas  Beson- 
deres auf.  Und  diese  allen  Menschen  eigene  Veränderlich- 
keit in  ihren  Bestrebungen  hält  Mäcenas  gar  nicht  für  Wahn- 
sinn: wenn  er  sie  dafür  hielte,  da  thäte  er  ja  eben  was 
Horaz  in  Stoischem  Sinne  will  und  als  das,  was  jener  nicht 
thut,  ihm  vorhält.  Oder  will  man  es  gar  mit  der  Frage  ver- 
suchen? 'da  meinst  du,  dasz  ich  nur  den  gewöhnlichen 
Wahnsinn  der  Menschen  habe  und  lachst  nicht'  ?  also :  wäh- 
rend ich  doch  viel  wahnsinniger  bin  als  die  andern  Men- 
schen und  du  lachen  solltest!  — 

Die  Sache  ist:  'der  Wahnsinn  ist  erst  die  StoischCi 
nicht  die  gewöhnliche  noch  die  Mäcenatische  Ansicht  und 
Ausdruck  über  die  Inconsequenz :  den  einer  plump  und  un- 
zeitig hineingebracht  hat,  während  Horaz  es  durch  Arzt  und 
Curator  andeutete  und  dann  V.  lOS  mit  dem  sanus  des 
Weisen  zugleich  die  msatiia  aller  Unweisen  auch  mit  dem 
Stoischen  Schlagsvort  deutlich  zu  verstehen  gab. 


Epist.  I,  2  Troiani  belli  — 

V.  1.  Das  herkömmliche  maxime  Lolli  ist  von  Meineke 
bekanntlich  mit  Maxime  vertauscht,  aus  überzeugenden 
Gründen  (Versschlusz  Maxime  Coita  bei  Ov.  Pont.  11,  8. 
III,  5,  6). 

V.  46.  'Der  Zusammenhang  in  Horazens  zweiter  Epistel 
ist  einfach  und  leicht  zu  verfolgen.  V.  44  wird  erfordert: 
man  sucht  sich  Vermögen  durch  eine  reiche  Frau,  grtlndet 
ein  Haus  und  cultivirt  ein  Landgut.  Allein  nicht  Haus, 
nicht  Landgut,  nicht  Geld,  —  so  wenig  sie,  wenn  du  kör- 
perlich krank  bist,  dich  gesund  machen,  so  wenig  heilen 
sie  dich  von  der  Seelenkrankheit.  Aber  der  dazwischen- 
stehende  Vers  46  guod  salis  est  cui  contingit  nii  amplius 
optet  zerstört  alles.    Dann  femer  ist  alles  gut  bis 

V.  79  testa  diu.  Die  abschliessenden  Worte  aber :  quod  si 
cessas  aut  strenuus  anteis  nee  tardum  opperior  nee  praeceden" 


EPIST.  I,  2.  3.  6.  CLXIII 

ths  msto  sind  abgeschmackt,  fast  dünkt  mich  auch  an  und 
ArdcL  Aristoteles  igfotrj&eig  nwg  av  TtgoxoTtrouv  ol 
fitt^al  sagte  was  das  Natürliche  scheint  idv  rovg  TtQoixov- 
tag  dicixovTBg  Tovg  vaxeQOvvrag  (xi]  ävafiivwat  Diog.  La.  V^ 
M.  Doch  in  diesem  Zusammenhange  und  in  dem  Verhält- 
nisE,  in  welchem  Horaz  zu  LoUius  diese  Epistel  schrieb,  sind 
jene  Worte  abgeschmackt  ganz  ohne  Zweifel.  Sie  müsscQ 
den  echten  Schluss  verdrängt  haben.'  Aristarch  2.  Ausg. 
S.  437  (vorher  im  Rhein.  Mus.  1862). 


Epist  I,  3  Iidi  Flore  — 

V.  31.  32  ist  die  Ueberlieferung  a?i  male  sarta  gratia 
nequiquam  coit  et  rescmdüur  at  vos  oder  ac  vos.  Mir 
scheint  eine  Versetzung  und  dann  Unsicherheit  in  der 
Schreibung  der  einsylbigen  Partikeln  vorgekommen  zu  sein 
und  habe  ich  geschrieben,  wodurch  der  Gang  so  viel  sicherer 
and  lebhafter  wird:  coüf  an  resanditur  et  vos  —  Ich  werde 
gegen  ac  vos  auch  nicht  viel  haben.  Doch  beobachten  wird 
man,  eine  wie  geringe  Neigung  Horaz  zu  ac  hat ,  wo  et  stehen 
kann.  Einiges  Auffallende  kommt  vor,  z.  B.  Sat.  1  und  2. 

Epist.  I,  6  Nil  admirari  — 

V.  7  ist  die  Ueberlieferung  ludicra  guid.  Ich  habe  ge. 
sehrieben  ludicraque  et,  wodurch,  wie  mich  dünkt,  alle  In- 
convenienz  gehoben  wird. 

V.  22.  Die  Ueberlieferung  ist  indignum  quod  sä  peiori- 
(mt  ortus.  Ich  habe  unbedenklich  Bentleys  Vorschlag  qui 
anfgenommen,  aber  nicht  mit  der  Interpunction  wie  er  wollte 
fi  (indignum)  qui  sit  peioribtis  ortus  sondern  —  et  (indignufny 
tpn  dt  peioribus  ortus!)  So  wird  es  plastisch  und  lebhaft. 
In  dem  matten  quo({  erkennen  wir  den  Horaz  nicht. 

V.  59 — 61.    Das  gleichförmige  fotmin  populumque  und 

gleich  wieder  populo  spectante  war  Bentley   anstössig  und 

er  schrieb   forum   campumque.    Man   wird    nicht  zweifeln 

L2 


CLXIV  EPIST.   I.  6.  9. 

können  ihm  Kecht  zu  geben,  —  und  für  jetzt  habe  ich  auch 
Bo  geschrieben  —  falls  die  Sache  sich  nicht  ganz  ander» 
verhält.  Mir  ist  von  jeher  die  Pointe  dieser  Geschichte  hier, 
das  ßückkehren  mit  dem  gekauften  Eber  unverständlich 
gewesen.  'Ist  gut  essen  das  Ziel  des  gut  lebens,  wolan,  es 
wird  Tag,  machen  wir  uns  auf  wohin  die  Kehle  uns  führt, 
zum  Fischfang,  zur  Jagd,  wie  Gargilius,  der  Morgens,  um 
kein  Aufsehen,  keinen  Anstoss  sich  kttmmernd,  kein  Urtheil 
des  Publikums  scheuend,  seinen  grossen  Jagdzug,  mit  dem 
er  nach  dem  Wildpret  für  seinen  Tisch  auszog,  gerade  über 
das  dichtgedrängte  Forum  gehen  hiesz,  um  dann  eben  so 
auch  wieder  den  Fang  vor  den  Augen  des  Volks  heimwärts 
zu  führen.'  So  etwas  erwartet  man.  Pasz  aber  von  einem 
Unglücksjäger  die  Anekdote  lauten  solle,  der  immer  mit 
Aufheben  auf  die  Jagd  geht  und  immer  Unglück  hat  und 
von  der  Jagd  mit  leeren  Händen  zurückkommt  und,  um  sich 
nicht  lächerlich  zu  machen,  nun  ein  Wildpret  kauft,  das 
scheint  hieher  nicht  zu  gehören.  Es  möchte  wol  hier  ein 
grösserer  Fehler  verborgen  sein:  dessen  weitere  Verfolgung 
vielleicht  zunächst  mms  in  rursus  verwandeln  wird. 

Epist.  I,  9  Septimius  Claudi  — 

V.  4  dignum  mentc  domoque  iegentis  honesta  Nerom's. 
Diesen  Vers  wird  man,  je  mehr  man  ihn  betrachtet,  desto 
mehr  nicht  nur  überflüssig,  sondern  auch  unangemessen  fin- 
den. Und  in  Beziehung  auf  diesen  Vers,  aber  nicht  den 
folgenden,  trete  ich  Gruppe  bei.  Auch  der  Bau  des  Verses 
hat,  wie  Grupjie  bemerkt,  seines  gleichen  doch  nicht  trotz 
dem  Flore  hono  clarogue  ßdelis  amice  Neronis  Epist,  11,  2,  1, 
und  trotzdem,  dasz  'Horaz  in  Beziehung  auJf  trochäische 
Cäsur  etwas  aristippisch  denke.'  Schon  jener  eine  Vers 
zeigt,  wie  weit  Horaz  darin  selbst  in  den  Episteln  ging, 
selbst  in  auflFallender  Stelle,  Avie  hier  am  Anfang.  Der  letzte 
Vers  der  Ars  poetica  ist  non  missura  cvtem  ntsi  pleno  cruoris 
hirudo.  Einige  andere  Beispiele :  Ars  p.  120  scriptor  Home- 
reum  si  forte  reponis  Achillem.  Epist  I,  IS,  2  scun*antis  spe- 


EPIST.  I,   9.   10.  CLXV 

dm  praebere  professus  amicum.  Ich  hatte  keinen  Grund 
1,17,36  non  cuivis  homini  conthujit'adire  Corinthum  für  un- 
horaziseh  zu  halten. 

Epist  I,  10  Urbis  amatorem  — 

V.  37  Die  Ueberlieferung  ist  sed  postquam  victor  tnolens 
ditcemi  ab  hoste  und  vhlens  victor,  Bentley  schrieb  statt 
dessen  violens  victo^  war  aber  selbst  ganz  unzufrieden  damit 
und  erklärt,  wie  ein  solches  Beiwort  wie  das  violens  hier 
durchaus  fflr  das  Pferd  nicht  passe.  Dann  fährt  er  fort: 
In  editione  Cad4>mensi  Epistolarum  Iloratil  anno  1480  ex 
seripto  ut  verisimile  est  ewemplari  [was  doch  zweifelhaft 
bleibt]  mira  prorsus  habetur  lectw  Sed  postquam  victor  victo 
discessit  ab  hoste.  Und  meint  dann,  t'icto  sei  zuerst  als 
Glogsem  hereingekommen,  dann  hätten  die  Abschreiber 
durch  die  Wiederholung  victor  victo  'mit  Recht*  beleidigt 
das  victo  in  violens  verwandelt:  das  Ursprüngliche  werde 
gewesen  sein  sed  postquam  domito  victor  discessit  ab  hoste,  was 
er  mit  einigen  guten  Parallelstellen  belegt,  z.  B.  Ov.  Met,  XV, 
599  restitit  ut  victor  domito  remeabat  ab  hoste.  —  Allein 
Ovid  sagt  auch:  dum  spatium  victor  vidi  considerat  hostis 
Met.  in,  95.  Und  da  ist  es  denn  wol  auch  diplomatisch  ein- 
facher victo  als  das  Entstellte  oder  beim  Abschreiben  zuerst 
einmal  Ausgelassene  anzusehen.  Haupt  hat  victor  ridens  aus 
riolens  gemacht.  Meiner  Empfindung  hat  dies  nie  zusagen 
wollen,  und  da  Meineke  trotzdem,  dasz  es  durch  Buchstaben- 
ähnlichkeit sich  zu  empfehlen  scheint  und  er  natürlich 
wuszte,  dasz  in  unsem  Aesopischen  Fabeln  weinende  und 
lachende  Thiere  vorkommen,  es  auch  nicht  in  den  Text  ge- 
nommen, so  mag  er  eine  ähnlic^he  Empfindung  gehabt  haben. 
Es  scheint  für  den  Ton ,  in  welchem  die  Geschichte  vorge- 
tragen ist,  zu  spielend,  und  namentlich  auch  für  das  Pferd, 
welches  lachen  zu  lassen  nicht  am  nächsten  liegt,  lachen 
zu  lassen  viel  weniger  als  weinen.  Wenn  ich  jetzt 
hd  Bibbeck  lese:  'wenn  das  Pferd  weint  (Phädrus  app,  I, 
19,  6,  um  von   den  Homerischen  Rossen  nicht  zu  reden), 


CLXVl  EP18T.    I,    10.   11. 

wie  die  Rabenmutter,  der  Fuchs,  der  Hase  (Beispiele 
BabrioB  und  Phädrus),    so  kann  es  auch   lachen',  so 
ich    so  ohne  weiteres    nicht   zu,    dasz  Fabelerzähler , 
mit  Theilnahme    und    lebendiger  Anschauung  den  ThiereiB. 
gegenüberstehen    oder   auch    gegenüberstanden    (denn    eia 
dummer  Babrios  ist  nicht  maszgebend)  das  Pferd  eben  so 
leicht  lachen   als  weinen  lassen,    und  eben  so  wenig  was 
Ribbeck  sogleich  beifügt:  'so  kann  es  auch  lachen,  so  gut 
wie  der  Wolf:  keineswegs  verzerrt  sich  die  Physiognomie 
des  Pferdes  so  leicht  und    natürlich  zum  Lachen  als  des 
Wolfes.  ■—  Doch  es  fehlt  uns  eine  Betrachtung  der  Aesopi- 
schen  Fabel  und  ihrer  Abfassungen  von  dieser  Seite.    Za 
welcher  auch  schon  Jakobs  unglückliche  Vertheidigung  d^ 
voipecula  Epist.  7  veranlassen  konnte. 

Epist  I,  11  Quid  tibi  Wsa  Chics  — 

Diese  Epistel  zu  verstehen,  wird  nimmermehr  gelingen. 
Nachdem  Bullatius  (denn  scis  Lebedus  u.  s.  w.  als  Worte 
des  Horatius  zu  nehmen  ist  wol  ganz  aufgegeben  und  ist 
wenigstens  keiner  Berücksichtigung  werth),  nachdem  also 
Bullatius  tief  melancholisch  geklagt,  er  sei  des  Suchens  und 
des  Reisens  so  müde,  dasz  er  in  dem  Neste  Lebedos  wolle 
sitzen  bleiben,  erhält  er  die  Antwort :  nun  nun,  wegen  vor- 
übergehender Unannehmlichkeiten  auf  dem  Wege  gibt  man 
doch  Reise  und  Reiseziel  nicht  auf!  Ja  wem  es  freisteht  in 
unangetasteter  bürgerlicher  Stellung  in  Rom  zu  leben,  für 
den  sind  die  schönen  Städte  wie  Rhodos  und  Mitylene  ganz 
überflüssige  Dinge,  der  mag  sich  in  Rom  das  Yei^flgen 
machen  sie  zu  loben  während  sie  fem  bleiben.  Du  —  bei 
dem  dies  nicht  der  Fall  ist,  dem  Rom  verschlossen  ist  — 
wärest  doch  ein  Thor  das  melancholische  Nest  Lebedos  zu 
wählen  und  nicht  eine  von  jenen  heiteren  und  lebendigeren 
Städten.  Statt  dessen,  was  doch  zu  erwarten  wäre,  erhalten 
wir :  du  —  ergreife  jeden  dargebotenen  heitern  Augenblick, 
um  auch  im  kleinsten  Ort,  also  auch  in  Lebedos  leben  zu 
können.    Welch  ein  klaffender  Widerspruch!  Es  wurde  /»- 


EPI8T.   I,   11.  CLXVII 

colvmis  von  der  bOrgerlich  ungefährdeten  Stellung  verstanden, 
vom  das  dum  licet  ac  voltutn  servat  Fortuna  bemgnum,  Bo- 
tue  kudetur  Samos  et  Chios  et  Rhodos  absens  V.  20  f. 
zwingend  ist  Uebrigens  auch  das  Vorangehende.  Denn  wer 
aos  freien  Stücken  zum  Vergnügen,  zur  Abwechslung  eine 
fieise  unternommen  und  nun  mit  einemmale  sagte:  'nein, 
ich  bin  des  Beisens  überdrüssig,  hier  in  Lebedos  will  ich 
liegen  bleiben  und  will  alle  die  Meinen  Ycrgcsscn  und  von 
ihnen  vergessen  sein  und  von  hier  aus  von  weitem  auf  das 
wfithende  Meer  schauen ,  der  müsste  verrückt  sein.  Das  andere 
naeh  dem  Worte  mögliche  Verständniss  von  incolumi  im 
ethisehen,  vielmehr  philosophischen  Sinne  'wer  gesunden 
Sinnes  ist'  würde  zuerst  erfordern  dasz  man  die  genannten 
Yeree  20.21  hinauswürfe.  Man  thue  das  und  verstehe  das 
mcohmis  nun  also  —  und  man  wird  sich  noch  schneller  in 
den  Widersprüchen  befinden.  Und  dabei  haben  wir  bisher 
dag  scü  Lebedus  quid  sit  usw.  als  eintretende  Worte  des 
Bollatius  gelten  lassen.  Dürfen  wir  das  aber  wirklich  ? 
Können  wir  wirklich  im  Briefe  so  ohne  alle  stilistische  Vermit- 
telang eintretend  dies  uns  gefallen  lassen?  Vor  allem  kann  Ho- 
ratius  die  Reihe  von  Fragen  thun,  wenn  er  die  Antwort  weisz? 
V.  25  flF.  sollen  wir  endlich  noch  in  den  Kauf  nehmen 
dne  Sentenz  wie  diese :  *  wenn  Vernunft  und  Klugheit  die 
Sorgen  nimmt,  nicht  ein  weit  über  das  Meer  schauender 
Ort  (non  hcus  effusi  täte  maris  arbiter),  so  verändern  ja  die- 
jenigen, die  über  das  Meer  schiffen,  den  Himmel,  nicht  ihren 
Sinn.'  Musz  man  denn,  um  einen  das  Meer  überschauenden 
Ort  zu  finden,  über  das  Meer  fahren?  Und  worin  sonst  die 
whneidend  fühlbare  Unlogik  liegt.  Da  man  auch  geneigter 
sem.  möchte  unter  maris  arbiter  den  Wind  zu  verstehen,  so 
könnte  man  versuchen  wollen  non'  locus  et  fusi  late  maris 
orbiter  '  der  Ort  und  der  uns  über  das  weite  Meer  führende 
Wind'.  Allein  man  empfindet  dasz  auch  dieses  unlogisch 
gesprochen  ist.  Es  kommt  auch  so  etwas  in  den  Vordersatz, 
was  in  denselben  noch  nicht  gehört  und  nachher  sich  ohne 
Aenderung  und  Steigerung  wiederholt.  Es  ist  eben  das 
«chon  was  erst  der  Nachsatz  sein  musz:  —  nicht  der  Ort, 


CLXVIII  EPI8T.    I,    II. 

SO  kann  uns  der  Wind  der  uns  über  das  Meer  führt  nichts 
helfen.  Also  entweder  müssen  die  Worte  effusi  late  marü 
arbtter  statt  unschuldiger  Worte  von  unverständiger  Hand 
hineingesetzt  sein,  oder  der  ganze  Vers,  denn  entbehrlich 
ist  das  non  locus  auch,  und  zwar  so  dasz  für  denselben  im 
Vorhergehenden  eine  Aendening  vorgenommen  ward,  so  dasB 
er  etwa  geheiszen:  te  dicas,  demit  (scheint  mir  besser  als 
aufert)  ratio  et  prudentia  curas. 

Hiemach  bleibt  nichts  übrig  als  für  den  echten  Brief 
nur  den  folgenden,  dann  sehr  hübschen  zu  halten,  geschrie- 
ben im  Andenken  an  einen  freiwillig  nach  fremden  Gegen- 
den ausgegangenen  Freund.  Noch  mochte  man  fragen,  ob 
nicht  Lebedum  faudare,  obgleich  hier  ganz  richtig  zutreffend 
für  die  Gegenden,  in  denen  sich  jener  eben  befand,  und 
von  dort  hergenommen,  doch  auch  sprüchwörtlich  gewesen: 
schon  mit  allem  zufrieden  sein,  um  nur  endlich  in  einen 
Ruhehafen  zu  kommen. 

Quid  tibi  visa  Chios,  Bnllati.  notaque  Lesbos, 
quid  concinna  Samos,  quid  Croesi  regia  Sardis, 
Smyrna  quid  et  ColophonV  maiora  miiiorane  fama? 
cuuctane  prae  campo  et  Tiberino  flumine  sordent? 
au  vcuit  in  votum  Attalicis  ex  urbibus  una? 
H  au  Lebedum  laudas  odio  maris  atquc  viarum? 

17  incolumi  Rhodos  et  Mitylene  pulchra  facit  quod 
paenula  solstitio,  campestrc  nivalibus  auris, 
per  brumam  Tibcris,  sextili  mcnse  caminus. 

22  tu  quamcumque  deus  tibi  fortunaverit  horam 
grata  sumc  manu  neu  dulcia  di£fer  in  annum, 
ut  quocumque  loco  fueris  vizisse  libenter 
te  dicas.  demit  ratio  et  pnidentia  curas: 

27  caelum,  non  animum  mutant  qui  trans  mare  currunt 
strenua  nos  exercet  inertia,  navibus  atque 
quadrigis  petimus  bene  vivere.  quod  petis  hie  est, 

30  est  Vlubris,  aniraus  si  te  non  deficit  aequus. 

So  hatte  ich  über  diesen  Brief  geschrieben  (Fleckeisen  Jhb. 
1863).  Ribbeck  kann  diese  grossen  Schwierigkeiten  nicht  fin- 
den. Der  Brief  ist  ihm  ganz  heilen  Zusammenhanges.  MirAvird, 
indem  ich  seine  Umschreibung  lese,  eben  so  wüst  als  bei  dem 
Lateinischen.    Und  wenn  er  dann  fragt:  'Was  wäre  hierin 


EPIST.   I,   ll.  CLXIX 

mht  verständlich  and   zusammenhängend?'    so  ist  meine 
Antwort  'alles/     Warum ,  das  mag  auch  noch  einmal  eine 
nene  Darstellung  der  Sache  zeigen ,   welche  ich  zu  meiner 
AnfkUrung  unternehme ,  und  welche  sich  mir  also  gestaltete. 
Seitdem   man  die  Meinung,  V.  7 — 10  seien  gleichfalls 
Worte  des  Horaz,  die  denn  jedenfalls  auch  gar  keiner  Be- 
rflcksichtigang  werth  ist,  so  ziemlich  aufgegeben  und  darin 
eine  Stelle  aus  dem  Briefe  des  Bullatius  sieht,  also  von  Horaz 
anschlieszend  in  Yersmasz  gesetzt,   hätte  man  (so  etwa  ist 
die  Meinung)  zu  denken,  dasz  Bullatius  an  Horaz  so  ge- 
schrieben:  *Du  weiszt,   Horaz,  was  Lebedus   für  ein  Nesf 
ist  (ich  brauche  es  Dir  also  aus  eigener  Anschauung  nicht 
genauer  zu  beschreiben):  dennoch  möchte  ich,  wenn  es  mir 
vergönnt  wäre  (veUem)^    dort  leben,    um  der  Meinen  ver- 
gessend und  der  Vergessenheit  von  ihrer  Seite  anheim  fal- 
lend den  Lebensstürmen  am  sichern  Ufer  zuzusehen.' 

Warum  ihm  gerade  in  Lebedos  zu  bleiben  nicht  ver- 
gönnt war  wissen  wir  nicht.  Wir  sehen  ihn  jetzt,  anschei- 
nend wohlgemuth,  durch  die  schönsten  Städte  Asiens  herum- 
reisen und,  nach  Horazens  Voraussetzung,  in  der  Stimmung, 
dasz  eine  oder  die  andere  —  selbst  im  Vergleich   mit  Rom 

—  ihm  Wohlgefallen ,  ja  den  Wunsch  rege  machen  könnte 
daselbst  zu  wohnen.  Wanim  er  bei  der  genannten  melan- 
cholischen Stimmung  so  viel  henimreist  und  das  Schönste 
besucht  bleibt  uns  verborgen.  Wie  Horaz  seine  melancho- 
üsche  Stimmung  fllr  Ernst  nehmen  kann,  wenn  er  ihm  zu- 
gleich geschrieben  hat:  'allein  in  diesem  mir  wtlnschenswer- 
thesten  Nest  Lebedos  darf  ich  leider  nicht  bleiben:  also 
werde  ich  meine  Reise  in  die  schönsten  und  sehenswtlrdig- 
sten  Städte  Vorderasiens  richten  und  sie  mir  alle   ansehen* 

—  bleibt  uns  verborgen.  Wie  Horaz,  wenn  jener  geschrie- 
ben: 'ich  lobe  mir  das  verlassene  Lebedos,  weil  ich  von 
der  ganzen  Welt  nichts  wissen  will*  —  ihn  fragen  kann: 
'lobst  du  Lebedos  weil  Du  der  Reise  und  namentlich  der 
Seereise  überdrüssig  geworden?*  bleibt  uns  mehr  als  ver- 
borgen. — 

Freilich,    nachdem  wir  in  V.  5  die  Frage  gelesen  an 


CIjXX  EPIST.   I,    11. 

Lebedum  laudas  odio  maris  atyue  vtarum?  liegt  es  uns  aodi 
gar  Bicht  so  nahe,  —  gewis  Avird  jeder   erst    durch  das 
MiszTerständnisz   hindurchgehen  müssen  —  das  Neptumm 
procul  a  terra   npectare  furentem  in  V.  10  nicht  eigenÜidi 
vom  Meere  zu  verstehen;   sondern  metaphorisch  von  den 
Lebensstürmen.    Ist  uns  ja  auch   gar  keine  Andeutung  ge- 
geben von  Lebensstürmen ;  von  der  Art  der  Lebensstürme^ 
von    den    Gründen,    warum    trotz  dem,  dasz  wir  sie  eine 
solche  Melancholie    bewirken  sehen,   Horaz  ohne  weiteres 
annimmt,   sie  sind  ja  doch  nur  vorübergehend.    Von  dem 
allen  kommt  die  einzige  Andeutung  überhaupt   erst  Y.  17 
in  dem  einzigen  Worte  incolumi.  Es  war  dem  Bullatius  aus 
bürgerlichen  Gründen  Rom  verschlossen  worden.  Dan 
Horaz  gerade    von  solchen  Umständen-  wissen  konnte  — 
dann  wuszte  es  übrigens  Bullatius  auch  —  dasz  diese  ihm 
Rom  verschlieszenden  bürgerlichen  Verhältnisse,  voraussicht- 
lich wenigstens,  nur  vorübergehend  sein  würden,  ist  wieder 
das  nahe  Liegendste  nicht.    Und  dasz  er  etwa  ohne  das 
voraussichtlich  vernünftiger  Weise  wissen  zu  können  «agt: 
'nun,  sie  werden  ja  wol',  d.  h.  den  Bullatius  behandelt  wie 
man  Kinder  oder  dumme  Jungen  behandelt,  kann  auch  nicht 
angenommen  werden.  —  Dasz  endlich  gegen  alles    dieses 
jemand  sagen  werde,  Horaz  braucht  über  alles  dieses  keine 
Andeutungen  zu  machen,  denn  Bullatius  wuszte  es  ja  alles, 
dasz  jemand  sich  einbildet,  Horaz  habe  eine  solche  Epistel 
in  Versen  als  ein  gewöhnliches  Poststück  an  den  Bullatius 
geschickt  und   nicht    es   geschrieben   in   der  Absicht  eine 
Kunstepistel   fürs  Publikum  zu  sein,   das    ist  leider  nicht 
unmöglich,  dadurch  aber  um  nichts  besser. 

Uebrigens  erinnere  man  sich,  dasz  auch  ohne  alle  diese 
Bedenken,  welche  gegen  das  metaphorische  Verständnisz 
des  Neptunum  procul  e  terra  spectare  furentem  geltend  ge- 
macht sind,  und  unter  der  Annahme  des  metaphorischen 
Verständnisses  —  mit  dieser  ersten  Partie  der  Epistel  nicht 
fertig  zu  werden  war.  —  Nun  versuchen  wir  es  einmal  ohne 
das  metaphorische  Verständnisz.  Nehmen  wir  es  nicht  me- 
taphorisch, so  hätte  Bullatius  geschrieben,  er  sei  der  Seereise 


EPIST.   I,   11.  CLXXI 

mit  ihren  Unbequemlichkeiten  und  Gefahren  so  überdrüssig, 
daszy  wenn  es  ihm  erlaubt  wäre,  um  nur  nicht  wieder  auf 
die  See  zu  kommen  y  er  in  Lebedos  möchte  liegen  bleiben, 
selM  um  den  wahrscheinlichen  Preis,  bald  auszer  jeder 
Verbindung  mit  den  Seinigen  zu  kommen.  —  Nun  das  könnte 
emer,  wenn  er  nicht  verrückt  ist,  doch  nur  im  Scherz  ge- 
Bchrieben  haben.    Aber  Horaz  nimmt  es  ernst. 

Also  kommt  man  auf  die  Melancholie  zurück,  einen 
wahren  Weltschmerz.  Dasz  damit  der  erste  Theil  bis  V.  16 
nicht  erklärbar  sei,  haben  wir  bis  hieher  verfolgt.  Jetzt 
gehen  wir  an  das  Folgende.  Also  Horaz  sagt  ihm :  du  muszt 
nicht  so  melancholisch  sein  und  in  Lebedos  liegen  bleiben. 
Du  muszt  die  schönen  Städte  suchen,  wie  Rhodos,  Mitylene. 
Das  thut  er  ja  schon:  Horaz  weisz,  dasz  er  es  thut. 

Denn  freilich  wer  in  Rom  selbst  leben  darf,  weil  er 
imyersehrter  bürgerlicher  Stellung  und  nicht,  wie  du,  ge- 
zwungen ist  im  Exil  zu  leben,  dem  sind  diese  schönen 
Städte  ganz  überflüssig.  Du,  bei  dem  dies  nicht  der  Fall 
ist,  muszt  dich  in  die  wahre,  gleichmüthige  Seelenstimmung 
versetzen,  mit  welcher  man  dankbar  für  jede  glückliche 
Stande,  nicht  immer  nach  Neuem  strebend,  in  der  Grewisz- 
heit,  dasz  für  die  Zufriedenheit  der  Ort  ganz  gleichgültig 
ist,  eben  so  zufrieden  an  jedem  Orte,  auch  in  Lebedos  lebt. 

Ist  das  Logik  oder  —  Wahnsinn? 

Versuchen  wir  also  den  zweiten  Theil  mit  dem  andern 
B^riff  von  mcolumis. 

Also  Horaz  sagt  dann :  du  muszt  nicht  so  melancholisch 
sem.  Wer  philosophisch  gesunden  Sinnes  ist,  der  sieht  sich 
nicht  nach  Rhodos,  nach  Mitylene  um,  dem  sind  alle  diese 
belebten  Oerter  ganz  überflüssige  Dinge.  Du  also  versetze 
dich  in  diese  wahre,  gleichmüthige  Seelenstimmung,  mit 
welcher  man,  dankbar  für  jede  glückliche  Stunde,  nicht 
immer  nach  Neuem  strebend,  in  der  Gewiszheit,  dasz  für  die 
Zufriedenheit  der  Ort  ganz  gleichgültig  ist,  gleich  zufrieden 
in  jedem  Orte,  auch  in  Lebedos  lebt. 

Das  geht  vortreflFlich  vorwärts:  wenn,  wie  ich  gethan, 
man  die  beiden  Verse  20.21  dum  licet  bis  absens  wegläszt: 


CLXXIl  EPI8T.  I,   U. 

die  keine  Stätte  finden.  Aber  wie  gesagt,  mit  Weglassung 
dieser  beiden  Verse  geht  der  Sinn  unter  diesem  Verständ- 
nisz  von  incolumis  vortrefflich  vorwärts.  Dasz  im  ersten 
Theil  der  Sinn  von  scis  Lebedus  an  nicht  vorwärts  geht  ist 
oben  bewiesen.  Also  bleibt  nichts  (ibrig  als  das  störende 
Stück  7 — 15  auch  herauszuw^crfen  und  V.  17  an  6  zu 
schlieszen.  Es  fällt  die  beliebte  Melancholie  freilich  heraus. 
Man  erhält  aber  eine  gesunde  dem  Horaz  völlig  adäquate 
Betrachtung,  zu  welcher  er  die  Gelegenheit  an  einem  auf 
freiwilligen  Reisen  befindlichen  Freunde  nimmt.  Du  hast 
dich  auf  Reisen  begeben,  mein  BuUatius.  Nun?  gefallen 
dir  die  schönen  Städte  Asiens  wohl  ?  vielleicht  manche  sogar 
so  wohl,  dasz  du  dort  wohnen  möchtest?  Oder  bist  du  rwie 
sehr  dieser  Gedanke  dem  Horaz  nahe  liegt  weisz  man)  des 
Reisens  und  namentlich  des  Seereisens  so  überdrtlssig,  dasz 
dir  schon  Lebedos  recht  wäre,  um  nur  zur  Ruhe  zu  kommen? 
Das  könnte  schon  sein.  Es  ist  aber  auch  gleichgültig. 
Schöne  Stadt  oder  kleine  Stadt  ist  ja  gleichgültig.  Nicht 
der  Ort  macht  es.  Die  Seelenzufriedenheit  macht  es.  Da 
kann  man  selbst  in  Lebedos  glücklich  sein. 


Was  die  Verse  nam  si  ratio  bis  currunt  betriflft,  so  sind 
die  Möglichkeiten  der  Aendenmg  mit  dem  oben  von  mir 
angegebenen  'entweder  —  oder  nicht  erschöpft.  Freilich 
mit  dem  überlieferten  f\ffi/si  late  maris  arbiter  ist  gar  nichts 
anzufangen,  aber  schreibt  man  et  fusi  late  maris  arbiter 
(arbiter  ,Hadriae  ist  ja  bekannt)  so  möchte  man  ihn 
wol  für  echt  halten.  Dann  wäre  eine  mögliche  Annahme, 
wenn  man  nain  ^/beibehält,  dasz  ein  Vers  nach  Jion  locus 
et  fusi  late  maris  arbiter  ausgefallen  wäre.  Oder  es  liegt 
ein  Fehler  in  nam  si.  Ich  habe  unten  im  Text  einen  Ver- 
such in  dieser  Art  gemacht. 


.    EPIST.  I,   11.   12.   14.  CLXXIll 

Es  geht  zwar  über  die  Aufgabe ,  welche  ich  mir  ge- 
stellt;  hinaus:  doch  will  sich  jemand  künftig  einmal  mit 
den  hier  zu  entfernenden  Versen  7 — 16  beschäftigen,  so 
wären  sie  vielleicht  einmal  darauf  anzusehen  ob  sie  fragend 
ganeint  sind:  Sas  Lebedus  quid  sit?  —  tarnen  illic  vivere 
vettern  obtitusque  — furentemf  fdas  Verlangen  hätte  ich 
&s8en  sollen?')  Ob  ein  Stück  eines  beabsichtigten  Ant- 
wortschreibens, das  sich  jemand  zum  Thema  gestellt:  dies 
eben  die  Antwort  auf  an  Lebedum  taudas  odio  maris  atque 
mrum.  Doch  vielleicht  auch  wird  dies  gar  nicht  an- 
sprechend gefunden.  Immerhin  mit  allem  eben  Ausgeführten 
hat  das  weiter  nichts  zu  thun. 


Epist.  I,  12  Fructibus  Agrippae  — 

Dieser  Brief  ist  an  zwei  Stellen  unverständlich.  V.  7—8. 
Und  V.  21.  Ich  habe  nichts  was  mir  zusagte  und  empfehle 
ihn  der  Fürsorge  anderer. 


Epist.  I,  14  Vilice  siluarum  — 

Diese  Epistel  hat  auszerordentliche  Verunstaltungen  er- 
litten. Für's  erste  musz  bei  V.  5  ein  Fehler  stecken.  Mit 
der  bloszen  Vergleichung  der  Dornen,  die  sich  Horatius 
aus  seiner  Seele  und  die  der  Vilicus  aus  dem  Acker  zieht, 
ißt  der  Uebergang  zu  dem  Folgenden  noch  nicht  gegeben, 
in  welchem  Horatius  das  Innere  des  Vilicus  selbst  mit 
seinem  eigenen  Inneren  gegen  einander  stellt.  Ich  habe 
die  Lücke  hinter  ayro  angenommen. 

Bei  V.  11  fühlen  wir  uns  von  dem  cui  ptacet  atterius 
Uta  nhnirum  est  odio  soj's  auf  das  heftigste  angestoszen. 
Nach  welchem  Zusammenhange  kann  das  hier  stehen?  Und 
dann  die  zwei  folgenden  Verse  slultus  uterque  tocum  imine' 
ritum  causatur  inique;  in  cuipa  est  animus  qui  sc  non  effiigit 
mquam.  Man  wende  sie  also  doch  von  den  zweien  z.  B. 
auf  Horatius  an:  wie  kann  er  das  sagen?  wessen  hat  er 
sich  anzuklagen?  er  stellt  sich  ja  mit  seinem  richtigen  und 
sich  gleich  bleibenden  Sinn  dem  Vilicus  als  Muster  gegenüber. 


CX.XXIV  EPIST.  I,   14. 

Y.  29.  30  addit  opus  pigro  rivuSj  si  deddit  imber,  mutia 
male    docendus    aprico   parcere  prato.     Wie    ist    er    denn 
pigerf    Im  Augenblicke  hiesz  es  ja,  er  sei  eifrig  hinter  der 
zu  beaufsichtigenden    oder  zu    leistenden  Arbeit,    et  tarnen 
vrges  u.  s.  w.    Dir  miszbehagt  es,  die  Erholungen,  welche 
die  Schenke  in  der  Stadt  zu  bieten  hat,  entbehren  zu  mda- 
sen,    während  du   doch  so  eifrig  hinter  deiner  Arbeit  her 
bist  und  dir  also  der  Wunsch  nach  solcher  Erholung,  welche 
die  städtischen  Sklaven  sich  machen  können,  um  so  natttr- 
licher  und  berechtigter  scheint:  dir,   der  für   das  Land  an 
sich  keinen  Sinn  hat.    Ich  könnte  nicht  umhin  statt  pigro 
vielmehr    zu    schreiben    gtiavo.    Mir   ist   es   übrigens    von 
je  her  auch  etwas  anstöszig  gewesen,  wiewol  man  dies  dem 
Gefühl  des  Einzelnen  überlassen  müszte,    dasz  Horaz  den 
Mann,  mit  dem  er  nun  doch  vor  der  OeflFentlichkeit  mora- 
lisch discutirt,  wenn  auch  als  überlegener,  mit  dem  er  auch, 
wie  wir  gleich  erfahren,  sieh  doch  so  gesprächig  einlassen 
konnte,  dasz  er  von  Horatius  Jugend  und  Jugendliebe  weisz, 
dasz  er  diesen  so  geradezu  einen  Faulenzer  nennt.  Da  nun 
aber  dieses  nicht  zu  duldende,  in  sein  Gegentheil  zu  verwan-' 
delnde  ptgro  ebensowol  ein  Zeichen  sein  kann,    dasz  der 
ganze  Vers  unecht  ist  nebst   dem  sich  anschlieszenden  fol- 
genden, so  entschliesze  ich  mich  für  das  letzte.    Denn  ich 
finde  es  auch  nicht  ganz  gerechtfertigt,    dasz  Horaz  gerade 
an  dieser  Stelle  das  Moment  der  schweren  Arbeiten  recht  ge- 
flissentlich ausmalen  sollte,  während  er  unmittelbar  im  Begriff 
ist  von  seinem  eigenen  —  allerdings  ganz  richtigen  und  erat 
anderweitigen  Leidenschaften  und  ehrgeizigen  Verlockungen 
abzuringenden  —  far  niente  zu  reden.    Auch  läge   doch  in 
dem    zu    starken  Hervorheben    schwerer   Landarbeiten  ein 
Moment  der  Rechtfertigung  für  den  Vilicus  sich  zu  verän- 
dern.    V.  31  nunc  age  quid  nostrum  concentum  dividat  audi. 
Wie?  jetzt?    Wir    haben  ja  das  bereits  weitläufig  gehört 
V.  18  non  eadem  miramur:  eo  disconvenit  inter  meque  et  te: 
nam   guae  usw.    Dasz  bei  V.  32    der  Uebergang   zu  sich 
mit  dem  quem  —  etwas  Schwächliches  und  Unbefriedigendes 
hat,  während  man  ein  entschiedenes  ich  zu  wünschen  hat, 


EPIST.  I,   14.  CLXXV 

ist  wol  aach  wahr.    Und  wie  viel  besser  stehen  die  Verse 
16.  17  hier  als  oben,  wo  schon  nach  dem  me^  tu  das  noch- 
malige me,  das  nicht  wieder  ein  tu  hat,  anstoszig  ist.    Man 
wird  es  nm  so  mehr   fflhlen,    wenn  man  es  nach  Hinaus- 
werfen der  falschen  Verse  mit  dem  echten  zusammengerückt 
liest.  V.  36  nee  lusisse  pudet,  sed  non  ineidere  ludum  schwebt 
ganz  in  der  Lnft,   gehört  durchaus  nicht  hieher.    Endlich 
der  letzte  Vers  quam  seit  uterque  libens  censebo  exereeat  ar- 
lern.    Mir  scheint  der  Sinn  der  Verse  von  40  an  doch  nur 
der  sein  zu  können:  'so  willst  du  also  von  deiner  Stellung 
w^  zu  den  Stadtsklaven,  dich  >Yiederum  beneidet  um  deine 
Stdlung  der  Hausknecht.  Wir  haben  also  eigentlich  wieder 
die  alte  Erfahrung,  welche  die  Aesopische  Fabel  ausspricht : 
jeder  ist  mit  seinem  Loose  unzufrieden  und  will  etwas  an- 
deres sein  als  er  ist.'    Dies  ist  die  Lehre  die  Horatius  aus 
der  Fabel  ziehen  will,  nicht  die  hier  stehende,  die  mir  ganz 
und  gar  nicht  veraulaszt  scheint. 

Indem  ich  nun  den  Brief  gemäsz  diesen  Erwägungen 
schreibe,  wie  man  ihn  unten  im  Texte  finden  wird,  kann 
ich  mich  auch  nicht  entschlieszen  V.  10  rure  etjo  viventem, 
tu  dicis  in  urbe  beatum  mitzuschreiben.  Er  stört  den  kräf- 
tigen Gegensatz  zwischen  vie  V.  6  und  tu  N,  15:  ja  er 
kommt  hier  ganz  unzeitig.  Es  würde  hier  aussehen  als  ob 
darin  der  Vorwurf  läge:  während  der  Vorwurf  doch  in 
dem  Wankelmuth  liegt,  mit  dem  er  bald  das  Land  begehrt, 
bald  wieder  die  Stadt. 

Einen  Zweifel  habe  ich,  ob  ich  nicht  mit  einem  Verse 
zu  nachsichtig  gewesen,  mit  V.  28  dimmetum  — ,  der  viel- 
leicht auch  nicht  echt  ist. 

Dasz  man  hinter  optat  ephippia  bos  pige/%  optat  arare 
cabaHiu  allenfalls  als  letzten  Vers  das  cui  placet  alterius 
sua  nimirum  est  odio  sors  hersetzen  könnte,  habe  ich,  und 
ich  darf  Tersichem  auch  manches  andere,  wohl  bedacht.  Da 
indesz  der  Schlusz  viel  weniger  schön  und  kräftig  bleibt, 
welcher  Grund  könnte  bewegen  es  zu  thun? 

Mit  diesen  Worten  schlosz  ich  meine  Darlegung  tlber 
diesen  Brief,  als  ich  sie  zuerst  (im  J.  1863)  veröflFentlichte. 


CLXXVl  EPIST.   1.    14. 

Dasz  zu  denjenigen  Dingen,  die  ich  bedacht,  gewisz  auch 
gehörte  y  oh  man  den  Inconvenienzen  durch  Umstellungen 
beikommen  könne  und  dasz  ich  bei  einem  Stücke  von  so 
kleinem  Umfange  wol  ziemlich  die  Möglichkeiten  dieser  Art 
werde  durchbedacht  haben,  namentlich  auch  diejenigen;  die 
auf  den  allerersten  Blick  zu  verlocken  scheinen,  wird  man 
mir  wol  glauben.  Ribbeek  hat  gemeint  durch  Umstellungen 
den  Brief  geordnet  zu  haben.  Ihn  befriedigt  was  ich  glaubte 
verschmähen  zu  müssen.  Wenn  ich  einen  sehr  groszen  und 
einleuchtenden  Vortheil  dadurch  erreicht  hätte,  könnte  ich 
mich  sogar  zu  der  Versetzung  der  Verse  6—9  entschlossen 
haben.  Die  ich  allerdings  nicht  nur  'geduldet'  habe:  son- 
dern hier  gerade  wunderschön  finde  als  gleich  die  individuelle 
Veranlassung  und  Stimmung  schildernd,  die  Horaz  gerade 
jetzt  zu  dem  Gedanken  dieses  Briefes  zog.  Doch  ich  lese 
nun  einmal  den  Brief  bei  Ribbeck.  Nach  V.  5  also 
lese  ich: 

Rure  pgo  viventem^   tu  dicis  in  urbe  beatum: 

cui  placet  aiterius  sua  niniirum  est  odio  sors. 

stultus  uterque  locum  inmeritum  cnusamtir 
(so  mit  Doederlein)  inique: 

hl  culpa  est  animus,  qui  se  non  efjugit  unquam, 

nunc  aye  quid  nosttiim  concentum  dividataudi. 

tu  mediastinus  — 

Ich  nenne  den  glücklich,  der  auf  dem  Lande  lebt,  du 
denjenigen,  der  in  der  Stadt  lebt.  Der  Grund  davon  ist 
ein  natürlicher:  dasz  demjenigen,  dem  das  Loos  eines  an- 
dern behagt,  das  seinige  miszbehagt :  —  mit  andern  Wor- 
ten (vgl.  erste  Satire)  —  die  Neigung  der  Menschen,  an 
dem  Loos  anderer  Leute  Gefallen  zu  finden  und  sich  da- 
dui'ch  ihr  eigenes  zu  verbittern.  Und  nun  geben  wir  beide 
thöricht  die  Schuld  unserer  Unzufriedenheit  dem  Orte,  der 
nichts  verschuldet,  ich  sage  Rom  hat  Schuld  dasz  ich  den 
auf  dem  Lande  Lebenden  glücklich  preise,  du  sagst  das  Land 
hat  Schuld,  dasz  du  den  Städter  glücklich  preisest.  Der  Ort 
ist  aber  unschuldig,  nur  unser  Inneres  trägt  die  Schuld.  Jetzt 
höre  was  unsere  Harmonie  stört.  .  . 


EPIST.   I,   14,  CLXXVII 

Also  dessen  allen   bekennt  sich  Horaz  schuldig:  jener 

Thorheit  der  Menschen,  die  er  gleich  in  der  ersten  Satire 

geisaselte,  und    des  Mangels    an  Selbsterkenntnis   dazu  — 

und  er   will    sich    dem  Vilicus    gegenüber   breit  machen? 

Und    dasz    er   wenigstens    immer   gleichmäszig   das  Land 

liebt,    das    soll    unter    solchen    Umständen    einen   Werth 

haben?     Und    die    folgende   liebliche    Schilderung    seiner 

steten  Behaglichkeit    auf   dem  Lande    soll    nicht    ein  Aus- 

flusz  seines  animus  sein,    sondern  trotz  dem  dasz  der  Grund 

nur  ist:  cui  placet  alterius   sua   nimirum    est  odio   sors?  — 

Einige  Ahnung  Ton  der  Wunderlichkeit  verrathen   wol  die 

Worte  im  Kommentar  von  'dem  natürlich  nicht  schwerfällig 

zu  nehmenden    Zugeständnis  einer   gemssen    Aehnlichkeit 

zwischen    Horaz    und    seinem    Verwalter.  .  .  /     Der   Vers 

rtfi  flaeet ist    dort,    ich  sehe    nicht  anders,    ganz 

iporirt. 

Natürlich  habe  ich  nicht  die  Absicht,  das  Ganze  wieder 
durchzugehn.  Aber  ein  Paar  Bemerkungen  noch  sporadisch. 
S.  148  unten  kommt  mir  entgegen :  'Was  ihm  als  rauher 
Frohndienst  erscheint  ist  für  Horaz  gerade  eine  Erholung 
und  Quelle  der  Heiterkeit.'  Eine  schöne  und  für  den 
Vüicus  überzeugende  Parallele!  Horaz,  der  einmal  zum 
Vergnügen  und  zur  Motion  Schollen  und  Steine  bewegt, 
und  der  Vilicus  mit  seinen  geschilderten  Arbeiten  bis  zu 
dem  (denn  Ribbeck  hat  ihm  gar  nichts  geschenkt)  ange- 
schwollenen Bach,  der  multa  mole  docendus  aprico  parcere 
prato. 

Was  Ribbeck  V.  35.  36  gethan,  dasz  er  den  letztem 
Vers  nee  lusisse  pudet  sed  non  incidere  lusum  vorangesetzt, 
als  eine  Parenthese  zwischen  V.  34  und  35,  das  ist  von  so 
groszer  Wichtigkeit  als  die  bisher  besprochenen  Punkte 
nicht:  aber  dafür  entscheiden  kann  ich  mich  auch  nicht 
Wäre  das  so  überliefert,  so  würde  ich  dabei  stutzig  werden 
und  würde  auch  dann  sagen,  das  sehe  wol  nach  eingescho- 
bener Gnome  einös  Moralisten  aus:  ich  würde  zu  bedenken 
gehen  ob  es  nicht  in  den  reizenden  Gang  der  Verse  32—35, 

LekTff,  Hontiiu.  M 


CLXXVm  EPI8T.  I,   16. 

nachdem  Horaz  auch  schon  ausdrücklich  gesagt  dasz  ihm 
damals  das  wohl  anstand,  wie  ein  Klotz  dazwischen  falle. 

Epist.  I,  15  Quae  sit  hiems  — 

Dazu  wäre  es  dem  Horatius  nöthig  gewesen,  dasz  er 
saepe  caput  scaberet  vivos  et  roderet  unguesj  um  Ungethttm6 
von  Yersverhindungen  zu  bilden,  wie  die  fünfundzwanzig 
ersten  Verse  in  diesem  Briefe?  Wo  das  abhängige  qutit 
sit  hiems  Veliae  im  ersten  Verse  sein  regierendes  Verbum 
scribere  te  nobis^  tibi  nos  accredere  par  est  im  fünfundzwan- 
zigsten empfängt,  innerhalb  aber  dieser  Bau  von  zwei  Paren- 
thesen unterbrochen  ist,  einer  von  11  Versen  (2 — 13),  einer 
von  6  Versen  (16—21),  und  zwei  Parenthesen  welche  in 
sich  Sätze  und  gehörig  durch  Puncta  getrennte  Sätze  und 
Perioden  enthalten.  Das  ist  einfach  unmöglich;  es  ist  aber 
eben  so  unmöglich,  dasz  Horatius,  so  lange  er  Horatius 
war,  nachdem  er  die  Verse  geschrieben 

mutanduB  locus  est  et  deversoria  nota 
praeteragendos  equus.  'quo  tendis?  nonmihi  Cumas 
est  iter  aut  Baias'  laeva  stomachosus  habena 
dicet  eques, 

ganz  mit  seiner  kennbaren  graziösen  Laune  geschrieben 
plump  und  weisz  der  Himmel  für  was  für  plumpe  Ohren 
seinen  Witz  erklärt  hätte  durch  den  Zusatz  sed  equis  fre^ 
nato  est  auris  in  ore.  Und  gar  mit  dem  unlogischen  sed 
ftlr  nam.  So  zeigen  auch  diese  Worte,  welche  ursprüng- 
liche verdrängt  haben,  noch  zum  Ueberfiusz  an,  dasz 
hier  eine  Verderbung  vorliegt.  Hier  also  hat  der 
Schlusz  einer  Periode  und  der  Anfang  zu  einer  neuen  ge- 
legen: z.  B.  dicet  eques j  certum  nitens  iter.  edere 
perge^  womit  denn  von  hier  alle  fernere  Parenthese  weg- 
fällt. Was  aber  die  vorangehende  Partie  betrifft,  so  ist  es 
ganz  unumgänglich  nöthig  dasz  am  Anfang  ein  Vers  ausge- 
fallen, etwa  so: 

Quae  sit  hiems  Veliae,  quod  caelum,  Vali^  Salemi, 
quaerere  ab  experto  iam  mi  est  opus^  est  opus  iüud, 
quorom  hominom  regio  et  qualis  via.  nam  mihi  Baias 


EPIST.  I,   16.  CLXXIX 

Mnsa  snpervacnas  Antonios  et  tarnen  ilUs 
me  ikcit  inTisiim,  gelida  com  perluor  onda  — . 

Nor  wird  auch  statt  des  wol  schwerlich  zu  haltenden 
tawff  etwas  anderes  hineinzusetzen  sein^  das  ganz  einlache 
«wrf  wol  schwerlich,  vielleicht  magis.  Denn  eine  Ver- 
derbong  durch  falsch  gelesene  Buchstaben  ist  es  wol  nicht. 

Dieser  Brief  ist  noch  an  einer  andern  Stelle  nicht  in 
Ordnimg: 

Maenius,  ut  rebus  materuis  atque  patemis 
fordter  absumptis  urbauus  coepit  haberi, 
scnrra  vagus,  non  qui  certuin  praesaepe  teneret, 
inpransus  non  qui  civem  dignosceret  hoste, 

30  qnaelibet  in  quemvis  opprobria  fingere  saevns, 
pemides  et  tempestas  barathrumque  maceUi, 
qnidquid  quaesierat  ventri  donaret  avaro: 
hie  nbi  nequitiae  fautoribus  et  timidis  nil 
ant  paulnm  abstulerat,  patinas  cenabat  omasi 

35  viüs  et  agninae  tribus  ursis  quod  satis  esset  — . 

Ist  das  wohl  gesprochen?  Das  mit  ^inemmal  positiv  zu  ver- 
stehende donaret,  nach  zweimaligem  non  quif  auch  das  wol 
wenigstens  nach  zu  langer  Unterbrechung  wie  aus  Unge- 
sehieklichkeit  zur  Wiederaufnahme  des  verlorenen  Subjects 
eintretende  hie.    Und    endlich:    wie  ist  er    denn  in  seiner 
jetzigen  Lage,   wo  er  auf  tägliches  Brot  Jagd  anstellt;  ein 
Verderben  und  Sturm  und  Abgrund  des  Marktes  ?  da,  wenn 
er  keine  Mahlzeit  davon  getragen,  er  ja  vom  Markte  nur 
die  Gedärme    wegessen  kann.    Oder   will    man    vielleicht, 
schon  gar  nicht  natürlich,  verstehen:  'der,  wie  er  denn  von 
Natur  ein  Abgrund  des  Marktes  war,  alles  was  er  erworben 
dem  Magen  schenkte?'    Das  zu  sagen  hätte  doch  nur  einen 
Sinn,  wenn  immer  noch  ein  äuszerst  bedeutender  Erwerb 
Toransgesetzt  wird,    während  es    doch    scheint  dasz  er  gar 
keinen  mehr  hatte,  jedenfalls  nur  so  viel  um  sich  mit  dem 
awuuum  zu  begnügen.    Die  Verse  pemides  —  und  tjuidquid 
—  sind  eine  Interpolation,  mögen  sie  unüberlegt  von  An- 
fang helgeschrieben  sein  mit  donaret,  was  Emendation  von 
Bentley  ist,    oder   mit    dem  was  die  Handschriften   geben 


CLXXX.  EPIST.  I,   16. 

donabal  oder  donarat,  so  dasz  sie  an  den  Rand  geschrieben 
waren,  um  den  Mänius  zu  beschreiben  in  seiner  frühem 
Lage,  als  er  eben  der  alles  verzehrende  Verschwender  war. 
Wem  hie  auch  so  noch  mißfiele,  könnte  es  in  7t il  ver- 
wandeln. 

Epist.  I,  16  Ne  perconteris  — *) 

V.  25  Siquis  belia  tibi  —  Diese  Stelle  wird  gewöhnlich 
80  genommen:  es  stellt  sich  ein  Schmeichler  vor  Quintius 
hin  und  sagt  ihm  folgende  Schmeicheleien  (dies  soll  das 
permulcet  aures  heiszen):  ^Du  Quintius  hast  diese  und  jene 
grosze  Eriegsthaten  zu  Wasser  und  zu  Lande  ausgeführt 
und  auch  sonst  sind  deine  Verdienste  und  deine  Fürsorge 
um  das  Volk  so  grosz  und  anerkannt  und  beliebt,  dasz  es 
schwer  zu  sagen  wäre,  ob  das  Volk  besorgter  ist  um  dich 
oder  du  um  das  Volk.'  Dasz  Horaz  eine  solche  unglaub- 
liche und  absurde  Situation  sollte  fingirt  haben  mit  solch 
einem  krassen,  vielmehr  adsurden  Schmeichler,  da^  ist  mir 
schwer  glaublich.  Ich  bin  daher  geneigt  zu  glauben  dasz 
die  Sache  von  Horaz  anders  gemeint  war :  'wenn  dir  jemand 
spräche  {tibi  dicat  gleich  tibi  narrety  was  eben  so  wohl  vor- 
lesend oder  vordeclamirend  geschehen  kann)  von  Kriegen 
zu  Wasser  und  zu  Lande  geführt  und  dir  dabei  auch  fol- 
gende   einschmeichelnde  Verse    durch    dein    aufmerksames 

Ohr  gehen  liesze ,  so  würdest  du  im  Stande  sein 

zu   erkennen,    nicht  nur    dasz  sie  mit  dir   nichts   zu   thun 


*)  Ribbeck  schrieb  im  Rheiu.  Museum  1S6S  S.  66  ff.  'Ueber  die 
16.,  17.  und  18.  Epistel  des  Horaz.'  Ueber  welche  Episteln  ich  im  J.  1S63 
geschrieben.  Da  R.  mehrfach  von  mir  abwich,  so  'wollte  ich  mir  dies 
einen  Anlasz  sein  lassen,  meine  freilich  auch  vorher  wiederholt  und  zu 
verschiedenen  Zeiten  überlegten  Aufstellungen  einer  Nachprüfung  zu 
unterwerfen.'  So  sagte  ich,  und  aUerdings  war  nur  dies  der  Anlasz, 
in  'einem  halben  Bogen  Horatiana'  den  ich  damals  drucken  liesz  (Königs- 
berg December  1867:  die  Zahl  ist  richtig:  ich  hatte  Ribbecks  Aufisatz 
frtüizeitig  erhalten).  —  Ribbeck  liesz  hierauf  folgen:  Erwiderung  auf 
einen  halben  Bogen  Horatiana.  Rhein.  Mus.  daselbst  S.  432  ff.  Dies 
sind  die  hier  berücksichtigten  Aufsätze  von  Ribbeck. 


EPIST.   I,   16.  CLXXXI 

haben,  sondern  auch  dasz  sie  nur  auf  einen  ganz  auszer- 
ordentlichen  Mann  passen.'  —  Auyusti  musz  betont  werden.  — 
'Wanun  nimmst  du  es  denn  hin,  wenn  man  dich  einen  wei- 
sen und  tadelfreien  Mann  nennt  ?*  Nemlich  ohne  ein  Be- 
wosztsein  zu  haben,  dasz  auch  dieses  Lob  ein  ganz 
aoszerordentliches  und  nur  auf  seltene  Menschen  passend  ist. 
Horaz  wurde  zu  diesem  Beispiel  veranlaszt  durch  den  offen- 
bar eben  erschienenen,  noch  wenig  rerbreiteten  Panegyricu» 
des  Varius;  er  bringt  im  Vorübergehen  eine  Höflichkeit  für 
Varios  an  und  für  die  wirklich  hübschen  und  einschmei- 
chelnd geformten  Verse. 

Nun  aber  kommen  wir  zu  der  Schwierigkeit  der  Verse 
30.  31.  32. 

cum  pateris  sapiens  emendatusque  vocari, 
respondesne  tuo  die  sodes  nomine?  *neinpe 
▼ir  bonus  et  prudens  dici  delector  ego  ac  tu . 

Ich  hatte   gesagt,    dies  sei    offenbarer  Unsinn.    Und    nach 
aDem,  was  darüber  zur  Rechtfertigung  bisher  vorgebracht  ist, 
musz  ich  das  heute  noch  sagen.  Und  für  die  Zukunft  musz 
ich  einiges   bitten   oder    verbitten.    Also    dasz  man   nicht 
püteris   behandele  als  ob  es  gar   nicht   dastehe:    nach  der 
bei  den  Horazinterpreten  allerdings   nur   zu  gewöhnlichen 
Art,  die  allerdings  nach  Belieben  dastehen  lassen  und  nicht 
dastehen  lassen   und  ftlr   welche   mein  Motto    ist    tvolvtwv 
lihgoy  avS'güßrtog  %vjv  fxh  otfx  ovriov  ort  eart^  rwv  de  ovtwv  ort 
otrx  iasi.  Auch  behandle  man  es  nicht  so,  dasz  man  es  unver- 
sehens   aus    dem  Vordersatz  in    den  Nachsatz    escamotirt. 
Femer  sage  man  bei  nomine  genau,  und  verschwemrae  nicht 
alle  Begriffe,  in   welcher  seiner  Bedeutungen  man  es  neh- 
men will,  und  unterscheide  auch  zwischen  dem  Ablativ  und 
Dativ.    Also   fange  man  nicht  an  zu    erklären:  'stehst  du 
für  die  Wahrheit  dieses  Lobes  (das  du  auf  deinen  Namen 
angenommen  hast)  mit  deinem  Namen  ein?'  und  zwei  Zeilen 
daranf  —  man  sollte  fast  die  Erklärung  für  dieses  Verfahren 
nchen  in  dem  dunkeln  Gefühl,  dasz  es  mit  jenem  'Namen 
doch  nicht  ganz  seine  Richtigkeit  hat  —  also  zwei  Zeilen 
darauf:  'stehst  du  auch  mit  deiner  Person  für  die  Wahrheit 


CLXXXn  EPIST.  I,   16. 

dieses  Lobes  ein .  Der  Name  ist  doch  wahrlich  nicht  die 
Person,  niemals  und  am  allerwenigsten  in  dem  Sinne,  welebn 
die  Person  doch  hier  haben  musz,  die  Persönlichkeit  — 
Und  dann  wieder  wenige  Zeilen  darauf:  Ver  sich  gefallen 
Uszt  dasz  ihm  der  Besitz  gewisser  Tugenden  zugeschrieben 
werde,  der  geht,  wenn  er  ein  Mann  tou  Ehre  ist,  damit 
eine  Verpflichtung  ein,  diese  Schuld  im  Buche  der  öffent- 
lichen Meinung  einzulösen .  Da  sind  wir  also  plötzlich  zu 
einer  ganz  andern  Bedeutung  des  nomen  gelangt:  Schuld- 
posten,  Conto.  Und  meo  nomine  respondeo  heiszt:  ich  löse 
mein  Conto  ein.    (Ribbeck  Erwiderung  S.  433.)  — 

Also  wir  haben  in  dem  Ueberlieferten :  wenn  du  dir  ge- 
fallen lassest,  weise  und  tadelfrei  genannt  zu  werden,  stehst 
du  mit  deinem  Namen  ein?  Das  ist  eben  Unsinn.  Es  musz 
ja  heiszen:  ^stehst  du  fttr  diese  Namen  mit  der  That  ein^ 
Nun  sollte  man  auch  meinen,  wenn  man  zusammenliest 
voeari  und  respandere  suo  nominsj  so  müsse  das  vocari  und 
respondere  zusammengehörig  erkl&rt  werden.  Man  muss  eine 
bestimmte  Situation  denken,  tou  welcher  her  der  Schrei- 
bende es  flbertragen.  Diese  Situationen  des  Gerufen-,  des 
Aufgerufen-  werdens  kommen  Tor  im  Gericht  (wer  denkt  im 
Horaz  nicht  gleich  an  respondere  vadato)  und  bei  Torschie- 
denen  Veranlassungen  im  Kriegswesen.  Man  gehe  sieh 
diese  durch  und  versuche,  ob  dasjenige,  was  verständlich 
etwa  so  envartet  wird:  Venu  du  unter  den  Weisen  und 
Fehlerfreien  aufgerufen  wirst,  lassest  du  dir  das  gefallen  und 
antwortest:  hier  bin  ich'  oder:  'wenn  die  Weisen  ange- 
rufen werden  sich  zu  melden,  wie  die  Tapfem,  wenn  et 
einen  Sturm  gilt,  antwortest  du  da  mit  deinem  Namen?'  — 
ob  das  so  ausgedrückt  werden  kann  wie  hier  steht  Ich 
komme  immer  auf  Unsinn.  Also  es  musz  dabei  bleiben; 
bisher  hat  niemand  vermocht  diese  Verse  wie  sie  hier  stehen 
zu  erkl&ren.  Bis  dieses  geschehen  sein  wird  haben  sie  f&r 
fehlerhaft  zu  gelten.  Statt  des  überlidferten  cum  pateris 
u.  s.  w.  schreibe  ich 

cur  pateris  sapiens  emendatusgue  vocarif 
und  entferne  die  beiden  folgenden  Verse,  mit  denen  nidits 


EPI8T.  I,    16.  C^XXXni 

Terloren  geht ,  als  unecht  .*)  Hat  vielleicht  einer  unserer 
Meister,  die  sich  mit  Horatius  beschftftigen,  eine  mrkliche 
bkULmng  in  Bereitschaft  oder  eine  andere  entsprechende 
Hfilfs,  so  wolle  er  gebeten  sein  zu  sprechen.  Er  wird  keinen 
unn  HAren  und  Gehorchen  bereitwilliger  finden  als  mich. 
Ksher  aber  —  noch  einmal  —  bleibt  es  dabei,  dasz  gesagt 
werden  musz:  die  Ueberlieferung  ist  Unsinn. 

y.  34.  35  Qui  dedit  hoc  hodfe,  cras  st  volet  atfferety  ut  si 
detulerit  fasces  indigno,  detrahet  idem. 
Unter  indignus  kann  hier  nicht  ein  wirklich  Unwürdiger 
verstanden  werden:  denn  hätte  das  Volk  sich  einmal  ge- 
irrt dnem  Unwürdigen  eine  Würde  zu  übertragen  und  hätte 
dum  seines  Irrthums  inne  geworden  sie  diesem  selber 
wieder  entzogen,  so  handelte  es  ja  weise  und  löblich.  Wer 
infmerksam  dem  Gedankengange  folgend  in  diese  Verse 
kommt,  kann  so  gar  nicht  verstehen.  Sondern:  das  Volk 
wird  den  Titel  eines  tugendhaften  Mannes,  den  es  dir  heute 
gab,  morgen  wieder  nehmen,  eben  so  wie  wenn  es  seine 
Statiwttrden  dem  der  es  nicht  verdient  hat  (sie  zu  erhalten) 
fibertrigt  und  dem  der  es  nicht  verdient  hat  (sie  zu  ver- 
lieren) nimmt.  (Vgl.  Epist.  I,  6,  53).  Es  wäre  das  also  das- 
selbe ul  si  welches  auch  Epist.  17,  3  am  Schlusz  des  Verses 
steht  Donohngeachtet  wird  es  nicht  nöthig  sein,  detrahat 
XU  sehreiben,  wie  ich  früher  glaubte,  vielmehr  auch  nach 
diesem  ui  si  wird  richtig  der  Indicativ  auch  des  ersten  Futurs 
stehen,  ut  si  mit  Ind.  luv.  7,  238.  Will  man  vt  si  trennen, 
wie  Bibbeck,  also  am  Schlusz  des  Verses  eine  Gliederung 
machen  wie  diese  — 

—  cras  si  volet  auferet,   ut,  si 
(was  angeht,  Sat.  I,  1,  46.  11,  3,  92) 

*)  Ich  weisz  nicht  ob  ich  es  überhaupt  nur  erwähnen  soll,  denn 
Werth  lege  ich  gar  keinen  darauf,  dasz  man  vielleicht  sich  vorstellen 
kAonte,  hinter  das  noch  unverletzte  cur  pateris habe  einer,  wel- 
cher meinte  auf  eine  Frage  gehöre  eine  Antwort,  hineingesetzt:  respon- 
iesne?  tuo  die  sodts  nrnnine:  nempe  —  antwortest  du  nicht?  so  sage 
doch  in  deinem  Namen.  Was  heiszen  sollte:  gib  mir  die  Antwort  blosz  in 
deinem  Namen,  was  d u  darüber  denkst,  ohne  aUe  Rücksicht  was  ich  wol 
diia  sagen  könnte.  In  meinem  Namen  werde  ich  nachher  selbst  reden. 


CLXXXIV  EPIST.  I,   16. 

dann  wird  man  detrahet  beibehalten,  aber  doch  gewis  aach 
natürlicher  das  Komma    hinter  fnsces  setzen  und   indigmo 
(ohne  dasz  er  es  verdient  hat)  detrahet  idem  zusammennehmen. 
V.  35.  Wenn  also  dieses  wetterwendische  Volk  (dess^i 
Urtheil  mir    also    ganz    gleichgültig  sein  musz)    mir  sagt: 
'leg*  ab  die  Würde',  so  leg'  ich  sie  ab  mit  Gleichgültigkeit 
Dies  wird  erfordert,  nicht  'mit  Trauer.*     Worüber  sollte  er 
denn  traurig  sein?    Oder  Terdrieszlich  oder  welche  Nuance 
von  tristis   man  nehmen  will.    Darüber  dasz  das  Volk  so 
dumm  ist?    Das  gehört  doch  wahrlich  ganz  und  gar  nicht 
hierher,    wenn  es   auch    überhaupt    im  Horazischen  Sinne 
wäre,    welcher    dergleichen  vielmehr  ridens  zu    betrachten 
pflegt.    Dasz  es  die  Gleichgültigkeit   gegen  das  Volk  und 
seine  Urtheile  ist,  die  betont  wird,  das  zeigt  ja  auch  dw 
Fortschritt:  wenn  ich  darüber,  dasz  das  Volk  nur  Würden 
nimmt  oder  gibt,    mir  Sorgen    machen    wollte,   nun  dann 
müszte  ich  mir  ja  auch  darüber  Sorgen  machen,  wenn  es 
mich  für  einen  Räuber  und  Mörder  erklärte.    Ich  habe  ge- 
schrieben   tacitusgue    recedo.    Man    würde    wol   auch  ganz 
gut   schreiben    können,    missusque  recedo.    Aber    tristisque 
recedo  ist  hier  eben  so  ganz  wider  den  Sinn  als  es  in  jener 
Stelle   des  Lucrez  (III,  1010)    ganz   im  Sinne  ist,    wo    es 
heiszt:    auch  den    gequälten  Sisyphus    sehen  wir    hier    im 
Leben  an  dem ,  der  sich  darauf  gesetzt  hat,  sich  beim  Volke 
um   Fasces    und  Beile   zu   bewerben   und   jedesmal   victus 
tristisque  recedit.  —  Der  arme  Citatenkritiker,  der  sich  zwischen 
tristisque  recedo  LuGvet   III,  110  und  tacitusve  recedas  luv. 
III,  297  finden  wird! 

V.  69—72.  Dasz  diese  vier  Verse  hier  vollkommen 
fremd  eintreten  habe  ich  schon  ehemals  erinnert:  Rhein. 
Mus.  XVII.  S.  488  oder  Aristarch  S.  437  der  zweiten  Aus- 
gabe. Ueber  das  Offenbare  etwas  Weiteres  zu  sagen,  wuszte 
ich  damals  nicht  und  weisz  es  heute  nicht. 

Alle  die  Umstellungen,  welche  Ribbeck  hinter  V.  46 
verlangte,  damit  'ein  klarer  Flusz'  hineinkomme,  muszte  ich 
und  musz  ich  jetzt  zurückweisen.  Ich  sagte  dagegen:  *Ich 
habe  dem  Gedankengange  des  Briefes  hier  immer  ganz  gut 


EPIST.   I,    16.    17.  ,  CLXXXV 

folgen  können.  Dasz  die  Disposition  von  Y.  40  an  eine  solche 
ist,  die  nicht  ganz  in  gerader  Linie  geht,  sondern  auch  ein- 
mal xnrOekgreift,  ist  doch  wol  kein  Fehler.    Vielmehr  nach 
den  Umatellnngen  Ton  R.  wird  der  Brief  nur  gewöhnlicher, 
uninteressanter,  die  Aufmerksamkeit  weniger  rege  erhaltend. 
So  wie  schon  das    einzelne  enim  V.  50,    welches  jetzt   ein 
kldn   wenig   geistreicher   angewendet   ist  hinter   dem  ein 
'mhäme    verbergenden   negitat,    und  an  welchem  wirklich 
dnen  Anstosz  zu  nehmen  nicht  gut  ist,  durch  die  von  Ribbeck  ihm 
zugewiesene  Stellung  nur  trivialer  wird.    Zugleich  hatte  ich 
mein  Befremden  geäuszert,  'klaren  Flusz'  als  Voraussetzung 
fb  die  Horazische  Epistel   aufgestellt  zu  finden.    Dies  hat 
B.  in  der  Erwiderung  (S.  435)  mir  ttbel  genommen. 

Er  erklärt  sich  über  den  nicht  vorhandenen  klaren 
Rugz.  Wobei  unter  anderem  auch  eine  'gewisse  Inversion 
der  Gedankenfolge*  zugestanden  wird.  Das  Resultat  aber 
ist,  'dasz  er  bei  aller  Freiheit  der  Darstellung  verlange 
Klarheit  und  Ordnung  der  Disposition.'  Wenn  nur  damit 
etwas  anzufangen  wäre!  Will  er  mit  diesem  Zettel  'Klar- 
heit nnd  Ordnung  der  Disposition  dem  Pindar,  dem  Shakspeare, 
dem  Byron  entgegentreten?  Und  wenn  er  es  will,  will  er 
dann  darunter  dasselbe  verstehen,  als  wenn  er  diese  For- 
derung an  junge  Leute  stellte  in  den  ersten  Stadien  ihres 
deutschen  Aufsatzes?  —  Wäre  ich  boshaft,  ich  wollte  ihm 
dafftr,  dasz  er  mich  so  gering  achtet,  um  solche  Formel  von 
'Klarheit  und  Ordnung  der  Disposition  gegen  mich  ins 
Feld  zu  führen,  eine  Vergeltung  wtlnschcn.  Es  sollte  ihm 
auferlegt  werden,  immer  fort  den  Isokrates  zu  lesen. 

Epist.  I,   17  Qnamvis  Scaeva  satis  — 

In  diesem  Briefe  fühlt  man  es  doch  wol  dasz  man  zum 
Schlosz  in  einer  ganz  andern  Atmosphäre  ist.  Wer  hätte 
e»  vorher,  wo  der  feine  und  vornehme  Aristippus  als  Muster 
ausmalt  ward,  gedacht  noch  Regeln  zu  erhalten  für  einen 
Spitzbuben^  der  seinem  Gönner,  welcher  ihn  auf  Reisen  mit- 
genonunen^  vorlügt,  sein  Koffer  sei  ihm  erbrochen  worden? 
Oder  steht  das  etwa  nicht  da?    Ist  nur  der  Fall  gemeint 


CLXXXVI  EPI8T.   I,   17. 

und  eine  Warnung  nicht  unfein  zu  yerfahren  fOr  den  Fall 
dasz  Eröffnung  und  Beraubung  des  Reisekoffers 
eingetreten?  Dann  müszte  also  nota  refert  meretricis 
mina  nicht  heiszen:  'er  copiert  die  Buhlerin,  er  spielt  ihr 
die  Rolle  nactf,  sondern:  'er  erinnert  daran,  bringt  wieder 
ins  Gedächtnis*  und  wird  also  bei  dem  Gönner  den  Ver- 
dacht rege  machen ,  dasz  auch  er  ein  falsches  Spiel  treibe. 
Vielleicht  kann  es  das  heiszen.  Allein  der  Zusatz,  wer  sidi 
Einmal  den  Spasz  gemacht  sich  beschädigt  anzustellen,  wäh- 
rend er  es  nicht  war,  und  so  weiter,  paszt  ja  nur,  wenn 
Ton  einem  Betrüger  die  Rede  ist,  vom  erlogenen  Aufbrechen 
des  Koffers. 

Femer  zu  betrachten 

Bnindisium  comes  aut  Surrentum  ductus  amoennm 
qui  qaeritur  salebras  et  acerbum  frigos  et  imbris 
aut  cistam  effractam  et  subducta  viatica  plorat, 
55  nota  refert  meretricis  acomina  — 

Wie  kann  denn  die  Klage  über  den  stöszigen  Weg  und  die 
unbehagliche  Witterung  mit  dem  aufgebrochenen  Koffer  am- 
sammenstehen,  wenn  sich  anknüpft  nota  refrtrt  meretricis 
acumina,  saepe  catellam,  saepe  periscelidem  raptam  sibi  ßenr 
tis,  was  doch  auf  das  qui  gueritur  salebras  et  acerbum  ßrigm 
et  imbris  ganz  und  gar  nicht  paszt?  während  es  mit  dem 
andern  sich  deckt:  unter  Verschlusz  gehaltene  Gegenstände 
(Ribbeck  übersetzt  catellam  Uhr  Schoszhündchen  Erwiderung 
S.  436)  entwendet.  Man  möchte  dies  kaum  auch  dem  Ver- 
fasser dieser  Verse  zutrauen  wollen  und  glauben,  dasz  die- 
ser nur  geschrieben  hatte  qui  cistam  ejffractam  et  subducta 
viatica  plorat 

Doch  ich  musz  noch  etwas  verweilen  bei  der  gauner- 
haften Atmosphäre,  in  die  man  sich  mit  einemmale  in  den 
Einzelvorschriften  versetzt  sieht.  Es  haucht  mich  etwas  aus 
luvenal  oder  Petronius  an.  In  solche  Gaunereien  sich  ein- 
zulassen schien  mir  weder  der  Horazischen  Art  überhaupt 
entsprechend  noch  ersichtlich  warum  sie  gegenüber  einem 
Freunde  muszten  behandelt  werden,  dem  Horatius  sieh  mit 
auszerordentlicher  Rücksicht  gegenübergestellt   (V.  1.    16), 


endlich  naclidan  ftr  bcitfe  «*>  eöen.  £ä^  jmsckanse»  'Sjbsos' 
m  dioBen  TeibiltiiisBe«  MaiDoxxSs  wsr —  w«r?  Srecfnw»' 
Eine  Yoeabel^  deren  Scim  lafl  BedieaaBS  in  Bmaesn» 
Monde  man  doch  wol  Tensefci!  Sfäöe«^k  ^aaJHit  liiats^n 
Mgen  SQ  dürfen  &.  70  —  .jujbfftof  >»»HbL£n  m  Pokae 
des  SM  und  Hnben  na&ncn  ix  AixfL  i3»i  afeäansB.  s*<a 
bentzutage  die  Itnliener  Ak  «n^i  aibffsra  v«sB^er  iHsi  al^ 
wir/'  Also  kann  aneh  wirf  K^ratiSi«  i>er  SoeaI<n  isfi  v» 
008  als  die  gemeinste  Ganncra  tmnAiai  si^iii  <t<Kft  $•> 
Khlimm  gedacht  haben,  er  durfte  aKÖ.  ieis.^«  w^ew-r-l  $•> 
anerkannten  Freundes  ^Empfindis.svvt^  in  £ewm  Ptnkr" 
aU  nicht  ganz  gefestigt  Tr«niHg«tz«n .  oline  darin  etws$  Be- 
leidigeDdes  zn  sehen.  —  Ich  kann  hierauf  wir  sazen  .ioiJub 
ra  ÖHva :  anter  dem  Tiden  aoch  jenes  kleine  /c/«/c  wtmmsirwm 
..noch  hente'%  womit  beiUaäg  die  ganze  B-7-mi^he  Ge- 
schichte ans  den  Angeln  gehoben  werden  kann:  die 
Altrömisehe  Tapferkeit  zuerst  u.  s.  w.  Das  aber  findet 
Kibbeck  (S.  70)  selbst  seinem  s«*»  beschafTenen  5rccrc 
gegenflber  anffallend  oder  beleidigend,  dasz  die  Einzelvor- 
Schriften,  welche  gegeben  werden,  eben  nor  in  diesen  bei- 
den and  so  gearteten  Vorschriften  bestehen.  Crewis  ist  das 
anffallend  und  würde  allein  hinreichend  sein  am  den  Brief 
in  seiner  jetzt  fiberlieferten  Gestalt  als  eine  Monstrosität  aaf- 
zoweisen. 

Jetzt  betrachten  wir  die  Verse  36 — 45.  Doch  indem 
ich  Ton  ihnen  reden  will,  sehe  ich  mich  genöthigt,  das  flber- 
Keferte  esto  in  V.  37  zu  rerwandeln  in  isto  (ne  non  svcce- 
ieret  isto).  Ich  könnte  sonst  gar  nicht  darüber  reden,  weil 
ich  mit  esto  mich  in  dem  Gedankengange  ganz  Terwirre, 
der  an  sich  mit  isto  nicht  unklar  'ist.  Sie  heiszen  also: 
'Nicht  jedermann  wird  es  zu  Theil  an  Korinth  zu  kommen. 
Unthfttig  blieb  sitzen  wer  ftlrchtete,  er  würde  dahin  nicht 
hinankommen  können.  Wie  dagegen  wer  hingelangte?  hat 
der  anders  als  männlich  gehandelt?  (fecitne  dem  Sinne 
nach  gleich  nonne  fecit?)  Nun  aber  da  liegts  (im  männlich 
handeln)  oder  nirgend  wonach  wir  fragen.  Der  eine  scheut  sich 
Tor  der  Last  als  zu  grosz  für  kleinen  Entschlusz  und  kleinen 


CLXXXVm  EPIST.  I,  17. 

Körper,  jener  tritt  darunter  und  trägt  sie  ans  Ziel.  Ent- 
weder die  Tugend  {virtusy  eben  virUiter)  ist  ein  leerer  Name^ 
oder  nach  Ehre  und  Belohnung  strebt  auf  die  rechte  Weiia 
der  unternehmende  Mann.'  Das  ist  doch  deutlich  ein  ParoSy 
das  einer  gegengeschrieben  hat  gegen  das  Lob  des  schmiQg* 
Samen  Aristippischen  Mannes.  Aber  eben  derselbe  Renitent 
scheint  auch  V.  45  das  wunderliche  atqui  rerum  capui  htm 
erat,  hie  foiis  hineingesetzt  zu  habeU;  was  doch  nach  allen 
nattlrlichen  Gange  nur  kann  bedeuten  sollen :  ^nun  aber  anlii 
Bauben  kam  es  ja  von  Anfang  her  an.'  Ich  meine^  es  hat 
hier  von  erster  Hand  etwas  Anderes  gestanden.  Aber  wai 
auch;  die  Verse  43—51  scheinen,  abgerechnet  dasz  sie  wol 
auch  in  die  unerwartete  unfeine  Atmosphäre  gehören ,  die 
beiden  Motive  des  Anstandes  und  des  Vortheils  auf  eine  un- 
klare Weise  durch  einander  zu  werfen.  Doch  ich  will  es 
nun  abwarten,  ob  jemand  nach  dem  Gesagten  wird  irgend 
etwas  Annehmbares  herstellen  können  nach  V.  32  refer  ei 
sine  vivai  ineptus,  womit,  wie  ich  glauben  musz,  die  echte 
Epistel  schlieszt,  und  ob  es  nöthig  sein  ^vird  meine  Empfin- 
dung als  falsch  zu  strafen,  die  mich  jedenfalls  gleich  bei 
dem  res  gerere  usw.  befällt,  dasz  diese  Verse  schon  andere 
Verhältnisse  ausdrücken  als  die  bisher  behandelten  Aristip- 
pischen und  sich  nicht  anschlieszen  wollen:  um  von  der 
gänzlichen  sprachlichen  Unverbundenheit  aller  vier  Verse, 
welche  den  Eindruck  von  Sentenzen  hervorbringt,  gar  nicht 
zu  reden.  Wol  aber  würde  man  an  refer  et  sine  vivat  inep^ 
tus  noch  recht  gut  den  Vers  non  cuivis  hommi  cantingii 
adire  Corinthum  anschlieszen,  nach  der  bekannten  Bezie- 
hung dieses  Sprichworts  auf  Aristipp:  nicht  jedermann  ist 
es  gegeben  ein  Aristipp  zu  sein. 

Aber  wir  sind  der  Bedenken  auch  jetzt  noch  nicht 
ledig.  Horatius  beginnt:  'obgleich  du  keines  fremden  Rathes 
bedarfst  (er  sagt  nicht  einmal  blosz  guamvis  Scaet^a  per  te  tibi 
consulis,  sondern  etwas  mehr  guamvis  satis  per  te  tibi  consuUs^ 
entweder  so  viel  als  genug  ist,  oder  so  viel  dasz  du  fremden 
Rath  nicht  nöthig  hast,  um  zu  wissen)  und  weiszt  wie  man  mit  den 
Groszen  umzugehen  habe'.  So  ?  Davon  ist  Horatius  ganz  bestinunt 


EPIST.  I,   17.  CLXXXIX 

uoteiriehtet,    während  er  V.  15  gar    nicht   unterrichtet  ist, 
ob,  wenn  dem  Seäva  die  Frage  vorgelegt  wfirde  über  den 
W^  des  Aristippus  und  den  Weg  des  Diogenes,  er  auf  die 
eine  oder  die  andere  Seite  treten  wfirde,  ob  er  darüber  je 
Jttcligedacht?  Das  wäre  nicht  auffallend?  und  wenn  fiber- 
lumpt  zu   lösen,    anders  zu    lösen    als    vielleicht    auf   eine 
ioszerst  prekäre  Art?    Hienach  habe  ich  groszen  Verdacht, 
dasz  der  Fehler  in  der  Latinität  im  zweiten  Verse,  auf  wel- 
chen Horkel    aufmerksam    gemacht,    in  dem  iandem,  —  er 
emendirte  ienuem,    —    vielmehr   darauf  liinweist   dasz   der 
ganze  Vers   ein  Einschiebsel    ist,   zu   dem  aber   im  ersten 
Verse  eine  ^'eränderung  gemacht,  statt  des  etwa  ursprüng- 
lichen quamris,  Scaeva^  satis  per  te  tibi  conxulis  ipse  oder 
ft  Sias, 

Wir  sehen  dasz  Scäva  bei  der  ganzen  Sache  gar  nicht 
hetheiligt  war  und  eben  auch  nur  damit  geehrt  wird,  dasz 
Homtius  ihn  als  einen  theilnehmenden  und  sinnigen  Zuhörer 
voraussetzt,  an  den  man  sich  mit  sinnigen  Betrachtungen 
wenden  darf.  Ganz  anders  ist  das  Verhältnis  des  Lollius, 
tn  welchen  die  folgende  Epistel  gerichtet  ist. 

Ich  sagte  oben  nach  V.  32  oder  V.  32  mit  dem  dazu 
genommenen  V.  36  schliesze  die  echte  Epistel:  d.  h.  der 
echte  Theil  dieser  Epistel.  Es  fragt  sich,  ob  sie  überhaupt 
damit  geschlossen  hat  oder  ob  die  echte  Fortsetzung  ver- 
loren gegangen.  Man  könnte  vielleicht  meinen,  zu  dem  An- 
»tie,  der  für  das  Thema  V.  15—17  genommen  wird,  wäre 
die  Ausführung  nicht  lang  genug.  Aber  dieser  doch  wol 
nicht  sehr  ins  Gewicht  fallende  Grund  ist  auch  der  einzige, 
warum  nicht  Horazens  Brief  dort  sollte  zu  Ende  gewesen  sein.*) 
Eb  wäre  auch  so  eine  ganz  anmuthige  Gedankenmittheilung 


*)  Ribbeck  sagt  in  dieser  Beziehung  gegen  mich  (Erwiderung  S.  437) 
nun  könne  den  Brief  da  nicht  endigen,  denn  diese  Partie  lehre  ja  nicht 
füo  tenuem  pacto  deceat  maioribus  uti,  sondern  vorläufig  nur  cur 
oder  num  deceat.  Er  vergasz  dasz  in  meinem  Briefe  der  Vers  quo 
f^tuem  pacto  —  nicht  Yorkommt.  —  'UnseFge  Geister,  so  behandelt  ihr 
du  menschliche  Geschlecht  zu  tausend  Malen/ 


CXC  EPIgT.  I,  17.   18. 

an  einen  Freund.  Ist  die  Epistel  weiter  gegangen,  m 
mllBzte  man  den  Inhalt  wol  etwa  so  vermuthen :  Nicht  jeder- 
mann ist  es  gegeben  ein  Anstipp  zu  sein.  Denn  daani  ge- 
hört dasz  man  nicht  von  Fehlem  und  Leidenschaften  b^ 
herrscht  sei,  dasz  man  vielmehr  der  Leidenschaften  Henr 
sei;  dasz  man  verstehe  über  den  Dingen  und  Menschen  n 
stehen  und  Mi  res  non  se  subhmgere  rebus. 

Im  ersten  TheilC;  der  nach  Entfernung  des  zwdten 
Verses  trefflich  vorwärts  geht  bis  V.  32,  könnte  man  viel- 
leicht noch  höchstens  fragen,  ob  in  der  Aufzählung  der 
Entbehrungen  V.  6— 8  etwa  ein  Vers  ausgefallen:  wiewol 
nothwendig  scheint  es  nicht. 

Epist.  I,  18  Si  bene  te  novi  — 

Den  Zusammenhang  der  Verse  21—31  glaube  ich  jetzt 
anders  fassen  zu  müssen  als  früher  und  halte  jetzt  alle 
Verse  für  echt.  'Wer  irgend  einer  der  nobeln  Leidenschaf- 
ten fröhnt,  wie  sie  bei  den  Reichen  und  Vornehmen  herkömm- 
lich sind;  Liebe,  Spiel,  Luxus  in  Kleidung  und  äuszerer 
Erscheinung,  das  nie  gestillte  Verlangen  nach  immer  mehr 
und  mehr  Beichthum,  wer  sich  damit  seiner  —  dem  Clien- 
enten  natürlich  zustehenden  —  Armuth  schämt  und  sich 
immer  von  ihr  loszumachen  sucht,  gegen  den  wird  der  reiche 
Patron  Abneigung  und  Widerwillen  fassen,  oder  er  wird 
ihn  wie  einen  Knaben  schelten  und  zurechtweisen,  indem 
er  ihn  aufmerksem  macht,  wie  solche  Neigungen  für  ihn 
verderblich  werden  müssen.  Er  wird  sagen  —  und  nun 
wird  beispielsweise  ein  Patron  genommen,  der  einen  im 
Luxus  der  Kleidung  sich  übernehmenden  Clienten  vor  sich 
hat  —  er  wird  ihm  sagen :  'ich  bei  meinem  Vermögen  kann 
Thorheit  aushalten :  für  dich  paszt  diese  reichliche  Kleidung 
nicht.'  Für  dich  nemlich  wird  sie  aus  der  Thorheit  znm 
Ruin  werden.  —  Ganz  recht,  sagt  Horaz;  so  ruinirte  Eu- 
trapelus  so  manchen  blos  dadurch,  dasz  er  ihn  zu  reich- 
licher Kleidung  verführte.  —  Eutrapelus  ein  kluger  Welt- 
mann von  überlegenem   Humor  und   nicht  zu    engem  G^ 


BPI8T.  I;  18.  CXCl 

wiBMD,  dem  68  mitunter  Vergnügen  machte,    einem  Narren 
nt  die  Bahn  zu  helfen. 

y.  46  AeioUs.  Diese  Lesart,  nicht  die  andere,  Aeoliis 
nmgz  ich  mit  Bentley  für  die  richtige  halten,  auch  gegen 
Meineke.  Natürlich  schrieb  Horaz  nicht  so,  wie  alte  und 
lach  neuere  Erklärer  sagen,  wegen  Meleagers  und  der 
Kalydonischen  Jagd,  was  Meineke  mit  Recht  pueril  findet: 
iber  doch  aus  demselben  Grunde  weshalb  die  Ealydonische 
Jagd  eben  selbst  dorthin  verlegt  war,  weil  in  Aetolieu  viel 
Jagd  getrieben  wurde  und  also  auch  wol  Jagdgeräthe  daher 
bunen.  Gegen  Aeoliis  ist  für  mich  Bentleys  Grund  über- 
lengend,  dasz  Horaz  Rumänische  Jagdnetze,  welche  zu  ver- 
stehen wären,  nicht  hier  würde  mit  dem  höherer  oder  affec- 
iirter  Poesie  anstehenden  Aeolius  für  Ctimanus  gesagt  haben, 
sondern  einfach  Cumanis  onerata  plagis  — 

Hinter  V.  36  findet  man  in  meinem  Texte  vier  Verse, 
welche  gewöhnlich  hinter  72  (irrevocabile  verbum)  stehen 
und  nach  der  Ueberlieferung  so  lauten : 

non  ancüla  tuum  iecur  ulceret  alla  puerve 
intra  marmoream  venerandi  limeii  amici, 
ne  domlDus  paeri  palchri  caraeve  paellae 
manere  te  parvo  beet  aat  incommodus  aogat. 

Was  die  Stellung  anbetriflTt,  so  \vird  doch  wol  jeder  zu- 
geben, dasz  sie  dort  zusammengehörende  Dinge  trennen. 
Hier  haben  sie  ihren  guten  Ort.  Was  aber  die  Sache  be- 
trifit,  ist  denn  das  Geschenk  eines  schönen  Knaben,  eines 
sehönen  Mädchens  ein  kleines  Geschenk?  'Ja  ehemals,  da 
wurden  die  Dichter  belohnt,  cum  minimum  vati  munus 
Alexis  erat 'MLsirt.Wj  16,  12,  als  das  Geschenk  eines  schönen 
Sklaven  (Alexander  an  den  Vergil  von  Seiten  Polios)  für 
den  Dichter  das  kleinste  Geschenk  war.'  Also:  als  ein  so 
bedeutendes  Geschenk  das  kleinste  war.  Doch  was  brau- 
chen wir  dazu  der  Citate?  Nun  wollen  wir  einmal  ver- 
Boehen  zu  verstehen:  damit  er  nicht  mit  diesem  für  ihn 
kleinen  Geschenk  dich  ein  für  allemal   abspeise.    Warum 


CXCII  EPIST.   I,    18. 

ist  es  denn  für  ihn  ein  kleines  Geschenk,  ein  so  kleines  dan 
er  froh  ist  sich  damit  abzukaufen  ?  Und  für  einen  Patronuii 
der  überhaupt  knickerig  ist,  doch  am  wenigsten.  Mir  scheint 
etwas  ganz  anderes  nöthig  zu  sein,  was  ich  hineingelegt 
habe  dadurch  dasz  ich  geschrieben  —  ne  dominus  pueri  put-- 
ehrt  grataeve  puellae  viunere  te  coro  beet  aut  incommodMM 
angat.  Plötzlich  einen  solchen  Sklaven  oder  Sklavin  als  Eigen* 
thum  zu  erhalten  kann  wol  für  einen  eingeschränkten  Cli- 
enten  eine  äuszerst  drückende,  weil  kostspielige  Gabe  sein: 
damit  er  dich  nicht  durch  diese  Gabe,  die  dir  theuer  zn 
stehen  kommt,  beglücke  oder  ungelegen,  unbequem  dich  äng« 
stige,  indem  er  dich  mit  deiner  Liebschaft  verspottet ,  oder, 
worauf  wol  angat  noch  mehr  führt,  dich  ängstige  mit  der 
Drohung:  ich  werde  dir  diesen  Knaben,  dieses  Mädchen 
wol  noch  schenken!  Was  der  Client,  indem  er  eine  Lieb- 
schaft mit  dem  Knaben  oder  dem  Dienstmädchen  des  Hau- 
ses anknüpfte,  gar  nicht  gemeint  hatte. 

Die  Verse  55—64  habe  ich  nicht  umhin  können  einzu- 
rücken. Wer  sich  mit  ihnen  befreunden  kann  rücke  sie 
wieder  vor.  Mir  will  das  nicht  gelingen.  Mir  scheint  es, 
die  Aufforderung  sich  nicht  von  der  Jagd  des  Patrons  aus- 
zuschlieszen  sei  von  V.  40  an  hinreichend  und  steigend 
unterstützt  und  zuletzt  (denique  V.  54)  mit  der  Erwähnung 
der  Kriegsdienste  und  der  fast  feierlichen  Einführung  des 
siegreichen  Augustus  auf  die  Höhe  gebracht.  Da  kommt 
nun  ein  neuer  Ansatz  und  Anfang :  Ac  ne  te  retrahas  — 
Und  was  bringt  der  dazu?  Dasz  man  ihm  würde  sagen  können : 
du  hast  ja  sonst  Zeit  zu  Spielereien?  oder  du  hast  ja  sonst 
Lust  zu  Spielereien?  Oder  vielmehr  doch:  und  du  zeigest  ja 
noch  immer  Lust  zu  kriegerischen  Beschäftigungen  durch 
diese  Art  kriegerisches  Spiel,  das  du  bisweilen  treibst.  Und 
das  noch  alles  immer  und  immer  als  Gründe,  warum  er 
sich  von  der  Jagd  des  Patrons  nicht  ausschlieszen  soll? 
Und,  wie  gesagt,  der  neue  Ansatz  fällt  mir  immer  auf.  — 
Aber  durch  diese  Verse  scheinen  andere  Verse  diese  Stelle 
verloren  zu  haben,  welche  ihnen  gebührt,  nemlich  V.  89 
oderunt  hilarem  —  92    tepores. 


EPIST.   I,   18.  19.  CXCIII 

V.  104.  Unter  allem  Lehenswechsel  halte  doch  immer 
mr  Philosophie  und  lerne  was  die  Seele  heruhigt.  Und 
fngst  dn  bei  dieser  Gelegenheit  nach  meiner  Philosophie? 
soll  ieh  dir  sagen  was  das  Resultat  meiner  Philosophie 
i«^  in  welchem  Gedanken,  in  welchem  Gebet  sie  sich  con- 
eenfrirt,  so  oft  ich  in  die  Ruhe  meines  Gütchens  zurück- 
gekehrt mir  meiner  und  des  Meinen  concentrirt  bewuszt 
werde? 

Epist  I,  19  Prisco  si  credis  — 

Pfisro  si  creil/sj  Maecenns  docte^  Crathio,  (  mdhplaceredhi 
■«r  rwere  carmina  possunt,  |  qftae  scribuntur  aquae  potoribus, 
vt  wuäe  sanos  \  adscHpsit  JJher  Sati/ris  Faunisqur  poetas^  \ 
rmafere  dulces  ohionint  maiw  Camenae.  Ist  das  erklärbar? 
Wie  paszt  es  denn  hieher  dasz  die  Dichter  als  male  sam 
bezeichnet  werden?  Das  soll  doch  also  wol  heiszen  als 
'begeisterte*  mit  einem  Spitznamen  ausgedrückt.  Aus  wessen 
Munde  oder  Sinne  der  Spitzname?  Und  die  doch  gleich- 
artig zu  denkenden  Faunen  oder  Satyrn,  wer  wird  denn  als 
ibren  Charakter  denken  und  als  ihr  Epitheton  sagen  dasz 
sie  male  sani  seien?  die  im  Gegenteil,  wenn  sie  nicht  eben 
tranken  sind,  sehr  gescheit  Bind.  Dann  fenier  also:  seitdem 
über  die  Dichter  als  Leute  die  nicht  recht  bei  gesundem 
Verstände  sind  unter  sein  Gefolge  aufgenommen,  seitdem 
tranken  sie  vom  frühen  Morgen  an.  Seitdem?  Haben  sie 
es  also  da  erst  sich  angewöhnt?  Man  kommt  wirklich 
Bicht  hindurch  zu  einer  ernstlichen  Erklärung.  Umgekehrt 
ioch  kommt  das  Natürliche  in  die  Sache;  als  durstige  Leute 
bat  Liber  sie  unter  sein  Gefolge  aufgenommen  und  ihre 
Berechtigung  anerkannt.  Der  Rinn  scheint  zu  erfordern  dasz 
alle  die  Instanzen  vom  Liber  an  bis  auf  Horatius  aufgezählt 
werden  aus  dem  Munde  der  Cratinusanhänger,  mit  denen 
diese  ihre  Trinkseligkeit  als  zur  Natur  der  Poeten  gehörig 
rechtfertigen.  Ich  habe  geschrieben:  uf  male  siccos  ad- 
ftripsit  Über  Saff/rü  Faunhque  poetas:  vina  lyrae  dulces 
«kerunt  mane  Camenae:  laudibns  argvitur  vini  vinosus  Homertis, 

L^hn,  Hontiof .  ^ 


CXCIV  EPI8T.  I,   19.  20. 

Dasz  die  lyrischen  Dichter  {lyrae  Camenae),  die  Sänger  des 
Weins,  Stets  tnmken  waren  —  Anacreon,  Alcäus  —  das  ist 
eine  bekannte  Instanz,  an  die  man  nur  zu  erinnern  braucht 
Das  braucht  man  gar  nicht  erst  zu  argumentiren  wie  für 
den  Epiker  Homer.  — 

V.  10.  Die  Ueberlieferung  von  edixit  in  hoc  simul  edfxi 
non  cessavere  poetae  —  scheint  darauf  zu  führen  dasz  Horatius 
geschrieben:  cdixi  et  — 

V.  15.  16  scheinen  verständlich,  obgleich  die  Nachrichten 
dOrftigsind  und  wer  der  larbita  sei  unbekannt.  Die  dem  Tima- 
genes  nacheifernde  Zunge  machte  dasz  der  larbita.  platzte,  nem- 
lieh  wie  jener  Frosdi  in  der  Fabel,  und  nur  mit  Beziehung 
auf  diese  Fabel  ist  das  impit  gesagt.  Timagenes  war  *rfi^ 
serttis  komo  et  dieaXj  a  quo  mutla  improbe  sed  venuste  dicta 
Senec.  Controv.  X  (34)  p.  333  Burs.  Indem  nun  jener  lar- 
bita der  durch  Uebcrtreibungen  auffallenden  Art  zu  reden 
und  eben  so  seinen  tibertreibenden  Witzen  (die  wol  auch 
in  seinen  Reden  angebracht  wurden)  nachtrachtete,  ruinirt« 
er  sich,  —  nemlich  in  seiner  bürgerlichen  Stellung.  Denn 
ihm  fehlte  die  geniale  Ader,  womit  Timagenes  sich  trotz 
dem  zu  erhalten  wuszte,  der  selbst  dadurch,  dasz  ihm  August 
sein  Haus  untersagte  (ob  dieses  damals  schon  eingetreten 
als  Horaz  dies  schrieb  wissen  wir  nicht)  keinen  Schaden 
litt.  Er  lebte  bei  Asinius  Polio  wohl  behalten.  —  Wir 
werden  doch  nicht  den  dummen  Horazscholiasten  irgend 
ein  Gewicht  beilegen,  —  wir  sind  leider  hierin  noch  immer 
zu  schwach,  —  weil  sie  sich  aus  dem  rupit  eine  Geschichte 
machten  von  einem  Bruch,  den  er  sich  zuzog. 

V.  30  hunc  ego  non  alio  dictum  prius  ore  Latinus  (oder 
Latim's)  v>olgavi  fidicen.  Ich  habe  geschrieben  was  ver- 
nünftig schien  (dn  und  ore  Lathw, 


Epist.  I,  20  Vertumnum  lanumque  — 

In  dieser  liebenswürdigsten  aller  Episteln  habe  ich  ir- 
gend einen  Vermisz  niemals  empfunden.  Meineke  hat  zweierlei 


EPIST.  I,  20.  II,    1.  CXCV 

Anstosz  genommen.  Zuerst  yermiszt  er  etwas  hinter  Y.  18. 
Ich  kann  dieses  durchaus  nicht  zugeben.  'Du  wirst  zuletzt 
noch  den  Schulmeister  zu  machen  haben,  und  wird  dich  in 
dieser  einförmigen  und  abmüdenden  Beschäftigung  das 
stammelnde  Alter  überkommen.  Da  vergisz  nicht,  wenn, 
wie  es  zu  geschehen  pflegt,  in  den  Stunden  oder  Zeiten,  wo 
die  Sonne  nicht  zu  heisz  brennt,  der  Kreis  der  nach  dem 
Lehrer  und  nach  den  Fortschritten  der  Ihrigen  sehenden 
Väter  und  Verwandten  in  der  Schule  etwas  grr)8zer  ist, 
gerade  dann  etwas  v«n  Leben  des  Autors  anzubringen* 
(Die  Verwandten  werden  auch  von  den  Vätern  aus  Eitel- 
keit mitgebracht.)  Am  allerwenigsten  aber  kann  ich  mir 
das  soübus  aptum  rauben  lassen.  Dasz  Horaz  *fUr  Sonnen 
scheine  gemacht  ist'  das  steht  bei  mir  in  seinem  Bilde 
ädg  einer  der  wesentlichsten  Züge.  Er  hat  ihn  ja  oft  genug 
ausdrflcklich  und  unausdrücklich  zu  erkennen  gegeben. 
Sein  behagliches  Frtihlingsgeftihl.  sein  sich  ziehen  nach  der 
Winne  bei  der  kalten  oder  fröstelnden  Jahreszeit !  Ja  wohl ! 
er  war  recht  gemacht  für  die  Sonnenscheine.  Vielleicht 
Teretehen  diejenigen  das  etwas  besser  und  eindringlicher, 
welche  gerade  die  Natur  in  diesem  Punkte  eben  so  orga- 
nisirt  hat.  Aber  es  kann's  doch  auch  ein  jeder  verstehen, 
und  an  aptus  was  kann  denn  daran  für  ein  Anstosz  sein? 
Ea  ist  ja  gar  kein  anderes  aptus  als  jenes  aus  dem  gleich- 
falls kurzen,  aber  wie  das  unsere  zu  den  schönsten  Blüthen 
der  Römischen  Poesie  gehörenden  Gedichte  des  Ovid.  Am.  I, 
5,  20:  forma  papillarum  quam  fuit  apta  premi  'recht  ge- 
macht dazu.' 

Epist  U,  1  Ciun  tot  sustineas   - 

V.  66 :  si  quaedam  nimis  antiquc,  si  pleraque  dure  dicorc 
müt  eos  und  in  einigen  cedit.  Mir  scheint  es  der  Sache 
angemessen,  wanim  wird  man  sich  selbst  sagen,  statt  des 
"ZU  schreiben  quij  und  mit  credit. 

V.  94  et  in   vitium  fortuna   labier  aequa  und    101  quod 

fupide  petiit  mature  pleno  reliquit.    'Wie   kann  Horaz  hier, 

N2 


CXCVI  EPI8T.   II,   l. 

WO  er  Griechenland  in  der  Beweglichkeit,  mit  der  es,  ein- 
mal zum  Glück  des  Friedens  gelangt,  eine  friedliche  Kunst 
nach  der  andern  ergriflf  und  nicht  immer  nur  das  Alte 
lobte,  wo  er  Griechenland  hierin  den  Römeni  zum  Muster 
aufstellt,  das  mit  dem  schnellen  Ueberdrusz  eines  Kindes 
an  seinen  Spielen  vergleichen:  quod  cupide  petiit  mature 
pleno  reliqu/L  Wenigstens  dieser  Vers  ist  ganz  'gewis  un- 
erträglich: wie  aber  auch  ganz  gewis  schon  das  Wort 
Vitium  in  V.  94  ist,  das  auch  schon  gar  nicht  mit  dem  dabei 
stehenden  foriuna  aequa  sich  verträgt.  Es  kann  von  Horaz 
nicht  ein  tadelndes  Wort  wie  ritiiim,  nur  ein  Wort  etwa  im 
Sinne  von  itisum  ausgegangen  sein/  Aristarch  2.  Ausg.  S. 
437  (vorher  im  Rhein.  Mus.),  hnurn  geradezu  vorschlagen 
wollte  ich  nicht  wegen  des  wiederkehrenden  fuderet  in  V. 
99.  Indessen  kann  ich  mich  gerade  auch  damit  sehr  aussöhnen 
—  'dasz  sein  /iisnx  so  herauskam  in  Hinsicht  seiner  naiven 
Beweglichkeit  wie  — '.  Ich  habe  also  hsitm  jetzt  geschrie- 
ben. Dieser  lusus  schien  einem  auovaog  ein  vitium  ^  der 
dies  wider  den  Sinn  und  Zusammenhang  beischrieb.  — 
Ein  anderer  Vorschlag  wäre  m  vequiem  fortuna  labier  aequa. 
Ich  sehe  nicht  ein  warum  nicht  in  requiem  labi  so  gut  wie 
///  quietem  labi  auch  sollte  richtig  gesagt  werden  können: 
als  es  anfing  nach  den  Anstrengungen  des  Kriegs  in  den 
Zustand  des  Abruhens,  der  Erholung  zu  gleiten  (naturge- 
mäsz),  dies  aber  geschah  unter  Begünstigung  des  Glücks; 
da  sonst  solche  Zustände  des  Ausruhens  nach  Aufhören  an- 
gestrengten Kraftaufwandes  gefährlich  werden  und  zu  reiner 
Erschlaffung  führen  können.  (Beiläufig:  eine  Stelle  wie 
nox  erat  Ilumanumque  tjeuus  requios  divumque  tenebat  Homer. 
Lat.  HG  sollte  mau  in  den  lateinischen  Wörterbüchern  nicht 
vermissen.)  —  Der  nächste  Vers  quid  placot  auf  odio  est 
quod  non  mutabile  credas  ist  natürlich  hier  unerträglich. 
Haupt  hat  ihn  nach  108  gesetzt. 

V.  104  ff.  ^Schön  sind  die  frühen  Morgenstunden  des 
bejahrten  römischen  Hausvaters  bei  Ilor.  Epist.U,  1,  103  ge- 
schildert. Er  bringt  sein  Hausbuch  in  Ordnung  icautos  — 
nummos),    er   verhandelt  mit  den  altern  Freunden,    die  zu 


EPIST.   U,    I.  2.  CXCVII 

ihm  kommen  imaiores  audire)  und  crtheilt  jungem  Ratli- 
schläge  für  ihr  Hauswesen  und  ihren  Lebenswandel  (minori 
dicere  per  quae  res  posset  crescere,  minui  damnosa  libido) 
und  abhängigen  Leuten  Rechtsbelehrung  {clienti  promere  iura 
Tgl.  I,  5,  31  undDionys.  2,  lOj.  Man  hat  sich  die  Gegenstände 
dieser  Audienzen  keineswegs  als  vorzugsweise  juristisch  zu 
denken  ad  guos,  sagt  Cicero  Or,  3,  33  von  dem  Verfahren,  in 
solio  sedentes  dornt  sie  adibantur^  non  solum  ut  de  iure  civiii  ad 
eos,  verum  etiam  de  ßlia  co/iocanda,  de  fundo  emendo^  de 
agro  colendo^  de  omni  denique  aut  officio  aut  negotio  re- 
ferretur!  Mommsen,  Rumische  Clientel.   Forschungen  I,  373. 

V.  164  temptavit  quoque  rem,  si  digne  vertere  posset. 
Das  rem  ist  doch  wol  wunderlich.  Ich  habe  iam  ge- 
sckieben. 

V.  \T^ .Quanlus sit  Dossennus edacibus  in  />a/*a^/Vw kann  doch 
wol  nur  heiszen :  wie  grosz  Dossennus  sei  in  der  Schilderung 
der  Parasiten.  (Wäre  er  ein  Schauspieler,  so  hiesze  es  'in  der  Dar- 
stellung'.) Also  gehurt  der  Vers,  wenn  man  ihn  nicht  für  einen 
anders  woher  stammenden  und  beigeschriebenen  halten  will, 
dahin,   sollte   man   meinen,    wo    von  dem  Loben  der  alten 
Dichter  die  Rede  ist.    Das    war    oben   der  Fall,    und    ich 
habe  versucht  ihm  dort  eine  Stelle  anzuweisen  hinter  V.  56, 
wie  mir  scheint  eine  ganz  gute.    Allerdings  liegt  darin  das 
stillschweigende  Bekenntnis,    dasz  mir  die  Beweise  von  der 
Niehtexistehz  eines  früher  angenommenen  alten  Komödien- 
dichterg     (Togatendichters)    nicht    überzeugend     geworden. 
Und  allerdings  der  Horazischc  Vers  selbst  scheint  mir  immer 
wieder  darauf  führen  zu  müssen. 

Epißt  II,  2  Flore,  bono  claroque  — 

V.  7  Litterulis  Graecis  imbutus.  Bei  den  Herausgebern 
wird  erklärt:  'versteht  ein  bischen  Griechisch,'  aber  es  wird 
das  'ein  bischen  auch  mit  in  dem  Deminutivum  gesucht, 
was  ganz  undenkbar.  Der  Verkäufer  spricht  im  Sinne  der 
Zärtlichkeit  für  die  griechischen  Wissenschaften,  von  denen 
der  angepriesene  Sklav  etwas  versteht.    Jenes  ist  ein  Aus- 


CXCVIII  EPIST.   II,   2. 

flusz  davon,  dasz  man  immer  noch  zu  geneigt  ist  das  'Kleine? 
bei  der  Erklärung  der  Deminutive  voranzustellen.  Einen 
entgegengesetzten,  fruchtbarem  Weg  hat  eingeschlagen  und 
verfolgt  Gustav  Müller  de  limiuae  Latinae  deminutivis  1S65, 
Wozu  so  eben  noch  gekommen  desselben  Abhandlung  über 
die  Deutschen  Deminutiva,  Programm,  Lissa  1869. 

V.  8.  Man  darf  sich  wol  wundem,  dasz  von  den  beiden 
tiberlieferten  Lesarten  imitaberis  und  mitabitur  die  erste 
sich  hat  bis  in  die  neuesten  Zeiten  die  Gunst  der  Heraus- 
geber überwiegend  gegen  die  andere  erhalten  können.  Es 
scheint  dazu  mitgewirkt  zu  haben  dasz  eine  Neigung  vor- 
handen ist  sich  -  man  erlaube  mir  —  verblüffen  zu  lassen, 
wenn  man  'Blandinii'  sieht,  die  imitabei^is  haben.  Dazu  ist 
bei  aller  Anerkennung  einiger  sehr  merkwürdigen  Lesarten, 
die  wir  ihm  verdanken,  doch  kein  Grund  vorhanden.  Jeden- 
falls hat  Horaz  hier  gewis  nicht  imUabens  geschrieben. 
Ich  sehe  dasz  verstanden  wird:  'wie  aus  weichem  Thon 
wirst  du  alles  aus  ihm  machen  können .  Da  wäre  auch 
das  imitaberis  gerade  sonderbar  gewählt:  *^du  wirst  wie 
in  weichem  Thon  was  du  willst  in  ihm  nachbilden.' 
Dasz  dieses  wenn  auch  nicht  unmöglich  aber  doch  sonder- 
bar ausgedrückt  wäre  wird  man  doch  nicht  läugnen  wollen. 
Sodann  bei  dieser  Erkhtrung  müszte  der  folgende  Vers 
herausgeworfen  werden.  Denn  nachdem  gesagt  worden: 
*er  ist  zu  jeder  Kunst  beanlagt,  du  wirst  alles  aus  ihm 
machen  können ,  würde  der  natürliche  logische  Fortgang  sein: 
'ja  sogar  zu  einem  geschulten  —  doctnni  —  Sänger  wirst 
du  ihn  bilden  können,'  nicht  aber:  *ja  sogar  er  wiu'd  dir 
beim  Wein  ungeschult  doch  angenehm  singen  oder  singen 
können.'  Das  gibt  nur  Quälerei.  Ich  würde  imitaberis 
nur  verstehen  können:  du  wirst  durch  ihn  was  dir  beliebt 
in  Thon  bilden  d.  h.  durch  ihn  können  bilden,  darstellen 
lassen.  Aber  auch  da  müszte  man  fragen:  welcher  böse 
Dämon  des  schlechtesten  Styls  trieb  den  Horaz,  hier  plötz- 
lich ein  kleines  Sätzchen  mit  anderem  Subjecte  dazwischen 
zu  werfen,  während  ihm  das  linitabitur  zur  Hand  war  ganz 
YoUkommen  dasselbe  zu  erreichen? 


EPIST.  II;  2.  CIC 

Aber  freilich  von  diesem  selben  Dämon  müszte  er 
vrakhaft  besessen  gewesen  sein,  wenn  er  V.  2  mit  siqtns 
teilt  et  teeum  sie  agat  beginnend  und  eine  lange  Rede  mit 
yerachiedenen  getrennten  Perioden  fortspinnend,  dann  V.  16 
ohne  jede  Hülfe  den  Nachsatz  zu  jenem  si  mit  des  nummos 
b^nne.  Mir  erscheint  dieses  abenteuerlich  und  keines- 
weges  mehr  innerhalb  der  grata  negligentia  der  BriefiForra. 
leb  habe  hinter  15  einen  Vers  15*  hinzugefügt,  durch  den 
wir  der  grata  fiegligentia  gerecht  werden. 

V.  44.  Von  den  beiden  überlieferten  Lesarten  rellern 
und  possem  ist  vellem  allein  möglich.  Das  posse  curvo  di- 
gnoseere  reetum  ist  das  Höchste,  und  recht  im  Horazischen 
Sinn  das  Höchste,  wozu  es  einer  bringen  kann  und  kann 
nimmermehr  mit  paullo  plus  artis  bezeichnet  werden.  Das 
liebe  Athen  that  etwas  mehr  zu  meiner  Bildung  (Horaz  er- 
zählt wie  er,  der  ungebildete  Bauemsohn,  zur  ars  gekom- 
men) hinzu:  das  nemlich  dasz  der  Trieb  in  mir  entstand 
2ur  Philosophie.  Leider  aber  (und  darum  blieb  es  damals 
nur  paullo  plus  ai^tis)  ward  ich  dann  bald  unterbrochen. 

V.  70  ist  die  Ueberlieferung  bekanntlich  intermilla  vides 
humme   commoda.    Es  ist    mir  eine    grosze  Wohlthat  dasz 
Meineke  vor  humane  commoda  sein  Kreuz  gesetzt  und  also 
die  Ueberzeugung  zu  erkennen  gegeben,  dasz  auch  er  alles, 
alles  weitläufig  zur  Rechtfertigung    Beigebrachte  für  unzu- 
treffend hält,    dasz    humatie  nicht  mit   Inut/.wg   verglichen 
werden    kann,     nicht   mit   probe,   pulrhre,    u.    s.    w.      Ich 
iiabe   die    einzige    Conjectur,    die    keinen    Fehler    enthält 
lind    einen    ganz    schönen  Sinn  gibt;    huud  sanc    commoda 
(von  Fröhlich,  wie  gesagt  wird.  Münclicncr  Programm  1827) 
aufgenommen    [hausane].     Kibbeck  hat  geschrieben   homini 
uno.    Wogegen   sich  das  Ohr  sträubt.    Man  sehe  oben   in 
der  Abhandlung  über  die  Verschleifung  die  Verschleifungen 
der  langen  Vocalc.    Und  merke  wohl  dasz  nichts  gefähr- 
licher ist  als  die  Verschleifung  i  u.    Ja  auch  /  u  überhaupt. 
Wie  oben  unter  den  überhaupt  so  wenigen  und  beschränk- 
ten Beispielen   kein  lu  aus  Oden    und  Briefen  sich  zeigte, 
ao  ist  auch  in  den  Satiren  nur  o  si  urnom  II,  6,  8  (Senkung). 


CC  EPIST.   U,  2. 

Albi  ut  male  civat  I,  3,  14.  Und  nach  Einigen  sant  ui 
II,  3,  246.  Und  was  es  damit  auf  sieh  hat,  wird  man 
erst  recht  inne  werden,  wenn  man  einmal  sämmtliche 
Beispiele  aller  Verschleifungen  von  lu  aus  dem  ganzen 
Ovid  ansieht,  wie  ich  sie  von  Viertel  erhalte:  Am, 
II,  7,  26  nisi  ut  indicio,  A.  a.  I,  52  tibi  ut  iuvenias.  Pont. 
I,  2,  3  nasci  ut  posses,  III,  3,  27  niai  ut  haec,  III,  5,  55 
ubi  huc  (aber  andere  Lesart  ut  hucu  Ileroid.  IX,  10  tanti 
ut  tanius.  19,  24  nisi  uti.  20,  3  nisi  ut  ipso.  — 

Mit  lang  /  und  u  kann  ich  noch  die  Stellen  aus  einigen 
Dichtem  anführen,  die  ausLucrez  von  Völck:  die  ttbrigen 
erhalte  ich  von  Viertel.  Die  Betrachtungen  darüber  kann, 
bei  der  kleinen  Zahl  der  Stellen,  jeder  selbst  machen. 

Lacr.  1 1048  largiri,  ut  III    775  immortali  ulla 
II    520  mucroni  utrimque  S«»7  lacerari  urive 

547  iactari  unius  IV    435  labofactari  undique 
771  ticri  ut  032  stomachi  amidulum 

915  vitali  ut  740  tieri  ut 

III    431  sopiti  ubi  VI    97S  toti  ut.  - 
663  ardeuti  ut 

Bei  Catull  11,  22.  prati-ultimi  im  Hypermet^jr 
14,8      8i  ut  57,6      teneUi  utrique 

22,7      novi  umbilici  6S,135  etsi  uno  (in  der  Senkung) 

39,10    si  urbanus  80,5      qui  ut 

Bei  Vergil  sind  nur  folgende  Stellen: 

Ecl.  7,27  si  ultra  (in  der  Senkung)      Ae/i.  V,  274  connixi  umeris. 

8,42  ut  vidi,  ut  perii,  ut  me  VI,  770   si   unquam     (in  der 

malus  abstulit  error.  Senkung). 

Bei  Tibull  und  Properz  ist  keine  derartige  Ver- 
schleifung. 

Bei  Persius  und  luvenal  (s.  Schultz)  at  si  unctus  Pers. 
4,  33  iSenkungi:  tanti  unalxw,  6,  626.  servi  ut  9,  103. 

V.  72  Fcstinat  calidus  mulis  gcrulisque  redemptor.  Das 
soll  man  nun  wieder  glauben  und  sich  daran  abquälen! 
Glücklich  freilich  wer  sagen  kann:  muiis  geruHsque,  abl,y 
^cum  muiis  et  baiulis'l  Erhitzt  durch  Maulthier  und  Trä- 
ger, was  doch  allein  allenfalls  möglich  wäre,  wäre  es  doch 
eben  nur  allenfalls.  Schmidt  sagt :  'einst  fiel  ich  auf  atqui  instat^ 
Ich  war  Ruf  nempe  instat  gefallen.  Dies  habe  ich  aufgenommen. 


EPIST.  U,  2.  CCl 

V.  87. 88  sind  überliefert 

frater  erat  Romae  consuUi  rhetor,  ut  aller 
alterius  sermone  meros  audiret  honores 
Schon  Heinsius  und  Bentley   nahmen   hieran  den  ge- 
bührenden Anstosz.    Und  Meineke  sagt:  quid  hoc  est:  Ro- 
meoHm  parjralrumjuit^  ut  suminis  se  oUm  laudibus  ejferrentf 
and  ffihrt  noch  etwas  weiter  aus,  dasz  dies  Unsinn  ist.   Seine 
sehöne  Ergänzung ,  um  den  angemessenen  Sinn  zu  schaffen; 
frater  erat  Romae  comulti  rhetor,  uterque 
alterius  laudum  sie  admirator  ut  alter 
alterius  sermone  meros  audiret  honores 
habe  ich   natürlich  aufgenommen.     Bentleys  Versuch   tritt 
dag^n  ohne  weiteres  zurück. 

V.  81 — 86.  Nachdem  Horaz  plastisch  genug  den  Lärm 
in  den  Strassen  Roms  geschildert,  dasz  wol  jeder  schon  hie- 
dnrch  von  der  Unmöglichkeit,  dabei  zu  poetisiren,  tiberzeugt 
sein  wird,  nachdem  er  dann  noch  den  allgemeiuen  Zug  der 
Poeten  nach  Einsamkeit  durch  Erinnerung  an  ihr  Aufsuchen 
der  Waldeinsamkeit  vorgestellt ,  soll  er  noch  die  folgende 
Schwerfälligkeit  darauf  gesetzt  haben:  'Und  alle  Studien 
bedürfen  der  groszten  Einsamkeit  und  Stille.  Denn  selbst 
wer  sich  in  dem  schon  an  sich  einsamen  Athen  den 
Studien  widmet,  bedarf  so  groszcr  über  den  Büchern  sich 
abzehrender  Zurückgezogenheit  von  den  Menschen,  dasz  er, 
um  sein  Ziel  zu  erreichen,  sieben  Jahre  sich  so  einsclilieszen 
nrnsz  und  dann  als  halb  Blödsinniger  herauskommt.'  Dies 
musz  doch  mit  dem,  was  wir  in  diesen  Zeilen  lesen,  ge- 
meint sein.  Abgerechnet,  dasz  dies  für  die  Poesie  nichts 
beweist,  ilie  andern  Charakters  sein  könnte,  wie  verkehrt 
ist  es  ausgedrückt!  Die  sieben  Jahre,  das  insenescere  libris 
et  euris  gehörte  logisch  zu  dem  Vordersatz. 

V.  89.  Gracchus  ut  hie  illiy  foret  huic  ut  Mucius  ille. 
Die  allgemeine  Lesart  sämmtlicher  Handschriften  —  ni(*lit 
das  uninteressanteste  Beispiel  der  Art  —  forel  hie  ut  Mu- 
cius  Uli  haben  doch  wirklich,  scheint  es,  selbst  die  conser- 
Tativsten  Herausgeber  aus  ihren  Texten  zurückgezogen.  Ich 
glaube  recht  gethan  zu  haben,  dasz  ich  auch  das  überein- 


CCII  EPIST.   II,   2. 

gtimmeud  überlieferte  Gracchus  gegen  Bentleys  Crassus  ver- 
tauscht habe.  Seine  voi-treflFliche  Anmerkung  weist  über- 
zeugend die  hohe  Wahrscheinlichkeit  nach,  dasz  Horaz 
vielmehr  den  Crassus  mit  dem  Mucius  verband.  Dasz  hie- 
gegen  die  Uebereinstimnuing  aller  Handschriften  in  Gracchus 
auch  nur  das  kleinste  Gewicht  auf  die  Wagschale  lege  musz 
ich  bestreiten.  Ich  kann  dergleichen  nur  für  eine  theoretische 
Fiction  halten.  Wende  ich  mich  in  die  Praxis,  so  gehört 
für  mich  —  abgerechnet  wie  leicht  Gracchus  für  Crassus 
irgendeinmal  sich  einschleichen  und  nach  so  häufiger  Er- 
fahrung in  alle  unsere  Exemplare  sich  fortpflanzen  konnte 
—  so  gehört,  sage  ich,  für  mich  ein  Fall  wie  dieser  zu 
denjenigen,  in  welclien  vielleicht  von  Anfang  an  gleich  die 
ersten  Exemplare,  die  für  die  Oeflfentlichkeit  abgeschrieben 
waren,  einen  solchen  Fehler  brachten,  der  nachher  nie  corri- 
girt  wurde.  Ein  Druckfehler  in  den  ersten  veröffentlichten 
Ausgaben.  Und  dasz  Iloraz  diese  mit  besonderer  Aufmerk- 
samkeit emcndirt  hätte,  ist  gar  nicht  zu  beweisen;  er  möchte 
vielmehr  sich  so  indolent  dagegen  verhalten  haben  als 
Schiller  und  Goethe.  Dasz  die  alten  Autoren  auch  nicht 
alle  Kalligraphen  waren  versteht  sich  von  selbst;  und  Rib- 
beck hat  neulich  zum  Vergil  Gelegenheit  gefunden  daran  zu 
erinnern.  Wie  sehr  das  Publikum  über  solche  Dinge,  wenn 
sie  einmal  in  den  Texten  stehen,  wegliest,  nicht  nur  wo  ein 
Schein  den  Sinn  täuscht,  sondern  auch  bei  vollem  Unsinn, 
auch  dafür  sind  die  Belege  aus  der  Geschichte  der  Schiller- 
schen  und  Goetheschen  Texte  jetzt  hinreichend  bekannt. 

V.  112  et  sine  puudcre  (vgl.  Ars  v.  320)  erunt  et  ho- 
nore  indiijna  fereiitur  (Horkel  emendirt  frueiitur).  Dasz  die- 
ser Vers  den  Verdacht  erregt  unecht  zu  sein,  ist  wol  klar. 

V.  114  et  rersentur  atlhuc  Intra  penctralta  I>A7öe  bleibt 
noch  einer  befriedigenden  Erklärung  bedürftig. 

V.  WSW  uempe  modo  isto,  wie  die  Ueberlieferung  ist,  ist 
bekanntlich  von  Lachmann  zu /w/r/W.  pg.  107  nachgewiesen 
als  unverträglich  mit  dem  prosodischen  Gebrauch  des  Horaz, 
bei  welchem  ein  jambisches  Wort  mit  hochtoniger  Sylbe 
nicht  verschlitTen  wird.  Aber  vioih  sto  hat  sich  keinen  Bei- 


EPIST.   U,   2.  CCIU 

&1I  erwerben  können.  Irgend  eine  Hülfe  aber  musz  doch 
gesueht  werden.  Ich  habe  geschrieben:  nempe  modo  usus 
mit  specieller  Rttckbeziehung  auf  Y.  159:  indem  du  nur  den 
Gebrauch  davon  gemacht  kaufst  du  ihn  allmählich.  —  Wo- 
gegen wol  nichts  einzuwenden.  Denken  könnte  man  auch 
an  perge  modo  uti, 

V.  170  sed  vocat  usque  suum   qua  populus  adsita  certis 
limitibus  vicina  refutpt  iurgia.    Dies  die  fast  allgemein  über- 
lieferte  Lesart.     Horazherausgeber  haben    nichts    dagegen, 
dasz  refngere  auch  einmal  'abwehren   heiszt:    warum  sollte 
nicht  sol  auch  einmal  der  Mond  heiszen?    Und  wenn  das 
nicht,  wenigstens  soll  refugit  gnomischer  Aorist  sein.   Horkel 
kt  sie  erinnert,  dasz  bei  einem  solchen  aogiarcog  noch  aller- 
hand in  Frage  kommt,  Anal,  Hör,  134.  Ich  glaube  er  hätte  noch 
entschiedener  aussprechen  können,  dasz  liier  gar  kein  Fall 
Torliegt,  wo  der  gnomische  Aorist  anwendbar  wäre,  dessen 
Bedeutung  ist,  dasz  etwas  unter  gegebenen  Umständen  jedes- 
mal so  eintritt.   Bentley  erklärt  sehr  schöu  was  der  Latinität 
angemessen  die  Stelle   mit   refugit   allein   heiszen  könnte. 
'Quorsum   autem   refugit  tempore  praeterito?    id  sie  intellige 
tmquam  ea  olim  caussa  manu  sata  esset  populus,  ut  lilem  de 
Jmbus  inter  vicinos  ortam  (besser  wol   iurgia  a  vicinis  orta) 
tedaret.     Refugit  autem  morale  accipies  quasi  dominus  fugi- 
tans  litium   cederet  finihus  vicino,    ut   vel  periculum  litis  vel 
impendia  vitaret.^   d.  h.  also:  er  nennt  alles  sein  bis  an  die 
Stelle  wo   die    einst    den    berichtigten    und    festgestellten 
Grenzen  angesäte  Pappel  wie  ein  friedlicher  Grenzwart  und 
Warner  hingetreten  den  Zänkereien  des  Nachbars  aus>Wch, 
d.  h.  ein  für  allemal  zu  erkennen  gab  dasz  sie  mit  Zänke- 
reien nichts  zu  thun  haben  möge.  Auch  das  ist  ein  Aorist us, 
aber  ein  anderer,  kein  gnomischer.  Und  Sache  und  Ausdruck 
ist  sehr  schön  und  poetisch :  vielleicht  wird  man  meinen  zu 
poetisch  für  die  Stelle:    worüber  sich  zweifeln  liesze.    Ich 
habe  einen  andern  Grund  es  nicht  für  das  Echte  zu  halten : 
nemlich  dasz  es  nicht  den  Gedanken  ausdrückt,  der  für  die 
Stelle  der  passende  scheint.     Was   sagt   der    Besitzer  des 
Ackers,   der  sein  Eigenthum   daran  betont?    Dieser  Acker 


CCIV  ^  EP18T.   U,  2. 

gehört  mir  bis  wo  die  Pappel  die  sichere  Grenze  bezeichnet, 
die  mir  Niemand  beanspruchen  und  nehmen  kann:  'wo  die 
den  berichtigten  und  festgestellten  Grenzen  angesäte  Pappel 
die  querulirenden  Ansprüche  ( —  Querelen  nemlich  können 
es  immer  nur  sein:  das  bezeugt  die  Pappel  — )  zu  nichte 
macht:  reßyit:  w^as  Bentley,  obgleich  es  geringere  Autorität 
hat,  vorzog  und  in  den  Text  nahm.  —  Heiszt  das  aber  re- 
Jigit?  Er  sagt:  'Refiyere  idem  hie  quod  resolvere:  ut  Noster 
Senn,  II ^  3,  v,  KPi  nil  (ujit  exemplum  litem  quod  Ute  resolvU! 
Dem  Sinne  nach  dasselbe,  ob  der  Metapher  nach  bleibe 
dahingestellt.  Was  hat  sich  aber  Bentley  wol  bei  refgit 
Utes  gedacht?  An  blosze  Uebertragung  von  leges  reßgere 
scheint  er  nicht  gedacht  zu  haben:  wol  mit  Recht:  sondern 
ich  meine:  eine  aufgehängte  Tafel,  auf  welcher  der  ange- 
meldete Procesz  und  der  Termin  aufgeschrieben  ist  und  die 
augenblicklich  wie  es  zur  Untersuchung  des  Richters  kommt 
abgenommen  wird,  weil  die  Klage  sich  gleich  als  unzulässig 
erweist.  ^Reßgit  iurgiUy  quae  quovis  tempore  inter  vicinos 
de  cotistUuendis  ßnibus  exercUari  possinC  (besser  a  vicinis  — 
exercitari),  Horkels  reßngit,  welches  Meineke  aufgenommen, 
ist  wol  ein  recht  schöner  Einfall :  vielleicht  sagt  es  aber  etwas 
zu  wenig:  'es  setzt  ihnen  einen  Damm  entgegen,  bricht  ihre 
Macht.'  Ich  mochte  reßyil  noch  nicht  entfernen.  —  Ribbeck 
schlägt  noch  vor  rofutut,  —  Etwas  schöner  als  reßgit  wäre 
noch  reßxit:  'bei  ihrer  Anpflanzung  ein  für  allemal  besei- 
tigt hat.' 

V.  180 — 183.  Was  diese  Verse  hier  sollv  {gemmas  bis 
habere)  verstehe  ich  nicht  und  musz  sie  für  ungehörig  halten. 
Das  Folgende :  warum  überhaupt  die  Menschen  so  verschieden 
zum  Besitze  stehen,  dasz  selbst  von  zwei  Brüdern  der  eine 
nicht  für  alle  Reichthümer  ein  müsziges  Schlaraffenleben 
hingeben  möchte,  der  andere  nie  reich  genug  sein  kann  und 
für  immer  gröszern  Reichthum  sich  abarbeitet,  weisz  ^der 
Genius.  Ich  werde  in  diesem  Punkte  mich  so  verhalten 
....  Dies  ich  vermisse  ich.  Ich  habe  es  eingesetzt  durch 
ein  ego,  welches  ich  V.  182  zwischen  toUam  und  nee  ein- 
geschoben. 


EPIST.   n,   2.  CCY 

V.  199  pauperies  —  Ein  Einblick  in  die  Angtibe  der 
Lesarten  lehrt;  dasz  sie  zurückgehen  auf  einen  Vers,  in  dem 
ein  Wort  ausgefallen  war,  nemlich  pauperies  immvnda  pro- 
cvl  abrit:  ego  utntm ,  dasz  dieser  Ausfall  nachher  ergänzt 
wurde  durch  ein  an  den  Band  geschriebenes  oder  fiberge- 
sehriebenes  dummes  domus,  welches  dann  theils  wohin  e^ 
sollte  vor  proeul,  theils  falsch  nach  procul  geschrieben  ward. 
Ein  Codex  bietet  eine  Ergänzung  durch  ein  zweites  pronil: 
pauperies  immunda  proeul  proeul  ahsit:  unerträglich  unpassend 
für  die  Stelle:  wie  schon  mehrere  geurtheilt,  auch  Meineke, 
der  die  Lücke  in  seinem  Texte  unausgefüllt  liesz  und  schrieb 
pauperies  immunda  .  .  .  proeul  ahsit.  Bentley  hat  freilich 
proeul  proeul  in  seinen  Text  genommen.  Doch  setzt  er 
liinzu:  poteris  etinm  sie  re fingere:  pauperies  immunda  proeul, 
frccor,  ahsit:  Und  dies  ist  so  trefflich  und  pa«»send,  da«z 
man  keinen  Augenblick  hätte  Anstand  nehmen  sollen  es  ein- 
2ti3etzen. 

V.  205.  Horaz  hat  sich  selbst  vemiahnt  und  verhört  von 
V.  145  an  meeum   loquor  haee   taeitusque  reeordor.     Zuerst 
Über  seine  Stellung  zum  Gel  de.    Von  dem  Vonvurf  in  dieser 
Hinsicht  absolvirt  er   sich  hier  und   entläszt  sich:    non  es 
ararus:  ahi.  Andere  Pmikte  mit  ähnlicher  Ausführlichkeit  zu 
keliandeln  ist  er  nicht  in  der  Laune  oder  in  dem  Flei«ze. 
Auch  ist  der  Brief  für  einen    Brief  allerdings    lang   genug 
fewordeu.    Er  geht  also  eine  Reilie  anderer  Punkte,  von 
denen  man  sich  auch   zu   befreien   die  Pflicht  hat,  in   den 
fragenden  Versen  ganz  kurz  durch.     Dies  ist  nun  ganz  gut 
und  verständlich  bis  2 1 3.   Aber  von  da  an  rirere  si  reete  — 
«nd  die  vier   noch   übrigen    Verse   sch^vierig.     Wovon   die 
Hauptschuld  eben  dieser  Vers  rirere  si  reeie  neseis  deeedp 
peritis  trägt.     Stände  doch    nur   da:   'wenn  du  nicht  nach 
den  Regeln  der  Vernunft,  der  Philosophie  zu  leben  verstehst, 
80  wende  dich  an  diejenigen,  die  es  verstehen,  d.  h.  lerne 
es  durch  eifriges  und  fortgesetztes  Studium  der  Philosophen. 
Und  es  ist  Zeit.    Ludiera  getrieben  —  Poesie  und  sonstige 
Lebensfreuden  hast  du  genug.   Es  ist  in  deinem  Alter  über- 
haupt dazu  nicht  mehr  die  passende  Zeit.     Damit  nicht  es 


CCVI  EPIST.  U,   2. 

dir  ergehe,  wie  einem  Alten,  der  sich  seiner  Jahre  verges- 
send beim  Gastmahl  abemimmt  und  von  der  Jugend  ge- 
höhnt wird/ 

Der  hier  vorausgesetzte  Zwischen^edanke :  ^und  es  ist 
Zeit'  fehlt  gar  gut  dem  bezeichneten  knappen  Gange  des 
ganzen  Schlusses.  Aber  nun  steht  nicht  da:  Svenn  du  nicht 
richtig  zu  leben  verstehst,  wende  dich  an  die,  welche  es 
verstehen,'  sondern  'tritt  ihnen  den  Platz  ab'.  Ich  finde  bei 
Schmidt  dies  alles  eingesehen  und  erklärt:  devede  wie  man 
einer  hohen  Person,  einem  Consul,  aus  dem  Wege  tritt. 
Das  wäre  also:  huldige  denen,  die  es  verstehen,  bezeige 
ihnen  deine  Achtung,  Aber  das  ist  nicht  der  Begriff^  den 
wir  brauchen,  so  salop  spricht  Horaz  nicht.  Wir  können 
nicht  das  (hcede  brauchen.  Ein  uccedas  ad  wäre  was  wir 
brauchten.  Auch  concede  wäre,  nicht  das  Rechte. 

Es  wird  also  wol  das  Gerathenste  sein  das  vivere  si 
recte  nescis  decede  peritis  fftr  eine  beigeschriebene,  und  zwar 
insipide  Sentenz  zu  nehmen  und  nach  Entfernung  dieses 
Verses  zu  verstehen:  Thust  du  das  und  das?  Und  —  denn 
was  hilfts  V(m  vielen  Dornen  eine  zu  entfernen  —  gethan 
musz  es  werden.  Die  Zeit  der  Itidicra  ist  ja  jedenfalls  für 
dich  vorüber.  Das  letzte  gleich  mk  dem  genau  auch  für 
das  eigentlich  gemeinte  treft'enden  lushti  eingeführt  und 
gleich  hinübergeführt  in  den  Vergleich  des  bei  dem  Gelage 
seine  Zeit  vergessenden  Alten. 

Einige  Herausgeber  lassen  wirklich  mit  dem  vivere  si 
rede  fiescis  devede  peritis  den  Horaz  sich  die  Vorschrift  geben: 
wenn  du  nicht  nach  den  Gesetzen  der  Vernunft  zu  leben 
verstellst,  so  nimm  dir  das  Leben.  Für  den  Horaz,  wäh- 
rend er  sich  deutlich  selbst  anspricht,  sehr  komisch.  Selbst 
aber  für  den  strengen  Stoiker  wäre  doch  die  Regel  diese:  nimm 
dir  das  Leben,  wenn  du  angemessen  leben  nicht  kannst, 
wenn  Umstände,  wenn  äuszerer  Zwang  dir  die  Freiheit  der 
Tugendübung  nehmen,  'si  ulfimae  necessitates  inciderunf 
Sen.  Ep,  17,  9.  Ueberhaupt  es  wäre  nicht  absurd,  von  dem 
der  sich  unfähig  zeigt  den  Forderungen  der  Tugend  zu  ent- 
sprechen, von    dem   also   als  Heilmittel  die    schwerste   zu 


DE  ARTE  POETICA.  CCVII 

TerJangen?  von  der  Seneca  erst  den  Beweis  zu  führen  für 
nöthig  hält,  es  sei  nicht  richtig  zu  glauben,  sie  könne  nur 
von  Cato  geübt  werden,  Ep.  70,  19. 

Liber  de  arte  poetica.  (Epistiilarum  liber  111.) 

Art  und  Gang  des  Gedichts. 

Die  lose  epistolische  Manier,  welche  sich  Horaz  in  dem 
«pätem  Stadium    seiner  Schriftstellerei    bequem  und  ange- 
messen fand,   wie  ich    darüber   meine  Anschauuugen    zum 
ertten  Briefe  ausgesprochen,  befolgte  er  in  dieser  Ars  poetica 
noch  mit  besondemi   Bewusztsein.    Denn    bei    diesen  Vor- 
gehriften,  welche  einem  fest  zu  haltenden  wissenschaftlichen 
^  Thema  galten,    welche  schon  durch    ihren  Umfang,    wenn 
auch  nur  das  Nothwendigste  vorschwebte,  den  epistolischen 
Charakter  etwas  ändern  muszten    (denn  es  gilt  aucli  von 
Kunstformen    was  ich   von  Physikern   hurte:    die  Quantität 
ändert  die  Qualität)    suchte  er    nichts   mehr  zu    vermeiden 
als  den  Schein  eines  Gebäudes,  eines  Lehrgebäudes.  Locker 
gefügte  Vorschriften  sollten  es  bleiben:  ausführlicher  zu  Be- 
rührendes lieber   getrennt  erscheinen   lassend,    hier  und  da 
wieder  auftaucliend,  ala  in  ein  zusammenhängendes  *  Kapitel' 
zusammengefaszt.    Die    einzelnen   Vorschriften,    in  guomen- 
ähnlicher  Selbständigkeit   hingestellt,    je    nachdem  sie   sich 
ansprechender    behandeln  lieszen    mit    mclir  oder  weniger 
Ausdehnung:    ge>vissermaszen    kleine    Eidyllicn    für    sich. 
Keine  Partikeln  vermitteln  die  Uebergängc.     Ein  loser  ge- 
heimer, psychologischer  Faden  ist  wol  vorhanden.    Aber  er 
>rill  nicht  gezerrt  sein:  sonst  reiszt  er.    Mir,   indem  ich  sei- 
ner Windung  leise  und  ohne  Gewaltsamkeit   nachging,  ent- 
schwand er   nur  an  zwei  Stellen.     Diese  will   ich  hier  so- 
gleich bezeichnen.    Bei  V.  136   nee  sie  incipics  ut  svriplor 
cyrlicus  olim:  und  so  habe  ich  diese  Verse  bis  \b2primone 
metlium^    medio  ne  discropet  imum  hier    fortgenommen    und 
hinter  V.  37  gestellt,  wo  sie    vorti-eflflich  hinpassen.    Und 
zweitens  bei  V.  332  aut  prodosse  volunl  aut  delectare  poetae 
bis  346   hie   meret  aera    liber  Sosiis,    hie  et  mure  transit  et 


CCVin  DE  ARTE  POETICA. 

Ion  ff  um  noto  scnptori  prorotjat  arvum.  Ich  habe  ihnen  ihren 
passenden  Platz  hinter  V.  308  angewiesen. 

Die  Ars  poetica  enthält  theils  Vorschriften  über  Poesie 
überhaupt ,  theils  über  dramatische  Poesie  insbesondere. 
Aber  auch  in  den  allgemeinen  Vorschriften  über  Poesie  ist 
eine  Neigung,  die  Beispiele  aus  dem  Drama  vorzugsweise 
zu  wählen.  Z.  B.  wenn  in  der  Signatur  verschiedener  in 
der  griechischen  Poesie  herkömmlichen  Heroen-Charaktere 
(V.  120)  die  Beispiele  vorzugsweise  aus  der  griechischen 
Tragödie  sind,  während  die  Schilderung  eben  so  wohl  gel- 
ten soll,  wxnn  jemand  sie  z.  B.  zum  Gegenstande  des  Epos 
macht.  Aber  freilich  hatte  das  Griechische  Epos  so  hervor- 
stechend und  glänzend  ausgebildete  Charaktere  nicht  aufzu- 
weisen, mit  Ausnahme  des  Homerischen,  dessen  Achilles 
auch  hier  gleich  an  die  Spitze  gestellt  ist. 

Ferner  spaltete  sich  ihm  sein  Thema  \^ieder  in  so  fem 
als  er  theils  objective  Vorschriften  über  Forderungen  der 
Poesie  zu  geben  hatte,  theils  Vorschriften,  Mahnungen,  War- 
nungen, und,  wenn^s  trifft,  —  Hiebe  für  das  dichtende  Sub- 
ject  mit  besonderer  Rücksicht  auf  die  Römischen  Leute. 
Diese  letzte  Partie  nun,  wiewol  am  Schlüsse  ihre  besondere 
Stätte  findend,  durchzieht  doch  das  Ganze  hier  und  dort. 
Im  groszen  ist  der  specifisch  dramatische  Theil,  welcher  mit 
V.  153  beginnt,  eingeschlossen  von  dem  allgemeinen  Theil 
und  dem  subjectiven  Theil. 


Die  erste  aller  Forderungen  wie  an  ein  jedes  Kunst- 
werk so  an  ein  poetisches:  es  nmsz  ein  einiges  und  ein 
Ganzes  sein  1 — 24.  Wenn  dagegen  durch  Auswüchse,  durch 
aufdringliche  Hervorhebung  gar  nicht  hingehöriger  oder 
untergeordneter  Partien  so  häufig  gefehlt  wird,  was  ist  der 
Grund  dieses  Fehlers?  Der  Grund  dieses  Fehlers  wird 
kunstvoll  so  ausgedrückt,  dasz  zugleich  eine  zweite  häufige 
Schwachheit  der  Schriftstellerei  berührt  wird,  die  Uebertrei- 
bung  in  einer  ganz  berechtigten  Richtung,  welche  Ueber- 
treibung  zum  Fehler  führt.  So  auch  führt  die  Uebertreibung 


DE  AKTE  POETICA.  CCIX 

itt  dem  an  und  für  sich  berechtigten  Streben  nach  Abwechs- 
lung (Scheu  vor  der  Einförmigkeit'  zu  dem  genannten  Fehler 
des  Mangels  an  Einheit  durch  Anbringung  ungehöriger  Epi- 
soden. 24 — 32.    Allein  das  gerade  unterscheidet  den  Künst- 
ler vom  geschickten  Handwerker,  der  einzelne  Theile  treflf- 
Uch  zu  bilden  verstellt,  aber  ein  Ganzes  herzustellen  nimmer. 
32—37.     Für    den  Anfang    deines    poetischen    Kunstwerks 
wirst  du  dich  in  Acht  nehmen,    nicht  in    gespreiztem  Ton 
zu  beginnen,  wo  du  dann  (was  sogar  lächerlich  herauskom- 
men kann)  weder  die  erregten  Erwartungen  noch  den  hohen 
Ton  wirst   halten  können.    Sieh  wie  klug  und  musterhaft 
es  auch  hierin  Homer  macht :   der  klein  anfängt  und  dann 
allmählich  jene  bekannte  Menge  wunderbarer  Geschichten 
auftauchen   läszt ,  und  bei  dieser  groszen  Mannichfaltigkeit 
zugleich  das  herrlichste  Muster  wird  für  die  Forderung  von 
der  wir  ausgingen,  das  Störende  auszulassen  und   abzuweh- 
ren und  ein  Ganzes  zu  schaffen,  prhnum  ne  viedio,    medium 
ne  discrepet  imo.     V.    136 — 153    nach    der    gewöhnlichen 
Stellung:  doch  hierher  gehörend,  s.  S.  CCVH. 

Bei  80  schwieriger  Aufgabe  sehe  jeder,  dasz  er  sich  ein 
Thema  wähle,  dem  seine  Kräfte   gewachsen    sind.    Dann 
werden  sich  ihm  zunächst  zwei  elementare  Forderungen  be- 
friedigen,   der  Ausdruck    (wie  man  zu  sprechen  hat)  und 
durchsichtige  Anordnung.  37 — 42.  Die  Ordnung  —   über  die 
sich  im    allgemeinen    nicht   viel    sagen  läszt  —   besteht  in 
weiser  und  vorsichtiger  Aussparung.  42—45.    Diese  vorsich- 
tige Enthaltsamkeit  ist  auch  für  den  Ausdruck  eine  Haupt - 
regel.    Man  hat  nicht  immer  gleich  auf  neue  Worte  auszu- 
geben :   vielmehr  die  bekannten  Worte  mache  man  gleich- 
sam neu   durch  geistreiche  Verbindung.    Allein  das  Recht 
neue  Worte  zu    bilden  wo  es  nöthig  ist  um  neue  Begriffe 
auszudrtlcken  lasse   man  sich  ja  nicht    nehmen.    Und  sie 
werden  sich  Eingang   verschaffen,  wenn  bei   ihrer  Bildung 
gewisse  Regeln  befolgt  sind.  —  Ton  und  Ausführlichkeit  dieser 
Partie  weist  dahin  dasz  Polemik  gegen  eine  gewisse  Partei 
geführt  wird.  —  Aber  stets  hat  der  Sprachgebrauch  in  sei- 
nem Bestände  Wechsel   erfahren  und  er  ist  eben  so  wenig 

Lehxs,  Uoratiofl.  0 


CCX  DE  ARTE  POETICA. 

beettadig  als  irgend  ein  menschliches  Werk.  45 — 73.  Sehr 
natürlich  schlieszt  sich  an  den  Ausdruck  das  Versmasz.  Für 
jede  Gattung  der  Poesie  ist  vom  Ursprung  her  ihr  geeig- 
netes Versmasz  bestimmt.*)  Nach  welchem  sich  auch  (V.  86) 
der  Ton  zu  individualisiren  hat.  Und  das  ist  so  wesentlich, 
dasz,  wer  das  nicht  kann,  oder  nicht  lernen  will,  den  Namen 
eines  Dichters  ganz  mit  Unrecht  führt.  73—92.  Z.  B.  der 
tragische  und  komische  Ton  wie  verschieden.  Freilich  auch 
er  wieder  zu  individualisiren  bis  auf  einen  gewissen  Grad, 
nach  den  Stimmungen.  Da  wird  leidenschaftliche  Erhebung 
nöthig  in  der  Komödie;  Herabstimmung  zum  Rührenden 
in  der  Tragödie.  92 — 99.  Denn  kommt  mir  einer  in  ge- 
demüthigter  Situation  mit  dem  groszen  tragischen  Pathos, 
so  wird  er  seinen  Zweck  zu  rühren  nicht  erreichen.  Und 
doch  ist  auch  das  eine  aufzustellende  Forderung  der  Poesie, 

♦)  Dies  —  denn  es  wird  auch  miszverstanden  —  ist  der  allgemeine  Ge- 
danke, den  Horaz  nicht  allgemein,  sondern  wie  er  oft  thut  dorch  lebendige 
Einzelheiten  ausspricht.  In  welchem  Versmasz  die  hohen  epischen  Thaten 
zu  schreiben  seien  hat  Homer  gewiesen.  Das  elegische  Versmasz -nahm  sich 
erst  Klage,  dann  Freude  zum  Gegenstande :  wer  es  zuerst  gewiesen,  kann 
ich  nicht  sagen,  denn  darüber  sind  die  Gelehrten  nicht  einig.  Den  Ar- 
chilochus  machte  der  Zorn,  als  er  nach  einer  Waffe  sachte,  zum  Er- 
finder des  ihm  eigenthttmlichen  lambus.  Ich  glaube  proprio  ist  prä- 
gnant: ihm  eigcnthümlich  angehörend,  sowol  weil  ihn  bisher  niemand  be- 
sasz  als  weil  sein  Jambischer  Vers  ein  eigenthümlicher  war.  Den  lam- 
bus (wenn  auch  nicht  in  der  Archilochischen  Eigenthümlichkeit  des 
Baues)  nahmen  nachher  auch  Tragödie  uud  Komödie  an,  weil  er  sich 
auch  als  den  geeigneten  Vers  für  Dialog  und  Action  erwies.  Den  meli- 
schen  Rhythmen  hat  es  die  Muse  verliehen  zu  ihrem  Gegenstande  zu  haben 
dies  und  dies  -  .  Das  alles  ist  so  gleichförmig,  doch  dabei  vonMannich* 
faltigkeit  und  lebendigen  Zügen  so  umspielt,  so  volls&ndig  und  so  lücken- 
haft, so  redend  und  so  andeutend,  als  zugleich  dem  Zwecke,  der  einen 
allgemeinen  Gedanken  durch  Exemplification  auszusprechen  hatte,  und 
der  Grazie  genügte.  —  Man  fragt  unter  anderem,  ob  denn  di^ historischen 
Bemerkungen  hier  den  Pisonen  (besser  wol  dem  Publicum,  das  sich 
Horaz  dachte,  denn  nicht  für  die  Pisonen  schrieb  er  die  Ars  poetica^ 
unbekannt  gewesen.  Man  sagt  ja  aber  nicht  allein  Dinge,  welche  den 
Lesern  unbekannt  sind,  sondern  man  deutet  auch  auf  bekannte,  zu  ver- 
schiedenen Zwecken.  Jedenfalls  sind  die  hier  vorkommenden  Bemer- 
kungen lange  nicht  so  bekannt  als  etwa  Syllaha  longa  brevt  subiecta 
vocatur  iainbus. 


DE  ARTE  POETICA.  CCXl 

dasz  sie  nicht  eine  kalte  Schönheit  sei,  sondern  einschmei- 
chelnd. Dazu  gehört,  dasz  jede  Rolle  selber  den  Aasdruck 
trage,  die  in  Worten  erscheinende  Stimmung  des  Innern 
Herzens,  die  sie  bei  dem  Hörer  erregen  will.  Spricht  einer 
in  anderm  Ton  als  seine  Lage  es  erheischt,  so  wird  er 
«ich  bei  jedem  gebildeten  Zuhörer  lächerlich  machen.  99 — 11 3* 
Demgemäsz  hat  auch  in  anderm  Ton  zu  sprechen  jede  Indi- 
Tidoalitftt  nach  Stand,  Alter,  Nationalität,  Charakter.  113 — 
125.  Und  folgst  du  nun  der  Mythe  oder  Geschichte,  so  hast 
du  die  bereits  gestalteten  und  ausgeprägten  Persönlichkeiten 
festzuhalten.  Bringst  du  selbst  einen  neuen  Charakter  auf 
die  Bflhne,  so  gieb  auch  diesem  ein  llbereinstimmendes  Ge- 
pTige  von  Anfang  bis  zu  Ende.  120.  125—128.  Das  ist 
freilich  schon  deshalb  schwer,  weil  das  Individualisiren 
schwer  ist  [allerdings  der  allergewöhnlichste  Fehler  der 
Dilettanten  und  mäszig  begabten  Dichter:  sie  bilden  den 
Schemen  eines  Republikaners  z.  B.,  aber  die  bestimmte  Indi- 
vidualität eines  Verrina,  eines  Robespierre,  eines  Washington, 
das  bringen  sie  nicht  zu  Stande].  Damm  ist  es  vielmehr  zu 
rathen,  dasz  man  eine  bereits  geschaffne  Figur  groszer  Dich- 
ter wieder  vorführt.  128  —  131.  Und  es  wird  ein  allgemein 
bekannter  StoflF  doch  als  dein  Eigenthum  gelten,  wenn  du 
nicht  den  wörtlichen  Uebcrsetzer  noch  den  zu  eingeengten 
Nachahmer  machst.  131 — 136. 

Von  V.  153  an  wird  nun  ganz  speciell  auf  die  Forderun- 
gen des  Dramas  eingegangen.  Im  Vordergrunde  steht  dabei 
vorschwebend  die  Tragödie :  aber  es  ist  doch  das  Hauptsäch- 
lichste, und  wird  es  auch  allgemein  genug  ausgesprochen, 
auch  für  das  Drama  überhaupt  geltend. 

1.  wird  gleichsam  die  elementarste  aller  Forderungen 
aufgef&hr|;  an  den,  der  sein  poetisches  Kunstwerk  aus  lauter 
g^;enwäjrtig  auftretenden  Menschen  zu  bilden  hat,  gleichsam 
die  erste  nothwendige  Formirung  dieses  Materials  zu  dem 
wa»  ein  jeder  an  sich  trägt,  ja  eben  im  Drama  schon  in 
änszerer  Erscheinung  vor  sich  herträgt,  ein  bestimmtes 
Lebensalter.  Bis  179. 

Es  ist  gewis,  dasz  Horaz  diese  Schilderung  der  Lebens- 

0  2 


CCXII  DE  ARTE  POETICA. 

alter  absicbtlicli  abgetrennt  bat  von  der  Partie  114—125, 
wobin  sie  naeb  einer  Kapiteldisposition  scbon  geboren  würde. 
Naeb  welebcm  Gedanken  er  sie  immer  noeb  abtrennen 
konnte  und  bier  an  die  Spitze  setzen,  babe  ieb  gesagt. 
Wanmi  er  es  lieber  tbun  mocbte?  Theils  um  bier  einen  büb- 
scben  Anfang  zu  gewinnen  über  die  Personen  des  Dramas, 
ebe  auf  die  Handlung,  die  Disposition  u.  s.  w.  eingegangen 
wird,  tbeils  weil  er  diesem  abgescblossenen  und  con  amore 
gezeicbneten  Bildeben  einen  Platz  für  sieb  und  einen  ber\'or- 
stebenden  Platz '  gewüliren  wollte.  —  Hier  würde  mir  die 
Frage  nicbt  unbereebtigt  scbeinen,  warum  er  niebt  nocb  die 
Lebensalter  der  Frauen  berübrt,  die  Alte,  die  Matrone,  das 
Mädeben.  Die  Antwort  kann  nur  die  sein,  dasz  wir  aiicb 
daraus  zu  lernen  baben,  in  welcber  Art  überbaupt  Horaz 
die  Ars  poeiica  scbrieb  und  scbreiben  wollte. 

2.  Riebtige  Wabl  in  dem  was  zu  erzäblen  ist  oder  vor 
den  Augen  des  Zuscbauers  agirt  werden  darf.  179—189. 

3.  Nicbt  zu  kurz  und  nicbt  zu  lang:  die  berkömmlicben 
fünf  Acte.  1S9.  190. 

4.  Die  Lösung  nicbt  durcb  einen  deus  ex  mackina,  wenn 
nicbt  eine  besondere  Recbtfcrtigung  dafür  vorbanden  ist.  19  L 

5.  Der  Dialog  zwiscben  drei  Scbanspielern  gebalten, 
nicbt  eine  vierte  Person,  die  sieb  immer  in  den  durcb  drei 
abgerundeten  Dialog  nur  einzudrängen  baben  wird.  192. 

6.  Bebandlung  des  Cbors.  Seine  Aufgabe.  Und  beson- 
ders aucb  Erfüllung  der  Aufgabe  Leliren  und  Ermabnungen 
auszusprecben.  Denn  (202  — )  es  bat  sieb  ebmi  die  Tragödie 
von  kleinen  AnfHngen  allmäblicb  —  unti  dies  kommt 
ganz  besonders  in  dem  Cbor  zur  Erscbeinung  —  zu 
einer  Erbabcnbeit  und  orakelartigen  Höbe  emporgebildet. 
192—220. 

7.  Diese  Erbabenbeitsgesetze  würden  freilieb  wenig 
passen  für  das  Drama  des  Satyrspiels,  welcbes  mit  der 
Tragödie  entstand,  welcbes  die  Götter  und  Heroen  der  Tra- 
gödie aucb  auflFübrt,  aber,  wie  sie  diese  docb  in  ein  anderes 
Element  fübrt,  andere  Gesetze  als  die  Tragödie  bat,  —  sie 


DE  ABTE  POETICA.  CCXIII 

werden  angegeben,  —  welche  schwer  genug  zu  erreichen 
sind,  schwerer  als  es  dem  Unkundigen  erscheint,  um  das 
Bechte  zu  treffen  in  jener  Mittelfarbe  zwischen  Heroenthum 
und  gewöhnlichem,  ja  komischem  Leben.  220—250.  — 

8.  Kunstmäszige  Behandlung  des  vorzugsweise  drama- 
tischen Verses,  des  iambischen  Trimeters.  Worin  die  Römer 
80  schrecklich  von  der  Griechischen  Vollkommenlieit  abge- 
wichen sind.  Freilich  unsere  Vorfahren  haben  sich  auch 
die  Plautinischen  Verse  gefallen  lassen.  Doch  ihnen  ge- 
fielen ja  auch  die  Plautinischen  Witze,  beides  mit  demselben 
Mangel  an  Geschmack.  Und  unsere  Dichter  sind  mit  sol- 
chen Maszstäben  nur  zu  leicht  zufrieden.  Denn  während 
man  es  bei  den  römischen  Dichtern  loben  rausz,  dasz  sie 
den  Muth  hatten,  die  dramatischen  Kunstgattungen  wie  sie 
von  den  erfindungsreichen  Griechen  erfunden  und  ausgc- 
bildet  waren  in  Tragödie  bis  zur  neuen  Komödie  (275 — 284), 
nachzubilden,  ja  auch  durch  Anwendung  vaterländischer 
Stoffe  -originell  zu  erweitern,  fehlt  —  Arbeit  und  Feile.  Ja 
de  meinen  das  durch  verrückte  äuszerlichc  Genialitäten  er- 
setzen zu  können:  in  die  einsamen  Wälder  laufen,  langen 
Bart  stehen  lassen.  Ach  ich  verkehrter  Mensch !  was  könnte 
ich  für  ein  Dichter    sein,    wenn  ich    nicht   die  Gewohnheit 

.  hätte,    gegen  die  Melancholie  ärztliche  Vorbeugung  zu  tref- 
fen.   Nun  was  zu  thun!    Da  musz  ich  mich  denn  darauf 
beschränken  das  eigne  Poctisiren   aufzugeben  und  nur  den 
Anweiser  zu  machen.  Bis  309.  Auf  diese  liebenswürdige  Art 
hat  er  sich  den  Uebergang  bereitet  wieder  in  den  Vorschriften 
fortfahren  zu  können.    Für  den  neuen  Ansatz  paszt  es  sehr 
wohl,  wenn  die  Vorschriften,   es    sind  noch    zwei,    wieder 
einen  etwas  allgemeinem  Charakter  annehmen,  wiewol  auch 
wieder  vorzugsweise  Rücksicht  und  Anwendung  aufs  Drama 
sichtbar  wird. 

9.  (A)  aut  prodessc  volujit  aut  deleclarc  poetae  —  ent- 
weder nützen  wollen  die  Dichter  oder  unterhalten  —  wer 
beides  zu  verbinden  versteht  ist  des  allgemeinen  Beifalls 
am  sichersten.  Vorschrift  für  das  Lehrhafte  (V.  335.  336  sind 
wie  ein  Motto,  das  sich  Horaz  selbst  für  seine  Ars  poetica 


CCXIV  DE  ABTE  POBTICA. 

vorgeachrioben  hätte  — ),  für  das  auf  Uuterhaltuug  und  Ver- 
gnügung Berechnete.  333 — 347  nach  gewölinlieher  Zählung.*) 
10.  (B)  Für  alle  Schriftstellerei^  die  gelingen  soll,  ist 
das  Erste  dasz  der  Schriftsteller  sich  mit  Stoff  bereichere, 
woraus  dann  der  Ausdruck  (was  man  die  Personen  hat 
«agen  zu  lassen)  wie  von  selbst  folgen  wird.  Stoif  schafit 
man  sich  durch  moralisch  philosophische  Studien ,  wie  sie 
in  den  aus  Sokrates  hervorgegangenen  philosophischen 
Schriften  zu  finden.  310 — 317.  Dann  durch  Beobachtung 
des  Lebens  selbst.  Sehen  wir  ja  wie  das  aller  Kunst  und 
Kunstschönheit  entbehrende  Volksdrama  das  Publicum  fes- 
tselt  blos  durch  Lebenswahrheit  in  der  Sittenschilderung 
{bene  morata).  309—323.  Aber,  wie  gesagt,  bei  uns  ist  der 
wahre  Ernst  für  die  Kunst,  ganz  anders  als  bei  den  musen- 
begabten Griechen,  niedergehalten  durch  die  Richtung 
auf  Gewinn  bringende  Beschäftigung,  die  schon  in  der 
Jugenderziehung  sich  geltend  macht.  Bei  solcher  Richtung 
sollen  wir  erwarten  vollkommene  Dichtungen  zu  schaffen? 
323 — 333.  Dabei  will  ich  aber  nicht,  dasz  man  kleine  und 
hin  und  wieder  vorkommende  Versehen  zu  streng  anrechne; 
dergleichen  begegnen  bisweilen  den  gröszten  Dichtem  347— 
362.  A}>er  Regel  bleibt  die  Vollkommenheit:  und  wie  es 
Bilder  giebt,  die  unter  gewisser  Beleuchtung  \mA  Entfernung 
gefallen,  st>lche  die  man  einmal  wol  gern  sieht,  andere  die 
man  immer  und  immer  wieder  mit  Beifall  sieht,  die  kein 
noch  so  kritisches  Auge  zu  scheuen  haben,  so  musz  die 
Poesie  nach  der  letzten  Art  streben,  welche  das  Vollkom- 
menste repräsentirt.  Denn  in  der  Poesie  iff  Mittelmäszig- 
keit  vor  Gr^ttern  und  Menschen  unerlaubt.  Wie  verbreitet 
auch  bei  unscrn  Dichterdilettanteu  die  Ansicht  ist,  dichten 
müsse  ihnen  doch  erlaubt  sein  ohne  sich  dabei  das  Leben 
zu  siiuer  zu  machen  mit  viel  Anstrengung  und  Unterwerfung 
unter  das  Urtheil  eines  strengen  und  unparteiischen  Censors. 


*)  V.  ;i09  scnbcndi  -  ff.  schlieszt  sich  zwar  an  308  auch  gansgut 
*n,  aUein  33;>  ant  proth'ss^  —  sehr  schwierig  an  332  posse  Umendm, 
l>io  vorgotiommcno  rmstellung  der  boiilen  Vorschriften  hebt  dies. 


DE  ABTE  POETIGA.  CCXV 

Die  Karikatur  dieser  Ansichten  wird  big  zum  Schluaz  con 
amore  und  in  der  besten  Horazisclien  Satirenmanier  aus- 
geführt. 

Fehlende  Verse. 

Es  hat  mir  an  ein  Paar  Stellen  nöthig  geschienen,  den 
Ausfall  eines  Verses  anzunehmen.  V.  31  will  nicht  der 
faber  imus,  aber  auch  der  faber  unus  nicht  seine  Schuldig- 
keit thun.  Mir  scheint  hinter  33  (ej^pHmet)  —  ein  Vers 
ausgefallen,  und  faber  unus  zu  heiszen :  bei  dem  iudus  Aemi- 
üus  wird  ein  faber  Nägel  und  Haare  vorzüglich  bilden,  ein 
andrer  (das  besagte  der  ausgefallene  Vers  mit  einem  alius 
oder  nie)  diese  oder  jene  Theile. 

Femer  bei  der  Regel  über  Bildung  neuer  Wörter  heiszt 
es  V.  52  et  nova  ßctaque  nuper  habebunl  verba  Jtdem  si 
graeco  fönte  cadant  parce  detorla.  Sollte  diese  eine  Vor- 
schrift alles  sein?  Ich  denke  es  fehlt  hinter  52  ein  Vers, 
welcher  dann  ebenfalls  schloss  mit  st]  ^aul  sP  graeco  f  c. 

Nach  V.  60  ul  silvae  folm  pronos  mutantur  in  annos 
seheint  ein  Vers  ausgefallen.    S.  daselbst  unter  'Lesarten . 

Umgestellte  Verse. 

Von  der  Umstellung  zweier  langem  Stellen  habe  ich 
oben  gesprochen. 

Dann  habe  ich  den  Vers  364  iudicis  nryutum  quae  non 
formidat  acumen  hinter  365  gestellt.  Nicht  ganz  durchaus 
nothwendig.  Ich  glaube  aber,  dasz  wer  es  überlegen  will 
es  doch  sehr  \Ährscheinlich   und  ansprechend  finden  wird. 

Unechte  Verse. 

Für  unecht  habe  ich  gehalten:  V.  Ah  hoc amet  hoc  sper- 
nal  promissi  carminis  aucior,  den  Bentley  meinte  durcli  Ver- 
setzung hinter  46  ploraque  —  retten  zu  können.  Er  stört 
und  das  promissi  carminis  auctor  will  keine  ordentliche  Er- 
klärung gestatten.  Mit  Ribbeek,  der  ihn  nach  einem  Vor- 
ganger gleichfalls  für  unecht  hält,  stimme  ich  auch  darin 
überein    dasz  er  wie  eine  Inhaltsangabe    eben  so    aussehe 


CCXVI  DE  ARTE  POETICA. 

wie  auch  der  V.  92  singuln  quaeque  locum  teneant  soriita 
decentem.  (Uebrigens  ist  mir  für  das  promhsum  carmen  ein- 
gefallen, ob  der  Verfasser  des  Verses  nicht  den  groszen  pro- 
missor aus  V.  13S  hat  ausdrücken  wollen:  den  er,  nach 
meiner  Anordnung,  kurz  vorher  vor  sich  gehabt  hatte.) 
Für  eingeschoben  habe  ich  femer  gehalten  die  Verse  132 
{non  circa  rilcni  patulumqtie  morahcris  orhcm)  und  1 35  {unde 
pedem  proferre  pudor  vctet  aut  opcris  lex) ;  denn  ich  kann  sie 
nicht  verstehen.  Was  tluit  es  denn  zur  Sache,  ob  die  Sphäre, 
aus  der  er  seinen  Stoff  nimmt,  eine  sehr  bekannte  ist?  Nichts 
kann  bekannter  sein  als  die  Trojanischen  Geschichten  und 
Achill,  die  wahrlich  nicht  verboten  werden  (V.  120).  Und 
wenn  sich  einer  in  eine  zu  enge  Nachahmung  eingepfercht 
hat,  warum  soll  ihm  denn  sich  da  hinaus  zu  befreien  ver- 
bieten die  Scham?  'Die  Ungeschicklichkeit'  sollte  ich  meinen. 

175—177.  Die  kommenden  Jahre  bringen  viele  Vor- 
theile  mit  sich,  die  weichenden  nehmen  viele  —  Was  kommt 
es  denn  hier  auf  die  Vortheile  an?  Auf  die  'Eigenthümlich- 
koiten  sollte  ich  meinen:  wo  dann  auch  erst  das  ve  forte 
seniles  u.  s.  w.  sich  logisch  anschlösse.  Also  kann  ich  in 
diesen  Versen  nur  eine  Einschiebung  sehen,  die  einer  ge- 
macht hat  zu  der  Schilderung  des  Alten,  der  die  früheren 
Jahre  lobt.    Es  wird  ihm  darin  Unrecht  gegeben. 

337  oinfie  svpervacmim  pleno  de  pectore  manatf  wie  sich 
von  selbst  versteht.  Den  Nachweis,  den  Bentley  zur  Un- 
echtheit  führt,  ist  der  Vers  selbst  nicht  werth.  Aber  Beut- 
leys  Anmerkung  ist  gelesen  zu  werden  schon  werth. 

407  inrititm  qui  servat  idem  fncit  accidt^ti  'Entbehrlich, 
trocken  und  durch  seine  lehrhafte  Allgemeinheit  aus  dem 
Tone  fiillend  erscheint  mir  auch  V.407.  Auch  metrisch  gehört 
er  zu  den  schlechtesten  [wenigstens  anstöszigen  in  seinem  die 
sonstigen  Gründe  für  Unechtheit  unterstützenden  Bau]  durch 
den  viersilbigen  Schlusz  occidcnd,  den  einzigen  seiner  Art 
in  Episteln  und  Satiren  (vgl.  Anton  Viertel  de  versibus  poe- 
tanim  Latinontm  spondiacis  in  Fleckeisen's  Jahrbüchern 
1862  S.  SOI  ff.)'  Ribbeck. 

212.  3  ind'M'ftis  quid  enim  saperet  liherque  iabornm  rusti- 


DE  ARTE  POETICA.  CCXVII 

rvf  urbano  canfusvs^  turpis  honesta  ?  Dasz  diese  Verse  den 
Gang  gtoren  und  üngehörigkeiten  enthalten  wird  wol  nicht 
geleugnet  werden  können.  Und  kann  man  den  Gründen, 
wie  man  sie  bei  Bibbeck  findet,  der  sich  nach  Paldamns 
imd  Hammerstein  auch  dafür  entscheidet,  wol  nur  bei- 
sammen. 

277  Bentley  nahm  Anstosz  daran   dasz  Thespis   seine 
pomata  auf  dem  Wagen  gefahren,  quae  canorrjit  agerentque 
fmmeti  faecibus  ora.  Habe  er  denn  geschriebene  Tragödien 
mit  sich  gebracht,  der  doch  nichts  geschrieben,  und  hätten 
die  Schauspieler  aus  den  geschriebenen    Büchern  recitirt? 
Daher  schrieb  er  qui  canerent  — ,   die  Scliauspieler,   welche 
seine  Dramen    singen  und  agiren  sollten,    habe  er  mit  sich 
geführt  auf  dem  Wagen.  —  Aber  welche  Schauspieler  denn? 
Thespis    war  ja    sein   eigener  Schauspieler    und  nach   der 
überwiegenden  Vorstellung  sein  einziger,   da  erst  Aeschylus 
den  zweiten  hinzufügte.     Also    wie  sollen  wir  annehmen 
dttrfen,    Horaz  habe  gesagt,    Thespis    führte    Schauspieler 
hemm,  welche  seine  Tragödien  aufführen  sollten:  er,  blos 
ab  Dichter,    habe    henimgeführt    andere  Leute  als  Schau- 
spieler?   Nein:  er  war  Dichter  und  Schauspieler  und  führte 
seine  in  seinem  Kopfe  befindlichen    tragischen  Gedichte  auf 
einem  Wagen  fahrend  von    einem  Dorfe  zum   andern,    wo 
Dionysische  Chöre  waren,  und  si(*h   mit  diesen  Chören   in 
eine  Wechselverbindung  setzend  trat  er  zwischen  ihren  Ge- 
sängen auf,  irgend  eine  mythische  Person   darstellend,  auf 
seinem   fahrbaren  Gerüste,   das  als  erhöhte  Bühne  diente. 
Wie  Aristoteles  %ich  Themistius  Or.  XXVI  j).  316  irgendwo 
j'esagt   hatte:  ort  10   uev  7Cqiütov  o  yoqoq  uaiCov  r^dev  sie; 
Tovg  &eovg,  Qia^tig  de  uqoKoyov  le  x,al  Qrjaiv  l^tvoev.  Für 
jene  fahrenden  Gerüste  bietet   die  Theatergeschichte  Paral- 
lelen.    Folgende  Stellen  aus  Collie?*  history  of  Emilhh  dra- 
matic  poetry  p.  151    über  die    miracle  plm/s  will  ich    her- 
setzen:  they  werc   acted  on   temporary  erecttons   of  thnber, 
indifferently  called  scaffoldsy    stmjes  and  pageants:   and  there 
98  no    doubt  that  in  some    instances   they  irere    placed  upon 
wheeh  in  ordre  that  they  niight  be  removed  to  variom  parts 


CCXVIII  DE  ARTE  POETICA. 

of  large  (owtis  or  cities  and  the  plays  exhibfted  in  successian» 
Und  als  Name  dieses  Fahrzeuges  findet  sich  auch  earnage. 
Das  ist  naturgemäsz  auch  für  Thespis,  —  und  noch  etwas 
anderes.  Im  Hintergrunde  dieses  seines  Möblewagens  be- 
fand sich  ohne  Zweifel  ein  Vorhang  oder  Zelt  (oKr^vr^)  von 
wo  er  her\'ortrat,  wohin  er  abtrat,  wo  er  sich  ankleidete 
und  umkleidete,  wenn,  wie  Thespis  gewisz  auch  schon  that, 
er,  ein  Schauspieler,  nach  einander  in  mehreren  Episoden 
wieder  eintrat,  als  eine  andere  Person  sein  Sujet  fortsetzend, 
wodurch  schon  eine  gar  gute  Tragödie  durchgeföhrt  werden 
konnte.  Der  stehend  gebliebene  Ausdruck  axiyvr  für  die 
Hinterwand  der  Bühne  legt  dafür  lebendiges  Zeugnis  ab. 
Wiewol  uns  kommt  es  hier  allerdings  nicht  sowol  darauf 
an,  was  die  Wahrheit  der  Sache  gewesen,  sondern  was 
Horaz  sich,  natürlich  nach  einer  Griechischen  Quelle,  vor- 
stellte. Nur  das  müssen  wir  annehmen  dasz  Horaz  mit  einer 
bestimmten  Vorstellung  geschrieben.  Wir  können  aber  eben 
nicht  glaubön,  dasz  er  sich  etwas  anderes  vorstellte  als  das 
Obige,  was  auch  dicitur  piausfris  rexisse  poemata  defutlich 
besagt.  Aber  mit  dem  quae  vanerent  agerentque  peruncti 
faecibus  ora  bleiben  wir  in  Verlegenheit.  Welche  waren 
diejenigen,  welche  sie  aufführen  sollten?  Und  —  auflFtthren 
peruncti  faecibus  ora.  Man  sehe  sich  die  Stellen  an,  wo  vom 
Beschmieren  des  Gesichtes  mit  Hefen  gesprochen  wird:  sie 
sprechen  von  dem  Ursprung  der  Komödie,  fügen  wol 
hinzu,  es  sei  dies  geschehen  um  sich  unkenntlich  zu  machen, 
weil  man  spottete:  auch  wol  es  sei  ebenso  bei  sonstigen 
Gelegenheiten  geschehen,  wo  man  a(p  ^m^rjg  spottete. 
Ja  von  Thespis  selbst,  als  Tragödienerfinder,  wurde  aus- 
drücklich gefunden  er  habe  sich  das  Gesicht  mit  einer 
Schminke  bestrichen  (Suid.  Bianrig).  Horaz  kann  keine 
Verwirrung  machen:  er  nennt  das  Spiel  des  Thespis  ganz 
deutlich  Tragödie,  der  erst  die  Komödie,  wie  er  bald 
sagt,  folgte.  Und,  wie  gesagt,  Hcfenbestreichen  haben  die 
alten  Dramengeschichten  für  die  Komödie  berichtet.  Dazu 
kommt  noch  einmal:  wer  waren  die,  welche  die  tragischen 
Gedichte  des  Thespis,   welche  er  auf  dem  Wagen  gefahren 


DE  ABTE  POBTICA.  CCXIX 

bnehte;  aingen  und  agiren  sollten?  —  Nach  alle  dem  kann 
ich  nicht  umhin  den  Vers  quae  canerent  agerentque  peruncli 
fimbus  ora  als  einen  Zusatz  anzusehen  von  einem,  der  in 
jenen  Ursprüngen  des  Theaters  unklare  Verwirrung  im 
Kopfe  hatte  und  der  vielleicht  meinte,  das  zunächst  Folgende, 
dan  Aeschylus  die  Maske  erfunden,  ergänzen  zu  müssen 
mit  dem,  was  vorher  die  Stelle  der  Maske  vertreten,  wobei 
er  Confusion  machte. 

Lesarten. 
V.  2  ist  die  Ueberlieferung  plumas  unerträglich.  Bentley 
hat  ee  mehr  als  nöthig  nachgewiesen.  Ich  habe  ^emformas 
angenommen,  habe  aber  anders  interpungirt  als  er.  Er 
intttrpongirt  hinter  membris,  das  er  für  Dativ  nimmt.  Ich 
halte  es  für  Ablativ. 

V.  59  mit  Bentley  procudere  nummum  für  producere 
(dies  sollen  auch  Handschriften  haben)  nomen.  Auch  Ribbeck 
hat  dies  aufgenommen. 

V.  60  Ueberlieferung  ut  silvae  folns  pronos  mufantur  in 
omos:  prima  cadunt:  ita  verborum  veius  mterit  aetas,     Bent- 
ley verbesserte  bekanntlich  ut  silvis  foUa  privos  mutantur  in 
wnos.   Dasz  er  mit  dieser  Verlängerung  des  folia  vor  privos 
etwas  wagte,  was  im  Horaz   ohne  Beispiel   ist,   wuszte  er. 
Er  sagt  es  deutlich.     Und   wenn  es  Meineke  deshalb  dubi- 
toMe  nannte  (S.  XLI),   so  kann  ich  es   überhaupt  nicht  für 
richtig  halten.    Dasz  aber  für  privos  Mie   von  Bentley  bei- 
^braehten    Beispiele    aus  Lucrez    V,   274,   733    schlagend 
sind*  darin  stimme  ich  mit  Ribbeck  überein.    Es  ist  auch 
nicht  das  einziger  was  Horaz  gerade  aus  Lucrez  genommen. 
Ich  sehe  bei  Ribbeck  auch  den  Gedanken  von  einem  et- 
waigen *  Ausfall   von  zwei  Hemistichien ,  welche   das  Bild 
von  der  Erneuerung  des  Waldes  weiter   führen .    Auch  ich 
habe  an  einen  Ausfall  gedacht,   aber  anders:    ungefähr  so: 
ut  silvae  foliis  privos  fnutanlur  in  annos,  ut  hoüü  stircrescunt 
norus  et  decor  enitet  Ulis,  prima  cadunt:  ita  — 

y.  65.  Ueberlieferung  retfis  opus  stprilisque  diu  palus 
aptaque  remis.  Es  ist  oben  (über  die  VerschleifungS.  XXI)  bereits 
aufmerksam  gemacht,  dasz  Meinekes  regium  opusinArspoetica 


CCXX  DE  ARTE  POETICA. 

und  Briefen  keine  Parallele   haben  würde.    Es  wäre  also 
über  das  sterilisque  diu  pahis  zu  sprechen. 

Warum  muszte  es  doch  geschehen  dasz  trefifliche  Man. 
ner  sich  dabei  den  groszcstcn  Unglaublichkeiten  zuwendeten, 
blos  wegen  der  faulen  Tradition!  Da  sollte  Tloraz  aus  den 
Abnormitäten  der  alten  Komödie  sich  plötzlich  einmal  in 
den  Hexameter,  in  seinen  Hexameter  ein  diu  paltis  hergeholt 
haben.  Horaz,  Mer  mit  der  Altlatinität  auf  einem  so  ent- 
schieden gespannten  Fusz  steht*,  was  ich  schon  früher  zu 
betonen  Veranlassung  hatte  (Rhein.  Mus.  1867,  jetat  oben 
zu  Od.  III,  5):  —  der  mit  seinem  Griechisch  gebildeten 
Geschmack  und  Ohr  gegen  diese  alten  Geschmacklosigkeiten, 
denn  als  solche  erschienen  sie  ihm  —  so  entschieden  Stel- 
lung nahm !  —  der  in  dieser  Ars  poetica  selbst  seine  Unge- 
duld über  die  Pfautinos  numeros  ausspricht!  —  Oder  man 
wollte  die  Worte  umstellend  lesen  sterilisque  pnlus  diu  aptaque 
remis.  Was  doch  unserm  in  classischer  Hexameterlectüre 
geübten  Gefühl  eben  so  grosze  Verwunderung  erregen  darf, 
warum  doch  Horaz  mit  einemmal  und  einmal  und  in  einem 
trivialen  dm  den  Hiatus  zugelassen.  Dasz  die  Beispiele, 
welche  Meineke  wenigstens  damhls  anführte,  Esquilinae 
alitcs  aus  lamben  und  zur  absichtlichen  Malerei  (s.  oben  in 
der  Abhandlung  über  die  Verschleifung),  jene  bekannten 
einsilbigen  si  me  ainas  inquit,  eocto  num  adest  honor  idem^  von 
den  iambischen  Wörtern,  die  eigentlich  zu  diu  allein  verglichen 
werden  dürfen,  und  zwar  die  iambischen  in  Senkung,  die 
Echo*s  vale  vale  inquitj  Ilijla  Ilyh  omne,  —  dasz  alle  diese 
Beispiele  unser  diu  nicht  rechtfertigen,  dair  ist  unzweifelhafte 
Und  will  man  selbst  die  ganze  Sphäre  der  immer  wenigen 
Hiatus  in  der  classischen  Hexameterlittcratur  durchgehen, 
wie  sie  jetzt  nach  der  schönen  Anmerkung  Bcntleys  zu  Od. 
III,  14,  11  —  der  gewisz  mehr  beobachtet  hatte,  als  er 
ausspricht,  z.  B.  das  Vorherrschen  Griechischer  Wörter  — 
zu  finden  sind  bei  Lachmaun  im  Programm  über  die  Herolden 
und  zum  Lucrez,  bei  Corssen  und  ander>värts,  so  wird  man 
sich  um  so  mehr  von  der  Unglaublichkeit  des  Horazischen 
diu  überzeugen.  Das  einzige  bei  Lachmaun  entgegentretende 


DE  ARTE  POETICA.  CCXXI 

Beispiel  (zu  Lucret.  S.  196),  welches  man  ähnlich  nennen 
könnte,  dum  domo  ipse  egeat  Catull.  114,  14,  ist  eine  Ver- 
muthung  von  ihm  statt  dummodo,  eine  Vermuthung,  zu  wel- 
cher wenigstens  in  Lachmanns  sonstigen  Beispielen  keine 
Berechtigung  liegt.  Und  jedenfalls  wissen  wir  doch  heut  zu 
Tage  genug  von  diesen  Dingen,  um  CatuUische  Verse  nicht 
ehva  zur  Norm  für  Horazische  machen  zu  wollen.  —  Bent- 
lev,  der  palus  diu  stillschweigend  abwies,  hat  sein  palüs 
prius  als  sprachlich  treffend  auf  das  schönste  nachgewiesen. 
Ich  denke  wirklich,  es  ist  jedenfalls  Zeit,  dasz  wir  diu  palus 
und  palus  diu  aus  unsern  Horazen  entfernen,  überaeugt  dasz 
es  einfach  Schnitzer  sind. 

Es  folgen  nun,  um  von  dem  adflent  V.  105  nicht  zu 
reden,  welches  Bentley  bei  einem  Grammatiker  wenigstens 
also  citirt  fand  und  das  ohne  dies  völlig  eben  so  sicher 
wäre  fftr  adsunt,  adsinlj  adßantj  auch  ohne  jede  antike  Ge- 
währ, es  folgen  Bentleys  eben  so  schöne  als  sichere  Les- 
arten equitesquc  palresque  V.  114  für  equites  peditesquc\ 
üomereum  —  Achillem  V.  120  für  honoratum\  spe  hmtus^ 
mers  pamdusque  fuluri  V.  172  für  lougus  und  avidus.  In 
V.  441  ist  jedenfalls  male  formatos  versus  eine  so  alte  Les- 
art, male  to/*natos  immer  noch  so  bedenklich,  dasz  jenes 
sicherer  schien.  In  alle  dem  stimme  ich,  wie  ich  sehe,  mit 
Bibbeck  überein. 


Die  sogenannten  Ovidischen  Heroiden.*) 

(Excurs  zu  Od.  III,  1 1) 

Zur  Vergleichung  einer  pjoszen  und  frtth  geübten  nach- 
ahmerischen Dichterthätigkeit  sind  die  sogenannten  Ovidi- 
schen  Heroiden  sehr  geeignet.  Die  Erscheinungen  welche 
sie  bieten  sind  sehr  merkwürdig  und  für  Textgeschichten 
lehrreich.  Von  Lachmanns  Bemerkungen  über  die  Heroiden 
(Berliner  Programm  1848)  haben  sich  mehrere  in  ihrer  be- 
weisenden Kraft  für  die  betreffenden  von  ihm  für  unecht 
erklnrtcn  Episteln  nicht  zwingend,  einige  nicht  haltbar  er- 
wiesen. Zu  IX,  1 33  (Deianira)  Eurytidos  loles  atque  rnsani 
Aicidaej  wo  Lachmann  vor  solchem  Hiatus  im  Spondiacus 
für  Ovidius  einen  vorausgehenden  Dactylus  verlangt,  hat 
Merkel  die  unzweifelhaft  richtige  Lesart  aus  Met.  IX,  112 
angegeben,  nemlich  Aonit  Aicidae.  Man  müszte  also  etwas 
anderes  geltend  machen,  dasz  wir  überhaupt  einen  Spondiacus 
mit  dreisilbigem  Schluszwort  haben  und  (wovon  unten)  noch 
einmal  in  den  Heroiden,  nemlich  VIII,  71  (Hermione),  wäh- 
rend der  echte  Ovid  den  Spondiacus  mit  dreisilbigem 
Schluszwort  auszer  den  Metamorphosen  —  zwar  nicht  nie- 
mals, aber  doch  nur  Fast.  V,  83  und  87  aufweise  (Viertel 
dp  rer,s\  spond.  S.  11).  Das /?ö//7i/r  XIV,  113  (Hypermnestra) 
steht  in  einem  eingeschobenen  Distichon,  wie  Merkel  meint. 
Ich  mochte,  selbst  wenn  es  eingeschoben,  schreiben  po- 
titus,  was  vortreffli(*h  paszt.  Wie  entscheidend  in  der 
Deianira  (IX),  141  Semivir  occubuH  in  letifero  Eueno  Nessus 
et  hifecit  suiifjuis  equhws  aquas  die  Verlängerung  occubuit  in 
sein  würde,  wird  dahin  gestellt  bleiben  können.  Ist  der  Vers 


*)  Die  'Adversaricn  über  die  sogenannten  Ovidischen  Episteln*  ver- 
öffentlichte ich  18<)3  in  Fleckeisens  Jahrbüchern.  Hinzugekommeu  ist 
hier  die  Einleitung. 


DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCHEN  HEROIDBN.      CCXXIII 

80  geschrieben  worden,  dann  enthält  er  auch  auszerdem  einen 
entscheidenden  Grund  gegen  Ovid.  Denn  er,  des  letifer 
sich  oft  bedienend,  aber  immer  passend,  würde  nicht  den 
zufUligen  Flusz,  in  welchem  Herkules  —  dieser  war  letifer 

-  ihn  tödtete,  letifer  genannt  haben.  Aber  es  bleibt  doch 
uagewisz  ob  der  Vers  nicht  anders  gelautet.  Der  Puteanus 
hat  eueneno.  Ich  glaube  der  Vers  hies  semivir  occubuit  tibi 
letiferoque  veneno  Nessns  —  Auch  die  Synalöphe  im  iambi- 
sehen  Wort  XVII,  97  (Helena)  disce  meo  exemplo  formosis 
postfi  carere  wird  nur  auf  Verderbung  beruhen.  Ich  glaube 
discemodo  exemplo  — .  Der  ganze  Gedankengang  scheint 
mir  auch  vielmehr  darauf  zu  führen,  dasz  sie  spricht  von 
dem  Beispiel,  das  er  sich  nehmen  soll  an  andern  Jüng- 
lingen, welche  eben  so  sehr  nach  ihrer  Schönheit  Verlangen 
tagen,  ohne  doch  so  dreiste  Anträge  zu  wagen.  Dasz  nihil 
in  zwei  Kürzen  (XIX,  170)  exiguum  sed  plus  quam  nihil 
illud  erat  nicht  hier  allein  stehen  würde  auch  bei  Ovid, 
haben  Merkel  und  Lucian  Müller  (S.  47)  durch  einige  Bei- 
spiele angemerkt.  Ich  erhalte  darüber  von  Viertel  Folgendes : 

'Es  steht  nihil: 

Am.    III,    8,    -29.    .1.    a.    I,    519.    II,  280.    365.   599. 
Remed.  410. 

Met.  V,  221.  273.  VI,  25.  306.  465.  685.  VII,  67*  567. 830. 

—  (Die  unterstrichenen  Stellen  hat  Haupt  in  nil  geändert, 
die  andern  Stellen  hat  er  unverändert  stehen  lassen,  ob- 
wol  er  die  Lachmannsche  Behauptung  zu  VII,  644  wieder- 
holt).   IX,  148.  100.  XV,  177. 

Tr.  I,  2,  23.  -  8,  8.   11,  23.  II,   195.  259.  III,  1,  9.  4, 
51.  —  IV,  8,  38.  V,  5,  51.  8,  2.   14,  26. 

Pont.  I,  1,  21.  2,  67.  7,  25.  II,  2,  58.  3,  33.  7,  46.  IIL 
1,  48.  113.  127.  IV,  8,   15.   14,  23.  —  Fast.  VI,  177. 
Dreimal  zu  der  beliebten  Spielerei  verwandt: 
Met.  XIII,  100  Luce  nihil gestum,  nihil  est  Diomede  remoto. 
X^V,  629  teniplumentanihilj  nihil artes posse medentum. 
Pont.  III,  1, 1 13  morte  nihil  opus  est,  nihil  Icariotide  tela' 
Merkel  und  Müller  haben  auch  die  überzeugende  Kraft 
der  Verkürzungen  in  Ledä  VIII,   78  (Hermione;  XVII,  57 


CCXXIV       DI£  SOGENANNTEN   OVIDISCIIEN  HEROIDEN. 

(Helena)  uud  Äethra  XVII,  150  angefocliteu.  (Lachmann 
eutferute  Ledä  und  Phacdrä  aus  Am.  II,  4,  42  und  Ars  am, 
I,  744  durcli  Vertauschung  mit  Lj/da  und  Cressa),  —  Aller- 
dings einen  Vers  wie  Castori  Amf/daeo  et  Amyclaeo  Polluci 
VIII,  71  (Herniionej  kann  Ondius  nimmer  geschrieben  haben. 
Denn  zu  dem  angegebenen  vollgültigen  Grunde,  dasz  Ovid 
die  dritte  lange  Sjibe  des  Dactylus  niemals  zur  SynalOphe 
anwendet,  kommt  noch  das  hinzu,  dasz  er  niemals  den 
dreisilbig  schlieszenden  Spondiaeus,  den  er  unbezweifelt 
selbst  vierzehnmal  geschrieben,  mit  einem  nochmaligen 
Spondeus  im  vierten  Fusz  gebildet,  auszer  einmal  in  den 
Metamorphosen,  und  zwar  zur  Malerei,  I,  117  (s.  Viertel 
S.  10.  11).  Endlich  kommt  hinzu  die  äuszerste  Armuth, 
beide  mit  demselben  Epitheton  zu  bezeichnen.  Das  ist  alles 
ganz  sicher.  Aber  eben  so  sicher  wird  man  sich  überzeu- 
gen, dasz  dieses  Distichon  dort  durchaus  nicht  hinpaszt  und 
für  interpolirt  gelten  nmsz.  Wenn  ferner  IX,  13  t  (Deianira) 
putsa  AetoUdc  anstdszig  gefunden  wird,  weil  der  gleiche 
Vocal,  also  wieder  a  erfordert  werde,  so  darf  man,  gesetzt 
auch  die  Bemerkung  wäre  auf  hinreichend  viele  Beispiele 
zu  stützen,  bemerken,  dasz  wenigstens  ae  der  nächststehende 
Vo(»al  zu  a  sei  und  man  Synalöphen  mit  a  ae  nicht  selten 
beobachten  werde,  wozu  dann  noch  komme  das  Griechische 
Wort.  —  Es  folgt  qui  für  quo  modo  XVII  (Helena)  214, 
sonst  im  Ovid  nicht  vorkommend.  Und  dreimal  (denn  der 
Vers  XIV,  62  —  Hypcrmnestra  —  mit  generis  am  Schlusz 
ist  sehr  unsicher)  nicht  zweisilbiges  Wort  am  Schlusz  des 
Pentameters,  erst  in  der  späten  Periode  seiner  Schriftstellerei 
von  ilim  mitunter  zugelassen.  Nemlich  XVI,  2SS  (Paris) 
pudicifiac,  XVII,  16  (Helena)  siipercifiis.  XIX,  202  (Hero) 
deseruit.  Ich  glaube  diese  beiden  Observationen  musz  man 
gelten  lassen  als  zeugend  zunächst  allerdings  nur  gegen 
diejenige  Partie  dieser  Briefe,  in  welcher  sie  stehen.*)  Doch 

♦)  In  der  von  vorn  herein  abjü[cwiesenen  Sapphoepistel  ißt  das  repend^ 
V.  32.  Dasz  Am.  II,  IS,  34  dct  vofam  Phoebo  Leshis  amata  lyram  eine 
andere  Situation  voraussetzt  als  unser  Sapphobrief,  bat  Schueidewin  im 
Philologus  bemerkt. 


DIB  SOOENANNTEN  OVIDISCHEN  HEBOIDEK         CCXXV 

den  Herolden  selbst  ist  damit  doch  nielit  geholfen,  wie  sich 
Mnreiehend  zeigen  wird,  weder  den  von  Lachmann  für 
nneebt  erklärten,  noch  den  übrigen,  auch  nicht  jenen  acht, 
welche  den  Am.  II,  IS,  21  ff.  angegebenen  Thematen  ent- 
sprechen und  Yon  denen  Lachmann  sagt :  'de  hü  octo  nulli 
dubittm  esse  potest  quin  eaedem  quas  poeta  scHpserit  super- 
mt.  Denn  dem  kann  man  nicht  beistimmen.  Ovidius  gibt 
in  jener  Stelle  —  quodque  tenefis  strictum  Dido  miserabiiis 
ensem  dicat  —  deutlich  zu  erkennen,  seine  Dido  habe  ihren 
Brief  gesehrieben  unmittelbar  bevor  sie  sich  den  Tod  gab. 
Der  jetzige  Didobrief  ist  aber  geschrieben  während  Aeneas 
noch  weilt  und  sie  die  Hoffnung  hält,  er  werde  sich  be- 
wegen lassen  zu  bleiben.  Und  es  folgt  schon  daraus  sicher 
das  unser  Brief  nicht  der  Ovidische  ist:  und  es  folgt  so- 
gleich die  Thatsache,  dasz  die  Nachahmer  auch  solche  The- 
mata zur  Nachahmung  sich  vorgesetzt,  welche  Ovidius  selbst 
wirklieh  behandelt  hatte.  —  Auch  auf  die  Interpolation,  ich 
meine  gröszerer  Stellen,  ist  Lachmann  noch  nicht  zu  sprechen 
gekommen. 

Wir  dürfen  gleich  mit  der  ersten  Epistel  beginnen  und 
fragen,  ob  sie  etwa  einen  besonders  gesicherten  Anspruch 
kitte  von  Ovidius  zu  sein.  Auch  Folgendes  hätte  Ovidius 
gesehrieben? 

87  Dulichii  Samiique  et  quos  tulit  alta  Zacynthos 
turba  ruunt  in  me  luxuriosa  proci; 
inque  tua  regnant  nullis  prohibeotibus  aula: 
90      viscera  Dostra,  tuae  dilacerantur  opes. 

quid  tibi  Pisandrum  Polybumque  Medontaque  dinim 

Euiymacbique  avidas  Antinoique  mauus 
atque  alios  referam,  quos  omnis  turpiter  absens 
ipse  tuo  partis  sanguine  rebus  alis? 
95  Irus  egens  pecorisque  Melantbius  actor  edendi 
ultimus  accedunt  in  tua  damna  pudor. 
tres  sumus  inbelles  numero,  sine  viribus  uxor 

Laertesque  senex  Telemachusque  puer. 
ille  per  insidias  paene  est  mihi  nuper  aderoptus, 
100      dum  parat  invitis  omnibus  ire  Pylon. 

di  precor  boc  iubeant,  ut  euntibus  ordine  fatis 
ille  meos  oculos  comprimat,  ille  tuos. 

Lekn,  Homtiiu.  ^ 


CCXXVl      DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCHEN   HEKOIDEN. 

hinc  faciuut  custosque  boum  longaevaque  nutrix, 
tertius  inmundae  cura  fidelis  harao. 
105    sed  neque  Laertes,  ut  qui  sit  inutilis  aniiis, 
hostibus  in  mediis  regna  tenere  polest. 
Telemacho  veniet,  vivat  modo,  fortior  aetas: 

nunc  erat  auxiliis  illa  tuenda  patris. 
nee  mihi  sunt  vires  iiiimicos  pellere  tectis. 
110      tu  citius  venias,  portus  et  ara  tuis. 

est  tibi,  sitque  precor,  natus,  qui  mollibus  annis 

in  patrias  artes  erudiendus  erat, 
respice  Laerten:  ut  iam  sua  lumiua  condas, 
extrcmum  fati  sustinet  ilie  diem. 
115  certe  ego,  quae  fueram  te  discedente  puella, 
protinus  ut  vonias,  facta  videbor  anus. 

Warum  sind  denn  die  Freier  aus  Ithaca  selbst  vergessen? 
jjd'  oaaoi  xQavat)v  ^I&a-Kr-v  nara  noiQaviovaiv,  Sodann  die 
schon  bemerkte  Sonderbarkeit  (s.  Lörs  Anm.  zu  V.  63)  dasz 
unter  den  wenigen  namentlich  hervorgehobenen  Freiern 
gerade  Medon  genannt  wird,  der  nur  gezwungen  unt«r  ihnen 
weilende  Herold,  der  auch  bei  der  Strafe  verschont  bleibt, 
und  dasz  gerade  dieser  bezeichnet  wird  als  dinis.  Femer 
warum  ist  denn  der  Rcichthum  des  Odvsseus  durch  sein 
Blut  erworben?  Und  iszt  ihm  denn  Irus,  auch  wenn  er 
schon  vor  zwanzig  Jahren  yaatigi  fiagyr]  in  Ithaka  ein  be- 
rühmter Mann  war,  gerade  so  viel  auf,  dasz  er  besonders 
unter  denen  hervorgehoben  wird,  die  zu  seinen  Verlusten 
beitragen?  ///  fun  damna.  Doch  vielleicht  sind  Inis  und  Me- 
lanthius  nicht  genannt  als  beitragend  zum  Verlust,  sondern 
zur  Schmach.  Freilich  was  ist  denn,  wer  kann  es  vernünf- 
tig reimen:  zuletzt  kommen  noch  —  dir  zum  Verlust  — 
als  Schande  hinzu  —  oder  wenn  es  das  heiszen  soll:  al& 
äuszerste  Schande  kommen  —  dir  zum  Verlust  —  hinzu 
Irus  und  Melanthius?  Wir  werden  denken  können,  um  die- 
sem äuszersten  Wirrwarr  zu  entgehen,  es  habe  zu  stehen 
ad  tua  damna,  in  das  auch  sonst  vorkommende  ///  tua  damna 
aus  anderen  Stellen  geändert.  Und  ich  glaube  das.  Aber 
wie  soll  denn  nun  Odysseus  wissen,  inwiefern  der  Bettler 
Inis  zur  Schmach  seines  Hauses  beiträgt?   Es  folgt  der  Ge- 


DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCUEN  HEROIDEN.      CCXXVU 

danke:  das  alles  abzuwehren  sind  wir  drei'  unkriegerische 
Pereonen  da,  ich  eine  Frau  shw  viribus,  der  Greis  Laertes 
and  der  Knabe  Telemachus.  Wir  dürfen  die  nächsten  sechs 
Verse  übergehen,  deren  Ungehörigkeit  und  Unzusammenge- 
hörigkeit  zu  offen  liegt  und  wo  auch  aus  den  drei  unkräf- 
tigen Personen  plötzlich  sechs  werden,  auch   das  ire  parat 
mitif  Omnibus  mit  der    obigen    freilich    sonderbai-en  zwei- 
maligen Annahme,  Telemachus  sei  zu  Nestor  geschickt  wor- 
den (V.  '64  u.   37),  in  Widerspruch    steht.    Wir  kommen 
also  zu  105,  wo  über  die  drei  genannten  Personen  das  an- 
geschlagene   Thema    ihrer    Unkräftigkeit    ausgeführt    wird. 
Aber  weder  Laertes,    heiszt  es,    der  {ut  qui)  wegen  seiner 
Jahre  nicht  mehr  brauchbar  ist  (was  ist  das  denn  anderes 
ä%  mbeUis  und  senexj  wie  es  eben  schon   hiesz?)  noch  — 
ja  noch.    Wo  ist  denn  das  noch  ?    Es  musz  doch  ein  neque 
oder  ein    et   folgen.     Das    ganz    unverbundene    Distichon 
Telemacko  zwischen  den  beiden  nequc  ist  ja  doch  höchst  be- 
fremdend,   und    doch    fehlen    kann  Telemachus   hier  auch 
nicht;    —  also    einmal    gesagt:    Telemachus  aber  wird  zu 
einem  kräftigen  Alter  gelangen,  jetzt  musz  sein  Alter  durch 
Hölfe  des  Vaters  geschützt  werden  —  noch  habe  ich  Kräfte, 
nee  mihi  sunt  vires,  also  ganz  dasselbe,  mit  denselben  Worten 
was  sie  schon  gesagt,  sine  viribus  uxorr  Femer  was  haben 
H-irvon  V.  110?  *Du  selbst  muszt  schnell  kommen,  Hafen  und 
Alter  der  Deinen.    Du  hast  einen  Sohn,  der   —  sonderbar, 
als  ob  dieser  Sohn  zuerst  hier  er>vähnt  wäre,  von  dem  doch 
eben  fort  und  fort  gesprochen.    Der  natürliche  Fortschritt, 
den  wir  zu  erwarten  hätten,  wäre :  denn  bedenke  auch  noch 
Folgendes,  dein  Sohn  usw.,  oder:  denn  auszerdem  dein  Sohn 
usw.    Nemlich  in  den  sechs  letzten  Versen  soll  der  Hau])t- 
gedanke  gegen  das  Vorangehende  offenbar  der  sein,  und  kann 
nur  sein:   'Wenn   wir  drei  deiner  bedürfen,    weil   wir  das 
Haus  nicht  schützen  können,  so  gelten  aber  auszerdem  auch 
fftr  jeden  von  uns    dreien    noch    persönliche  Gründe,    die 
deine   Heimkehr   nöthig  machen.    Dein  Sohn,    der  deiner 
Erziehung  bedarf  Jerat  wie  non  tibi  corpus  erat  sine  pectoref) 
Und  Laertes,  der  deiner  bedarf ,  weil  er  im  höchsten  Greisen- 

P2 


CCXXVm        DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCHEN  HKROIDEN. 

alter  nur  durch*  dein  Wiederersclieiuen  sich  noch  verj  fingen 
würde.'  0  nein:  dies  Vernünftige  und  Erwartete  steht  keines- 
wegs; vielmehr  es  steht:  der  nur  seinen  Tod  noch  hinaus- 
zuschieben  vermag  durch  die  Hoffnung,  dasz  du  ihm  bald 
oder  endlich  die  Augen  zudrückest!  Da  wird  es  ja  wol 
Pflicht  sein  für  Odysseus  nicht  zu  kommen,  weil  seine  An- 
kunft dem  Vater  das  Leben  kosten  wird.  'Und  ich  jeden- 
falls bin,  wenn  du  auch  alsbald  kommst,  ein  altes  Weib 
geworden.*  Nun  da  braucht  er  sich  also  auch  nicht  zu 
übereilen ! 

Uebrigens  gibt  es  Wunderlichkeiten  und  mehr  auch 
vor  V.  87.  Z.  B.  in  die  Verse  51  —  56  wird  schwerlich 
jemand  vermögen  Vernunft  zu  bringen.  Wenn  Penelope 
erzählt,  bei  jeder  Einzelheit  die  einer  vom  Kriege  und  wäh- 
rend des  Krieges  gebracht  habe  sie  für  Odysseus  gezittert, 
und  durch  Beispiele  zeigt,  wie  wohl  sie  auf  diese  Art  von 
den  Einzelheiten  des  Krieges  unterrichtet  worden  (15  fF.), 
so  ist  es  auifallend  zu  finden:  'denn  ich  habe  alles  durch 
Nestor  erfahren,  der  es  meinem  Sohn  erzählt  hat'  (37). 
Auch  übrigens  die  lel)endige  Schilderung  —  wirklich  bis 
zum  Unpassenden  lebendig  und  präsentisch  nach  fast  zehn 
Jahren  —  auch  diese  lebendige  Schilderung,  wie  alle  Heim- 
kehrenden an  Alt  und  Jung  und  genau  mit  Illustrationen 
nach  .4/'*  am.  II,  13.3  und  Aen,  II,  25  die  troischen  Ereig- 
nisse erzählt  haben,  paszt  zu  der  plötzlichen  Unwissenheit, 
der  erst  jetzt  durch  Nestor  ein  Ende  gemacht  wird,  wahr- 
lich nicht  gut.  Der  von  Hector  getödtete  Antilochus  (s. 
Lörs  zu  V.  68)  hat  noch  keine  Aufklärung  erhalten.  Und 
so  gibt  es  noch  anderes,  beginnend  mit  dem  zweiten  Verse 
nil  mihi  rescribas,  at  tarnen  ipse  reni,  der  was  er  sagen 
will  nicht  sagt,  sondern  lallt. 

So  sieht  es  mit  dieser  Heroide  aus,  die  wir,  den  zwei- 
ten Vers,  bei  Marius  Victorinus  S.  2559  P.  angeführt  lesen. 

2.  Was  ich  bei  der  ersten  Epistel  nicht  unternehmen 
möchte,  dazu  wird  man  bei  andern  Episteln  geradezu  ge- 
drängt, aus  dem  jetzt  vorliegenden  anstö^sigen,  unvernünf- 
tigen Conglomerat  einen  ursprünglichen  Kern  auszusondern. 


DIE  SOOENANNTEN  OVIDISCHEN  HEROIDEN.         CCXXIX 

Denn  es  drängt  sich  in  mehreren  unter  Auswüchsen  und 
Miszgestalt  eine  einheitliche  und  annehmbare,  wenn  gleich 
selten  ansprechende  Partie,  jedoch  in  verschiedenen  Abstu- 
fungen des  Werthes,  entgegen.  Welche  z.  B.  in  der  dritten 
Epistel  (Briseis,  jetzt  154  Verse)  folgende  wäre: 

Quam  legis  a  rapta  Briseide  littera  venit, 

vix  bene  barbarica  Graeca  notata  manu. 

quascumque  aspicies  lacrimae  fecere  lituras: 

sed  tamen  et  lacrimae  pondera  vocis  habent. 

5    si  mihi  pauca  queri  de  te  domiuoque  viroque 

fas  est,  de  domino  pauca  viroque  qucrar. 

non  ego  poscenti  quod  sum  cito  tradita  regi 

culpa  loa  est.  quamvis  baec  quoque  culpa  tua  est. 
nam  simul  Eurybates  me  Talthybiusque  vocaruut, 
10       £arybati  data  sum  Taltbybioque  comes. 
alter  in  alterius  iactantes  lumina  voltum 

quaerebant  taciti,  noster  ubi  esset  amor. 
differri  potui:  poenae  mora  grata  fuisset. 
ei  mihi,  discedens  oscula  nulla  dedi. 
15    at  lacrimas  sine  tiue  dedi  rupique  capillos: 

infelix  iterum  sum  mihi  visa  capi. 
21    sed  data  sim,  quia  dandafui.  tot  uoctibus  absum 
nee  repetor.  cessas,  iraque  lenta  tua  est. 
ipse  Menoetiades  tum  cum  tradebar  in  aurem 
'quid  fies?  hie  parvo  tempore  dixit  *eris.* 
25    non  rejietisse  parum:  pugnas  ne  reddar,  Achille. 
i  nunc  et  cupidi  nomeu  amantis  habe. 
Tenerunt  ad  te  Telamone  et  Amyntore  nati, 

ille  gradu  propior  sanguinis,  ille  comes, 
Laertaque  satus,  per  quos  dotata  redirem:*) 
30        auxerunt  blandae  grandia  dona  preces. 
39    si  tibi  ab  Atride  pretio  redimenda  fuissem, 
quae  dare  debueras,  accipere  illa  negas  ? 
qua  merui  culpa  fieri  tibi  vilis,  Achille? 

quo  levis  a  nobis  tam  cito  fugit  Amor? 
an  miseros  tristis  fortuna  tenaciter  urget 
nee  venit  inceptis  mollior  hora  malis? 


♦)  Das  gewöhnlicherer  quos  comitata  redirem  kann  nicht 'richtig 
sein.  Ich  habe  dotata  (V.  55)  gesetzt.  V.  44  habe  ich  für  meis  ge- 
schrieben malis.  Pont,  IV,  14,  50  non  potuit  nostris  lenior  esse  malis. 
Cf.  Ep.Sapph,  59  an  gravis  inceptum  peragit  fortuna  tenorem? 


CCXXX  DIE  SOGENANNTEN  0V1D18CHEN  HEROIDEN. 

ta  Marie  tuo  Lymesia  moenia  vidi, 
et  fueram  patriae  pars  ^o  magna  meae. 
vidi  consortes  pariter  generisque  necisque 

tres  cecidisse:  tri^us  quae  mihi  mater  erat, 
vidi,  quantus  erat,  fusum  tellure  cruenta, 
50       pectora  iactantem  sanguinolenta  virum. 
tot  tarnen  amissis  te  compensavimus  unum, 

tu  dominus,  tu  vir,  tu  mihi  frater  eraa. 
tu  mihi  iuratus  per  numina  matris  aquosae 
utile  dicebas  ipse  fuisse  capi. 
55    scilicet  ut  quam\'i8  veniam  dotata  repeilas 
et  mecum  fugias  quae  tibi  dantur  opes! 
quin  etiam  fama  est,  cum  crastina  fulserit  Eos, 

te  dare  nubiferis  lintea  velie  notis. 
quod  scelus  ut  pavidas  miserae  mihi  contigit  aures, 
60       sanguinis  atque  animi  pectus  inane  fuit. 

ibis  et  —  0  miseram  —  cui  me,  violente,  relinquis? 

quis  mihi  desertae  mite  levamen  eritV 
devorer  ante  precor  subito  telluris  hiatu 
aut  rutilo  missi  fulminis  igne  cremer, 
65    quam  sine  me  Phthiis  canescant  aequora  remis 

et  videam  puppes  ire  relicta  tuas. 
$3    quid  tarnen  expectasV  Agamemnona  paenitet  irae 
et  iacet  ante  tuos  Graecia  maesta  pedes. 
vince  animos  iramque  tuam,  qui  cetera  vincis. 
quid  lacerat  Danaas  inpiger  Hector  opes? 
89    propter  me  mota  est,  propter  me  desinat  ira, 
simque  ego  tristitiae  causa  modusque  tuae. 

Zwischen  den  beiden  letzten  Distiscben  steht  in  den  Texten 
noch  folgendes,  welches  ich  ausgelassen: 

arma  cape,  Aeaeide,  sed  me  tamen  ante  recepta, 
et  preme  turbatos  Marte  favente  viros. 

Wir  hätten  in  drei  Distichen  hinter  einander  eine  rhetorische 
Figur  mit  Wiederholung  desselben  Wortes  in  derselben 
Zeile,  und  so  etwas  ist  allerdings  wol  im  Sinne  des  Ver- 
fassers, der  V.  3 — 10  geschrieben.  Indessen  erregt  mir  Be- 
denken der  Ausdruck  Marte  farente,  der  hier,  wo  Achilles 
eigne  Kraft  zu  betonen  ist,  bedenklich  scheint.  Mehr  so- 
dann Folgendes.  Bleibt  dieses  Distichon  stehen,  so  haben 
wir  dreimal  hinter  einander  Pentameter  aus  der  Classe  der 
so  gebildeten,  dasz  die  zweite  Hälfte  mit  zusammengehörigem 


DIE  SOOENAKNTEN  OVIDISCHEN  HEROIDEN.        CCXXXI 

Adjectiv  und  Substantir  (auch  umgekehrt)  anfängt,  und  noch 
mit  der  engern  Form,  dasz  zugleich  die  erste  Hälfte  schlieszt 
mit  einem  Adjectiv,    dessen  zugehöriges  Substantiv  in   der 
zweiten  Hälfte  folgt  (auch  umgekehrt).    Diese  Bildung  drei- 
mal hinter   einander  darf  jedenfalls  auffallen :    ist  ja  auch 
Oberhaupt  eine    besondere  Neigung    dazu  in  dieser  Epistel 
nicht   vorhanden.    In  dem  uns    ursprünglich    erschienenen 
Theil  hatten  wir  es  V.  30,  dann  V.  44,  worauf  dann  V.  46 
in  schon  geänderter  Form,  namentlich  auch  durch  zwischeri- 
tretendes  Wort:  et  fueram  patriae  pars  ego  magna  meae.  — 
üebrigena  in    den  nicht  aufgenommenen  Theilen  ungefähr 
in  demselben  Verhältnis:  68.   76.  88.  flOO.]    104.  114.  126. 
144.  —  Auffallendes  in  dieser  Beziehung  bietet  unter  den 
Herolden  die  Medea.   Genaue  Nachweise  über  diesen  Punkt 
überhaupt,    auch  z.  B.  über   das  Verhältnis    der  drei  clas- 
sischen  Elegiker  hierin,  würden  dankenswerth  sein. 

Beiläufige  formelle  Bemerkungen.  Von  V.  96  bis  zum* 
Schlusz  154  folgen  keine  Elisionen  mehr  mit  Ausnahme 
eines  einzigen  que  V.  132  praesenlisque  oculos.  Femer  der 
Distichenbau,  in  welchem  der  Pentameter  mit  que  anfängt, 
selbst  mit  etj  erscheint  in  den  nicht  aufgenommenen  Theilen 
ziemlich  häufig,  in  den  aufgenommenen  dagegen  selten  iqne 
einmal  im  Schluszverse).  Beides,  wie  man  aus  Beobachtung 
lernt,  auch  beides  zusammen,  könnte  zufällig  sein:  bemerkt 
mußz  es  werden.  —  Ein  Philolog,  der  über  Ovidius 
Verse  sehr  genaue  Untersuchungen  angestellt,  Anton 
Viertel,  sagt  mir:  der  elidirte  pyrrhichische  Imperativ 
in  dem  verworfenen  arma  cape  Aeacide  sei  bemerkenswerth. 
Es  gebe  auch  in  den  Herolden  einen  solchen  nicht:  bei 
Ovidius  nur  Ars  am.  II,  489  age  et.  Met.  XII,  490  age  ait. 
Und  Met.  XII,  309 /«/^re  ad.  Met.  XIII  381  date  et. 

Was  nun  die  ausgeschiedenen  Partien  anbetrifft,  so  sind 
es  zuerst  die  Verse  17 — 20.  Sie  besagen:  ich  habe  oft  ent- 
fliehen und  zu  dir  zurückkehren  wollen,  aber  ich  fürchtete 
von  den  Trojanern  gefangen  zu  werden.  Das  ist  ja  in  der 
Vorstellung  geschrieben,  als  wäre  sie,  die  bei  Agamemnon 
ist,  nicht  mit  Achilles   in  demselben  Lager.    Was  hat  sie 


CCXXXn      DIE  80GENANNTEK  OVIDISCHEN  HEROIDEN. 

denn  durch  Trojaner  zu  fliehen?  —  V.  67 — 82:  wenn  du 
morgen  heimkehren  willst,  so  nimm  mich  mit,  ich  würde 
ja  keine  grosze  Last  für  deine  Flotte  sein ;  ich  will  dir  auch 
unter  den  ungünstigsten  Bedingungen  folgen.  Ja  da  mus^ 
er  sie  doch  erst  haben!  Wie  wird  er  sie  denn  erhalten  von 
Agamemnon,  wenn  er  nach  Hause  segeln  will?  ~  Von  V. 
91  bis  zum  Schlusz  (wo  wieder  die  eben  berührte  Unbeson- 
nenheit kommt,  als  ob  es  von  ihm  abhinge  sie  mitzuneh- 
men) folgt  nun  Sonderbares,  Auffallendes ,  Läppisches  Schlag 
auf  Schlag. 

3.  Dasz  auszer  den  inneren  Interpolationen  an  den  ur- 
sprünglichen Brief  ein  längerer  oder  langer  Schlusz  ange- 
hängt ist,  dies  scheint  sich  noch  in  mehreren  anderen  Epi- 
steln aufzudrängen.  Es  ist  nicht  möglich  daran  zu  zwei- 
feln in  der  (achtzehnten)  Epistel  des  Leander  (218  Verse) 
dasz  gegenüber  einem  wohl  eingehaltenen  Gedankengang 
und  in  Masz  gehaltenen  Styl  von  V.  117  oder  119  an  man 
sich  in  Gedankenordnung,  Gedankenwiederholung,  im  Haschen 
nach  noch  anderem,  was  wieder  dasselbe  wird,  in  gesuchten, 
gegensätzlichen  Pointen  als  stetigem  Charakter  bewegt,  ver- 
bunden mit  einem  Gefallen  an  Aufputz  durch  mythologische 
und  astronomische  Gelehrsamkeit.  Wobei  man  immer  noch 
das  Convolut  von  Schiefheit  und  Unsinn,  welches  in  V.  119 
— 124  erscheint,  auf  sich  mag  beruhen  lassen.  Hiergegen 
prägt  der  erste  Theil  dieser  Epistel  den  ihm  eignen  Charak- 
ter seinerseits  stetig  genug  aus,  ich  glaube  hinreichend,  um 
anszer  in  dem  Distichon  23.  24  noch  an  zwei  andern  Stel- 
len, 39—53  und  59—77  Interpolation  zu  empfinden  durch 
Affeetation,  Uebertreibung  und  in  der  zweiten  Stelle  durch 
ein  sonst  hier  fremdartiges  Indielängeziehen  eines  Gedan- 
kens, um  neue  Wendungen  anzubringen.  Man  hat  auch 
keine  Veranlassung  solche  unnöthige  prosaische  Pedanterie 
wie  in  dem  Uebergange  V.  75  haec  ego  vel  cerle  non  hts 
diversa  locutus  dem  ersten  Verfasser  zuzuschreiben.  Eine 
Nachahmung  aus  Mel.  VI.  702  haec  Boreas  aut  his  non  in- 
ferior a  locutus:  was  doch  anders  ist.  Man  wird  guten  Grund 
haben  für  das  ursprüngliche  Stück  das  folgende  zu  halten: 


DIE  SOGENANNTEN  OVID18CHEN  UEROIDEN.      CCXXXIII 

Mittit  Abydenus  quam  mallet  ferre  salutem, 

si  cadat  unda  maris,  Sesta  puella,  tibi, 
si  mihi  di  faciies  et  sunt  in  amore  secundi, 
iDvitis  oculis  haec  mea  verba  leges. 
5    sed  non  sunt  faciies :  nam  cur  mea  vota  morantur 
currere  me  vota  nee  patiuntur  aqua? 
ipsa  vides  caelum  pice  nigrius  et  freta  ventis 

turbida  perque  cavas  vix  adeunda  rates. 
unus,  et  hie  audax,  a  quo  tibi  littera  nostra 
10        redditur,  e  portu  navita  movit  iter. 

ascensurus  eram,  nisi  quod,  cum  vincula  prorae 

solveret,  in  spcculis  omnis  Abydos  erat, 
non  poteram  celare  meos  velut  ante  parentes, 
quemque  tegi  volumus  non  latuisset  amor. 
15    protinus  haec  scribens  'felix  i  littera'  dixi, 
'iam  tibi  formosam  porriget  illa  manum. 
forsitan  admotis  etiam  tangere  labellis, 

rumpere  dum  niveo  vincula  dente  volet.' 
talibus  exiguo  dictis  mihi  murmure  verbis 
20       cetera  cum  charta  dcxtra  locuta  mea  est. 
at  quanto  mallem  quam  scriberet  illa  nataret 
meque  per  assuetas  sedula  ferret  aquas. 
25    septima  nox  agitur,  spatium  mihi  longius  anno, 
sollicitum  raucis  ut  mare  fervet  aquis. 
bis  ego  si  vidi  mulcentem  pectora  somnum 

noctibus,  insani  sit  mora  longa  freti. 
rupe  sedens  aliqua  specto  tua  litora  tristis, 
30        et  quo  non  possum  corpore,  mente  feror. 
lumina  quin  etiam  summa  vigilantia  turre 
aut  videt  aut  acies  nostra  videre  putat. 
ter  mihi  deposita  est  in  sicca  vestis  harena, 
tcr  grave  temptavi  carpere  nudus  iter. 
35     obstitit  inceptis  tumidum  iuvenalibus  aequor 

mersit  et  inversis  ora  natantis  aquis. 
53    interea,  dum  cuncta  negant  ventique  fretumque, 

mente  agito  furti  tempora  prima  mei. 
55    nox  erat  incipiens  —  namque  est  meminisse  voluptas  — 
cum  foribus  patriis  egrediebar  amans. 
nee  mora,  deposito  pariter  cum  veste  timore 
iactabam  liquido  bracchia  lenta  man. 
77    unda  repercussae  radiabat  imagine  lunae, 
et  nitor  in  tacita  nocte  diurnus  erat: 
nullaque  vox  usquam,  nullum  veniebat  ad  aures 
80        praeter  dimotae  corpore  murmur  aquae. 


CCXXXIV       DIE  SOGENANNTEN   OVIDISCHEN  HERÜIDEN. 

Alcyones  solae^  memores  Ceycis  amati, 

nescio  quid  visae  sunt  mihi  dulce  queri. 
iamque  fatigatis  umero  sub  utroque  lacertis 
.  fortiter  iu  summas  erigor  altus  aquas. 

85    ut  procul  aspexi  lumen.  'meus  igiiis  in  illo  est, 
illa  meum*  dixi  'litora  lumen  habent/ 
et  subito  lassis  vires  rediere  lacertis, 

visaque  quam  fuerat  mollior  unda  mihi, 
fiigora  ne  possim  gelidi  sentire  profundi, 
90       qui  calet  in  cupido  pectore  praestat  amor. 
quo  magis  accedo  propioraque  litora  fiuut 
quoque  minus  restat,  plus  übet  ire  mihi. 
cum  vero  possum  cemi  quoque,  protinus  addis 
'  spectatrix  animos  ut  valeamque  facis. 
95    nunc  etiam  nando  dominae  placuisse  laboro 
atque  oculis  iacto  bracchia  nostra  tuis. 
te  tua  vix  prohibet  nutrix  descendcre  in  altum  — 
hoc  quoque  enim  vidi,  nee  mihi  verba  dabas  — 
nee  tamen  effecit,  quamvis  retinebat  euntem, 
tOO       ne  fieret  prima  pes  tuus  udus  aqua, 
excipis  amplexu  feliciaque  oscula  iungis, 

oscula,  di  magni!  trans  mare  digna  peti, 
eque  tuis  dcmptos  umeris  mihi  tradis  amictus 
et  madidam  sicca»  aequoris  imbre  comam. 
t05    cetera  nox  et  nos  et  turris  conscia  novit 

quodque  mihi  lumen  per  mare  monstrat  iter. 
non  magis  iilius  numerari  gaudia  noctis 
Hellespontiaci  quam  maris  alga  potest. 
quo  brevius  spatium  nobis  ad  furta  dabatur, 
110       hoc  magis  est  cautum  ne  foret  iUud  iners. 
iamque  fugatura  Tithoni  coniuge  noctem 
praevius  Aurorae  Lucifer  ortus  erat: 
oscula  congerimus  properata  sine  ordine  raptim 
et  querimur  parvas  noctibus  esse  moras. 
115    atque  ita  cunctatus  monitu  nutricis  amaro 

frigida  deserta  litora  turre  peto. 
143    invideo  Phrixo,  quem  per  freta  tristia  tutum 

aurea  lanigero  vellere  vexit  ovis. 
145    nee  tamen  officium  pecoris  navisve  requiro, 

dum  modo  quas  findam  corpore  dentur  aquae. 
217    interea  pro  me  pernoctet  epistula  tecum, 

quam  precor  ut  minima  prosequar  ipse  mora. 


DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCHEN  UEROIDEN.       CCXXXV 

Derselbe  Fall  ist  mit  dem  Antwortbriefe  der  Hero,  der 
neunzehnten  Epistel  (210  Verse).  Das  ist  eine  hübsche, 
man  mochte  sagen,  was  man  gar  selten  in  diesen  Episteln 
sagen  möchte,  eine  anmuthige 'Epistel  bis  V.  64,  welche  bis 
dahin  als  eine  vollständige  Ovids  unbedenklich  würdige  Epistel 
erscheinen  konnte.  Aber  von  da  an  folgt  Unruhe,  Spitzfin- 
digkeit, Wiederholung,  Gelehrsamkeit,  sehr  in  der  Art  der 
Erweiterung  des  Leanderbriefes.  —  Auch  für  die  dort  an- 
gemerkte Pedanterie  in  V.  75  haec  ego  vel  certe  non  hls 
diversa  locutm  findet  sich  hier  ein  Analogen  V.  86  minaxque 
non  minus  aut  multo  non  minus  aequor  erat.  —  Femer  mag 
bemerkt  werden,  dasz  in  beiden  unsern  unechten  Theilen 
jener  Bau  der  Disticlien,  nach  welchem  der  Pentameter  mit 
que  anfängt,  gegen  die  echten  Theile  abfallend  wird.  Beide- 
mal kommt  in  den  unechten  Theilen  auf  etwa  12  Verse  6in 
solcher.  Aber  die  echt  erschienenen  Theile  verhalten  sich 
sehr  verschieden  darin.  Im  Leander  kommt  hier  auf  17 
Verse  6in  solcher,  in  der  Hero  auf  alle  70  Verse  nur  2. 
Die  beiden  ursprünglichen  Briefe  verschiedenen  Verfassern 
beizulegen,  dagegen  könnte  der  ästhetische  Eindruck  nichts 
einzuwenden  haben.  Ich  sagte  auf  alle  70  Verse:  denn  um 
für  die  ersten  echt  erschienenen  64  Verse  den  Abschlusz 
zu  gewinnen,  setze  ich  121.  122.  127.    128.  209.  210 hinzu: 

multaque  praeterea  linguae  reticenda  modcstae, 
64        quae  fecisse  iuvat,  facta  referre  pudet. 
121     rae  miseram,  quanto  planguntur  litora  Hiictn, 

et  latet  obsciira  coiulita  nube  dies. 
127    non  favet,  iit  nunc  est,  teneris  locus  iste  puellis: 

hac  Helle  periit,  hac  ego  laedor  aqua. 
209    interea,  uanti  quoniam  freta  pervia  non  sunt, 
leniat  invisas  littora  missa  moras. 

Uebrigens  wäre  es  in  diesem  jetzt  vorliegenden  Hero- 
briefe sehr  natürlich  auf  den  Gedanken  zu  kommen,  dasz 
zwei  ursprüngliche  Briefe  verbunden  darin  vorhanden  sind, 
der  eine  oben  bezeichnete  und  ein  anderer  schlechterer, 
etwa  Anfangs verse  1,  2,  dann  69  ff.,  in  welchem  —  denn 
auch   das  ist  sehr   auffallend    und   unvermittelt  gegen  das 


CCXXXVI      DIE  SOQENANNTEN  OVIDISCHEN  HEROIDEK. 

ganz  andere  Gefühl,  aus  welchem  der  erste  geschrieben  ist 
—  das  hervorstechende  Motiv  Vorwürfe  und  eifersüchtiges 
Misztrauen  ist  und  der  Gedanke  'du  liebst  eine  Nebenge- 
liebtV  wiederholt  und  überlästig  auftritt.  Aber  auch  dieser 
zweite  Brief  ginge  etwa  nur  bis  116  oder  118^  wozu  viel- 
leicht 157-  160.  Denn  schon  die  gelehrte  Stelle,  in  der 
sie  ihre  Belesenheit  in  den  Dichtem  bezeugt,  123  ff.,  würde 
selbst  der  zweiten  Epistel  nicht  mehr  entsprechend  scheinen. 
Und  V.  157  ff.  schlieszen  sich  nicht  an  das  Vorangehende 
an,  sondern  ihr  Sinn  weist  sie  an  118.  Auch  scheint  in  die- 
ser ganzen  Zwischenstelle  Leander  in  anderer  Situation  ge- 
dacht, nemlich  als  wirklich  während  stüianischer  Nacht  auf 
dem  Meere  schwimmend,  149.  155.  Was  159  schon  wieder 
anders  ist. 

4.  Ein  Brief,  der  ohne  Zweifel  in  seiner  ursprünglichen 
Gestalt  vorliegt,  ist  der  (elftei  Brief  der  Canace  (12S  Verse). 
Nicht  ein  einziges  Distichon  erregt  hier  irgend  einen  Ver- 
dacht. Dieser  Brief  ist  nicht  ohne  Geschmacklosigkeiten: 
die  Situation  am  Anfang,  dasz  sie  während  des  Schreibens 
des  Briefs  das  Schwert  in  der  Hand  hält,  ist  sogar  —  hier 
wie  am  Schlusz  der  Dido  —  eine  grosze  Geschmacklosig- 
keit. Und  dasz  und  warum  das  erste  Distichon  läppisch 
ist,  braucht  wol  nicht  erst  gesagt  zu  werden:  übertragen 
aus  der  natürlichen  und  unvermeidlichen  Situation,  dasz 
einer  Weinenden  die  Thränen  auf  ihr  Blatt  fallen,  während 
sie  schreibt,  wie  in  der  mit  Recht  schon  als  Vorbild  be- 
zeichneten Stelle  Prop.  IV,  3,  3,  ohne  welche  auch  wol  in 
dem  wie  in  einigen  andern  Episteln  abgebrochen  beginnen- 
den Anfang  nicht  gerade  tarnen,  sondern  eine  etwas  klarere 
Partikel  stehen  würde.  Der  Brief  ist  ohne  leichten  poeti- 
schen Schwung,  musz  im  ganzen  wol  vielmehr  für  die  hoch- 
tragische Situation  ziemlich  nüchtern  genannt  werden;  aber 
er  geht  in  vollkommen  richtigem,  nicht  gestörtem,  nicht 
überladenem,  nicht  verwirrtem  Gedankengange:  was  allea 
gerade  der  Eindruck  der  meisten  Episteln  ist  wie  sie  jetzt  vor- 
liegen. Der  Schlusz  übrigens  ist  zwar  ohne  tragischen  Eindruck^ 
aber  er  ist  immerhin  nicht  ohne  einigen  Trauereindruck.  — 


DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCHEN  HEKOIDEN.     CCXXXVII 

lu  der  Form  scheint  der  Brief  mit  groszer  Sorgfalt  gear- 
beitet und  mit  gutem  Ohr.  Von  einem  carissima  aisti,  auch 
von  Jii/f/ra  es  V.  59  und  62  kann  nicht  die  Bede  sein: 
dfiTfi  und  futura, 

5.  Liest  man  nach  der  Canace  einmal  unmittelbar  den 
(zwanzigsten)  Brief  des  Acontius  (242  Verse),  so  ist  auch 
dieser  der  Interpolationen  nicht  verdächtig.  Der  Zusammen- 
hang der  Gedanken,  ja  man  möchte  hier  sagen  die  Dispo- 
sition des  Aufsatzes  läszt  sich  verfolgen.  Aber  der  Styl  ist 
ein  ganz  anderer,  breiter  gehaltener:  dieselbe  Sache,  der- 
selbe Gedanke  ist  in  mehr  als  einer  Stelle  in  >viederholten 
Wendungen  ausgesprochen,  ohne  dasz  eben  in  der  Sache 
etwas  Neues  kommt.  Auch  scheint  das  Bestreben  acumina 
anzubringen  sehr  ausgebildet,  viel  mehr  dünkt  mich  als  in 
der  Canace.  Gröszere  Interpolationen  betreffend,  so  könnte 
nur  gefragt  werden,  o1)  vielleicht  V.  21 — 97  eine  interpo- 
lirtc  Erweiterung  sind.  Aber  eben  bei  der  Breite  des  Styls 
ist  as  wol  auch  eine  Erweiterung  des  ursprünglichen  Ver- 
fassers. 

In  den  Rhythmen  glaubt  man  auch  etwas  anderes  zu 
hören  als  in  der  Canace:  einen  Verfassser  von  weniger 
gutem  Ohr.    Was  sich  bald  aussprechen  läszt,  ist  Folgendes. 

a)  Eine  auffallende  Gleichgültigkeit  gegen  die  häufige 
Anwendung  unmittelbar  hinter  einander  stehender  einsilbiger 
Wörter.  Man  betrachte  die  folgende  Zusammenstellung  (wir 
bleiben  eben  bei  der  Canace)  in  Zahl,  auch  in  Art: 

Canace  (128  Verse). 

1  Si  qua  tamcn  caccis  errabunt  scripta  lituris 

5  haec  ost  Aeolidos  fratri  scribentis  imago 

23  cur  umquam  plus  me  frater  quam  trater  amasti 

29  nee  somni  faciles  et  nox  erat  anuua  nobis 

31  nee  cur  hacc  facercm  poteram  mihi  reddere  causam 

39  quas  mihi  non  herbas,  quae  non  medicamiua  nutrix 

4t  ut  penitus  nostiis  hoc  te  celavimus  uuum 

62  illius  de  quo  matcr  et  uxor  eris 

80  et  vix  a  misero  conti aet  ore  manus 

103  ferte  faees  in  me  quas  fertis  Erinyes  atrae. 


CCXXXVm    DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCIIEN  HEROLDEN. 

Acontiuö  (242  Verse). 

2  promissam  satis  est  te  semel  esse  mihi 

8  debitus  ut  coniux  non  ut  adulter  amo 

tt  invenies  illic  id  te  spondere  qiiod  opto 

16  et  spc  quam  dederas  tu  milii  crevit  amor 

24  id  me  quod  quereris  conciliare  potest 

25  non  ego  natura,  non  sum  tam  callidus  usu 

26  BoUertem  tu  me,  crede,  puella  facis 

27  te  mihi  compositis,  si  quid  tarnen  egimus,  a  me 

31  Sit  fraus  huic  facto  nomen  dicarquc  dolosus 

32  si  tarnen  est  quod  ames  velle  teuere  dolus 

34  altera  fraus  haec  est  quodque  queraris  habes 

44  exitus  in  dis  est,  sed  capiere  tarnen' 

47  si  non  proticieut  artes,  veniemus  ad  arma 

50  nee  quemquam  qui  vir  posset  ut  esse  fuit 

52  ut  Sit  erit  quam  te  non  babuisse  minor 

62  nee  dubito  totum  quin  sibi  par  sit  opus 

63  hac  ego  compulsus  non  est  mirabile  forma 
65  denique  dum  captam  tu  te  cogare  fateri 
71  quamlibet  accuses  et  sis  irata  licebit 

85  sed  neque  compedibus  nee  me  compesce  catenis 

91  nunc  reus  infelix  absens  agor  et  moa  cum  sit 

03  hoc  quoque  quod  tu  vis  sit  scriptum  iniuria  nostrum 

94  quod  de  me  solo  nempe  queraris  habes 

95  non  meruit  falli  mecum  quoque  Delia.    si  non 
97  adfuit  et  vidit,  cum  tu  decepta  rubebas 

109  dicendum  tamen  est.    hoc  est,  mihi  crede,  quod  aegra 

1 1 3  iude  fit  ut  quotiens  existere  pertida  temptas 

121  hostibus  et  si  quis  ne  fias  nostra  repugnat 

122  sie  sit  ut  invalida  te  solet  esse  mihi 

123  torqueor  ex  aequo  vel  te  nubente  vel  aegra 
125  maceror  iuterdum  quod  sim  tibi  causa  dolendi 
135  et  rursus  miserum  quod  me  procul  inde  remoto 
144  ad  spes  alterius  quis  tibi  fecit  iter 

149  elige  de  Vacuis  quam  non  sibi  vindicet  alter 

155  nam  quod  habes  et  tu  gemini  verba  altera  pacti 

159  promisit  pater  haue,  haec  et  iuravit  amanti 

IfiO  ille  homines,  haec  est  testificata  deam 

162  uum  dubites  hie  sit  maior  an  ille  metus 

166  nee  spes  par  nobis  nee  timor  aequus  adest 

168  idque  ego  iam  quod  tu  forsan  amabit  amo 

172  ad  quid,  Cydippe,  littera  nostra  redit 

173  hie  facit  ut  iaceas  et  sis  suspecta  Dianae 

174  hunc  tu,  si  sapias,  limen  adire  vetes 


DIE  SOGENANNTEN  OVIDISGHEN  HEROIDEN.      CCXXXIX 

176  atque  utinam  pro  te  qui  movet  illa  cadat 

177  quem  si  reppuloris  nee  quem  dea  damnet  amaris 

178  et  tu  continuo,  certe  ego  salvus  ero 

182  sed  quae  praestauda  est  et  sine  teste  fide 

193  audiet  baec,  repetens  quae  sint  audita.  requiret 

194  ipsa  tibi  de  quo  coniuge  partus  eat 

195  promittes  votum,  seit  te  promittere  falsa 

196  iurabis,  seis  tc  fallere  posse  deos 

197  non  agitur  de  me,  cura  meliore  laboro 
201  et  eur  ignorent     matri  lieet  omnia  narres 
203  ordine  fae  referas,  ut  sis  mihi  eognita  primum 
207  et  te  dum  nimium  miror,  nota  eerta  furoris 
213  ne  tameu  ignoret  scripti  sententia  quae  sit 
215  nube  preeor  dicet  cui  te  bona  numina  iungunt 

217  quisquis  is  est  plaeeat,  qnoniam  plaeet  ante  Dianae 

219  sed  tarnen  et  quaerat  qui^  sim  qualisque  videto 

223  illa  mihi  patria  est,  nee  si  gcnerosa  probatis 

225  sunt  et  opes  nobis,  sunt  et  sine  crimine  mores 

227  appeteres  talem  vel  non  iurata  maritum  • 

228  iuratae  vel  non  talis  habendus  erat 

229  haee  tibi  me  in  somnis  iaeulatrix  seribere  Phoebe 
235  quod  si  eontigerit,  eum  iam  data  signa  sonabunt. 

Wie  tief  durch  so  tiberniäszig  häufige  Zusammenstellung 
selbst  von  zwei  einsilbigen  Längen  der  Bau  der  Spondeen; 
nicht  zu  ihrem  Vortheil,  betroffen  wird,  ist  klar.  Und  es 
kann  nichts  Entscheidenderes  geben  als  eine  so  grosze  und 
so  durchgehende  Verschiedenheit  des  Versbaues. 

b)  Es  wird  auch  Folgendes  bemerkt  werden  dürfen. 
Im  Acontius  sind  drei  Hexameter  mit  vier  anfangenden 
S])ondeen : 

21    deeeptam  dicas  nostra  te  fraude  lieebit 
31     sit  fraus  huie  facto  uomen  dicarque  dolosus 
119    serventur  voltus  ad  nostra  ineendia  nati. 

In  der  Canace  ist  zwar  ein  solcher  Vers,  der  aber  nicht 
voll  wiegt,  da  er  zu  einer  Figur  gebraucht  ist: 

23    cur  umquam  plus  me  frater  quam  frater  amasti, 

Als  fernere  nicht  interpolirte  Episteln  wird  man  stu- 
diren  können :  Oenone,  Hermione,  Laodamia,  auch  die  weit- 
läufige Phyllis,  alle  mit  zu  den  schlechtesten  in  der  Samm- 


CCXL  DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCUEN  HEROIDEN. 

lung  gehörend,  Phyllis  und  Oenone   wol  die  schlecbteaten, 

Laodamia  immer  noch  die  belebteste.    Nicht  interpolirt  soll 

aber  nicht  ausschlieszen  den  Zusatz  eines  oder  des  andern 

Distichons,  ja  in  der  Oenone  nicht  bedeuten  dasz,   so  viel 

man    dieser   wunderlichen  Nymphe    auch    zu   gute    halten 

kann,  nicht  die  schändlichen  Verse  140—144,    so  wie  auch 

151.  152,   sich   hinreichend    kenntlich    machten   um  sie  als 

Zusatz  zu  erkennen,  wie  Merkel  sie  bezeichnet  hat.    In  der 

Laodamia    ist  der   mehrmals    abspringende    Gedankengang 

absichtlich   zum  Ausdruck  der  Beunruhigung    und  so    dasz 

kein  Anlasz    zur  Verdächtigung   entsteht.    Uebrigens    sind 

die  166  Verse  doch  in  ihrer  Art  erkennbar  genug,   um  das 

ganz  wider  die  Intention  eintretende  Distichon  155  f. 

crede  mihi,  plus  est  quam  quod  videatur  imago: 
adde  sonum  cerae,  Protesilaus  erit 

hinauszuw61*fen.  V.  152  hat  es  vielleicht  nicht  referat,  son- 
dern referefis  geheiszen.  V.  137  nothwendig  quamvis  statt 
guue  sie.  Und  selbst  bei  dem  freilich  nicht  besonders  ver- 
feinerten Geschmack  darf  man  wol  über  das  kalte  Wasser 
V.  26  stutzen  und  meinen,  dasz  der  Vers  ursprünglich  so 
nicht  geheiszen  hat. 

6.  Doch  zurück  zu  den  ausgedehnteren  Interpolationen 
und  Fortsetzungen.  Die  vierzehnte  Epistel  (Hypennnestra, 
132  Verse)  ist  gut  (diesen  Ausdruck  freilich  überall  hier 
nach  mäsziger  Scala  verstanden)  und  gleichmäszig  bis  V.  84. 
Nur  V.  59—62  dürften  Interpolation  sein.  Mit  V.  8J  tritt 
plötzlich  eine  auffallende  Aenderung  des  Tons  und  der  Ten- 
denz ein,  ein  leidenschaftliches  Sichstürzen  auf  die  Geschichte 
der  lo  mit  ganz  ungerechtfertigtem  Verweilen  und  völligem 
Vergessen  dasz  ein  Brief  geschrieben  wird,  so  weit  dasz  lo 
mehrmals  angeredet  wird.  Auszerdem  wird  man  betroffen 
von  gehäuften  und  auch  inopten  acumina.  Schon  Scaliger 
hat  die  Verse  85—118  für  interpolirt  erklärt:  und  das  Ge- 
fühl, welches  auch  die  Verse  nach  109,  den  Uebergang 
nach  der  logeschichte  und  die  Rückkehr  in  die  Gegenwart 
als  wunderlich  und  um  die  Schrecken  ihrer  eignen  Erfah- 
rung zu  schildern  auffallend  matt  empfindet,  theile  ich  durch- 


DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCHEN  HEBOIDEN.  CCXLI 

aus«  Allein  die  Fortsetzung  nun  ist  gleichfalls  nicht  zu 
dulden.  V.  125:  entweder  rette  mich  oder  tödte  mich  — 
wie?  wo?  —  und  verbrenne  mich  heimlich  —  warum?  — 
und  begrabe  mich  kenntlich.  Und  auf  das  Grab  soll  ge- 
schrieben werden:  exul  Htjpermnestra  —  pretium  pietatis 
tniquum  —  quam  mo?*tem  fratri  depulit  ipsa  tulit.  Warum 
denn  exuH  Es  wird  doch  niemand  einfallen  das  etwa 
blosz  darauf  zu  beziehen,  dasz  sie  aus  Aegypten  nach  Argos 
verjagt  worden,  welches  sie  freilich  etwas  wunderlich  hier 
V.  112  mit  ultimus  orbis  bezeichnet  hatte:  sie  wie  alle  übri- 
gen. Wenn  der  Verfasser  dieser  Verse  mit  dem  exul  das 
gemeint  hat,  dann  that  er  gewis  etwas  was  gar  nicht  am 
Orte  war.  Aber  er  hat  wol  gemeint,  was  jeder  versteht 
und  was  zur  Sache  gehört,  dasz  sie  eben  im  Exil  umge- 
kommen. Nun  aber  war  davon  dasz  der  Vater  sie  in 
Verbannung  geschickt,  wo  sie  umgekommen,  hier -durchaus 
nicht  die  Rede.  Aber  in  der  bekannten  Stelle  des  Horatius 
ist  davon  die  Rede:  me  vel  cxtremos  Numidarum  in  agros 
classe  relegel.  Dann  weiter :  scribere  plura  libet^  sed  pon- 
dere  lapsa  catenae  est  inanus  et  vires  subtrahit  ipse  timor. 
Wie?  nachdem  sie  ihm  alles  dargestellt  und  bereits  ihr  Be- 
gräbnis und  ihre  Grabschrift  ihm  angegeben,  hat  sie  Lust 
noch  mehr  zu  schreiben,  fast  hätte  ich  geschrieben  und  mit 
Recht:  hat  sie  Lust  nun  noch  zu  schwatzen?  Welche  un- 
passende Uebertragung  aus  einer  Situation,  wo  etwa  eine 
Liebende  schreibt,  oaQtUfiev  alXijXoiai.  Doch  als  üebergang 
zu  den  Ketten  bot  es  sich  dar,  zu  den  Ketten  die  Horatius 
an  derselben  Stelle  lieferte:  me  paler  saevis  oneret  catenis. 
Aus  der  Stelle  über  die  lo,  in  welcher  übrigens  V.  91 
conatoque  queri  muqitus  edidit  ore  ebenso  in  den  Metamor- 
phosen steht,  ist  anzumerken  dasz  hier  zwei  Hexameter 
ins  Ohr  fallen  von  folgendem  Bau,  wie  wir  bisher  nicht 
gehört : 

95    illa  lovis  magnf  paelöx  metuenda  sorori 
und  107    per  sept^m  Nilüs  portüs  emissus  in  aequor. 

Auch  hört  man  V.  HO  auclor?  dant  anni  quod  querar  ecce 
mei  etwas,    was  man    bisher  in  dieser  Epistel    noch  nicht 

Leim,  Ho»Uiu.  Q 


CCXLU         DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCHEN  HEROIDEN. 

gehört,  nemlich  einen  Pentameter  mit  ganz  spondeisebem 
erstem  Theil.  Und  nun  folgen  bis  zum  Schlüsse  V.  132 
noch  drei  dergleichen: 

120    quid  fiet  souti,  cum  rea  laudis  agar 
122    infelix  uao  fratre  manente  cadam 
130    quam  mortem  fratri  dcpulit  ipsa  tulit. 

In  dem  ersten  dieser  Verse  wird  handschriftlich  auch  ßaly 
9Xich  ßeret  geboten:  ^quidßet  sonti]  y?erp/ Septem,  Awoßat] 
utrumque  bene/  Heinsius.  Ich  bin  nun  der  Meinung,  dasz 
nach  den  Versen  83.  84,  bis  zu  welchen  der  Brief  unange- 
fochten fortgeht 

abstrahor  a  patriis  pedibus,  raptamque  capillis  — 
haec  meruit  pietas  praemia  —  carcer  habet, 

womit  der  Schlusz  noch  nicht  gegeben  scheint,  sich  noch 
als  ursprüngliche  Verse  anschlieszen  119.  120. 

eu  ego,  quod  vivis,  poeuae  crucianda  reservor: 
quid  fioret  sonti,  cum  rea  laudis  agar? 

mit  sehr  gutem  Schlusz  auf  denjenigen  Gedanken,  der  als 
ein  Hauptgedanke,  aus  dem  sie  schreibt,  auch  früher  schon 
erschien:  für  meine  Pietät  leide  ich.  Und  ist  dem  so,  so 
steht  es  also  frei,  wenn  man  das  rationeller  findet,  ßeret 
zu  schreiben. 

7.  Dasz  die  siebente  Epistel  (Dido,  196  Verse)  nicht 
von  Ovidius  ist,  könnte  man  auch,  wenn  es  irgend  nöthig 
wäre,  aus  den  bekannten  Ovidischen  Versen  sehen  Amor. 
II,  18,  25  f.:  scribhnus  .  .  .  quodque  ienens  strictum  Dido 
miserabilis  ensem  dicat  et  Aeoliae  Lesbis  amica  lyrae,  Ovi- 
dius bezeichnet  mit  jenen  Worten  in  symbolisch  poetischem 
Ausdruck,  dasz  jenes  sein  Gedicht  Didos  letzte  Worte  ent- 
halte, unmittelbar  ehe  sie  sich  den  Tod  gab.  Dies  ist  aber 
in  der  heutigen  Heroide  nicht  so.  Diese  setzt  die  Anwesen- 
heit des  Aeneas  voraus  und  gibt  es  nicht  auf  ihn  umzu- 
stimmen: sie  bittet  z.  B.  wenigstens  sanftere  Winde  abzu- 
warten und  versucht  alle  Gründe  aufzubieten,  die  ihn  noch 
zur  Rückkehr  zu  Dido  bewegen  könnten.  Dies  alles  ist 
also  nicht  von  ihr  gesagt  in  dem  Augenblick,  wo   sie  sich 


DIE  SOGENANNTEN  0VIDI8CHEN  HEROIDEN.        CCXLEI 

den  Tod  geben  wird,  in  dem  sie  überhaupt  den  Aeneas  um 
nichts  zu  bitten,  wol  aber  ihm  viel  zu  sagen  haben  könnte, 
sogar  auf  die  sehr  unge>vi8se  Möglichkeit  dasz  der  Brief 
ihn  jemals  erreiche,  Vorwürfe  nemlich  und  Prophezeiungen. 
Und  in  dem  obigen  Sinne  steht  auch  z.  B.  ganz  deutlich 
177-182: 

pro  meritis  et  si  qua  tibi  debebimus  ultra, 
pro  spe  couiugii  tempora  parva  peto: 

dum  freta  mitescuut  et  amor,  dum  tempore  et  usa 
fortiter  edisco  tnstia  posse  pati. 

si  minus,  est  auimus  nobis  eifundere  vitam: 
in  me  crudelis  non  potes  esse  diu. 

Wenn  nun  hieuach  folgt  183: 

aspicias  utinam  quae  sit  scribentis  imago : 
scribimus«  et  gremio  Troicus  ensis  adest 

USW.  bis  zum  Schlusz  196,  so  ist  das  ein  ganz  unerträg- 
licher Zusatz,  veranlaszt  durch  die  Anfangsverse  sie  übt 
fata  twcant,  udis  abiechis  in  herbis  ad.  vada  Maeandri  concinit 
albus  oior,  nee  quia  te  nosira  sperem  prece  posse  moveriy 
adloquor,  welche  nur  in  dem  Sinne  gemeint  sein  können: 
'ich  fühle  doch  dasz  es  mein  Schwanengesang  ist'  —  veran- 
laszt durch  jene  obige  Stelle  des  Ovidius,  welche  obendrein 
wol  geschmacklos  miszangewendet  ist.  Denn  fch  glaube 
dasz  der  Ausdruck  'was  Dido  sagt  das  gezogene  Schwert 
haltend'  zur  Bezeichnung  ^inmittelbar  ehe  sie  sich  tödten 
wiir  und  als  poetisch  symbolischer  Ausdruck  über  römische 
und  Ovidische  Dichtersprache  nicht  hinausgeht;  dasz  aber 
die  förmliche  Präsentation  des  Bildes,  dasz  sie  diesen  gan- 
zen Brief  schreibt  mit  dem  Schwerte  auf  dem  Schosz,  ge- 
schmacklos ist  und  wol  über  Ovidius  hinaus.  Doch,  worauf 
es  uns  eigentlich  ankommt,  die  Verse  1183—196  passen 
jedenfalls  durchaus  nicht  zu  der  Situation  in  der  sich  die 
Epistel  bewegt,  und  passen  ferner  durchaus  nicht  zu  den 
unmittelbar  vorhergehenden  Versen.  Allein  auch  die  Vers- 
partie, welche  mit  182  schlieszt,  von  169  an:  nota  mihi  freta 
sunt  usw.  paszt  wieder  durchaus  nicht  zu  ihrer  Vorpartie. 

Denn  unmittelbar  vorher  waren  die  Beschwörungen  ausge- 

Q2 


CCXLIV        DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCHEN  HEROIDEN. 

führt,  zu  Dido  und  als  Beherrscher  ihrer  neuen  Stadt  blei- 
bend zurflckzukehren.  An  und  für  sieh  eine  passende 
Steigerung  zu  dem  in  der  Epistel  überflüssig  behandelten: 
'bleib  wenigstens  bis  die  Winde  sanfter  werden/  Aus 
welcher  zu  jenem  ohne  allen  und  jeden  motivierenden 
Uebei^ng  nicht  wieder  zurückgekehrt  werden  kann.  Zwi- 
schen den  beiden  genannten  Gedanken,  welche,  wie  gesagt, 
sich  richtig  steigern  würden,  liegt  in  der  Epistel  eine  Menge 
wüster  und  unvermittelter  Dinge,  auch  Grobheiten  (79  flf.), 
am  wenigsten  geeignet  den  Aeneas  sanfter  zu  stimmen  — 
und  nachher  auffallend  vergessen  (107.  15S),  nicht  zurück- 
genommen. Die  erste  Interpolation  beginnt  V.  22,  reichend 
bis  36,  ganz  unverkennbar  an  dem  Hinausfallen  in  die 
jugendlichste  Liebesglut,  die  für  Dido  überhaupt  nicht  und 
gewis  jetzt  nicht  paszt,  wo  Treue  und  Rettung  der  Ehre 
die  ersten  Motive  sind,  und  an  dem  durch  seine  Plötzlichkeit 
wie  durch  seine  Dauer  gleich  frappierenden  Hinausfallen  in 
die  dritte  Person,  sogar  mit  ille. 

Der  Schlusz  der  ursprünglichen  Epistel  lag  wol  V.  160. 
161  sie  .  .  Ascaniusque  suos  felidter  inpleat  annos,  et  senü 
Anchisae  moUiter  ossa  cubent  Allein  die  echten  diesen  vor- 
angehenden Verse  hat  die  Interpolation  oder  die  jammer- 
volle Uebörlieferung  weggeschwemmt.  Die  jetzigen  beiden 
vorangehenden  Verse  sind  Unsinn.  —  Die  Grabschrift  nahm 
wie  das  tumuli  und  marmore  carmen  derjenige  dem  liier  die 
letzten  Verse  verdankt  werden  aus  den  Fasten  III,  548. 
Wiewol  es  gar  nicht  unwahrscheinlich  aussieht,  dasz  Ov. 
an  dieser  Stelle,  auch  schon  a.  a.  HI,  39,  die  von  ihm 
selbst  für  seine  Didoepistel  erfundene  Grabschrift  benutzte. 

8.  Sabinus  hatte,  wenn  der  wunderlich  unverbunden 
eintretenden  Stelle  Amor.  II,  18,  27  zu  trauen  ist,  den 
Aeneas  den  Brief  der  Dido  beantworten  lassen.  Wir  wollen 
ihm  wünschen  dasz  er  wenigstens  einigermaszen  angedeutet 
hatte,  was  den  Aeneas  zu  der  Voraussetzung  veranlassen 
durfte,  Dido  habe,  obgleich  schon  das  gezogene  Schwert 
in  der  Hand,  ihren  Vorsatz  doch  wol  nicht  ausgeführt.  Wir 
wollen  ihm  zutrauen  dasz  er  nicht  so  ganz   unbekümmert 


DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCHEN  HEROIDEN.  CCXLV 

um  Zeit,  Ort  und  Verhältnis  in  den  blauen  EQmmel  hinein- 
geschrieben,  wie  es  in  dem  (zehnten)  Briefe  der  Ariadne 
geschieht  (150  Verse) :  in  welchem  dies  geradezu  ins  Lächer- 
liche geht,  wie  man  sich  leicht  vei^üglich  auch  selbst 
überzeugen  wird.  Ist  Amor.  II,  18,  24  den  Worten  quod .  . 
Hippolytique  parens  Hippolytusque  legant  ein  Brief  der  Ariadne 
gemeint  und  dadurch  ein  Ariadnebrief  des  Ovidius  bezeugti 
so  hatte  Ov.  selbst  allerdings  gerade  für  solche  Situation 
Gelegenheit  seinen  Ovidischen  Scharfsinn  zu  zeigen.  In  den 
jetzigen  Briefen,  auch  in  ihrer  ursprünglichen  Gestalt,  haben 
wir  es  im  Punkte  der  Zeit  gar  zu  genau  nicht  zu  nehmen. 
Aus  der  Reihe  der  schon  berührten  Episteln  ist  es  gar  zu 
gut  nicht  angelegt,  dasz  Leander  seinen  Brief  mit  so  aus- 
führlicher Erzählung  seiner  ersten  Liebesfahrten  während 
der  Zeit  niederschreibt,  dasz  ein  Schiffer  sich  fertig  macht 
hinüberzufahren.  Allein  es  gibt  doch  für  Zeit,  Ort  und 
Umstände  ein  mehr  und  weniger.  Und  ganz  so  arg  wie 
in  der  jetzigen  Epistel  der  Ariadne  ist  es  ursprünglich  wol 
nicht  gewesen.  Denn  es  ist  nicht  so  arg,  wenn  der  ur- 
sprüngliche Brief  nur  bis  V.  76  (vielleicht  noch  mit  zuge- 
hörigem V.  81.  82)  ging,  wofür  alles  spricht.  Während 
es  bis  dahin  an  Ordnung  und  Einheit  gar  nicht  fehlt,  haben 
wir  von  hier  an  —  ein  Kehrichtfasz  und  eine  Bumpelkam- 
mer,  alles  in  Unordnung,  Unverbundenheit  und  Wunderlich- 
keit. Man  beginne  hier  mit  der  Naturgeschichte  von  V.  89 
an  und  dem  Bodami  in  solchen  Todesphantasien  sehr  un- 
zeitig erwachenden  Ahnenstolz,  vergesse  auch  nicht  sich  in 
Styl  und  Gliederung  der  Verse  85 — 89  zu  versenken,  oder 
man  beginne  mit  der  letzten  Gruppe  von  V.  135.  Beide 
Partien  sind  geradezu  komisch.  Der  Brief  soll  Theseus 
noch  —  also  musz  er  doch  auf  das  schleunigste  abgehen  1 
durch  wen  in  der  geschilderten  Wüste  der  Insel?  —  soll 
ifin  noch  auf  dem  Meere  während  der  Reise  treffen.  Im 
einzelnen  ist  es  nicht  komisch  wie  sie  ihm  den  Best  ihrer 
Haare  zeigt?  147  hos  tibi  qui  superant  ostendo  maesta  capäios. 
Und  wenige  Verse  vorher  sah  es  so  schlimm  mit  den  Haaren 
noch  nicht  aus,  137  aspice  demssos  lugentis  more  capHlos. 


CCXLVI        DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCHEN  HEBOIDEN. 

Da»  will  auch  so  viel  noch  nicht  sagen:  der  Rock  von 
Thränen  so  schwer  wie  von  Regen  freilich  mehr,  dasz  das 
Briefpapier  ihr  in  der  Hand  zittert  gar  nichts.  Die  Unzu- 
länglichkeit (um  gelinde  zu  reden)  dieser  Verse  in  sich  mag 
besonders  ins  Auge  fassen  wem  es  etwa  beifiele,  andern 
genannten  Uebelständen  dadurch  zu  entgehen  dasz  er  145 
biB  150  für  Zusatz  hielte.  Wenn  der  Brief  bis  76  geht,  so 
enthält  er,  etwa  am  Schlusz  des  ersten  Tages  der  Verlassen- 
heit gesehrieben,  ohne  Erwartung  einer  Rettung  die  Schil- 
derung des  Erwachens  und  des  verzweiflungsvollen  Verlaufs 
des  ersten  Tages.  Daran  geknüpft,  von  V.  59,  die  Aussicht 
ihrer  verzweifelten  Lage  sogar  für  den  gedachten  Fall  dasz 
etwa  noch  Menschen  landeten  und  sie  fortführten.  Und  das 
Wiedereinlenken  auf  den  jetzigen  Augenblick,  wo  der  Tod 
sicher  genug  bevorsteht,  oder  —  mit  81.  82  —  wo  der  Tod, 
sieher  genug,  nur  noch  übertroflfen  wird  von  der  Erwartung 
des  Todes,  der  in  tausend  Gestalten  vor  ihre  Phantasie 
tritt.  Warum  ist  denn  unter  diesen  tausend  Schreckgestalten 
nicht  die  sicherste  und  unentfliehbarste  —  des  Verhungems? 
So  >vie  sie  anfing  auf  die  verschiedenen  möglichen  Weisen 
des  ihr  drohenden  Todes  im  einzelnen  einzugehen,  so 
durfte,  man  mag  die  idealen  Freiheiten  der  Poesie  noch  so 
weit  ausdehnen,  von  einem  nachdenkenden  Dichter  dieses 
nicht  unerwfihnt  gelassen  werden:  dem  sie  doch  zu  steuern 
keine  Mittel  hatte  wie  Philoktetes,  dessen  Fabel  daran  er- 
innern mag,  wie  poetisch  sich  dieses  Moment  verwerthen 
läszt.  —  Sollte  man  schon  bei  dem  dritten  Verse  des  Briefs 
yuae  (andere  Lesart  quam)  legis  ex  illo^  Thesen,  tibi  litore 
?niito,  unde  tunvi  sine  me  vela  tulere  ratem  anstoszen  wollen 
und  fragen:  ich  schicke  dir  —  durch  wen?  so  dürfte  das 
nicht  berechtigt  sein.  Das  quae  oder  quam  legis  mitto  tibi 
litore  usw.  braucht  wol  nichts  zu  bedeuten  als  ein  do  ad  te  — . 
Sie  wird  die  Schilderung  ihrer  Lage  in  der  kurzen  Frist, 
die  ihr  noch  bleibt,  und  getrieben  der  Bitterkeit  ihres  Ge- 
fühls Ausdruck  zu  geben,  als  einen  Vorwurf  für  Theseus 
hinterlassen,  selbst  für  den  unsichem  Fall,  ob  der  Brief  ge- 
funden werden,  ob  er  an  Theseus  gelangen  wird. 


DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCHEN  HEROIDEN.       CCXLVII 

Der  meiner  Meinung  nach  ursprüngliche  Theil  des  Brie- 
fes scheint  Anspruch  machen  zu  dürfen,  dasz  man  einige 
Unebenheiten  durch  Kachbesserung  hebe.  So  V.  19.  20: 

nunc  huc,  nunc  illuc,  et  utroque  sine  ordine  curro: 
alta  puellarcs  tardat  harenapedes, 

Ich  meine: 

nunc  huc,  nunc  illuc,  et  utroque  sine  ordine  curro : 
nulla  puellares  tardat  harena  podes. 

V.  65 — 68,  wodurch  ganz  wider  den  bisherigen  Styl  die- 
selbe Sache  dreimal  gesagt  erscheint,  auch  die  Bezeichnung 
puero  cognita  terra  Jori  als  ungehörig  und  gesucht  auffällt, 
darf  man  entschieden  für  eingeschoben  halten.  V.  69  ist 
et  patei*  et  lellus  die  richtige  Lesart,  nicht  at  pater  — .  Ob 
man  V.  81.  82,  wie  gesagt,  noch  hinzunehmen  will,  kann 
überlassen  bleil)en.  Das  Elend  der  Verse  76 — 79  liegt 
offen.  In  den  nächsten  der  Interpolation  zugeschriebenen 
Versen  klang  mir  die  Elision  qu/s  seit  an  haec  sacvas  tigrU 
(las  insula  habet  f  V.  86  l)efremdlich.  Viertel  sagt  mir, 
im  0\idius  fum  in  gang])arer  Weise  zu  sprechen)  wenigstens 
gebe  es  Elision  in  dieser  vorletzten  Sylbe  des  Pentameters 
nur  zweimal,  und  beidemal  mit  e  im  Infinitiv:  Trist,  IV,  2, 
54  resistcre  equos.  Pont,  I,  8,  46  addere  equos.  —  Derselbe 
bemerkt  mir  eine  Seltenheit  aus  dem  ursprünglichen  Theile, 
V.  27  aseendo:  vires  animns  dabat^  atque  ita  late:  eine  Elision 
in  der  ersten  Kürze  des  Dactylus  im  fünften  Fusze  komme 
bei  Ov.  nur  in  den  Metamorphosen  vor,  und  zwar  blosz 
atque  ita  V,  214.  ille  ego  I,  757.  {ergo  ego  VII,  172.)  — 
Ich  will  der  Bemerkung  hier  noch  einen  Platz  geben  dasz 
in  der  ersten  Hälfte  acht  Synalöphen  sind,  in  der  zweiten, 
die  sich  uns  als  Zusatz  aufgedrungen,  gleich  langen  sind 
drei  Synalöphen.  —  Wenn  ich  aber  dergleichen  nicht  un- 
werth  der  Anführung  halte  als  Zugabe  dringenderer  Ver- 
dachtsgründe aus  den  Sachen,  so  erinnere  ich  absichtlich, 
dasz  jene  dringenden  Verdachtsgründe  für  mich  die  ent- 
scheidenden waren.  Ich  habe  diesen  Ariadnebrief  nach  lan- 
ger Zeit  und  ohne  meine  frühere  Entscheidung  im  Gedächt- 
nisse zu  haben  jetzt  wiedergelesen  und  bin  ganz  auf  das- 


CCXLVni      DIE  ßOOENANNTEN  0VID18CHEN  HEROIDEK. 

selbe  Ergebnis  gekommen.  Der  zweite  Theil  des  Briefes 
ist  fort  und  fort  Geftthl  und  Verstand  beleidigend :  er  ist 
scheuszlich. 

9.  Sehr  ins  Enge  gezogen   mttssen  die  Zeitverhältnisse 
in    der  Deianira   gedacht   werden,    der    neunten  Epistel 
(168  Verse).    Man  musz  denken:  als  das  Gerücht  sich  ver- 
breitet, Hercules  liebe  die  lole  (vgl.  Metam.  IX,  135—140), 
hat  sie  dem  Hercules  das  giftige  Gewand  überschickt    Als 
lole   angekommen  und  durch  ihre    übermttthige  Gegenwart 
das  Gerücht  zur  Gewisheit  gemacht   und  die  Eifersucht  neu 
aufgestachelt,    schreibt  sie   diesen  Brief  nur    voll  von  dem 
Gefühl  ihm  Vorwürfe  zu  machen;  der  Gedanke  der  zu  er- 
wartenden Wirkung  des  übersendeten  Gewandes,  die  eine 
Wiedervereinigung  erhoffen  läszt,  ist  nicht  vorhanden.  Jeden- 
falls zu  groszer  Bequemlichkeit  eines  zum  Ausdruck  feinerer 
gemischter  Empfindungen  gänzlich  unbegabten  Autors.  Wäh- 
rend des  Schreibens  kommt  die  Botschaft,  nein  das  Gerücht 
(145),  wir  wollen  also  sagen,  es  kommt  ihr  das  Gerücht  zu 
—  an  dessen  Wahrheit  sie  mit  ihrem  Bewusztsein  keinen 
Augenblick  zweifeln  kann  —  dasz  Hercules,    der    das  Ge- 
wand nun  angezogen,  unter  den  Qualen  desselben  zu  Grunde 
gehe.    Da  wendet  sich  Zorn  und  Eifersucht  in  Klage  und 
Verzweiflung    über   ihre  That,    mit   der  Erwartung,    diese 
Rechtfertigung   werde  wol    auch   noch  vor  die  Augen  des 
lebenden  Hercules  kommen.    Was  wir  um  so  weniger  be- 
denklich finden  wollen,  weil  allerdings  gerade    hier  schon 
das  griechische  Drama  die  Zeitverhältnisse  poetisch  auffal- 
lend   zusammengerückt   hat.      Ob    man    überhaupt   fragen 
dürfte,    warum  sie  den  Hercules    denn  auch  jetzt  noch  die 
ganze  Abkanzelung  will  genieszen  lassen,  weisz  ich  nicht. 
Bei  dem  Verfasser,  der  diese  vorliegende  schrieb,  darf  man 
es  gewis  nicht.     Ich  finde  keinen  einigermaszen  entschei- 
denden Grund,  dasz  der  ursprüngliche  Brief  nur  eben  bis 
zu  den  Worten  gegangen  133 — 136: 

Eurytidosqae  loles  atque  Aonii  Alcidae 
tarpia  famosus  corpora  iunget  Hymen. 


DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCHEN  HEROIDEN«  CCXLIX 

mens  fugit  admonitu,  frigusque  perambolat  artus, 
et  iacet  in  gremio  languida  facta  manus, 

80  sehr  dies  nach  einem  Schlusz  aussehen  könnte.  Die 
Uebergangsverse,  namentlich  137.  138,  müssen  ganz  und 
gar  ruiniert  sein  oder  die  ursprünglichen,  die  doch  nöthig 
waren,  durch  unsinnige  ersetzt. 

(Jewis  ist,  diese  Epistel  der  Deianira  ist  in  der  ganzen 
Sammlung  eine  der  widerwärtigsten,  eine  schwer  geladene, 
jedes  Hauchs  von  Grazie,  jeder  wirklichen  Leidenschaft  ent- 
behrende —  es  ist  wol  das  richtige  Wort  —  Abkanzelung. 
Um  etwas  Einzelnes  zu  berühren,  warum  ist  sie  denn  am 
Anfang  so  sehr  erstaunt,  dasz  Hercules,  den  keine  Gefahr 
besiegt,  von  der  Liebe  besiegt  worden,  als  sei  dies  etwas 
ganz  Neues,  während  sie  doch  das  Leporelloregister,  und 
aus  der  Zeit  ihrer  Ehe,  sehr  wol  inne  hat  und  es  aufrollt 
V.  49  ff.?  Aber  bei  alle  dem  kann  ich  nicht  glauben,  dasz 
die  ganze  Schilderung  des  Hercules  bei  der  Omphale,  wie 
sie  jetzt  hier  steht,  anders  als  durch  Interpolation,  welche 
die  Anlage  noch  übertyrannte,  in  diese  Gestalt  gekommen 
sei  statt  des  ursprünglichen  Fortgangs  64.  103.  104.  145  ff. 
So  absichtlich  und  im  prägnanten  Sinne  q>OQTixotg  wird  da 
auf  den  schon  vollen  Wagen  noch  alles  Schwerfälligste  hin- 
aufgeworfen, der  Diomedes  mit  seinen  Pferden  sogar  zwei- 
mal, 67.  90.  Der  Cerberus,  der  doch  schon  oben  nicht  ver- 
gessen war  (37),  kommt  auch  wieder  92.  Das  Schlangen- 
erdrttcken  in  der  Wiege  22,  hier  wieder  86.  Was  105  sagt, 
besagte  schon  84.  Dasz  der  Verfasser  dieses  Briefs  die  Er- 
zählung im  9.  Buche  der  Metamorphosen  gelesen  hat,  zeigt 
sich  wol,  aber  meist  in  angehafteten  Kleinigkeiten  des  Aus- 
drucks, so  dasz  die  Nachahmung  mehr  gemieden  als  gesucht 
scheint.  Im  Sachlichen  ist  wol  am  auffallendsten  der  Meleager 
in  der  Nachschrift,  V.  151,  verglichen  mit  Met,  IX,  150. 
Allein  die  Art  wie  in  der  Partie,  die  wir  jetzt  besprechen, 
der  dreiköpfige  Geryon  zusammen  mit  dem  dreiköpfigen 
Cerberus  genannt  wird,  91  ff.,  wie  gerade  hier  Busiris  und 
Antäus  herangezogen  werden,  69  ff.,  darf  man  wol  gröbliche 
Nachahmung  nennen.  —  V.  73  ist  Ars  am,  II,  219. 


CCL  DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCHEN  HEROIDEN. 

Was  das  Postscriptum  betrifft,  so  ist  der  ganze  Gedanke 
läppisch,  und  wo  möglich  noch  läppischer  ist  die  Ausführung, 
wie  sie  Brief  schreibend  mit  einem  Male  Strophen  dichte 
Es  mag  wol  derselbe  sein,  der,  als  er  von  Anfang  in  zor- 
niger Leidenschaft  aufzutreten  hatte,  einhertappte  wie  ein 
Bär,  der  jetzt,  da  ihm  so  etwas  vorschwebt  wie  Liebesweh, 
sich  wieder  nicht  zu  benehmen  weisz  und  sich  eine  äuszere 
Formzierlichkeit  anlegt,  übrigens  doch  gleich  wieder  in  die 
Thatsachen  der  Mythologie  fällt.  Und  es  mag  schon  sein, 
dasz  gerade  ein  Stück  wie  dieses  gar  sehr  den  Beifall 
jener  römischen  vornehmen  Herren  gewinnen  konnte,  deren 
Geschmack  Phyllidas  Hypsipylas  vatum  et  plorahile  si  quid 
so  sehr  in  Ehren  hielt.  Wir  wollen  sie  nicht  zu  hart  be- 
urtheilen.  Haben  wir  uns  selbst  ja  mit  diesen  Herolden  hin- 
reichend blamiert. 

40.  Dasz  Phädra,  Paris  und  Helena  durch  und  durch 
von  Interpolationen  und  Erweiterungen  durchzogen  sind, 
scheint  offenbar.  Die  Erwägungen  im  einzelnen  und  die 
Herbeiführung  einiger  Sicherheit  wird  die  gröszten  Schwierig- 
keiten haben,  auch  für  den  der  sich  mehr  zutrauen  darf  als 
ich  und  der  in  der  Lage  ist  auf  diesem  Gebiete  anhaltender 
zu  verweilen.  Zur  Mcdea  will  ich  noch  ein  paar  Bemer- 
kungen festhalten.    Medea  beginnt  die  zwölfte  Epistel: 

At  tibi  Colchorum  —  mcmini  —  regina  vacavi, 
ars  mea  cum  petercs  ut  tibi  ferret  opem. 

'Ich  aber  habe  doch  für  dich  Zeit  gehabt'  —  also  sie  hat 
den  lason  zu  sich  entbieten  lassen  und  er  sich  entschuldigt 
mit  Geschäften.  Es  war  dies  geschehen,  nachdem  einige 
(169),  nicht  gar  lange  (188)  Zeit,  nach  der  Hochzeit  lasons 
vergangen  war.  Was  aber  verlangt  sie  da  von  ihm?  red/te 
forum  —  193.  Er  soll  Creusa  wieder  verstoszen  und  sie 
selbst  zurücknehmen.  Das  ist  unsinnig.  Ob  es  ursprünglich 
ist?  Das  Frühere  scheint  auf  diesen  Gedanken  nicht  gear- 
beitet. Und  die  Beschaflfenheit  der  Verse  schon  von  169 
fordert  die  gröszten  Bedenken  heraus.  Der  schwächliche 
Ausdruck  des  bloszen  non  mihi  grata  dies  und  das  schwäch- 


DIE  SOGENANNTEN  OVmiSCHEN  HESOIDEN.  CCLI 

liehe  Zurückgehen  zu  dem  NichtschlafenkOnnen  nach  dem 
energischen  vorangegangenen  vnum  non  potui  perdümuUse 
virum  und  non  valeo  jlammas  effuyere  ipsa  meas  nebst  dem 
nachhinkend  kommenden  Drachen  und  dem  ungeschickten 
Ausdruck  in  V.  171  fällt  mir  jedesmal  auf.  Ebenso  nach 
dem  Beiwort  stullae  das  schwächliche  Beiwort  iniustis  auribtis. 
Dann  die  Gliederung  des  fttr  sich  eintretenden  Pentameters 
178  nach  den  drei  zusammen  verbundenen  Versen  musz 
wenigstens  beachtet  werden  (vgl.  aber  V.  62).  Höchst  auf- 
fallend ist  dasz  sie  180  sagt  flebit  et  ardores  vincet  adusta 
meos  in  reiner  unbesonnener  Vergeszlichkeit,  als  ob  sie 
schon  den  Plan  gefaszt  die  Braut  zu  verbrennen,  während 
sie  ja  noch  gar  nicht  weisz  welche  Art  des  Verderbens  sie 
wählen  wird,  181.  207  ff.  Sodann  die  Verse  189.  190,  als 
ob  sie  die  Kinder  blosz  deshalb  weil  sie  dem  Tason  ähnlich 
sind  liebt  und  bemitleidet  und  vor  der  Wuth  der  Stiefmutter 
geschützt  wissen  möchte.  Was  an  und  fttr  sich  und  rfach 
188  saeviot  in  pari  t/s  dira  novrrca  meos  ganz  wunderlich 
und  unerwartet  ist.  V.  192  per  meritum  et  natos  pignora 
nostra  diios  doch  ganz  ungeschickt  nach  dem  eben  Voran- 
gegangenen, als  ob  die  nati  nun  erst  aufträten.  V.  159 
adde  fidem  dictis  mi^iUumqne  refer.  Wenn  das  redde  torum 
193  unsinnig  ist,  so  ist  dieser  Zusatz  'und  erfülle  damit  das 
mir  gegebene  Versprechen,  dasz  ich  deine  Frau  sein  solf 
wahrlich  nicht  sinnig.  V.  202:  wenn  er  ihr  das  goldene 
Fell  zurttckgibt,  dann  isfs  gut.  Ich  wüszte  nicht  dasz  der 
vorangehende  Bestand  des  Briefs  dem  Gleiches  böte,  nament- 
lich auch  diesen  zuletzt  bemerkten  Punkten  Gleiches.  Und 
von  dem  allem  hat  eine  wiederholte  Betrachtung  nur  abge- 
zogen, dasz  die  Verse  187-T-190  auch  dem  nicht  gehören, 
der  sie,  nachdem  ihr  Zorn  zu  einer  Höhe  gelangt,  noch  die 
Verse  von  180  an  sprechen  liesz,  sondern  wieder  eine 
Interpolation  fttr  sich  sind.  Die  Worte  per  superos  oro 
usw.  schlieszen  sich  emchtlich  an  186  nee  moror  ante  tuos 
procubuisse  pedes.  Und  dann  dasz  das  Adjectiv  iniustis 
unter  allen  Umständen  eher  verdorben  sein  wird,  z.  B.  statt 
infestis.  Aber  alles  Uebrige  musz  ich  immer  wieder  festhalten 


CCLU  DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCUEN  HEROIDEN. 

und  halte,  wenn  man  das  Möglichste  zugibt,  fttr  den  ur. 
sprtinglichen  Schlusz  Folgendes: 

163    serpentes  igitar  potai  taurosqne  fiirentes, 

unum  non  potui  perdomuisse  vinim?*) 
165    qoaeqne  feros  pepali  doctis  medicatibus  ignes, 

non  valeo  flammas  effugere  ipsa  meas? 
ipsi  me  cantus  herbaeque  artesqae  relinqnunt: 

nil  dea,  nil  Hecates  sacra  potentis  agont. 
173    quos  ego  servaTi  paelex  amplectitar  artus, 

et  nostri  fructus  illa  laboris  habet. 
175    fonitan  et,  stultae  dum  te  iactare  maritae 

quaeris  et  infestis  auribus  apta  loqui, 
in  faciem  moresque  meos  nova  crimina  iingas. 

rideat  et  vitiis  laeta  sit  illa  meis? 
181    dum  ferrum  flammaeque  aderunt  sucusque  veneni, 

hoBtis  Medeae  nullus  inultus  erit 
209    quo  feret  ira,  sequar.**)  facti  fortasse  pigebit. 

et  piget  infido  cousuluisse  viro. 
•        Tiderit  ista  deus  qui  nunc  mea  pectora  venat. 

nescio  quid  certe  mens  mea  malus  agit. 

In  dem  vorhergehenden  Theil  des  Briefes  sind  Interpo- 
lationen zuerst  y.  11.  12.    Femer  53.  54  steht  : 

quam  tibi  tunc  longe  regnum  dotale  Creusae 
et  socer  et  magni  nata  Creontis  erant! 

und  wieder  steht  103,  abschlieszend  die  zweite  Aufzählung 
der  Gefahren,  welche  hier,  ganz  anders  wie  oben,  sehr  auf- 
fallend nach  Met.  VII,  1 34  gearbeitet  ist,  auch  das  ipsa  ego 
paUida  sedij  dort  ipsa  quoqtie  .  .  palluity 

dotis  opes  ubi  erant?  ubi  erat  tibi  regia  couiunx 
quique  maris  gemini  distinet  Isthmos  aquas? 

Beide  Distichen  zusammen  können  nicht  bestehen;  eines 
musz  weichen.  Und  vielleicht  deutet  ihre  sonderbare  Stel- 
lung noch  auf  etwas  Weiteres.  Mit  der  gröszten  Sicherheit 
sind  sodann  V.  115 — 127  in  Gedanken  und  Styl  und  Roh- 
heit der  Sache   barbarisch  und   ganz  aus  dem    bisherigen 


♦)  Vgl.  Tib.  n,  I,  72  fixisse  puellas  gestit  et  audaces  perdomuisse 
viros, 

**)  Vgl.  Sen.  Med.  942  ira  quo  ducit  sequar. 


DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCHEN  HEROIDEN.  CCLIU 

Tone  herausgehend.  Aber  schon  von  dem  Ausdruck  111 
virgimias  facta  est  peregrini  praeda  latronü  musz  ich  das 
sagen  und  das  Distichon  111.  112  auch  für  nicht  ursprüng- 
lich halten.  Solch  roher  Ausdruck  über  lason  ist  nicht  ge- 
geben. Bis  V.  134  drückt  sie  sich  nicht  einmal  über  ihn 
zornig  aus.  Und  nur  die  genannten  Verse  wären  es,  nach 
welchen  man  das 

iussa  domo  cessi,  natis  comitata  duobus 

et  qui  me  sequitur  semper  amore  tui 

y.  136  frappierend  finden  müszte.  Von  da  an,  wo  sie  an 
den  Punkt  gekommen,  dasz  er  nicht  nur  sie  aus  seinem 
Hause  entfernt,  sondern  sich  mit  einer  andern  vermählt  hat, 
und  unter  den  Bildern  der  ganz  kürzlich  vollzogenen  Hoch- 
zeit erwacht  ihr  Zorn  und  ihr  Rachegefühl. 

Der  erste  Autor  wie  die  Nacharbeiter  kennen  Ovidius 
wie  Seneca  gleich  gut.  116  sie  ego^  sed  teeum,  dilaeeranda 
fui  ist  nach  dem  Vers  der  Amoren  III,  1 4,  40  tune  ego,  'sed 
tecum,  mortuus  esse  velim.  Und  doch  ist  vielleicht  hier  dem- 
jenigen, dem  diese  wirklich  besonders  schlechten  Verse  ge- 
hören, etwas  begegnet,  was  vielleicht  dem  ursprünglichen 
Autor  nicht  begegnet  wäre.  121  heiszt  nemlich  (nach  Met. 
XV,  338  yndatnim  sparsas  Symplegadas  elisarum)  compressos 
vtinam  Symplegades  clisissent.  Nach  meiner  Reminiscenz 
(und  Viertel  bestätigt  mir  dasz  sie  richtig  ist)  hat  der  ele- 
gische Hexameter  weder  in  den  Herolden  noch  im  Ovidius 
andere  Spondiaci  als  mit  Nomen  proprium,  meist  griechischem. 
Das  virginitas  facta  est  peregrini  praeda  latronis  ist  nach 
Sen.  Med,  973  rnpta  virginitas  redit.  Aber  auch  der  vor- 
hergehende echte  Vers  HO  proditus  est  genitor,  regnum  pa- 
triamque  reliqui,  ?nunus  in  eocilio  quodlibet  esse  tuli  ist  nach 
Sen.  Med.  493,  wie  schon  Burmann  angemerkt  hat,  poenam 
putabam,  munus,  ut  video,  est  fuga.  Ich  glaube  aber  dasz 
die  eigentliche  Lesart  war  munus  et  exilium  quodlibet  esse 
tuli.  Vgl.  noch  VH,  168  dum  tua  sit  Dido,  quidlibet  esse 
feret,  —  Dasz  in  dem,  wie  mir  schien,  eingesetzten  Stück 
am  Schlusz  V.  205  nach  Trist.  V,  9,  20  ist  und  V.  207  quos 
equidem  actutum  nach  Met,  lU,  557  quem  quidem  ego  actutunty 


CCLIV  DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCHEN  HEKOIDEN. 

ist  bei  den  Herausgebern  zu  sehen.  Nach  136  vor  dem 
ut  subito  nostras  Hymen  cantatus  ad  aures  venit  stoszt  man 
sehr  an.  Es  fehlt  durchaus  der  Gedanke:  'da  aber  kam 
deine  neue  Ehe/ 

Bei  Gelegenheit  des  ul  subito  usw.,  wo  drei  Distichen 
zu  einem  syntaktischen  Ganzen  verbunden  sind  und  selbst 
das  Nachsatzverbum  erst  im  dritten  Distichon  kommt ,  sei 
erinnert;  dasz  oben  V.  13,  wo  die  Form  der  Verbindung 
zwar  immer  weniger  streng  wäre  und  das  ei-ste  Nachsatz- 
verbum schon  in  der  dritten  Zeile  einträte,  sie  aber  über- 
haupt wol  nicht  stattfindet,  sondern  hinter  boum  mit  stär- 
kerer Interpunction,  einem  Ausrufungszeichen,  schon  abzu- 
schlieszen  wäre.  Eine  Statistik  solcher  sechszeiligen  Ver- 
bindungen wäre  sehr  wdnscheuswerth.  Ich  finde  dasz  ich 
einmal  aus  den  Amoren  die  Stellen  angemerkt,  und  ist  mir 
nicht  etwas  entgangen,  so  sind  es  nur  folgende:  I,  3,  7.  ü, 
16,-  33.  —  II,  9,  1.  II,  11,  1.    Ihr  Bau  ist  interessant. 

Und  hiermit  schliesze  ich  diese  Betrachtungen.  Möchte 
ein  schärfer  Blickender  weiter  gehen.  Möge  auch  6in  jün- 
gerer Mann  uns  einen  Ovidius  sui  imitutor  geben,  was  er 
allerdings  ist,  und  daneben  Pseudo^Ovidiotmm  imitationes. 
Der  Unterschied  würde.schon  auch  da  in  die  Augen  springen. 


Berichtigungen. 

S.  XVI  Z.  n  für  3,  CO  1.  1,  5!K 

8.  XXVIII  unten:  Jupiter  hat  mit  Unwetter  —  Ich  finde  dieses  nicht 
deutlich  genug  ausgedrückt  und  bitte  so  zu  lesen:  Jupiter  hat 
mit  Unwetter  die  Stadt  geschreekt,  er  hat  die  Völker  geschreckt 
(fürchten  gemacht),  es  möchte  eine  Deukalionische  Ueberschwem- 
mung  hereinbrechen.  ,,Saheu  wir  ja"  oder  „und  so  sahen  wir** 
oder  „denn  wir  sahen**  den  Tiber  die  Regia  und  den  Vestatempel 
bedrohen.  Wobei  auch  sehr  zu  beachten,  dass  offenbar  das 
Hauptgewicht  gar  nicht  auf  die  Uebcrschwemmung  fällt,  sondern 
auf  die  Bedrohung  der  die  Grösse  und  den  Bestand  von  Rom  ver- 
bürgen d(;n  Stätten. 

S.  XLI,  12  dur  Lied  1.  durch  Lied  auf  Lied. 

S.  CXLI,  9  Mäcius  1.  Trebatius. 

S.  CLXXXIV  Z.  15  V.  0.  1.  mir  st.  nur. 

S.  CC  Z.  II  V.  o.  1.  Wölk  St.  Völck. 

S.  CCIV  Z.  is  V.  u  1.  excitari  und  refringit  st.  exercitari  und 
refing  it. 

S.  9  unter  dem  Text:  urget.  urit.  1.  urget  Jul.  Sca liger.  urit. 

S.  48  hinzuzufügen  unter  dem  Text :  1 1  üeberlieferung  flumrn  ot  regnata 
petam  Laconi. 


a  HORATIÜS  FLACCÜS. 


Q.  HORATII  FLACCI 

CARMINUM 

LIBER   PRLMÜ8. 
I. 

Maecenas  atavis  edite  regibus, 
o  et  praesidium  et  dulce  decus  meum, 
sunt  quos  curriculo  pulverem  Olympicum 
collegissc  iuvat,  metaque  fervidis 

5     evitata  rotis  palniaque  nobilis 
terra  nun  dominos  evehit  ad  deos: 
hunc,  8i  mobilium  turba  Quiritium 
certat  tergeminis  tollere  honoribus; 

illuni,  fii  proprio  eondidit  horreo 
10    quidquid  de  Libycis  verritur  areis. 
gaudentem  patrios  Andere  sarculo 
agros  Attalicis  condicionibus 

numquam  demovcas,  ut  trabe  Cypria 
Myrtoum  pavidus  nauta  secet  mare. 
15    luotantem  leariis  fliietibus  Africum 
mereator  metuens  otium  et  oppidi 

laudat  tuta  sui:  mox  refieit  ratis 
quassas,  indocilis  pauperiem  pati. 
est  qiii  nee  veteris  poeiila  MasBiei 
20    nee  partem  solido  demere  de  die 


18  tuta.   B.  nach  Acidalius.  rora. 


4  Q.  HORATII  FLACCr 

spenüt,  nunc  viridi  membra  8ub  arbuto 
8tratu8,  nunc  ad  aquae  lene  caput  saorae. 
multoB  castra  iuvant  et  lituo  tubae 
permixtus  sonitu8  bellaque  matribus 

25    dete8tata.    manet  sub  love  frigido 
venator  tenerae  coniugi8  inmemor, 
seu  Visa  e8t  catulis  cerva  fidelibus, 
seu  rupit  teretCB  Mar8us  aper  piagas. 

me  doctarum  hederae  praemia  frontium 
30    di8  miscent  superis,  me  gelidum  nemus 
nymphanmique  leves  cum  8atyri8  chori 
Beoernunt  populo,  dum  neque  tibias 

Euterpe  cohibet  ncc  Polyh}  mnia 
Lesboum  refugit  tendere  barbiton. 
35    quod  8i  me  lyricis  vatibu8  inseres, 
Rubliini  feriam  8idera  vertice. 


IL 

lam  satis  terris  nivis  atque  dirae 
grandinis  misit  pater  et  rubente 
dextera  8acra8  iaculatus  arcis 
terruit  urbem, 

6    terruit  gcntis,  grave  ne  rediret 

8aeculum  Pyrrhae  nova  monstra  qucstao, 
omne  cum  Proteus  pecus  egit  altos 
^-isere  montis. 

piscium  et  summa  genus  haesit  ulmo^ 
10    nota  quae  sedes  fuerat  columbiS; 


32  dum.    si 


CARMINÜM  LIB.  I.  2. 

et  superiecto  pavidae  natarunt 
aeqiiore  dammae. 

vidimus  flavuni  Tiberim  retortis 
litore  Etrusco  violeuter  undis 
15    ire  deiectum  monumenta  regia 
tcraplaque  Vestae, 

lliae  dum  se  niiniuni  quereuti 
iaetat  ultorem,  vagus  et  sinistra 
labitur  ripa  love  iion  probante  u- 
20    xorius  amni^. 

audiet  civis  acuisse  ferrum, 
quo  graves  Pcrsae  melius  perirent, 
audiet  pugnas  vitio  parentum 
rara  iuventus. 

25    quem  vocet  divum  populus  ruentis 
imperi  rebus?  prece  qua  fatigent 
virgines  sanctae  minus  audientem 
carmina  Vestam? 

cui  dabit  partis  scelus  expiandi 
30    luppiter?  tandem  venias  precamur 
nube  candeutis  humeros  amictus, 
augur  Apollo: 

sive  tu  mavis,  Erj^eina  ridens, 
quam  locus  circum  volat  et  Cupido : 
35    sive  neglectum  genus  et  nepotes 
respicis  auctor 

lieu  nimis  longo  satiate  ludo, 
quem  iuvat  clamor  galeaeque  leves^ 
acer  et  Marsi  peditis  cruentum 
40    voltus  in  hostem. 


0  a  HORATn  FLACCI 

Hive  mutata  iureneui  ti^ira 
u\en  in  terri«  imitaris.  aliuae 
filiuü  Maiae  fjatiens  rr^cari 
C!aefuirii>  iiltor, 

45    fienw  in  «'aelum  redeas  diuque 
laetuH  intemis  pr>pulo  Quirini, 
neve  te  noHtri^  ritÜR  inir|uuni 
ricior  aura 

tollat.    Iiic  ma^ofl  potiu8  triumpbos, 
U)    hie  ames  dici  pater  atque  princeps, 
neu  ftinan  MedoB  equitare  inultog 
te  dure,  ('aenar. 


IP. 

lam  Rati8  tcrris  nivis  atque  dirae 
grandiniH  mimt  pater  et  nibente 
dextera  Hacraft  iaculatus  aree» 
tcrniit  urbem. 

V\    vidimuH  flavum  Tibcrim  retorti» 
litore  Etrusco  violenter  undis 
ire  deiectum  monumenta  regis 
teinplaque  casta. 

Ti    quem  vocot  divum  p(»])ulu8  ruentm 
im]K)ri  rebu«?   jirece  qua  fatigent 
virginen  Hanetae  minus  audientem 
o^armiiia  VcHtam? 

'i*^    cui  dal)it  parte»  »celuH  expiandi 
luppitcrV  tan  dem  venia»  preeamur 
luco  candentcs  umcro»  amictiw 
augur  Apollo: 

16  casta.  Vestae.      'M  lucc.  nube. 


CARMINÜM  LIB.  I.  2\  ^. 

33    sive  tu  mavis,  Erycina  ridens, 

quam  locus  circum  volat  et  Cupido: 
sive  ne<2:lectuin  genus  et  nepotes 
respicia  auctor. 

41     sive  mututa  iuvenem  figura 
ales  in  terris  imitaris,  almae 
filius  Maiae  paticna  vocari 
Caesaris  ultor, 

45    senis  in  coeluni  redeas  diuque 
laetus  intcrsis  ])opulo  Quirini, 
neve  te  nostris  vitiis  iniquum 
ocior  aura 

4»    tollat.    hie  niagnos  potius  triumphos, 
hie  anies  dici  ])ater  atque  princeps, 
neu  sinas  Medos  equitare  inultos 
arva  nei^ata. 


III. 

Sic  te  diva  potcns  Cypri, 
sie  fratres  Hclenae,  hieida  sidera, 
ventorunK^ue  regat  pater 
obstrietis  alii»  praeter  lapyga, 

5    navis,  quae  tibi  ereditum 

debes  Vergilium!  finibus  Atticis 

reddas  ineohiniem  precor 

et  serves  animae  dimidium  meae. 

illi  robur  et  aes  triplex 
10    circa  pectus  erat,  qui  fragilem  truci 
conmisit  ])elago  ratem 
prinius,  nee  timuit  praecij)item  Africum 

52  arva  nogata.  te  diice  Caesar. 


8  a  HOIUTII  FLACCI 

decertantem  aquilonibus, 
nee  triHtes  hyadas,  nee  rabiem  noti, 
15    quo  non  arbiter  Hadriae 

inaior,  tollere  seu  ponere  volt  freta. 

quem  mortis  timuit  gradum, 
qui  sieeis  oeulis  monstra  natantia, 
qui  vidit  mare  turbidum  et 
20  infamis  seopulos  Acroceraunia  ? 

nequiquam  deu8  abscidit 
prudens  Oe^ano  dissoeiabili 
terras,  si  tarnen  in])iae 
non  tangenda  rate»  transiliunt  vada. 

25    audax  omnia  peri)eti 

gens  humana  mit  per  vetitum  in  nefas. 

audax  lapeti  genug 

ignem  fraude  mala  gentibus  intulit. 

post  ignem  aetheria  domo 
30    subduetum  maeies  et  nova  febriiim 
terris  ineubuit  coliors, 
semotique  prius  tarda  necessitas 

leti  eorripuit  gradum. 
expertus  vaeuum  Daedalus  aera 
35    pennis  non  homini  datis; 

pemipit  Aeheronta  Herculeus  labor. 

nil  mortalibus  ardui  est: 
eaelum  ipsum  petimus  stultitia;  neque 
per  nostrum  patimur  scelus 
40    iraeunda  lovem  ))onere  fulmina. 


26  Yetitum  in  nefas.  vetitum  nefas. 


CARMINUM  LIB.  I.  4.  5. 
IV. 

Solvitiir  äcris  hiems  grata  vice  veris  et  favoni, 
traliuntque  siccas  macliiiiae  carinas; 
ac  neqiie  iaiii  sta])ulis  gaudet  pecus  aut  arator  igiii, 
nee  prata  caiiis  albicant  pruinis. 

5    iam  Cytherea  choros  diieit  levis  inminente  liina, 
iunetaeque  nymphis  gratiae  deeentes 
alterao  terram  quatiunt  i)ede,  dum  graves  cyclopum 
Volcanu»  ardens  iirget  officinas. 

nunc  decet  aut  viridi  nitidum  caput  inpedire  myrto, 
10    aut  flore,  terrae  quem  ferunt  solutae; 

nunc  et  in  umhrosis  Fauno  dec^t  inmolare  lucis, 
seu  poscat  agna  sive  malit  haedo. 

pallida  Mors  aequo  pulsat  pede  pauperum  tabemas 
regumque  turris.    o  beate  Sesti, 
15    vitae  summa  brevis  spem  nos  veta.t  ineohare  longam. 
iam  te  manet  nox  fabulaeque  manes, 

et  domus  exilis  Plutonia.  quo  simul  mearis^ 
nee  regna  \'ini  sortiere  talis, 
nee  tenerum  Lycidan  mirabere,  quo  calet  iuventus 
20    nunc  omnis  et  mox  virgines  tepebunt. 


V. 


Quis  multa  gracilis  te  puer  in  rosa 
perfusus  liquidis  urguet  odoribus 
grato,  Pyrrha,  sub  antro? 
cui  flavam  religas  comam^ 


5  levis.  Venus.      8.  urget.  urit.      16  manet.  premet 


10  Q.  HORATIl  FLACCI 

5    Bimplex  munditiis?  heu  quotiens  fidem 
mutatosque  deos  flebit  et  aspera 
nigris  aequora  ventis 
emirabitur  iiisolens. 

qui  nunc  te  fruitur  credulus  aurea, 
to    qui  semper  vacuam,  semper  amabilem 
sperat,  neseiuH  aurae 
fallacis.    miseri,  (piibus 

intemptata  nites.    me  tabula  sacer 
votiva  paries  indicat  uvida 
15    Buspendisse  potenti 
vestimeuta  maris  dco. 


VI. 

Scriberis  Vario  fortis  et  hostium 

Victor,  Maeonii  carminis  aliti, 

quam  rem  cumqtfe  ferox  navibus  aut  equis 

miles  te  duce  gesserit. 

5    nog,  Agrippa,  neque  liaec  dicere,  nee  gravem 
Pelidae  stomaclium  cedere  nescii, 
nee  cursuB  duplicis  per  mare  UHxei, 
nee  saevam  Pelopis  domum 

connmur,  tenues  grandia,  dum  pudor 
10    inbellisque  lyrae  musa  potens  vetat 
laude»  egregii  Caesaris  et  tuas 
culpa  detererc  ingeni. 

m 

quis  Martern  tunica  tectum  adamantina 
digne  scripBcrit,  aut  pulvere  Troico 
15  nigrum  Merionen,  aut  ope  Palladis 

Tydiden  superis  parem? 

2  aliti  Pftsseratios.   alite. 


CAKMINÜM  LIB.  I.  6.  7.  11 


nos  convivia,  nos  proelia  virginum 
seetis  in  iuvenes  unguibus  acrium 
cantAmus'  vacui,  nos  decet  Euhium 
20    plectro  ludere  Teio. 


VII. 

Laudabunt  alii  claram  Rhodon  aiit  Mitylenen 
aiit  Epheson  bimarisve  Corinthi 
moenia,  vel  Baccho  Tliebas  vel  Apolline  Delphos 
insignis,  aut  Thessala  Tempe; 

5    sunt  quibiis  uuuin  opus  est  iutactae  Palladis  urbem 
carniiue  perpetuo  celebrare  et 
undique  decerptam  fronti  praeponere  olivam; 
pliiriniiia  in  lunonis  honore 

a])tuni  dicet  equis  Argos  ditigque  Mycenas. 
i(»    me  neque  tarn  patiens  Lacedaemon 

nee  tarn  Larisae  percussit  campiis  opimae 
(luam  douius  Albuneae  resonantis 

et  praeceps  Anio  ac  Tibunii  lucus  et  uda 
niobilibus  pomaria  rivis. 
albus  ut  obscuro  deterget  nubila  caelo 
ir>    saepe  notus  neque  parturit  imbris 

perpetuo,  sie  tu  sapiens  finire  memento 
tristitiam  vitaeque  labores 
molli,  Plance,  mero,  seu  te  fulgentia  signis 
2t»    castra  tenent  seu  densa  tenebit 

Tiburis  uinbra  tui.    Teucer  Salamiua  patremque 
cum  fugeret,  tarnen  uda  Lyaeo 


19.  20.  Ueberlicfcrung:   cautamus  vacui  sive  quid  uriraur  non  ^pno- 
tor  solitum  leves. 


12  Q.  HORATII  FLACCI 

tempora  populea  fertur  vinxisse  Corona^ 
sie  tristis  adfatus  amieos: 

25    'quo  no8  cumque  feret  melior  fortuna  parente^ 
ibimus,  o  socii  comitesque. 
nil  desperandum  divo  duce  et  auspice  Phoebo : 
certus  enim  promisit  Apollo 

ambiguam  tellure  nova  Salamina  futuram. 
30    0  fortes  peioraque  passi 

mecum  saepe  viri^  nunc  vino  pellite  curas: 
cras  ingens  iterabimus  aequor/ 


VIP.  1. 

Laudabunt  alii  claram  Rhodon  aut  Mitylenen 
aut  Epbeson  bimarisve  Gorinthi 
moenia  vel  Bacho  Thebas  vel  Apolline  Delphos 
insignes,  aut  Thessala  Tempe 

I0.i2me  domus  Albuneae  resonantis 

et  praeeeps  Anio  ac  Tiburni  lucus  et  uda 
modilibus  pomaria  rivis 


vm  2. 

Indulgere  iuvat  diris  sub  pectore  curia? 
laeta  dei  solacia  quaere! 
14    albus  ut  obscuro  deterget  nubila  caelo 
saepe  notus  neque  parturit  imbris 

27  dWo.    Teucro  und  Teucri.  —  Die  beiden  Verse  „Indulgere 
quaere^*  Ergänzung  des  Herausgebers. 


CAHMINUM  LIB.  1.  7.  8.  9.  13 


perpetuo;  sie  tu  sapiens  finire  memento 
tristitiam  vnd  so  tveiter  bis  sunt  Schluss, 


VIII. 

Lydia,  die,  per  omnis 

te  deos  oro,  Sybarin  cur  properes  amando 

perdere.    cur  apricum 

odit  et  campum  patiens  pulveris  atque  solis? 

5    cur  neque  militaris 

inter  aequalis  cquitat,  Gallica  nee  lupatis 

temperat  ora  frenis? 

cur  timet  flavum  Tiberim  tangere?  cur  olivum 

sanguine  vi})eriiio 
10    cautius  vitat,  neque  iam  livida  gestat  armis 
bracchia,  saepe  disco, 
saepe  trans  fiueni  iaculo  nobilis  expedito? 

quid  latet  ut  marinae 

filium  dicunt  Thetidis  sul)  lacrimosa  Troiae 
15    funera,  ne  virilis 

cultus  in  caedcm  et  Lycias  proriperet  catervas? 


IX. 

Vides  ut  alta  stet  nive  candidum 
Soracte,  nee  iam  sustineant  onus 
silvae  laborantes,  geluque 
fluniina  constiterint  acuto? 

b    dissolvc  frigus  ligna  super  foco 
large  reponenS;  atque  benignius 


4  odit  et.   oderit. 


14  Q.  IIORATII  FLACCl 

dcprome  quadrimum  Sabina, 
(»  Thaliarclie,  merum  diota. 


permitte  divis  cetera:  qui  simul 
10  Btravere  veutos  aeqiiore  fervido 

deproeliautis,  nee  cupressi 
uec  vetercs  agitaiitur  orni. 

quid  sit  fiitunmi  cras  fuge  quaerere,  et 
quem  soi*d  dierum  eumque  dabit  lucro 
15    adpoiie,  nee  dulcis  amores 
sperne  i>uer  ne^iue  tu  elioreas, 

donee  virenti  canities  abest 
morosa.    nunc  et  campus  et  areae 
lenesque  sub  nocteni  susurri 
2ü    conposita  repetantur  bora, 

nunc  et  latentis  proditor  intimo 
gratus  {)uellae  risus  ab  angulo 
pignusque  dereptum  lacertis 
aut  digito  male  jicrtinaci. 


X. 

Wahrscheinlich  unvollstandi(f. 

Mcrcuri,  facunde  nepos  Atlantis, 
qui  feros  cultus  hominum  recentum 
voce  formasti  catus  et  decorae 
morc  palaestrae, 


CARMINÜM  LIB.  I.  10.  11.  15 


5    te  cauam    magni  lovis  et  deorum 
nuntium  curvaeque  lyrae  parenteni, 
callidum  quidquid  placuit  iocoso 
condere  furto. 

te  boves  olim  nisi  reddidisses 
10    per  dolum  amotas,  puerum  minaci 
voce  dum  terret,  viduus  pharetra 
risit  Apollo. 

quin  et  Atridas  duce  te  superbos 
Ilio  dives  Priamus  relicta 
15  Thessalosque  ignig  et  iniqua  Troiae 

caatra  fefelHt. 

tu  pias  laetift  auimas  reponis 
sedibus  virgaque  levem  coerces 
aurea  turbam,  superis  deorum 
20    gratus  et  imia. 


XL 

Tu  ne  quaesieris  (geire  nefag)  quem  mihi,  quem  tibi 
finem  di  dederint,  Leuconoe,  nee  Babylonios 
temptarig  numerog.    utiliug,  quidquid  erit,  pati! 
seu  pluris  biemeg  geu  tribuit  luppiter  ultimam 

5    quae  nunc  oppogitig  debilitat  pumieibug  mare 
Tyrrhenum.    gapiag !  vina  liqueg  et  spatio  brevi 
gpem  longam  regeeeg.    dum  loquimur,  fugerit  invida 
aetag:  carpe  diem,  quam  minimum  credula  pogtero. 


3  ntiliuB.    nt  melius. 


16  a  HORATII  FLACCI 


XII. 

Quem  vinim  aut  heroa  lyra  vel  acri 
tibia  sumis  celebrare,  Clio? 
quem  deum?  cuius  recinet  iocosa 
nomen  imago 

5    aut  in  umbrosis  Heliconis  oris, 
aut  super  Pindo,  gelidove  in  Haemo, 
unde  vocalem  temere  insecutae 
Orphea  silvae, 

arte  materna  rapidos  morantem 
10    fluminum  lapsus  celeresque  ventoS; 
blandum  et  auritas  fidibus  canoris 
ducere  quercus. 

quid  prius  dieam  Bolitis  parentis 
laudibus,  qui  res  hominum  ac  deorum, 
15    qui  mare  ac  terras  variisque  mundum 
temperat  horis? 

unde  nil  maius  generatur  ipso 
nee  yiget  quiequam  simile  aut  secundum: 
proximos  Uli  tarnen  occupavit 
20    Pallas  honores, 

proeliis  audax.    neque  te  silebo, 
Liber,  et  saevis  inimica  virgo 
beluis,  nee  te,  metuende  certa 
Phoebe  sagitta. 

25    dicam  et  Alciden,  puerosque  Ledae, 
hunc  equiS;  illum  superare  pugnis 
nobilem;  quorum  simul  alba  nautis 
Stella  refulsit; 


CARMIXUM  LIB.  I.  12.  17 


(lelliiit  SHxis  ngitatus  umor, 
3«'    coiicidunt  vcnti  fii^uutque  iiubes, 
et  ininax,  quod  sie  voluere,  ponto 
unda  rccnnibit. 

Komulum  post  hos  prius,  au  quietum 
Pompili  regiium  memorem,  an  superbos 
:35    Tarquiiü  fascis  dubito  an  Catonis 
nobile  letuui. 

Kegulum  et  Scaiiros  aniniaeque  magnae 
prodigiun  Paullum  superante  Poeno 
gratiis  iusigni  referani  camena 
40    Fabrk'iumque. 

bunc  et  inconiptis  Curium  capillis 
utilem  ])ello  tulit  et  Camilluni 
saneta  i)aupertas  et  avitiis  arto 
cum  Inre  fundus. 

Aö    cref*cit  occulto  velut  arbor  aevo 
fama  Marceliis;  niicat  inter  oninis 
luliuui  sidus  velut  inter  ignis 
luua  minores. 

gentis  hunianae  pater  atque  eustos, 
."<>    orte  Saturno,  tibi  cura  nnigni 
Caesaris  fatis  data:  tu  seeundo 
Caesare  regnes. 

ille  seu  Parthos  Latio  inminentis 
cgerit  iusto  domitos  triumpho, 
55    sive  subiectos  Orientis  orae 
Seras  et  Indos, 


43  sanota  und  arto  B.  saova  und  apto.      46  Marcollis  Peerik  Mar- 

Lriikh.  Iloratin.'«.  2 


18  Q.  IIORATII  FLACCI 

te  minor  latum  reget  aequus  orheiii; 
tu  gravi  currii  quaties  Olynipnni, 
tu  parum  castis  ininiica  mittes 
CO    fulmina  lueis. 


XU". 

Quem  virum  aut  lieroa  lyra  vel  acri 
tibia  sumam  celebrare  Clio? 
quem  deum?  euius  recinet  iocosa 
nomeii  imago? 

13    quid  prius  dicam  solitis  pareutis 

laudibus,  qui  res  liominum  ac  deoruni, 

15    qui  mare  ac  terms  variisque  mundum 
temi)erat  lioris? 

unde  nil  nuüus  gencratur  ipso 
nee  vigct  quicquam  simile  aut  secunduiu 
proximos  illi  tameii  occupant 
20    Pallas  liourres, 

proeliis  audax.     neque  tc  silebo, 
Liber,  et  saevis  inimica  virgo 
beluis,  nee  te,  mctuendo  ccrta 
Phoebe  sagitta. 

25    dicam  et  Aleiden  puerosquo  Ledae, 
liunc  equis,  illum  superare  i)ugnis 
nobilem:  quorum  simul  alba  nautis 
Stella  refulsit, 

defluit  saxis  agitatus  umor, 
30    concidunt  venti  fugiuntcpie  nubes, 
et  miuax,  quod  sie  vcduerc,  pontf^ 
unda  recumbit. 


CARMINÜM  LIB.  I.  12\  13.  mq 


Koinuluni  post  Los  i)riiis  au  quietum 
P<>nii)ili  rc^quini  mcmorem  an  siiperbos 
Fabrici  fascis  diihito  an  Catonis 
nobile  Ictmn. 


41     hulu;  et  iuconiptis  Ciirium  capillis 
utilein  bcUo  tulit  et  Carailhim 
saufta  paupertas  et  avitus  arto 
<'uni  larc  fiindus. 

45    erescit  occulto  vclut  arb<u'  aevo 
fania  Mnrcellis;  mifat  intcr  omni» 
luliuni  sulus  velut  inter  ij^nis 
luna  minores. 


//.  V.  //•. 


XIII. 

Cum  tu,  Lydia,  Teleplii 
fervi'cm  roseani,  lactea  Telephi 
laudas  braccbia,  vac  meum 
fervens  difticili  bile  turnet  iecur. 

5    tum  nee  mens  mihi  nee  color 

ccrta  Äcdc  manet,  umor  et  in  genas 

furtini  labitur,  arguens 

quam  lentis  penitus  macerer  ignibus. 


o* 


20  Q  HORATH  FLACCI 

uror,  8eu  tibi  candidos 
10    tur{mruiit  umcros  iniiKulicae  mero 
rixae,  »ive  piier  fureiis 
iiiprcfwit  memorcm  deute  labris  iiotaui. 

non,  81  me  gatin  andian, 
Rperes  i)erpetuum  dulcia  barbare 
15    laedentem  oseula  quae  Venus 
quinta  i)artc  siii  neetaris  imbiiit. 

felices  ter  et  amplius 
quos  innipta  tenet  eopula  nee  malis 
divolsus  querimoiiii» 
2>    suprema  citius  solvet  amor  die. 


XIV. 

i 

O  uavin,  refereut  in  inare  te  novi 
tluctii».    o  quid  a^»?  fortiter  occupa 
portum.    nonne  vides  ut 
nudum  remigio  latus 

5    et  malus  c^leri  saucius  Africo 

antennaeque  gemant  ac  8ine  funibus 
vix  durare  carinae 
possint  iniperioBius 

aequor?  non  tibi  sunt  integra  lintea, 
n»    non  di  quos  iteruin  pressa  voees  malo. 
quam  vis  Pontica  ]»inu8, 
silvae  filia  noliilis, 

iactes  et  genus  et  nonien  iuutile, 
nil  pietis  tiniidus  nayita  puppibus 
15    fidit.    tu  nisi  ventis 
debes  ludibrium,  cave. 


CAUMTNTM  LIH    T.  N.  15.  21 


iini)cr  sollicitiim  qiiac  mihi  taedium, 
nunc  desideriiini  euraque  non  leviw, 
iuterfusa  nitentis 
2(»    vites  aeqnora  CvHadas. 


XV. 

.    Vnecht.     Und  vicUcichf  von  zwei  Verfassern,  ntimUch  von  F.  21 

noch  durch  einen  andern  fortgesetzt. 

Pastor  cum  traheret  per  freta  navibus 
Idaeis  Helenen  pcrfidus  liospitam, 
ingrato  celeres  obruit  otio 
Ycntos  ut  caueret  fera    ^ 

5     Ncreus  fata.    'mala  ducis  avi  domum, 
quam  multo  repetet  Graecia  milite, 
coniurata  tuas  nimpere  nuptias 
et  regnum  Priami  vctus. 

clicu,  ([uantus  cquis,  (^uautus  adest  viris 
10    sudor!  quanta  moves  funera  Dardanae 
gcnti!  iam  galcam  Pallas  et  aegida 
(»urrusque  et  rabicm  parat. 

ne([ui(piam  Vencris  pracsidio  ferox 
pectes  caesariem  grataque  feminis 
i'>    inbelli  citliara  carmina  divides, 
nequiquam  thalamo  gravis 

hastas  et  calami  s{)icula  Cnosii* 
vitabis  strepitumque  et  celerem  sequi 
Aiac^m:  tarnen,  heu,  serus  adulteros 
20    crinis  pulvere  conlines. 

non  Laertiaden,  exitium  tuae 
genti,  non  Pylium  Nestora  respieis? 


22  Q.  HORATII  FLACCI 

urguent  inpavidi  te  »Salaminius 
Teucer,  te  Stlienclu.s  ßciens 

•25    pugnaC;  sive  opus  est  impeiitare  cquis, 
non  auriga  piger.     Mcrioncn  quoqne 
iiosces.    ecce  furit  te  repcrirc  atrox 
Tj'dides  melior  patre: 

quem  tu,  cervus  uti  vallis  in  altera 
30    Visum  parte  lupum  graminis  inmemor, 
sublimi  fugies  moUis  auhelitu, 
non  hoc  pollicitus  tuae. 

iracunda  diem  i)roferet  II  io 
matronisque  Plin'gum  classis  Achillci; 
35    post  certas  liiemes  uret  Achaicus 
ignis  Iliacas  domos/ 


XYL 

0  matre  pulchra  filia  pulclirior, 
quem  criminosis  eumciue  voles  modum 
pones  iambis,  sive  flaunna 
sive  mari  übet  Hadriano. 

5    non  Liber  aeque,  non  adyti  quatit 
meutern  sacerdotum  incola  Pythius, 
non  Diudynicue,  non  acuta 
qui  geniinaut  corybautcs  acra, 

tristes  ut  iraO;  quas  ncque  N(^ricn9 
10    deterrct  cnsis  nee  mare  naufraguni 
nee  saevus  ignis  nee  tremcndo 
luppiter  i]>3e  mens  tumultu. 


36  Pergameas  ist  vcrhossort  worden.      8  qui.   sie. 


CARMINUM  LIB.  I.  16.  17.  23 


fertur  riuiiictlieus  addere  principi 
liiiio  (-»»actus  particiilain  unlique 
i.'i    descctam  et  insani  Iconis 

viiu  stomaclio  adposuisse  nostro. 

irae  Thycstcn  exitio  gravi 
stravcrc  et  altis  urbibus  ultimae 
.stetere  caiisae  cur  i)erireiit 
2«>    fiinditus  inprlmeretqiie  muris 

liostile  aratriim  excrcitus  iiisoleiiö. 
eoiin)e8ce  uientem:  mc  quoque  pectoris 
teiiii>tavit  in  diilci  iuveuta 
fervor  et  in  celeres  iambos 

2")    misit  furentoni.    nunc  ego  mitibus 
nnitare  (piacro  tristia,  dum  mihi 
tias  rccantatis  aniira 
opprobriis  aninuiniipic  rcddas. 


xvn. 

Velox  anioenum  saei)e  Lucretilem 
mutat  Lycaeo  Faunus  et  igncam 
dcfendit  aestatem  capcUis 
ipse  meis  pluviosque  ventos. 

i>    in})une  tutum  per  nemus  arbutos 
quaerunt  latentis  et  thyma  deviae 
olentis  uxores  mtiriti, 
noc  viridis  metuunt  eolubras 

nee  Martialis  Haediliae  lupos, 
10    utcumque  dulci,  Tyndari;  fistula 


4  ipso  Pcfrlkamp.   usqiie. 


24  Q.  HORATIl  FT.ArCI 

valles  et  Usticae  cubantis 
levia  ])er80Tmerc  saxa. 

di  nie  tuentur,  dis  pietas^  mea 
et  musa  cordi  est.    liic  tibi  copia 
15    manabit  ad  plenum  benigiio 
ruris  hononim  opuleuta  conui. 

hie  in  reducta  valle  canioulac 
vitabis  aestus  et  fide  Teia 
dice«  laborantiH  in  uno 
20    Penelopen  vitreamque  Cireeu. 

hie  innoeentis  pocula  Lesbii 
duees  siib  umbra,  nee  Semeleiiis 
cum  Marte  eonfundet  Thyoneus 
proelia,  nee  metues  proten^um 

25    sugpecta  Cyrum,  ne  male  dispari 
incontinentis  iniciat  manus 
et  scindat  liaerentem  coronam 
crinibus  inmeritamque  vestem. 


XVIII. 

Nullam,  Vare,  sacra  vit6  prius  severift  arborem 
circa  mite  solum  Tiburis  et  moenia  Catili. 
siccis  omnia  nam  dura  deus  proposuit,  neque 
mordaces  aliter  diffugiuiit  soIlicitudincH. 

5    quis  post  vina  gravem  militiam  aut  paupericm  crepat? 
quis  non  te  potius,  Bacche  pater,  teque,  dccens  Venus? 
ac  ne  quis  modici  transiliat  munera  Liberi, 
Centaurea  monet  cum  Lapithis  rixa  super  mero 

debellata,  monet  Sithoniis  non  levis  Euliius, 
10    cum  fas  atque  nefas  exiguo  fine  libidinum 


CABMTNTM  LIB.  I.  18.  19.  25 

(Useeruunt  avidi.    non  ego  te,  c.andide  BassareU; 
invitum  quatiam  nee  variis  obsita  frontlibus 

sub  diviim  rapiam.     saeva  tenc  cum  Berecyntio 
coruu  tympana,  qiiae  siibsequitur  caecus  amor  siii, 
15    et  tollens  vaciium  plus  nimio  gloria  vertieem, 
arcanique  fides  prodiga,  perlucidior  vitro. 


XIX. 

Mater  saeva  cupidinum 
Thebanaeque  lubet  me  Semeies  puer 
et  lasciva  Liceiitia 
finitis  animum  reddere  amoribus. 

r>    urit  me  Glycerac  nitor 

splendentis  Pario  marmore  purius; 

urit  grata  protervitas 

et  voltus  nimium  lubricus  adspici. 

in  me  tota  mens  Venus 
in    Cyprum  deseruit,  nee  patitur  Scythas 
et  versis  animosum  equis 
Partlium  dicere,  nee  quaerere  publica. 

hie  vivum  mihi  caespitem,  hie 
verbenas,  pueri,  ponite  turaque 
15    bimi  cum  patera  meri: 
macta^ta  veuiet  lenior  hostia. 


12  quaerere  publica,   quae  nihil  attinent. 


26  Q.  HOBATII  FLACCI 

XX. 

l'necht 

Vilc  potabia  modicis  Sal)inum 
cantharis,  Graeoa  quod  ego  ipse  testa 
conditum  Icvi,  datns  in  tbeatro 
cum  tibi  plausus, 

5    clarc  Maecenas  e([ues,  ut  patemi 
flumini{4  ripae  siinul  et  ioeosa 
rcdderct  laiides  tibi  Vaticani 
montiB  imago. 

Caccubimi  et  pracb>  domitam  Caleno 
10    tu  bibis  uvam:  mea  nee  Falemac 
tcini)erant  vites  neque  Formiani 
pocula  colles. 


XXL 

VnroUsläudifj, 

Dianam  tenerae  dicite  virgines, 
intonsum,  pueri,  dieite  Cyntbium 
Latonamque  supremo 
dilectam  penitus  lovi. 

5    vos  laetam  fluviis  et  nemorum  coma; 
quaeeuinquc  aut  gelido  prominet  Algido 
nigris  aut  Erymantbi 
Silvia  aut  viridis  Cragi. 

vos  Teuipe  totidem  toUite  laudibus 
'10    natalemque,  mares,  Delon  Apolliuis, 
insignemque  pharetra 
fraternaque  umerum  lyra. 

Lic  bellum  lacrimosum,  bic  miseram  famem 
pestemque  a  populo  et  principe  Cacsare  in 


CARMINUM  LIH.  I.  21.  22.  27 


1.')    Persas  atque  Britannos 
vestra  motus  aget  prece. 


XXII. 

Iiitcjrer  vitac  scelcrisque  purus 
non  eget  Manns  iaculis  nequc  arcu 
nee  venenatis  gravida  sagittis, 
Fusce,  i)liaretra, 

5    sivc  per  Syrtis  iter  aestuosas 
sivc  faetunis  per  inhospitalem 
Caucasum  vel  quae  loca  falmlosus 
lamhit  Hydaspes. 

namquc  mc  Silva  liipus  in  Sabina, 
1(1        dum  nicam  eanto  Lalagcn  et  ultra 
tcnniiium  curis  vagor  expeditis, 
fugit  incnnem: 

quäle  portentum  neque  militaris 
Daunias  latis  alit  aesculetis, 
15        nee  luhae  tellus  generat,  leonum 
arida  nutrix. 

poue  nie  j)igris  ul)i  nulla  campis 
arbor  acstiva  recreatur  aura, 
quod  latus  mundi  nehulac  malusquo 
20        Iupi)itev  urguet; 

pone  sub  curni  nimium  propiuqui 
solis,  in  terra  domibus  ncgata: 


28  a  HOBATTT  FT.ACCI 

dulce  ridentem  Lalagen  amabo, 
dulce  l<iqucntem. 


XXIII. 

Vitas  hinnuleo  me  similis,  Chloe, 
quaercnti  pavidam  montibus  aviis 
matrem  non  sine  vano 
aurarum  et  silnae  metu. 

5    nam  seil  mobilibus  vepris  inhorruit 
ad  ventum  foliis,  seu  virides  rubum 
dimovere  lacertae, 
et  corde  et  genibus  tremit. 

atqiii  non  ego  te  tigris  ut  aspera 
10    Gkwtulusve  leo  frangere  persequor. 
tandem  desine  matrem 
tempestiva  sequi  viro. 


XXIV. 

Quis  desiderio  sit  pudor  aut  modus 
tarn  cari  capitis?  praecipe  lugubris 
cantus;  Melpomene,  eui  liquidam  pater 
vocem  cum  cithara  dedit. 

5    ergo  Quiutilium  perpetuus  sopor 
urguet?  cui  Pudor  et  lustitiae  soror, 
incorrupta  Fides,  nudaque  Veritas 
quando  ullum  inveniet  parem? 

multis  ille  bonis  flebilis  occidit, 
10    nulli  flebilior  quam  tibi,  Vergili. 


5  vepris  Gogavins  und  B.    6  ad  ventum  B  nach  Moretns.  adventas. 


GAllMINUM  LIB.  I.  24.  25.  29 


tU;  fnistra  pius,  heu  non  ita  creditum 
poscis  Quintilium  deos. 

quod  si  Tlireicio  blaiidius  Orplieo 
auditam  moderere  arboribus  fidem, 
15    non  vauae  redeat  sanguis  iinagini, 
quam  virga  semel  horrida 

non  lenis  precibus  fata  recludere 
nigro  eoupulerit  Mercurius  gregi. 
dumm:  sed  levius  fit  patieutia 
20    quidqnid  eorrigere  est  nefas. 


XXV. 

Parcius  iunctas  quatiunt  fenestras 
iaetibus  crebris  iuvenes  protem, 
nee  tibi  somnos  adimunt,  amatque 
ianua  limen. 

f)    quae  prius  nulli  facilis  movebas 
cardines,  audis  minus  et  minus  iam 
'me  tuo  longas  pereuntc  noctis, 
Lvdia,  dermis?* 


invicem  moechos  anus  arrogantis 
jo    flebis  in  solo  levis  angiportu, 

Thracio  bacchante  magis  sub  inter- 
lunia  vento 

cum  ti]>i  flagrans  amor  et  libido 
quae  solet  matres  furiare  equorum 
1.»    saeviet  circa  iecur  ulcerosum, 
non  sine  questu 


f>  nulli      T.ovc'bns.    iniilti^  —  movobat. 


30  Q.  HüBATII  FLACCl 

laeta  quod  pubes  liedera  virente 
gaudeat  pulla  magis  atqiic  myrto, 
aridas  frondis  liiemis  sodali, 
20    dedicet  eiiro. 


XXVI. 

Unvollständig. 


Musis  amicus  tristitiam  et  metus 
tradam  protervis  iu  marc  Creticum 
portarc  ventis,  qiiis  sub  Areto 
rex  gelidae  metuatur  orae, 

5    quid  Tiridateii  terreat  unicc 
securus.    o  quae  f(>util)U8  iiitcgris 
gaudes,  apricos  nectc  flores, 
necte  meo  Laniiae  coronam, 

Piinplei  dulois:  iiil  siue  te  mei 
10    possimt  lionores:  huiic  fidihus  iioviS; 
liunc  Leshio  sacrarc  plectro 
teque  tuasque  dccct  sororcs. 


.     w.  v.  U\ 


XXVII. 

Natis  iu  usum  laetitiae  scypliis 
puguare  Thracum  est.    tollito  barbarum 
morem  vereeuuduuique  Bacchum 
sauguiueis  probibete  rixis. 


CAKMINUM  LIB.  I.  27.  2S*.  3fr 


5 


vino  et  lucernis  Modus  acinaces 
inniaiic  quantum  discrcpat.    iupiuni 
lenitc  chimorem,  soilales, 
et  cubito  rcmanetc  presso. 


voltis  severi  mc  quoquc  sumcrc 
10    partera  Faleriii?  dioat  Opuiitiac 
frater  Megillae,  quo  beatus 
volnerC;  qua  j)ereat  sa^tta. 

cessat  volnntas?  noii  alia  bibam 
mercede.    (piae  te  cumquc  domat  Venus, 
15    nou  crubcj^cendis  adurit 
ignibuS;  inircuuoque  semper 

anmre  i>eccas.    quidquid  habes,  age 
de[»nne  tutis  auribus.     a  miser! 
quanta  laboral>as  cliarybdi, 
20    dignc  puer  mcliore  flamma. 

quae  saga,  quis  te  solvere  Thessalis 
magu!^  venenis,  quis  potcrit  deus? 
vix  iuligatum  te  triformi 
Pegasus  expcdict  cliimaera. 


ÄXVIJI*  u)id  XXV in  ^  fjehm  als  ein  einziges  Gedicht.    Es  sind 
zweij  das  erste  echt,  das  zweite  unecht. 

xxviir. 

Te  nuiris  et  terrae  uumeroque  carentis  liareiiae 
mensorem  (.»oliibeut,  Arcliyta, 
l)ulveris  exigui  prope  litus  parva  Matinum 
munera,  nee  quicquam  tibi  prodest 

5    aetlierias  teinptasse  domos  animoquc  rotundum 
percurri<«se  polum  luorituro. 


32  Q.  HOHATII  FLACCI 

occidit  et  Pelopis  genitor,  eonviva  deorum, 
Tithoiuisque  remotus  in  aurns 

et  lovig  arcAiiis  Miiios  admissuS;  liabentque 
10    Tartara  Panthoiden  itcrum  Orco 

demissum,  quamvis  clipeo  Troiana  refixo 
teiupora  testatus  nihil  ultra 

nervös  atque  cutcm  morti  eoncesserat  atrae, 
iudice  tc  nou  sordidus  auetor 
15    naturae  verique.    sed  omnis  una  manet  nox 
et  calcanda  semel  via  leti. 

dant  alios  furiae  torvo  spectacula  Marti; 
exitio  est  aWdum  mare  nautis; 
mixta  scnum  ac  iuvenum  densentur  funera,  nuUum 
20    saeva  cai)ut  Proserpina  fugit. 


XXVIII2. 

Me  quoque  devexi  rapidus  comes  Orionis 
niyricis  notus  obruit  undis. 
at  tu,  nauta,  vagae  ne  parce  malignus  harenae 
ossibus  et  capiti  inhumato 

2.*)    particulam  dare:  sie,  quodcumque  minabitur  eurus 
fluetibus  Hesperiis,  Venusinae 
plectantur  silvae  te  sospite,  multaque  merces 
unde  potest  tibi  defluat  aequo 

ab  love  Nei)tunoque  sacri  custode  Tarenti. 
30    neglegis  inmeritis  nocituram 

postmodo  te  natis  fraudem  committere?  fors  et 
debita  iura  vicesque  superbae 

2 1  Walirscheinlich,  wie  schon  vermuthet  ist ,  iiituiuulato.      28  Viel- 
loiclit  petis  für  potes. 


CARMINÜM  LIB.  I.  2S*.  29.  30.  33 

te  maneant  ipsum:  prccibus  non  linquar  inultiS; 
teque  piacula  iiulla  resolvent. 
:v>    quainquam  festinas,  non  est  mora  longa;  lieebit 
iniecto  ter  pulvere  eurras. 


XXIX. 

Icci,  beatis  nunc  Arabum  invides 
gazis  et  acrem  militiam  paras 
non  ante  devictis  Sabaeae 
regibus,  horribilique  Modo 

ö    noctis  eatenas.    quae  tibi  virginum 
sponso  nccato  barbara  servlet? 
puer  quis  ex  aula  eapillis 
ad  cyathum  statuctur  uuetis, 

doctus  sagittas  tendere  Sericas  * 
V)    arcu  patemo?  quis  neget  arduis 
pronos  relabi  posse  rivos 
montibus  et  Tiberim  reverti, 

cum  tu  coeniptos  undique  nobilis 
libros  Pauaeti  Soeraticam  et  domum 
15    mutare  loricis  Hiberis, 
pollicitus  nieliora;  tendis? 


XXX. 

Ihiecht. 

0  Venus  regina  Cnidi  Paphique, 
speme  dilectam  Cypron  et  vocantis 
iure  te  inulto  Glycerae  deeoram 
transfer  in  aedeui. 

Lauad.  Hvnitiu*. 


34  Q.  HÖR  ATI  1  FLACCI 

5    ferv'idus  tecum  puer  et  solutis 
gratiae  zonis  properentque  nymphae 
et  parum  comis  sine  te  Iiiventas 
Mercuriusque. 


XXXI. 

Quid  dedieatum  poscit  ApoUineni 
vatesV  quid  orat  de  patera  novum 
fundens  liquorem?  non  opimae 
Sardiniac  segetes  feracis, 

5    non  aestuosae  lata  Calabriae 

armenta,  non  aurum  aut  ebur  Indicum, 
non  rura  quae  Lins  quieta 
mordet  aqua  taciturnus  amnis. 

premant  Calena  falee,  quibus  dedit 
10    Fortuna,  viteni,  dives  et  aureis 
mercÄtor  exsiccet  culullia 
vina  Ryra  reparata  merce: 

dis  carus  ipsis,  quippe  ter  et  quater 
anno  revisens  aequor  Atlantieum 
15  inpune:  me  pascunt  olivae, 

me  cichorea  levesque  malvae. 

fnii  paratis  et  valido  mihi, 
Latoe,  dones  et,  precor,  integra 
cum  mente  nee  turpem  senectam 
20    degere  nee  cithara  earentem. 


5  lata  M.  grata. 


CARMIXITM  LIB.  I.  32.  33.  1^5 

XXXII. 

Diese  5  Strophen  werifcn  fjavöhnlich  als  ein  vollständiges  f^dicht 
atif/esehen.    Es  ist  bis  V.  12  echt,  aber  unvollständig.    Die 

folgende  Strophe  unecht. 

Poscimiir.    siquitl  vacui  sub  iimbra 
lusinuis  tccuni  quod  et  liunc  in  annum 
vivat  et  pluri»,  age  die  amoenum, 
barbite,  carmcn, 

Lesbio  primum  modulate  civi, 
qiii  ferox  bello,  tarnen  intcr  arnia 
sive  iactatam  religarat  udo 
litore  navim. 

Liberum  et  niusas  Venercmque  et  illi 
10    seniper  haerentcm  puenim  canebat 
et  Lycuni  nigris  oeiilis  nigroque 
crine  dccorum. 


.') 


:) 


W.    .S.    //'. 


(>  decus  Phoebi  et  dapibus  siipremi 
grata  testudo  lovis,  o  laborum 
if>  dulce  lenimcn,  mihi  eiimque  salve 

rite  vocanti. 


XXXIIL 

Albi,  nc  doleas  plus  nimio  memor 
inmitis  Glycerae,  neu  miserabilis 
decantes  elegos,  cur  tibi  iunior 
laesa  praeniteat  fide. 

insignem  tenui  fronte  Lycorida 
Cyri  torret  amor;  Cyrus  in  asperam 


3  amoenum.   Latinum.      15  mihi  cumque  jedenfalls  falsclio  lieber- 
lieferung.    S.  Commentar. 

.1 


36  Q.  HORATII  FLACCI 

declinat  Pholoen:  sed  prius  Äppulis 
iungentur  capreae  lupis 

quam  turpi  Pholoe  peccet  adultero. 
10    sie  mum  Veneri,  cui  placet  inparis 
formas  atque  animos  sub  iuga  aenea 
aaevo  mittere  cum  ioco. 

ipsum  me  melior  cum  peteret  Venus, 
^rata  detinuit  compede  Myrtale 
15    libertina,  fretiB  acrior  Hadriae 
curvantis  Calabros  Binus. 


XXXIV. 

Unecht. 

Parcus  deorum  cultor  et  infrequeus, 
insanientis  dum  sapientiae 
c^nBultus  erro,  nunc  retroreum 
vela  dare  atque  iterare  cursus 

5    cogor  relictos.    namque  Diespiter, 
igni  corusco  nubila  dividens 
plerumque,  per  purum  tonantis 
egit  equoB  volucremque  currum, 

quo  bruta  tellus  et  vaga  flumina, 
10    quo  Styx  et  invisi  horrida  Taenari 
sedes  Ätlanteusque  finis 
concutitur.    valet  ima  summis 

mutare  et  insigne  attenuat  deus, 
obscura  promens;  liinc  apicem  rapax 
15    Fortuna  cum  Btridore  acuto 
Bustulit,  hie  posuisse  gaudet. 


CARMINUM  LIB.  I.  35.  37 


XXXV. 

0  (liva,  gratum  quae  regis  Antium, 
praesens  vel  imo  tollere  de  gradii 
mortale  corpus  vel  superbos 
vertere  funeribus  triumphos. 

.T    te  paiiper  ambit  sollicita  prece 
riiris  colonus,  te  dominaDi  aequoris 
qiiieumque  Bithyna  lacessit 
Carpathium  pelagus  carina. 

te  Dacus  asper,  te  profugi  Scythae 
10    urbesque  gentesque  et  Latiuni  ferox 
regumque  matres  barbarorum  et 
purpurei  metuunt  tyranni, 

iniurioso  ne  pede  pronias 
stantem  columnam,  neu  populus  frequenB 
15    ad  arma  eessantis,  ad  arma 
concitet  imperiumque  frangat. 

te  semper  anteit  saeva  Necessitas, 
clavos  trabalis  et  cuneos  manu 
gestans  aena,  nee  sevenis 
20    uneus  abest  liquidumque  plumbum. 

te  Spes  et  albo  rara  Fides  colit 
velata  panno,  nee  comitem  abnegat, 
utcumque  mutata  potentis 
veste  domos  inimica  linquis. 

25    at  volgus  infidum  et  meretrix  retro 
periura  cedit,  diffugiunt  eadis 
cum  faece  siccatis  amici, 
ferre  iugum  pariter  dolosi. 


3S  Q.  HORATII  FLACCI 

Benzes  ituriim  Caesarem  in  ultimf>8 
:^'^    orbis  Britannos  et  iuvenum  recens 
examen  Eois  timendum 
partibus  Oceauoque  nibro. 

eheu  cicatricum  et  sceleris  pudet 
fratrumque.    quid  iios  dura  refugimus 
:i5    aetas?  quid  iutactum  uefasti 
liquimuB?  unde  manum  iuveutus 

metu  deorum  coutiuuitV  quibus 
pepercit  ans?  o  utinam  uova 
iucude  diffingas  retusuin  in 
40    Massagetas  Arabasque  ferrum. 


XXXVI. 

Et  ture  et  fidibus  iuvat 

placare  et  vituli  sanguine  debito 

custodes  Numidae  deos, 

qui  nunc  Hesperia  sospes  ab  ultima 

5    caris  multa  sodalibus, 

nulli  plura  tarnen  dividit  oscula 
quam  dulci  Lamiae,  memor 
actae  non  alio  rege  puertiae 

mutataeque  simul  togae. 
10    Gressa  ne  careat  pulchra  dies  nota, 
neu  promptae  modus  amphorae, 
neu  morem  in  Salium  sit  requies  pedum, 

neu  multi  Damalis  meri 
Bassum  Threicia  vincat  amystide, 
15    neu  desint  e])ulis  rosae 

neu  vivax  apium  neu  breve  lilium. 

13.  14  Bind  nicht  richtig  überliefert.    Vielleicht  hat  für  Damahs  ein 
anderer  Name  zu  stehn. 


CARMIXIM  LIB.  I.  :U).  37.  39 


omiics  in  Damalin  putris 
(lepouent  oculos,  nee  Danialis  novo 
(livelletur  adultero 
*jn    lascivis  he<leris  amlntiosior. 


XXXVII. 

Nunc  est  ])il)en(lunj,  nunc  pede  libero 
pulsanda  tellus,  nunc  saliaribus 
ornare  puhinar  deoruni 
tempus  erat  dapibus,  sodalcs. 

0    anteliac  ncfas  depromere  Caeeubum 
cellis  avitis,  dum  Capitolio 
re^na  dcmentis  ruinas 
funus  et  imperio  parabat 

contaminato  cum  grege  tuqiium 
10    opprobriorum,  quidlil)et  inpotens 
sperare  fortunaque  dulci 
ebria.    sed  minuit  furorem 

vix  una  sospes  navis  ab  ignibus, 
mentemque  lymphatam  Marcotico 
i:>    redegit  in  veros  timores 
Caesar  al)  Italia  volantem 

remis  adurguens,  accipiter  velut 
mollis  columbas  aut  leporem  eitus 
venator  in  campis  nivalis 
20    Haemoniae,  daret  ut  catenis 

fatale  monstruni.    quae  generosius 
perire  quaereus  nee  muliebriter 


19  opprobriorum  B.  morbo  virorum. 


40  Q   HORATU  FLACCI  CARMIXCH  Llß   I.  37.  3S 

expavit  ensem  nee  latentis 
re  trepida  penetravit  oras, 

25    ausa  et  iaeentem  visere  regiam 
voltu  sereno,  fortis  et  asperas 
traetare  serpentes,  ut  atrum 
corpore  conbiberet  venenum, 

deliberata  morte  ferocior: 
so    saevis  Libumis  scilicet  invidens 
privata  deduci  superbo 
non  humilis  mulier  triumpho. 


XXXVIII. 


Persicos  odi,  puer,  apparatus; 
displicent  nexae  philyra  coronae; 
mitte  sectari,  rosa  quo  locorum 
sera  moretur. 

5    simplici  myrto  nihil  adlabores: 
sedulum  curae  neque  te  ministrum 
dedecet  myrtus  neque  me  sub  arta 
vite  bibentem. 


24  Ueberlieferung  classe  cita  reparavit  oras.    6  nach  Peerlk.  lieber- 
lieferuDg  seduluB  curo  und  curae. 


Q.  HORATII  FLACCI 

CARMINUM 

LIBER  SECTNDUS. 
I. 

Motum  ex  Metello  consule  civicum 
bellique  causas  et  vitia  et  modos 
ludumque  Fortiinac  gravisque 
principum  amieitias  et  arma 

J>    nondum  expiatis  uncta  eruoribus, 
periculosae  pleniim  opus  aleae, 
tractas  et  incedis  per  ignis 
suppoßitos  einen  doloso. 

paullum  severae  musa  tragoediae 
i<»    desit  theatris:  mox  ubi  publicas 
res  ordinaris,  grande  munus 
Cecropio  repetes  cothumo, 

insigne  maestis  praesidium  reis 
et  eonsulenti,  Polio,  curiae, 
15    cui  laurus  aeternos  honores 
Delmatieo  peperit  triumpho. 

iam  nunc  minaei  munnure  eornuum 
perstringis  auris,  iam  litiii  strepunt, 
iam  fulgor  armorum  fugacis 
20    terret  equog  equitumque  voltus. 


42  a  H'»RATH  ^XACn 

aadire  msLgu<fS  iani  vitle«>r  iliu-es 
non  indecoro  pulvere  ji*»nli«U>s, 
et  euneta  terramin  nubaeta 
praeter  atrocem  aiiimum  Cat^nis. 

2&    lano  et  deoniin  quisquis  amieior 
Afris  inulta  cesserat  inpotens 
tellure,  Tictoruin  neiKites 
rettulit  inferias  logiirthae. 

quis  uon  Latino  san^iiie  pin^iior 
90    eampu8  sepulcri?«  inpia  proelia 
testatur  auditiunque  Medis 
Hesperiae  »onitum  niinae? 

qui  gurges  aut  quae  fliimiiia  lugubris 
ignara  belli?  quod  mare  Dauniae 
'i5    non  decoloravere  eaedes? 
quae  caret  ora  cniorc  nostro? 

»ed  ne  relictis;  Musa  procax,  iocis 
Ceae  retractes  munera  neniae, 
meeum  Dionaeo  sub  antro 
40    quaere  modos  leviore  plectro. 


V. 

Nach  Bitschi.  Rhein.  Mus.  1S56  S.  6H4, 

Motum  ex  Metello  consule  civicum 
bellique  causas  et  vitia  et  modog 
ludumque  Fortunae  gravisque 
principum  amicitias  et  arma 

nondum  expiatis  tineta  eruoribus, 
perieulogae  plenum  opus  aleae, 

5  tineta  mit  Bentley  statt  des  aberlieferten  uncta. 


CAUMINTM  LIH.  II.  V.  2.  43 


tractas  et  iiicedi»  per  ignis 
suppositog  einen  doloso, 

IH    iusigiie  macstis  praesidiuni  reis 
et  consulenti,  Polio,  curiae, 

15    cui  launis  aeternos  honores 
Delmatico  pepcrit  triumpho. 

iam  nunc  ininaci  nnirmure  coniuum 
perstringis  auris,  iam  litui  strepunt, 
iam  fulgor  armorum  fugacis 
211    terret  equos  equitumque  voltus. 

sudare  magnos  iam  video  duces 
non  indecoro  pulvere  sordidos, 
et  cuneta  terrarum  subacta 
praeter  atrocem  animum  Catonis. 

21)    quis  non  Latino  sanguine  pinguior 
HO    campus  sepulcliris  irapia  proelia 
testatur  auditumque  Media 
Hesperiae  sonitum  ruinae? 

sed  ne  relictis,  Musa  procax,  iocis 
Ceae  retractes  munora  neniae, 
meeum  Dionaeo  sub  antro 
40    quacre  modos  leviore  plectro. 


IL 


Nullus  argento  color  est  avaris 
abdito  terris,  iniraice  lamnae 
Crispe  Sallusti,  nisi  temperato 
splendeat  usu. 


2  t  sudare  video.  Ritschi.  Ueberlieferuug  audire  videor. 


44  Q.  HORATll  FI.ACCI 

5    Tivet  extento  Proculeius  aevo 
notuB  in  fratres  animi  paterni; 
illum  aget  penna  metuente  solvi 
Fama  superstes. 

latius  r^nes  a>idam  domando 
10    gpiritumy  quam  si  Libyam  remotis 
GadiboB  inngas  et  uterque  Poenus 
serriat  uni. 

crescit  indulgens  sibi  dirus  hydrops^ 
nee  sitim  pellit,  nisi  causa  morbi 
15    fugerit  venis  et  aquosus  albo 
corpore  languor. 

redditum  Cyri  solio  Phrahaten 
dissidens  plebi  numero  beatorum 
eximit  virtus  populumque  falsis 
20    dedoeet  uti 

vocibus,  regnum  et  diadema  tutum 
deferens  uni  propriamque  laurum, 
quisquig  ingentis  oculo  inretorto 
gpectat  acervog. 


IIL 

Aequam  memento  rebug  in  arduig 
gervare  meutern  non  gecus  in  bonis 
ab  ingolenti  temperatam 
laetitia',  moriture  Delli, 

5    geu  maegtus  omni  tempore  yixerig, 
geu  te  in  remoto  gramine  per  dies 
fegtog  reclinatum  bearig 
interiore  nota  Falemi. 


CaKMIXUM  LIB.  II.  3.  4.  45 


quo  pinus  ingens  albaque  populus 
10    umbrain  liospitalem  cousociare  aniaiit, 
erraiiH  ubi  obliquo  laborat 
lympha  fugax  trcpiilare  rivo, 

bue  viiia  et  unguenta  et  iiimiuiu  brcvis 
flores  amoenae  ferro  iube  rosae, 
l.'>    dum  res  et  aetas  et  sororum 
fila  triuin  patiuutur  atra. 

ecileö  eoemptiö  saltibus  et  domo 
villaque,  fiavus  quam  'Hberis  lavit; 
eedes,  et  exstruetis  in  altum 
2i)    divitiis  potictur  beres. 

divesne  prisco  natu»  al)  Inacho 
iiil  interest  an  pauper  et  infima 
de  gente  sul)  divo  moreris, 
victima  nil  miseraiitis  Orci. 

2.">    omnes  eodem  cogimur,  omuium 
versatur  urna  »erius  oeius 
sors  exitura  et  iios  in  aeternum 
exilium  inpositura  eumbae. 


IV. 

Utwcht. 

Ke  sit  aneillae  tibi  amor  pudori, 
Xaiitbia  Phoeeu.    prius  insolentem 
serva  Briseis  niveo  eolore 
movit  Acbillem; 

5    movit  Aiaeem  Telamone  na  tum 
forma  eaptivae  dominum  Tecmessae; 

1 1  errans  ubi.   r  amis  quid  oder  quod  oder  quo  et^  quoque. 


46  Q.  nORATII  FL.\ai 

areit  Atride»  mcdio  in  triumpho 
virgine  rapta, 

barbarae  postciuam  cccidere  tiirmae 
i'>    Thessalo  victore  et  ademptua  Hector 
tradidit  fessis  leviora  toUi 
Pergama  ftrais. 

nescias  an  te  generuni  beati 
Phyllidis  flavae  decorent  parentes; 
15    regiuni  certe  geniis,  et  penatia 
maeret  iniquos. 

crede  non  illam  tibi  de  scelesta 
plebe  dilectam,  neque  sie  fidelem, 
sie  lucro  aversam  potiiisse  nasci 
20    matre  pudenda. 

bracehia  et  voltum  terete8(iue  suras 
integer  laude:  fuge  suspieari 
cuius  octavum  trepidavit  aetas 
claudere  lustrum. 


V. 

Nondum  subacta  ferre  iugum  valet 
cerviee,  nondum  munia  eonparis 
aequare  nee  tauri  ruentis 
in  venerem  tolerare  pondus. 

5    circa  virentis  est  anirous  tuae 

canipos  iuvencae,  nunc  fluviis  gravem 
Solan tis  aestum,  nunc  in  ud<> 
ludere  cum  vitulis  salicto 

praegestientis.    tolle  cupidinem 
10    inmitis  uvae:  iam  tibi  lividos 


CARMINUM  I.TR  FI.  5.  fi.  47 


(listinguet  autuninus  racemoR 
purpureo  varius  colore. 

iam  te  scciuetur:  eurrit  enini  ferox 
aetas,  et  illi,  (pios  tibi  dempserit, 
ir>    adponet  aimos:  iam  proten-a 
fronte  i)etct  Lalajre  niaritum. 

dilecta  quantuni  iiou  Pholoc  fugax, 
non  Chlori:^  albo  sie  umero  iiitens 
ut  pura  uoctiirno  renidct 
2(>  luna  man,  Cnidiusve  CfVges: 

quem  si  puellaruiii  iusereres  choro, 
niire  sagacis  falleret  hospites 
diserinicn  obscurum  solutis 
crinibus  ambigunqiic  voltu. 


VI. 

Scptimi,  Gadiö  aditure  meeum  et 
Cantabrum  indoetum  iiiga  ferre  nostra  et 
barbaras  Syrtis,  iibi  Maura  semper 
aestuat  uiula, 

r»    Tibiu-  Argeo  positiini  colono 
sit  meae  sedes  utinani  senectae, 
sit  modus  lasso  maris  et  viarum 
militiaequc. 

unde  si  parcae  pruliibent  iniquae, 
10    dulce  pellitis  ovibus  Galaesi 
fiumen  et  reguata  i)etam  Laconi 
nira  Phalantho. 

ille  terranim  mihi  praeter  omnis 
augulus  ridet,  ubi  non  Hymetto 


48    •  Q.  HORATII  FLACCI 

15    inella  decediint  viridique  certat 
baca  Venafro; 

ver  ubi  longuni  tepidasi^ue  ])raebet 
luppitor  brumaS;  et  aniicus  Aiilou 
fertilis  Baecho  minimum  Falenüs 
20    iiividet  uvis. 

ille  te  meeum  locus  et  beatae 
postulaut  arcesy  ibi  tu  calentein 
debita  sparges  laerima  favillaiu 
vatis  aniici. 


vr. 

Septimi,  Gades  aditure  mecum  et 
Cantabrum  indoctum  iuga  ferre  nostra  et 
barbaras  SyrtiS;  ubi  Maura  nemper 
aestuat  unda: 

9    Bit  modus  lasso  maris  et  viaruni; 
tu    dulee  pellitis  ovibus  Galaesi 

flumen  ut  regnata  petaui  et  Laconi 

rura  Phalantho. 

ille  terrarum  mihi  ])raeter  ouiues 
angulus  ridet;  ubi  non  Hymetto 
15    mella  decedunt  viridique  certat 
bacÄ  Venafro; 

yer  ubi  longum  tepidasque  praebet 
luppiter  brumaS;  et  amicus  Aulon 
fertilis  Baccko  minimum  Falernis 
20    iuvidet  uvis. 


CARMINUM  LIB.  II.  6.  7.  49 


ille  te  mccimi  locus  et  beatae 
])08tiilaiit  arces,  ibi  tu  ealcntem 
(lebita  sparges  lacrima  favillani 
vatis  amici. 


VII. 

0  saepe  meeum  tempus  in  ultimum 
deducte  Bruto  militiac  duce, 
quis  te  rcdonavit  Quiritem 
dis  patriis  Italoque  eaelo, 

5    Pompei,  meorum  prime  sodalium? 
cum  quo  morantem  saepe  diem  mero 
fregi  coronatus  nitentis 
malobathro  Syrio  cai>illo8. 

teeum  Philippos  et  celerem  fugam 
10    seusi,  rclictÄ  iion  bcne  pannula, 
cum  fracta  virtus,  et  minaces 
tuq)e  solum  tetigere  mento. 

«ed  me  per  hostis  Mercurius  celcr 
dcnso  paventem  sustulit  aere;    - 
15    te  rursus  in  bellum  resorbens 
unda  fretift  tulit  aestuosis. 

ergo  obligatam  redde  lovi  dapem 
longaque  fessum  militia  latus 
depone  sub  lauru  mea,  nee 
20    j)aree  cadis  tibi  destinatis. 

oblivioso  levia  Massico 
ciboria  exple,  fuude  capacibus 
unguenta  de  conchis.    quis  udo 
deproperare  apio  Coronas 

LsHM,  Horaiiiu. 


60  Q.  HORATIl  FLAGCI 

25    curatve  myrto?  quem  Venus  arbitruni 
dieet  bibendi?  non  e>go  ganiu» 
baechabor  Edonis:  recepto 
dulce  mihi  furere  est  amieo. 


VIII. 

Ulla  si  iuris  tibi  peierati 
poena,  Uarine;  noeuissct  umquam 
dcnte  si  nigro  fierea  vel  uno 
tuqnor  ungui, 

6    crederem:  sed  tu  simul  obligasti 
perfidum  votis  caput,  enitescis 
l)uldirior  multo  iuvenumque  i)r()dis 
publica  cura. 

expedit  matris  cincres  opertos 
10    fallere  et  toto  taciturna  noctis 
sigrna  cum  caelo  gelidaque  divos 
morte  earentis. 

ridet  hoc,  inquam,  Venus  ipsa,  rident 
eomplices  nym])hae  ferus  et  Cupido, 
15    semper  ardentis  acuens  sagittas 
cote  cruenta. 

adde  quod  ])ubes  tibi  crescit  omnis 
servitus  ut  sit  nova,  nee  priores 
inpiae  tectum  dominae  relinquunt, 
20    saepe  minati. 

te  suis  matres  metuunt  iuvencis, 
te  senes  parci,  miseraeque  nuper 


14  eomplices.   siinplices.      IS  ut  sit.    ort»scit. 


CARMINUM  LIB.  II.  8.  9.  51 


virgines  nuptae,  tua  ne  retardet 
aura  maritos. 


IX. 

Non  gemper  imbrcs  iiubibus  hispidos 
manant  in  agros  aut  mare  Caspium 
vexant  inaequalcs  proccUae 
usque,  nee  Armeniis  in  oris, 

5    amicc  Valgi,  stat  glacics  iners 
mensis  per  omnis  aut  aquilonibus 
querceta  Gargani  laborant 
et  foliis  viduantiir  onii. 

tu  semper  urgues  flebilibus  modis 
10    Mysten  adernjituni,  nee  tibi  vespero 
surgente  deccdunt  amores 
nee  rapidum  fugiente  solem. 

at  non  ter  acvo  functus  amabilem 
ploravit  omnis  Antilochum  senex 
15    annos,  ncc  inpubcm  parentcs 
Troilon  aut  Phrygiae  sorores 

flevere  semper.    desine  mollium 
tandem  querellarum,  et  potius  nova 
eantemus  Augusti  tropaea 
20    Caesaris  et  rigidum  Nipbaten, 

Medumque  flumen  gentibus  additum 
victis  minores  volvere  vertiee», 
intracjue  praescriptum  Gelonos 
exiguis  equitare  campis. 


4* 


52  ^.  UORATII  FLACCI 

X. 

Kectius  vives,  Liciiii,  neque  altiim 
seiDper  urguendo  ne(iiie,  diiin  procellas 
oautuä  borrescis,  niiiiiuni  premciulo 
Utas  iniquuin. 

5    aureani  quisquis  mediocritateni 
diligit,  tutiiö  caret  obsolcti 
sordibus  tccti,  caret  invideiida 
dobrius  aula. 

saepius  ventis  agitatiir  ingens 
10    pinus,  et  celsae  graviore  casu 
deeidunt  turres,  feriunt<iue  summos 
fulgura  montis. 

sperat  iufcstis,  mctuit  secundis 
alteram  sortem  bene  praeparatuni 
15    pectus.    informis  hiemes  reducit 
luppiter,  idem 

su1)uiovet.    Don,  si  male  nunc,  et  olim 
sie  erit:  quondam  citharae  tacentem 
suscitat  inusam  neque  semper  arcum 
2'    tendit  Apollo. 

rebus  angustis  auiinosus  atque 
fortis  adpare:  sapienter  idcin 
eontrahes  vento  nünium  secundo 
turgida  vela. 

XI. 

Quid  bellicosus  Cantaber  et  Scythcs, 
Hirpine  Quinti,  cogitet,  Uorrida 


2  horrida.   Hadria. 


CARMINUM  LIB.  IL  10.   11.  12.  ^y'^ 


.^ 


divißus  ora,  tu  remitta.s 
(luaerere,  ne  trepides  in  usiim 

sponilentis  aevi  jiaiica.  fugit  retro 
levis  iuventas  et  decor,  arida 
pellcnte  lascivos  amores 
canitie  facilemque  somnuni. 


non  8emi)er  ideiii  floribus  est  honor 
10    verni»,  iiequc  imo  luna  nibeiis  nitet 
vfdtii.    (luid  aetcruis  minorem 
consiliis  auimum  fatigas? 

cur  nun  sub  alta  vel  platano  vel  liac 
pinu  iacentes  m*  temere  et  rosa 
1.5     cinetos  odorati  capillos, 
dum  licet,  Assyrioque  nardo 

])otamus  Hucti?  dissipat  Euhius 
curas  cdacis.     quis  puer  ocius 
restinguet  ardcntis  Falerni 
20    i)ocula  praetercunte  lymplia? 

(piis  devium  scortum  eliciet  domo 
Lyden?  cbnrna  die  age  cum  lyra 
maturet,  incomptam  Lacaenao 
more  comam  religata  nodum. 


XII. 

Nolis  longa  ferai»  bclla  Numantiae 
nee  durum  Hannibalem  nee  Siculum  mare 
Poeno  purpureum  sanguine  mollibus 
aptari  citharae  modis, 

3  ora  tu.    obiccto.      5  spondontis.  posceutis.      15  cinetos.   canos. 


51  Q.  HORATII  FLACGI 

5    nec  saovos  Lapithas  et  nimiiiiii  mero 
Hjiaeum  doniitosve  Herculca  manu 
Teilung  iuveiies,  unde  per  aethera 
fulgens  contrcmuit  domus 

Saturni  veteris:  neve  pedestribus 
10    dici  earmiuibus  proelia  Caesaris, 
Maeeenas,  iubeas,  ductaque  per  via» 
regum  colla  ininacium. 

me  dulcis  dominae  nuisa  Licvmniae 
cantus,  me  voluit  dicere  lucidum 
15    fulgentis  oeulos  et  bene  mutuis 
fidum  pectus  amoribus, 

quam  nec  ferre  pedem  dedecuit  choris 
nec  certare  ioco  nec  dare  bracchia 
lulcutem  nitidis  virginibus  sacro 
20    Dianae  celebris  die. 

num  tu  quao  tenuit  dives  Achaemenes 
permutare  velis  crine  Licymniae? 
aut  pinguis  Phrygiae  Mygdonias  opes, 
plenas  aut  Arabum  domos, 

25    dum  flagrantia  detorquet  ad  oscula 
cervicem,  aut  facili  saevitia  negat 
quae  poscente  magis  gaudeat  eripi, 
interdum  rapere  occupat? 


XIII. 

nie  et  nefasto  te  posuit  die 
quicumque  primum,  et  sacrilega  manu 


7  per  aethera.  periculum.    9  neve.  tuque.     10  dici  camiinibus.  dices 
historiis.    lliubeas.  melius.    22.  23  gewöhnlich  in  umgekehrter  Ordnung. 


CARMIXUM  LIB.  II.   12.  13.  55 


produxit,  arbos,  in  nepotum 
penüeiem  opprobriunique  pagi; 

5    illum  et  Pareiitis  crediderim  sui 
fregisse  cervicem  et  ))eiietralia 
sparsisse  uocturno  cruore 
kosj)itis;  ille  veneua  Coleha 

et  quidquid  usquam  coueipitur  iiefas 
10    traetavit,  agro  qui  statuit  meo 
te  triste  liguiim,  te  eadueuin 
in  doniini  caput  iumerentis. 

quid  quisque  vitet  numquam  homini  satis 
cautum  est  in  horas.    navita  Bosporum 
15    Tbynus  perhorrescit  neque  ultra 
eaeea  timetve  aliunde  fata; 

miles  sagittas  et  cclerem  fugam 
Parthi;  eateiias  Parthus  et  Italum 
robur;  sed  inprovisa  leti 
20    vis  rapuit  rapietque  gentis. 

(piani  paene  furvae  regna  Proserpinae 
et  iudicantem  vidinius  Aeacum 
sedesque  diseretas  piorum  et 
Aeoliis  fidibus  querentem 

25    öappho  puellis  de  popularibus, 
et  te  sonauteni  plenius  aureo, 
Aleaee,  pleetro  dura  navis, 
dura  fugae  mala,  dura  belli. 

utrumque  sacro  digna  silentio 
:.o    nürantur  uuibrae  dicere;  sed  magis 


15  Tbynus  Laclim.   Poeuus.      16  timetve  Lachm.  timet. 


56  Q.  IIORATll  FLACCI 

pugnas  et  exactos  tyrannos 
densum  umeris  bibit  auro  volgiis. 

quid  mirum,  ubi  Ulis  carmiuibus  stiipens 
demittit  atras  belua  centiceps 
35    auris  et  intorti  eapillis 

eumenidum  recreantur  augues? 

quin  et  Prometheus  et  Pelopis  parens 
dulci  laborum  decipitur  sono, 
nee  curat  Orion  leones 
40    aut  timidos  agitare  lyncas. 


XIIP. 

nie  et  nefasto  te  posuit  die 
quieumque  primura,  et  saerilega  manu 
produxit,  arbos,  in  nepotum 
pemiciem  opprobriumque  pagi; 

5    illum  et  parentis  crcdiderim  sui 
fregisse  cervicem  et  penetralia 
sparsisse  noetumo  cruore 
hospitis;  ille  venena  Colcha 

et  quidquid  usquam  concipitur  nefas 
10    traetavit,  agro  qui  statuit  meo 
te  triste  lignum,  te  caducum 
in  domini  caput  inmerentis. 

21    quam  paene  furvae  regna  Proserpinae 
et  judicantem  vidimus  Aeacum 
sedesque  discretas  piorum  et 
Aeoliis  fidibus  querentem 

25    Sappho  puellis  de  popularibus, 
et  te  sonantem  plenius  aureo, 


CARMINUM  LIB.  II.  13'.  14.  57 


Alciiee,  plectro  dura  navis, 
dura  fiigao  mala,  dura  belli. 

13    quid  quisque  vitet  numquam  homini  satis 
cautum  est  in  horas.   navita  Bosporum 

)5    Thynus  perhorrescit  uequo  ultra 
eaeca  tiraetve  aliunde  fata; 

miles  sagittas  et  celereiu  fugam 
Partlii;  eatenas  Parthus  et  Italum 
robur;  sed  improvisa  leti 
20    vis  rapuit  rapiet(iue  geutis. 


XIV. 

Eheu  fugaccs,  Postume  Postume, 
labuntur  anni,  nee  pietas  moram 
rugis  et  instanti  senectae 
adferet  indomitaeque  morti: 

5    nou  si  treeenis  quotquot  eunt  dies, 
amice,  places  inlacrimabilcm 
Plutona  tauris,  qui  ter  amplum 
6er}onen  Tityonque  tristi 

conpescit  unda,  scilicet  omnibus, 
10    ([uicumque  terrae  munere  veseimur, 
enaviganda,  sive  reges 
sive  iuopes  erimus  eoloni. 

fnistra  cniento  marto  carebimus 
fractisque  rauci  fluctibus  Hadriae, 
15    fnistra  per  autumnos  nocentem 
corporibus  metuemus  austrum. 

visendus  ater  flnmine  languido 
Cocytos  errans  et  Danai  genus 


58  Q   UORATII  FLACCI 

infame  damnatusque  \o\\g\ 
20    Sisyphus  Aeolides  laboris. 

linquenda  töUus  et  doinuä  et  placeiiä 
uxor,  iieque  harum  qua»  colis  arborum 
te  praeter  invisas  cupresäos 
Ulla  brevem  dominum  sequetur. 

25    absumet  heres  Gaecuba  dignior 
servata  centum  clavibu-s  et  mero 
tinguet  pavimentum  superbo, 
pontifieum  potiore  cenis. 


XIV^ 

Eheu  fugaees;  Postume,  Postume, 
labuntur  anni,  nee  pietas  moram 
rugis  et  instanti  seuectae 
adferet  indomitaeque  morti: 

5    non  si  treeenis  quotquot  euut  dies, 
amiee,  places  inlaerimabilem 
Plutoua  ta,uris,  qui  ter  amplum 
Gerj'onen  Tityonque  tristi 

eompeseit  unda,  scilieet  omuibus 
10    quieunque  terrae  munere  veseimur 
enavigauda,  sive  reges 
sive  inopes  erimus  coloni. 

• 

frustra  eruento  marte  carebimus 
fraetisque  rauci  fluetibus  Hadriac, 
15    frustra  per  autumuos  noceutem 
eorporibus  metuemus  austrum. 

21    linquenda  tellus  et  domus  et  placeus 
uxor;  neque  harum,  quas  seris,  arborum 


CARMINUM  LIB.  II.  \V.  15.  59 


te  praeter  mviBas  eupressos 
Ulla  brevem  dominum  8e(iuetur. 


XV. 

Unecht. 

lam  pauca  aratro  iugera  regiae 
moles  reliuqueut,  undique  latius 
extenta  visentur  Lucriuo 
stagiia  lacu,  platanusque  caelebs 

5    evincet  ulmos.    tum  violaria  et 
myrtus  et  omiiis  copia  uarium 
spargeut  olivetis  odorem 
fertilibus  domino  priori: 

tum  spissa  ramis  laurea  fervidos 
10    excludet  iotus.    iioii  ita  Romuli 
praeacriptum  et  iutonsi  Catoiiis 
auspiciis  veterumque  uorma. 

privatus  illis  census  erat  brevis, 
commune  magnum:  uulla  decempedis 
15    metata  privatis  opacam- 
porticus  exeipiebat  areton, 

■ 
nee  fortuitum  spernere  caespitem 

leges  sinebant,  oppida  publico 

sumptu  iubentes  et  deorum 

20    templa  novo  decorare  saxo. 


60  Q.  HORATII  FLACCl 


XVI. 

Otium  divos  rogat  in  patenti 
pronsug  Aegaeo,  simul  atra  niibes 
condidit  liinam  neqiie  ccrta  fiilgent 
gidera  nautig, 

5    otium  hello  furioga  Thraee, 
otium  Medi  pharetra  decori, 
Grogphe,  non  gemmig  neque  pnrpura  ve- 
nale  neque  auro. 

non  enim  gazae  neque  congularig 
10    gubmovet  lictor  miserog  tumultug 
mentig  et  curag  laqueata  circum 
tecta  volantig. 

vivitur  parvo  bene  cui  patemum 
gplendet  in  menga  tenui  galinum 
15    nee  levig  gomnog  timor  aut  cupido 
gordidug  aufert. 

quid  brevi  f<»rteg  iaeulamur  aevo 
multa?  quid  terras  alio  ciilentig 
gole  mutamug?  patriae  quig  exgul 
20    ge  quoque  fugit? 

gcandit  aeratag  vitiosa  navig 
ciira,  nee  turmag  equitum  relinquit, 
ocior  cervig  et  agente  nimbog 
oeior  euro. 

25    laetug  in  praegeng  animug  quod  ultra  egt 
oderit  curare  et  amara  lento 
temperet  rigu:  nihil  est  ab  omni 
part«  beatum. 


CARMINUM  LIH.  IL  16.  16V  61 


abstulit  darum  cita  mors  Achillem, 
3()    longa  Tithouum  minuit  senectus, 
et  mihi  forsan  tibi  quod  negarit 
porriget  liora. 

te  greges  centiim  Siculaeque  eircum 
mugiiiiit  vaccae,  tibi  toUit  liinnitum 
35    apta  quadrigis  equa,  te  bis  Afro 
muriee  tinctae 

vestiunt  lanae:  mihi  parva  rura  et 
spiritum  Graiae  tenuem  camenae 
parca  iion  meiidax  dedit  et  malignum 
40    speniere  volgus. 


XVI". 

Otium  divos  rogat  in  patenti 
prensus  Aegaeo,  simul  atra  mil)es 
eondidit  lunam  neque  certa  fulgent 
sidera  nautis 


< 


Grosphe,  non  gemmis  neque  purpura  ve- 
nale  neque  auro. 


non  enim  gazae  neque  cousularis 
10    submovet  lietor  miseros  tumultus 
mentis  et  curas  laqueata  eircum 
tecta  volantis. 


62  Q   HORATII  FLACCI 

vivitur  pan'o  liene  ciii  paternum 
gplendet  in  menna  tenui  salinum 
15    nee  levis  »omnos  timor  aut  cupido 
Bordidug  aufert. 

quid  brevi  fortes  iaculamur  aevo 
mnlta?  qhid  terras  alio  calentis 
Bole  miitamiiR?  patriae  qiiis  exiil 
20    «e  qiioqiie  fugit? 

25    laetuB  in  praesens  animus  quod  ultra  est 
oderit  curare  et  amara  lento 
temperet  risu:  nihil  est  ab  omni 
parte  beatum. 


XVII. 

Cur  me  querellis  exanimas  tuis? 
nee  dis  amicum  est  nee  milii  te  prius 
obire,  Maecenas,  mearum 
grande  deous  cohnnenque  renim. 

5    a  te  meae  si  partem  animae  rai)it 
maturior  vis,  quid  moror  altera, 
ueo  canis  aeque  nee  supcrstes 
integrer?  ille  dies  utramque 

dueet  ruiiiam.    non  c?o  perfiduni 
10    dixi  sacramcntum:  ibimus,  ibimus, 
utcunujue  praecedes,  suprenium 
•eari)ere  iter  eoniites  parati. 

me  nee  chimaerae  sinritus  igneae, 
nee  si  resurgat  eentimanus  Gyas, 
Iß    divellet  umquam:  sie  potenti 
lustitiae  plaeitumque  parcis. 


CARMINÜM  LIB.  II.   17.  17\  63 


seu  libra  seu  mc  scorpios  adspicit 
fonnidolosus,  pars  violentior 
natalis  horae,  seu  tvranims 
20    Hesperiae  capriconuis  undae, 

ntrunique  nostruni  incredibili  modo 
conBentit  astnini.    tc  lovis  inpio 
tntela  Satiirno  refulgens 
eripiiit  volucrisque  fati 

2:».    tardavit  alas  (Hii  populus  freqiiens 
laetum  tlicatris  ter  crepuit  soniim: 
nie  trunciis  inlapsiis  cercbro 
siistulerat,  nisi  Faiinus  ictum 

dexti-a  Icvasset,  Mcrcurialiiun 

,30    ciistos  vironun.    redderc  victimas 

aedeiTKiue  votivam  memento: 

T108  hiiinilein  feriemus  a^fim. 


XVII". 

I     Cur  nie  (iiiercllis  cxaniniaa  tiiis? 
Tiec  dis  anncuni  est  nee  mihi  te  i)riii8 
obire,  Maeeenas,  meanim 
^^rande  deeus  eolumenque  verum. 

21     iitrumquc  nostnun  ineredibili  modo 
consentit  astriim.    te  lovis  inpio 
tutela  Saturno  refulgens 
eripuit  voluerisque  fati 

2r>    tardavit  alas  cui  populus  frequens 
laetum  theatris  ter  erepuit  sonum: 


25  cui  Lachm.    cum  oder  tnm  oder  te. 


64  Q.  HÖR  ATI  r  FLACCt 

me  truncuft  iiilapsus  cerebro 
sustiilerat,  lüsi  Fauiius  ictuni 

dextra  levassct,  Mercurialimn 

30    custos  viroruiii.    reddere  victiiiiaa 

aedeiuque  votivam  nicmcnto: 

no8  humilem  ferieinus  agnam. 


XVIII. 

Non  ebur  neque  aureum 
raea  renidet  in  domo  lacunar, 
non  trabes  Ilvmettiae 
premunt  coliinmas  ultima  reeisas 

5    Africa,  neque  Attali 

ignotus  lieres  regiam  oecupavi, 

nee  Laconieas  mihi 

traliuut  honestae  purpuras  clientae. 

at  fides  et  ingeni 
10    ))enigna  vena  est,  pauperemque  dives 
me  petit:  nihil  supra 
deos  laeesso  nee  potentem  amieum 

largiora  flagito, 
satis  beatus  unicis  Sabinis. 
15    truditur  dies  die, 

novaeque  pergunt  interire  lunae. 

tu  sccanda  marmora 
locas  sub  ipsum  fuuus  et  sepulcri 
inmemor  struis  domos 
20    marisque  Baus  obstrepentis  urgues 

submovere  litora, 

parum  locuples  continente  ripa. 


CARMINUM  LIB.  U.  18.  19.  65 


quid  quod  usqiie  proximos 
revellis  agri  terminos  et  ultra 

25    liinites  clientium 

salis  avarus?  pellitur  paternos 

in  sinu  ferens  deos 

et  uxor  et  vir  sordidosque  natos. 

iiuUa  certior  tarnen 
30    rapacis  Orci  sede  destinata 
aula  divitem  manet 
erum.    quid  ultra  tendis?  aequa  tellus 

pauperi  recluditur 
regumque  pueris,  nee  satelles  Orci 
:<5    callidum  Promethea 

revexit  auro  captus.    hie  superbum 

Tantaluni  atque  Tantali 
genus  coercet,  liic  levare  funetum 
pauperem  laboribus 
40    vocatus  atque  non  vocatus  audit. 


XIX. 

Bacchum  in  remotis  carmina  rupibus 
vidi  docentem,  credite  posteri, 
nymphasque  discentis  et  auris 
eapripedum  satyrorum  acutas. 

5    eulioe,  recenti  mens  trepidat  metu 
plenoque  Bacchi  pectore  turbidum 
laetatur.    euhoe,  parce  Liber, 
parce  gravi  metuende  thyrso. 

fas  pervicacis  est  mihi  thyiadas 
10    vinique  fontem  lactis  et  uberis 

Lbhrs,  Uontiiu. 


<;ft  Q.  HORATII  J-LACCI 

caiitarc  rivo«  atquc  tninci» 
lapH}i  caviM  iterare  inella, 

faH  c;t  heatac  (*oiiiu«riH  additiiiii 
HtcUm  honorem  te(*ta<iiic  Pcntliei 
i.'i    (liHiecta  non  Iciü  ruiiia, 
ThniciH  et  exitiuin  Ly<iir^n. 

tu  iicctm  anmirt,  tu  inare  barbarum, 
tu  Hoparatis  uvhIuh  iu  ixigiti 
ikmIo  cocrccH  viperin'» 
'Jii    UiHtouuluin  Hine  fraudc  crini». 

tu,  cum  parentm  rcgna  per  anluuni 
CdhorH  Gigantum  Hcanderet  in])ia, 
Khoctum  retorsinti  leonis 
un^ruibufl  liorribilique  mala: 

25    quam(iuain  chorei»  aptior  et  iocis 
lud()<[ue  dietuH  non  8at  idoncus 
pu^uac  ferebari»;  »ed  idem 
pa(*iH  eran  mediuHque  belli. 

te  vidit  insoiig  Cerberus  aureo 
30    eomu  deeorum  leniter  atterens 
caudam  et  recedenÜH  trilingui 
ore  pedes  tetigitcpie  crura. 


XX. 

Unecht. 

Non  uHitata  nee  tenui  ferar 
penna  bifomiis  per  liquidum  aethera 
vates,  neque  in  terris  morabor 
longius,  invidiaque  maior 


CARMIXl-M  Lin.  IL  19.  20.  07 


5    iirbis  reliiiquam.    non  ego  paupenim 
sanguis  parentiim,  non  ego  quem  vocas, 
dilecte  Maecenas,  obibo, 
nee  Stygia  cohibebor  unda. 

iam  iam  residunt  cruribus  asperae 
10    pelles  et  albiim  mutor  in  alitem 
supenie  nasounturque  leves 
per  digitos  umerosque  plumae. 

iam  Daedaleo  tiitior  learo 
visam  gementis  litora  Bospori 
15    Syrtisque  Gaetulas,  canonis 
ales,  Hyperboreosque  campos. 

• 

me  Colehiis  et  qui  dissimulat  metum 
Marsae  cohortis  Daeiis  et  ultimi 
noscent  Geloni,  me  peritus 
20    discet  Hiber  Rhodanique  potor. 

absint  inaui  funcre  neniae 
luctusqiie  turpes  et  querimoniae; 
conpesce  clamorem  ac  sepulcri 
mitte  supervaeuos  honores. 


13  tutior  B.   notior  und  ocior. 


5* 


Q.  HORATII  FLACCI 

C  A  R  M  I  N  ü  M 

IJIJER  TERTIUS. 
I. 

Olli  profanum  volgus  et  arceo. 
favote  linguiB:  carniina  non  prius 
audita  musarum  sacerdos 
virginibus  puerisque  canto. 

5    Regum  timeudoniin  in  |)ropri()8  ^cgres, 
reges  in  ipsos  imperium  est  lovis, 
clari  Giganteo  triuinphO; 
euncta  supercilio  moveiitis. 

est  ut  viro  vir  latius  ordinet 
10    arbusta  sulcis;  hie  generosior 
deseeiidat  in  campum  petitor, 
moribus  bic  meliorque  fama 

contendat,  illi  turba  clientium 
sit  maior:  aequa  lege  uecessitan 
t'>    sortitur  insiguis  et  inios, 

omne  capax  movet  unia  uomen. 

destrictus  ensis  eui  super  inpia 
cerriee  pendet,  non  Siculae  dapes 
duli^em  elaborabunt  saporem, 
20    non  a>'ium  citharaeque  cantus 


a  HORATII  FLACCI  CARMINUM  LIB.  III.  1.  09 

somnum  rcducent.    somiius  agrcstium 
lenis  virorum  non  hiimilis  domos 
fastidit  umbrosamque  ripam, 
non  zephyrig  ajdtata  Tempe. 

25    desiderantem  quod  satis  est  neque 
tumultuosum  sollicitat  mare, 
nee  8aevu8  aretiiri  eadentis 
impetus  aut  orientis  haedi, 

non  verberatae  grandine  vineae 
3ü    fundusque  mendax,  arbore  nunc  aquas 
culpante,  nunc  torrentia  agros 
sideni;  nunc  liiemes  iniquas. 

contracta  i)i8ce8  aequora  sentiunt 
iacti8  in  altum  molibus:  buc  vehens 
35    eaementa  demittit  redemptor 
cum  famulis  dominusque  terrae 

fastidiosus:  8ed  timor  et  ininae 
scandunt  eodem  quo  dominus,  neque 
decedit  aerata  triremi  et 
40    po8t  equitem  sedet  atra  cura. 

quod  8i  dolentem  nee  Pbrygius  lapis, 
nee  purpurarum  sidere  clarior 
(ieleuit  usus,  nee  Falema 
vitis  Acbaemeniumque  costum, 

45    cur  invidendis  postibus  et  novo 
sublime  ritu  moliar  atrium? 
cur  valle  permutem  Sabina 
divitias  operosiores  ? 

34  vehens.   frequens. 


70  Q.  UORATII  FLACCI 


II. 


Angu8tam  ainicc  paui)criem  pati 
robustus  acri  militia  puer 
condiscat  et  Parthos  ferocis 
vexet  eqiics  metuendiis  liasta 

5    vitanique  sub  divo  et  trepidi»  agat 
in  rebus,    illum  ex  inoenibus  hosticis 
niatrona  bellaiitis  tvraimi 
proftpiciens  et  adulta  virgo 

suspiret:  ehcii,  ue  rudis  agminum 
10    gponsus  lacessat  regius  asperiim 
tactu  leonem,  quem  cruenta 
per  medias  rapit  ira  caedis. 

dulee  et  dceorum  est  pro  patria  mori: 
mors  et  fugacem  i)ersequitur  virum, 
15    nee  pareit  inbellis  iuventae 
l)oplitibu8  timidoque  tergo. 

virtus  repulsae  neseia  8ordidae 
intamiiiatis  fulget  lionoribift, 
nee  sumit  aut  ponit  seeuris 
20    arbitrio  popularis  aurae. 

virtus  rccludens  inmeritis  mori 
eaelum  negata  temptat  iter  via, 
coetusque  volgaris  et  udam 
speniit  humum  fugiente  i)cnna. 

25    est  et  fideli  tuta  silentio 

merces:  vetabo,  qiii  Cercris  sacrum 
volgarit  areanae,  sub  isdcm 
Sit  trabibus  fragilemve  mecum 


CARMINUM  LIB.  III.  2.  2\  71 


solvat  pbasclon:  saepe  Diespiter 
30    ueglectiis  inc^sto  addidit  integrum; 
raro  autecedcntem  scelestum 
dcseruit  pede  Poena  claudo. 


II". 

Angustam  amiee  pauperiem  pati 
robustuB  acri  militia  puer 
condiscat  et  Parthos  ferocis 
vexet  eqiies  metuendus  liasta 

5    vitamque  8iib  divo  et  trepidis  agat 
in  rebus,    illum  ex  moenibus  hosticis 
matrona  bcllantis  tvranni 
prospiciens  et  adulta  virgo 

suspiret:  eben,  ne  rudis  Jigminum 
10    sponsus  lacessat  regius  asperum 
taetu  leoncm,  quem  crucnta 
])er  medias  rapit  ira  caedes. 

dulcc  et  deeomm  est  pro  pati-ia  mori: 
mors  et  fugacem  persequitur  virum, 
15    ncc  parcit  inbellis  iuventac 
poplitibus  timidove  tergo. 

21     virtus  recludens  imineritis  mori 
caelum  negata  tentat  iter  vita, 
eoetusque  volgaris  et  udam 
spemit  humum  fugicnte  ])enna. 


72  Q.  HORATII  FLACCI 

Noch  ein  y ersuch  mit  Benutze n//  einiger  wie  es  scheineti  kann    von 
hier  versprengter  Strophen  aus  der  3.  Ode. 

\\\ 

Angustam  amice  paupericm  pati 
robustus  acri  militia  i>uer 
condiscat  et  Parthos  ferocis 
vexet  ecjues  metuendus  hasta 

5    vitamque  sub  divo  et  trcpidis  agat 
in  rebus,    illum  ex  moenibus  hosticis 
matrona  bellantis  tyranni 
prospiciens  et  adulta  virgo 

suspiret:  eheu,  ne  rudis  agminum 
10    sponsus  lacessat  regius  asperiira 
tactu  Iconem,  quem  cnienta 
per  medias  rapit  ira  caedes. 

in,49aurum  inrepertum  et  sie  melius  situm, 
cum  terra  celat,  spernere  fortior 
quam  cogere  humanos  in  usus 
omne  sacrum  rapiente  dcxtra 

quicunque  mundo  terminus  obstitit 
hunc  tangat  armis,  visere  gestiens 
55  qua  parte  debaci?hentur  ignes, 
qua  nebulae  pluviique  rores. 

IT,  I3dulee  et  decorum  est  pro  patria  mori: 

mors  et  fugacem  persequitiir  vinim 
15    nee  parcit  inbellis  iuvcntae 
poplitibus  timidove  tergo. 

21    virtus  recludens  immeritis  mori 
caelum  negata  temptat  iter  via, 


CARMINUM  LIB.  UI.  2'.  3  73 


coetiisque  vulgaris  et  udam 
spemit  humum  fugionte  penna. 

III. 

luetum  et  tenac^m  propositi  virum 
non  civium  ardor  prava  iubentium^ 
non  voltus  instantis  tyranni 
mente  qüatit  solida,  neque  auster, 

5    dux  inquieti  turbidus  Hadriae, 

nee  fulminantis  magna  manus  levis: 
81  fraetus  iulabatur  orbis, 
inpavidum  ferient  ruinae. 

hac  arte  Pollux  et  vagus  Hercules 
to    enisus  arcis  attigit  igneas: 
quos  inter  Augustus  recumbens 
purpureo  bibet  ore  nectar. 

hac  te  merentem,  Bacche  pater,  tuae 
vexere  tigres  indocili  iugum 
15    collo  trahentes,  hac  Quirinus 
Martis  equis  Acheronta  fugit, 

gratum  elocuta  consiliantibus 
lunone  dhis:    'Ilion,  Ilion 
fatalis  incestusque  iudex 
20    et  mulier  peregrina  vertit 

in  pulverem,  ex  quo  destituit  deos 
mercede  pacta  Laomedon  mihi 
castaeque  damnatam  Minei-vae 
cum  populo  et  duce  fraudulento. 

25    iam  nee  Lacaeuae  splendet  adnlterae 
famosus  hospes,  neo  Priami  domus 


7-1  a    HORATIl  FLACCl 

periura  pugrnacis  Achivos 
lleetoreis  opibus  refriiiirit, 

nostrisqiic  ductimi  scditiouiljus 
30    bellum  rcsedit:  protiuiis  et  prravis 
iras  et  imisum  nopotem, 
Troiea  quem  peperit  sacenlos, 

Marti  redonabo.    illuui  c^o  lueidas 
inire  sedes,  ducere  iiectaris 
35    8UC0S  et  adscribi  ([uietis 
ordinibus  patiar  dcorum. 

dum  longus  inter  sacviat  Ilion 
Koniamque  pontus,  quali]>ct  cxsulcs 
in  parte  regnanto  beati; 
40     dum  Priami  Paridisque  bu8to 

insultet  annentum  et  catulos  fcrae 
celent  inultae,  stet  Capitolium 
fulgens,  triumphatisque  ])ossit 
Roma  ferox  dare  iura  Medis. 

45    borreuda  late  nomen  in  ultima» 
extendat  oras,  qua  modius  liquor 
secernit  Europcu  ab  Afro, 
qua  tumidus  rigat  arva  Kilus, 

aurum  inrepertum  et  sie  melius  situm, 
50    cum  terra  celat,  spenierc  foitior 
quam  cogere  liumanos  in  usus 
omne  saerum  rai)iente  dextra. 

(juicumque  mundo  terminus  obstitit, 
liunc  tangat  armis,  visere  gestiens 
5.)    qua  parte  debaccbentur  ignes, 
qua  nebulae  pluviique  rores. 


CARMINÜM  LIB.  III.  3.  3\  75 


scd  bellicosis  fata  Quiritibuä 
liac  lege  dico,  ne  nimium  pii 
rebusque  fidentes  avitae 
60    tecta  velint  roparare  Troiac. 

Troiae  ronascens  alite  liigubri 
fortiina  tristi  elado  iterabitur, 
duccnte  victrieis  catervas 
coiüugo  me  lovis  et  sorore. 

65    ter  si  resiirgat  murus  aeueus 
auctore  Phoebo,  ter  pereat  meis 
excisus  Argivis,  ter  uxor 
eapta  viriim  pucrosque  ploret/ 

iion  hoc  iocosae  coiivcniet  lyrae. 
70    quo,  luusa,  tendis?  desine  pervicax 
referre  sermoiies  deorum  et 
magna  modis  teiiuare  parvis. 


III". 

l    lustuiu  et  teuacem  propositi  viriiin 
iiou  civium  ardor  prava  iubentium 
iion  voltus  instantis  tyraniü 
mento  quatit  solida,  neque  auster, 

5    dux  inquieti  turbidus  Iladriac, 

nee  fulminantis  magna  manus  Ions: 
si  fractus  illabatur  orbis 
impavidum  ferient  ruinae. 

hac  arte  PoUux  et  vagus  Hercules 
10    enisus  arcis  attigit  igneas: 
quos  inter  Augustus  recumbens 
purpureo  bibet  ore  nectar. 


76  a  HORATII  FLACCI 

hac  te  merentem,  Baechc  pater,  tiiae 
vexere  tigres,  indocili  iiigiim 
15    collo  trahenteSy  hac  Qairinus 
Martis  eqiiis  Acheronta  fugit, 

gratiim  elocuta  consiliantibii« 
lunone  divis:  'llion,  Ilion 
fatalis  ineestusque  iudex 
20    et  miilier  jjeregrina  vertit 

in  pulverem,  ex  quo  destituit  deos 
mercede  pacta  Laomedon  mihi 
castaeque  damnatam  Minervae 
cum  populo  et  duce  fraudulento, 

25    iam  nee  Lacaenae  splendet  adulterae 
famosus  hospes,  nee  Priami  domus 
periura  pugnaci»  Achivos 
Hectoreis  opibus  refringit, 

nostrisque  ductum  BcditionibuH 
30    bellum  rescdit:  protinus  et  gravis 
iras  et  invictum  nepotem, 
Troica  quem  dederit  sacerdos, 

Marti  redonabo;  illum  ego  lucidas 
merere  sedes,  ducere  nectaris  ' 
35    sucos  et  adscribi  quietis 
ordinibus  patiar  deorum. 

dum  longus  inter  saeviat  Uion 
Romamque  pontus;  qualibet  exsules 
in  parte  regnanto  beati; 
40    dum  Priami  Paridisque  bu8to 


31  invictum.  invisum.      32  dederit.   peperit.      34  merere.  inire. 


CARMINUM  LIB.  III.  3'.  4.  77 


insultet  armentum  et  eatulos  ferae 
celent  inultae,  stet  Capitolium 
fulgens  triumphatisque  possit, 
Roma  ferox  dare  iura  Medis.' 


IV. 

De3cende  eaelo  et  die  age  tibia 
regiua  longum  Calliope  meloB, 
seu  voce  nunc  mavis  acuta, 
seu  fidibus  citliaraque  Phoebi. 

5    auditis  an  nie  ludit  amabili» 
insania?  audire  et  videor  pios 
errare  per  lucos,  anioenae 
quo8  et  aquae  subeunt  et  aurae. 

21     vester,  eamenae,  vester  in  arduos 
tollor  Sabinoöy  seu  mihi  frigidum 
Praeneste,  seu  Tibur  supinum, 
seu  liquidae  placuere  Baiae. 

9    mc  fabulosac  Volture  in  Appulo 

10    altrieis  extra  limiua  devio 
ludo  fatigatumque  somno 
fronde  nova  puerum  palumbes 

texerc,  miruni  quod  foret  omnibus, 
quicumque  celsae  nidum  Acherontiae 
15    saltusque  Bantinos  et  arvum 
pingue  tenent  humilis  Forenti, 

ut  tuto  ab  atris  corpore  Wperis 
dormirem  et  ursis,  ut  premerer  sacra 


10  limiua  devio.   limen  Apuliae,  limina  PuUiae. 


78  Q.  HORATII  FI.ACCI 

lauroque  oonlataque  niyrto, 
20    non  sine  din  animosiis  infans. 

26    vestris  amiciim  fontibus  et  choris 
non  me  Philippis  versa  aoies  retrt), 
(levota  non  exstinxit  arbos, 
nee  Sicula  Palinurus  unda. 

uteunique  niecuni  vos  critis,  libens 
3«    insunientem  navita  Bosporum 
teni])tabo  et  urentis  harenas 
litorig  Assvrii  viator, 

visani  Britannos  liospitibus  feros 
et  laetum  equiuo  sauguine  Concanum, 
35    visam  pharetratos  Gelonos 

et  Scvthicum  inviolatus  amnem. 

voö  Caesarem  altuni,  militia  simiil 
fessas  cohortes  reddidit  oppidis, 
finire  quaerentem  Labores 
4)    Pierio  recrcatis  antro. 

vos  lene  consilium  et  datis  et  dato 
gaudetis  alniae 


seimus  ut  impios 

43    Titanas  immanemquo  turniam 
fulmine  sustulerit  corusco 

45    qui  terrani  inertem,  qui  mare  temperat 
ventosum  et  umbras  regnaque  tristia 
divosque  mortalisque  turbas 
imperio  regit  unus  aequo. 

44  conisco  B.    caduco 


CäRMINÜM  LIB.  III.  4.  79 


magnum  illa  tcrrorem  iiitulcrat  lovi 
50    Mens  iuventus  horrida  bracchiis, 
fratresque  tendentes  opaco 
Pelion  inposuisse  Olymjx). 

sed  quid  Typhoeus  et  validus  Mimas, 
aut  quid  minaei  Porpliyrion  statu, 
55    quid  Rhoctus  evolsisque  ti-uncis 
Eueeladus  iaeulator  audax 

contra  sonantem  Palladis  aegida 
possent  nientes?  hinc  avidus  stetit 
Voleanus,  hinc  matrona  Inno  et 
60    numquam  umcris  positunis  arcum, 

qui  rore  puro  Castaliae  lavit 
crinis  solutos,  qui  Lyciae  tenet 
dumeta  natalemque  silvain, 
Delius  et  Patareus  AdoHo. 

♦>5    vis  eonsili  expers  mole  ruit  sua: 
vim  tem[)eratara  di  quoque  provelumt 
in  maius;  idera  ödere  viris 
omne  nefas  animo  nioventis. 

testis  mearum  centimanus  Gyas 
7'»  sententiarum,  notus  et  integrae 

temptator  Orion  Dianae, 
virginea  domitus  sagitta. 

iniecta  monstris  Terra  dolet  suis 
maeretque  partus  fulmine  luridum 
75    missos  ad  Orcum;  nee  peredit 
inpositam  celer  ignis  Aetnam, 

incontinentis  nee  Titvi  iecur 
reliquit  ales,  nequitiae  additus 


80  Q.  HORATir  FLACCl 

custos;  amatorem  troccntae 
80    Piritliouni  cohibent  cntenae. 


V. 

Caelo  toiiantem  crcdidimus  lovera 
reguare:  praesens  divus  habebitur 
Augustus  adieetis  Britannis 
iinperio  gravibusque  Persis. 

5    milesne  Crassi  coaiuge  bar1)ara 
tiiq)is  maritus  vixit  et  hostiuin 
(pro  curia  inversique  mores!) 
consenuit  soeerorum  in  annis 

sub  rege  Medo  Marsus  et  Appulus, 
10    anciliorum  et  nomiuis  et  togae 
oblitus  aeternaeque  Vestae, 
incolunii  lovc  et  urbe  Roma? 

hoc  caverat  mens  provida  Reguli 
dissentientis  condicionibus 
15    foedis  et  exemplo  tralienti 
perniciem  veniens  in  aevum. 

si  non  periret  inmiserabilis 
captiva  pubes.    'signa  ego  Punicis 
adfixa  delubris  et  arma 
20  militibus  sine  caede'  dixit 

'derepta  vidi,  vidi  ego  civium 
retorta  tergo  bracchia  libero 
portasque  non  clausas  et  ar\'o 
Marte  coli  populata  nostro. 


t7  B  meint  perirent  immiserabiles. 


CARMINÜM  LIB.  III.  5.  81 


25    'auro  repensiis  scilicet  aerior 
miles  redilnt?  flagitio  atUlitis 
damnum:  iieque  amissos  oolores 
lana  refert  medicata  fuco, 

nee  vera  virtus,  cum  semcl  excidit, 
30    curat  rcponi  deterii)ribu8. 
si  pugnat  extricata  dcusis 
cerva  plagis,  erit  ille  fortis 

qui  perfidis  bc  credidit  hostibus, 
et  Marte  Pocnos  proteret  altero 
tiö    qui  lora  restrictis  lacertis 
sensit  iners  tinuiitque  mortem. 

hie  unde  vitam  sumeret  anxius 
pacem  ducllo  miscuit.    o  pudor! 
o  magna  Carthago,  ]>rol)r()sis 
40    altior  Italiae  ruinis!* 

fcrtur  pudic^ie  eoniugis  osculum 
panosquc  natos  ut  capitis  minor 
ab  se  removisse  et  virilem 
tor>us  bumi  posuissc  voltum, 

40    donec  labantis  consilio  patres  ^ 

firmaret  auctor  numquam  alias  dato, 
interque  maerentis  amieos 
egregius  properarct  exsul. 

atqui  seiebat  quae  sibi  barbarus 
♦50    tortor  i>araret:  non  aliter  tamen 
dimovit  obstantis  propinquos 
et  populum  reditus  morantem 


37  anxius  Laclim.  inscius  und  aptius. 

Lkura,  Hwratius. 


82  Q.  HORATII  FLACCI 

quam  si  elientum  longa  ncgotia 
diiudicata  lite  relinqueret, 
55    tendens  Yenafranos  in  agrog 
aut  Lacedaemonium  Tarentum. 


JFas  hier  als  VP  und  VP  fjegehen ,  jenes  mit  fehlendem  SchlusSj 
dies  mit  fehlendem  Anfang^  geht  gewöhnlich  als  ein  zu- 
sammenhängendes Gedicht, 

Delicta  maiorum  heu  mcritus  lues, 
Romane,  donec  templa  refeceris 
aedisque  labentig  deorum  et 
foeda  nigro  simulacra  fumo. 

5    dis  te  minorem  quod  geris,  imperas : 
hinc  omne  principium,  huc  refer  exitum: 
di  multa  negleeti  dederunt 
Hesperiae  mala  luctuosae. 

iam  bis  Monaeses  et  Pacori  manus 
10    non  auspicatoB  contudit  inpetus 
nostroB  et  adieciRHe  praedam 
torquibuB  exiguis  renidet. 

paene  oecupatam  BeditionibuB 
delevit  urbem  DacuB  et  Äethiops, 
15    hie  elasse  formidatus,  ille 
misBilibus  melior  sagittiB. 


1  beu  meritus.    inmerituB. 


CARMINCM  LIB.  111.  6».  6».  83 


VI  2. 


feounda  culpae  saecula  nuptias 
primum  inquinaverc  et  genug  et  domos: 
hoc  fönte  derivata  dades 
2<)    in  patriani  i)opulumque  fluxit. 

motus  doceri  gaudet  lonicos 
Romana  virgo  et  fingitur  artibus 
iam  nunc  et  incestog  amores 
de  tenero  mcditatur  ungui: 

25    mox  iunioreB  quaerit  adulteros 
inter  mariti  vina,  neque  eligit 
eui  donet  ini)enni88a  raptim 
gaudia  luminibus  remotis, 

sed  iussa  corani  non  sine  conscio 
30    surgit  marito,  seu  voeat  institor 
seu  navis  Hispanae  magisterj^ 
dedecorum  pretiogug  empt^r. 

non  his  iuventus  orta  parentibus 
infeeit  aequor  sanguine  Punieo, 
36    Pyrrhumque  et  ingentem  cecidit 
Antiochum  Hannibalemque  dirum; 

sed  rusticorum  mascula  militum 
proles,  Sabellis  docta  ligonibus 


22  Romana.  matora. 


6* 


84  Q.  UORATir  FLACCl 

versare  glaebas  et  sevcrac 
40    matris  ad  arbitrium  recisos 


portare  fustis,  sol  ubi  montiuni 
mutaret  umbras  et  iugn  demeret 
bobus  fatigatis,  amieiiin 
tempus  agciis  abeunte  curru. 

45    damnosa  quid  nou  inminuit  dies? 
aetas  pareiitum  peior  avis  tulit 
no8  nequiores,  mox  daturos 
progeuiem  vitiosiorein. 


VII. 

Quid  lies,  Asteric,  quem  til)i  oandidi 
primo  restituent  vere  favonii 
Thyna  mcrce  beatuiii, 
constantis  iuvenem  fide 

5    Gygeii?  ille  notis  actus  ad  Oricum 
post  insana  caprae  sidera  frigidas 
noctis  non  sine  multis 
insomuis  lacrimis  agit. 

atqui  sollicitae  nuntius  hospitae, 
10    suspirare  Ghloen  et  miseram  tuis 
dicens  igiiibus  uri, 
temptat  mille  vafer  modis. 

ut  Proctuiu  mulicr  pertida  credulum 
falsis  in])ulerit  eriminibus  iiimis 
15    casto  Bellerophonti 
raaturare  iieceni  refcrt; 

narrat  paeiie  datum  Pelea  Tartaro, 
Maguessam  Hippel}  ten  dum  fugit  abstinens; 


CARMIXÜM  LIB.  III.  7.  8.  85 


et  peccare  docentis 
20    fallax  historias  movet. 

frustra:  nam  scopulis  surdior  Icari 
voces  audit  adhuc  integer,    at  tibi 
ne  vicinus  Enipeus 
plus  iusto  placeat  cave: 

25    (|uamvi8  non  aliiis  flectere  equum  sciens 
aeque  conspicitur  gramine  Martio, 
nee  quisquam  citiis  aeque 
Tusco  denatat  alveo. 

prima  nocte  domum  Claude  neque  in  vias 
30    gub  cantu  querulae  despicc  tibiae, 
et  te  saepe  vocanti 
duram  difficilis  mane. 


VIII. 

Martiis  caelebs  (juid  agam  calendis, 
quid  velint  flores  et  acerra  turis 
plena  miraris  positusque  oarbo  in 
caespite  vivo, 

5    docte  sermones  utriusque  linguae. 
voveram  dulcis  epulas  et  album 
Libero  caprum  proi)e  funenitus 
arboris  ictu. 

hie  dies  anno  rcdeunte  festus 
10    corticem  adstrictum  piee  dimovebit 
amphorae  fumum  bibere  institutae 
consule  TuUo. 


5  wahrscheinlich  ein  falscher  Vers. 


86  a  HORATII  FLACCI 

sume,  MaeccnaSy  eyathos  amiei 
sospitis  centuni,  et  vigiles  lucemas 
15    perfer  in  lucem;  i)rocul  omiiis  esto 
cura  futuri. 

mitte  civilis  super  urbe  euras: 
oeeidit  Daei  Cotisonis  agnieu, 
Medus  infestus  sibi  luctuosis 
20    dissidet  armis; 

servit  Hispanae  vetus  hostis  orae 
Gantaber,  sera  domitus  eatena, 
iam  Scythae  laxo  meditantur  arcu 
cedere  canipis. 

25  neglegens  nequa  populus  laberet 

parce  privatus  nimium  cavere; 
dona  praesentis  cape  laetus  horae: 
linque  severa. 


IX. 

Donec  gratus  eram  tibi 

nee  quisquam  potior  braccliia  caudidae 

eervici  iuvenis  dabat, 

Persarum  vigui  rege  beatior. 

5    'donec  non  alia  magis 

arsisti  neque  erat  Lydia  post  Chloen, 
multi  Lydia  uominis 
Romana  vigui  clarior  Ilia/ 

me  nunc  Thressa  Chloe  regit, 
10    dulcis  docta  modos  et  citharae  sciens, 


16  cura  futuri.    clamor  et  ira. 


CARMINÜM  LIB.  IH.  9.  10.  87 


pro  qua  non  metuam  mori, 

si  parcent  animae  fata  superstiti. 

'me  torret  face  mutua 
Thurini  Calais  filius  Omyti, 
15    pro  quo  bis  patiar  mori, 

si  parcent  puero  fata  superstiti/ 

quid  si  prisca  redit  Venus 
diductosque  iugo  cogit  aeueo? 
si  flava  excutitur  Chloe, 
20    reiectaeque  patet  ianua  Lydiae? 

'quamquam  sidere  pulchrior 

ille  est,  tu  levior  cortice  et  inprobo 

iracundior  Hadria, 

tecum  viverc  amem,  tecum  obeam  libens/ 


X. 

Extremum  Tanaiu  si  biberes,  Lyce 
saevo  nupta  viro,  me  tarnen  asperas 
porrectuin  ante  foris  obicere  incolis 
plorares  aquilonilms. 

5    audis  (luo  strepitu  ianua,  quo  nemus 
inter  pulchra  satum  tecta  remugiat 
ventis,  et  positas  ut  glaciet  nivis 
puro  numine  luppiter? 

ingratain  Veneri  pone  superbiain, 
10    ne  currente  retro  funis  eat  rota. 
non  te  Penelopen  difficilem  procis 
Tyrrhenus  gcnuit  parens. 

0  quamvis  neque  te  munera  nee  preces 
nee  tinctus  viola  pallor  amantium 


88  Q.  HORATII  FLACCI 

15    nec  vir  Pieria  paclice  saucius 
curvat  gupplicibus  tuig, 

parcas,  nec  rigida  inollic  r  aesculo 
nec  Mauris  animum  mitior  anguibus. 
non  hoc  commeruit  liminis  aiit  aquae 
20    caelestis  patiens  latus. 


XL 

Mercuri  (nam  te  doeilis  mjigistro 
movit  Amphion  lapides  cancndo) 
tuque  testiido  rcsonarc  Septem 
callida  nems, 

5    nec  loquax  olim  neque  grata,  nunc  et 
divitmu  mensis  et  amica  templis, 
die  modos,  Lyde  quibus  obstinatas 
adplicet  auris, 

quae  velut  latiä  equa  trima  campis 
10    ludit  exsultim  metuitque  tangi, 
nuptiarum  expers  et  adhuc  protervo 
cruda  marito. 

tu  potes  tigris  comitesque  Silvas 
ducere  et  rivos  celeres  morari; 
15    cessit  inmauis  tibi  blandienti 
ianitor  aulae; 

Cerberus,  quamvis  furiale  centum 
muniant  angues  caput  cius  atque 
Spiritus  taeter  sanicsque  manet 
20  ore  trilingui. 

19  commeruit.  semper  erit. 


CARMINUM  LIB.  III.  ll.  89 


quin  et  Ixion  Tityosque  voltu 
risit  invito;  stetit  uma  pauUum 
sicca,  dum  grato  Danai  puellas 
carmine  mulces. 

25  audiat  Lyde  scelus  atque  notas 

virginum  poenas  et  inane  lymphae 
doliura  fundo  pereuntis  imo 
seraque  fata, 

quae  luunt  poenas  ctiam  sub  Orco. 
30    inpiae  nam  quid  potiiere  maius? 
inpiae  sponsos  potuere  duro 
perdere  ferro. 

una  de  multis  face  nuptiali 
digna  periurum  fuit  in  parentem 
35    splendide  mendax  et  in  omne  virgo 
nobilis  aevum, 

^surge'  (juae  dixit  iuveni  marito, 
'surge,  ne  longus  tibi  somnus  unde 
non  times  detur:  socerum  et  scelestas 
40    falle  sorores, 

quae  velut  nactae  vitulos  leaenae 
singulos  eheu  lacerant:  ego  illis 
mollior  nee  te  feriam  neque  intra 
claustra  tenebo. 

45    me  pater  saevis  oneret  catenis, 
quod  viro  demens  misero  peperci; 
me  vel  extremes  Numi  darum  in  agros 
classe  releget. 


29  luunt  poenas.  maiient  culpas. 


90  Q.  nORATIl  FLACCI 

i  pedes  quo  te  rapiunt  et  aurae, 
50    dum  favet  nox  et  Venus,  i  secundo 
omine  et  nostri  memorcm  sepulcro 
scalpe  querellam/ 


XII. 

Miserarum  est  neque  amori  dare  ludum  neque  dulci 
mala  Wno  lavere  aut  exauimari  metuentis 
patruae  rerbera  linguae. 

tibi  qualum  Cythereae  puer  ales,  tibi  telas 
5    operosaeque  Minervae  Studium  aufert,  Keobule, 
Liparaei  nitor  Hebri, 

simul  unctos  Tiberinis  umcros  lavit  in  undis, 
eques  ipso  melior  Belleroplionte,  neque  pugno 
neque  segni  pede  victus; 

10    catus  idera  per  apcrtum  fugientis  agitato 
grege  cervos  iaculari  et  celer  arto  latitantem 
fruticeto  excipere  aprum. 


XIII. 

• 

0  fons  Bandusiae,  splendidior  vitro, 
dulci  digne  mero  non  sine  floribus, 
cras  donaberis  haedo, 
cui  frons  turgida  comibus 

5    primis  et  Venercm  et  proelia  destinat. 
frustra:  nam  gelidos  inficiet  tibi 
rubro  sanguine  rivos 
lascivi  suboles  gregis. 

te  flagrantis  atrox  hora  caniculae 
10    neseit  tangere,  tu  frigus  amabile 


CARMIXÜM  LIH.  III.  12.  13.   14.  91 


fessis  vomere  tauris 
praebes  et  pecori  vago. 

fies  nobilium  tu  quoque  fontium, 
me  dicente  cavis  inpositam  iiicem 
15    saxiS;  unde  loquaces 
lympliae  desiliuiit  tuae. 


XIV. 

Bis  V.  16  echt  und  vollständig. 

Herculis  ritu  modo  dictus,  o  plebs, 
inorte  veiialem  petiisse  laurum 
Caesar  Hispana  repetit  penatis 
Victor  al)  ora. 

5    unico  gaudens  mulier  marito 
prodeat  iustis  operata  divis, 
et  soror  elari  ducis  et  dccorac 
supplice  vitta 

virgiiium  matres  iuveuumque  nuper 
10    sospitum,  vosque  o  pueri  et  puellae 
baud  virum  expertae,  male  et  ominatis 
parcite  rerbis. 

bic  dies  vere  mibi  festus  atras 
eximet  curas:  ego  nee  tumultum^ 
15    nee  mori  per  vim  metuam  tenente 
Caesare  terras. 

i  pete  unguentum,  puer,  et  Coronas 
et  cadum  Marsi  memorem  duelli, 
Öpartacum  siqua  potuit  vagantem 
20  fallere  testa. 


10  Ueberlieferung  yob  o  pueri  et  puellae  iam  yirum  ezpertae  male 
ominatis  (und  nominatis)  parcite  verbis.  —  haud  gab  Pottier. 


92  Q.  HORATII  FLACCI 

die  et  argutae  propcret  Ncaerae 
murrcum  nodo  eohiberc  crinem. 
»i  per  invisiim  mora  ianitorem 
üei,  abito. 

25  lenit  albeflcens  aninios  eapillus 

litium  et  rixjie  cupidos  protervae; 
non  ego  hoc  ferrem  ealidus  iuventa 
consule  Planco. 


XV. 

Uxor  paiiperis  Ibyei, 

tandem  nequitiae  fige  modum  tuae 

famoBisque  laboribus ; 

maturo  propior  desine  funeri 

5    inter  ludere  virgiiies 

et  stellis  nebulaiu  spargere  candidis. 

non,  siquid  Pholoen  satis, 

et  te,  -Chlori,  decet.    filia  reetius 

expugnat  iuvenuni  domos, 
10    pulso  thyias  uti  concita  tympano. 
illam  cogit  amor  Nothi 
lascivae  simileni  ludere  capreae: 

te  lanae  prope  nobilem 
tonsae  Luceriam,  non  citharae  decent 
15    nee  flos  purpureus  rosae 

nee  poti  vetulam  faece  tenus  cadi. 


XVI. 

Inclusam  Danaen  turris  aenea 
robustaeque  fores  et  vigilum  canum 
tristes  exeubiae  munierant  satis 
nocturnis  ab  adulteris, 


CARMINUM  LIB.  III.  15.  16.  93 


5    gi  nou  Acrisium  Yirginis  abditae 
custodem  pavidum  luppiter  et  Venus 
risissent:  fore  enim  tiitiim  iter  et  patens 
converso  iu  pretium  deo. 

aurum  i)er  medios  ire  satellites 
10    et  perrumpere  amat  saxa  poteutiiis 
ictu  fulmineo:  coneidit  auguris 
Argivi  donms,  ob  hierum 

demersa  cxitio;  diffidit  urbium 
portas  vir  Maeedo  et  subruit  aemulos 
15    reges  muneribus;  munera  uaviuni 
saevos  iulaqueant  duces. 

oresceutem  scquitur  eura  peeuniam 
maiorumque  fames.    iure  perhorrui 
late  conspieuum  tollere  verticem, 
20    Maecenas,  equitum  deeus. 

quanto  quisque  sibi  i)lura  negaverit, 
ab  dis  i)lura  feret:  uil  cupientium 
uudus  castra  peto  et  transfuga  divitum 
partis  liuquerc  gestio, 

25    contemptae  dominus  B])lendidior  rei 
quam  si  quidcpiid  arat  inpiger  Appulus 
occultare  mcis  dicerer  horreis, 
raagnas  inter  opes  inops. 

purae  rivus  aquae  silvaque  iugerum 
30    paucorum  et  segetis  certa  fides  meae  ^ 
fulgentem  iraperio  fertilis  Africae 
fallit  Sorte  beatior. 

quamquam  neo  Calabrae  mella  ferunt  apeS; 
nee  Laestrygonia  Bacchus  in  amphora 


94  Q-  HORATU  FLACCI 

35    languescit  mihi,  uec  pinguia  Gallicis 
crescunt  vellera  pagcuis, 

inportuna  tarnen  paiiperies  abest, 
nee,  si  plura  velim,  tu  darc  deneges. 
contracto  melius  parva  cupidine 
40    vectigalia  porrigam 

quam  si  Mygdoniis  regnum  Alyattei 
campis  continuem.    multa  petentibus 
desunt  multa:  bcne  est,  cui  deus  obstulit 
parca  quod  satis  est  manu. 


XVP. 

Inclusam  Danaen  tiirris  aenea 
robustaeque  fores  nee  vigilum  eanum 
tristes  excubiae  munierant  satis 
noctumis  ab  adulteris. 

9    aurum  per  medios  ire  satellites 
et  perrumpere  amat  saxa  potentius 
ietu  fulmineo:  concidit  auguris 
Argivi  domus,  ob  lucrum 

demersa  exitio;  diffidit  urbium 
portas  vir  Maeedo  et  subruit  aemulos 
t5    reges  muneribus;  munera  navium 
saevos  illaqueant  duees. 

crescens  at  sequitj^r  eura  peeuniam 
maiorumque  fames.    iure  perhorrui 
late  conspieuum  tollere  verticem, 
20    Maeeenas,  equitum  decus, 

2  nee.  et.      17  crescens  at.  crescentem. 


CARMIXUM  Lia  III.  16'.  17.      •  95 


25    contemtae  dominus  splendidior  rei 

quam  si  quidquid  erat  impiger  Appulus 
occultare  meis  dicerer  horreis, 
magnas  inter  opes  inops, 

41     quam  si  mygdouiis  regnum  Alyattei 
campis  continuem.    multa  petentibus 
desunt  multa;  bene  est,  cui  deus  obtulit 
parca  quod  satis  est  manu. 


XVII. 

Unecht. 

Aeli  vetusto  nobilis  ab  Lamo, 
quando  et  priores  hinc  Lamias  ferunt 
denominatos  et  nepotum 
per  memores  genus  omne  fastos 

5    auctore  ab  illo  ducit  originem, 
qui  Formianim  moenia  dieitur 
princeps  et  innantem  Maricae 
litoribus  tenuisse  Lirim 

late  tyrannus;  cras  foliis  nemus 
10    multis  et  alga  litus  inutili 
demissa  tempestas  ab  euro 
sternet,  aquae  nisi  fallit  augur 

annosa  cornix.    dum  potis,  aridum 
conpone  lignum:  cras  genium  mero 
15    curabis  et  porco  bimenstri 
cum  famulis  operum  solutis. 

XVIII. 

Faune  nympharum  fugientum  amator, 
per  meos  finis  et  aprica  rura 


96  ;q.  horatii  flacci 

Icnis  mcedas  abcasque  pan^is 
aequus  alumnis, 

5    81  tener  pleno  cadit  haedus  anno, 
larga  nee  desunt  Voneris  sodali 
vina  craterae.    vetus  ara  multo 
fumat  odore, 

ludit  herboso  pecus  ouine  campo, 
10    cum  tibi  nouae  redeunt  decembres; 
festus  in  pratis  vacat  otioso 
cum  bove  pagiis. 

inter  audacis  lupus  errat  agnos; 
spargit  agrestis  tibi  silva  frondis; 
15  gaudet  invisam  pepulisse  fossor 

ter  pede  terram. 


XIX 1. 

-17.r*  umi  A'IX'^  nach  der  VebeiUeferung  ein  einziges  ohne  Lücken 

zusammenhangendes  Gedicht. 

Quantum  digtet  ab  Inaclio 

Codrus  pro  patria  non  timidus  mori, 

uarras  et  genus  Aeaci 

et  pugnata  saera  bella  sub  Hio: 

5    quo  Chium  pretio  cadum 

mercemur,  quis  aquam  temperet  ignibus, 
quo  i)raebente  domum  et  quota 
Paelignis  caream  frigoribus,  taces. 


«.   A*.    u\ 


CARMIXUM  LIB.  III.  19«.  20.  97 


riv  >) 


da  lunae  propere  novae, 
10    da  noctis  mediae,  da,  puer,  auguris 
Murenae:  tribiis  aut  novem 
miscentur  cyatliis  pocula  commodis. 

qiii  musas  amat  inparis, 
teraos  ter  cyathos  attonitus  petet 
15    vates;  tris  proliibet  supra 

rixarum  metuens  tangere  gratia 

nudis  iiincta  sororibus. 
insanire  iuvat:  cur  Berecyntiae 
cessant  flamina  tibiae? 
20    cur  pendet  tacita  fistula  cum  Ivra? 

parcentis  ego  dexteras 

odi:  sparge  rosas:  audiat  invidus 

dementem  strepitum  Lycus 

et  vicina  seni  non  habilis  Lyco. 

25    spissa  te  nitidum  coma, 

puro  te  similem,  Telephe,  vespero 

tempestiva  petit  Rhode; 

me  lentus  Glycerae  torret  amor  meae. 


XX. 

üfiecht. 

Non  vides  quanto  moveas  periclo, 
Pyrrhe,  Gaetulae  catulos  leaenae? 
dura  post  paullo  fugies  inaudax 
proelia  raptor, 

LsHRS,  HoratioB. 


gS  Q   HORATII  PLACCI 

5    cum  per  obstantis  iiivenum  catervas 
ibit  insignem  repetens  Nearchum, 
grande  certamen,  tibi  praeda  cedat, 
maior  an  illa. 

interim,  dum  tu  celeris  sagittas 
10    promiS;  haec  dentis  acuit  timendoS; 
arbiter  pugnae  posuisse  nudo 
Bub  pede  palmam 

fertur,  et  leni  recreare  vento 
gparsum  odoratis  umcrum  capillis, 
15    qualis  auf  Nireus  fuit  aut  ac|uosa 
raptus  ab  Ida. 


XXI. 

0  nata  mecum  consulc  ManliO; 
seu  tu  querellas  sive  geris  iocos 
seu  rixam  et  insanos  amores 
seu  facilem;  pia  testa,  Bomnum, 

5    quocumque  lectum  nomine  Massicum 
servaS;  moveri  digna  bono  die, 
descende,  Corvino  iubente 
promere  languidiora  vina. 

non  ille,  quamquam  Soeratieis  madet 
10    sermonibusy  te  neglegit  horridus. 
narratur  et  prisci  Gatonis 
saepe  mero  incaluisse  virtus. 

tu  lene  tormentum  ingenio  admoves 
plerumque  duro;  tu  sapientium 

8  iUa  Peerlk.  iUi. 


CARMINIJM  LIB.  III.  21.  2P.  9» 


15    curas  et  arcanum  iocoso 
consiliuni  retegis  Lyaeo; 

tu  spem  reducis  mentibus  anxiis 
virisque  et  addis  comua  pauperi 
post  te  nequc  iratos  trementi 
20    regum  apices  neque  militum  arma. 

te  Liber  et  si  laeta  aderit  Venus 
segncsque  nodum  solvere  gratiae 
vivaequc  produceut  lucernae, 
dum  rediens  fugat  astra  Phoebus. 


xxr. 

0  nata  niecum  consule  Manlio 
t>    digna  et  moveri  testa  bono  die, 
descende,  Conino  iubente 
promere  languidiora  vina. 

non  ille,  quamquam  Soeraticis  madet 
u>    sermonibus,  te  neglegit  horridus. 
narratur  et  prisci  Catonis 
saepe  mero  incaluisse  virtus. 

tu  lene  tormentum  ingenio  admoves 
plerumque  duro;  tu  sapientium 
15    curas  et  arcanum  iocoso 
consilium  retegis  Lyaeo; 

tu  spem  reducis  mentibus  anxiis 
virisque  et  addis  comua  pauperi 
post  te  neque  iratos  trementi 
20    regum  apices  neque  militum  arma. 


I 


*■ 


100  Q.  HORATII  FLACCl 

tecum  libenter  laeta  aderit  Vcims 
segnesque  nodum  solvere  Gratiae: 
vivasque  produces  lucemas, 
dum  rediens  fugat  astra  Phoebus. 


XXII. 

Montium  custos  nemorumque  virgo, 
quae  laborautis  utero  puellas 
ter  vocata  audis  adimisque  leto, 
diva  triformis, 

5    inminens  Wllae  tua  pinus  esto, 
quam  per  exactos  ego  laetus  annos 
verris  obliquum  meditantis  ictum 
sanguine  donem. 


XXIIL 

Gaelo  supinas  si  tuleris  manus 
nascente  luna,  rustica  Phidyle, 
si  ture  placaris  et  honia 
fruge  laris  avidaque  porca, 

5    nee  pestilentem  sentiet  Afrieum 
fecunda  vitis,  nee  sterilem  seges 
robiginem  aut  dulces  alumni 
pomifero  grave  tempus  anno. 

nam  quae  nivali  pascitur  Algido 
10    devota  quercus  inter  et  ilices 
aut  crescit  Albanis  in  herbis 
vietima  pontificum  securim 


21    te  Liber  et  8i   laeta   aderit  Venus.       24   vivaeque  producent 
lucemae. 


CARMINOI  LIB.  III.  22.  23.  24  101 


cervice  tinguet:  te  nihil  attinet 
temptare  multa  caede  bidciirium 
15    parvos  coronantem  marino 
rore  deos  fragilique  rayrto. 

inmunis  ai-am  si  tetigit  nianiis, 
non  suraptuosa  blandior  hostia 
mollivit  aversos  penatis 
20  farre  pio  et  salicnte  niiea. 


XXIV. 

Intactis  opulcntior 

tlicsauris  Arabiim  et  divitis  Indiae 

caementis  licet  occupes 

Tyrrhenum  omne  tiiis  et  mare  linteis; 

5    si  figet  adamantinos 

summis  verticibus  dira  Necessitas 

clavos,  non  aninium  metii, 

non  mortis  laqueis  expedies  eapiit. 

campestres  melius  Scythae, 
10    quorum  plaustra  vagas  rite  trahunt  domos, 
vivunt  et  rigidi  Getae, 
inmetata  qiiibus  iugera  liberas 

friiges  et  Cererem  feriint, 

nee  cultura  placet  longior  annua. 


4  linteis.   ponticum,  publicum,  Apulicum.      5  figet.   ligit. 


102  Q.  HORATII  PLACCI 

15    defunctumque  laboribus 

aequali  rocreat  sorte  vicarius. 

illic  matre  earentibus 
privignis  mulier  temperat  innocens, 
nee  dotata  regit  vinim 
20    coniunx,  nee  nitido  fidit  adultero. 

dos  est  magna  parentium 

virtus  et  metuens  alterius  viri 

certo  foedere  eastitas, 

et  peceare  nefas  aut  pretium  est  mori. 

25    0  quisquis  volet  inpias 

caedis  et  rabiem  tollere  civicam, 

si  quaeret  pater  urbium 

subseribi  statuis,  indomitam  audeat 

refrenare  licentiam, 
30    clarus  postgenitis;  quatenus,  heu  nefas, 
virtutem  incolumem  odimus, 
sublatam  ex  oculis  quaerimus  invidi. 

quid  tristes  querimoniae, 
si  non  supplicio  culpa  reciditur, 
35    quid  leges  sine  moribus 

vanae  proficiunt,  si  neque  fervidis 

pars  inclusa  caloribus 
mundi  nee  boreae  finitimum  latus 
durataeque  gelu  nives 
40    mercatorem  abigunt,  horrida  callidi 

vincunt  aequora  navitae, 

magnum  pauperies  opprobrium  iubet 


39  gela  B.  solo. 


CARMINÜM  LIB.  III.  24.  25.  103 


qiüdvis  et  facere  et  pati, 
virtutisque  viani  deserit  arduao? 

45     vel  no8  in  Capitolium, 

quo  clamor  voeat  et  turba  faventium, 
vel  no8  in  mare  ])roximum 
genimas  et  lapides  aurum  et  inutile, 

siimmi  materiem  mali; 
50    mittamus,  scelerum  si  bene  paenitot. 
cradenda  cuindinis 

pravi  sunt  elementa  et  tenerae  nimis 

# 

mentes  asperioribus 
fomiandac  studiis.    neseit  equo  rudis 
bh    haererc  ingcnuus  puer 

vcnarique  timet,  ludere  doctior, 

seu  Graeco  iubeas  trocho 
seu  malis  vetita  legibus  alea, 
cum  pcriura  patris  fides 
60    consortem  socium  fallat  et  hospitem, 

indignoque  peeuniam 

heredi  properet.    seilicet  inprobae 

crescunt  divitiae:  tarnen 

curtae  nescio  quid  semper  abest  rei. 


XXV. 

Quo  me,  Bacche,  rapis  tui 

plenum?  quae  nemora  aut  quos  agor  in  specus 

velox  mente  nova?  quibus 

antris  egregii  Gaesaris  audiar 

5    aetemum  meditans  decus 

stellis  inserere  et  consilio  lovig? 


10-4  Q.  HORATII  FLACCl 

dicam  insigne,  recens,  ailbuc 
indictum  ore  alio.    iion  secus  in  iugis 

Edonis  stiipet  euliias, 
10    Hebrum  prospiciens  et  nive  candidam 
Thracen  ac  pede  barbaro 
lustratam  Rliodopeii,  iit  mihi  devio 

ripas  et  vacuum  iiemiis 
mirari  libet.    o  naiadum  potens 
15    baccharumque  valentium 

proceras  mauibus  vertere  fraxinos, 

« 

nil  parvum  aut  humili  modo, 
nil  mortale  loqiiar.    dulce  periculum  est, 
0  Lenaee,  sequi  deum 
20    cingentem  viridi  tcmpora  pampino. 


XXVI. 

Vixi  puellis  nuper  idoneus 
et  militavi  non  sine  gloria: 
nunc  arma  defunctumque  bello 
barbiton  hie  paries  habebit, 

5    laevum  marinae  qui  Veneris  latus 
eustodit.    hie,  hie  ponite  lucida 
funalia  et  vectis  et  arcus 
oppositis  foribus  minacis. 

0  quae  beatam  diva  tenes  Cyprum  et 
10    Memphin  carentem  Sithonia  nive, 
regina,  sublimi  flagello 
tange  Chloen  semel  arrogantem ! 


9  Edonis  B.   exsomnis. 


CARMINÜM  LIB.  III.  25.  26.  27.  105 

XXVII. 

Unecht 


Inpi()8  pan\ae  recincntis  omen 
ilucat  et  praegnans  canis  aiit  ab  agro 
rava  decurrcns  lupa  Lanuvino 
fetaque  volpes. 

5    riimpit  et  serpens  iter  institutum, 
si  per  obliquum  similis  sagittae 
terruit  maniios.    ego  eui  timebo 
providiis  auspex, 

antequam  stantis  repetat  paludes 
10    imbrium  divina  avis  inmineiitiim, 
oscinem  corvum  prece  suscitabo 
solis  ab  ortu. 

sis  licet  fclix  ubicumque  mavis, 
et  menior  iiostri,  Galatea,  vivas; 
15    teque  nee  laevus  vetat  ire  piciis 
nee  vaga  coniix. 

sed  vidcö  qiianto  trepidet  tiimultu 
pronus  Orion,    ego  quid  sit  ater 
Hadriae  novi  sinus  et  quid  albus 
20    peccet  iapyx. 

hostium  uxores  puerique  caecos 
sentiant  motus  orientis  austri  et 
aequoris  nigri  fremitum  et  trementis 
verbere  ripas. 

25    sie  et  Europe  niveum  doloso 
credidit  tauro  latus  et  scatentem 
beluis  pontum  mediasque  fraudes 
palluit  audax. 


lOÖ  a  HORATII  FLACCI 

nuper  in  pratis  studiosa  florum  et 
30    debitae  nymphis  opifex  coronae 
nocte  sublustri  nihil  astra  praeter 
vidit  et  undas. 

quae  simul  centum  tetigit  potentem 
oppidis  Creten,  'pater  o  relictum 
35    filiae  nomen  pietasque'  dixit 
'victa  furore! 


unde  quo  veni?  levis  una  mors  est 
virginum  culpae.    vigilansne  ploro 
turpe  conmissum,  an  vitiis  carentem 


40    ludit  imago 


vana;  quae  porta  fugiens  eburna 
somnium  ducit?  meliusne  fluetus 
Ire  per  longos  fuit,  an  recentis 
carpere  flores? 

45    siquis  infamem  mihi  nunc  iuvencum 
dedat  iratae^  lacerare  ferro  et 
frangere  enitar  modo  multum  amati 
comua  monstri. 

inpudens  liqui  patrios  penates, 
50    inpudens  Orcum  moror.    o  deorum 
siquis  haec  audis,  utinam  inter  errem 
nuda  leones. 

antequam  turpis  macies  decentis 
oecupet  malaS;  teneraeque  sucus 
55    defluat  praedaO;  speciosa  quaero 
pascere  tigris. 

yilis  Europe,  pater  urguet  absens: 
quid  mori  cessas?  potes  hac  ab  omo 


CARMINUM  LIB.  III.  27.  28.  107 


pendulum  zona  beue  te  secuta  e- 
(H)    lidere  coUum. 

sive  te  rupes  et  acuta  leto 
saxa  tlelectant,  age  te  procellae 
crede  veloci,  nisi  erile  mavis 
carpere  pensum 

65    regius  sanguis,  dominaeque  tradi 
barbarae  paelex/    aderat  querenti 
perfidum  ridens  Venus  et  remisso 
filius  arcu. 

mox  ubi  lusit  satiS;  ^abstineto* 
70    dixit  'irarum  calidaeque  rixae, 
cum  tibi  invisus  laccranda  reddet 
cornua  taurus. 

uxor  invicti  lovis  esse  nescis! 
mitte  singultus,  bene  ferre  magnam 
75    disce  fortunam:  tua  sectus  orbis 
nomina  ducet/ 


XXVIII. 

Festo  quid  potius  die 
Neptuni  faciam?  prome  reconditum, 
Lyde,  streuua  Caecubum, 
munitaeque  adhibe  vim  sapientiae. 

5    inclinare  meridiem 

sentis,  ac  veluti  stet  volucris  dies 

parcis  deripere  horreo 

cessantem  Bibuli  consulis  amphoram. 

nos  cantabimus  invicem 
10    Neptunum  et  viridis  Nereidum  comas: 


108  Q.  HORATII  FLACCI 

tu  curva  recines  lyra 

Latonam  et  celeris  spiciila  Cynthiae, 

summo  carmine  quae  Cnidoii 
fulgentisque  tenet  Cycladas  et  Paphon 
15    iunctis  Visit  oloribus. 

dieetur  merita  Nox  quoque  iienia. 


XXIX. 

Tyrrhena  regum  progenies,  tibi 
non  ante  verso  lene  meruni  cado 
cum  flore,  Maecenas,  rosanim  et 
pressa  tuis  balanus  eapillis 

5    iamdudum  apud  ine  est.    eripe  te  löorae, 
ne  semper  udum  Tibur  et  Aesulae 
declive  contempleris  arvum  et 
Telegoni  iuga  parricidae. 

fastidiosam  desere  eopiam  et 
10    moleni  propinquam  nubibus  arduis: 
omitte  mirari  beatae 
fumum  et  opes  strcpitunique  llomae. 

plerumque  gratae  divitibus  vices 
mundaeque  parvo  sub  lare  panperum 
15    cenae  sine  aulaeis  et  ostro 
sollicitam  explicuere  frontem. 

iam  clarus  occultum  Androniedae  pater 
ostendit  ignem,  iam  procyon  furit 
et  Stella  vesani  leonis 
20    sole  dies  referente  siceos; 

iam  pastor  umbras  cum  grege  languido 
rivumque  fessus  quaerit  et  horridi 


CARMINUM  LIB.  III.  29.  109 


dumeta  Silvaui,  carctque 
ripa  vagis  tacituriia  ventis. 

25    tu  civitatem  quis  deceat  Status 
curas  et  urbi  sollicitus  times 
quid  Sercs  et  regnata  Cyro 
Bactra  parent  Tanaisque  discors. 

prudens  futuri  temporis  exitum 
30    caliginosa  nocte  premit  deus, 
ridetque  si  mortalis  ultra 
fas  trepidat.    quod  adest  memento 

eonponere  acquus:  cetera  fluminis 
ritu  feruntur,  nunc  niedio  alveo 
35    cum  pace  delabentis  Etruscum 
in  mare,  nunc  lapides  adesos 

8tir])isque  raptas  et  pecus  et  domos 
volventis  una,  non  sine  montium 
clamore  vicinaeque  silvae, 
40    cum  fera  diluvies  quietos 

inritat  amnis.    ille  potens  sui 
laetusque  deget,  cui  licet  in  diem 
dixissc  S'ixi:'  cras  vel  atra 
nube  ])olum  pater  occupato 

45    vel  sole  puro;  non  tarnen  inritum 
quodcumque  retro  est  efficiet  neque 
diffinget  infectumque  reddet 
quod  fugiens  semel  hora  vexit 

Fortuna,  saevo  laeta  negotio  et 
50    ludum  insolentem  ludere  pertinax, 
transmutat  incertos  honores, 
nunc  mihi;  nunc  alii  benigna. 


110  Q.  HORATII  FLACCI 

laudo  manentem:  si  ccleres  qiiatit 
pennas,  resigno  quae  dedit  et  mea 
55    virtute  me  involvo  probamque 
pauperiem  sine  dote  quaero. 

non  est  meum,  si  mugiat  Africis 
malus  procellis,  ad  miseras  preces 
decurrere  et  votis  pacisci, 
60    ne  Cypriae  Tyriaeque  raerces 

addant  avaro  divitias  mari: 
dum  me  biremis  praesidio  scaphae 
tutum  per  Aegaeos  tumultus 
unda  ferat  geminusque  Pollux. 


XXX. 

Exegi  monumentum  aere  perennius 
regalique  situ  pyramidum  altius, 
quod  non  imber  edax;  non  aquilo  inpotens 
possit  diruere  aut  innumerabilis 

5    annorum  series  et  fuga  temporum. 
non  omnis  moriar,  multaque  pars  mei 
vitabit  Libitinam:  usque  ego  postera 
crescam  laude  recens,  dum  Capitolium 

scandet  cum  tacita  virgine  pontifex. 
10    dicar,  qua  violens  obstrepit  Aufidus 
et  qua  pauper  aquae  Daunus  agrestium 
regnavit  populorum  ex  humili  potens, 

prineeps  Aeolium  carmen  ad  Italos 
deduxisse  modos.    sume  superbiam 
15    quaesitam  meritis  et  mihi  Delphica 
lauro  Ginge  volens,  Melpomene,  comam. 

6*2  dum.  tum.      64  unda  ferat.   aura  feret. 


Q.  HORATU  FLACCI 

CARMINUM 

LIBER  QUARTUS. 
I. 

Intermissa,  Venus,  diu 

riirsuö  hella  moves?  parce  precor,  precor. 

non  8um  qualis  eram  bonae 

sub  regno  Cinarae.    desine,  dulcium 

5    mater  saeva  cupidinum, 

circa  lustra  decem  flectcre  mollibus 

iam  durum  imperiis;  abi 

quo  blandac  iuvenum  te  revocant  preces. 

tempestivius  in  domum 
1«)    PauUi  purpureis  ales  oloribus 
coniissabere  Maximi, 
si  torrere  iecur  quaeris  idoneum: 

namque  et  nobilis  et  decens 
et  pro  sollicitis  non  tacitus  reis 
15    et  centum  puer  artium 

late  Signa  feret  militiae  tuae, 

et  quandoque  potentior 
largi  muneribus  riserit  aemuli, 
Albanos  propc  te  lacus 
2(>    i)onet  marmoream  sub  trabe  citrea. 


112  Q.  nORATlI  FLACCI 

illic  plurima  naribus 

iluces  tura,  lyraque  et  Berecyntia 

delectabere  tibia 

mixtis  carminibus  uon  sine  fistula; 

25    illic  bis  pueri  die 

numen  cum  teneris  virginibus  tuum 

laudantes  pede  candido 

in  morem  Salium  ter  quatient  humum. 

me  nee  femina  nee  puer 
3(»    iam,  nee  spes  animi  credula  mutui, 
nee  eertare  iuvat  mero, 
nee  vincire  novis  tempora  floribus. 

sed  cur,  heu,  LigurinC;  cur 
manat  rara  meas  lacrima  per  genas? 
35    cur  facunda  parum  decoro 

inter  verba  cadit  lingua  silentio? 

nocturnis  ego  somniis 
iam  captum  teneo,  iam  volucrem  sequor 
te  per  gramina  Martii 
40    campi,  te  per  aquas,  dure,  volubilis. 


II. 

Pindarum  quisquis  studet  aemulari, 
ille  ceratis  ope  Daedalea 
nititur  pennis,  vitreo  daturus 
nomina  ponto. 

5    monte  decurrens  velut  amnis,  imbres 
quem  super  notas  aluere  ripas. 


2  ille  Peerlk.  lule. 


CARMINÜM  LIB.  TV.  2.  113 


fervct  inmensusque  ruit  profundo 
Pindarus  ore, 

laurea  donandus  Apollinari, 
10    seil  per  audacis  nova  dithyrambos 
verba  devolvit  iiumerisque  fertur 
lege  solutis, 

seu  deos  regesve  caiiit,  deorum 
sanguinem,  i)er  quos  cecidere  iusta 
15    morte  Centauri,  cecidit  tremendae 
flarama  chimaerae, 

sive  quos  Elea  domum  redueit 
palina  caelestis  pugilemve  equumve 
dicit  et  centiim  potiore  signis 
20    miinere  donat, 

flebili  8i)onsae  iuvcnemve  raptum 
plorat,  et  viris  animumque  moresque 
aureos  edueit  in  astra  nigroque 
invidet  Orco. 

25    iniilta  Dircaeum  levat  aura  cvcnum, 
tendit,  Antoni,  quotiens  in  altes 
uubiiini  tractus:  ego  apis  Matinae 
more  modoque, 

grata  carpentis  thyma  per  laborem, 
30    pliirimum  circa  nemus  uvidique 
Ti])uris  ripas  operosa  parvus 
earmina  fingo. 

concinet  maiore  poeta  plectro 
Caesarem,  quandoque  trabet  ferocis 


33  concinet  Lachm.   concines. 

Lehrs,  Horatins.  8 


114  a  HOBATII  FLACCl 

35    per  saerum  clivum  merita  decorus 
fronde  Sygambros: 

quo  nihil  maius  meliusve  terris 
fata  donavere  bonique  divi 
nee  dabunt,  quamvis  redeant  in  aurum 
40    tempora  priscum: 

coneinet  laetosque  dies  et  urbis 
publicum  ludum  super  inpetrato 
fortis  Augusti  reditu  forumque 
litibus  orbum. 

45    tum  meae,  si  quid  loquor  audiendum, 
vocis  accedet  bona  pars,  et  *o  sol 
pulcher,  o  laudande'  canam  recepto 
Gaesare  felix. 

tuque,  dum  procedis,  io  Triumphe, 
50    non  semel  dicemus  „io  Triumphe" 
civitas  omnis,  dabimusque  divis 
tura  benignis. 

te  decem  tauri  totidemque  vaecae, 
me  teuer  solvet  vitulus,  relieta 
55    matre  qui  largis  iuvenescit  herbis 
in  mea  vota, 

fronte  eurvatos  imitatus  ignis 
tertium  lunae  referentis  ortum, 
qua  notam  duxit  niveus  videri, 
CO    cetera  fulvus. 


41  coneinet  Lachm.   concines. 


CARMINUM  LIB.  IV.  3.  4.  115 


III. 


Quem  tu,  Melpomcne,  semel 
nascentem  pladdo  liimine  videris, 
illum  noii  labor  Isthmius 
clarabit  pugilcm,  non  equiis  inpiger 

r>    ciimi  ducet  Achaico 

victoreni,  neque  res  bellica  Deliis 

oniiitum  foliis  dueein, 

(piod  ro^nni  tuiiiidas  contiiderit  ininaSy 

ostendet  Capitolio  : 
10    sed  quae  Tibiir  aquac  fertile  praefluuiit 
et  spiKsac  neniorum  comae 
fin^eut  Aeolio  canniiic  nobilem. 

Roniae,  priiicii)i8  uvbium, 
dignatur  suboles  inter  amabilis 
15    vatum  ponere  nie  choros, 

et  iam  dente  minus  mordeor  invido. 

0  testudinis  aureac 

dulcem  (piac  strepitum,  Pieri,  temperas^ 
0  mutis  quoquc  piseibus 
20    donatura  cycni,  si  libcat,  sonum, 

totum  muneris  lioc  tui  est 

quod  monstror  digito  praetereuntium 

Romanae  fidicen  Ivrae: 

quod  Spiro  et  placco,  si  plaeeo,  tuum  est. 


IV. 

Qualem  ministrum  fulminis  alitem, 
cui  rex  deorum  regnum  in  avis  vagas 


s* 


116  Q.  HORATn  FL ACCI 

permisit  expertus  fidelcm 
luppiter  in  Ganjinede  flavo, 

5    olim  iuventas  et  patrius  vigor 
nido  laborum  propulit  inscium, 
vemique  iam  nimbis  remotis 
insolitos  docuere  nisus 

venti  paventem,  mox  in  ovilia 
10    demisit  hostem  viridus  impetus, 
nunc  in  reluctantis  dracones 
egit  amor  dapis  atquo  pugnac; 

qoalemve  laetis  caprea  pascuis 
intenta  fulvae  matris  ab  ubere 
15    non  ante  depulsum  leonem 
dente  novo  peritura  vidit; 

videre  Raetis  bella  sub  Alpibus 
Drusum  gerentem  Vindelici  [quibus 
mos  unde  deductus  per  omne 
20    tempus  Amazonia  securi 

dextras  obarmet,  quaerere  distuli, 
nee  scire  fas  est  omnia]  et  diu 
lateque  victrices  catervae 
consiliis  iuvenis  reWctae 

25    sensere  quid  mens  rite,  quid  indoles 
nutrita  faustis  sub  penetralibus 
posset,  quid  Augusti  patemus 
in  pueros  animus  Nerones. 


15  non   ante,    iam  lacte.  IS  [    ]  durchaus   unecht;    durch 

die  Conjectur  von  Jani  et  für  sed   schliesst  sich  et  diu   an  Vindelici 
wohl  an. 


CARMINÜM  LIB.  IV.  4.  117 


fortes  creantur  fortibus  et  boiiis; 
30    est  in  iuveneis,  est  in  equis  patrura 
virtus,  neque  inbelleni  feroees 
progenerant  aquilae  eolumbam: 

(loctrina  sed  vim  promovet  insitam, 
rectique  cultiis  pectora  roborant; 
3')    uteinnque  dcfeccre  mores, 
dedceorant  benc  nata  culpae. 

quid  debeas,  o  Koma,  Neronibus, 
testis  Mctaiirum  flumen  et  Hasdrubal 
devictus  et  puleher  fugatis 
40    ille  dies  Latio  teue])ris, 

qui  primus  ahna  risit  adorea, 
diriis  per  iirbis  Afer  ut  Italas 
ceu  flamma  per  tacdas  vel  eiirus 
per  Sieulas  cquitavit  undas. 

4:>     i)()st  hoc  seeundis  iisque  laboribus 
Komana  piil)es  crevit,  et  inpio 
vastata  Poenorum  tumiiltii 
fana  deos  liabuere  rectos, 

dixitque  tandem  perfidus  Hannibal 
50    'eer\'i,  luponim  praeda  rapacium, 
sectamur  nitro  quos  opimus 
fallere  et  effugere  est  triumphus. 

gens,  (luac  ereniata  fortis  ab  Ilio 
iaetata  Tuscis  aeciuoribus  sacra 
55    natosque  maturoscpie  patres 
pertulit  Ausonias  ad  urbis, 

duris  ut  ilex  tonsa  bipennibus 
nigrae  feraci  frondis  in  Algido, 


118  Q.  HORATII  FLACCI 

per  damna,  per  eaedis,  ah  ipso 
6ü    dueit  opes  animiimque  ferro. 

non  hydra  secto  corpore  fimiior 
^inci  dolentera  erevit  in  Herculem, 
inonstrumve  submisere  Colelii 
maius  Echiouiaeve  Thebae. 

63    merses  profuudo,  pulchrior  eminet; 
luctere,  multa  proruit  integrum 
cum  laude  victorem,  geretquc 
proelia  coniugibus  loquenda. 

Carthagini  iam  non  ego  nuntios 
70    mittam  superbos:  occidit,  occidit 
spes  omnis  et  fortuna  nostri 
nominis  Hasdrubale  interempto. 

nil  Claudiae  non  perficiunt  manus, 
quas  et  benigno  nuinine  Iui)piter 
75    defendit  et  curae  sagaees 
expediunt  per  acuta  belli/ 


V. 

Divis  orte  bonis,  optime  Romulae 
custos  gentis,  abes  iam  nimium  diu: 
matunim  reditum  pollicitus  patrum 
sancto  concilio,  redi. 

5    lucem  redde  tuae,  dux  bone,  patriae 
instar  veris  enim  voltus  ubi  tuus 
adfulsit  populo,  gratior  it  dies 
et  soles  melius  nitent. 


05  eminet.   evenit  und  exiet. 


CAUMINXM  LIB.  IV.  5.  119 

ut  mater  iiiveuem,  quem  notus  invido 
10    flatu  Carpatliii  traiis  maris  aequora 
cunctaiitem  spatio  longius  aiinuo 
(lulci  distinet  a  domo, 

votis  ominibusque  et  precibus  voeat, 
curvo  nee  faciem  litore  dimovet; 
15    sie  desideriis  ieta  tidelibns 
quaerit  patria  Caesarem. 

tiitiis  bos  eteiiim  prata  perambulat, 
mitrit  rura  Ceres  almacpie  Faustitas, 
l)aeatum  volitaut  i)er  mare  na^itae, 
20    euli)ari  metuit  fides, 

nuUis  polluitur  easta  domus  8tui)ri8, 
mos  et  lex  maculosum  edomuit  nefas, 
laudantur  simili  prole  puerperae, 
culpanl  poeiia  premit  comea. 

25    quis  Partium!  paveat,  (piis  gelidum  Scytlien, 
qiiis  Germania  qiios  horrida  parturit 
fctus,  ineolumi  Caesare?  quis  ferae 
bellum  euret  Hiberiae? 

condit  quisque  diem  coUibus  in  suis, 
3<>    et  vitem  viduas  ducit  ad  arbores; 
hiuc  ad  vina  redit  laetus  et  alteris 
te  mensis  adliibet  deum. 

te  multa  ])rece,  te  prosequitur  mero 
defuso  pateris,  et  laribus  tuum 
35    miscet  uumen,  uti  Graecia  Castorfs 
et  magni  memor  Hcrculis. 


17  prata  Faber.   rura. 


120  a  HORATII  FLACCI 

'longas  0  utinam,  dux  hone,  ferias 
praestes  Hesperiae*  dicimus  integre 
sicci  mano  die,  dicimus  uvidi, 
40    cum  8ol  Oeeano  subest. 


VI. 

Dive,  quem  proles  Niobea  magnae 
vindicem  linguae  Titvosquc  raptor 
sensit  et  Troiae  propo  victor  altae 
Phthius  Achilles, 

6    ceteris  maior,  tibi  miles  inpar, 
filius  quamvis  Thetidis  marinae 
Dardanas  turris  quateret  tremenda 
cuspide  pugnax. 

ille,  mordaci  velut  icta  ferro 
10    pinus  aut  inpulsa  eupressus  euro, 
procidit  lato  posuitque  eoUum  in 
pulvere  Teuere. 

ille  non  inclusus  equo  Minervao 
Sacra  mentito  male  feriatos 
15    Troas  et  laetam  Priami  choreis 
falleret  aulam, 

sed  palam  captis  gravis,  heu  nefas  heu, 
nescios  fari  pueros  Achivis 
ureret  flammis,  etiam  latentem 
20    matris  in  alvo, 

ni  tuis  flexus  Venerisque  gratae 
vocibus  divum  pater  adnuisset 
rebus  Aeneae  potiore  ductos 
alite  muros. 


CARMINUM  LIB.  IV.  6.  7.  121 


25    doctor  argiitae  fidicen  Thaliae, 

Phoebe,  qiii  Xantho  lavis  amne  crinis, 
Dauniae  dcfende  decus  Camenae, 
levis  Agyieu. 

spiritum  Phoebus  mihi,  Phoebus  artem 
30    canninis  nomenque  dedit  poetae. 
virginum  primae  puerique  claris 
patribus  orti, 

Deliae  tutela  deae,  fugacis 
lyueas  et  cervos  cohibentis  arcu, 
35    Lesbium  servate  pedem  meique 
pollieis  ictum, 

rite  Latonae  pueriim  canentes, 
rite  crescentem  face  Noctilucam, 
prosperani  frugum  celeremque  pronos 
40    volvere  mensis. 

mii)ta  iiim  dices  *^ego  dis  amiciim, 
saeculo  festas  referente  liiees, 
reddidi  Carmen  docilis  modorum 
vatis  Horati.' 


VII. 

Diflfiigere  nives,  redcunt  iam  gramina  cam[)i8 
arboribiisquc  comae; 
miitat  terra  vices,  et  decrescentia  ripas 
flumiiia  praetereunt; 

5    Gratia  cum  nymphis  geminisque  sororibiis  audet 
ducere  nuda  choros. 

inmortalia  ne  speres  monet  annus  et  almiim 
quae  rapit  hora  diem. 


122  Q.  HORATII  FLACCI 

frigora  mitescunt  zcpliyris,  ver  proterit  aestas 
10    interitura  simul 

pomifer  autumnus  fnigcs  effiulerit,  et  raox 
bruma  recurrit  iners. 

damna  tarnen  celeres  reparant  caelestia  lunae; 
nos  ubi  deeidimus 
IR    quo  pater  Aeneas,  quo  dives  Tullus  et  Aiicus, 
pulvis  et  uinbra  sumus. 

quis  seit  an  adiciant  liodiemae  crastina  sumniae 
tempora  di  superi? 

cuncta  nianus  avidas  fugient  lieredis,  amico 
20    quae  dederis  animo. 

cum  semel  oecideris  et  de  te  splendida  Minos 
feeerit  arbitria, 

non,  Torquate,  genus,  non  te  facundia,  non  te 
restituet  pietas. 

26    infernis  ncque  enim  tenebris  Diana  pudicum 
liberat  Hippolytum, 

nee  Lethaea  valet  Theseus  abrumpere  caro 
vincula  Pirithoo. 


VIII. 

Donarem  pateras  grataque  commodus, 
Censorine,  meis  aera  sodalibus, 
donarem  tripodas,  pracmia  fortiimi 
Graiorum,  neque  tu  pessima  munerum 
5    ferres,  divite  me  scilicet  artium 

quas  aut  Parrhasius  protulit  aut  Scopas, 

bic  saxo,  liquidis  ille  coloribus 

sollers  nunc  bominem  ponere,  nunc  deum. 


CARMINUM  LIB.  IV.  7.  8.  9.  123 


sed  non  hacc  mihi  vis,  nee  tibi  taliuin 
10    res  est  aut  animus  deliciarum  egeiis. 
gaiules  carminibus;  carmiua  i)08Siimus 
doiiare  et  i>retium  dieere  muneris. 

non  incisa  notis  niarniora  i)ublicis, 
per  ({iiae  spiritus  et  vita  redit  honis 

15    post  mortem  dncil)ns,  non  cclcres  fugae 
rciectaequc  retrorsum  Hannibalis  minae, 
non  incendia  Carthaginis  inj)iae, 
eins  (lui  domita  nomcn  ab  Africa 
lucratiis  rediit,  clarins  indicant 

20    laiides  ({uam  Calabrac  Pierides,    neque 
si  ehartae  sileant  quod  l)ene  feccris, 
mcrccdem  tuleris.    (luid  foret  Iliae 
Mavortis(|iic  pner,  si  tacitiirnitas 
obstaret  mcritis  invida  Romiili? 

25    creptum  Stygiis  fliictibus  Aeacum 
virtus  et  favor  et  lingua  potentium 
vatnni  divitibus  consecrat  insulis. 
dignum  laude  viruni  Musa  vetat  mori, 
eaelo  ]\[usa  beat.    sie  lovis  interest 

30    o])tatis  ei)iilis  inpiger  Hercules, 
darum  Tvndaridae  sidus  ab  infimis 

ftr- 

quassas  eriinunt  aequori])us  ratis, 
ornatus  viridi  tempora  pampino 
Liber  vota  bonos  ducit  ad  exitus. 


IX. 

Ne  forte  credas  interitura  quae 
longe  sonantem  natus  ad  Aufidum 
non  ante  volgatas  i)er  artis 
verba  loquor  socianda  cliordis; 

5    non,  si  priores  Maeonius  tenet 
sedes  Homerus,  Pindaricae  latent 


124  Q.  nORATIl  FLACCl 

Ceaequo  et  Alcaei  minaccs 
Stesichorique  graves  camenae; 

nee  siquid  olim  lusit  Anacreon, 
10    delevit  aetas;  spirat  adhuc  amor 
vivuntquo  conmissi  calores 
Aeoliae  fidibus  puellae. 

non  sola  comptos  arsit  adulteri 
crinis  et  aunim  vestibus  inlitmu 
15    mirata  regalisque  cultus 
et  comitcs  Helene  Lacaena; 

primusve  Teucer  tcla  Cydonio 
direxit  arcu;  non  semel  Ilios 
vexata;  non  pugnavit  ingens 
20    Idomeneus  Stlienelusve  solus 

dicenda  musis  i)roelia;  non  ferox 
Hector  vel  acer  Deiphobus  gravis 
excepit  ictus  pro  pudicis 
coniugibus  puerisquc  primus. 

25    vixero  fortes  ante  Agamemnona 
multi:  sed  omnes  illacrimabiles 
urguentur  ignotiqiie  longa 
noete,  earcnt  quia  vatc  sacro. 

paulluni  sepultae  distat  inertiac 
30    celata  virtus.    non  ego  te  meis 
chartis  inornatum  silebo, 
totve  tuos  patiar  labores 

inpnne,  LoUi,  carpero  lividas 
obliviones.    est  animus  tibi 
35    rerumque  prudens  et  secundis 
temporibus  dubiisque  rectus, 


CARMINUM  LIB.  TV,  9.  9»».  125 


viiulex  avarae  fraudis  et  abstinens 
ducentis  jkI  se  cuiicta  pecuniae, 
consulque  non  unius  anni; 
40    scfl  quotiens  bonus  atque  fidus 

iudex  honestum  praetulit  utili, 
reiecit  alto  doua  iioeentium 
voltu,  per  obstantis  catervas 
cxi)licuit  sua  vietor  arma. 

45    non  possidentem  multa  vocaveris 
recte  beatum;  rectius  occupat   . 
nomen  beati,  qui  deorum 
niuneribus  sapienter  uti 

duraracjue  callet  i)auperiem  pati 
50    peiiisque  leto  flagitium  timet, 
non  ille  pro  caris  aniicis 
aut  patria  timidus  perire. 


IX". 

Nc  forte  credas  interitura,  quae 
longe  sonantem  natus  ad  Aufidum 
non  ante  volgatas  i)er  artes 
verba  loquor  socianda  chordis, 

5    non,  si  priores  Maeonius  tenet 
sedes  Honierus,  Pindaricae  latent 
Ceaeque  et  Aleaei  minaces 
Stesicborique  graves  camenae; 

nee  siqnid  olim  lusit  Anacreon, 
10    delent  aetas;  spirat  adhuc  amor 
vivimtque  commissi  calores 
Aeoliae  fidibus  puellae. 


126  ,     Q.  HORATII  FLACCl 

25    vixere  forte»  ante  Agamemnoua 
miilti;  sed  omues  illacriinabiles 
urgiicntur  ignotique  loii«ra 
nocte,  cavent  qiiia  vatc  sacro. 

l)aullum  sepultac  distal  incrtiac 
30    celata  virtus.    non  ego  tc  meis 
cliartift  iiiornatiim  silebo, 
totve  tiios  patiar  labore« 

impune,  Lolli,  carperc  lividas 
oblivioiies.    est  animus  tibi 


37  vindex  avarae  fraudis  et  abstincns 

38  dueentis  ad  se  ouiieta  ])ecuniae 

35  renimque  prudens  et  secuiidis 

36  temporibus  diibiisque  rectus. 

45    non  possidentem  multa  vocaveris 
reete  beatum;  rectius  occupat 
nomen  beati,  qiii  deorum 
muneribus  wvpienter  iiti 

duramque  callet  pauperiem  pati 
50    peiusque  leto  flagritium  timet, 
iion  ille  pro  caris  amicis 
aut  patria  timidus  pcrire. 


X. 

0  crudeliö  adhuc  et  Veneris  muneribus  potens, 
insperata  tuae  cum  veniet  poena  superbiae, 


2  poena  Withof.   pluma. 


■  CAinilXÜM  LIB.  IV.  10.  11.  1*27 


et,  quac  nunc  iimeris  involitant,  deciderint  comae, 
nunc  et  <iui  color  est  puniceae  flore  prior  rosae, 

r>    mutatus,  Ligurine,  in  fticicm  verterit  hispidam, 
dices  "^lieu ,  quotiens  te  speculo  videris  altcrum, 
Vjuae  mens  est  hodie,  cur  eadem  non  puero  fuit, 
vel  cur  liis  animis  incolumes  non  redeunt  genae?* 


XL 

Est  milii  nonuni  supcrantis  annum 
plcnus  Albani  cadus,  est  in  liorto, 
Phylli,  ncctendis  apiuni  coronis, 
est  hcderac  vis 

5    nuilta,  ([na  crinis  religata  fulgcs; 
ridct  argcnto  donuis,  ara  castis 
vincta  vcrbenis  avet  inniolato 
spargier  agno; 

cuncta  festinat  manus,  huc  et  illuc 
n»    cursitant  niixtac  pueris  puellae; 
sordiduni  flanimae  trepidant  rotante» 
vertice  funuim. 

ut  tarnen  noris  quibus  advoeeris 
gaudiis,  idus  tibi  sunt  agendae, 
i.'>    qui  dies  niensem  Veneris  marinae 
findit  ai)rileni, 

iure  sollemnis  mihi  sanctiorque 
l)aenc  natali  proprio,  quod  ex  hac 
luce  Maeccnas  mens  adfluentis 
2«)    ordinat  annos.  . 

Telephum,  quem  tu  petis,  occupavit 
non  tuae  sortis  iuvenem  puella 


128  Q.  HORATII  FLACCl 

dives  et  lasciva  tenetque  grata 
compede  nnetum. 

25    terret  ambustus  Phaethon  avaras 
gpeS;  et  exemplum  grave  praebet  ales 
Pegasus  terrenum  equitem  gravatus 
Bellerophonteni; 

semper  ut  te  digna  sequare  et  ultra 
30    quam  licet  sperare  nefas  putaudo 
disparem  vites.    age  iam  meorum 
finis  amorum 

(non  enim  posthac  alia  calebo 
femiua),  eondisce  modoS;  amanda 
35    Yoee  quos  reddas:  minuentur  atrae 
carmine  curae. 


XP. 

Est  mihi  nonurn  superantis  annum 
plenus  Albaui  cadus,  est  in  horto, 
Phjili,  nectendis  apium  coronis, 
est  hederae  vis 

5    multa,  qua  eriues  religata  fulges; 
ridet  argento  domus,  ara  castis 
vineta  verbenis  avet  immolato 
spargier  agno. 

21    Telephum,  quem  tu  petis,  oecupavit 
non  tuae  sortis  iuvenem  puella 
dives  et  lasciva  tenetque  grata 
compede  vinctum. 

25    terret  ambustus  Phaethon  avarus 
spes  et  exemplum  grave  praebet  ales 


CARMINÜM  LIB.  IV.  11»».  12.  129 


Pegasus  terrenum  equitem  gravatus 
Belleroi)bontem. 

13    ut  tarneii  noris  quibus  advoceris 
gaudiis,  idus  tibi  sunt  agendae, 
qui  dies  meiisem  Yeiieris  mariiiae 
iiiidit  Äprilem. 

17    iure  sollemnis  mihi  sanetiorque 
paene  iiatali  proprio,  quod  ex  bac 
luce  Maeceiias  meus  adflueiites 
ordiuat  annos. 


XII. 

laiu  veris  comites,  quae  maro  temperant, 
inpelluiit  aiiimae  lintea  Tbraciae; 
iaiii  nee  prata  rigent,  iiec  fluvii  strepuut 
IIi])enia  uive  turgidi. 

5    nidum  i)0iiit  Ityii  flebiliter  gemens 
infelix  avis  et  Cecropiae  domus 
aetenium  oi)probriuin,  quod  male  barbaras 
regum  est  ulta  libidines. 

dieuut  in  teuere  gramine  pinguium 
10    custodes  ovium  eariuina  fistula 

delectantque  deum  cui  peeus  et  nigri 
colles  Areadiae  phicent. 

adduxere  sitim  teini)ora,  Vergili. 
sed  pressum  Calibus  ducere  Liberum 
15    si  gestis,  iuvenum  nobilium  clieiis, 
uardo  vina  mereberis. 

uardi  parvus  onyx  elieiet  cadum, 
qui  nunc  Sulpiciis  accubat  horreiS; 

Lehrh,  Uoratuis.  ^ 


130  Q.  HORATU  FLACCI 

gpes  donare  novas  largus  amaraque 
2u    curarum  eluere  efficax. 

ad  quae  si  properas  gaudia,  cum  tua 
velox  merce  veni:  non  ego  tc  meis 
inmunem  meditor  tinguere  poculis, 
plena  dives  ut  in  domo. 

25    verum  pone  moras  et  Studium  lucri, 
nigrorumque  memor  dum  licet  ignium 
misce  stultitiam  consiliis  brevem: 
dulce  est  desipere  in  loco. 


XIII. 

Audivere,  Lycc,  di  mea  vota,  di 
audiverc,  Lycc:  fis  anus,  et  turnen 
vis  formosa  videri, 
ludisque  et  bibis  inpudens, 

5    et  cantu  treiftulo  pota  Cupidinem 
lentum  sollicitas.    illc  virentis  et 
doctae  psallerc  Chiae 
pulchris  excubat  in  genis. 

inportunus  enim  transvolat  aridas 
10    quercus  et  refugit  te,  quia  luridi 
dentes  tC;  quia  rugae 
turpant  et  capitis  nives. 

nee  Coae  referunt  iam  tibi  purpurae 
nee  cari  lapides  tempora  quae  semel 
15    nodis  condita  fastis 
inclusit  volucris  dies. 

quo  fugit  Venus,  heu,  quove  color?  decens 
quo  motus?  quid  habes  illius,  illius. 


CARMINUM  LIB.  IV.  13.  14.  131 


quac  spirabat  araores, 
20    quae  nie  surpuerat  mihi, 

felix  post  Cinaram,  notaque  et  artiuiii 
^^ratarum  facies?  sed  Cinarae  breves 
annos  fata  dederimt, 
servatura  diu  parem 

25    cornicis  vetulae  temporibiis  Lycen, 
I)osscnt  ut  iuveiies  visere  fervidi 
nuilto  noii  sine  risu 
dilapsam  in  cinercs  facem. 


[) 


XIV. 

Quae  cura  patrum  quacve  Quiritium 
plenis  honoruni  muncribus  tuas, 
Auguste,  virtutes  in  aevum 
j)er  titulos  incmoresque  fastos 

aeternet,  o  qua  sol  habitabilis 
inlustvat  oras  maxime  principum? 
(luem  legis  expcrtcs  Latinae 
Viudelici  didicerc  nuper. 


quid  Marte  posses.    milite  nam  tuo 
10    Drusus  Genaunos,  inplacidum  genu«, 
Breunoscpie  velocis  et  arcis 
Alpibus  inpositas  tremendis 

deiecit  acer  plus  vice  simplici. 
niaiov  Neronum  mox  grave  proeliunt 
15    conmisit  inmanisque  Kaetos 
ausj)iciis  pepulit  seeundis, 

speetandus  in  certamine  Martio 
devota  niorti  pectora  liberae 


9* 


132  Q.  HOEATU  FLACCI 

quantis  fatigaret  ruinis, 
20  indomitas  propo  qualis  uuda« 

exercet  auster,  pleiadum  ckoro 
sciudente  nubis;  inpiger  hostium 
voxare  turmas  et  frementem 
mittere  equum  medios  per  igiiis. 

25    sie  tauriformis  volvitur  Aufidus, 
qui  regna  Dauni  praefluit  Appuli, 
cum  saevit  horrendamque  cultis 
diluviem  meditatur  agriS; 

ut  barbarorum  Claudius  agmina 
30    ferrata  vasto  diruit  inpetu 
primosque  et  extremos  metendo 
stravit  humum,  sine  clade  victor, 

te  copiaS;  te  eonsilium  et  tuos 
praebente  divos.    nam  tibi  quo  die 
35    portus  Alexandrea  su])plex 
et  vacuam  patefeeit  aulam, 

fortuna  lustro  prospera  tertio 
belli  seeuudos  reddidit  exitus, 
laudemque  et  optatimi  peractis 
40    imperiis  decus  adrogavit. 

te  Cantaber  non  ante  domabilis 
Medusque  et  Indus,  te  profugus  Scytlies 
miratur,  o  tutela  praesens 
Italiae  dominaeque  Romae. 

45    te  fontium  qui  celat  origines 

Nilusque  et  Ister,  te  rapidus  Tigris, 
te  beluosus  qui  remotis 
obstrepit  Oceanus  Britannis, 


CARMIXüM  LIB.  IV.  14.  15.  133 


te  non  paventis  funera  Galliae 
öo    duraeque  tellus  audit  Hiberiae, 
te  caedc  gaiidentes  Sygambri 
(»onpositis  venerantur  armis. 


XV. 

Plioebiis  volentem  proelia  me  loqui 
vietas  et  nrbis  increpuit  lyra, 
nc  parva  Tyrrlienum  per  aequor 
vcla  darem.    tua,  Caesar,  aetas 

f>    frugres  et  agris  rettiilit  uberis, 
et  Signa  nostro  restituit  lovi 
derepta  Partbonim  superbis 
postibus,  et  vacuum  diiellis 

lanum  Quirini  clausit  et  ordinem 
10    rectum  evaganti  frena  licentiae 
iniecit  emovitque  eulpas 
et  veteres  revoeavit  artis, 

per  quas  Latinum  nomen  et  Itaiao 
crevere  vires  famaque  et  imperi 
15    porrecta,  maiestas  ad  ortus 
solis  ab  Hesperio  cubili. 

custode  renim  Caesare  non  furor 
civilis  aut  vis  exiget  otiiim, 
non  ira,  qiiac  procudit  ensis 
20    et  miseras  inimicat  urbis. 

non  qui  profundiim  Danubium  bibunt 
edicta  nimpent  lulia,  non  Getae, 
non  Seres  infidive  Persae, 
non  Tanain  prope  flumen  orti. 


134  Q.  HORATII  FLACCI  LIB.  IV.  15. 

25    nosquo  et  profestis  lucibus  et  saeris 
iuter  iocosi  muiiera  Liberi, 
cum  prolo  matronisque  nostris 
rite  deos  prius  adprccati, 

virtute  functos  more  patrum  duccs 
30    Lvdis  remixto  carmine  tibiis 
Troiamque  et  Ancliisen  et  almae 
progeniem  Veneris  canemus. 


Q.  HORATII  FLACCI 

CARMEN  SAECULARE. 


Plioebe  silvarumque  potens  Diana, 
lucidum  eaeli  decus,  o  colendi 
sempcr  et  culti,  date  quae  precamur 
tempore  saero, 

5    quo  Sibylliiii  monuere  versus 
virgines  lectas  puerosque  castos 
dis,  quibus  Septem  placuere  coUes, 
dicere  Carmen. 

alme  Sol  curru  nitido  diem  qui 
10    promis  et  celas  aliusque  et  idem 
nasceris,  possis  nihil  urbe  Roma 
visere  maius. 

rite  maturos  aperire  partus 
lenis,  Ilithyia,  tuero  matres, 
ir>    slve  tu  Lucina  probas  vocari 
seu  Genitalis: 

diva,  producas  subolem,  patrumque 
prosperes  decreta  super  iugandis 
feminis  prolisque  novae  feraci 
20    lege  marita, 

certus  undenos  deciens  per  annos 
orbis  ut  cantus  referatque  ludos 


136  Q.  HORATII  FLACCI 

ter  die  claro  totiensque  grata 
nocte  frequentis. 

25    Yosque  veraces  cecinisse,  parcae, 

quod  semel  dictum  est  stabilisque  rerum 
terminus  senret,  bona  iam  peractis 
iungite  fata. 

fertilis  frugum  pecorisque  tellus 
30    spicea  donet  Cererem  Corona; 
nutriant  fetus  et  aquae  salubres 
et  lovis  aurae. 

condito  mitis  placidusque  telo 
supplic^s  audi  pueros,  Apollo; 
35    siderum  regina  bicomis  audi 
Luna  puellas. 

Roma  si  vestrum  est  opus,  Iliaeque 
litus  Etruscum  tenuere  turmae, 
iussa  pars  mutare  laris  et  urbem 
40    so&ipite  cursu; 

cui  per  ardentem  sine  fraude  Troiam 
castus  Aeneas  patriae  superstes 
liberum  munivit  iter  datunis 
plura  relictis: 

45    di,  probos  mores  docilis  iuventae, 
di,  seneetutis  placidae  quietem 
Romulae  genti  date  remque  prolemque 
et  deeus  omne; 

quaeque  vos  bobus  veneratur  albis 
50    clanis  Anchisae  Venerisque  sanguis, 
inpetret,  bellante  prior,  iacentem 
lenis  in  hostem. 


CARMEN  SAECCLARE.  137 


iam  mari  terraque  manus  potentis 
Medus  Albanasque  timet  securis; 
55    iam  Scythao  responsa  petunt,  superbi 
nuper,  et  Indi. 

iam  Fides  et  Fax  et  Honos  Pudorque 
priscus  et  neglecta  redire  Virtus 
aiidet,  adparetque  beata  pleno 
r>o    Copia  cornu. 

augur  et  fulgente  deconis  areu 
Plioebus  acceptiisque  novem  camenis, 
(liii  salutari  levat  arte  fessos 
corporis  artus, 

ß5    si  Palatinas  videt  aequus  aras, 
remque  llomanam  Latiumque  felix 
alterum  in  lustrum  meliusque  semper 
prorogat  aevum. 

quaeqiie  Aventinum  tenet  Algidumque, 
70    quindecim  Diana  preces  vironim 
curat  et  votis  pueronim  amieas 
adplicat  auris. 

haec  lovem  sentire  deosque  cunctos 
spem  bonam  certamque  domum  reporto, 
75    doctus  et  Phoebi  chorus  et  Dianae 
dicere  laiides. 


Q.  HORATII  FLACCI 

E  P  O  D  O  N 

ÜBER. 
I. 

Ibis  Libumis  inter  alt«i  navium, 

araice,  propugnacula, 

paratus  omne  Caesaris  i)ericulum 

subire,  Maecenas,  tue. 
5    quid  no8?  qiiibus  te  vita  si  superstite 

iucunda,  si  contra,  gravis. 

utnimne  iussi  persequemur  otium, 

non  dulcc,  ni  tecum  simiil, 

an  Imnc  laborem,  mcnte  laturi  decet 
10    qua  ferrc  non  mollis  viros? 

feremus  et  te  vel  per  Alpium  iuga 

inhospitalem  et  Caucasum, 

vel  occidentis  usque  ad  ultimum  sinum 

forti  scquemur  pectore. 
15    rogea  tuum  labore  quid  iuvem  meo 

inbellis  ac  firmus  parum. 

comes  minore  sum  futurus  in  metu, 

qui  maior  absentis  babet; 

ut  adsidens  inplumibus  pullis  avis 
20    serpentium  adlapsus  timet 

magis  relictis,  non,  ut  adsit,  auxili 

latura  plus  praesentibus. 

libenter  boc  et  omne  militabitur 

bellum  in  tuae  spem  gratiae, 


ErODOX  LIIJER.  1.  2.  139 


»    noii  iit  iuTcncis  inligata  pluribus 

aratra  nitantur  mea, 

pcciisvc  Calabris  ante  sidus  fen'idum 

Lucana  mutet  pascuis, 

neque  ut  supini  villa  candcns  Tusculi 
•    Circaea  tangat  moenia. 

satis  superque  me  benignitas  tua 

ditavit:  haud  paravcro 

quod  aut  avanis  ut  Cliremes  terra  prcniam, 

discinotus  aut  perdam  nepos. 


IT. 

^Bcatus  ille  qui  i)rocul  iicgotiis, 
»    ut  prisca  gcns  mortalium, 

paterna  rura  bobus  excrcet  f^xm 
n  solutus  omni  fenore, 

neque  cxcitatur  classico  miles  tnici, 
ii  neque  horrct  iratum  marc, 

forumque  vitat  et  superba  civiuni 
^  potentiorum  limina. 

ergo  aut  adulta  vitium  propagine 

altas  maritat  populos, 

aut  in  reducta  valle  mugientium 
*   prospectat  errantis  greges, 

inutilisve  falce  ramos  amputans 

felieiores  inserit, 
►*  aut  pressa  puris  mclla  condit  amphoris, 
f   aut  tondet  infinnas  ovis: 
#"  vel  cum  decorum  mitibus  pomis  caput 
^  Autumnus  agris  extulit, 
^ut  gaudet  insitiva  dccerpens  pyra, 
^-  certantem  et  uvam  ])urpurae, 


29  supini  B.   supemi. 


140  Q-  HORATII  FLACCI 

qua  muneretur  te,  Priape,  et  te,  pater 

Silvane,  tutor  finium. 

übet  iacere  modo  sub  antiqua  ilice, 

modo  in  tenaci  gramine. 
25    labuntur  altis  interim  ripis  aquae, 

quenmtur  in  silvis  aves, 

frondesque  lymi)hi8  obstrepunt  manantibus 

somnos  quod  invitet  levis. 

at  cum  tonantis  annus  hibernus  lovis 
30    imbris  nivisque  conparat, 

aut  trudit  acris  hinc  et  hinc  multa  cane 

apros  in  obstantis  plagaö, 

aut  amite  levi  rara  tendit  retia, 

turdis  edaeibus  dolos, 
35    pavidumque  leporem  et  advenam  laqueo  gruem 

iueunda  captat  praemia. 

quis  non  malanim,  quas  amor  curas  habet, 

haec  inter  obliviscitur? 

quid  si  pudica  mulier  in  parteni  iuvet 
40    domum  atque  dulcis  liberos, 

Sabina  qualis  aut  pei-usta  solibus 

pernieis  uxor  Appuli? 

sacnim  et  vetustis  exstruat  lignis  focum 

lassi  sub  adventum  viri, 
45    elaudensque  textis  cratibus  laetum  pecus 

distenta  siccet  ubera, 

et  liorna  dulei  vina  promens  dolio 

dapes  inemptas  adparet? 

non  me  Luerina  iuverint  conelijiia 
50    magisve  rhombus  aut  scari, 

si  quos  Eois  intonata  fluctibus 

hiems  ad  hoc  vertat  mare. 

non  Afra  avis  descendat  in  ventrem  mcum, 

non  attagen  lonicus 
55    iucundior  quam  lecta  de  pinguissimis 


27  frondesque  Markl.  fontesque.      39  quid  si  Haupt    quod  si. 


EPODON  LIBER.  2.  3.  141 


oliva  ramis  arborum, 

aut  herba  lapathi  prata  amantis  et  gravi 

malvae  salubres  corpori, 

vel  agua  festis  caesa  termiualibus, 
60    vel  haedus  ereptus  lupo. 

has  inter  epulas  ut  iuvat  pastas  ovis 

videre  proi)eraiitis  domum, 

viderc  fessos  vomercm  inversum  boves 

collo  trabcutis  languido, 
05    positosque  veriias,  ditis  examen  domiis, 

circiim  renideutis  laris/ 

baec  ubi  locutus  fenerator  Alfius, 

iam  iam  futurus  rusticus, 

omiicin  redegit  idibiis  pecuniain, 
70    quaerit  calendis  ponere. 


III. 

Pareiitis  olim  siquis  inpia  manu 

senile  guttur  fregerit, 

edit  eicutis  alium  noceutius. 

0  dura  mcssorum  ilia! 
5    quid  hoc  vencni  saevit  in  praecordiis  ? 

num  vii)eriiiu8  bis  eruor 

iiicoctus  berbis  nie  fefellit,  an  malas 

Canidia  tractavit  dapes? 

ut  Argonautas  praeter  omnis  eandiduin 
10    Medea  inirata  est  ducem, 

ignota  tauris  inligaturum  iuga 

j)eruiixit  boc  lasonem; 

boc  delibutis  ulta  donis  paelicem 

serpente  fugit  alite. 
15    nee  tantus  uraquam  sidenim  insedit  vapor 

siticulosae  Appuliae, 

nee  niunus  umeris  efficaeis  Herculis 

inarsit  aestuosius. 


142  Q.  UOKATIl  FLACCl 

at  »i  quid  umciuaiu  tale  concupiveriä; 
2<»    iocosc  Mac(*ciiad,  precor 

manuni  puclla  savio  opponat  tuo, 
extrcma  et  in  sponila  cubet. 


;> 


IV. 

Lupis  et  agnis  quanta  sortito  obti^it 

tecum  Diihi  (liäC(»r(lia  est, 

Hibericis  peniste  funibus  latus 

et  crura  dura  c<»tiipede. 

licet  superbus  auibules  pccuuia, 

fortuiia  iion  mutat  genus. 

videsnC;  siicram  nietieuto  to  viam 

cum  bis  trium  uluarum  toga, 

ut  OKI  vertat  huc  et  buc  euntiutn 
10    liberrima  iudignatio? 

'sectus  flagellis  bic  triumviralibus 

praeconis  ad  fastidiuiu 

arat  Falenii  mille  fuudi  iugera 

et  Appiam  mauiiis  terit, 
15    Bedilibus<|uo  maguus  in  primis  eques 

Otbonc  conteinpto  sedet. 

quid  attinet  tot  ora  navium  gravi 

rostrata  duci  ponderc 

contra  latrones  atque  8er\'ilem  manum^ 
2'»    boc  boc  tribuno  militum?* 


V. 

'At  o  deorum  quidquid  in  caelo  regit 
terras  et  bumauum  genus, 
quid  iste  fert  tuniultus?  et  (piid  oniniuni 
voltus  in  unum  me  truces? 
5    per  liberos  te,  si  vocata  partubus 


8  trium  C.  E&rth.  ter. 


EPüDON  LIBER.  4.  5.  143 


Lucina  vcris  adfuit, 

per  hoc  inaue  j)uri)urac  deciis  precor, 

per  in])robaturum  haec  lovcni, 

(|ui(l  ut  noverca  me  iiitueris  aut  iiti 
1«    petita  ferro  belua?' 

ut  liaec  trementi  questus  oro  constitit 

insigni])us  raptis  ])uer, 

inpube  cor])U8,  <iuale  posset  in])ia 

mollire  Tliracum  pectora, 
1»    Caniilia  hrevibus  inplic.ata  viperis 

crinis  et  incomptuui  Caput 

iubet  sopuU-ris  caprificos  erutas, 

iubet  cujiresöu«  funebris 

et  uncta  turpis  ova  raiiae  sangiiinc 
20    plumanique  iiocturnae  strigis 

herbasque,  quas  lolcos  atque  Hiberia 

mittit  veneuoruni  ferax, 

et  ossa  al)  ore  rapta  ieiunae  cauis 

tiamniis  aduri  Colchicis. 
25    at  expedita  Sagaiia,  per  totam  domuni 

spargens  Avenialis  aquas, 

horret  capillis  ut  marinus  asperis 

echinus  aut  Laurens  aper. 

abacta  uulla  Veia  conscientia 
:«»     ligonibus  duris  humum 

cxhauriebat  ingemens  laboribus, 

quo  posset  iufossus  puer 

longo  die  bis  ten^ue  mutatae  dapis 

inemori  spectaculo, 
yo    cum  promineret  ore  quantum  exstant  aqua 

suspensa  mento  corpora; 

exsucta  uti  medulla  et  aridum  iecur 

amoris  esset  poculum, 

interminato  cum  semel  fixae  cibo 
10    intabuissent  pupulae. 


2S  Laurens  X.  Hcinsius.   currens. 


144  Q.  HOEATII  FLACCl 

non  defuisse  masculae  libidinis 

Ariminensem  Foliam 

et  otiosa  credidit  Keapolis 

et  omne  viciuum  oppidum, 
45    quae  sidera  excantata  voce  Thessala 

lunamque  caelo  deripit. 

hie  inresectum  saeva  dente  livido 

Canidia  rodens  poUicem 

quid  dixit  aut  quid  tacuit?  *o  rebus  meis 
M    non  infidcles  arbitrae, 

Nox  et  Diana,  quae  silentium  regis, 

areana  cum  fiunt  sacra, 

nunc  nunc  adeste,  nunc  in  bostilis  domos 

iram  atque  numen  vertite. 
55    formidolosis  dum  latent  silvis  ferae 

dulci  sopore  languidae, 

senem,  quod  omnes  rideant,  adultorum 

latrent  Suburanae  canes 

nardo  perunctum,  quäle  non  i)erfectiu8 
60    meae  laborarint  manus. 

quid  accidit?  cur  dira  barbarae  minus 

venena  Medeae  valent? 

quibus  superbam  fugit  ulta  paelicem, 

magni  Creontis  filiam, 
65    cum  palla,  tabo  munus  imbutum,  novam 

incendio  nuptam  abstulit. 

atqui  nee  lierba  uec  lateus  in  asperis 

radix  fefellit  me  locis. 

indormit  unctis  omnium  cubilibus 
70    oblivione  paelicum. 

a!  a!  solutus  ambulat  veneficae 

scientioris  carmine. 

non  usitatis,  Vare,  potionibus, 

0  multa  fleturum  caput, 
75    ad  me  recurres,  nee  vocata  mens  tua 

Marsis  redibit  vocibus. 

malus  paraboy  malus  infundam  tibi 


EPOPON  LIBER.  5.  6.  145 


fastidienti  poculum, 

priusque  eaelum  sidet  inferius  man 
S(»    tellure  porrecta  super, 

quam  non  amore  sie  meo  flagres  uti 

bitumcnatris  ignibus/ 

sub  hacc  puer  iam  non  ut  ante  moUibus 

lenire  verbis  iupias; 
**5    seil  dubius  unde  rumperet  silentium 

misit  Tbyesteas  preces. 

'venena  maga  non  fas  nefasque,  non  valent 

convertcre  humanam  vicem. 

diris  agani  vos:  dira  detestatio 
i«>    nuUa  expiatur  victima. 

quin,  ubi  perire  iussus  exspiravero, 

no(?tuniua  occurram  furor, 

petamque  voltus  umbra  curvis  unguibus, 

quae  vis  deorum  est  manium, 
^»5    et  inquietis  adsidons  praecordiis 

pavore  somnos  auferam. 

vos  turba  vicatim  hinc  et  hinc  saxis  petens 

contundet  obscaenas  anus. 

post  insepulta  membra  different  lupi 
100    et  Esquilinae  alites, 

neque  hoc  parentes  heu  mihi  supcrstites 

eifugerit  speetaculum.* 


,> 


VI. 

Quid  inmcrentis  hospites  vexas  canis 

ignavus  adversum  lupos? 

quin  hue  inanis,  si  potes,  vertis  minas? 

et  me  remorsurum  pete. 

nam  qualis  aut  Molossus  aut  fulvus  Lacon, 

amica  vis  pastoiibus, 

agam  per  altas  aure  sublata  nivis, 


^7  maga  non  Haupt,   magica. 

Lrhrs,  Hormiius.  10 


146  Q.  HORATII  FLACCI 

quaecumque  praec^det  fera. 

tu  cum  timenda  voce  conplesti  nemus, 
10    proiectum  odoraris  cibum. 

cave,  cave:  namque  in  malos  asperrimus 

parata  toUo  cornua, 

qualis  Lycambae  spretus  infido  gener^ 

aut  acer  liostis  Bupalo. 
15    an  si  quis  atro  dente  me  petiverit, 

inultu8  ut  flebo  puer? 


VII. 

Quo,  quo  scclesti  ruitis?  aut  cur  dexteris 

aptantur  enses  conditi? 

parumnc  campis  atquc  Neptuno  super 

fusum  est  Latini  sanguinis?  > 

5    non  ut  superbas  invidae  Carthaginis 

Romanus  arcis  ureret, 

intactus  aut  Britannus  ut  descenderet 

Sacra  catenatus  via, 

sed  ut  secundum  vota  Parthonim  sna 
10    urbs  haec  periret  dextera. 

neque  hie  lupis  mos  nee  fuit  leonibus 

numqiiam  nisi  in  dispar  feris. 

furorue  caeeos  au  rapit  vis  acrior 

an  culpa?  responsum  date. 
15    tacent,  et  albus  ora  pallor  inficit 

mentesque  perculsae  stupent. 

sie  est:  acerba  fata  Romanos  agimt 

scelusque  fraternae  necis, 

ut  inmerentis  fluxit  in  terram  Remi 
20    sacer  nepotibus  cruor. 


VIII. 

Rogare  longo  putidam  tc  saeculo 
viris  quid  enervet  meas? 


ErODON  LIBER.  7.  8.  9.  147 


cum  8it  tibi  den»  ater  et  rugis  vetus 

frontem  senectus  exaret, 
.')    hietque  turpis  intcr  aridas  natis 

podex  velut  crudae  bovis? 

sed  incitat  me  pectus  et  mammae  putres, 

equina  quäl  es  ubera, 

venterque  mollis  et  fcmur  tumentibus 
10    exile  suris  additum. 

esto  beata,  funus  atque  imagincs 

ducaut  triumphales  tuum, 

nee  sit  marita  quae  rotundioribus 

onusta  bacis  ambulet. 
1")    quid  quod  libelli  stoici  inter  sericos 

iaeere  pulvillos  amant? 

inliterati  num  minus  nervi  rigent? 

magisve  languet  fascinum? 

quod  ut  8U])erbo  provoees  ab  inguine, 
20    ore  adlaborandum  est  tibi. 


IX. 

Quando  repostum  Caecubum  ad  festas  dapes 

Victore  laetus  Caesare 

tecum  sub  alta  (sie  lovi  gratum)  domo, 

beate  Maecenas,  bibam? 
5    sonante  mixtum  tibiis  Carmen  lyra, 

hac  Dorium,  illis  barbarum: 

ut  nuper,  actus  cum  freto  Neptunius 

dux  fugit  ustis  uavibus, 

minatus  urbi  vincla,  quae  detraxerat 
10    servis  amicus  perfidis. 

Romanus  ehcu  (posteri  negabitis) 

emancipatus  feminae 

fert  Valium  et  arma  miles  et  spadonibus 

servire  nigosis  potest, 


IS  magisve  Guietus.   minusve.    Fehlt  etwas  nach  V.  14? 

lü* 


148  Q.  HORATII  FLACCI 

15    interque  sigua  turpe  militaria 

Bol  adspicit  conopium. 

adhuc  freraentis  verterunt  bis  mille  equos 

Galli  canentes  Caesarem, 

hostiliumque  uavium  portu  latent 
20    puppes  siuistrorsum  citae. 

io  Triumphe,  tu  moraris  aureos 

cumis  et  intactas  boves? 

io  Triumphe,  nee  lugurthino  parem 

hello  reportasti  ducem, 
25    neque  Africanum,  cui  super  Carthaginem 

Wrtus  sepulcrum  condidit. 

terra  marique  victus  hostis  punico 

lugubre  mutabit  sagum. 

aut  ille  centum  nobilem  Cretam  urbibus 
30    ventis  iturus  nou  suis, 

exercitatas  aut  petit  Syrtis  noto, 

aut  fertur  ineerto  mari. 

eapaciores  adfer  hue,  puer,  seyphos 

et  Chia  Wna  aut  Lesbia, 
35  vel  quod  fluentem  nauseam  coerceat 

metire  nobis  Caeeubum. 

euram  metumque  Caesaris  rerum  iuvat 

dulci  Lyaeo  solvere. 


X. 

Mala  soluta  navis  exit  alite 

ferens  olentem  Maevium. 

ut  horridis  utrumqu^  verberes  latus, 

auster,  memento  fluctibus. 

niger  rudentis  eurus  inverso  mari 

fractosque  remos  diiferat. 

insurgat  aquilo,  quautus  altis  montibus 

frangit  treraentis  ilicis. 


:J5.  36  Peerlk. 


EPODON  LIBER.  10.  11.  I49 


nec  sidus  atra  nocte  amiciim  adpareat, 

1'»    qua  tristis  Orion  eadit; 
quietiore  nec  feratur  aequore 
quam  Graia  victorum  manus, 
cum  Pallas  usta  vertit  iram  ab  Ilio 
in  inpiam  Aiacis  ratcm. 

ir>    o  quantus  instat  navitis  sudor  tuis 
tibique  pallor  luteus, 
et  illa  non  virilis  eiulatio, 
preces  et  aversum  ad  lovem, 
lonius  udo  cum  remugiens  sinus 

*i<»    noto  cariuam  ruperit. 

opima  quod  si  praeda  curvo  litore 
porrecta  mergog  iuveris, 
libidinosus  inmolabitur  caper 
et  agna  Tempcstatibus. 


XI, 

Petti,  nihil  me  sicut  antea  iuvat 
scribere  versiculos  amore  percussum  gravi, 
amore,  qui  me  praeter  omnis  expetit 
mollibus  in  pueris  aut  in  puellis  urere. 

5    hie  tertius  december,  ex  quo  destiti 
Inachia  furere,  silvis  honorem  decutit. 
heu  me,  per  urbem,  nam  pudet  tanti  mali, 
fabula  quanta  fui!  conviviorum  ut  paenitet, 
in  quis  amantem  et  languor  et  silentium 

10    arguit  et  latere  petitus  imo  spiritus. 
*contrane  lucrum  nil  valere  candidum 
pauperis  ingenium*  querebar  adplorans  tibi, 
simul  calentis  inverecundus  deus 
fervidiore  mero  arcana  promorat  loco. 

ir>    *quod  si  meis  inaestuet  praecordiis 

libera  bilis,  ut  haec  ingrata  ventis  dividat 
fomenta  volnus  nil  malum  levantia, 


150  a  HORATII  FLACCI 

desinet  inparibus  certare  summotus  pudor.* 
ubi  liacc  severus  te  palam  laudaveram, 

20    iu88U8  abire  doimiiu  ferebar  ineerto  pede 
ad  non  amicos  heu  mihi  postis  et  heu 
limina  dura,  quibus  lumbos  et  infregi  latus. 
nunc  gloriantis  quamlibet  mulierculani 
vincere  mollitie  amor  Lycisci  ine  tenet; 

25    unde  expedire  non  amicorum  queant 
libera  eonsilia  nee  contumeliae  graves, 
sed  alius  ardor  aut  puellae  candidae 
aut  teretis  pueri  longram  renodantis  eomam. 


XII. 


Quid  tibi  vis,  niulier  nigris  dignissima  barris? 

munera  quid  mihi,  quidve  tabellas 

mittis  nee  firmo  iuveni  neque  naris  obesaeV 

namque  sagacius  unus  odoror, 
5    polypus  an  gravis  hirsutis  cubet  hircus  in  alis, 

quam  canis  acer  ubi  lateat  sus. 

qui  sudor  vietis  et  quam  malus  undique  membris 

crescit  odor,  cum  pene  soluto 

indomitam  properat  rabiem  sedare,  neque  illi 
10    iam  manet  umida  creta  colorque 

stercore  fucatus  crocodili,  iamque  subando 

tenta  cubilia  tectaque  rumpit; 

vel  mea  cum  saevis  agitat  fastidia  verbis: 

^Inachia  langues  minus  ac  me; 
t5    Inachiam  ter  nocte  potes,  mihi  semper  ad  unum 

mollis  opus,  pereat  male  quae  te 

Lesbia  quaerenti  taurum  monstravit  inertem, 

cum  mihi  Cous  adessot  Amyntas, 

cmus  in  indomito  constantior  inguine  nervus 
20    quam  nova  collibus  arbor  inhaeret. 

muricibus  Tvriis  iteratae  vellera  lanae 

cui  properabantur?  tibi  nempe, 


EPODON  LIBER.  12    13.  14.  151 

ne  foret  «nequalis  inter  conviva,  magris  quem 
diligeret  mulier  sua  quam  te. 
25    0  ego  non  felix,  quam  tu  fugis  ut  pavet  acris 
a«:na  lupos  capreaeque  leones/ 


XIII. 

Horrida  tempe8ta8  eaelum  eontraxit,  et  imbres 
nivesque  deducunt  lovem:  nunc  mare  nunc  sUuae 
Threicio  aquilone  sonant:  rapiamus,  amice, 
oecasionem  de  die,  dumque  virent  genua 

5    et  decet,  ohdueta  solvatur  fronte  senectus. 
tu  vina  Torquato  move  cousule  pressa  meo. 
cetera  mitte  loqui :  deus  liaee  fortasse  benigna 
reducet  in  sedem  vice,  nunc  et  Acbaemenio 
perfundi  nardo  iuvat  et  fide  Cyllenea 

10    levare  diris  pectora  soUicitudinibus, 

nobilis  ut  grandi  cecinit  Centaurus  alumno: 
Mnvicte  mortalis  dea  nate  puer  Thetide, 
te  manet  Assaraci  tellus,  quam  Vrigida  tardi 
findunt  Scamandri  flumina,  lubricus  et  Simois; 

15    unde  tibi  reditum  certo  subtemine  parcae 
rupere,  nee  mater  domum  caerula  te  revehet. 
illic  omne  malum  vino  cantuque  levato, 
deformis  aegrimoniae  dulcibus  adloquiis. 


XIV. 

Mollis  inertia  cur  tantam  diflfuderit  imis 
oblivionem  sensibus, 
pocula  Lethaeos  ut  si  ducentia  somnos 
arente  fauce  traxerim, 
5    candide  Maecenas,  occidis  saepe  rogando: 
deus  deus  nam  mo  vetat 
inceptos,  olim  promissum  Carmen,  iambos 


13  tardi  M.  parW.  Peerlk.  wollte  puri. 


152  Q   HORATII  FI.ACCI 

ad  umbilicum  adducere. 

non  aliter  Samio  dicunt  arsisse  Bathyllo 
10    Anacreonta  Teium, 

qui  pereaepe  cava  testudine  flevit  amorem 

non  elaboratum  ad  pedem. 

ureris  ipse  miser:  quo  si  non  pulchrior  ignis 

aceendit  obsessam  Ilion; 
15    gaude  Sorte  tua;  me  libertina  neque  uno 

contenta  Phryne  macerat. 


XV. 

Nox  erat  et  caelo  fulgebat  luna  sereno 
inter  minora  sidera^ 

cum  tu  magnorum  numen  laesura  deorum 
in  verba  iurabas  mea, 
5    artius  atque  hedera  proeera  adstringitur  ilex 
lentis  adhaerens  bracx^biis, 
dum  pecori  lupus 

et  nautis  infestus  Orion 

10    turbarit  hibernum  mare^ 

intongosque  agitarit  ApoUinis  aura  capillog, 

fore  hunc  amorem  mutuum. 

0  dolitura  mea  multum  virtute  Neaera: 

nam  si  quid  in  Flaccö  viri  est, 
15    nbn  feret  adsiduas  potiori  te  dare  noctis, 

et  quaeret  iratus  parem: 

nee  semel  offensae  cedet  constantia  formae, 

si  certus  intrarit  dolor. 

et  tu,  quicumque  es  felicior  atque  meo  nunc 
20    superbus  incedis  malo, 

sis  pecore  et  multa  dives  tellure  licebit, 

tibique  Pactolus  fluat, 


7  Ueberliefemng  dum  pecori  lupus  et  nautis  infestus  Orion  turbarit 
hibernum  mare. 


EPODON  LIBER.  15.  16.  153 


nec  te  Pythagorae  fallant  arcana  renati, 
formaque  vincas  Nirea, 
2.'>    eheu  translatog  alio  maerebis  amores: 
ast  ego  vieissim  risero. 


XVI. 

Altera  iam  teritiir  belli»  civilibus  aetas, 

suis  et  ipsa  Roma  viribus  ruit. 

quam  neque  finitimi  valuenmt  pcrdere  Marsi 

minacis  aut  Etrusca  Porsenae  manuS; 
5    aemula  nec  virtus  Capuae  nec  Spartacus  acer 

novisque  rebus  infidelis  AUobrox, 

nec  fera  caerulea  domuit  Germania  pube 

parentibusque  abominatus  Hannibal, 

inpia  perdemus  devoti  sanguinis  aetas, 
10    ferisquc  rursus  occupabitur  solum. 

barbarus  heu  cineres  insistet  victor  et  urbem 

eques  sonante  verberabit  ungula, 

quacque  carent  ventis  et  solibus  ossa  Quirini 

(nefas  vidcre)  dissipabit  insolens. 
i'>    ferte  quod  expediat  communiter  aut  melior  pars 

malis  carere  quo  velit  laboribus. 

nuUa  sit  hac  potior  sententia,  Phocaeorum 

velut  profugit  cxsecrata  civitas 

agros  atque  laris  patrios  liabitandaque  fana 
20    apris  reliquit  et  rapacibus  lupis, 

ire  pedes  quocumque  ferent,  quocumque  per  undas 

notus  vocabit  aut  protervus  Africus. 

sie  placet  an  melius  quis  habet  suadere?  secunda 

ratem  occupare  quid  moramur  alite? 
25    sed  iuremus  in  haec:  simul  imis  saxa  renarint 

vadis  levata,  ne  redire  sit  nefas; 

neu  conversa  domum  pigeat  dare  lintea^  quando 

Padus  Matina  laverit  cacumiua, 


15  ferte.   forte.    16  qno  velit.   quaeritis. 


154  Q.  HORATII  PLACCI 

in  mare  seu  celsus  prrvouirerit  Appenninus, 
M)    novaque  monstra  iunxerit  libidine 

mirus  amor,  luvet  ut  tigris  subsidere  c^rvis 

adulteretur  et  coluraba  miliio, 

credula  nee  ravos  timeant  armenta  leoues, 

ametque  salsa  levis  hirciis  aequora. 
as    haec  et  quae  poterunt  reditus  abscindere  dulcis 

eamus  oranis  exseerata  civitaS; 

aut  pars  indocili  melior  grege;  raollis  et  exspes 

inominata  perpriraat  cubilia. 

vo8,  quibus  est  virtus,  miiliebrem  tollite  luctum 
40    Etrusca  praeter  et  volate  litora. 

üos  manet  Oceaiuis  cireumvagus :  arva,  beata 

petamus  arva  divites  et  insulas, 

reddit  ubi  Cererem  tellus  inarata  quotannis 

et  inputata  floret  usque  vinea, 
45    germinat  et  numquam  fallentis  termes  olivae, 

suamque  pulla  ficus  omat  arborem, 

mella  cava  manant  ex  ilice,  montibus  altis 

levis  erepante  lympha  desilit  pede. 

nulla  nocent  pecori  contagia^  nullius  astri 
50    gregem  aestuosa  torret  inpotentia. 

illic  iniussae  veniunt  ad  mulctra  capellae, 

refertque  tenta  grex  amicus  ubera; 

nee  vespertinus  eircuragemit  ursus  ovile, 

neque  intumeseit  alta  viperis  humus. 
55    pluraque  felices  mirabiraur:  ut  neque  largis 

aquosus  eurus  arva  radat  irabribus, 

pinguia  nee  siccis  urantur  semiua  glaebiS; 

utrumque  rege  temperante  eaelituni. 

non  huc  Argoo  contendit  remige  pinus, 
60    neque  inpudica  Colchis  intulit  pedem; 

non  huc  Sidonii  torserunt  cornua  nautae, 

laboriosa  nee  cohors  Ulixei. 

luppiter  illa  piae  secrevit  litora  genti; 


49.  50  stehen  gewöhnlich  als  61.  62  (hinter  Ulixei). 


EPODON  LIBER.  16.  17.  155 


ut  inquinavit  aere  tempus  aureum. 
65    (lira  dehiuc  ferro  duravit  saeciila.  quorum 
])ii8  seculula,  vate  ine,  datur  fuga. 


XVII. 

lam  iam  efficaci  do  inanus  scientiae, 
supplex  et  oro  regna  per  Proserpinae, 
per  et  Dianae  iiou  movenda  numina, 
per  atqiie  lihros  carminum  valentium 

5    refixa  caelo  devoeare  sidera, 

Cauidia,  parce  vocibus  tandcin  sacriS; 
eitumque  retro  solve,  solve  turbinera. 
movit  nepotem  Telephus  Nereium 
in  quem  superbus  ordinarat  agmina 

10    Mjsorum  et  in  quem  tela  aeuta  torserat. 
unxere  matres  Iliae  addictum  feris 
alitibus  atque  canibus  bomicidam  Hectorem, 
postquam  relictis  moeuibus  rex  proeidit 
bell  pervicacis  ad  pedes  Acbillei. 

15    setosa  duris  exuere  pellibus 
laboriosi  remiges  Ulixei 
volente  Circa  membra:  tune  mens  et  sonus 
relapsus  atque  notus  in  voltus  bonor. 
dedi  satis  superque  poenarum  tibi, 

20    amata  nautis  inultum  et  institoribus. 
fugit  iuventas,  et  vcrecundus  color 
reliquit  ora  pelle  amicta  liirida, 
tuis  capillus  albus  est  odoribus, 
nullum  a  labore  me  reclinat  otium; 

25    urguet  diem  nox  et  dies  noctem,  neque  est 
levare  tenta  spiritu  praecordia. 
ergo  negatum  vincor  ut  credam  miser, 
Sabella  pectus  increpare  carmina, 
caputque  Marsa  dissilire  neiüa. 

30    quid  amplius  vis?  o  mQire;  o  terra,  ardeo 

65  dira.  aere  und  aerea. 


156  Q.  IIORATII  FLACCI 

quantum  neque  atro  delibutu8  Hercules 
Nessi  cniore  nee  Sicana  fervida 
furens  in  Aetna  flamma;  tua,  donec  einig 
iniuriosis  aridus  ventis  ferar, 

35    calet  venenis  offieina  Colchicis? 

quae  finis  aut  quod  me  manet  Stipendium? 
effare:  iussas  cum  fide  poenas  luam, 
paratus  expiare,  seu  poposceris 
centum  iuvencos,  sive  mendaci  lyra 

40    voles  sonari,  tu  pudica,  tu  proba 
perambulabis  astra  sidus  aureum. 
infamis  Helenae  Castor  offensus  vic«, 
fraterque  magni  Castoris,  victi  prece 
adempta  vati  reddidere  lumina: 

45    et  tu,  potes  nam,  solve  me  dementia, 
0  nee  patemis  obsoleta  sordibus, 
neque  in  scpulcris  pauperum  pnidens  anus 
novendialis  dissipare  pulveres. 
tibi  hospitale  pectus  et  purae  manus, 

60    tuusque  venter  Pactumeius,  et  tuo 
cruore  rubres  obstetrix  pannos  lavit, 
uteumque  fortis  exsilis  puerpera. 
'quid  obseratis  auribus  fundis  prec^? 
non  saxa  nudis  surdiora  navitis 

65    Neptunus  alto  tundit  hibemus  salo. 
inultus  ut  tu  riseris  Cotyttia 
volgata,  sacrum  liberi  Cupidinis, 
et  Esquilini  pontifex  venefici 
inpune  ut  urbem  nomine  inpleris  meo? 

60    quid  proderat  ditasse  Paelignas  anus, 
velociusve  miseuisse  toxicum? 
sed  tardiora  fata  te  votis  manent ; 
ingrata  misero  vita  ducenda  est  in  hoc, 
novis  ut  usque  suppetas  laboribus. 

65    optat  quietem  Pelopis  infidi  pater. 


32.  34  tua  calet  B.  tu  'auch  tum)  cales  fauch  calens). 


EPODON  LIBER.   17.  157 


cgcns  beuignao  Tantalus  semper  dapis, 
optat  Prometheus  obligatus  aliti, 
optat  supremo  collocare  Sisyphus 
in  monte  saxum:  sed  vetaiit  leges  lovis. 
0    volcB  modo  altis  desilire  turribus, 
modo  ense  pectus  Norioo  recludere, 
fru8traque  viiicla  «cutturi  nectes  tuo 
fastidiosa  tristis  aegrinionia.    - 
vectabor  umeris  tunc  ego  inimicis  eques, 
meaeque  terra  cedet  insolentiae. 
an  quac  movere  cereas  imagines^ 
ut  ipse  nosti  curiosus,  et  polo 
deripere  lunam  vocibus  possim  meijj, 
possim  crematos  excitare  mortuos, 
so  desiderique  temperare  pocula, 

plorem  artis  in  te  uil  agentis  exitus? 


4  0 


."!> 


Q.  H0RAT4I  FLACCI 

SATIRARUM 

LIBER  PRIMUS. 
I. 

Qui  fit,  Maecenas,  ut  nemo,  quam  8ibi  sort^m 
seil  ratio  dederit  seu  fors  obiecerit,  illa 
contentus  vivat,  laudet  diversa  sequentis? 
'o  fortunati  mercatores'  gravis  annis 

5    miles  ait  multo  iam  fractiis  membra  labore. 
contra  mercator,  navim  iactantibus  austris, 
'militia  est  potior,    quid  enim?  concurritur:  horae 
momento  cita  mors  venit  aut  victoria  laeta/ 
agrieolam  laudat  iuris  legumque  peritus, 

10    sub  galli  cantum  eonsultor  ubi  ostia  pulsat. 

ille,  datis  vadibus  qui  rure  extractus  in  urbem  est, 
solos  felicis  viventis  clamat  in  urbe. 

m 

cetera  de  genere  hoc,  adeo  sunt  multa,  loquacem 
delassare  valent  Fabium.  ne  te  morer,  audi 

15    quo  rem  deducam.  si  quis  deus  'en  ego*  dieat 
*iam  faeiam  quod  voltis:  eris  tu,  qui  modo  miles, 
mercator;  tu,  consultus  modo,  rusticus:  hinc  vos, 
vos  hinc  mutatis  discedite  ])artibu8.    eia. 
quid  statis?'  nolint.    atqui  licet  esse  beatis. 

20    quid  causac  est,  merito  quin  illis  luppiter  ambas 
iratus  buccas  inflet  neque  se  fore  posthac 
tam  facilem  dicat,  votis  ut  praebeat  aurem? 
praeterea,  ne  sie  ut  qui  iocularia  rideng 
percurram:  quamquam  ridentem  dicere  verum 


SATIRARÜM  LIB.  1.  1.  159 


20 


quid  vetat?  ut  pueris  olim  dant  erustula  blandi 
doctores,  elementa  velint  ut  discere  prima: 
sed  tarnen  amoto  quaeramus  seria  ludo. 
ille  gravem  duro  tcrrain  qui  vertit  aratro, 
perfidus  hie  eaupo,  miles  nautaeque  per  omne 

30    audaces  mai*e  qui  eurrunt,  hae  mente  laborem 
sese  ferre,  senes  ut  in  otia  tuta  reeedant, 
aiunt,  cum  sibi  sint  congesta  ^baria:  sicut 
parvola  (nam  exemplo  est)  magni  formica  laboris 
ore  trahit  quodcumque  potest  atque  addit  acervo 

:^'>    quem  struit,  haud  ignara  ac  non  incauta  futuri. 
quae,  simul  inversum  eontristat  aquarius  annum, 
non  usquam  prorepit  et  illis  utitur  ante 
(luaesitis  sapiens,  cum  te  neque  fervidus  aestus 
dcmoveat  lucro,  neque  hiems,  ignis,  mare,  ferrum, 

40    nil  obstet  tibi,  dum  ne  sit  te  ditior  alter. 

([uid  iuvat  inmensum  te  argenti  pondus  et  auri 
furtim  defossa  timidum  deponere  terra? 
'quod,  si  conminuas,  vilem  redigatur  ad  assem/ 
at  ni  it  fit,  quid  habet  pulehri  constructus  acervus? 

4')    milia  frumenti  tua  triverit  area  centum, 

non  tuus  hoc  capiet  venter  plus  ac  meus:  ut  si 
reticulum  panis  venalis  inter  onusto 
forte  vehas  umero,  nihilo  plus  accipias  quam 
<iui  nil  ])ortarit.  vel  die  quid  referat  intra 

o(»    naturae  finis  viventi,  iugera  centum  an 

mille  aret?  'at  suave  est  ex  magno  tollere  acervo.* 
dum  ex  parvo  nobis  tantundem  haurire  relinquas, 
cur  tua  plus  laudes  cumeris  granaria  nostris? 
ut  tibi  si  sit  opus  liquidi  non  amplius  urna 

'>:>    vel  cyatho,  et  dicas  'magno  de  flumine  malim 
(juam  ex  hoc  fonticulo  tantundem  sumere.'  eo  fit, 
plenior  ut  si  quos  delectet  copia  iusto, 
cum  rii)a  siraul  avolsos  ferat  Aufidus  acer. 
at  qui  tantuli  eget  quanto  est  opus,  is  neque  limo 

00    turbatam  haurit  aquam,  neque  vitam  amittit  in  undis. 
at  bona  pars  hominum  decepta  cu pidine  falso 


lÜO  a  HORATII  FLACCI 

'nil  satis  est'  inquit;  'quia  taiiti  quantum  habeas  sis.^ 
quid  facias  illi?  iubeas  miserum  esse,  libenter 
quatenus  id  faeit:  ut  quidam  memoratur  Athenis 

65    sordidus  ac  dive»,  populi  contemiiere  voces 
sie  solituS;  'populus  nie  sibilat;  at  mihi  plaudo 
ipse  domi,  simul  ac  nummos  contemplor  in  arca.' 
Tantalus  a  labris  sitiens  fu^entia  captat 
flumina  —  quid  rides?  mutato  nomine  de  te 

70    fabula  narratur:  congestis  undique  saccis 
indomiis  inhians,  et  tamquam  parcere  sacris 
cogens  iiut  pictis  tamquam  gaudere  tabellis. 
nescis  quo  valeat  nummug,  quem  praebeat  usum? 
panis  ematur,  olus,  vini  sextarius,  adde 

75    quis  liumana  sibi  doleat  natura  negatis. 

an  vigilare  metu  exanimem,  noctesque  diesque 
formidare  malos  fures,  incendia,  senos, 
ne  te  conpilent  fugientes,  hoc  iuvat?  horum 
semper  ego  optarim  pauperrimus  esse  bonorum. 

80    at  si  condoluit  temptatum  frigore  corpus, 
aut  alius  casus  lecto  te  adfixit,  habes  qui 
adsideat,  fomenta  paret,  medicum  roget,  ut  te 
suscitet  ac  natis  reddat  carisque  propinquis? 
non  uxor  salvum  te  volt,  non  filius;  omues 

85    vicini  oderunt,  noti,  pueri  atque  puellae. 
miraris^  cum  tu  argento  post  omnia  ponas, 
si  nemo  praestct  quem  non  merearis  amorem? 
at  si  cognatos,  nullo  natura  Labore 
quos  tibi  dat,  rctinere  velis  servarcque  amicos, 

!io    infelix  operam  perdas,  ut  si  cjuis  aselluni 
in  campo  doceat  parentcm  currere  frenisV 
deniciue  sit  iinis  quaerendi,  cumque  habeas  pluS; 
pauperiem  metuas  minus,  et  finire  laboreni 
incipias  parto  (juod  avebas;  ne  facias  quod 

\ib    Ummidius  quidam.  non  longa  est  fabula.  dives 
ut  .metiretur  nummos,  ita  sordidus  ut  se 
non  umquam  servo  melius  vestiret,  ad  usquo 
supremum  tempus  ne  se  penuria  victus 


SATIEARÜM  LIB.  I.  1.  2.  161 

opprimeret  metuebat.  at  hunc  liberta  securi 

lOö    divisit  medium,  fortissima  Tyndaridarum. 

'quid  mi  igitur  suades?  ut  vivam  Naevius  aut  sie 
ut  Nomentanus?'  pergis  pugnantia  secum 
frontibus  adversis  conponere.  non  ego  ayanim 
cum  Veto  te  fieri,  vappam  iubeo  ac  nebulonem. 

105    est  inter  Tanain  (}uiddam  Bocerumque  Viselli: 
est  modus  in  rebus,  sunt  certi  denique  fines, 
quos  ultra  eitraque  nequit  consistere  rectum, 
illuc  unde  abii  redeo,  qui  nemo,  ut  avarus, 
se  probet  ac  potius  landet  diversa  sequentis, 

110    quodque  aliena  capella  gerat  distentius  über, 
tabescat,  neque  se  maiori  i)auperiorum 
turbae  comparet,  liunc  atque  hunc  superare  laboret. 
sie  festinanti  semjjer  locupletior  obstat, 
ut,  cum  carceribus  missos  rapit  ungula  eurrus, 

115    instat  equis  auriga  suos  vincentibus,  illum 
praeteritum  temnens  extremos  inter  euntem. 
in  de  fit  ut  raro  qui  se  vixisse  beatum 
dicat  et  exacto  contentus  tempore  vita 
ccdat,  uti  conviva  satur,  reperire  queamus. 

120    iam  satis  est.    ne  me  Gris])ini  serinia  lippi 
conpilasse  putcs,  vcrbum  non  amplius  addam. 


IL 

Ambubaiarum  collegia,  pharmacopolae, 
mendici,  mimae,  balatrones,  boc  genus  omne 
macstum  ac  sollicitum  est  cantoris  morte  Tigelli. 
quippe  benignus  erat,  contra  hie,  ne  prodigus  esse 

5    dicatur  metuens,  inopi  dare  nolit  amico, 
frigus  quo  duramque  famem  propellere  possit. 
liunc  si  perconteris,  avi  cur  atque  parentis 
praeclaram  ingrata  stringat  malus  ingluvie  rem, 
omnia  conductis  coemens  obsonia  nummis, 

10    sordidus  atque  animi  quod  parvi  nolit  haberi, 

liRHBfl,  Horatius.  11 


162  Q   HORATII  FLACCI 

respondet.   laudatur  ab  his^  culpatur  ab  illis. 
Fufidius  vappac  famam  timet  ac  nebulonis 

dires  agris,  dives  positis  in  fenore  nummis: 
quinas  hie  capiti  mercedes  exsecat,  atque 

15    quanto  perditior  quisqiie  est,  tanto  aerius  urguet; 
nomina  seetatur,  modo  sumpta  veste  virili, 
sub  patribuB  duris  tironum.  ^maxime'  quis  non 
'luppiter   exelamat,  siinul  atque  audivit.  'at  in  se 
pro  quaestu  sumptum  faeit  hie.'  vix  eredere  possis, 

20    quam  sibi  non  sit  amieus,  ita  ut  pater  ille,  Terenti 
fabula  quem  migerum  gnato  vixisse  fugato 
indueit.    non  se  peius  cruciaverit  atque  hie. 
ei  quis  nunc  quaerat  *^quo  res  haec  pertinet?'  illuc: 
dum  vitant  stulti  vitia,  in  contraria  currunt. 

25    Malthinus  tunicis  demissis  ambulat;  est  qui 
inguen  ad  obscaenum  subductis  usque  facetus. 
pastillos  Rufillus  olet;  Gargonius  hircum. 
nil  medium  est.  sunt  qui  nolint  tetigisse  nisi  illas 
quarum  subsuta  talos  tegat  instita  veste: 

30    contra  alius  nullam  nisi  olenti  in  fomice  stantem. 
quidam  notus  homo  cum  cxiret  fornice,  ^macte 
virtute  esto'  inquit  sententia  dia  Catonis: 
'nam  simul  ac  venas  inflavit  taetra  libido, 
huc  iuvenes  aequum  est  descendere,  non  alienas 

35    permolere  uxores.'  'nolim  laudarier   inquit 
*sic  me'  mirator  cunni  Cupienniua  albi. 
audire  est  operae  pretium,  procedere  recte 
qui  moechis  rem  voltis,  ut  omni  parte  laborent, 
utque  illis  multo  corrupta  dolore  voluptas 

40    atque  haec  rara  cadat  dura  inter  saepe  pericla. 
hie  se  praecipitem  tecto  dedit;  ille  flagellis 
ad  mortem  caesus;  fugiens  hie  decidit  acrem 
praedonum  in  turbam;  dedit  hie  pro  corpore  nummoB; 
hunc  perminxenint  ea^lones;  quin  etiam  illud 


13  Haupt.     Aus  ars  p.  421.         3S  moechis  rem  M.   moechos  non. 
M.  weist  auf  die  Verse  des  Eunius  bei  dem  Schol. 


i^ 


SATIRARUM  LIB.  I.  2.  163 

4.')    accidit,  ut  cuidam  testis  caudamque  salacem 
(lemeteret  fcrrum.  Mure'  omnes :  Galba  negabat. 
tutior  at  quanto  merx  est  in  classe  secunda, 
libertinariim  dico:  Sallustius  in  quas 
non  minus  insanit  quam  qui  moechatur.  at  hie*  si, 

ro    (jua  res,  qua  ratio  suaderet,  quaque  modeste 
munifico  esse  licet,  vellet  bonus  atque  benignus 
esse,  daret  quantum  satis  esset,  nee  sibi  damno 
dedecorique  foret.    verum  hoc  se  amplectitur  uno, 
hoc  amat  et  laudat,  'matronam  nullam  ego  tango/ 

55    ut  (fuondam  Marsaeus,  amator  Originis  ille, 
qui  patrium  miniae  donat  fundumque  laremque, 
*nil  fucrit  mi'  inquit  Vum  uxoribus  umquam  alienis/ 
verum  est  cum  mimis,  est  cum  meretricibus ;  unde 
fama  malum  gravius  quam  res  trahit.  an  tibi  abunde 

r>')    personam  satis  est,  non  illud,  (juidquid  ubique 
officit,  cvitare?  bonam  deperdcre  famam, 
rem  patris  oblimare,  malum  est  ubicumque.  quid  inter 
est  in  matrona,  ancilla  peccesne  togata? 
Villius  in  Fausta  SuUae  gener,  hoc  miser  uno 

65    nomine  deceptus,  poenas  dedit  usque  superque 
(|uam  satis  est,  pugnis  caesus  ferroque  petitus, 
exchisus  fore,  cum  Longarenus  foret  intus, 
huic  si  mutonis  verbis  mala  tanta  videnti 
diccret  haec  animus  'quid  vis  tibi?  numquid  ego  a  te 

70    magno  prognatum  deposco  consule  cunnum 
velatumciue  stola,  mea  cum  conferbuit  ira?* 
quid  responderet?  'magno  patre  nata  puella  est/ 
at  quanto  meliora  monet  pugnantiaque  istis 
(lives  opis  natura  suae,  tu  si  modo  recte 

T5    dispensare  velis  ac  non  fugienda  petendis 
inmiscere.  tuo  vitio  rerumne  labores, 
nil  refci-re  putas?  (piare,  ne  paeniteat  te 
dcsine  matronas  seetarier,  unde  laboris 
plus  haurire  mali  est  quam  ex  re  decerpere  fructus. 

80    nee  magis  huic,  inter  niveos  viridisque  lapillos 

sit  licet,  hoc,  Cerinthe,  tuo  tenerum  est  femur  aut  cnis 

11* 


164  tt.  HORAXn  FLACCI 

rectiuB;  atque  etiam  melius  persaepe  togatae  est. 
adde  huc  quod  mereem  sine  fucis  gestat;  aperte 
quod  venale  habet  ostendit;  nee  siquid  honesti  est 

S5    iactat  habetque  palani;  quaerit  quo  turpia  celet. 
regibus  hie  mos  est,  ubi  equos  mercantur:  opertoB 
inspieiunt,  ne  si  facies,  ut  saepe,  decora 
moUi  fulta  pede  est;  emptorem  inducat  hiantem, 
quod  pulchrae  clunes,  breve  quod  caput,  ardua  cervix. 

90    hoe  illi  recte:  ne  coq)oris  optima  Lyncei 

contemplere  oeulis,  Hypsaea  caecior  illa  : 

quae  mala  sunt  spectes.  *o  crus,  o  bracchia!*  verum 
depugis,  nasuta^  brevi  latere  ac  pede  longo  est. 
matronae  praeter  faciem  nil  cemere  possis, 

95    cetera,  ni  Catia  est,  demissa  veste  tegentis. 
si  interdieta  petes,  vallo  eircumdata  (nam  te 
hoc  facit  insanuni)  multae  tibi  tum  officient  res. 
custodes,  lectica,  ciniflones,  parasitae, 
ad  talos  stola  demissa  et  eircumdata  palla, 

100    plurima,  quae  invideant  pure  adparere  tibi  rem. 
altera,  nil  obstat;  Cois  tibi  paene  videre  est 
ut  nudam,  ne  crure  malo,  ne  sit  pede  turpi; 
metiri  possis  oculo  latus,    an  tibi  mavis 
insidias  fieri  pretiumque  avellier  ante 

105    quam  mereem  ostendi?  'leporem  venator  ut  alta 
in  nive  sectetur,  positum  sie  tangere  nolit' 
cantat,  et  adponit  'mens  est  amor  huic  similis:  nam. 
transvolat  in  medio  posita  et  fugientia  captat.' 
hiscine  versiculis  speras  tibi  posse  dolores 

110    atque  aestus  curasque  gravis  e  pectore  toUi? 
nonne,  cupidinibus  statuat  natura  modum  quem, 
quid  latura,  sibi  quid  sit  dolitura  negatum, 
quaerere  plus  prodest  et  inane  abscindere  soldo? 
num,  tibi  cum  faucis  urit  sitis,  aurea  quaeris 

115    pocula?  num  esuriens  fastidis  omnia  praeter 

pavonem  rhombumque?  tument  tibi  cum  inguina,  nmn,  8i 
ancilla  aut  verna  est  praesto  puer,  impetus  in  quem 
eontinuo  fiat,  malis  tentigine  rumpi? 


SATIRARÜM  LIB.  I.  2.  3-  165 

non  ego:  namque  parabilem  amo  Venerem  facilemque. 

120    illam  'post  paullo;  sed  pluris:  si  exierit  vir 

Gallis,  hanc  Philodemus  ait  sibi  quae  neque  magno 
stet  pretio  neque  eunctetur,  cum  est  iussa  venire. 
Candida  rectaque  sit;  munda  hactenus  ut  neque  longa 
nee  magis  alba  velit  quam  dat  natura  videri. 

125    haee  ubi  supposuit  dextro  corpus  mihi  laevum, 
Ilia  et  Egeria  est;  do  nomen  quodlibet  illi, 
nee  vereor  ne,  dimi  futuo,  vir  rure  recurrat,     * 
ianua  (raugatur,  latret  canis,  undique  magno 
pulsa  domus  strepitu  resonet,  vepallida  lecto 

130    desiliat  mulier,  miseram  se  conscia  clamet, 

cruribus  haec  metuat,  doti  deprensa,  egomet  nii. 
discincta  tunica  fugiendum  est  ac  pede  nudo, 
ne  nummi  pereant  aut  puga  aut  denique  fama. 
deprendi  miserum  est:  Fabio  vel  iudice  vincam. 


III. 

Omnibus  hoc  vitium  est  cantoribuS;  inter  amicos 
ut  nunquam  indueant  animum  cantare  rogati, 
iniussi  numquam  desistant.   Sardus  habebat 
ille  Tigellius  hoc.  Caesar,  qui  cogere  posset, 

5    si  peteret  per  amicitiam  patris  atque  suam,  non 
quicquam  proficeret;  si  conlibuisset,  ab  ovo 
usque  ad  mala  citaret  'io  bacchae',  modo  summa 
voce,  modo  hac,  resonat  quae  chordis  quattuor  ima. 
nil  aequale  homini  fuit  illi:  saepe  velut  qui 

10    currebat  fugiens  hostem,  persaepe  velut  qui 
lunonis  sacra  ferret;  habebat  saepe  ducentos, 
saepe  decem  servos;  modo  reges  atque  tetrarchas, 
omnia  magna  loquens,  modo  ^sit  mihi  mensa  tripes  et 
concha  salis  puri  et  toga  quae  defendere  frigus 

15    quam  vis  crassa  queat;'  decies  centena  dedisses 
huic  parco,  paucis  contento,  quinque  diebus 
nil  erat  in  loculis;  noctis  vigilabat  ad  ipsum 
mane,  diem  totum  stertebat;  nil  fuit  unquam 


106  Q.  HORATII  FLACCI 

sie  inpar  sibi.  nunc  aliquis  dicat  mihi  'quid  tu? 

20    nullane  habes  vitia?'  immo  aio:  et  fortasse  minora« 
Maenius  absentem  Novium  cum  carperet,  'heus  tu 
quidam  ait,  'ignoras  te  an  ut  ignotum  dare  nobis 
verba  putas?*  'egomet  mi  ignosco'  Maenius  inquit. 
stultus  et  inprobus  hie  amor  est  dignusque  notari. 

25    cum  tua  pervideas  oculis  mala  lippus  inunctis, 
cur  in  amicorum  vitiis  tam  cemis  acutum 
quam  aut  aquila  aut  serpens  Epidaurius?  at  tibi  contra 
evenit,  inquirant  vitia  ut  tua  rursus  et  illi. 
iracundior  est  paullo,  minus  aptus  acutis 

3i»    naribus  honim  hominum;  rideri  possit  eo  quod 
rusticius  tonso  toga  defluit  et  male  laxus 
in  pede  calceus  haeret:  at  est  bonus^  ut  melior  vir 
non  alius  quisqimm,  at  tibi  amicus^  at  ingenium  ingens 
inculto  latet  hoc  sub  corpore,  denique  te  ipsum 

35    concute,  numqua  tibi  vitiorum  inseverit  olim 
natura  aut  etiam  consuetudo  mala:  uamque 
neglectis  urenda  filix  innascitur  agris. 
illuc  praerertamur^  amatorem  quod  amicae 
turpia  decipiunt  caecum  vitia,  aut  etiam  ipsa  haec 

40    delectant,  veluti  Balbinum  polypus  Hagnae. 
vellem  in  amicitia  sie  erraremus,  et  isti 
errori  nomen  virtus  posuisset  honestum. 
at  pater  ut  guati,  sie  nos  debemus  amici 
siquod  Sit  Vitium  non  fastidire.  straboneni 

45    adpellat  paetum  pater,  et  pullum,  male  parvus 
si  cui  filius  est,  ut  abortivus  fuit  olim 
Sisyphus;  hunc  varum  distortis  cruribus,  illum 
balbutit  scaurum,  pravis  fultum  male  talis. 
parcius  hie  vivit :  frugi  dicatur.     ineptus 

50  et  iactantior  hie  paullo  est;  concinnus  amicis 
postulat  ut  videatur.  at  est  truculentior  atque 
plus  aequo  liber:  simplex  fortisqne  habeatur. 
caldior  est:  acris  inter  numeretur.  opinor, 


20  aio.    alia. 


SATIRARÜM  LIB.  I.  3.  167 

haec  res  et  iuiigit,  iuiietos  et  servat  amieos. 

55    at  no8  virtutes  ipsas  invertimus  atque 

sincerum  cupimus  vas  incnistare.   probus  quia 
nobiscum  vivit,  multum  demissus  liomo  ille: 
tardo  et  cognomen  piugui  damus.  lue  fugit  omnig 
insidias  nullique  malo  latus  obdit  apertum, 

60    cum  genug  hoc  inter  vitae  versemur,  ubi  acrig 
invidia  atque  vigent  ubi  erimina:  pro  bene  sano 
ac  non  ineauto  fietum  astutumque  vocamug. 
simplicior  quis  et  est  qualem  me  saepe  libenter 
o])tulerim  tibi,  Maecenas,  ut  forte  legentem 

«5    aut  tacitum  inpellat  quovis  sermone:  molegtug; 
communi  sengu  ])lane  caret,  inquimus.  ebeu 
quam  temere  in  nogmet  legem  gancimug  iniquam! 
nam  vitiig  nemo  sine  nagcitur:  optimug  ille  egt, 
qui  minimis  urguetur.  amicug  dulcig,  ut  aequum  egt, 

70    cum  mea  conpenset  vitiig  bona,  pluribug  higee, 
si  modo  j)lura  mihi  bona  gunt,  inclinet,  amari 
si  volet:  hac  lege  in  trutina  ponetur  eadem. 
qui  ne  tuberibug  propriig  offendat  amicum 
])ostulat,  ignogcet  vemicig  illiug:  aequum  egt 

75    pcccatig  veniam  pogcentem  reddere  rurgug. 
denique,  quatenus  excidi  penitug  vitium  irae, 
cetera  item  nequeunt  gtultis  haerentia,  cur  non 
])onderibus  moduligque  guig  ratio  utitur,  ac  reg 
ut  quaeque  est  ita  suppliciis  delicta  coercet? 

so    siquis  cum  servum,  patinam  qui  tollere  iuggug 
semesos  piscis  tepidumque  ligurrierit  ius, 
in  cruce  suffigat,  Labcone  inganior  inter 
sanos  dicatur.    quanto  hoc  furiosiug  atque 
maius  peccatum  egt!  paullum  deliquit  amicus 

85    fquod  nisi  concedas,  habeare  inguavig):  acerbug 
odigti  et  fugis  ut  Rusonem  debitor  aerig, 
qui  nigi,  cum  trigtes  misero  venere  calendae, 
mercedem  aut  nummos  unde  unde  extricat,  amarag 


58  Ueberlieferung  ohne  Partikel.    B.  schob  ac  ein,  Haupt  et. 


168  Q*  HORATII  FLACCl 

porrecto  iugulo  historias  captivus  ut  audit. 

90    conminxit  lectiim  potus  mensave  catilliim 
Euandri  manibus  tritum  deiecit:  ob  hanc  rem, 
aut  positum  ante  mea  quia  pullum  in  parte  catini 
sustulit  esurienS;  minus  hoc  iucundus  amicus 
git  mihi?  quid  faciam,  si  furtum  fecerit,  aut  si 

95    prodiderit  conmissa  fide  sponsumve  negarit? 
quis  paria  esse  fero  plaeuit  peccata,  laborant, 
cum  Tantum  ad  verum  est:  sensus  moresque  repu^ant^ 
atque  ipsa  utilitas,  iusti  prope  matcr  et  aequi. 
cum  prorepserunt  primis  animalia  terris, 

100    mutum  et  turpe  pecus,  glandem  atque  cubilia  propter 
unguibus  et  pugnis,  dein  fustibus,  atque  ita  porro 
pugnabant  armis  quae  post  fabrieaverat  usus; 
donec  verba,  quibus  voces  sensusque  notarent, 
nominaque  invenere:  dehinc  absistere  hello, 

105    oppida  coeperunt  muntre,  et  ponere  leges, 
ne  quis  für  esset,  neu  latro,  neu  quis  adulter. 
nam  fuit  ante  Helenam  cunnus  tueterrima  belli 
causa;  sed  ignotis  perierunt  mortibus  illi, 
quos  Venerem  incertam  rapientes  more  ferarum 

110    viribus  editior  caedebat  ut  in  grege  taurus. 
iura  inventa  metu  iniusti  fateare  necesse  est, 
tempora  si  fastosque  velis  evolvere  mundi. 
nee  natura  potest  iusto  secernere  iniquum, 
dividit  ut  bona  diversis,  fugienda  petendis, 

115    nee  vincet  ratio  hoc,  tantundem  ut  peccet  idemque 
qui  teueres  caulis  alieni  fregerit  horti 
et  qui  noctumus  sacra  divum  legerit.   adsit 
regula,  peccatis  quae  poenas  inroget  aequas, 
ne  scutica  dignum  horribili  sectere  flagello.' 

120    nam  ut  ferula  caedas  meritum  maiora  subire 
verbera  non  vereor,  cum  dicas  esse  paris  res 
furta  latrociniis  et  magnis  parva  mineris 
falce  recisurum  simili  te,  si  tibi  regnum 
permittant  homines.   si  dives,  qui  sapiens  est, 

125    et  sutor  bonus  et  solus  formosus  et  est  rex, 


SATIRARUM  LIB.  I.  3.  4.  169 

cur  optas  quod  habes?  'non  nosti  quid  pater*  inquit 
'Chrysippus  dicat.   sapiens  crepidas  sibi  numquam 
nee  soleas  fecit:  sntor  tarnen  est  sapiens/  qui? 
'ut  quamvis  tacet  Hermogenes,  cantor  tarnen  atque 

130    optimus  est  modulator;  ut  Alfenus  vafer,  omni 
abiecto  instrumento  artis  elausaque  tabema, 
tonsor  erat;  sapiens  operis  sie  optimus  omnis 
est  opifex  solus,  sie  rex.*  vellunt  tibi  barbam 
lascivi  pueri;  quos  tu  nisi  fuste  coerces, 

i:tö    urgueris  turba  circum  te  staute,  miserque 
rumperis  et  latras,  magnorum  maxime  regum. 
ne  longum  faciam:  dum  tu  quadrante  lavatum 
rex  ibis  neque  te  quisquam  stipator  ineptum 
praeter  Crispinum  seetabitur,  et  mihi  dulces 

140    ignoscent,  siquid  peecaro  stultus,  amici, 
inque  vicem  illorum  patiar  delicta  libenter, 
privatusque  magis  vivam  te  rege  beatus. 


IV. 

Eupolis  atque  Cratinus  Aristophanesque  poetae 
atque  alii  quorum  comoedia  prisca  virorum  est, 
siquis  erat  dignus  describi;  quod  malus  ac  für, 
quod  moechus  foret  aut  sicarius  aut  alioqui 

5    famosus,  multa  cum  libertate  notabant. 
Iiinc  omnis  pendet  Lucilius,  liosce  secutus, 
mutatis  tantum  pedibus  numerisque.    facetus, 
emunctae  naris,  durus  conponere  versus, 
cum  flueret  lutulentus  erat  quod  tollere  velles. 

10    nam  fuit  hoc  vitiosus:  in  hora  saepe  ducentos, 
ut  magnum,  versus  dictabat  stans  pede  in  uno; 
garrulus  atque  piger  scribendi  ferre  laborem, 
scribendi  recte;  nam  ut  multum,  nil  moror.   ecee 
Crispinus  nummo  me  provocat :  'accipe,  si  vis, 

15    accipiam  tabulas:  detur  nobis  locus,  hora, 

8  steht  gewöhnlich  hinter  ut  magnum  —  10.  14  nummo   B. 

minimo. 


170  Q,  HORATIl  FLACCI 

eustodes;  videamug  uter  plus  scribere  possit/ 
di  bene  fecerunt  inopis  me  quodque  pusilli 
finxerunt  animi,  raro  et  perpauca  loquentis: 
at  tu  conclusas  hireinis  follibus  auras^ 

20    uBque  laborantig  dum  ferrum  molliat  ignis, 
ut  mavis,  imitare.    beatus  Fannius  ultro 
delatis  capsig  et  imagine,  cum  mea  nemo 
scripta  legat  volgo  recitare  timentis  ob  hanc  rem 
quod  gunt  quos  genug  hoc  minime  iuvat,  utpote  pluris 

25    culpari  dignos.    quemvig  media  elige  turba: 
aut  ab  avaritia  aut  misera  ambitione  laborat. 
hie  nuptarum  inganit  amoribug,  hie  puerorum; 
hunc  capit  argenti  splendor;  stupet  Albiug  aere ; 
hie  mutat  mereig  gurgente  a  gole  ad  eum  quo 

50    vegpertina  tepet  regio,  quin  per  mala  praeceps 
fertur  uti  pulvig  eollectug  turbine,  nequid 
gumma  deperdat  metueng  aut  ampliet  ut  rem: 
omneg  hi  metuunt  vereug,  ödere  poetas. 
'foenum  habet  in  cornu,  longe  fuge:  dummodo  risum 

85    excutiat  gibi,  non  hie  cuiquara  paroet  amico; 
et  quodcumque  gemel  chartig  inleverit,  omnig 
gegtiet  a  furno  redeuntig  gcire  lacuque, 
et  puerog  et  anug.*   agedum,  pauca  accipe  contra, 
primum  ego  me  illorum,  dederim  quibug  egge  poetis, 

I«    oxcerpam  numero:  neque  enim  concludere  vergum 
dixerig  egge  gatig;  neque  giqui  gcribat  uti  nog 
Hormoni  propiora,  putes  bunc  egge  poetam. 
Ingenium  cui  git,  cui  meng  divinior  atque  og 
magna  gonaturum,  deg  nominig  huiug  honorem. 

45    idcirco  quidam  comoedia  necne  poema 
CHget  quaegivere,  quod  acer  spiritus  ac  vig 
noc  verbis  nee  rebug  inegt,  nigi  quod  pede  certo 
differt  germoni  germo  merug.;  'at  pater  ardeng 
gaevit,  quod  meretrice  nepog  inganug  amica 

50    filiug  uxorem  grandi  cum  dote  recuget, 

ebriug  et,  magnum  quod  dedecus,  ampulet  ante 
noctem  cum  facibug.^    numquid  Pomponiug  igtig 


SATIRARUM  LIB.  I.  4.  171 

audiret  leviora,  pater  si  viveret?  ergo 

non  satis  est  puris  versum  perscribere  verbis, 

55    quem  si  dissolyas,  quivis  stomachetur  eodem 
quo  personatus  pacto  pater.   bis,  ego  quae  nunc, 
olim  quae  scripsit  Lucilius,  eripias  si 
tenipora  certa  modosque  et  quod  prius  ordine  verbum  est 
posterius  facias,  praeponens  ultima  primis; 

60    non,  ut  si  solvas  'postquam  Discordia  taetra 
belli  ferratos  postis  portasque  refregit,' 
invepias  etiam  disiecti  membra  poetae. 
liaetenus  baec:  alias  iustum  sit  neene  poema. 
nunc  illud  tantum  quaeram,  meritone  tibi  sit 

()5    suspectum  genus  hoc  scribendi.   Sulcius  acer 
ambuiat  et  Caprius,  rauci  male  cumque  libellis, 
magnus  uterque  timor  latronibus:  at  bene  si  quis 
et  vivat  i)uris  manibus,  contemnat  utrumque. 
ut  sis  tu  similis  Caeli  Birrique  latronum, 

70    non  ego  sum  Capri  neque  Sulci:  cur  metuas  me? 
nulla  taberna  meos  habeat  neque  pila  libellos, 
quis  manus  insudet  volgi  Hermogenisque  Tigelli. 
nee  reeito  cuiquam  nisi  amicis,  idque  coactus, 
non  ubivis  coramve  quibuslibet.    in  medio  qui 

75    scripta  foro  recitent  sunt  multi  quique  lavantes: 
suave  locus  voci  resonat  conclusus.   inanis 
hoc  iuvat,  haud  illud  quaerentis,  num  sine  sensu, 
tempore  num  faciant  alieno.  Maedere  gaudes' 
inquit,  'et  hoc  studio  pravos  facis.*   unde  petitum 

80    hoc  in  me  iacis?  est  auctor  quis  denique  eorum 
vixi  cum  quibus?  absentem  qui  rodit  amicum, 
qui  non  defen^it  alio  culpante,  solutos 
qui  captat  risus  hominum  famamque  dicacis, 
fingere  qui  non  visa  potest,  conmissa  tacere 

85    qui  nequit,  hie  niger  est,  hunc  tu,  Bomane,  caveto. 
saepe  tribus  lectis  videas  cenare  quaternos, 
e  quibus  unus  amet  quavis  adspergere  cunctos 


79  pravos.   prarus. 


172  a  HORATII  FLACCI 

praeter  eum  qui  praebet  aquam;  post  hunc  quoqae  potus, 
condita  cum  verax  aperit  praecordia  Liber. 

90    hie  tibi  comis  et  urbanuB  liberque  videtur; 
infesto  nigris:  ego  si  risi,  quod  ineptus 
pastillos  Rufillus  olet,  Gargonius  hireum, 
lividus  et  mordax  videor  tibi?  mentio  siqua 
de  Capitolini  furtis  iniecta  Petilli 

95    te  coram  fuerit,  defendas  ut  tuus  est  mos: 
'me  Capitolinus  convictore  usus  amicoque 
a  puero  est,  eausaque  mea  permulta  rogatus 
fecit,  et  incolumis  laetor  quod  vivit  in  urbe; 
sed  tarnen  admiror  quo  pacto  iudicium  illud 

100    fugerit."   hie  nigrae  sueus  loUiginis,  haec  est 
aerugo  mera:  quod  Vitium  procul  afore  chartis; 
atque  animo  priuS;  ut  siquid  promittere  de  me 
possum  aliud  vere,  promitto.   liberius  si 
dixero  quid,  si  forte  ioeosius,  hoc  mihi  iuris 

105    cum  venia  dabis.   insuevit  pater  optimus  hoc  me^ 
ut  fugerem  exemplis  vitiorum  quaeque  notando. 
cum  me  hortaretur,  parce  frugaliter  atque 
viverem  uti  contentus  eo  quod  mi  ipse  parasset, 
'nonne  vides,  Albi  ut  male  vivat  filius,  utque 

HO    Barus  inops?  magnum  documentum,  ne  patriam  rem 
perdere  quis  velit:^  a  turpi  meretricis  amore 
cum  deterreret,  'Scetani  dissimilis  sis:* 
ne  sequerer  moechas,  concessa  cum  Venere  uti 
possem,  ^deprensi  non  bella  est  fama  Treboni' 

115    aiebat:  'sapiens,  vitatu  quidque  petitu 

sit  melius,  causas  reddet  tibi,   mi  satis  est,  si 
traditum  ab  antiquis  morem  servare  tuamque, 
dum  custodis  eges,  vitam  famamque  tuen 
incolumem  possum:  simul  ac  duraverit  aetas 

120    membra  animumque  tuum,  nabis  sine  cortice/  sie  me 
formabat  puerum  dictis,  et  sive  iubebat 
ut  facerem  quid,  'habes  auctorem,  quo  facias  hoc,* 
unum  ex  iudicibus  selectiö  obiciebat, 
sive  vetabat,  'an  hoc  inhonestum  et  inutile  factu 


SATIRARUM  LIB.  I.  4.  5.  173 

125    iiecne  sit,  addubites^  flagret  rumore  malo  cum 
hie  atque  ille?'  avidos  Ticinum  funus  ut  aegros 
exanimat  mortisque  metu  sibi  parcere  cogit, 
sie  teneros  animos  aliena  opprobria  saepe 
absterrent  vitiis.   ex  hoc  ego  sanus  ab  illis, 

I3u    pemiciem  quaecumque  ferunt,  mediocribus  et  quis 
ignoscas  vitiis  teneor.    fortassis  et  istinc 
largiter  abstulerit  longa  aetas;  liber  amicu8, 
consilium  proprium,    neque  enim,  cum  lectulus  aiut  me 
porticus  exeepit,  desura  mihi,  'rectius  hoc  est. 

135    hoc  facicns  vivam  melius,   sie  dulcis  amicis 

occurram.   hoc  quidam  non  belle:  numquid  ego  illi 
inprudens  olim  faciam  simile?'  haec  ego  mecum 
conpressis  agito  labris;  ubi  quid  datur  oti, 
inludo  chartis.    hoc  est  mediocribus  illis 

140    ex  vitiis  unum :  cui  si  concedere  nolis, 
multa  poetarum  veniet  manus,  auxilio  quae 
Sit  mihi  (nam  multo  plures  sumus)  ac  veluti  te 
ludaei  cogemus  in  hanc  concedere  turbam. 

V. 

Egressum  magna  me  accepit  Aricia  Roma 
hospitio  modico :  rhetor  comes  Heliodorus, 
Graecorum  longe  doctissimus:  inde  Forum  Appi, 
differtiim  nautis,  cauponibus  atque  malignis. 
5    hoc  itcr  ignavi  divisimus,  altius  ac  nos 

praecinctis  unum:  minus  est  gravis  Appia  tardis. 
hie  ego  propter  aquam,  quod  erat  deterrima,  ventri 
indico  bellum,  cenantis  haud  animo  aequo 
exspeetans  comites.   iam  nox  inducere  terris 

10    umbras  et  caelo  diflFundere  signa  parabat. 
tum  pueri  nautis,  pueris  convicia  nautae 
ingerere.  'hue  adpelle.    trecentos  inseris.    ohe 
iam  satis  est."    dum  aes  exigitur,  dum  mula  ligatur, 
tota  abit  hora.   mali  culices  ranaeque  palustres 

15    avertunt  somnos.   absentem  ut  cantat  amicam 
multa  prolutus  vappa  nauta  atque  viator 


174  Q.  HORATU  FLACCI 

certatim,  tandem  fessuB  dormire  viator 
incipit;  ac  missae  pastum  rctinacula  mulae 

nauta  piger  saxo  religat  stertitque  supinus. 

20    iamquc  dies  aderat,  nil  cum  procedere  lintrem 
sentimus;  donec  cerebrosus  prosilit  unus 
ac  mulae  nautaeque  caput  lumbosque  saligno 
fuBte  dolat.    quarta  vix  demum  exponimur  hora. 
ora  manusque  tua  lavimus,  Feronia,  lympha. 

25    milia  tum  pransi  tria  repimu8  atque  subimus 
inpositum  saxis  late  candentibus  Anxur. 
liuc  venturuö  erat  Maecenas  optimus  atque 
Cocceius,  missi  magnis  de  rebus  uterque 
legati,  aversos  soliti  conponere  amicos. 

30    hie  oculis  ego  uigra  meis  collyria  lippus 
inlinere.    intereg,  Maecenas  advenit  atque 
Cocceius  Capitoque  simul  Fonteius,  ad  unguem 
factus  homo,  Antoni  non  ut  raagis  alter  amicus. 
Fundos  Aufidio  Lusco  praetore  libcnter 

35    linquimus,  insani  ridentes  praemia  scribae, 

praetextam  et  latum  clavum  prunaeque  batillum. 
in  Mamurrarum  lassi  deinde  urbe  manemus, 
Murena  praebente  domum,  Capitonc  culinam. 
postera  lux  oritur  multo  gratissima:  namque 

40    Plotius  et  Varius  Sinuessae  Vergiliusque 
occurrunt,  auimae  quales  neque  candidiores 
terra  tulit  ne(pie  quis  me  sit  devinctior  alter, 
o  qui  Conplexus  et  gaudia  quanta  fuerunt! 
nil  ego  contulerim  iucundo  sanus  amico. 

45    proxima  Campano  ponti  quae  villula,  tectum 
praebuit,  et  parochi  quae  debent  ligna  salemque. 
liinc  muH  Capuae  clitellas  tempore  ponunt. 
lusum  it  Maecenas,  dormitum  ego  Vergiliusque: 
namque  pila  lippis  inimicum  et  ludere  crudis. 

50    hinc  nos  Cocceii  recipit  plenissima  villa, 

quae  super  est  Caudi  cauponas.   nunc  mihi  paucis 
Sarmenti  scurrae  pugnam  Messique  Cicirri, 
musa,  velim  memores  et  quo  patre  natus  uterque 


SATIRARÜM  LIB.  I.  5.  175 

contulerit  litis.    Messi  darum  genus  Osci; 

55    Sarmenti  domina  exstat:  ab  his  maioribus  orti 
ad  pugnam  venere.   prior  Sarmentus  *equi  te 
esse  feri  sirailem  dico.'    ridemus,  et  ipse 
Messius  *^accipio/  caput  et  niovet.   'o  tua  comu 
ni  foret  exsecto  frons^  inquit,  'quid  faceres,  cum 

60    sie  rautilus  minitaris?'  at  illi  foeda  cicatrix 
setosam  laevi  frontem  turpaverat  oris. 
Campanum  in  morbum,  in  faciem  permulta  iocatuS; 
pastorem  saltaret  uti  Cyclopa  rogabat; 
nil  illi  larva  aut  tragicis  opus  esse  cothurnis. 

6.)    multa  Cicirrus  ad  haec.    donasset  iamne  eatenam 
ex  voto  Laribus,  quaerebat:  scriba  quod  esset; 
nilo  deterius  dorainae  ins  esse:    rogabat 
dcuiquc  cur  umquam  fugisset,  cui  satis  una 
farris  libra  foret,  gracili  sie  tamque  pusillo. 

70    prorsus  iucunde  cenam  producimus  illam. 

tendimus  hinc  recta  Beneventura ;  ubi  sedulus  hospes 
paenc  macros  arsit  dum  turdos  versat  in  igni. 
nam  vaga  per  veterem  dilapso  flamma  culinam 
Volcano  summum  properabat  lamberc  teetum. 

75    eonvivas  avidos  cenam  servosque  timentis 

tum  rapere  atque  omnis  restinguere  velle  vidercs. 
incipit  ex  illo  montis  Appulia  notos 
ostentare  mihi,  quos  torret  Atabulus  et  quos 
numquam  erepsemus,  nisi  nos  vicina  Trivici 

80    villa  recepisset,  lacrimoso  non  sine  fumo, 
udoö  cum  foliis  ramos  urente  eamino. 
lue  ego  mendacem  stultissimus  usque  puellam 
ad  mediam  noctem  exspecto:  somnus  tamen  aufert 
intcntum  Vcueri:  tum  inmundo  somnia  visu 

85    nocturnam  vestem  maculant  ventremque  supinum. 
quattuor  hinc  rapimur  viginti  et  milia  raedis, 
mansuri  oppidulo,  quod  versu  dicere  non  est, 
signis  perfacile  est.    venit  vilissima  rerum 
hie  aqua;  sed  panis  longe  pulcherrimus,  ultra 

1)0    callidus  ut  soleat  umeris  portare  viator: 


176  a  HORATII  FLACCl 

nam  Canusi  lapidosus,  aquae  non  ditior  uma 

qui  locuB  a  forti  Diomede  est  conditus  olim. 

flentibus  hinc  Yarius  discedit  maestus  amicis. 

inde  Rubos  fessi  pervenimus,  utpote  longum 
95    carpentes  iter  et  factum  corruptius  imbri. 

postera  tempestas  melior,  via  peior  ad  usque 

Bari  moenia  piscosi.    dein  Gnatia  lymphis 

iratis  exstructa  dedit  risusque  iocosque, 

dum  flamma  sine  tura  liquescere  limine  sacro 
100    persuadere  cupit.    credat  ludaeus  Apella, 

non  e^o.    namque  deos  didici  securum  agere  aeyum, 

nee  siquid  min  faeiat  natura,  deos  id 

tristis  ex  alto  caeli  demittere  tecto. 

Brundisium  longae  finis  chartaeque  viaeque. 

VI. 

Non  quia,  Maecenas,  Lydorum  quidquid  Etruscos 
incoluit  finis,  nemo  generosior  est  te, 
nee  quod  avus  tibi  maternus  fuit  atque  paternus, 
olim  qui  magnis  legionibus  imperitarent, 

5    ut  plerique  solent,  naso  suspendis  adunco 
ignotos,  ut  me  libertino  patre  natum. 
cum  referre  negas  quali  sit  quisque  parente 
natus,  dum  ingenuus,  persuades  hoc  tibi  vere, 
ante  potestatem  Tulli  atque  ignobile  regnum 

10    multos  saepe  vires  nuUis  maioribus  ortos 
et  vixisse  probos  amplis  et  honoribus  auctos: 
contra  Laevinum,  Valeri  genus,  unde  Superbus 
Tarquinius  rcgno  pulsus  fugit,  unius  assis 
non  umquam  pretio  pluris  licuisse,  notante 

15    iudice  quo  nosti,  populo,  qui  stultus  bonores 
saepe  dat  indignis  et  famae  servit  ineptus, 
qui  stupet  in  titulis  et  imaginibus.    quid  oportet 
nos  facere  a  volgo  longe  longeque  remotos? 
namque  esto,  populus  Laevino  mallet  honorem 

20    quam  Decio  mandare  novo,  censorque  moveret 
Appius,  ingenuo  si  non  essem  patre  natus: 


SATIRARUM  LIB.  I.  6.  177 

vel  nierito,  quoniam  in  propria  non  pelle  quiessem. 

80(1  fulgente  trahlt  constrictos  gloria  curru 

non  minus  ignotos  gencrosis.    quo  tibi,  Tilli, 
25    sumerc  depositum  clavum  fierique  tribuno? 

invidia  adcrevit,  privato  quae  minor  esset. 

nam  ut  quisque  insanus  nigris  medium  inpediit  crus 

l)ellibu8  et  latum  demisit  pectore  clavum, 

audit  eontinuo  ^quis  homo  hie  aut  quo  patre  natus?' 
30    ut  siqui  acgrotet  quo  morbo  BarruS;  haben 

ut  cupiat  formosus,  eat  quacumque,  puellis 

iniciat  curam  quaerendi  singula,  quali 

sit  faeie,  sura,  quali  pede,  dente,  eapillo; 

sie  qui  promittit,  civis,  urbem  sibi  curae, 
35    imperium  fore  et  Italiani,  delubra  deorum, 

quo  patre  sit  natus,  num  ignota  matre  inhonestus, 

omnis  mortalis  curare  et  quaerere  cogit. 

'tune,  Syri,  Damae,  aut  Dionysi  filius,  audes 

deiccre  e  saxo  civis  aut  tradere  Cadmo? 
40    at  Novius  collega  gradu  post  me  sedet  uno: 

nanique  est  ille,  pater  quod  erat  meus.'    'hoc  tibi  PauUus 

et  Messalla  videris?  at  hie,  si  plostra  ducenta 

concurrantque  foro  tria  funera,  magna  sonabit 

cornua  quod  vincatque  tubas:  saltem  tenet  hoc  nos.' 
45    nunc  ad  me  redeo  libertino  patre  natum, 

quem  rodunt  omnes  libertino  patre  natum, 

nunc  quia  sum  tibi,  Maecenas,  convictor,  at  olim 

quod  mihi  pareret  legio  Romana  tribuno. 

dissimile  hoc  illi  est;  quia  non,  ut  forsit  honorem 
50    iure  mihi  invideat  quivis,  ita  te  quoque  amicum, 

praesertim  cautum  dignos  adsumere,  prava 

ambitione  procul.    felicem  dicere  non  hoc 

me  possim,  casu  quod  te  sortitus  amicum: 

nulla  etenim  mihi  te  fors  obtulit;  optimus  olim 
55    Vergilius,  post  hunc  Varius  dixere  quid  essem. 

ut  veni  coram,  singultim  pauca  locutus 

(infans  namque  pudor  prohibebat  plura  profari) 

non  ego  me  claro  natum  patre,  non  ego  circum 

LBHHfl,  Horatins.  12 


178  U.  UORATir  FLACCI 

me  Satureiano  vectari  rura  caballo, 

60    sed  quod  eram  narro.    respondes^  ut  tuus  est  mos, 
pauca:  abco:  et  revocas  nono  post  mense  iubesque 
esse  in  amicorum  numero.    magnium  hoc  ego  diico, 
quod  placui  tibi,  qui  tiirpi  secernis  honcstum, 
non  patre  praeclaro,  sed  vita  et  pectore  puro. 

65    atqui  si  vitiis  mediocribus  ac  mea  paucis 
mendosa  est  natura,  alioqui  recta,  velut  si 
egre^o  inspersos  rcprendas  corpore  nacvos, 
si  neque  avaritiam  neque  sordis  nee  mala  lustra 
obieiet  verc  ([uisquam  mihi,  purus  et  insons, 

70    ut  me  colhiudem,  si  et  vivo  eanis  amicis, 
causa  fuit  pater  his,  (lui  macro  paui)er  agello 
noluit  in  Flavi  ludum  me  mitterc,  mn^nii 
quo  pueri  magnis  e  eenturionibus  orti, 
laevo  ßuspensi  loeulos  tiibuhim([uc  lacerto, 

75    ibant  oetonis  referentcs  idibus  aera; 

sed  puerum  est  ausus  Romam  portare,  docendum 
artis  quas  doceat  quivis  e(iues  atquc  Senator 
semet  prognatos.    vestem  servosque  se(iiientis, 
in  niUgno  ut  populo,  siqui  vidisset,  avita 

80    ex  re  praeberi  sumptus  mihi  credcret  illos. 
ipse  mihi  custos  incorruptissimus  omnis 
circum  doctores  aderat.    quid  multa?  pudicum, 
qui  primus  virtutis  bonos,  scrvavit  ab  omni 
non  solum  facto,  verum  opprobrio  (pioque  turpi: 

85    nee  timuit,  sibi  ne  vitio  quis  verteret,  olim 
si  praeco  parvas  aut,  ut  fuit  ipse,  coactor 
mercedes  sequerer;  neque  ego  essem  questus:  at  hoc  nunc 
laus  illi  debetur  et  a  me  gratia  maior. 
nil  me  paeniteat  sanum  patris  huius:  coque 

90    non,  ut  magna  dolo  factum  negat  esse  suo  pars, 
quod  non  ingenuos  habeat  clarosque  parentes, 
sie  me  defendam.    longo  mea  discrepat  istis 
et  vox  et  ratio,    nam  si  natura  iuberet 
a  certis  annis  aevum  remeare  peractum, 

95    atque  alios  legere,  ad  fastum  quoscumque  parentis 


SATIRARUM  LIB.  I.  6.  179 

o[)taret  sibi  quisque,  mcis  contcntus  honestos 
fiiscibus  et  sellis  noUem  mihi  sumerc,  demens 
iiulicio  volgi,  saniis  fortassc  tiio,  quod 
noUem  oniis-j  haud  umquam  solitiis  i)ortarc  molestum. 

100    nani  milii  continuo  maior  quaereuda  foret  res 
atqiic  salut^mdi  plures;  dueendiiö  et  nuiis 
et  conics  alter,  uti  ne  soliis  rusve  peregreve 
exirem;  pliircs  calones  atque  caballi 
pascciidi,  ducenda  petorrita.    nunc  mihi  curto 

iu5    ire  licet  mulo  vel  ei  übet  usque  Tarentuin, 

mantica  cui  lumbos  onere  ulceret  at(iuc  eques  arnios; 
obiciet  nemo  sordis  mihi  (pias  tibi,  Tilli, 
cum  Tiburte  via  praetorem  quin([ae  sequuntur 
te  i>ueri,  hisaniim  portantes  oenophorumque. 

110    hoc  ego  commodius  quam  tu,  praeehire  Senator, 
milibus  atque  aliis  vivo,    quacumtpie  libido  est, 
iucedo  solus;  percontor  quauti  olu.s  ac  far; 
falhiccm  circuni  vesj^ertinunKiue  ])crerro 
sacpe  forum;  adsisto  divinis;  inde  domum  me 

lir>     ad  porri  et  ciceris  refero  laganique  catiuum. 
ccna  ministratur  jmeris  tribus,  et  lapis  albus 
pocuhi  cum  cyatlio  duo  sustinet;  adstat  echiuus 
vilis,  <'um  patera  guttu>*,  Campaua  supcUex. 
dcinde  eo  dornütum,  uou  sollicitus,  mihi  quod  cras 

120    surgcudum  sit  mane,  obeundus  Marsya,  (jui  se 
voltum  ferre  negat  Xoviorum  posse  min(»ris. 
ad  ([uartam  iaceo:  ])ost  haue  vagor  aut  ego  lecto 
aut  scri|)to  (^uod  me  tacitum  iuvet.    unguor  olivo, 
nou  quo  tVaudatis  inmuudus  Natta  hicernis. 

125    ast  ubi  me  fessum  sol  acrior  ire  lavatum 
admonuit,  fugio  campum  hisumque  trigonem. 
pransus  n(»n  avide,  (piantum  interpellet  inani 
ventre  diem  durare,  domesticus  otior.    haec  est 
vita  solutorum  misera  ambitione  gravique; 

13(^    his  me  eonsolor  victurum  suavius  ac  si 

([uaestor  avus  pater  atque  mens  patmusque  fuisset. 

12* 


180  a  HORATII  FLACGI 


VII. 

ProBcripti  Regis  Rupili  pus  atque  vencnum 
hybrida  quo  pacto  sit  Persius  ultus,  opinor 
Omnibus  et  lippis  notum  et  tonsoribus  esse. 
Persius  hie  permagna  negotia  dives  liabebat 

6    Clazomenis,  etiam  litis  cum  Rege  molestas, 

durus  homo  atque  odio  qui  j)osset  vincere  Rogem, 
confidens  tumidusque,  adeo  sermonis  amari, 
Sisennas,  Barros  ut  equis  praccurreret  albis. 
moliri  exitium  postquam  nihil  inter  utrumque 

10    convenit.  hoc  etenim  sunt  omnes  iure  molesti, 
quo  fortes,  quibus  adversum  bellum  incidit.    inter 
Hectora  Priamiden,  animosum  atque  inter  Achillem 
ira  fuit  capitalis,  ut  ultima  divideret  mors, 
non  aliam  ob  causam  nisi  quod  virtus  in  utroque 

15    summa  fuit:  duo  si  discordia  vexet  incrtis, 
aut  si  disparibus  bellum  incidat,  ut  Diomedi 
cum  Lycio  Glauco,  discedat  pigrior,  nitro 
muneribus  missis.    Bruto  ])raetore  tenente 
ditem  Asiam,  Rupili  et  Persi  par  pugnat  uti  non 

20    conpositum  melius  cum  Bitho  Bacchius.    in  ius 
acres  procurrunt,  magnum  spectaculum  uterque. 
Persius  exponit  causam;  ridetur  ab  omni 
conventu;  laudat  Bnitum  laudatque  cohortem, 
solem  Asiae  Brutum  adpellat  stellasque  salubris 

26    adpellat  comites,  excepto  Rege;  canem  illum; 
invisum  agricolis  sidus,  venisse;  ruebat 
flumen  ut  hibemum,  fertur  quo  rara  securis. 
tum  Praenestinus  salso  multoque  fluenti 
expressa  arbusto  regerit  convicia,  durus 

30    vindemiator  et  invictus,  cui  saepe  Tiator 
cessisset  magna  coni)ellans  voce  cuculum. 
at  Graecus,  postquam  est  Italo  perfusus  aceto, 


9  moliri  exitium.   ad  Regem  redeo. 


SATIRARÜM  LIB.  I.  7.  8.  181 

Persius  exclamat  'per  mcignos,  Brüte,  deo%  te 
oro,  qui  reges  consueris  tollere,  cur  non 
35    hunc  Regem  iugulas?  operum  hoc,  mihi  crede,  tuorum  est/ 


VIII. 

Olim  truncus  eram  ficulnus,  inutile  ligniim, 
cum  faber,  incertus  sc^mnum  facerctne  Priapum, 
maluit  esse  deum.    deus  inde  ego,  furum  aviumque 
maxima  formido:  nam  fures  dextra  coercet 
5    obscaenoque  ruber  porrectus  ab  inguine  palus, 
ast  inportunas  volucris  in  vertice  arundo 
terret  fixa  vetatque  novis  considere  in  hortis. 
huc  prius  angustis  eiecta  cadavera  cellis 
conservus  vili  portanda  locabat  in  arca; 

10    hoc  miserae  plebi  stabat  commune  sepulcrum, 
Pantolabo  scurrae  Nomentanoque  ncpoti. 
mille  pcdes  in  fronte,  trcccntos  eippus  in  agrum 
hie  da])at;  hercdes  monumentum  ne  sequeretur. 
nunc  licet  Esquiliis  habitare  salubribus  atque 

15    aggere  in  aprico  spatiari  qua  modo  tristes 
albis  informem  spcctabant  ossibus  agrum; 
cum  mihi  non  tiintum  furesque  feraeque  suetae 
hunc  vcxarc  locum  curae  sunt  at(iue  labori, 
quantum  carminibus  quae  vcrsant  atque  venenis 

20    humanes  animos:  has  nullo  perdere  possum 

nee  prohibere  modo,  simul  ac  vaga  luna  decorum 
protulit  OS,  quin  ossa  legJint  herbasque  nocentis. 
vidi  cgomet  nigra  succinctam  vadere  palla 
Canidiam,  pedibus  nudis  passoque  c^apillo, 

25    cum  Sagana  maiore  ululantem.    pallor  utrasque 
fecerat  horrendas  adspectu.    scalpere  terram 
unguibus  et  pullam  divellere  mordicus  agnam 
coeperunt:  cruor  in  fossam  confusus,  ut  indo 


15  qua  B.   quo. 


182  Q.  nORATir  FLACCI 

nmnis  clieeront  animas  responsa  datunis. 

30    lanea  et  cfti^ries  erat,  altera  cerea;  maior 
lanea,  qiiac  poenis  (»oupeseeret  inferiorem; 
cerea  8ui)plieiter  stabat  scrvilibus  utque 
iam  peritura  iiiodis.    Hecaten  voeat  altera,  sacvain 
altera  Tisiplionoii.    serpeutes  atque  videres 

35    infernas  errare  eanis,  luiiain([ue  rubenteiu, 
ne  foret  bis  testis,  i)ost  nia<riia  latere  sepulera. 
ineutior  at  xiquid,  merdis  caput  inquiner  all)!» 
corvorum,  atcpie  in  nie  veniat  mictum  atque  cacatam 
lulius,  et  fra^ilis  Pediatia,  furque  Vt^ranus. 

40    ßingula  quid  inenioreni,  quo  pacto  alterna  loqueutcB 
imibrae  cum  Sagana  resonarint  triste  et  acutum, 
utque  lui)i  barbam  variae  cum  deute  colubrae 
abdiderint  furtini  terris,  et  imagine  cerea 
largior  arserit  ignis,  et  ut  non  testis  inultus 

45    obruerim  voces  Furiarum  et  facta  duarum? 
nam  displosa  sonat  quautum  vesica,  pe])edi 
diffiösa  nato  ficus:  at  illae  currere  in  urbem. 
Canidiae  dentis,  altum  Saganae  caliendrum 
excidere,  atque  herbas  atque  incantata  lacertis 

50    vincula,  cum  magno  risucjue  iocoque  videres. 


IX. 

Ibam  forte  via  sacra,  sicut  mens  est  mos, 
nescio  quid  meditans  nugarum,  totus  in  illis. 
accurrit  quidam  notus  mihi  nomine  tantum, 
arreptaque  manu  'quid  agis,  dulcissime  rerum?* 
'suavitcr,  ut  nunc  est*  inquam,  'et  cupio  omnia  quae  vi« 
cum  adsectaretur,  'num  quid  ^is?*  occupo.    at  ille 
'noris  nos*  inquit;  'docti  sumus.'     hie  ego  'pluris 
hoc'  inquam  'mihi  eris.'    misere  discedere  quaerens, 
ire  modo  ocius,  interdum  consistere,  in  aurem 


41  resonariiit  B.  resonarcnt. 


SATIRARUM  LIB.  I.  9,  183 

10    dicere  ncscio  quid  piiero,  cum  sudor  ad  imos 
inanaret  talos.    'o  te^  Bolaue,  cerebri 
feliccni'  aieham  tacitus.  cum  quidlibct  ille 
garriret,  vicos,  urbcm  laudaret.    ut  illi 
iiil  rcspoiidebam,  *^mi8ere  cu])i8'  inquit  'abire: 

15    iamdudum  video:  sed  nil  agis:  usquc  tenebo; 

l)r()sequar  hinc  quo  iiuuc  itcr  est  ti))i/    'nil  opus  est  te 
circumagi:  qucndam  volo  visere  uon  tibi  iiotum: 
trans  Tiberim  longe  cubat  is,  prope  Caesaris  hortos/ 
'nil  habeo  ([uod  agam  et  non  sum  piger:  us(|ue  sequar  te/ 

20    demitto  auriculas,  ut  iniquae  mentis  asellus, 
cum  gravius  dorso  subiit  onus,     incipit  ille 
'j^i  beue  me  novi,  non  Viscum  pluris  amicum, 
non  Valium  facics:  nam  quis  me  scribcre  pluris 
aut  citius  i)ossit  versus?  quis  mcmlmi  movere 

25    mollius?  invidcat  ([uod  et  Hcrmogenos  ego  canto/ 
interpellandi  locus  liic  erat:  'est  tibi  mater, 
cognati,  quis  te  salvo  est  opus?*  'liaud  mihi  quisquam. 
omnis  conposui/    'felices!  nunc  ego  resto, 
confice:  namque  instat  fatum  mihi  triste,  Sabella 

'M)    ([uod  puero  cecinit  divina  mota  anus  urna: 

hunc  ncciue  dira  venena,  nee  hosticus  auferet  ensis, 
ncc  laterum  dolor  aut  tussiS;  nee  tarda  podagra: 
garrulus  hunc  (^uando  consumct  cunnpie:  loquacis. 
si  sai)iat,  vitet,  simul  atque  adoleverit  aetas/ 

:^5    ventum  erat  ad  Vestae,  (luarta  iam  i)arte  diei 
])raeterita,  et  casu  tunc  respondere  vadato 
dcbebat;  quod  ni  fecisset,  pcrdere  litera. 
'si  me  amas'  inquit,  'pauUum  hie  ades/    'inteream,  si 
aut  valeo  stare  aut  novi  civilia  iura: 

40    et  i)ropero  quo  scis/    'dubius  sum,  (luid  faciam'  inquit, 
'tene  relinquam  an  rem.'    'me,  sodes.'    'non  faciam'  ille 
et  praecedere  coepit.    ego,  ut  contendere  durum  est 
cum  Victore,  sequor.    'Maecenas  quomodo  tecum?' 
hinc  repetit:  'paucorum  hominum  et  mentis  bene  sanae. 

45    nemo  dexterius  fortuna  est  usus,    haberes 
magnum  adiutorem,  posset  qui  ferro  seeundas. 


I 


184  Q.  HORATII  FLACCI 

hunc  hominem  velles  si  tradere.    dispeream,  ni 

BummoBses  omnis/    'non  iBto  vivitur  illic 

quo  tu  rere  modo:  domus  hac  nee  purior  ulla  est, 

50    nee  magis  liiB  aliena  maÜB;  nil  mi  officit  unquam 
ditior  hie  aut  est  quia  doctior;  est  locus  uni 
euique  buub/    'magnum  narras,  vix  credibile.'     "^atqui 
Bie  habet/    'aeeendis  quare  cupiam  ma^s  illi 
proximuB  esse/    'velis  tantummodo:  quae  tua  virtus, 

55    expugnabis;  et  est  qui  vhici  possit,  eoque 

difficilis  adituB  primos  habet/    'haud  mihi  deero: 
muneribus  servos  corrumpam;  non,  hodie  si 
exciusus  fuero,  desistam;  tempora  quaeram; 
oceurram  in  triviis;  deducam.    nil  sine  ma^o 

60    vita  labore  dedit  mortalibus/    haee  dum  agit,  eeee 
Fuscus  Aristius  oceurrit,  mihi  carus  et  illum 
qui  pul  ehre  nosset.    eonsistimus.    'unde  venis?'  et 
'quo  tendis?'  rogat  et  respondet.    vollere  coepi, 
et  prensare  manu  lentissima  bracchia,  nutans, 

65    distorquens  oeulos,  ut  me  eriperct.    male  salsus 
ridens  dissimulure;  nieum  iecur  urere  bilis. 
'certe  nescio  quid  secreto  volle  loqui  te 
aiebas  mecum/    'memini  bene,  sed  meliori 
tempore  dicam:  hodie  tricesima  sabbata:  vin  tu 

70    eurtis  ludaeis  oppedere?'  'nulla  mihi'  iuquam 
'relligio  est/    'at  mi:  sum  paullo  infirmior,  unus 
multorum.     ignosces:  alias  loquar/     huncine  solem 
tam  nigrum  surrexe  mihi!  fugit  inprobus  ac  me 
Bub  eultro  linquit.     casu  venit  obvius  illi 

76    adversariuB  et  'quo  tu  turpissime?'  magna 
inelamat  voce,  et  'licet  antcstari?"  ego  vero 
adpono  auriculam.    rapit  in  ius:  clamor  utrimque, 
undiquo  concursus.     sie  me  servavit  Apollo. 


SATIRARÜM  LIB.  I.  10.  185 

X. 

Lucili,  quam  818  mendosus,  te8te  Catone 
defensore  tuo  pervincam,  qui  male  factos 
emendare  parat  versus,  hoc  lenius  ille, 
quo  melior  vir  et  est  longe  subtilior  illo, 
5  qui  multum  puer  et  loris  et  funibus  udis 

exhortatus,  ut  esset  opem  qui  ferre  poetis 
antiquis  posset  contra  fastidia  nostra, 
grammaticorum  equitum  doctissimus.    ut  redeam  illuc. 
Nempe  inconposito  dixi  pede  currere  versus 
Lucili.    quis  tarn  Lucili  fautor  inepte  est, 
ut  non  hoc  fateatur?  at  idem,  quod  sale  multo 
urbera  defricuit,  chartA  laudatur  eadem. 
5    nee  tarnen  hoc  tribuens  dederim  quoque  cetera:  nam  sie 
et  Laberi  mimos  ut  pulclira  poemata  mirer. 
ergo  non  satis  est  risu  diducere  rictum 
auditoris:  et  est  quaedam  tarnen  hie  quoque  virtus: 
est  brevitate  opus,  ut  currat  sententia,  neu  se 
10    iftpediat  verbis  lassas  onerantibus  auris; 

et  sermone  opus  est  modo  tristi,  saepe  iocoso, 
defendente  vicem  modo  rhetoris  atque  poetae, 
interdum  urbani,  parcentis  viribus  atque 
extenuantis  eas  consulto.    ridiculum  aeri 
15    fortius  et  melius  magnas  plerumque  secat  res. 
illi,  scripta  quibus  comoedia  prisca  viris  est, 
hoc'stabant,  hoc  sunt  imitandi:  quos  neque  pulcher 
Hermogenes  umquam  legit,  neque  simius  iste 
nil  praeter  Calvum  et  doctus  cantare  Catullum. 
20    *at  magnum  fecit  quod  verbis  Graeca  Latinis 
miscuit."     o  seri  studionim,  quine  putetis 
difficile  et  mirum,  Rhodio  quod  Pitholeonti 
contigit?  'at  sermo  lingua  concinnus  utraque 
suavior,  ut  Chio  nota  si  commixta  Falerni  est/ 


1— S  incl.  fehlen  in  einem  Theil  der  Handschriften  und  werden  von 
den  Schol.  nicht  erklärt. 


186  Q.  HORATII  FLACCl 

25    cum  versus  facias,  te  ipsuiii  percoutor,  an  et  cum 
dura  tibi  ])era;LrciKla  rei  sit  causa  Petilli? 
scilicet  o])litOH  patriaeque  i)atri8que  Latini, 
cum  Pcdius  eausas  exsudet  Poplioola  atquc 
CorWnus,  patriis  intemiiscero  petita 

30    verba  foris  malis,  Camisiiii  more  bilingniis? 

at<iuc  ego  cum  Graeeos  facercm,  natus  mare  citra, 
versieulos,  vetuit  me  tali  voce  Quirinus, 
l)()st  mcdiam  noctem  visus,  cum  somnia  vera, 
'in  silvam  non  ligna  feras  insanius  ac  si 

35    ma«?na8  Graecorum  malis  injdcre  eatervas/ 

turgidus  Alpinus  iugulat  dum  Memnoua  dumque 
defingit  Rheni  luteum  caput,  hacc  ego  ludo, 
quae  necjue  in  aede  sonent  certantia  iudicc  Tarpa, 
nee  redeant  iterum  atque  iterum  speetanda  theatris. 

40    arguta  meretrice  potes  Davociue  Cbremeta 
eludente  senem  comis  garrire  libellos 
unus  vivorum,  Fundani;  Polio  reguui 
facta  canit  pede  ter  percusso;  forte  cpos  acer 
ut  nemo  Varius  ducit;  molle  atque  facetum 

45    Vergilio  adnuerunt  gaudentes  nire  camenae: 
hoc  erat,  experto  frustra  Varronc  Atacino 
atque  quibusdam  aliis  melius  quod  seribere  possem, 
inventore  minor;  neque  ego  illi  detrahere  ausim 
haerenteui  capiti  cum  multa  laude  conmam. 

50    at  dixi  fluere  hunc  lutulentum,  saepc  ferentem 
plura  quidem  tollenda  relinquendis.    age,  quaeso, 
tu  nihil  in  magno  doctus  reprendis  Homero? 
nil  comis  tragici  mutat  Lucilius  Atti, 
non  ridet  versus  Enni  gravitate  minores, 

55    cum  de  se  loquitur  non  ut  maiore  rei)rensi8? 
quid  vetat  et  nosmet  Lucili  scri])ta  legentis 
quaererc,  num  illius,  num  renmi  dura  negarit 
versieulos  natura  magis  factos  et  euntis 
mollius,  ac  siquis  pedibus  quid  claudere  senis, 

60    hoc  tantum  contentus,  amet  scripsisse  ducentos 
ante  cibum  versus,  totidem  cenatus,  Etrusci 


SATIRARUM  LIIJ.  I.  10.  187 

quäle  fuit  C<issi  rai)ido  fcrventius  amni 
iiigenium,  cajisis  ([ucni  fama  est  esse  librisque 
ambiistum  propriis.   fuerit  Lucilius,  iiKiuam, 

65    comis  et  urbanus,  fuerit  limatior  idem 

quam  rudis  et  Graecis  intacti  canniuis  auctor 
quanique  ])oetarum  senionun  turba:  scd  ille, 
si  foret  hoc  nostrum  fato  dilatus  in  aevum, 
dctereret  sibi  nmlta,  reciderct  omne  quod  ultra 

70    perfcctum  tralieretur,  et  iu  vcrsu  faeicndo 
naepe  cai)ut  scabcret,  vivos  et  roderet  unguis, 
sacpe  stilum  vertas,  iteruni  quao  diirna  legi  sint 
8crii)turus,  neque  te  ut  niirctur  turba  labores, 
contentus  ])aueis  leetoribus.    an  tua  demcns 

75    vilibus  in  ludis  dictari  carmina  malis? 

non  cgo:  nam  satis  est  etiuiteni  niilii  i)laudere,  ut  audax 
contem])tis  aliis  explosa  Arbuseula  dixit. 
men  moveat  ciniex  Pantilius,  aut  eruciet  quod 
vellicet  absentem  Denietrius,  aut  quod  incptus 

80    Fannius  Hermogenis  laedat  conviva  Tigclli? 
Plotius,  et  Varius,  Maecenas,  Vergiliusque, 
Valgius,  et  probet  liaec  Octavius  oi)timu8  atque 
Fuscus,  et  haec  utinam  Viseoruni  laudet  uterque; 
ambitione  relegata  te  dicere  ])ossum, 

^5    Polio,  te,  Messalla,  tuo  cum  fratre,  simulque 
vos,  Bibule  et  Servi,  simul  bis  te,  candide  Furni, 
coni)luris  alios,  doctos  ego  quos  et  amicos 
l)nidens  praetereo:  (piibus  haec,  sunt  qualiacumcjue, 
arridere  velim,  doliturus,  si  placeant  si)e 

90    deterius  nostra.    Demetri,  teque,  Tigelli, 
discipularum  inter  iubeo  plorare  cathedras. 
i  puer  at(iue  meo  citus  haec  subscribe  libello. 


Q.  HOBATII  FLACCI 

SATIRARÜM 

LIBER  SECÜNDÜS. 

L 

Sunt  quibus  in  satira  videor  nimis  aoer  et  ultra 
legem  tendere  opus;  sine  nervis  altera  quidquid 
conposui  pars  esse  putat  similisque  meorum 
mille  die  versus  deduci  posse.   Trebati, 

5    quid  faciam  praescribe.    ^quieseas/   ne  faciam,  inquis^ 
omnino  versus?  'aio/    peream  male,  si  non 
Optimum  erat:  verum  nequeo  dormire.   *ter  uneti 
transnanto  Tiberim,  somno  quibus  est  opus  alto, 
inriguumque  mero  sub  noetem  corpus  babento. 

10    aut  si  tantus  amor  scribendi  te  rapit,  aude 
Caesaris  invicti  res  dicere,  multa  laborum 
praemia  latunis/   eupidum,  pater  optime,  vires 
deficiunt:  neque  enim  quivis  horrcntia  pilis 
agmina  nee  fracta  pereuntis  cuspide  Gallos, 

15    aut  labentis  equo  describit  volnera  Parthi. 
'attamen  et  iustum  poteras  et  scriberc  fortem, 
Scipiadam  ut  sapiens  Lueilius/    haud  mihi  deero, 
cum  res  ipsa  feret:  nisi  dextro  tempore,  Flacci 
verba  per  attentam  non  ibunt  Caesaris  aurem, 

20    cui  male  si  palpere,  rccalcitrat  undique  tutus. 
'quanto  rectius  hoc  quam  tristi  laedere  versu 
Pantolabum  scurram  Nomentanumque  nepotem, 
cuqi  sibi  quisque  timet,  quamquam  est  intactus,  et  odit.* 
quid  faciam?  saltat  Milonius,  ut  semel  icto 


SATIRARÜM  LIB.  II.  1.  189 

25    accessit  ferror  eapiti  uumerusque  lucernis; 
Castor  gaudet  cquis,  ovo  progiiatus  eodem 
l)ugnis:  quot  cai)itum  vivunt,  totidem  studiorum 
milia.   me  pedibus  delectat  claudere  verba 
Liicili  ritu,  nostrum  melioris  utroque. 

30    illc  velut  fidis  arcana  sodalibus  olim 

eredebat  libris,  nequc  si  male  cesserat  usquam 
deeurrens  alio,  neque  si  bene:  ([uo  fit  iit  omnis 
votiva  pateat  vcliiti  descripta  tabella 
vita  scnis.   sequor  bunc,  Lucanus  an  Appulus  anceps: 

35    nam  Vcnusinus  arat  fineni  sub  utrumquc  colonus, 
missus  ad  boc,  pulsis,  vctus  est  ut  fama,  Sabellis, 
quo  nc  per  vacuum  Romano  ineurreret  bostis^ 
sivc  quod  Appula  gens  seu  (luod  Lueania  bellum 
incutcret  violenta.    sed  bic  stilus  band  petet  ultro 

40    quemquam  animantem  et  mc  veluti  custodiet  ensis 
vagina  tectus:  quem  cur  destringcre  coner 
tutus  ab  infestis  latronibus?  o  i)ater  et  rex 
Iup])iter,  ut  ])crcat  positum  rubigine  tclum, 
ncc  quisquam  noccat  cupido  mibi  pacis!  at  ille, 

45    qui  mc  commorit  (melius  non  tangere,  clamo), 
flebit  et  insignis  tota  cantabitur  urbe. 
Cervius  iratus  leges  minitatur  et  urnam, 
Canidia  Albuti  quibus  est  inimica  venenum, 
grande  malum  Turins,  siquid  sc  iudice  ccrtes. 

50    ut  quo  quisque  valet  suspectos  terreat,  utque 
imiieret  boc  natura  potens,  sie  collige  mecum. 
deute  lui)us,  cornu  taurus  petit,  unde  nisi  intus 
monstratum?  Scaevac  vivacem  crede  nepoti 
matrem;  nil  faciet  sceleris  pia  dextra;  nimirum 

55    ut  neque  calce  lupus  quemquam  neque  dente  petit  bos: 
sed  mala  tollet  anum  vitiato  melle  cicuta. 
ne  longum  faciam:  seu  me  tranquilla  senectus 
exspectat,  seu  mors  atris  circumvolat  alis, 
dives,  inops,  Romae  seu  fors  ita  iusserit  exsul, 


53  nimirum  M.  minim. 


190  Q.  HuRATIl  FLACCl 

60    quisquis  erit  vitae  seribam  eolor.   *o  jKier  \\t  gis 
vitalis  metiio  et  maiorum  iiequis  amious 
frigrore  te  feriat/    quid?  cum  est  Lucilius  ausus 
priinus  in  huuc  opcris  couponere  carniina  morem. 
dctrahere  et  iielleui,  nitidus  qua  ([uisque  per  ora 

65    cederet,  introrsum  turpis,  num  Laelius  et  qui 
duxit  ah  opprossa  nierituni  Cartba^ne  nomeii, 
ingenio  oflFensi  aut  laeso  doluere  Metello 
faniosiscpic  Lupo  eooi)erto  versibus?  atqui 
primores  poi)uli  arrii)uit  populumque  tributim, 

70    scilicet  uni  ac([uus  virtuti  at(iuc  eins  amicis. 

quin  ubi  sc  a  voI'to  et  scaena  in  seeveta  remorant 
virtus  Scii)iadao  et  niitis  sai)ientia  Laeli, 
nugari  cum  illo  et  discinoti  ludere,  donee 
decoqueretur  olus,  soliti.    (juidquid  sum  ego,  (^uamvis 

75    infra  Lueili  eensum  ingeniumque,  tamen  me 
cum  magnis  vixisse  invita  fatebitur  uscpio 
invidia,  et  fragili  quaerens  inlidere  deutem, 
oflfendet  solido,  nisi  quid  tu,  doetc  Trebati, 
dissentis.   ^eciuidem  nihil  hine  diffingero  possura. 

80    sed  tamen  ut  monitus  caveas,  ne  forte  negoti 
ineutiat  tibi  (juid  sanctarum  inscitia  legum. 
gi  mahl  condiderit  in  quem  ([uis  cannina,  ins  est 
iudiciumque/    esto,  si(iuis  mahi:  sed  bona  siquis 
iudiec  condiderit  haudatus  Caesare?  sicpiis 

85    opprobriis  dignum  hxtraverit,  integer  ijise? 
^solventur  risu  tabulae,  tu  missus  abibis.* 


IL 

Quae  virtus  et  quanta,  boni,  sit  vivere  parvo 

(nee  mens  hie  sermo  est,  sed  quae  praecepit  Ofellus 

rustieus,  abnormis  sa])iens  crassaquc  [Minei-va) 

discite,  non  inter  hincis  mensasquc  nitentis, 

cum  stupet  insanis  acies  fulgoribus  et  cum 

adclinis  falsis  animus  meliora  recusat, 

verum  hie  inpransi  mecum  disquiritc.   *^cur  hoc?' 


SATIRARUM  LID.  II.  2.  191 

(licam,  si  potero.  male  verum  examinat  omnis 
corruptus  iudex,    leporem  sectatus  equove 

10    lassus  ab  indomito  vel  cum  Komana  fatigat 
militia  adsuctum  graecari  seu  pila  vclox, 

mollitcr  austerum  studio  fallentc  laborem, 
seu  tc  discus  a^t  fpete  cedentem  aera  disco), 
cum  labor  extuderit  fastidia,  siccus,  inani» 

15    sperne  eibum  vilcm,  nisi  Hymettia  mella  Falcrno 
ue  bibcris  diluta.    foris  est  promus,  et  atrum 
defendens  piscis  liicmat  mare:  cum  sale  panis 
latrantem  stomaehum  bene  lenict.    unde  putas  aut 
([ui  partum?  uou  iu  caro  nidore  voluptas 

20    summa,  sed  iu  te  ipso  est.    tu  pulmentaria  quacre 
sudaudo:  piuguem  ^itiis  albumque  neque  ostrea 
nee  scarus  aut  jioterit  peregriua  iuvare  lagois. 
vix  tameu  eripiaui,  jiosito  pavone  velis  quin 
hoc  potius  quam  gallina  tergere  palatum, 

25     con'uptus  vauis  rerum;  ([uia  veneat  auro 
rara  avis  et  picta  ])audat  spcctacula  cauda: 
tanuiuam  ad  rem  attiueat  quicquam.    num  vesceris  ista 
quam  laudas  plimia?  cocto  num  adest  honor  idem? 
carne  tameu,  (piamvis  distat  niliil,  hac  ma^ris,  illa 

21»*   cur  deleetaris  multo  minus?  an  temere?  atqui 

30    inparibus  formis  deceptum  te  patet:    esto. 

unde  datum  sentis,  lupus  hie  Tiberinus  an  alto 

captus  biet,  pontisnc  inter  iactatus  an  amnis 

Ostia  sub  Tusci?  laudas,  insane,  trilibrem 

nuülum,  in  sinp:ula  quem  minuas  pulmenta  necesse  est. 

:^5    dueit  te  si)ecies,  video.    quo  pertinet  ergo 

proceros  odisse  lupos?  quia  scilicet  illis 

maiorem  natura  modum  dedit,  bis  breve  pondus. 

ieiunus  raro  stomachus  volgaria  temnit. 

^pon-ectum  magno  magnum  spectare  catino 

40    vellem'  ait  Harpyiis  gula  digna  rapacibus.    at  vos 
—    — ^ 

10  si.  cum.       20'  Dass   hier  ein  Vers  fehle  sah  M.    Er  versuchte 

delector;   pulchri  quid  habet  lunonius  ales.    Ich  habe  es  etwas  anders 

versucht. 


192  Q.  HORATII  FLACCl 

praesentes,  austri^  coquitc  Iiorum  obsonia  quamquam 
putet  aper  rhombusque  recens,  mala  copia  quando 
aegrum  soUicitat  stomachum,  cum  rapula  plenus 
atque  acidas  mavolt  inulas.    necdum  omnis  abacta 

45    pauperies  epulis  regum:  nam  vilibus  ovis 

nigrisque  est  oleis  hodic  locus,    liaud  ita  pridem 
Gralloni  praeconis  erat  acipeusere  mensa 
infamis.    quid?  tum  rhombos  minus  aequora  alebant? 
tutus  erat  rhombus,  tutoquc  ciconia  nido, 

50    donec  vos  auctor  docuit  })raetorius.    ergo 
ßiquis  nunc  mergos  suavis  edixerit  assos, 
parebit  pravi  docilis  Romana  iuventus. 
Bordidus  a  tenui  victu  distabit,  Ofello 
iudice.    nam  frustra  vitium  vitaveris  illud, 

55    si  te  alio  pravum  detorseris.    Avidienus, 

cui  canis  ex  vero  ductum  cognomen  adhaeret, 
quinqucnnis  oleas  est  et  silvestria  corna, 
ac  nisi  mutatum  parcit  defunderc  vinum,  et 
cuius  odorem  olci  nequeas  pcrferre,  licebit 

60    ille  repotia  natalis  aliosve  dierum 

fcstos  albatus  celebrct,  cornu  ipse  bilibri 

caulibus  instillat,  veteris  non  parcus  aceti. 

quali  igitur  victu  sapiens  utctur,  et  horum 

utrum  imitabitur?  hac  urguet  lupus,  bac  canis,  aiunt. 

65    mundus  erit,  qua  non  oflfendat  sordibus,  atque 
in  neutram  partem  cultus  miser.    bic  neque  servis, 
Albuti  senis  cxemplo,  dum  munia  didit 
saevus  erit;  nee  sie  ut  simplex  Naevius  unctam 
convivis  praebebit  aquam:  vitium  boc  quoque  magnum. 

70    accipe  nunc,  victus  tenuis  quae  quantaque  secum 
adferat.    in  primis  valeas  bene,    nam  variae  res 
ut  noceant  bomini,  credas,  mcmor  illius  escae, 
quae  simplex  olim  tibi  sederit:  at  simul  assis 
miscueris  elixa,  simul  conchylia  turdis, 

75    dulcia  se  in  bilem  vertent,  stomacboque  tumultum 
lenta  feret  pituita.    vides  ut  pallidus  omnis 
cena  desurgat  dubia?  quin  corpus  onustum 


SATIRARÜM  LIB.  II.  2.  193 

licsternis  vitiis  animum  quoque  praegravat  una 
atque  adfigit  hiimo  diviiiac  particulam  aurae. 

80    alter,  ubi  dicto  citius  curata  sopori 

mcmbra  dedit,  vegetus  pracHcripta  ad  muiiia  surgit. 
hie  tarnen  ad  melius  poterit  transcurrere  quondam; 
sive  dieiu  festura  reliens  advexerit  auiius, 
seu  recreare  volet  teniiatum  (•ori)us,  ubique 

85    accedent  anni,  et  tractari  mollius  aetas 

inbeeilla  volet:  tibi  quidnam  accedet  ad  istam, 
quam  puer  et  validus  praesumis,  mollitiem,  seu 
dura  valetudo  inciderit,  seu  tarda  senectus? 
rancidum  aprum  aiitiqui  laudabaut^  iiou  quia  nasug 

90    illis  uullus  erat,  sed,  eredo,  hac  mente,  quod  liospes 
tardius  adveniens  vitiatum  commodius  (luam 
integrum  edax  dominus  consumeret.    hos  utinam  inter 
heroas  natum  teilus  me  prima  tulisset. 
das  aliquid  famae,  quae  carmine  gratior  aurem 

95    oocupet  humanam?  grandes  rliombi  patinaeque 
grande  ferunt  una  cum  damno  dedeeus:  adde 
iratum  patruum,  viciuos,  te  tibi  iniquum 
et  frustra  mortis  cupidum,  cum  deerit  egenti 
as,  laquei  pretium.    'iure^  inquit  ^Trausius  istis 

100    iurgatur  verbis:  ego  veetigalia  magna 

divitiasque  habeo  tribus  amplas  regibus/  ergo 
quod  superat  non  est  melius  quo  insumere  possis? 
cur  eget  indignus  quisquam,  te  divite?  quare 
templa  ruunt  antiqua  deum?  cur,  inprobe,  earae 

105    non  aliquid  patriae  tanto  emetiris  acervo? 
uni  nimirum  recte  tibi  semper  erunt  res, 
0  magnus  posthae  inimicis  risus.     uteme 
ad  casus  dubios  fidet  sibi  certius?  hie  qui 
pluribus  adsuerit  mentem  corpusque  superbum, 

110     an  qui  contentus  parvo  mentuensque  futuri 
in  pace,  ut  sapiens,  aptarit  idouea  hello? 
quo  magis  bis  credas,  puer  hunc  ego  parvus  Ofellum 
integris  opibus  novi  non  latius  usum 
quam  nunc  accisis.    videas  metato  in  agello 

Lkhrs.  Horalins.  13 


194  Q.  HORATII  FLACCI 

116    cum  pecore  et  gnatis  fortem  mercede  colonum^ 

*non  ego'  narrantem  *temere  edi  luce  profesta 

quicquam  praeter  olus  fumosae  cum  pede  pemae. 

ac  mihi  seu  longum  post  tempus  venerat  hospes, 

sive  operum  vacuo  gratus  conviva  per  imbrem 
120    vicinug,  bene  erat  non  piseibus  urbe  petitis, 

Bed  pullo  atque  haedo.    tum  pensilis  uva  secundas 

et  nux  omabat  mensas  cum  duplice  ficu. 

post  hoc  ludug  erat  culpa  potare  magistra; 

ac  venerata  Ceres,  ita  culmo  Bürgeret  alto, 
125    explicuit  vino  contractae  seria  frontis. 

gaeviat  atque  novos  moveat  Fortuna  tumultus; 

quantum  hinc  inminuet?  quanto  aut  ego  pareius  aut  vos, 

0  pueri,  nituistig,  ut  huc  novug  incola  venit? 

nam  propriac  tellurig  erum  natura  neque  illum 
130    nee  me  nee  ([uemquam  gtatuit:  nog  expulit  ille; 

illum  aut  nequitieg  aut  vafri  inscitia  iuris, 

postremum  expellet  certe  vivacior  hereg. 

nunc  ager  ümbreni  gub  nomine,  nuper  Ofelli 

dictug,  erit  nulli  propriug,  ged  cedit  in  ugum 
135    nunc  mihi,  nunc  alii.    quocirca  vivite  forteg, 

fortiaque  adversig  opponite  pectora  rebug/ 


III. 

*Si  raro  gcribes,  ut  toto  non  quater  anno 

membranam  poscas,  scriptorum  quaeque  retexens, 

iratug  tibi  quod  vini  gomnique  benignus 

nil  dignum  sermone  canas,  quid  fiet?  at  ipsis 
5    Satumalibus  huc  fugisti  sobrius.     ergo 

die  aliquid  dignum  proraissis.    incipe.    nil  est. 

culpantur  frustra  calami,  inmeritusque  laborat 

iratis  natus  paries  dis  atque  poetis. 

atqui  voltus  erat  multa  et  praeclara  minantis, 
10    si  vacuum  tepido  cepisset  villula  tecto. 

quorsum  pertinuit  gtipare  Platona  Menandro? 

Eupolin,  Archilochum,  comiteg  educere  tantog? 


SATIRARUM  LIB.  U.  3.  195 

invidiam  placare  paras  virtute  relicta? 
contemnere,  miser.    vitanda  est  inproba  Siren 

15    desidia,  aut  quidquid  vita  meliore  parasti 

ponendum  aequo  animo.'    di  te,  Damasippe,  deaeque 
verum  ob  conBÜium  donent  tonsore.    sed  unde 
tarn  bene  me  nosti?  'postquam  omnis  res  mea  lanum 
ad  medium  fraeta  est,  aliena  negotia  curo, 

20    excussus  propriis.    olim  nam  quaerere  amabam, 
quo  vafer  ille  pedes  lavisset  Sisyphus  aere, 
quid  seulptum  infabre,  ([uid  fusum  durius  esset; 
callidus  huic  sigiio  ])oneb<am  milia  ceutum; 
hortos  egregiasquc  domos  mercarier  unus 

25    cum  lucro  noram;  unde  frequentia  Mercuriale 
inposuere  mihi  coguomen  compita/     novi, 
et  miror  morbi  purgatum  te  illius.    ^atqui 
emovit  veterem  mire  novus,  ut  solet,  in  cor 
traiecto  lateris  miseri  capitisve  dolore; 

30    ut  lethargicus  hie,  cum  fit  pugil  et  medicum  urguet/ 
dum  ne  ([uid  simile  huic,  esto  ut  übet.    *o  bone,  ne  te 
frustrere:  insanis  et  tu  stultique  prope  omnes, 
siquid  Stertinius  veri  crepat,  unde  ego  mira 
descripsi  docilis  praecepta  haee,  tempore  quo  me 

35    solatus  iussit  sapientem  pascere  barbam 
atquo  a  Fal)ricio  non  tristem  ponte  reverti. 
nam,  male  re  gesta,  cum  vcUem  mittere  operto 
me  oai)ite  in  flumen,  dexter  stetit  et  "cave  faxis 
te  (iuic(j[uam  indiguum:  pudor"  inciuit  "te  malus  angit, 

40    insauos  qui  iuter  vereare  inssinus  haberi. 

primum  nam  inquiram  quid  sit  furere:  hoc  si  erit  in  te 
solo,  nil  verbi,  pereas  quin  fortiter,  addam. 
quem  mala  stnltitia  et  quemeumque  inscitia  veri 
caecum  agit,  insanum  Chrysippi  porticus  et  grex 

45    autumat.    haec  populos,  haec  magnos  formula  reges> 
excepto  sapiente,  tenet.    nunc  accipe,  quare 
desipiant  omnes  aeque  ac  tu,  qui  tibi  nomen 
insano  posuere.    velut  silvis,  ubi  passim 
palantis  error  certo  de  tramite  pellit, 

13* 


19t)  a  HORATII  FLACCI 

öo    ille  Binistroreum,  hie  dextrorsum  abit.  unus  utrique 
error,  sed  variis  illudit  partibus;  hoc  te 
crede  modo  insaniini;  nihilo  ut  sapientior  ille, 
qui  te  deridet,  caudam  trahat.    est  geiius  unum 
Btultitiae  nihilum  nietuenda  timentis,  ut  igiiis. 

55    ut  rupis  flunosque  in  canipo  obstare  queratur: 
alterum  et  liuic  varum  et  nihilo  sapientius  ignis 
per  medios  fluviosque  ruentis.    elaniet  honesta 
mater,  amica  soror,  cum  cognatis  pater,  uxor 
*hic  fossa  est  ingens^  hie  rui>e8  maxima:  sei-va!* 

60    non  magis  audierit  quam  Fufius  ebrius  olim, 
cum  Ilionam  cdonnit,  Gatienis  mille  ducentis 
*^mater,  te  adpello'  clamantibus.    liuic  ego  volgus 
errori  similem  cunctum  insanire  docebo. 
insanit  veteres  statuas  Damasippus  eniendo: 

65    integer  est  mentis  Dama^ij)})!  creditor?  esto: 

accipe  quod  numquam  reddas  mihi,  si  tibi  dicÄiii; 
tune  insanus  eris  si  acceperis?  an  magis  exeors 
reiecta  praeda,  quam  praesens  Morcurius  fert? 
seribe  deceni  a  Nerio:  non  est  satij^:  adde  Cicutae 

70    nodosi  tabulas  centum,  mille  adde  eatenas: 
eflfugiet  tamen  haec  sceleratus  vincula  Proteus, 
cum  rapies  in  ins  malis  ridentcm  alienis, 
fiet  aper,  modo  avis,  modo  saxuni  et,  cum  volet,  arbor. 
si  male  rem  gerere  insani  est,  contra  bene  sani, 

75    putidius  multo  cerebrum  est,  mihi  crede,  Perilli 
dictantis  quod  tu  numquam  rescribere  jx^ssis. 
aiidire  atqne  togam  iubeo  conponere,  quisquis 
ambitione  nuila  aut  argenti  pallet  amore, 
quisquis  luxuria  tristive  superstitione 

80    aut  alio  mentis  morbo  calet:  huc  propius  me, 
dum  doceo  insanire  omnis,  vos  ordine  adite. 
danda  est  ellebori  multo  pars  maxima  avaris: 
nescio  an  Anticyram  ratio  illis  destinet  omnem. 


57  honesta  mater,   amica  soror.    Ueberlieferung  amica  mater,   ho- 
nesta soror.      65  esto.    Etwa  heus  tu? 


SATIRARUM  LIB.  II.  3.  197 

heredes  Staberi  summam  ineidere  sepulcro, 
hb    ni  sie  fecissent,  gladiatoruni  dare  centum 

damnati  populo  paria  atque  epulum  arbitrio  Arri, 
frumenti  quantiim  metit  Africa.    'sive  ego  prave, 
seu  recte  hoc  volui,  ne  sis  patruus  mihi:'  credo 
hoc  Staberi  prudentem  animum  vidisse.    'quid  ergo 
90    sensit,  cum  summam  patrimoni  insculpere  saxo 
heredes  voluit?'  quoad  vixit,  credidit  ingens 
pauperiem  Vitium  et  cavit  nihil  acrius,  ut,  si 
forte  minus  locuples  uno  quadrante  perisset, 
ipse  videretur  sibi  nequior.     omnis  enim  res, 
%    virtus,  fama,  decus,  divina  humanaque  pulchris 
divitiis  parent;  quas  qui  construxerit,  ille 
clarus  erit,  fortis,  iustus.    'sapiensne?'  etiam,  et  rex 
et  quidquid  volet.    hoc,  veluti  virtute  paratum, 
speravit  magnae  laudi  fore.    quid  simile  isti 

100    Graecus  Aristippus?  qui  servos  proiccre  aurum 
in  media  iussit  Libya,  quia  tardius  irent 
propter  onus  segnes.    uter  est  insanior  horimi? 
nil  agit  exemplum,  litem  quod  lite  resolvit. 
sicjuis  emat  citharas,  emptas  coni)ortet  in  unum, 

105    nee  studio  citharae  nee  musae  deditus  ulli, 
si  scalpra  et  formas  non  sutor,  nautica  vela 
aversus  mercaturis,  delinis  et  amens 
undique  dicatur  merito.    qui  discrepat  istis 
qui  nummos  aunimque  recondit,  nescius  uti 

110    conpositis  metuensque  velut  contingere  sacrum? 
siquis  ad  ingentem  frumenti  semper  acervum 
porrectus  vigilet  cum  longo  fuste,  neque  illinc 
audeat  esuriens  dominus  contingere  granum^ 
ac  potius  foliis  pareus  vescatur  amaris; 

115    si  positis  intus  (.'hü  veterisque  Falerni 

mille  dadis,  nihil  est,  tercentum  milibus,  acre 
potet  acetum ;  age,  si  et  stramentis  incubet  udi» 
octoginta  annos  natus,  cui  stragula  vestis, 


117  udis  Horkel.    undc-octogiuta. 


198  Q-  HORATII  FLACCI 

blattarum  ae  tiuearum  epulae^  putreseat  in  arca: 
120    nimirum  insanus  paueis  videatur,  eo  quod 

maxima  pars  hominum  morbo  iactatur  eodem. 

filius  aut  etiam  haec  libertus  ut  ebibat  heres, 

dis  inimice  senex,  custodis?  ne  tibi  desit? 

quantulum  euim  summae  curta])it  quisque  dierum, 
125    unguere  si  eaulis  oleo  meliore  caputque 

coeperis  inpexa  foedum  porrigine?  quare, 

gi  quidvig  gatis  est,  periurag,  gurripis,  aufers 

undique?  tun  saiius?  populum  si  caedere  saxis 

incipiag  servosque  tuo  quos  aere  pararis, 
130    inganum  te  omneg  pueri  clamentque  puellae: 

cum  laqueo  uxorem  interimig  matremque  veneno, 

ineolumi  capite  eg?  quid  enim?  neque  tu  hoc  facis  Aigifl, 

nee  ferro  ut  demeng  genetricem  oecidig  Oregtes. 

an  tu  rerig  eum  oeciga  inganigge  parente, 
135    ac  non  ante  malig  dementem  actum  Furiig  quam 

in  matrig  iugulo  ferrum  tepefecit  acutum? 

quin,  ex  quo  est  habitug  male  tutae  mentig  Orestes, 

nil  gane  fecit,  quod  tu  reprendere  poggig: 

non  Pyladen  ferro  violare  augugve  gororem  egt 
140    Electram,  tantum  maledicit  utrique  vocando 

haue  Furiam,  hune  aliud,  iugsit  quod  gplendida  bilis. 

pauper  Opimiug  argenti  pogiti  intug  et  auri 

qui  Veientanum  fegtig  potare  diebug 

Gampana  golitug  truUa  vappamque  profestig, 
145    quondam  lethargo  grandi  egt  opprcssus,  ut  heres 

iam  circum  loculos  et  clavis  laetus  ovausque 

curreret.    hunc  medicus  multum  celer  atque  fidelis 

excitat  hoc  pacto:  mensam  poni  iubet  atque 

eflfundi  saccos  nummorum,  accedere  pluris 
150    ad  numerandum:  liominem  sie  erigit.    addit  et  illud, 

'iii  tua  custodis,  avidus  iam  haec  auferet  heres/ 

'men  vivo?'  'ut  vivas  igitur,  vigila.  hoc  age/  'quid  vis?* 

'deficient  inopem  venae  te,  ni  cibus  atque 

ingens  accedit  stomacho  fultura  menti. 
155    tu  ceggas?  agedum,  gume  hoc  ptisanarium  oryzae/ 


SATIRAKUM  LIB.  II.  3.  199 

'quanti  emptae?' 'parvo.'  *quanti  ergo?' 'octussibus/  eheu, 
quid  refert,  morbo  an  furtiö  pereamve  rapiiiis?'  — 
'quisnam  igitur  sanus?*  qui  non  stultus.    'quid  avaruB?' 
stultus  et  insanus.    'quid,  siquis  non  sit  avarus, 

160    eontinuo  sanus?*  minime.    *eur,  stoice?'  dicam. 
non  est  cardiacus  (Craterum  dixisse  putato) 
hie  aeger:  recte  est  igitur  surgetque?  negabit. 

quod  latus  aut  renes  morbo  temptantur  acute, 
non  est  ])eriurus  neque  sordidus.    inmolet  aequis 

165    hie  porcuni  laribus.    verum  ambitiosus  et  audax. 
naviget  Anticyram.    quid  enim  differt,  barathrone 
dones  quidquid  habes  an  numquam  ut<are  paratis? 
Servius  Oppidius  Canusi  duo  praedia,  dives 
antiquo  censu,  natis  divisse  duobus 

170    fertur  et  hoc  morieus  pueris  dixisse  vocatis 
ad  leetum  'postquam  te  talos,  Aule,  nucesque 
ferre  siuu  laxo,  donare  et  ludere  Wdi, 
te,  Tiberi,  numerare,  eaWs  abscondere  tristem, 
extimui,  ne  vos  ageret  vesania  discors, 

175    tu  Nomentanum,  tu  ne  sequerere  Cicutam. 
quare  per  divos  oratus  uterque  penatis, 
tu  cave  ne  minuas,  tu  ne  maius  faeias  id 
quod  satis  esse  i)utat  i)ater  et  natura  coercet, 
praeterca  ne  vos  titillet  gloria,  iure 

ISO    iurando  obsti-iugam  ambo:  uter  aedilis  fueritve 
vestrum  praetor,  is  intestabilis  et  sacer  esto. 
in  oicere  atque  faba  bona  tu  perdasque  lupinis, 
latus  ut  in  circo  spatiere  et  aeneus  ut  stes, 
nudus  agris,  nudus  nummis,  insane,  patemis? 

1S5    scilicet  ut  plausus  quos  fci-t  Agrippa  feras  tu, 
astuta  ingenuum  volpes  imitata  leoneni/  — 
ne  quis  huniasse  velit  Aiacem,  Atrida,  vetas  cur? 
'rcx  sum/    nil  ultra  quaero  plebeius.    'et  aequam 
rem  imi)erito,  ac  si  cui  \ideor  non  iustus,  inulto 

190    dicere  quod  sentit  i)ermitto/    maxime  regum. 


163  Haupt.   Er  ist  aus  Epist.  I,  6,  2S. 


JOO  Q.  HORATH  FLACCI 

di  tibi  dent  capta  classem  deducere  Troia. 
ergo  consulere  et  mox  respondere  licebit? 
'consule/    ciir  Aiax  heros  ab  Achille  seeundus 
putescit,  totienft  servatis  elanis  Aehi^is? 

195    gaudeat  ut  populus  Priami  Priarausqne  inhumato, 
per  quem  tot  iuvenes  patrio  caruere  sepulcro? 
*mille  oviiim  insaimn  morti  dedit,  inchitiim  Ulixen 
et  Menelauni  una  mecum  se  oe<;idere  clanians/ 
tu  cum  pro  vitula  statuis  dule^m  Aulide  natam 

200    ante  ai-as  spargiscpie  mola  caput,  iui>robe,  salsa, 

rectum  animi  servas?  quorsumV  insanus  quid  enim  Aiax 
fecit,  cum  stravit  ferro  i>eeu8?  abstinuit  Aim 
uxore  et  gnato:  mala  multa  procatus  Atridis 
non  ille  auf  Teucrum  aut  ijmum  violarit  Ulixen. 

206    S'erum  ego  ut  haerentis  adverso  litore  navis 
erii)erem  jirudens  placavi  sanguinc  divog.' 
nempe  tuo,  furiose.    *meo,  sed  non  furiosus/  — 
*qui  spccies  alias  veri  cerebriqiic  tumultu 
permixtas  eapiet,  conmotus  liabebitur,  atciue 

210    stultitiane  erret  nihilum  distabit  an  ira. 
Aiax  cum  inmcritos  occidit  desipit  agnos: 
cum  prudens  sc^lus  ob  titulos  admittis  inanis, 
stas  animo,  et  purum  est  vitio  tibi,  cum  tumidum  est  corr 
siquis  lectica  nitidam  gestare  amet  agnam, 

215    huic  vcstem,  ut  gnatae,  paret  ancillas,  i)aret  aurum^ 
Rufam  aut  Posillam  ad  pellet  fortique  marito 
destinet  uxorem,  interdicto  huic  omne  adimat  ius 
praetor,  et  ad  sanos  abeat  tutela  propinquos. 
quid?  siquis  gnatam  pro  muta  devovet  agna, 

220    integer  est  animi?  ne  dixeris.    ergo  ubi  prava 
stultitia,  hie  summa  est  insania:  qui  sceleratus, 
et  furiosus  erit:  quem  cepit  vitrea  fama, 
hunc  circumtonuit  gaudens  Bellona  cruentis.  — 
nunc  age  luxuriam  et  Nomentanum  arripe  mecum: 

225    vincet  enim  stultos  ratio  insanire  nepotes. 


20S  cerebrique  Horkel.   scelerisque. 


SATIRARUM  LIB.  II.  :\.  201 

liic  simul  accepit  patrimoni  mille  talenta, 
eclicit,  piscator  uti,  i^omarius,  auceps, 
uiiguentarius  ac  Tusci  turba  inpia  vici, 
cum  scurris  fartor,  cum  Velabro  omne  macellum 

230    maiie  domum  veniant.    qui  cum  venere  frequentes, 
verba  facit  leuo:  ^quidquid  mihi,  quidquid  et  horum 
cui(j[ue  domi  est,  id  crede  tuum  et  vel  nunc  pete  vel  cras/ 
accipe  quid  contra  iuvenis  responderit  aequus. 
Mn  nive  Lucana  dormis  ocreatus,  ut  aprum 

235    cenem  ego.    tu  piscis  hiberno  ex  aequore  verris. 
segnis  ego,  indigims  qui  tantum  possideam.    aufer. 
sume  tibi  deciens.    tibi  tantundem.     tibi  triplex, 
unde  uxor  media  currit  de  nocte  vocata/ 
filius  Ae8oi)i  detractam  ex  aure  Metellae, 

240    scilicet  ut  deciens  solidum  absorberet,  ac^ito 
diluit  insignem  bacam:  qui  sanier  ac  si 
illud  idem  in  rapidum  flumen  iaceretve  cloacam? 
Quiuti  progenies  Arn,  par  nobile  fratrum, 
nequitia  et  nugis,  i)ravorum  et  amore  gemellum, 

245    luscinias  soliti  inpenso  prandere  coemptas, 

quorsum  abeant?  sanin  creta,  an  carbone  notati? 
aedificare  casas,  plostello  adiungere  muris, 
ludere  par  inpar,  equitare  in  arundine  longa 
siquem  delectet  barbatum,  amentia  verset. 

250    si  puerilius  bis  ratio  esse  evincet  amare, 

nee  quiccpiam  differre,  utrumne  in  pulvere,  trimus 
quäle  i)rius,  ludas  opus,  an  meretricis  amore 
soUicitus  plores,  quaero,  faciasne  quod  olim 
mutatus  Polemo?  ponas  insignia  morbi, 

255    fasciolas,  cubital,  focalia,  potus  ut  ille 
dicitur  ex  collo  furtim  carpsisse  Coronas, 
postquam  est  inpransi  correptus  voce  magistri? 
porrigis  irato  puero  cum  poma,  recusat. 
'sume,  catelle/    negat.    si  non  des,  optet    amator 

260    exclusus  qui  distat,  agit  ubi  secum,  e^it  an  non, 
quo  rediturus  erat  non  arcessitus,  et  baeret 
invisis  foribus?  Sie  nunc,  cum  me  vocat  nitro, 


202  Q.  HORATU  FLACCI 

accedam?  an  potius  mediter  finire  dolores? 
exclusit;  revocat.    redeam?  non,  si  obgecret/.    ecce 

265    genrus  non  paullo  sapicntior:  'o  ere,  qoae  res 

nee  modum  habet  neque  consiliam,  ratione  modoqae 
traetari  non  volt.    in  amore  haec  sunt  mala,  bellum, 
pax  rursum:  haec  siquis  tempestatis  prope  ritu 
mobilia  et  caeca  fluitantia  sorte  laboret 

270    reddere  certa  sibi,  nihilo  plus  explieet  ac  si 
insanire  paret  certa  ratione  modoque/ 
quid?  cum  Piccnis  excerpens  semina  pomis 
gaudes,  si  cameram  percusti  forte,  i>enes  te  es? 
quid?  cum  balba  feris  annoso  verba  palato, 

275    aedificante  casas  qui  sanior?    adde  cruorem 

stultitiae,  atque  ignem  gladio  scrutare  modo,  in  quem 
Hellade  percussa  Marius  cum  praeci])itat  se, 
cerritus  fuit?  an  conmotae  crimine  mentis 
absolves  hominem  et  sceleris  damnabis  eundem, 

280    ex  more  ini)(>nens  non  nata  vocabula  rebus? 
libertinus  erat,  qui  circum  compita  siccus 
lautis  mane  senex  manibus  currebat  et  ^unum 
(quid  tarn  magnum?*  addens)  'unum  me  surpite  morti; 
dis  etenim  facile  est'  orabat;  sanus  utrisque 

285    auribus  atque  oculis:  meutern,  nisi  litigiosus, 

exciperet  dominus,  cum  venderet.    hoc  quoque  Tolgus 
Chrj'sippus  ponit  fecunda  in  gente  Meneni. 
'luppiter,  ingentis  qui  das  adimisque  dolores,' 
mater  ait  pueri  mensis  iam  quinque  cubantis, 

290    'frigida  si  puerum  quartana  reliquerit,  illo 
mane  die,  quo  tu  indicis  ieiunia,  nudus 
in  Tiberi  stabit/    casus  medicusve  levarit 
aegrum  ex  praecipiti:  mater  delira  necabit 
in  gelida  fixum  ripa,  febrimque  reducet. 

295    quone  malo  mentem  coucussa?  timore  deorum." 
haec  mihi  Stertinius,  sapieutum  octavus,  amico 
arma  dedit,  i)osthac  ne  coni>ellarer  inultus. 


276  in  quem  Franke    inqnam.       2S0  non  nata  Horkel.    cognata. 


SATIBARUM  LIB.  II.  3.  4.  203 

dixerit  insanum  qui  me,  totidem  audiet  atque 

respicere  ignoto  discet  pendentia  tergo/ 
300    stoice,  post  damnum  sie  vendas  omnia  pluris, 

quam  me  stultitiain,  quoniam  non  est  genus  unum, 

insanire  putas?  ego  nam  videor  mihi  sanus. 

'quid?  Caput  abscissum  manibus  cum  portat  Agaue 

gnati  infelicis,  sibi  tum  furiosa  videtur?* 
305    stultum  me  fateor  (liceat  concedere  veris) 

atc^ue  etiam  insamim:  tantum  hoc  edissere,  quo  me 

aegrotare  jmtes  animi  vitio.    'accipe.    primum 

aedifieas,  hoc  est  longos  imitaris,  ab  imo 

ad  summum  totus  moduli  bipedalis:  et  idem 
310    corpore  maiorem  rides  Turbonis  iu  armis 

spiritum  et  incessum:  qui  ridieulus  minus  illo? 

an  quodcumque  facit  Maecenas,  te  quoque  venim  est, 

tantum  dissimilem,  et  tanto  certare  minorem? 

absentis  ranae  pullis  vituli  pede  pressis, 
315    unus  ubi  cflFugit,  matri  denarrat,  ut  ingens 

belua  cognatos  eliserit.    illa  rogare 

quantane,  num  tantum,  suffiaus  se,  magna  fuisset. 

'maior  dimidio.'    'num  tantum?"  cum  magis  atque 

se  magis  inflaret,  'non,  si  te  ruperis"  inquit, 
320    'par  eris/    haec  a  te  non  multum  abludit  imago. 

adde  poemata  nunc,  hoc  est,  oleum  adde  Camino; 

quae  siquis  sanus  fecit,  sanus  facis  et  tu. 

non  dico  horrendam  rabiem/    iam  desine.    'cultum 

maiorem  ccnsu/    teneas,  Damasippe,  tuis  te. 
325    'mille  puellarum,  puerorum  mille  furores.' 

0  maior  tandem  parcas  insane  minori. 


IV. 

Undo  et  quo  Catius?  'non  est  mihi  tempus  aventi 
ponere  signa  novis  praeceptis,  qualia  vincent 
Pj'thagoran  Anytique  reum  doctumque  Platona.' 
peccatum  fateor,  cum  te  sie  tempore  laevo 
interpellarim.   sed  des  veniam  bonus  oro. 


204  Q.  HORATII  FLACCl 

quodei  interciderit  tibi  nunc  aliquid,  repetes  mox^ 
sive  est  naturae  hoc  sive  artis,  mirus  utroquc. 
'quin  id  erat  curae,  quo  pacto  euncta  tenerem, 
utpote  res  tenuis,  tenui  sermone  peractas.* 

10    ede  hominis  nomen,  simul  et,  Bomanus  an  hogpes. 
'ipsa  memor  praecepta  cananu  cela])itur  auctor. 
longa  quibus  facies  ovis  crit,  iUa  memento, 
ut  suei  melioris  et  ut  magis  alba  rotundis, 
ponere:  namque  marem  cohibent  callosa  vitellum* 

15    caule  suburbano  qui  8ic<?is  crevit  in  agris 
dulcior:  inriguo  nihil  est  elutius  horto. 
si  vespertinus  subito  te  opi)re88erit  hospes, 
ne  gallina  malum  responset  dum  palnto, 
doctus  eris  vivam  musto  mersare  Falerno: 

20    hoc  teneram  faciet.   pratensibus  optima  fungis 
natura  est,  aliis  male  creditur.   ille  salubris 
aestates  peraget,  qui  nigris  praudia  moris 
finiet,  ante  gravem  quae  legerit  arbore  solem. 
Aufidius  forti  miscebat  mella  Falenio: 

25    mendose;  quoniam  vacuis  conmittere  venis 
nil  nisi  lene  decet:  leni  praecordia  mulso 
prolucris  melius,   si  dura  morabitur  alvus, 
mitulus  et  viles  pellent  obstantia  eonchae 
et  lapathi  brevis  herba,  sed  albo  non  sine  Coo. 

30    lubrica  nascentes  inplent  conchylia  lunae: 

sed  non  omne  mare  est  generosae  fertile  testae: 
murice  Baiano  melior  Lucrina  peloris, 
ostrea  Circciis,  Miseno  oriuntur  echini, 
pectinibus  i)atulis  iactat  se  molle  Tarentum. 

35    nee  sibi  ceuarum  ((uivis  temere  arroget  artem, 
non  prius  exacta  tenui  ratione  saporum. 
nee  satis  est  cara  piscis  averrere  meusa 
ignarum  quibus  est  ins  aptius  et  quibus  assis 
languidus  in  cubituni  iam  se  conviva  reponet. 

40    Umbcr  et  iligna  nutritus  glande  rotundas 


19  musto  B.    Es  soll  auch  haben  ed.  Witeberg.  1598.  misto» 


SATIRARÜM  LIB.  II.  4.  205 

curvat  aper  lancis  caniein  ^itantis  inertem: 

nam  Laurens  malus  est,  uhas  et  arundine  pinguis. 

vinea  submittit  eapreas  non  semper  edulis. 

feeundae  leporis  sapiens  seetabitur  armos. 
45    piscibus  atque  avibus  quae  natura  et  foret  aetas, 

ante  meum  nuUi  patuit  quaesita  palatum. 

sunt  quorum  ingenium  nova  tantum  crustula  promit. 

nequaquam  satis  in  re  una  consumere  curam; 

ut  siquis  solum  hoc,  mala  ne  sint  vina,  laboret, 
50    quali  perfundat  piscis  securus  olivo. 

Massiea  si  caelo  suppones  vina  sereno, 

nocturna  siquid  crassi  est  tenuabitur  aura, 

et  decedet  odor  nervis  inimicus:  at  illa 

integrum  perdunt  Uno  \itiata  saporem. 
55    Surrentina  vafer  qui  raiscet  faece  Falerna 

vina,  columbino  limum  bene  coUigit  ovo, 

quatenus  ima  petit  volvens  aliena  vitellus. 

tostis  marcentem  squillis  recreabis  et  Afra 

potorem  Cochlea:  nam  lactuca  innatat  acri 
60    post  vinum  stonuicho;  i)enia  magis  ac  magis  hillis 

fiagitat  inmorsus  refici,  quin  omnia  malit 

quaecumque  inmundis  fervent  adlata  popinis. 

est  operae  i)retium  duplicis  pernoscere  iuris 

naturam.    simplex  e  dulci  constat  olivo, 
65    quod  pingui  miscere  mero  muriaque  decebit 

non  alia  quam  qua  Byzantia  putuit  orca. 

hoc  ubi  confusum  sectis  inferbuit  herbis 

Corycioque  croco  sparsum  stetit,  insuper  addes 

pressa  Venafranae  quod  baca  remisit  olivae. 
70    Picenis  cedunt  ponris  Tiburtia  suco: 

nam  facie  i)raestant.    venncula  convenit  ollis: 

rectius  Albauam  fumo  duraveris  uvam. 

hanc  ego  cum  malis,  ego  faecem  primus  et  allec, 

primus  et  invenior  piper  album  cum  sale  nigro 
75    incretum  puris  circumposuisse  catillis. 

inmane  est  Vitium*  dare  milia  terna  macello 

angustoque  vagos  piscis  urguere  catino. 


206  Q.  HORATII  FLACCI 

magna  movet  stomaclio  fastidia,  seu  puer  unctis 
tractavit  calicem  manibus,  dum  frusta  ligurrit, 

80    sive  gravis  veteri  creterrae  limus  adhaesit 
yilibus  in  scopis,  in  mappig,  in  scobe  quantus 
consistit  sumptus?  neglectis,  flagitium  ingens. 
ten  lapides  varios  lutulenta  rädere  palma, 
et  Tyrias  dare  circum  inlota  toralia  vestis, 

85    oblitum  quanto  curam  sumptumque  minorem 
haec  habeant,  tanto  reprendi  iustius  illis 
quae  nisi  divitibus  nequeant  contingere  mensis?* 
docte  Cati,  per  amicitiam  divosque  rogatus 
ducere  me  auditiim  perges  quocumque  memento. 

90    nam  quamvis  memori  referas  mihi  pectore  cuncta, 
non  tarnen  interpres  tantundem  iuveris.   adde 
voltum  häbitumque  hominis,  quem  tu  vidisse  beatus 
non  magni  pendis,  quia  contigit:  at  mihi  cura 
non  mediocris  inest,  fontes  ut  adire  remotos 

95    atque  haurire  queam  vitae  praecepta  beatae. 


V. 

Hoc  quoque,  Tiresia,  praeter  narrata  i)etenti 
responde,  quibus  amissas  reparare  queam  res 
artibus  atque  modis.   (juid  rides?  ^iamne  doloso 
'non  satis  est  Ithac<am  revehi  patriosque  penatis 

5    aspicere?^  o  nulli  quicquam  mentite,  vieles  ut 

nudus  inopsque  domum  redeam,  te  vate;  neque  illic 
aut  apotheca  procis  intacta  est  aut  pecus.   atqui 
et  genus  et  virtus,  nisi  cura  re,  vilior  alga  est. 
'quando  pauperieni  missis  ambagibus  horres, 

10    accipe  qua  ratione  queas  ditescere.    turdus 
sive  aliud  privum  dabitur  tibi,  devolet  illuc, 
res  ubi  magna  nitet,  domino  sene:  dulcia  poma 
et  quoscumque  feret  cultus  tibi  fundus  honores, 
ante  larem  gustet  venembilior  lare  diVes: 

15    qui  quamvis  periurus  erit,  sine  gente,  cruentus 


SATIRARÜM  LIB.  H.  6.  207 

sanguine  fraterno,  fugitivus,  ne  tarnen  illi 
tu  comes  exterior,  si  postulet,  ire  recuses/ 
utne  tegam  spiirco  Damae  latus?  haud  ita  Troiae 
me  gessi,  eertans  semper  melioribus.  'ergo 

20    pauper  eris/   fortem  hoc  animum  tolerare  »iubebo : 
et  quondam  maiora  tuli.  tu  protinus  unde 
diyitias  aerisque  ruam  die  augur  acervos. 
Mixi  equidem  et  dico.    captes  astutus  ubique 
testamenta  senum,  neu,  si  vafer  unus  et  alter 

25    insidiatorem  praeroso  fugerit  hämo, 

aut  spem  deponas  aut  artem  inlusus  omittas. 
magna  minorve  foro  si  res  certabitur  olim, 
vivet  uter  locuples  sine  gnatis,  inprobus,  nitro 
qui  meliorem  audax  voeet  in  ins,  illius  esto 

3«)    defensor:  fama  civem  causac^ue  priorem 

speme,  domi  si  gnatus  erit  fecundave  coniunx. 
"Quinte,"'  puta,  aut  "Publi"  (gaudent  praenomine  molles 
auriculae),  "tibi  me  virtus  tua  fecit  amicum: 
iurt  anceps  novi,  causas  defendere  possum: 

35    eripiet  quivis  oeulos  citius  mihi  quam  ie 

contemptum  cassa  nuce  pauperet:  haec  mea  cura  est, 
neriuid  tu  perdas,  neu  sis  iocus."   ire  domum  atque 
pelliculam  curare  iube;  fi  cognitor  ipse, 
persta  atque  obdura,  seu  rubra  canicula  findet 

40    infantis  statuas,  seu  pingid  tentus  omaso 
Furius  hibemas  cana  nive  conspuet  Älpis. 
"nonue  vides"  aliquis  cubito  stantem  prope  tangens 
inquiet,  "ut  patiens,  ut  amicis  aptus,  ut  acer?"* 
plures  adnabunt  thunni,  et  cetaria  crescent. 

45    si  cui  praeterea  validus  male  filius  in  re 
praeclara  sublatus  aletur,  ne  manifestum 
caelibis  obsequium  nudet  te,  leniter  in  spem 
adrepe  officiosus,  ut  et  scribare  secundus 
heres  et,  siquis  casus  puerum  egerit  Orco, 

50    in  vacuum  venias:  perraro  haec  alea  fallit. 
qui  testamentum  tradet  tibi  cumque  legendum, 
abnuere  et  tabulas  a  te  removere  memento, 


208  Q-  HORATU  FLACCI 

Bic  tarnen  ut  liinis  rapias^  quid  prima  secundo 
cera  velit  versu;  solus,  multisne  coheres, 

55    veloci  percurre  oculo.    plcrumque  recoctus 
scriba  ex  quinqueviro  corvuni  deludet  hiantem, 
captatorque  dabit  risus  Nasica  Coraiio.' 
num  furis  an  prudens  ludis  me  obscura  canendo? 
*o  Laertiade,  quidquid  dicam  aut  erit  aut  non: 

60    dhinare  etenim  ma^us  mihi  donat  Apollo." 
quid  tarnen  ista  velit  sibi  fabula,  si  licet,  ede. 
'tempore,  quo  iuvenis  Parthis  horrendus,  ab  alto 
demissuin  genus  Aenea,  tellure  marique 
magnusi  erit,  forti  nubet  procera  Coranö 

65    filia  Nasicae,  metuenti8  rcddere  soldum. 

tum  gener  hoc  faciet:  tabulas  soeero  dabit  atque 
ut  legat  orabit;  multum  Nasica  negatas 
accipiet  tandem  et  tacitus  leget,  invenietque 
nil  sibi  legatum  praeter  plorare  suisque. 

70    illud  ad  haec  iubeo:  mulier  si  forte  dolosa 
libertiisve  senem  delirum  temperet,  illis 
accedas  socius;  laudes,  lauderis  ut  absens. 
adiuvat  hoc  quoi^ue ;  sed  rineit  longe  prius  ipsum 
expugnare  caput.    scribet  mala  cannina  vecors: 

75    laudato.    scortator  erit:  cave  te  roget;  ultro 
Penelopam  facilis  potiori  trade."    putasne, 
perduci  poterit  tarn  frugi  tamque  pudiea, 
quam  nequiere  proci  recto  depellere  cursu? 
Senit  enim  maguum  donandi  parea  iuventus, 

80    nee  tantum  Voneris  quantum  studiosa  culinae. 
sie  tibi  Penelope  frugi  est:  quae  si  semel  uno 
de  sene  gustarit  tecum  partita  lucellum, 
ut  canis  a  corio  numquam  absterrebitur  uncto. 
me  sene  quod  dieam  factum  est.   anus  inproba  Thebis 

85    ex  testamento  sie  est  elata:  cadaver 

unctum  oleo  largo  nudis  umeris  tulit  heres, 
scilicet  elabi  si  posset  mortua;  eredo, 
quod  nimium  institerat  viventi.    eautus  adito, 
neu  desis  operae,  neve  inmoderatus  abundes; 


SATIRARÜM  LIB.  U.  5.  6.  209 

90    difficilem  et  morosum  offendes  garrulus:  ultra 
noli  et  iam  sileas.    Davus  sis  comicus  atque 
stes  capite  obstipo,  multum  similis  metuenti. 
obsequio  grassare;  mone,  si  increbuit  aura^ 
cautus  uti  velet  earum  caput;  extrahe  turba 

05    oppositis  umeris;  aurem  substringe  loquaci. 
inportunus  amat  laudari:  donec  ^ohe  iam!' 
ad  caelum  manibus  sublatis  dixerit;  urgue  et 
crescentem  tumidis  infla  sermonibus  utrem. 
cum  te  servitio  longo  curaque  levarit, 

100    et  certum  vigilans,  Quartae  esto  partis  Ulixe», 
audieris,  heres,  "^ergo  nunc  Dama  sodalis 
nusquam  est?  unde  mihi  tam  fortem  tamque  fidelem?' 
sparge  subinde  et  si  paullum  potes  illacrimare. 
gaudia  pertendes  voltu  celare.    sepulcrum 

105    permissum  arbitrio  sine  sordibus  exstrue.    funus 
egregie  factum  laudet  vicinia.    siquis 
forte  coheredum  senior  male  tussiet^  huic  tu 
die,  ex  parte  tua  seu  fundi  sive  domus  sit 
emptor,  gaudentem  nummo  te  addicere.    sed  me 

110    imperiosa  trahit  Proserpina:  vive  valeque. 


VI. 

Hoc  erat  in  votis:  modus  agri  non  ita  magnus, 

hortus  ubi  et  tecto  ricinus  iugis  aquae  fons 

et  paullum  silvae  super  bis  foret.    auctius  atque 

di  melius  fecere.    bene  est.    nil  amplius  oro, 

Maia  nate,  nisi  ut  propria  haec  mihi  muuera  faxis. 

si  neque  maiorem  feci  ratione  mala  rem, 

nee  sum  facturus  yitio  culpave  minorem, 

si  veneror  stultus  nihil  herum,  ^o  si  angulus  ille 

proximus  accedat,  qui  nunc  denormat  agelluml 


90  ultra  noli  et  iam  sileas.  ultro  und  ultra  non  etiam  sileas.  S. 
oben  bei  der  Verschleifuog  XXH  104.  105  Ueberlieferung  illacrimar. 
est  und  prodentem  (für  pertendes). 

Lbhu,  Hontiu.  ^^ 


210  Q.  HORATII  FLACCl 

10    0  si  urnam  argenti  fore  quae  mihi  monstret,  ut  Uli, 
thesauro  invento  qui  mercennarius  agrum 
illum  ipsum  mercatus  aravit,  dives  amico 
Hercule!'  si  quod  adest  gratum  iuvat,  hac  prec«  te  oro: 
pingue  pecus  domino  facias  et  cetera  praeter 

15    ingenium,  utque  soles  custos  mihi  maximus  adsis. 
ergo  uhi  me  in  montis  et  iii  arcem  ex  urbe  removi, 
quid  prius  inlustrem  satiris  musaque  pedestri? 
nee  mala  me  ambitio  perdit  nee  plumbeus  auBter 
autumnusque  gravis,  Libitinae  quaestus  acerbae. 

20    Matiitine  pater,  seu  lane  libeutius  audis, 

nnde  homines  operum  primos  vitaeque  labores 
instituunt  (sie  dis  placitum),  tu  carminis  esto 
principium.    Romae  sponsorem  me  rapis:  ^eia, 
ne  prior  officio  quisquam  respondeat,  urgue/ 

25    sive  aquilo  radit  terras,  seu  bruma  nivalem 
interiore  diem  gyro  trahit,  ire  necesse  est. 
postmodo  quod  mi  obsit  clare  certumque  locuto 
luctandum  in  turba  bt  facienda  iniuria  tardis. 
'quid  tibi  vis,  insane,  et  quam  rem  agis  inprobus  ?  *  urguet 

30    iratis  precibus:  'tu  pulses  omne  quod  obstat, 
ad  Maecenatem  memori  si  mente  recurras/ 
hoc  iuvat  et  raelli  est,  non  mentiar.    at  simul  atras 
ventum  est  Esquilias,  aliena  negotia  centum 
per  Caput  et  circa  saliunt  latus,   "^ante  secundam 

35    Roscius  orabat  sibi  adesses  ad  Puteal  cras. 
de  re  commuui  scribae  magna  atque  nova  te 
orabant  hodie  meminisses,  Quinte,  reverti. 
inprimat  his,  cura,  Maecenas  signa  tabellis.' 
dixeris,  experiar:  'si  vis,  potes'  addit  et  instat. 

40    septimus  octavo  propior  iam  fugerit  annus, 
ex  quo  Maecenas  me  coepit  habere  suorum 
in  numero,  dumtaxat  ad  hoc,  quem  tollere  raeda 
vellet  iter  faciens,  et  cui  concredere  nugas 


29  So  B.,  quam  rem  aus  Conjectur.    Sonst  schwankt  die  Ueber- 
.  lieferung  zwischen  quid  vis  und  quid  tibi  vis,  auch  mit  zerstörtem  Verse. 


SATIRARÜM  LIB.  IL  6.  211 

hoc  genus,  'hora  quota  est?  Thraex  est  Gallina  Syro  par? 
45    matutina  parum  cautos  iam  frigora  mordent :  * 

et  quae  rimosa  bene  depouuntur  in  aure. 

per  totum  hoc  tempus  sAbiectior  in  diem  et  horam 

invidiae  noster.    ludos  spectaverit  ima, 

liiserit  in  campo:  'Fortunae  filius*  omnes. 
50    frigidus  a  rostris  nianat  per  compita  rumor: 

quicumque  obviiis  est,  me  consulit:  'o  bone  (nam  te 

scire,  deos  quoniam  propius  contingis,  oportet), 

numquid  de  Dacis  audisti?'  nil  equidem.    'ut  tu 

semper  eris  devison     at  omnes  di  exagitcut  me, 
55    si  quicquam.    'quid?  militibus  promissa  Triquetra 

praedia  Caesar,  an  est  Itala  tellure  daturus?* 

iurantem  me  scire  nihil  niirantur  ut  unum 

scilicet  egregii  mortalem  alticiue  silenti. 

porgitur  haec  inter  misero  lux,  non  sine  votis: 
60    o  rns,  quando  ego  te  aspiciam,  quandoque  licebit 

nunc  veterum  libris,  nunc  somno  et  inertibus  lioris 

ducere  soUicitae  iucunda  oblivia  vitÄe? 

0  (juando  faba  Pythagorae  cognata  simulque 

unctxi  satis  pingui  ponentur  oluscula  lardo? 
65    0  noctes  cenaeque  dcum,  quibus  ipse  meique 

ante  larem  proprium  vescor  vemasque  procacis 

pasco  libatis  dapibus,  cum,  ut  cuique  libido  est, 

siccat  inaequalis  calices  conviva  solutus 

legibus  insanis,  seu  quis  capit  acria  fortis 
70    pocuhi,  seu  modicis  uvescit  laetius.    ergo 

sermo  oritur,  non  de  villis  domibusve  alienis, 

nee  male  necne  Lepos  saltet,  sed  quod  magis  ad  nos 

pcrtinet  et  nescire  malum  est  agitamus,  utnimne 

divitiis  homines  an  sint  virtute  beati, 
75    quidve  ad  amieitias,  usus  rectumne,  trahat  nos, 

et  (juac  sit  natura  boni  summumque  quid  eius. 

Cervius  haec  inter  vicinus  garrit  anilis 

ex  re  fabellas.    siquis  nam  laudat  Arelli 


5U  porgitur  Lachm.  perditur. 

14 


212  Q-  HORATII  FLACCl 

aollicitas  i^narus  opes^  sie  incipit,  "^olim 

80    rusticus  urbanum  murem  mus  paupere  fertur 
accepiflse  eavo,  veterem  vetus  hospes  amicum, 
asper  et  attentus  quaesitis,  ut  tarnen  artum 
aolveret  hospitiis  animuin.    quid  multa?  neque  ille 
sepositi  ciceris  uec  longae  invidit  avenae, 

85    aridum  et  ore  ferens  acinum  semesaque  lardi 
frosta  dedit|  cupiens  yaria  fastidia  cena 
yincere  tangentis  male  singula  dente  superbo, 
cum  pater  ipse  domus  palea  porrectus  in  homa 
esset  ador  loliumque,  dapis  meliora  relinquens. 

90    tandem  urbanus  ad  hunc  '^quid  te  iuvat''  inquit,  ^^'amiee, 
praerapti  nemoris  patientem  vivere  doreo? 
vis  tu  homines  urbemque  feris  praeponere  silvis? 
carpe  viam«  mihi  crede^  comes;  terrestria  quando 
mortalis  animas  vivunt  sortita,  neque  uUa  est 

95    aut  magno  aut  parvo  leti  fuga:  quo^  bone,  circti^ 
dum  licet,  in  rebus  iucundis  vive  beatus, 
vive  memor,  quam  rfs  aevi  brevis."    haec  ubi  dicta 
agrestem  pepulere,  domo  levis  exsilit:  iude 
ambo  propositum  peragunt  iter^  urbis  aventes 

100    moenia  noctumi  subrepere.    iamque  tenebat 
nox  medium  caeli  spatium,  cum  ponit  uterque 
in  locuplete  domo  vestigia,  rubro  ubi  cocco 
tincta  super  lectos  canderet  vestis  ebumos, 
multaque  de  magna  superessent  fercula  cena, 

t05    quae  procul  exstructis  inerant  hestema  canistris. 
ergo  ubi  purpurea  porrectum  in  veste  locavit 
agrestem,  veluti  succinctus  cursitat  hospes, 
continuatque  dapes,  nee  non  vemiliter  ipsis 
fungitur  officiis,  praelambens  omne  quod  adfert. 

110    ille  cubans  gaudet  mutata  sorte  bonisque 

rebus  agit  laetum  convivam,  cum  subito  ingens 
valvarum  strepitus  lectis  excussit  utrumque. 
currere  per  totum  pavidi  conclave,  magisque 
exanimes  trepidare,  simul  domus  alta  Molossis 

115    personuit  canibus.    tum  rusticus  ^'haud  mihi  vita 


SATIRARUM  LIB.  II.  6.  7.  213 


est  opus  hac"  ait  et  'Valeas:  me  silva  cavusque 
tutus  ab  insidiis  tenui  solabitur  ervo." 


VII. 

'lamdudum  ausculto  et  cupiens  tibi  dicere  servus 
pauca  reformido.'  Davusne?  *ita,  Davus,  amicom 
mancipium  domino  et  frugi  quod  sit  satis,  hoc  est; 
ut  vitale  putes/    age,  libertate  decembri, 
5    quando  ita  maiores  voluerunt,  utere,  narra. 
'pars  hominum  vitiis  gaudet  eonstanter  et  iirguet 
propositum,  pars  multa  natat;  modo  recta  capessens^ 
interdum  pravis  obnoxia.    saepe  notatus 
cum  tribus  anellis,  modo  laeva  Priscus  inani, 

10    vixit  inaequalis,  claviim  ut  mutaret  in  horas, 
aedibus  ex  magnis  subito  se  conderet,  unde 
mundior  exiret  vix  libertinus  honeste, 
iam  moechus  Romae,  iam  mallet  doctus  Athenis 
vivere,  Vertumnis  quotquot  sunt  natus  iniquis. 

15    scurra  Yolanerius,  postquam  illi  iusta  cheragra 
contudit  articulos,  qui  pro  se  tolleret  atque 
mitteret  in  phimum  talos,  mercede  diuma 
conductum  pavit;  quanto  constantior  isdem 
in  vitiis,  tanto  levius  miser  ac  prior  ille, 

20    qui  iam  contento,  iam  laxo  fune  laborat/ 

non  dic€s  hodie  quorsum  haec  tam  putida  tendant, 
furcifer?  *ad  te,  inquam.'  quo  pacto,  pessime?  Maudag 
fortunam  et  mores  antiquae  plebis,  et  idem, 
siquis  ad  illa  deus  subito  te  agat,  usque  recuses, 

25    aut  quia  non  schtis  quod  clamas  rectius  esse, 
aut  quia  non  firmus  rectum  defendis  et  haeres 
nequiquam  caeno  cupiens  evellere  plantam. 
Komae  rus  optas,  absentem  rusticus  urbem 
tollis  ad  astra  levis,    si  nusquam  es  forte  vocatus 

30    ad  cenam,  laudas  securum  olus  ac,  velut  usquam 
vinctus  eas,  ita  te  felicem  dicis  amasque 
quod  nusquam  tibi  sit  potandum.    iusserit  ad  se 


214  Q-  HORATU  FLACCI 

Maecenas  serum  sub  lumina  prima  venire 
convivam:  "nemon  oleum  fert  ocius?  ecquis 

35    audit?^^  cmn  magno  blateras  clamore  fugisque. 
Mulvius  et  scurrae  tibi  uon  referenda  preeati 
discedunt.   "etenim  fateor  me''  dixerit  ille 
"duci  ventre  levem,  nasum  nidore  supinor, 
inbecillus,  iners,  siquid  vis,  adde,  popino. 

40    tu  cum  sis  quod  ego  et  fort^sis  nequior,  nitro 
insectere  velut  melior,  verbisque  decoris 
obvolvas  Vitium?''  quid,  si  me  stultior  ipso 
quingentis  empto  drachmis  deprenderis?  aufer 
me  voltu  terrere;  manum  stomachumque  teneto, 

45    dum  quae  Crispini  doeuit  me  ianitor  edo. 
te  coniunx  aliena  capit,  meretricula  Davum. 
peccat  uter  nostmm  eruce  dignius?  acris  ubi  me 
natura  intendit,  sub  clara  nuda  lucema 
quaecumque  exc^pit  turgentis  verbera  eaudae, 

50    clunibus  aut  agitavit  equum  laseiva  supinum, 
dimittit  neque  famosum  neque  sollicitum  ne 
ditior  aut  formae  melioris  meiat  eodem. 
tu  cum  proiectis  insignibus,  anulo  equestri 
Romanoque  habitu,  prodis  ex  iudice  Dama 

55    turpis,  odoratum  caput  obscurante  lacenia, 
non  es  quod  siraulas?  metuens  induceris  atque 
altercante  libidinibus  tremis  ossa  pavore. 
quid  refert,  uri  virgis  ferroque  necari 
auctoratus  eas,  an  turpi  clausus  in  arca, 

60    quo  te  demisit  peccati  conseia  erilis, 

contractum  genibus  tangas  caput?  estne  marito 
matronae  peccantis  in  ambo  iusta  poteötas? 
in  corruptorem  vel  iustior.    illa  tamen  se 
non  habitu  mutatve  loco,  peccatve  superne, 

65  cum  te  formidet  mulier  neque  credat  amanti. 

ibis  sub  furcam  prudens,  dominoque  furenti 
committes  rem  omnem  et  vitam  et  cum  corpore  famam. 


63—65  Kirchner  (qu.  Hör.  63). 


SATIRARÜM  LIB.  H.  7.  215 

• 

evasti.    credo,  metues  doctusque  cavebis: 
quaeres,  quando  iterum  paveas  iterumque  perire 

70    possis,  0  totiens  servus.    quae  belua  ruptis, 
cum  semel  eflfugit,  reddit  se  prava  catenis? 
"non  8um  moechus^'  ais :  necjue  ego,  hercule,  für,  ubi  vaga 
praetereo  sapiens  argentea.    tolle  periclum, 
iam  vaga  prosiliet  frenis  natura  reraotis. 

75    tune  mihi  dominus,  renim  imperiis  hominumque 
tot  tantisque  minor,  quem  ter  ^indicta  quaterque 
inposita  liaud  umquam  misera  formidine  privet? 
adde  super,  dictis  quod  non  levius  valeat:  nam, 
sive  vicarius  est  qui  servo  paret,  uti  mos 

so    vester  ait,  seu  conservus,  tibi  quid  sum  ego?  nempe 
tu,  mihi  (|ui  imperitas,  aliis  servis  miser  atque 
dueeris  ut  nervis  alienis  mobile  lignum. 
(luisnani  igitur  liberV  sai)iens,  sibi  qui  imperiosus, 
quem  neque  pauperies  neque  mors  neque  vincula  terrent, 

b5    responsare  cui)idinibu8,  contemnere  honores 
fortis,  et  in  se  ipso  totus  teres  atque  rotundus, 
externi  necjuid  valeat  per  leve  morari, 
in  quem  manea  mit  semper  foi*tuna.    potesne 
ex  his  ut  i)roprium  quid  noscere?  quinque  talenta 

90    poscit  te  mulier,  vexat  foribusque  repulsum 
perfundit  gelida,  rursus  vocat.    eripe  turpi 
eoUa  iugo,  '*^liber.  Über  sum''  die  age.    non  quis: 
urguet  enim  dominus  mentem  non  lenis  et  acris 
subieetat  lasso  stimulos  versatcpie  negautem, 

95    vel  cum  Pausiaca  torpes,  insane,  tabella, 

qui  peccas  minus  atque  ego,  cum  Fulvi  Rutubaeque 
aut  Placideiani  contento  pojdite  miror 
proelia  rubriea  picta  aut  carbone,  velut  si 
re  Vera  pugnent,  feriant,  vitentque  moventes 
100    arma  viri?  nequam  et  eessator  Davus:  at  ipse 
subtilis  veterum  iudex  et  callidus  audis. 
nil  ego,  si  dueor  libo  fumante:  tibi  ingens 
virtus  atque  animus  cenis  responsat  opimis? 
obsequium  ventris  mihi  pemiciosius  est  cur? 


216  0.  HORATO  rLACCl 

• 

IM    tergo  plector  enim.    qui  tu  impunitior  illa, 
quae  parvo  sumi  nequeunt,  obsonia  captas? 
nempe  inamarescunt  epulae  sine  fine  petitaey 
inlusique  pedes  vitiosum  ferre  recusant 
corpus,    an  hie  peccat,  sub  noctem  qui  puer  uvam 

110    furtiva  mutat  strigili?  qui  praedia  vendit, 

nil  servile  gulae  parens  habet?  adde  quod  idem 
non  horam  tecum  esse  potes,  non  otia  recte 
ponere,  teque  ipsum  vitas  fugitivus  et  erro, 
iam  vino  quaerens,  iam  somno  fallere  curam; 

115    frustra:  nam  comes  atra  premit  sequiturque  fugacem/ 
unde  mihi  lapidem?  'quorsum  est  opus?'  unde  sagittas? 
'aut  insanit  homo  aut  versus  facit/  ocius  hinc  te 
ni  rapis,  accedes  opera  agro  nona  Sabino. 

VIII. 
Ut  Nasidieni  iuvit  te  cena  beati? 
nam  mihi  convivam  quaerenti  dictus  here  illic 
de  medio  potare  die.   "^sic  ut  mihi  numquam 
in  vita  fuerit  melius.'    die,  si  grave  non  est, 

5    quae  prima  iratum  ventrem  placaverit  esca. 
'in  primis  Lueanus  aper:  leni  fuit  austro 
captus,  ut  aiebat  eenae  pater:  aeria  eireum 
rapula,  lactucae,  radiees,  qualia  lassum 
pervellunt  stomaehum,  siser,  allee,  faeeula  Coa. 

10    his  ubi  sublatis  puer  alte  cinetus  aeemam 
gausape  purpureo  mensam  pertersit,  et  alter 
sublegit  quodeumque  iaeeret  inutile  quodque 
posset  cenantis  ofTendere,  ut  Attica  virgo 
cum  sacris  Cereris  procedit  fuscus  Hydaspes 

15    Caeeuba  vina  ferens,  Aleon  Chium  maris  expers. 
hie  erus  "Albanum,  Maeeenas,  sive  Falemum 
te  magis  adpositis  deleetat,  habemus  utrumque: 
divitias  miseras!"  sed  quis  eenantibus  una, 
Fundani,  pulchre  fuerit  tibi,  nosse  laboro. 

20    'summus  ego,  et  prope  me  Viseus  Thurinus,  et  infra, 
si  memini,  Varius,  cum  Servilio  Balatrone 


SATIIIARUM  LIB.  n.  8.  217 

VibidiuS;  quas  Maecenas  adduxerat  umbras. 
Nomentanus  erat  super  ipsum,  Porcius  infra, 
ridiculus  totas  simul  absorbere  placentas. 

25    Nomentanus  ad  hoc,  qui,  siquid  forte  lateret, 
indice  monstraret  digito:  nam  cetera  turba, 
no8;  inquam,  cenamus  avis,  conchylia,  piscis, 
longe  dissimilem  noto  celantia  sucum; 
ut  vel  continuo  patuit,  cum  passeris  atque 

30    ingustata  mihi  porrexerat  ilia  rhombi. 

post  hoc  me  docuit  melimela  rubere  minorem 
ad  lunam  delecta:  quid  hoc  intersit;  ab  ipso 
audieris  melius,   tum  Vibidius  Balatroni 
''nos  nisi  damnose  bibimus,  moriemur  inulti;'* 

35    et  calices  poscit  maiores.    vertere  pallor 
tum  parochi  faciem  nil  sie  metuentis  ut  acris 
potores,  vel  quod  maledicunt  liberius,  vel 
fervida  quod  subtile  exsurdant  vina  palatum. 
invertunt  Allifanis  vinaria  tota 

40    Vibidius  Balatroque,  secutis  omnibus;  imi 
convivae  lecti  nihilum  nocuere  lagoenis. 
adfertur  squillas  inter  murena  natantis 
in  patina  porrecta. '  sub  hoc  erus  '"haec  gravida'^  inquit 
"capta  est,  deterior  post  partum  came  futura. 

45    his  mixtum  ins  est:  oleo,  quod  prima  Venafri 
pressit  cella;  garo  de  sucis  piscis  Hiberi; 
vino  quinquenni,  verum  citra  mare  nato, 
dum  coquitur  (cocto  Ghium  sie  convenit  ut  non 
hoc  magis  ullum  aliud);  pipere  albo,  non  sine  aceto 

50    quod  Methymnaeam  vitio  mutaverit  uvam. 
enicas  viridis,  inulas  ego  primus  amaras 
monstravi  incoquere;  inlotos  Curtillus  echinos, 
ut  melius  muria  quod  testa  marina  remittat/^ 
interea  suspensa  gravis  aulaea  ruinas 

55    in  patinam  fecere,  trahentia  pulveris  atri 
quantum  non  aquilo  Campanis  excitat  agris. 
nos  maius  veriti,  postquam  nihil  esse  pericli 
sensimus,  erigimur:  Rufus  posito  capite,  ut  si 


218  Q.  HORATIl  FLACCI 

filius  inmaturus  obisset,  flere.   quis  esset 

60    finisy  ni  sapiens  sie  Nomentanus  amicum 

toUeret  ^'heu,  Fortuna^  quis  est  crudelior  in  nos 
te  deus?  ut  semper  gaudes  inludere  rebus 
humanis."  Varius  mappa  conpeseere  risum 
vix  poterat.    Balatro,  suspendens  omnia  naso, 

65    "haec  est  condicio  vivendi"  aiebat^  *'eoque 
responsura  tuo  numquam  est  par  fama  labori. 
tene,  ut  ego  acoipiar  laute,  torquerier  omni 
sollicitudine  districtum,  ne  panis  adustuS; 
ne  male  conditum  ius  adponatur,  ut  omnes 

70    praecincti  fecte  pueri  comptique  ministrent? 
adde  hos  praeterea  casus,  aulaea  ruant  si, 
ut  modo,  si  patinam  pede  lapsus  frangat  agaso. 
sed  convivatoris  uti  ducis  Ingenium  res 
adversae  nudare  solent,  celare  secundae/' 

75    Nasidienus  ad  haec  "tibi  di  quaecumque  preceris 
commoda  dent ;  ita  vir  bonus  es  convivaque  comis : 
et  soleas  poscit.    tum  in  lecto  quoque  videres 
stridere  secreta  divisos  aure  susurros/ 
nuUos  bis  mallem  ludos  speetasse:  sed  illa 

80    redde  age  quae  deinceps  risisti.    'Vibidius  dum 
quaerit  de  pueris,  num  sit  quoque  fracta  lagoena^ 
quod  sibi  poseenti  non  dantur  pocula,  dumque 
ridetur  fictis  rerum,  Balatrone  secundo, 
Nasidiene,  redis  mutatae  frontis,  ut  arte 

85    emendaturus  fortunam.    deinde  secuti 
mazonomo  pueri  magno  discerpta  ferentes 
membra  gruis,  sparsi  sale  multo  nou  sine  farre, 
pinguibus  et  ficis  pastum  iecur  anseris  albae, 
et  leporum  avolsos,  ut  multo  suavius,  annos, 

90    quam  si  cum  lumbis  quis  edit.    tum  peetore  adusto 
vidimus  et  merulas  poni  et  sine  clune  palumbis, 
suavis  res,  si  non  causas  narraret  earum  et 
naturas  dominus:  quem  nos  sie  fugimus  ulti 
ut  nihil  omnino  gustaremus,  velut  illis 

95    Canidia  adflasset,  peior  serpentibus  Afris/ 


Q.  HORATII  FLACCI 

EPISTULARUM 

LIBER  PRIMUS. 
I. 

Prima  dicte  mihi;  summa  dicende  camena, 
gpectatum  satis  et  donatum  iam  rüde  quaeris, 
MaecenaS;  iterum  antiquo  me  includere  ludo. 
non  eadem  est  aetas,  non  mens.    Veianius,  armis 

5    Herculis  ad  postem  iixis,  latet  abditus  agro, 
ne  populum  extreraa  totiens  exoret  arena. 
est  mihi  purgatam  crebro  qui  personet  aurem 
'solve  seneseentem  mature  sanus  equum,  ne 
peeeet  ad  extremum  ridendus  et  ilia  dueat/ 

10    nunc  itaque  et  versus  et  cetera  ludicra  pono: 

quid  verum  atque  decens,   curo  et  rogo  et  omnis  in  hoc 

sum: 
condo  et  conpono  quae  mox  depromere  possim. 
ac  ne  forte  roges  quo  me  duce,  quo  lare  tuter: 
nullius  addictus  iurare  in  verba  magistri, 

15    quo  me  cumcpie  rapit  tempestaS;  deferor  hospes. 
nunc  agilis  fio  et  mersor  civilibus  undis, 
virtutis  verae  custos  rigidusque  satelles, 
nunc  in  Aristippi  furtim  praecepta  relabor 
et  mihi  res,  non  me  rebus  subiungere  conor. 

20    ut  nox  longa  quibus  mentitur  amica,  diesque 
longa  videtur  opus  debentibus,  ut  piger  annus 
pupillis  quos  dura  premit  custodia  matrum, 
sie  mihi  tarda  fluunt  ingrataque  tempora  quae  spem 
consiliumque  morantur  agendi  gnaviter  id  quod 


220  Q.  HORATU  FLACCI 

26    aeque  pauperibus  prodest,  locupletibus  aeque, 
aeque  neglectum  pueris  senibusque  nocebit« 
restat  ut  bis  ego  me  ipse  regam  solerqiie  elemeBtis. 
non  possis  oculo  quantum  contendere  Lynceus, 
non  tarnen  ideirco  contemnas  lippus  inungui; 

30    nee,  quia  desperes  invicti  membra  Glyeonis, 
nodosa  eorpius  nolis  prohibere  eberagra. 
est  quadam  prodire  tenus,  si  non  datur  ultra. 
fervet  avaritia  miseroque  ciipidine  pectus: 

'     sunt  verba  et  voees  quibus  hunc  lenire  dolorem 

35    possis  et  magnam  morbi  deponere  partem. 

laudis  amore  tumes:  sunt  certa  piacula  quae  te 
ter  pure  lecto  poterunt  recreare  libello. 
invidus,  iracundus,  iners,  vinosus,  amator: 
nemo  adeo  ferus  est  ut  non  miteseere  possit, 

40    si  modo  culturae  patientem  commodet  aurem. 
virtus  est  Vitium  fugere,  et  sapientia  prima 
stultitia  caruisse.    vides,  quae  maxima  credis 
esse  mala,  exiguum  censum  turpemque  repulsam, 
((uanto  devites  animi  eapitisque  labore: 

45    inpiger  extremos  curris  mercator  ad  Indos, 

per  mare  pauperiem  fugiens,  per  saxa,  per  ignis: 
ne  eures  ea,  quae  stulte  miraris  et  optas, 
disoere  et  audire  et  meliori  eredere  non  vis? 
(luis  circum  pagos  et  circum  compita  pugnax 

50    magna  coronari  contemnat  Olympia,  cui  spes, 
cui  sit  condicio  duleis  sine  pulvere  palmae? 
vilius  argentum  est  auro,  virtutibus  aurum. 
*o  cives,  cives,  quaerenda  pecunia  primum  est; 
virtus  post  nummos:'  haec  lanus  summus  ab  imo 

55    prodoeet,  haec  recinunt  iuvenes  dictata  senesque. 
laevo  suspensi  loculos  tabulamque  lacerto. 
est  animus  tibi,  sunt  mores,  est  lingua  fidesque, 
sed  quadringentis  sex  Septem  milia  desunt: 
plebs  eris.    at  pueri  ludentes  *rex  eris'  aiunt, 


56  schien  schon  mehreren  unecht,  aus  Sat.  I,  6, 74. 


EPI8TULARUM  LIB.  I.  1.  221 

(0    'si  recte  facies.'    [hie  murus  aeneus  esto, 

nil  conscire  sibi,  nulla  pallescere  culpa. 
Roscia;  die  sodes,  melior  lex  an  puerorum  est 
nenia,  quae  regnum  recte  facientibus  ofFert, 
et  maribus  Curiis  et  decantata  Camillis? 

>5    isne  tibi  melius  suadet  qui;  rem  facias,  rem, 
si  possis,  recte,  si  non,  quocumque  modo  rem, 
ut  propius  spectes  lacrimosa  poemata  Pupi, 
an  qui  Fortunae  te  responsare  superbae 
liberum  et  erectum  praesens  hortatur  et  aptat? 

70    quod  si  me  populus  Romanus  forte  roget,  cur 
non  ut  portieibus  sie  iudiciis  fruar  isdem^ 
nee  sequar  aut  fugiam  quae  diligit  ipse  vel  odit, 
olim  quod  volpes  aegroto  cauta  leoni 
respondit  referam:  'quia  me  vestigia  terrent, 

75    omnia  te  adversum  spectantia,  nulla  retrorsum.* 

belua  nmltorum  es  capitum.    nam  quid  sequar  aut  quem? 
pars  hominum  gestit  conducere  publica;  sunt  qui 
crustis  et  pomis  viduas  venentur  avaras 
excipiantque  senes  quos  in  vivaria  mittant; 

80    multis  occulto  crescit  res  fenore.    verum 
esto  aliis  alios  rebus  studiisque  teneri: 
idem  eadem  possunt  horam  durare  probantes? 
'nuUus  in  orbe  sinus  Baus  praelucet  amoenis' 
si  dixit  dives,  lacus  et  mare  sentit  amorem 

85    festinantis  eri:  cui  si  vitiosa  libido 

fecerit  auspicium,  cras  ferramenta  Teanum 
tolletis,  fabri.  lectus  genialis  in  aula  est: 
nil  ait  esse  prius,  melius  nil  caelibe  vita: 
si  non  est,  iurat  bene  solis  esse  maritis. 

90    quo  teneam  voltus  mutantem  Protea  nodo? 
quid  pauper?  ride:  mutat  cenacula,  lectoa, 
balnea,  tonsores,  conducto  navigio  aeque 
nauseat  ac  locuples  quem  ducit  priva  triremis. 
si  curatus  inaequali  tonsore  capillos 


60.  61. von  si  recte  facies  an  für  unecht  erklärt  von  M. 


222  Q-  HORATU  FLACCI 

occurrO;  rides;  si  forte  subucula  pexae 
trita  subest  tunicae  vel  si  toga  dissidet  inpar, 
rides.    quid,  mea  cum  ]>ugnat  sententia  secum 
quod  petiit  spernit,  repetit  quod  nuper  omisit, 
aestuat  et  vitae  disconvenit  ordine  toto, 

100    diruit,  aedificat,  mutat  quadrata  rotundis? 

intonire  putas  soUemnia  me  neque  rides, 
nee  medici  eredis  nee  curatoris  egere 
a  praetore  dati,  rerum  tutela  mearum 
cum  sis  et  prave  sectum  stomacheris  ob  ung^em 

105    de  te  pendentis,  te  respicientis  amici? 

ad  summam,  sapiens  uno  minor  est  love,  dives, 
über,  honoratuSy  pulcher,  rex  denique  regum, 
praeeipue  sanus,  nisi  cum  pituita  molesta  est. 


II. 

Troiani  belli  scriptorem,  Maxime  Lolli, 

dum  tu  declamas  Romae,  Praeneste  relegi: 

qui  quid  sit  pulchrum,  quid  turpe,  quid  utile,  quid  non, 

planius  ac  melius  Chrysippo  et  Crantore  dicit. 

5    cur  ita  crediderim,  nisi  quid  te  detinet,  audi. 
fabula,  qua  Paridis  propter  narratur  amorem 
Graecia  Barbariae  lento  collisa  duello, 
stultorum  regum  et  populorum  continet  aestus. 
Antenor  censet  belli  praecidere  causam. 

10    quid  Paris?  ut  salvus  regnet  vivatque  beatus, 
cogi  posse  negat.    Nestor  conponere  litis 
inter  Peliden  festinat  et  inter  Atriden: 
hunc  amor,  ira  quidem  communiter  urit  utrumque. 
quidquid  delirant  reges,  plectuntur  Achivi. 

15    seditione,  dolis,  scelere  atque  libidine  et  ira 
Iliacos  intra  muros  peccatur  et  extra, 
rursus  quid  virtus  et  quid  sapientia  possit, 
utile  proposuit  nobis  exemplar  Ulixen, 
qui  domitor  Troiae  multorum  providus  urbis 


EP18TULARUM  LIB.  I.  2.  223 

20    et  moEes  hominuni  inspexit,  latumque  per  aequor, 
dum  sibi,  dum  sociis  reditum  parat,  aspera  multa 
pertulit,  adversis  rerum  inmersabilis  undis. 
Sirenum  voces  et  Circae  pocula  nosti: 
quae  si  cum  sociis  stultus  cupidusque  bibisset^ 

25    sub  domina  meretrice  fuisset  turpis  et  excors 
vixisset  canis  inmundus  vel  amica  luto  sus. 
nos  numerus  sumus  et  fruges  consumere  nati, 
sponsi  Penelopae  nebulones,  Alcinoique 
in  cute  curanda  plus  aequo  oi)erata  iuventus, 

30    cui  pulchnim  fuit  in  medios  dormire  dies  et 
ad  strepitum 'cithanie  cessantem  ducere  somnum. 
ut  iugulent  bominem,  surgunt  de  nocte  latrones: 
ut  te  ipsum  serves,  non  expergisceris?  atqui 
si  noles  sanus,  ciirres  hydropicus;  et  ni 

:^5    posces  ante  diem  librum  cum  lumine,  si  non 
intendes  animum  studiis  et  rebus  honestis, 
invidia  vel  aniore  vigil  torquebere.    nam  cur 
((uae  laedunt  oculum  festinas  demere,  siquid 
est  animum,  diifers  curandi  tempus  in  annum? 

40    dimidium  facti  qui  coepit  habet:  sapere  aude: 
incipe.   qui  recte  vivendi  prorogat  horam, 
rusticus  exspcctat  dum  defluat  amnis:  at  ille 
labitur  et  labetur  in  omne  volubilis  aevum. 
quaeritur  argentum  puerisque  beata  creandis 

45    uxor  et  incultae  pacantur  vomere  silvae. 

({uod  satis  est  cui  contingit,  nihil  am])lius  optet. 
non  domus  et  fundus,  non  aeris  acervus  et  auri 
aegroto  domini  deduxit  coq)ore  febris, 
non  animo  curas:  valeat  possessor  oportet, 

50    si  conportatis  rebus  bene  cogitat  uti. 

qui  cupit  aut  metuit,  iuvat  illum  sie  domus  et  res 
ut  lippum  pictae  tabulae,  fomenta  podagram, 
auriculas  citharae  collecta  sorde  dolentis. 
sincerum  est  nisi  vas,  quodcumque  infundis  acescit. 


31  cessantem  B.  cessatum.' 


224  Q.  HORATU  FLAOCI 

55    gpeme  voluptateB:  nocet  empta  dolore  voluptai.  . 
semper  ayarus  eget:  certum  voto  pete  finem. 
invidus  alterius  macrescit  rebus  opimis: 
invidia  Siculi  non  invenere  tyranni 
malus  tormentum.   qui  non  moderabitur  irae» 

6(»    infectiim  volet  esse,  dolor  quod  suaserit  et  mena, 
dum  poenas  odio  per  vim  festinat  inulto. 
ira  furor  brevis  est:  animum  rege;  qui  nisi  paret, 
Imperat:  hunc  frenis,  hunc  tu  conpesce  catena. 
fingit  equum  tenera  doeilem  cerylce  magister 

65    Ire  viam  qua  monstret  eques:  venatleus,  ex  quo 
tempore  cervlnam  pellem  latravit  in  aula, 
militat  in  silvis  catulus,  nunc  adhibe  puro 
pectore  verba  puer,  nunc  te  melioribus  offer. 
quo  semel  est  imbuta  recens,  senrabit  odorem 

70    testa  diu.  quod  si  cessas  aut  strenuus  anteis, 

nee  tardum  opperior  nee  praecedentibus  insto. 


III. 

luli  Flore,  quibus  terrarum  militet  oris 

Claudius  Augusti  privignus,  scire  laboro. 

Thraeane  tos  Hebrusque  nivali  compede  vinctua, 

an  freta  vicinas  inter  currenti^  turris, 
5    an  pingues  Asiae  campi  collesque  morantur? 

quid  studiosa  cohors  operum  struit?  hoc  quoque  curo. 

quis  sibi  res  gestas  Augusti  scribere  sumit? 

bella  quis  et  paces  longum  diffundit  in  aevum? 

quid  Titius,  Romana  brevi  venturus  in  ora? 
10    Pindarici  fontis  qui  non  expalluit  haustus, 

fastidire  lacus  et  rivos  ausus  apertos. 

ut  valet?  ut  meminit  nostri?  fidibusne  Latinis 

Thebanos  aptare  modos  studet  auspice  musa, 

an  tragica  desaevit  et  ampullatur  in  arte? 
15    quid  mihi  Celsus  agit?  monitus  multumque  moneudus, 

privatas  ut  quaerat  opes  et  tangere  vitet 


EPISTÜLARÜM  LIB.  I.  4.  225 

scripta,  Palatinus  quaecumque  recepit  Apollo, 
ne,  si  forte  suas  repetitum  venerit  olim 
grex  avium  plumas,  moveat  cornicula  risum 

2ü    furtivis  nudata  coloribus.    ipse  quid  audes? 

(juae  circumvolitas  agilis  tliyma?  non  tibi  parvum 
iugcnium,  non  ineultum  est  et  turpiter  hirtum. 
seu  linguam  causis  aeuis,  seu  civica  iura 
re8i)onderc  paras,  seu  condis  amabile  Carmen, 

25    prima  feres  liederac  victricis  praemia:  quod  si 
frigida  curarum  f Omenta  relinquere  posses, 
quo  te  caelestis  sapientia  duceret,  ires. 
hoc  opus,  hoc  Studium  parvi  properemus  et  ampli, 
si  i)atriae  volumus,  si  nobis  vivere  cari. 

30    debes  hoc  etiam  rescribere,  sit  tibi  curae 
quantae  conveniat  Munatius.  an  male  sarta 
gratia  nequiquam  coit?  an  rescinditur  et  vos 
seu  calidus  sanguis  seu  rerum  inscitia  vexat 
indomita  cervice  feros?  ubicumque  locorum 

35    vivitis,  indigni  fraternum  rumpere  foedus, 
pascitur  in  vestrum  reditum  votiva  iuvenca. 


IV. 

Albi,  nostrorum  sermonuni  candide  iudex, 
quid  nunc  te  dicam  facere  in  regione  Pedana? 
scribere  quod  Cassi  Parmensis  opuscula  vincat, 
an  tacitum  silvas  inter  reptaro  salubris, 

5    curantem  quidquid  dignum  supiente  bonoque  est? 
non  tu  corpus  cras  sine  pectore:  di  tibi  fonnam, 
di  tibi  divitias  dcderunt  artemque  fruendi. 
quid  voveat  dulci  nutricula  malus  alumno, 
qui  sapere  et  fari  possit  quae  sentiat,  et  cui 

10    gratia,  fama,  valetudo  contingat  abunde, 
et  mundus  victus,  non  deficiente  crumena? 


32  an,  dann  et.    Ueberlieferung  et,  dann  at  und  ac. 

IS 
Leurs,  Uonitios. 


226  Q.  HORATII  FLACCI 

inter  spem  curanique,  timores  inter  et  iras 
omnem  crede  diem  tibi  diluxisse  supremum: 
grata  superveniet  quae  non  sperabitur  hora. 
15    me  pingruem  et  nitidum  bene  curata  cute  vises^ 
cum  ridere  voles,  Epiouri  de  grege  porcum. 


V. 

Si  potes  Archiacis  conviva  recumbere  lectis 

nee  modiea  cenare  times  olus  omne  patella, 

supremo  te  sole  domi,  Torquate,  manebo. 

vina  bibes  iterum  Tauro  diffusa  palustris 
5    inter  Minturnas  Sinuessanumque  Petrinum. 

si  melius  quid  habes,  arcesse;  vel  imperium  fer. 

iamdudum  splendet  focus  et  tibi  munda  supellex. 

mitte  levis  spes  et  certamina  divitiarum 

et  Moschi  causam:  cras  nato  Caesare  festus 
10    dat  veuiam  somnumque  dies;  inpune  lieebit 

festivam  sermone  benigne  tendere  no«tem. 

quo  mihi  fortunam,  si  non  eonceditur  uti? 

parcus  ob  heredis  curam  nimiumque  sevenis 
adsidet  insano.    potare  et  spargere  florcs 
15    incipiam  patiarque  vel  inconsultus  haberi. 
quid  non  ebrietas  designat?  operta  recludit, 
spes  iubet  esse  ratas,  ad  proelia  tnidit  inertem, 
sollicitis  animis  onus  eximit,  addocet  artis. 
fecundi  calices  quem  non  feeerc  disertum? 
20    contracta  quem  non  in  paupertate  solutiim? 
haec  ego  procurare  et  idoneus  imperor  et  non 
invitus,  ne  turpe  toral,  ne  sordida  mappa 
corruget  naris,  ne  non  et  c>antharus  et  lanx 
ostendat  tibi  te,  ne  fidos  inter  amicos 
25    sit  qui  dicta  foras  eliminct,  ut  coeat  par 
iungaturque  pari.    Butram  tibi  Septiciumque 
et  nisi  cena  prior  potiorque  puella  Sabinum 
detinet  adsumam.   locus  est  et  pluribus  umbris: 


EnSTULARUM  LIB.  I.  5.  6.  227 

sed  nirais  arta  premunt  olidae  convivia  caprae. 
*«)    tu  qiiotus  esse  velis  rescribe  et  rebus  omissis 
atria  servantem  postico  falle  clientem. 


VI. 

Nil  admirari  proi)c  res  est  una,  Numici, 
solaque  quae  possit  facere  et  servare  beatum. 
hunc  soleui  et  Stellas  et  decedentia  certis 
tempora  momentis  sunt  qui  formidine  nulla 
5    imbuti  spectent.   quid  eeiises  munera  terrae? 
quid  maris  extremos  Arabas  ditantis  et  Indos? 
ludicraque  et  plausus  et  amici  dona  Quiritis? 
quo  speetanda  modo,  «pio  sensu  credis  et  ore? 
qui  timet  bis  adversa,  fere  miratur  eodem 

10    quo  cupiens  pacto:  pavor  est  utrobique  molestu«, 
inprovisa  simul  species  extemat  utninique. 
gaudeat  an  doleat,  cupiat  metuatne,  quid  ad  reni^ 
si,  quidquid  vidit  melius  peiusque  sua  spe, 
defixis  oeulis  animöque  et  corpore  torpet? 

15    insani  sa])iens  nomen  fenit,  acquus  iniqui, 
ultra  quam  satis  est  virtutem  si  petat  ipsam. 
i  nunc,  argentum  et  maimor  vetus  aeraque  et  artis 
suspice,  cum  gemmis  Tyrios  mirare  colores; 
gaude  quod  spectant  oculi  te  mille  loquentem; 

20    navus  mane  fonmi  et  vespertinus  pete  tectum, 
ne  plus  fnmienti  dotalibua  emetat  agris 
Jlutus  et  (indignum,  qui  sit  peioribus  ortus!) 
hie  tibi  sit  potius  quam  tu  mirabilis  illi. 
(piidquid  sub  terra  est,  in  apricum  proferet  aetas^  • 

25  defodiet  condetque  nitentia.  cum  benc  notum 
porticus  Agrippae  et  via  te  con8i)exerit  Appi, 
ire  tarnen  restat  Numa  quo  devenit  et  Ancus. 
si  latus  aut  renes  morbo  temptantur  acuto, 


7  que  ct.   quid.      11  extemat  Jacobs,   cxterret  nndoxercet.    22  qui 
B.    quod. 

15* 


228  ^  HORAXn  FLACCI 

quaere  fugam  morbi.   vis  recte  vivere  (quis  non?): 

30    gi  virtus  hoc  una  potest  dare,  fortis  omissis 
hoc  age  deliciis.   virtutem  verba  putas  et 
lucum  ligna:  cave  ne  portus  occupet  alter, 
ne  Cibyratica,  ne  Bithyna  negotia  perdas; 
mille  talenta  rotundentur,  totidem  altera,  porro  et 

35    tertia  succedant,  et  quae  pars  quadret  aeervum. 
scilicet  uxorem  cum  dote  fidemque  et  amicos 
et  genus  et  formam  regina  Pecunia  donat, 
ac  beue  nummatum  decorat  Suadela  Venusque. 
mancipiis  locuples  eget  aeris  Cappadocum  rex: 

40    ne  fueris  hie  tu.   chlamydes  LucuUus,  ut  aiunt, 
si  posset  centum  scenae  praebere  rogatus, 
^qui  possum  tot?'  ait:  'tarnen  et  quaeram  et  quot  habeb( 
mittam/    post  paullo  scribit  sibi  milia  quinque 
esse  domi  chlamydum;  partem  vel  tolleret  omnis. 

45    exilis  domus  est  ubi  non  et  multa  supersunt 
et  dominum  fallunt  et  prosunt  furibus.   ergo 
si  res  sola  potest  facere  et  servare  beatum, 
hoc  primus  repetas  opus,  hoc  postremus  omittas. 
si  fortunatum  species  et  gratia  praestat, 

50    mercemur  serviim  qui  dictet  nomina,  laevum 
qui  fodicet  latus  et  cogat  trans  pondera  dextram 
porrigere:  'hie  multum  in  Fabia  valet,  ille  Velina; 
cui  libet  hie  fascis  dabit  eripietque  curule 
cui  volet  inportunus  ebur/   frater,  pater  adde; 

55    ut  cuique  est  aetas,  ita  quemque  facetus  adopta. 
si  bene  qui  cenat  bene  vi>it,  lucet,  eamus 
quo  ducit  gula,  piscemur,  venemur,  ut  olim 
Gargilius,  qui  mane  piagas,  venabula,  servos, 
differtum  transire  forum  campumque  iubebat, 

60    unus  ut  e  multis  populo  spectante  referret 

emptum  mulus  aprum.   crudi  tumidique  lavemur, 
quid  deceat  quid  non  obliti,  Caerite  cera 
digni,  remigium  vitiosum  Ithacensis  Ulixi,* 


59  campumque  B.   populumque.    S.  Commentar. 


EPISTULARUM  LIB.  I.  6.  7.  229 

cui  potior  patria  fuit  interdicta  voluptas. 
ß    si,  Mimnermus  uti  censet,  sine  amore  iocisque 
nil  est  iueundum,  vivas  in  amore  ioeisque. 
vive,  vale.   siquid  novisti  rectius  istis, 
candidus  imperti;  si  non,  his  utere  mecum. 


VII. 

Quinque  dies  tibi  pollicitus  me  rure  futurum, 
sextilem  totum  meudax  desideror.   atqui, 
si  me  vivere  vis  sanum  recteque  valentem, 
quam  mihi  das  aegro,  dabis  aegrotare  timenti, 

5    Maecenas,  veniam,  dum  ficus  prima  ealorque 
designatorem  decorat  lictoribus  atris, 
dum  pueris  omnis  pater  et  matercula  pallet, 
officiosaque  sedulitas  et  opella  forensis 
adducit  febris  et  testamenta  resignat. 

0    quod  si  bruma  nivis  Albanis  inlinet  agris^ 
ad  mare  descendet  vates  tuus  et  sibi  pareet 
eontractusque  leget:  te,  dulcis  amice,  reviset 
cum  zephyris,  si  concedes,  et  hirundine  prima, 
non  quo  more  pyris  vesci  Calaber  iubet  hospes 

5    tu  me  fecisti  locupletem.  'vescere  sodes/ 

'iam  satis  est/  'at  tu  quantum  vis  tolle/  'benigne/ 
'non  in  Visa  feres  pueris  munuscula  parvis/ 
'tarn  teneor  dono  quam  si  dimittar  onustus.' 
'ut  Übet:  haec  porcis  hodio  comedenda  relinques/ 

0    prodigus  et  stultus  donat  quae  spemit  et  odit: 
haec  seges  ingratos  tulit  et  feret  omnibus  annis. 
vir  bonus  et  sapiens  dignis  ait  esse  paratus: 
nee  tamen  ignorat  quid  distent  aera  lupinis. 
dignum  praestabo  me  etiam  pro  laude  merentis. 

5    (|uod  si  me  noles  usquam  discedere,  reddes 
forte  latus,  nigros  angusta,  fronte  capillos, 
reddes  dulce  loqui,  reddes  ridere  decorum  et 
inter  vina  fugam  Ginarae  maerere  protervae. 


230  Q.  UORATU  FLACCr 

forte  per  angustam  tenuis  nitedula  rimam 

30    repserat  in  ciimeram  frumenti,  pastaque  rursos 
ire  fora»  pleiu»  tendebat  corpore  fnistra. 
cui  mufltela  i)rocul  'si  vis'  ait  'effugere  istinc, 
maera  cavum  repetes  artum^  quem  macra  subisti/ 
hac  ego  si  coupellor  imagine,  euncta  resigno ; 

35    nee  somuuui  plebis  laudo  satur  altilium,  nee 
otia  divitiis  Arabiim  liberrima  rauto. 
aaepe  vereeundum  laudasti,  rexque  paterque 
audisti  eorani,  nee  verbo  parcius  abseus: 
inspice  si  ]>()ssiim  donata  reponere  laetus. 

M)    band  male  TelemaehiiS;  proles  ])atientis  Ulixi, 
'non  est  aptus  equis  Itbace  locus^  ut  neque  planis 
porreetus  spatiis  nee  multae  prodigus  barbae: 
Atride,  nuigis  apta  tibi  tua  dona  relinquam/ 
par\'um  parva  decent;  mihi  iam  non  regia  Roma^ 

4)    sed  vaeuum  Tibiir  placet  aut  inbelle  Tarentum. 
strenuus  et  fortis  causisque  Pbilippus  agendis 
clanis,  ab  officiis  oetavam  circiter  horam 
dum  redit  atque  foro  nimium  distare  Garinas 
iam  grandis  natu  queritur,  conspexit,  ut  aiunt, 

50    adrasum  quendam  vacua  tonsoris  in  umbra 
cultello  proprio»  purgantem  leniter  unguis. 
'Demetri'  (puer  hie  non  laeve  iussa  Philippi 
accipiebat),  'abi,  quaere  et  refer,  unde  domo,  quis, 
cuius  fortunae,  ((uo  sit  patre  quove  patrono/ 

55    it  redit  et  narrat,  Volteium  nomine  Menam, 
praeeonem,  tenui  censu,  sine  crimine  natum, 
et  properare  loco  et  cessare  et  quaerere  et  uti, 
gaudentem  parvisque  sodalibus  et  lare  certo 
et  ludis  et  post  decisa  negotia  campo. 

60    *^8citari  libet  ex  ipso  quodeumque  refers:  die 
ad  cenam  veniat/    non  sane  credere  Mena, 
mirari  secum  tacitus.    quid  multa?  'benigne* 
respondet.    'neget  ille  mihi?'  'negat  inprobus  et  te 


20  nitedula  B.    volpecula. 


EPISTÜLARÜM  LIB.  I.  7.  231 

neglegit  aut  borret/     Volteium  mane  Philipi)U8 

65    vilia  vendentem  tunicato  scruta  popello 
occupat  et  salvere  iubet  prior,    ille  Philippe 
excusarc  laborem  et  mereennaria  vincla, 
quod  non  mane  domum  venisset,  denique  quod  non 
providisset  eum.    'sie  ignovisse  putato 

70    me  tibi,  si  cenas  hodie  mecum/    'ut  Übet/    'ergo 
post  iiouam  venies:  nunc  i,  rem  strenuus  äuge/ 
ut  ventum  ad  cenam  est,  dicenda  taeenda  locutus 
tandem  dormitum  dimittitur.    hie  ubi  saepe 
oceultum  visus  decurrere  piscis  ad  hamum, 

75    mane  cliens  et  iam  certus  conviva,  iubetur 
rura  suburbaua  indictis  comes  ire  Latinis. 
inpogitus  mannis  arvum  caelumque  Sabinum 
nan  cessat  laudare.    videt  ridet(|ue  Philippus, 
et  sibi  dum  requiem,  dum  risus  undique  quaerit, 

^t»    dum  Septem  donat  sestertia,  mutua  Septem 
promittit,  persuadet  uti  mercetur  agellum. 
mercatur.    ne  te  longis  ambagibus  ultra 
quam  satis  est  morer,  ex  nitido  fit  rustieus  atque 
suleos  et  >nneta  crepat  mera,  ]>raeparat  ulmoS; 

s5    inmoritur  studiis  et  amore  seneseit  habendi, 
verum  u])i  oves  furto,  morbo  i)eriere  capellae, 
spem  mentitii  segcs,  bos  est  enectus  arando, 
oifensus  damnis  media  de  nocte  caballum    • 
arripit  iratusque  Philippi  tendit  ad  aedis. 

10    (jueni  simul  aspexit  seabrum  intonsumque  PhilippuS; 
*durus*  ait,  'Voltei,  nimis  attentusque  videris 
esse  mihi.'    *pol  me  miserum,  patrone,  vocares, 
si  velles'  inquit  'verum  mihi  ponere  nomen. 
quod  te  per  genium  dextramque  deosque  penatis 

^5    obsecro  et  obtestor,  vitae  me  redde  priori.* 
qui  scmel  aspexit  quantum  dimissa  petitis 
praestent,  mature  redeat  repetatque  relicta. 
metiri  se  quemque  suo  modulo  ac  pede  verum  est. 


232  ^  HOlUTIl  PXAOCl 


\1II. 


Celso  gaudere  et  bene  rem  gerere  Älbinovano 
musa  rogata  refer,  comiti  scribaeque  Neronia. 
si  quaeret  quid  agam,  die  multa  et  pulchra  minantem 
vivere  nee  recte  nee  guaviter:  haud  quia  gnrando 

5    eontuderit  vitis  oleamve  momorderit  aestus, 
nee  quia  longinquis  armentum  aegrotet  in  agris; 
sed  quia  mente  minus  validug  quam  eorpore  toto 
nil  audire  velim,  nil  discere,  quod  levet  aegrum; 
fidis  offendar  medicis,  irascar  amieis, 

10    cur  me  funesto  properent  arcere  vetemo; 

quae  noeuere  sequar,  fugiam  quae  profore  credam; 
Romae  Tibur  amem  ventosus,  Tibure  Romam. 
post  haeCy  ut  valeat,  quo  paeto  rem  gerat  et  se, 
ut  plaeeat  iuveni  percontare  utque  coborti. 

15    si  dieet  'recte/  primum  gaudere,  subinde 
praeceptum  auriculis  boc  instillare  memento: 
ut  tu  fortunam,  sie  nos  te,  Celse,  feremus. 


IX. 

Septimius,  Claudio  nimirum  intellegit  unus, 
quanti  me  facias.  nam  cum  rogat  et  prece  cogit 
scilicet  ut  tibi  se  laudare  et  tradere  coner, 

dignum  mente  domoque  legentis  bonesta  Neronis, 

5    munere  cum  fungi  propioris  censet  amici, 
quid  possim  videt  ac  novit  me  valdius  ipso, 
multa  quidem  dixi,  cur  excusatus  abirem; 
sed  timui  mea  ne  finxisse  minora  putarer, 
dissimulator  opis  propriae,  mihi  commodus  uni. 

10    sie  ego,  maioris  fugiens  opprobria  culpae, 
frontis  ad  urbanae  descendi  praemia.    quod  si 

4  Gruppe. 


EPISTÜLARÜM  LIB.  I.  8.  9.  10.  233 

depositum  laudas  ob  amici  iussa  pudorem, 
scribe  tili  gregis  hunc  et  fortem  crede  bonumque. 


X. 

Urbis  amatorem  Fuscum  salvere  iubemus 

ruris  amatores.    bac  in  re  scilicet  una 

multum  dissimiles;  at  cetera  pene  gemelli, 

fraternis  animis  quidquid  negat  alter  et  alter, 
5    adnuimus  pariter  vetuli  notique  columbi. 

tu  nidum  servas,  ego  laude  ruris  amoeni 

rivos  et  musco  eircumlita  saxa  nemusque. 

quid  quaeris?  vivo  et  regno,  simul  ista  reliqui 

quae  vos  ad  caelum  effertis  rumore  secundo, 
[0    utque  sacerdotis  fugitivus  liba  recuso, 

pane  egeo  iam  mellitis  potiore  placentis. 

vivere  naturae  si  convenienter  oportet 

ponendaeque  domo  quaerenda  est  area  primum, 

novistine  locum  potiorem  rure  beato? 
15    est  ubi  plus  tepeant  hiemes,  ubi  gratior  aura 

leniat  et  rabiem  canis  et  mnmenta  leonis; 

cum  semel  accepit  solem  furibundus  acutum? 

est  ubi  divellat  somnos  minus  invida  cura? 

deterius  Libycis  ölet  aut  nitet  berba  lapillis? 
JO    purior  in  vicis  aqua  tendit  rumpere  plumbum, 

quam  quae  per  pronum  trepidat  cum  murmure  rivum? 

nempe  inter  varias  nutritur  silva  columnaS; 

laudaturque  domus  longos  quae  prospicit  agros. 

naturam  expellas  furca,  tamen  usque  recurret 
ih    et  mala  perrumpet  furtim  fastidia  victrix. 

non  qui  Sidonio  eontendere  callidus  ostro 

nescit  Aquinatem  potantia  vellera  fucum, 

certius  accipiet  damnum  propiusve  meduUiS; 

quam  qui  non  poterit  vero  distinguere  falsum. 
K)    quem  res  plus  nimio  delectavere  secundae, 

mutatae  quatient.   siquid  mirabere,  pones 


234  Q.  HORATn  FLACa 

invitus.  fuge  magna:  licet  aub  paupere  teeto 

rege8  et  regum  vita  praecurrere  amieos. 

cervus  equum  pogna  melior  commuuibua  herbia 
35    pellebaty  donec  minor  in  certamine  longo 

inplora\it  opea  hominis  frenumque  recepit 

sed  postquam  victor  victo  diseessit  ab  hoste, 

non  equitem  dcirso^  non  frennm  depolit  ore. 

sie  qui  pauperiem  veritus  potiore  metallis 
4c»    libertate  caret,  dominum  vehit  inprobus  atque 

seniet  aeternum.  quia  parvo  nesciet  uti. 
•  eui  non  conveniet  sua  res,  ut  ealeeus  olim, 

»i  pede  maior  erit,  subvertet,  si  minor,  uret. 

laetus  Sorte  tua  nves  sapienter,  Aristi, 
45    nee  me  dimittes  ineastigatum,  ubi  plura 

eogere  quam  satis  est  ac  non  cessare  videbor. 

imperat  aut  sernt  eolleeta  }>eeunia  euique, 

tortum  digna  sequi  potius  quam  ducere  funem. 

haee  tibi  dietabam  post  fanum  putre  Vacunae, 
5u    excepto  quod  non  sinml  esses  cetera  laetus. 


XL 

Quid  tibi  visa  Chios,  Bullati,  notaque  Lesbos, 
quid  eoncinna  Samos,  quid  Croesi  regia  Sardis, 
Sm}Tna  quid  et  Colophon?  maiora  minorane  fama? 
cunctane  prae  campo  et  Tiberino  flumine  sordent, 

5    an  venit  in  votum  Attalicis  ex  urbibus  una? 
an  Lebedum  laudas  odio  maris  atque  narum? 
'scis  Lebedus  quid  sit.   Gabiis  desertior  atque 
Fidenis  vicus:  tarnen  illie  vivere  vellem, 
oblitusque  meoruni;  obliWseendus  et  illis, 

10    Neptunum  procul  e  terra  spectare  furentem.' 
sed  neque  qui  Capua  Romam  petit,  imbre  lutoque 


37  Victor  victo  hat  nach  Bentley  Editio  Cadomensis  14 SO.     victor 
violens  und  violens  victor. 


EPISTÜLARÜM  LIB.  I.  10.  II.  235 

adspersus,  volet  in  caupoua  vivere;  nee  qui 
frigus  eollegit;  furuog  et  balnea  laudat 
ut  fortunatam  plene  praestantia  Wtarn; 

15    nee  si  te  validus  iaetaverit  auster  in  alto, 
idcirco  navem  trans  Aegaeum  mare  vendas. 
incolumi  Rhodos  et  Mvtilene  pulcbra  faeit  quod 
paenula  solstitio,  eampestre  nivalibus  auris, 
per  bnimam  Tiberis,  sextili  mense  eaminus. 

20    dum  lieet  ac  voltum  servat  Fortuna  benignuni; 
Komae  laudetur  Samos  et  Chios  et  Bbodos  absens. 
tu  quamcumque  deus  tibi  fortunaverit  horam 
grata  sunie  manu,  neu  duleia  differ  in  annum; 
ut  quoeumque  loco  fueris  vixisse  libenter 

25    te  dicas.  nam  si  ratio  et  prudentia  curas, 
non  locus  efFusi  late  maris  arbiter  aufert, 
caelum,  non  animum,  mutant  qui  trans  mare  eurrunt. 
strenua  nos  exercet  inertia,  navibus  atque 
quadrigis  petimus  bene  vivere.  quod  petis,  hie  est, 

3ü    est  Ulubris,  animus  si  te  non  deficit  aequus. 


Quid  tibi  visa  Chios,  Bullati,  notaque  Lesbos, 
quid  concinna  Samos,  quid  Croesi  regia  Sardis, 
Smyrna  quid  et  Colophon?  maiora  minorane  fama? 
cuuctane  prae  cami)o  et  Tiberino  flumine  sordent 

5  an  venit  in  votum  Attalicis  ex  urbibus  una? 

6  an  Lebedum  laudas  odio  maris  atque  viarum? 
17    incolumi  Rhodos  et  Mitylene  pulchra  faeit  quod 

paenula  solstitio,  eamjiestre  nivalibus  auris, 

per  brumam  Tiberis,  sextili  mense  eaminus. 
22    tu  quamcumque  deus  tibi  fortunaverit  horam 

grata  sume  manu  neu  duleia  differ  in  annum; 

ut  quoeumque  loco  fueris  vixisse  libenter 
25    te  dicas  sapiens,  ratio  et  prudentia  curas, 

non  locus  et  fusi  late  maris  arbiter  aufert : 


25  sapiens,   nam  si.       2()  et  fusi.    effusi. 


236  Q.  HORATII  FLACCl 

caelnm,  non  animum  mutant  qui  trans  mare  cumtnt 
strenua  nos  exercet  inertia,  na>ibu8  atque 
quadrigis  petimus  bene  vivere.  quod  petis  hie  est, 
30    est  Vlubris,  animus  si  te  non  deficit  aequus. 


XII. 

Fructibus  Agrippae  Siculis,  quos  coUigis,  Icci, 
si  recte  frueris,  non  est  ut  copia  maior 
ab  love  donari  possit  tibi,  tolle  querellas: 
pauper  enim  non  est  cui  rerum  suppetit  usus. 

5    si  ventri  bene,  si  lateri  est  pedibusque  tuis,  nil 
divitiae  poterunt  regales  addere  maius. 
si  forte  in  medio  positorum  abstemius  herbis 
vivis  et  Urtica,  sie  vives  protinus  ut  te 
confestim  liquidus  Fortunae  rivus  inauret, 

10    vel  quia  naturam  mutare  pecunia  nescit, 
vel  quia  cuncta  putas  una  virtute  minora. 
miramur,  si  Democriti  pecus  edit  agellos 
cultaque,  dum  peregre  est  animus  sine  corpore  velox; 
cum  tu  inter  scabiem  tantam  et  contagia  lueri 

15    nil  parvum  sapias  et  adhuc  sublimia  eures, 

quae  mare  conpescant  causae,  quid  temperet  annum, 
stellae  sponte  sua  iussaene  vagentur  et  errent, 
quid  premat  obscurum  lunae,  quid  proferat  orbem, 
quid  velit  et  possit  rerum  concordia  discors, 

20    Empedocles  an  Stertinium  deliret  acumen. 
verum  seu  piscis  seu  pomim  et  caepe  trucidas, 
utere  Pompeio  Grospho,  et,  siquid  petet,  nitro 
defer:  nil  Grosphus  nisi  verum  orabit  et  aequum. 
vilis  amicorum  est  annona,  bonis  ubi  quid  deest. 

25    ne  tamen  ignores  quo  sit  Romana  loco  res, 
Cantaber  Agrippae,  Claudi  virtute  Neronis 
Armenius  cecidit;  ins  imperiumque  Phraates 
Caesaris  accepit  genibus  minor;  aurea  fruges 
Italiae  pleno  defundit  Copia  eomu. 


EPISTÜLARÜM  LIB.  I.  12.  13.  14.  237 


XIIL 


Ut  profieißcentem  docui  te  saepe  diuque, 
Augusto  reddes  signata  Volumina,  Yini, 
81  validus,  si  laetus  erit,  si  denique  poscet; 
ne  studio  nostri  pecceS;  odiumque  libellis 

5  'sedulus  inportes  opera  vehemente  minister, 
si  te  forte  meae  gravis  uret  sareina  chartae, 
abicito  potius  quam  quo  perferre  iuberis 
clitellas  ferus  inpingas  Asinaeque  paternum 
cognomen  vertas  in  risum  et  fabula  fias. 

10    viribus  uteris  per  clivoS;  flumina,  lamas. 
\ietor  propositi  simul  ac  perveneris  illuc, 
sie  positum  servabis  onus,  ne  forte  sub  ala 
faseiculum  portes  librorum  ut  rusticus  agnum, 
ut  vinosa  glomus  furtivae  Pyrrhia  lanae, 

15    ut  cum  pilleolo  soleas  conviva  tribulis. 
ne  volgo  narres  te  sudavisse  ferendo 
carmina  quae  possint  oculos  aurisque  morari 
CaesariS;  oratus  multa  prece,  nitere  porro. 
vado;  vale:  cave  ne  titubes  mandataque  frangas. 


XIV. 

Vilice  silvarum  et  mihi  me  reddentis  agelli, 
quem  tu  fastidis  habitatum  quinque  focis  et 
quinque  bonos  solitum  Variam  dimittere  patres, 
certemus,  spinas  animone  ego  fortius  an  tu 

5    evellas  agro,  et  melior  sit  Horatius  an  res. 
me  quamvis  Lamiae  pietas  et  cura^moratur, 
fratrem  maerentis,  rapto  de  'fratre  dolentis 
insolabiliter,  tamen  istuc  mens  animusque 
fert  et  amat  si)atiis  obstantia  rumpere  claustra. 

10    rure  ego  viventem,  tu  dicis  in  urbe  beatum. 
cui  placet  alterius,  sua  nimirum  est  odio  sors. 
stultus  uterque  locum  inmeritum  causatur  inique: 


238  Q.  HORATII  FLACCl 

in  culpa  est  animiis,  qui  se  non  cffugit  umquam. 
tu  mediastinus  tacita  preee  rura  petebas, 

15    nunc  urbem  et  ludos  et  balnea  vilicas  optas: 
me  constare  mihi  scis  et  discedere  tristem, 
quandocumque  trahunt  invisa  negotia  Romam. 
non  eadem  miramur:  eo  diseonvenit  inter 
meque  et  te.   nam  quae  deserta  et  inhospita  tesqna 

2t)    credis,  amoena  vocat  mecum  qui  sentit,  et  odit 
quae  tu  pulchra  putas.  fomix  tibi  et  uncta  popina 
incutiunt  urbis  desiderium,  video,  et  quod 
anguluH  iste  feret  piper  et  tus  ocius  uva, 
nee  vicina  subest  vinum  praebere  tabema 

25    quae  possit  tibi,  nee  meretrix  tibicina,  cuiu8 

ad  strepitum  salias  terrae  gravis,  et  tarnen  urgues 
iam  pridem  non  taeta  ligonibus  arva  bovemque 
disiunctuni  curas  et  strictis  frondibus  exples. 
addit  opus  pigro  rivus,  si  decidit  imber, 

30    multa  niole  docendus  aprico  parcere  prato. 

nunc*,  age,  quid  nostrum  concentum  dividat,  audi. 
quem  tenues  decuere  togae  nitidique  capilli, 
quem  scis  inmunem  Cinarae  plaeuisse  rapaci, 
quem  bibulum  liquidi  media  de  luee  Falemi, 

35    cena  brevia  iuvat  et  prope  rivum  somnus  in  herba. 
nee  lusisse  pudet,  sed  non  incidere  ludum. 
non  istic  obliquo  oeulo  mea  commoda  quisquam 
limat,  non  odio  obscuro  morsuque  venenat: 
rident  vicini  glaebas  et  saxa  moventem. 

40    cum  servis  urbana  diaria  rodere  mavis? 

horum  tu  in  numerum  voto  ruis:  invidet  usum 
lignorum  et  pecoris  tibi  calo  argutus  et  horti. 
optat  ephippia  bos  piger,  ojjtat  arare  caballus. 
quam  seit  uterque,  libens,  censebo,  exerceat  artem. 


XIV". 

Vilice  silvarum  et  mihi  me  reddentis  agelli, 
quem  tu  fastidia  habitatum  quinque  focis  et 


EPISTULARÜM  LIB.  I.  14.  239 

quinque  bonos  solitum  Variam  dimittere  patres, 

certemus,  8i)inas  animone  ego  fortius  au  tu 

5    evellas  agro 

5*    ....    et  melior  sit  Horatius  an  res. 

me  quamvis  Lamiae  pietas  et  cura  moratur 

fratrem  maerentis,  nipto  de  fratre  dolentis 

insolabiliter,  tarnen  istuc  mens  animusque 
0    fert  et  amat  spatiis  obstantia  rumpere  claustra. 

14  tu  mediastinus  tacita  prece  nira  petebas, 
nunc  urbem  et  ludos  et  balnea  vilicus  optas. 

15  non  cadem  miramur,  co  disconvenit  inter 

me(iue  et  te:  nam  quae  deserta  et  inhospita  tesqua 
20    credis,  anioena  vocat  mecum  qui  sentit,  et  odit 

(|uae  tu  pulehm  putas.  fomix  tibi  et  uncta  popina 

incutiunt  urbis  desiderium,  >ideo,  et  (juod 

angulus  iftte  feret  piper  et  tus  ocius  uva, 

nee  vicina  subest  vinum  praebere  taberna 
25    quae  possit  tibi,  nee  meretrix  tibicina,  cuius 

ad  strepitum  salias  terrae  gravis,  et  tarnen  urges 

iam  pridem  non  tacta  ligonibus  arva  bovemque 
2S    disiunctum  cura«  et  strictis  frondibus  exples. 
if>    nie  constare  mihi  scis  et  discedere  tristem, 

(piandoeumque  trahunt  invisa  negotia  Romam. 
32    (jucni  tenucfl  deeucre  togae  nitidique  capilli, 

quem  seis  inmunem  Cinarae  jilacuisse  rapaci, 

(iuem  bibulum  liquidi  media  de  luce  Falemi, 
35    cena  brevis  iuvat  et  prope  rivum  somnus  in  herba. 
37     non  istic  obliquo  oculo  mea  commoda  quisquam 

liniat,  non  odio  obscuro  morsuque  venenat  : 

rident  vicini  glaebas  et  saxa  moventem. 
40    cum  servis  urbana  diaria  rodere  mavis? 

horum  tu  in  numenim  voto  niis;  invidet  usum 

lignonim  et  pecoris  tibi  calo  argutus  et  liorti. 

optat  ejdiippia  bos  piger,  optat  arare  caballus. 


240  Q.  HORATII  FLACCl 

XV. 
Quae  sit  hiems  Veliae,  quod  caelum^  Vala,  Salemi, 
1'  quaerere  ab  experto  iam  mi  est  opus,  est  opus  illud, 
quorum  hominum  regio  et  qualis  via.    nam  mihi  Baias 
Musa  supervacuas  Antonius  et  magis  Ulis 
me  facit  invisum,  gelida  cum  perluor  unda 

5    per  medium  frigus.    sane  murteta  relinqui, 
dictaque  cessantem  nervis  elidere  morbum 
sulfura  contemni,  vicus  gemit,  invidus  aegris, 
qui  Caput  et  stomachum  supponere  fontibus  audent 
Clusinis  Gabiosque  petunt  et  frigida  rura. 

to    mutaudus  locus  est  et  deversoria  nota 

praeteragendus  equus.  'quo  tendis?  non  mihi  Cumas 
est  iter  aut  Baias'  laeva  stomachosus  habena 
dicet  eques,  certum  nitens  iter.    edere  perge, 
maior  utrum  populum  frumenti  copia  pascat; 

15    collectosne  bibant  imbris  puteosne  perennis 
iugis  aquae.    nam  vina  nihil  moror  illius  orae. 
rure  meo  possum  quidvis  perferre  patique: 
ad  mare  cum  veni,  generosum  et  lene  requiro, 
quod  euras  abigat;  quod  cum  spe  diWte  manet  . 

20    in  venas  animumque  meum,  quod  verba  ministret, 
quod  me  Lucanae  invenem  commendet  amicae. 
tractus  uter  pluris  lepores,  uter  educet  apros, 
utra  magis  piscis  et  echinos  aequora  celent, 
pinguis  ut  inde  domum  possim  Phaeaxque  reverti, 

25    scribcre  te  nobis,  tibi  nos  adcredere  par  est. 
MaeniuS;  ut  rebus  matemis  atque  paternis 
fortiter  absumptis  urbanus  coepit  haberi, 
scurra  vagus,  non  qui  certum  praesaepe  teneret, 
inpransus  non  qui  civem  dignosceret  hoste, 

30    quaelibet  in  quemvis  opprobria  fingere  saevus,  — 

pernicies  et  tempestas  barathrumque  macelli,  — 
quidquid  quaesierat,  ventri  donarat  avaro, 


1'  Zusatz  des  Herausgebers.      4  magis.  tarnen.      t3  certum  u  s.  w 
sed  equis  frenato  est  auris  in  ore. 


EPISTT'LARÜM  LIB.  I.  15.  16.  241 

hic  ubi  nequitiae  fautoribus  et  timidis  nil 
aut  pauUum  abstulerat;  patinas  cenabat  omasi, 

:iit    vilis  et  agiiinae,  tribus  ursis  quod  satis  esset; 
scilicet  ut  ventres  lainna  candente  nepotum 
diceret  urendos  corrector  Bestius.    idem 
(luidquid  erat  nactus  praedae  maioris,  ubi  omne 
verterat  in  fumum  et  cinerem,  'non  hercule  miror 

40    aiebat,  ^si  qui  comedimt  bona,  cum  sit  obeso 
nil  melius  turdo,  nil  volva  pulchrius  ampla.* 
nimiruni  hie  ego  sum.   nam  tuta  et  parvola  laude, 
cum  res  deficiunt,  satis  inter  vilia  fortis: 
verum  ubi  quid  melius  contingit  et  unctius,  idem 

4:>    vos  sapere  et  solos  aio  bene  vivere,  quorum 
oonspicitur  nitidis  fundata  pecunia  villis. 


XVI. 

Ne  perconteris  fundus  mens,  optime  Quinti, 
arvo  paseat  erum  an  baeis  opulentet  olivae, 
pomisne  an  pratis  an  amicta  vitibus  ulmo, 
scribetur  tibi  forma  loquaciter  et  situs  agri. 

5    continui  montes,  ni  dissocientur  opaca 

valle,  sed  ut  veniens  dextrum  latus  aspieiat  sol, 
laoMim  decedens  curru  fugiente  vaporet. 
temperiem  laudes.  quid,  si  rubieunda  benignae 
coma  vepres  et  pruna  ferant?  si  quercus  et  ilex 

10    multa  fruge  pecus,  multa  dominum  luvet  umbra? 
dicas  adductum  propius  frondere  Tarentum. 
fons  etiam  rivo  dare  nomen  idoneus,  ut  nee 
frigidior  Thracam  nee  purior  ambiat  Hebrus, 
infirmo  capiti  fluit  utilis,  utilis  alvo. 

15    hae  latebrae  dulces  et,  iam  si  credis,  amoenae, 
ineolumem  tibi  me  praestant  septembribus  horis. 
tu  recte  vivis,  si  euras  esse  quod  audis. 
iactamus  iam  pridem  omnis  te  Roma  beatum: 


7  decedens  B.  discedens  und  descendens. 

Lkhr8,  Horalius.  1  6 


242  d  UORATII  FLACCI 

sed  vereor  ne  cui  de  te  plus  .quam  tibi  eretliu«^ 

20    neve  putes  alium  sapiente  bonoque  beatum, 
neu,  si  te  populus  sanum  recteque  valentem 
dictitet,  oceultam  febrem  sub  tempus  edendi 
dissimuleS;  donec  mauibut<  trenior  incidat  unctis.  * 
Htultorum  incumta  pudor  malus  ulcera  celat. 

25    mim»  bella  tibi  terra  ]uiguata  niarique 
dicat  et  bis  verbis  vucua»  i)ei'inulceat  auris, 
'tene  magis  salvuui  populus  velit  an  populum  tu, 
servet  in  ambiguo  ([ui  consulit  et  tibi  et  urbi 
luppitor/  Augusti  laudes  agnoscere  possis: 

:iO    cur  pateris  sapiens  emendatusque  voeari? 

respottdesue  tuo,  die  sodes,  nomine?  'nempe 
vir  bonus  et  prudens  did  delector  ego  ac  tu/ 
qui  dedit  hoc  hodie,  cras,  si  volet,  auferet,  ut  si 
detulerit  fascis  indigno,  deti*ahet  idem. 

36    'pone,  meum  est*  inquit:  pono  taeitusque  recedo. 
idem  si  clamet  furem,  neget  esse  pudieum, 
contendat  laqueo  Collum  pressisse  paternum, 
mordear  opprobriis  falsis  mutemque  colores? 
falsus  honor  iuvat  et  mendax  infamia  ten*et 

40    quem  nisi  mendosum  et  medicandum?  vir  bomis  est  quis? 
'qui  consulta  patrum,  qui  leges  iuraque  servat, 
quo  multiic  niagnaeque  secantur  iudice  Utes, 
quo  res  Sponsore  et  quo  causiic  teste  teuentur.* 
sed  videt  Imnc  omnis  domus  et  vicinia  tota 

45    introrsus  turpem,  speciosum  i)elle  decora. 
'nee  furtum  feci  nee  fugi*  si  mihi  dicit 
servus,  'habes  pretium,  loris  nou  ureris^  aio. 
*uon  hominem  occidi.*    n(ni  pasces  in  cruee  corvos. 
*sum  bonus  et  frugi.'   renuit  negitatque  Sabellus/ 

Mj    eautus  enim  metuit  foveam  lupus  accipiterque 
suspeetos  laqueos  et  opertum  miluus  hamum. 
oderunt  peecare  boni  virtutis  amore. 
tu  nihil  admittew  in  te  forinidine  poenae: 


.io  cur.   cum.        35  tiibtis<^uo. 


EPISTUhARUM  LIB.  1.  IC.  17.  24» 

8it  rspcs  fallcndi,  miscebis  saei-a  profauis. 

nam  de  mille  fabae  modus  cum  surripis  unum, 

danmum  est,  non  facinus,  mihi  pacto  lenius  isto. 

vir  bonus,  omne  forum  quem  spectat  et  omne  tribunal, 

quandocumque  deos  vel  poi-co  vel  bove  placat, 

"laue  patei^  clare,  clare  cum  dixit  'Apollo/ 

labiji  movet  metuens  audiri  'pulchra  Laverna, 

da  mihi  fallere,  da  iusto  sanctoque  videri; 

uoctem  pcccatis  et  fraudibus  obice  nubem.' 

i{m  melior  servo,  qui  liberior  sit  avanis, 

in  triviis  fixum  cum  se  demittit  ob  assem, 

non  video.  nam  qui  cupiet,  metuet  quoque:  porro 

qui  metuens  vivet,  über  mihi  non  erit  umquam. 

perdidit  arma,  locum  virtutis  deseriut,  qui 

semper  in  augenda  festinat  et  obruitur  re. 

vendere  cum  possis  captivum,  occidere  noli: 
serviet  utiliter:  sine  ])ascat  durus  aretque, 
naviget  ac  mediis  hiemet  mercator  in  undis, 
annonae  i)ro8it,  portet  frumenta  penusque, 
vir  bonus  et  sapiens  audebit  dicere  'Pentheu, 
rector  Thebarum,  quid  me  perferre  patique 
indignum  coges?"  'adimam  bona/  'nempe  pecus,  rem, 
lectOK,  argentum.  tollas  licet.'  'in  manicis  et 
c*ompcdibus  saevo  tc  sub  custode  tenebo.' 
*ip8e  deus,  simul  atque  volam,  me  solvet.'  opinor 
hoc  sentit,  'moriar.'  mors  ultima  linea  rerum  est. 


XVII. 

Quamvis,  Scaeva,  satis  per  te  tibi  consulis,  et  scis 
(juo  tandem  pacto  deceat  maioribus  uti, 
(iisce,  docendus  adhuc  quae  censet  amiculus,  ut  si 
caecus  iter  monstrare  velit:  tamen  aspice  si  quid 
et  uos  quod  eures  proprium  fecisse  loquamur. 
si  te  grata  qiües  et  primam  somnus  in  horam 
delectat,  si  te  pulvis  strepitusque  rotaruni. 


244  Q-  HORATII  FLACCI 

si  laedit  caupona,  Ferentinum  ire  iubebo. 
nam  neque  divitibus  contmguut  gaudia  solia, 

10    iiec  vixit  male  (lui  aatus  moriensque  fefellit. 
si  prodesse  tuis  paulloque  beniguius  ipsum 
te  tractare  volea,  accedes  siccus  ad  unctum. 
'si  pranderet  olus  patieuter,  regibus  uti 
nollet  Aristippus.'  'si  sciret  regibus  uti, 

15    fastidiret  olus  qui  me  iiotat/    utrius  horum 
verba  probes  et  facta  doce,  vel  iunior  audi 
cur  sit  Aristippi  potior  sententia.    iiamque 
mordaccin  cyuieum  sie  eludebat,  ut  aiunt, 
"^scurror  ego  ipse  mihi,  populo  tu:   rectius  hoc  et 

20    splendidius  mult«»  est.  equus  ut  me  portet,  alat 
officium  facio:  tu  poscis  vilia  rerum, 
daute  minor,  t^uamvis  fere  te  nullius  egentem.' 
omnis  Aristippum  decuit  color  et  status  et  res, 
temptantem  maitira,  ferc  praesentibus  aequum. 

25    contra,  (j[uem  duplici  panno  patieutia  velat, 
mirabor,  vitac  via  si  convorsa  decebit. 
alter  purpureum  non  exspectabit  amictum, 
(juidlibet  indutus  celeberrima  per  loca  vadet 
])ersouamque  feret  non  inconcinnus  utramque: 

30    alter  Milcti  textam  cane  peius  et  angui 
vitabit  clilamydem,  morietur  frigore,  si  non 
rcttuleris  pannum.   refer  et  sine  vivat  ineptus. 
res  gerere,  et  captos  ostcndere  civibus  bostis, 
.  attingit  solium  lovis  et  caelcstia  temptat. 

35    principibus  placuissc  viris  non  ultima  laus  est. 
non  cuivis  bomini  contingit  adire  Corinthum. 
sedit,  (pii  timuit  uc  non  succederet:  esto. 
quid?  (jui  pervenit  fecitne  viriliter?  atqui 
bic  est,  aut  nusquam,  quod  quaerimus.  bic  onus  horrel 

40    ut  par^'is  animis  et  parvo  corpore  maius: 

bic  subit  et  perfert.    aut  virtus  nomen  inane  est, 
aut  decus  et  pretium  recte  petit  experiens  vir. 
coram  rege  sua  de  paupertate  tacentes 
plus  poscente  ferent.  distat  sumasne  pudenter 


EPI8TULÄRÜM  LIB.  I.  17.  \V.  245 

45    an  rapias:  atqui  rerum  caput  hoc  erat,  hie  fons. 
'indotata  mihi  soror  est,  paupercula  mater, 
et  fundus  nee  vendibilis  nee  pascere  finnus* 
qui  dicit,  clamat  'vietiim  date/  succinit  alter 
'et  mihi  dividuo  findetur  munere  quadra/ 

50    sed  tacitus  pasci  si  posset  corvus,  haberet 
plus  dapis  et  rixae  multo  minus  invidiaeque. 
Brundisium  comes  aut  Surrentum  ductus  amoenum 
qui  queritur  salebras  et  acerbum  frigus  et  imbris, 
aut  cistam  effraetam  et  subducta  viatica  i)lorat, 

55    nota  refert  meretricis  aeumina,  saepe  catellam 
saepe  periscelidem  raptam  sibi  flentis,  uti  mox 
nuUa  fides  damnis  verisque  doloribus  adsit. 
nee  semel  inrisus  triviis  attollere  eurat 
fracto  crure  planum,  lieet  illi  plurima  manet 

60    lacrima,  per  sanetum  iuratus  dicat  Osirim 
'credite,  non  ludo:  crudeles,  tollite  claudum:* 
'quaere  peregrinum^  vicinia  rauca  reclamat. 


XVII ' . 

1     Quamvis,  Seaeva,  satis  per  te  tibi  consulis  et  stas, 

3    disee,  doeendus  adhuc  quae  censet  amiculus,  ut  si 
eaeeus  iter  monstrare  velit:  tamen  adspiee  si  quid 

5    et  nos  quod  eures  proprium  fecisse  loquamur. 
si  te  grata  quies  et  primam  somnus  in  horam 
deleetat,  si  te  pulvis  strepitusque  rotarum, 
si  laedit  caupona,  Ferentinum  ire  jubebo: 
nam  neque  divitibus  eontingunt  gaudia  solis, 

10    nee  vixit  male  qui  natus  moriensque  fefellit. 
si  prodesse  tuis  paulloque  benignius  ipsum 
te  traetare  voles,  accedes  siceus  adunctum. 
'si  pranderet  olus  patienter,  regibus  uti 
noUet  Aristippus/  'si  sciret  regibus  uti; 
15    fastidiret  olus  qui  me  notat'  utrius  horum 


1  et  stas.  et  scis. 


246  Q.  HOBATII  I-XACCI 

verba  probcs  et  facta  doce,  vel  iunior  audi 
cur  Sit  Aristippi  potior  senteutia.   namqiie 
mordacem  cynicum  sie  eludebat,  ut  aiunt^ 
'8Curror  ego  ipse  mihi,  populo  tu:  rectius  hoc  et 

20    splendidiuö  multo  est.    equus  ut  me  portet,  alat  rex, 
officium  facio;  tu  poftcis  vilia  rerum, 
dante  minor,  quamvis  fers  te  nullius  egentem/ 
omnis  Aristippum  decuit  color  et  statu»  et  i-es, 
tentantem  maiora,  fere  praesentibus  aequum; 

25    contra  quem  duplici  panno  patientia  velat, 
mirabor  >itae  via  si  conversa  decebit. 
alter  purpuream  non  exspectabit  amictom, 
quidlibet  indutus  celeberrima  per  loca  vadet 
personamque  feret  non  inconcinnus  utramquc: 

30    alter  Mileti  textam  cane  pejus  et  angui 
vitabit  chlamydem,  morietur  frigore,  si  non 
rettuleris  pannum.   refer  et  sine  vivat  ineptu4. 

:t(>    non  cuivis  liomini  contingit  adire  Corintlium. 


XVIII. 

Si  bene  te  novi,  metues,  liberrimo  Lolli, 
scurrantis  speciem  praebere,  profeasus  amicum. 
ut  matrona  meretrici  dispar  erit  atque 
discolor,  infido  scurrae  distabit  amicus. 

5    est  huic  diversum  vitio  vitiuni  propc  maius. 
asperitas  agrestis  et  inconcinna  gravisque, 
quae  sc  commendat  tonsa  cute,  dentibus  atris, 
dum  volt  libertas  dici  mera  veracjue  >'irtus. 
rirtus  est  medium  vitionim  et  utrimque  reductum. 

10    alter  in  obsequium  plus  aequo  pronus,  et  imi 
derisor  lecti,  sie  nutum  divitis  horret, 
sie  iterat  voces  et  verba  cadentia  tollit, 
ut  puerum  saevo  eredas  dictata  magistro 
reddere  vel  partis  mimum  tractare  secundas: 

15    alter  rixatur  de  lana  saepc  caprina, 


EPISTULARUM  LIB.  I.  17.  18.  247 

propugiiat  nugig  annatus:  'scilicet  ut  noii 
»it  mihi  prima  fiiles  et  vere  quod  placet  ut  non 
acritcr  elatrem?  pretium  aetas  altera  Bordet/ 
ambigitiir  quid  enim?  Castor  sciat  an  Doliehos  plus; 

20    Bnindisium  Minuci  melius  via  ducat  an  Appi. 
quem  damnosa  .Venus,  quem  praeceps  alea  nudat, 
^loria  quem  supra  viris  et  vestit  et  unguit, 
(juem  tenet  argenti  sitis  inportuna  famesque, 
quem  pau])ertatis  pudor  et  fuga,  dives  amicuS; 

25    saepe  decem  vitiis  instructior,  odit  et  horret, 
aut,  si  non  odit,  regit  ac  veluti  pia  mater 
plus  quam  se  sapere  et  virtutibus  esse  priorem 
volt  et  ait  prope  vera:  *meae  (contendere  noli) 
Htultitiam  patiuntur  opes:  tibi  parvola  res  est. 

HO    arta  deeet  sanum  comitem  toga:  desine  meeum 
certÄre.'    Eutrapelus  cuicumque  nocere  volebat, 
vestimenta  dabat  pretiosa:  'beatus  enim  iam 
cum  pulehri»  tunicis  sumet  nova  consilia  et  spes, 
dormiet  in  lueem,  scorto  postponet  honestum 

35    officium,  nummos  alienos  paseet,  ad  imum 

Tliraex  erit  aut  olitoris  aget  mercede  caballum.' 

72    non  ancilla  tuum  ieeur  ulceret  ulla  puerve 
intra  marmoreum  vcnerandi  limen  amici, 
HC  dominus  juieri  i)ulchri  grataeve  puellae 
munere  te  caro  beet  aut  incommodus  angat. 

HT     arcanum  neque  tu  scrutaberis  illius  umquam, 
commissumque  teges  et  vino  tortus  et  ira. 
iicc  tua  laudabis  studia  aut  aliena  reprendes, 

40    nee,  cum  venari  volet  ille,  poemata  panges. 
•rratia  sie  fratrum  geminorum,  Amphionis  atque 
Zethi,  dissiluit,  donec  suspecta  severo 
conticuit  lyra.    fraternis  cessisse  putiitur 
nioribus  Amphion:  tu  cede  potentis  amici 

4>    Icnibus  inii)eriiS;  quotiensque  educet  in  agros 
Aetolis  onerata  plagis  iumenta  canesque, 

71  grataeve.   carflevo.      75  caro.    i?rato. 


248  Q.  HORAXn  FLACCI 

surge  et  inhumanae  senium  depone  camenae, 
ceues  ut  pariter  pulmenta  laboribus  empta: 
Romanis  sollemne  viris  opus,  utile  famae 

50    vitaeque  et  membris:  praesertim  cum  valeas  et 
vel  euren  superare  canem  vel  viribus  aprum 
possis.   adde,  virilia  quod  speciosius  arma 
non  est  qui  tractet:  scis  quo  clamore  coronae 
proelia  sustineas  campestria;  denique  saevam 

55    militam  puer  et  Cantabrica  bella  tulisti 

sub  duce  qui  templis  Parthomm  signa  refigit 
nunc,  et  siquid  abest  Italis  adiudicat  armis. 
ac  ne  te  retrahas  et  inexcusabilis  absis, 
quamvis  nil  extra,  numerum  fecisse  modumque 

60  cunus,  interdum  nugaris  rure  patemo: 

partitur  lintris  exercitus,  Actia  pugna 
te  duce  per  pueros  hostili  more  refertur, 
adversarius  est  frater,  lacus  Hadria,  donec 
alterutrum  velox  victoria  fronde  Coronet. 

89    oderunt  hilareni  tristes  tristemque  ioeosi, 
sedatuni  celeres,  agilem  gnavumque  remissi, 
potores  [bibuli  media  de  nocte  Falerni 
oderuntj  porrecta  ncgantem  pocula,  quamvis 
nocturnoö  iures  te  formidare  tepores. 

65    consentire  suis  studiis  qui  crediderit  te, 
fautor  utroque  tuum  laudabit  pollice  ludum. 
protinus  ut  moueam  (siquid  monitoris  eges  tu), 
quid  de  quoque  viro  et  cui  dicas,  saepe  videto. 
percontatorem  fugito:  nam  garrulus  idem  est, 

70    nee  retinent  patulae  commissa  fideliter  aures, 
et  semel  emissum  volat  inrevocabile  verbum. 

76    qualem  commendes  etiam  atque  etiam  aspice,  ne  mox 
incutiant  alieua  tibi  peccata  pudorem. 
fallimur  et  quondam  non  dignum  tradimus:  ergo 
quem  sua  culpa  premet,  deceptus  omitte  tueri, 

80    ut  penitus  notum  si  temptent  crimina,  serves 


91  [  J  M.   V.  72    75  siiul  versetzt  nach  oben  hinter  36. 


EPISTULARÜM  LIB.  1.  18.  19.  249 

tuterisque  tuo  fidenteni  praesidio:  qui 
deute  Theonino  cum  circumroditur,  ecquid 
ad  te  post  pauUo  veutura  pericula  sentis? 
uam  tua  res  agitur,  paries  cum  proximus  ardet, 

S5    et  ueglecta  solent  inceudia  sumere  viris. 
dulcis  inexpertis  cultum  potentis  aniici: 
expertus  metuit.  tu,  dum  tua  navis  iu  alto  est, 
hoc  age,  ne  mutata  retrorsum  te  ferat  aura. 

1(4    deme  supercilio  nubem:  plerumque  modestus 

\V)    occupat  obscuri  speciem,  tacitumus  acerbi. 
inter  cuncta  leges  et  i)ercontabere  doctos, 
qua  ratione  queas  traducere  leniter  aevum, 
ne  te  semper  inops  agitet  vexetque  cupido, 
ue  pavor  et  rerum  mediocriter  utilium  spes: 

100    virtutem  doctrina  paret  naturane  donet, 

((uid  minuat  curas,  quid  te  tibi  reddat  amicum, 
quid  pure  trauquillet,  Iiouos  au  dulce  lucellum 
an  secretuni  iter  et  fallentis  semita  yitae. 
me  quotiens  reficit  gelidus  Digentia  rivus, 

105    quem  Mandela  bibit,  rugosus  frigore  pagus, 
(juid  sentire  ])uta8,  quid  credis,  amice,  precari? 
'sit  mihi  quod  nunc  est,  etiam  minus,  et  mihi  vivam 
{[\ii)(\  superest  acvi,  siquid  superesse  volunt  di: 
sit  ])ona  librorum  et  provisae  frugis  in  annum 

110    copia,  neu  fluitcm  dubiae  spe  pendulus  horae. 
sed  satis  est  orarc  lovem  quae  ponit  et  aufert: 
det  vitam,  det  opes:  aequum  mi  animum  ipse  parabo. 


XIX. 

Prisco  si  credis,  Maeccnas  docte,  Cratino, 
nulla  placere  diu  nee  vivere  carmina  possunt, 
(juae  scribuntur  aquae  potoribus.  ut  male  siccos 
ascripsit  Liber  satyris  faunisque  poetas: 


V.  SO— 93  sind  versetzt  oben  nach  V.  04.      'i  siccos.   sanos. 


%>«  a  Hi'iftATII  FLACXn 


^    rraa  Unie  dnlfe»  nlaenmt  mmae  cameiuie: 
laudria^  ju^vitsr  Tini  tibo«»  H<»ineras: 
Eiudn«  ip«e  pstcr  BiasqnaB  nin  piifu;»  ad  arma 
pmnluit  «lirenda.  'f*innD  Pntealqne  Libonii» 
numdabi»  rieri«.  adiiniun  cantare  sereri^' 

t#    b«^  rimnl  edixi  et  mm  cc«avere  pnelae 
iK^tuni'»  ferure  mem.  potere  dinmo. 
quid?  itiquis  voltn  toiro  fenu  et  petie  nado 
eii;riiaeque  tn^ae  nmalet  textore  CatAnem. 
^irtutemne  repraie»eiitet  moresque  Catonis? 

1^    nipit  larbitam  Timagenis  aemala  lingua. 

liuni  studet  urbanu.«  tenditqne  diseitus  kaheri. 
det-ipit  exemplar  %itii<  imitabile.  qucni  si 
pallerem  ca«u.  biberent  essangue  caminum. 
o  imitatnres,  genram  pecuf«,  ut  mihi  saepe 

20    bili'ni.  saepe  iocam  ve$tri  moTere  tuinultns! 
libera  |)er  Tacuum  po»ui  Testigia  priiireps. 
nou  aliena  meo  prciM^i  pede.    qui  sibi  fidit, 
(lux  regit  examen.    Parios  ego  primus  iambos 
ngtendi  Latio.  numeros  animosqne  »ccutns 

3    Archilochi.  non  re^i  et  agentia  verba  Lycamben. 
ac  ne  nie  foliis  ideo  brerioribus  omes, 
quod  timui  mutare  modos  et  carminis  artem, 
tomperat  Archilochi  musam  pede  mascula  Sappho, 
temj>erat  Alcaeus,  ged  rebus  et  ordine  dispar 

^    nee  gocenim  quaerit  quem  yereibug  oblinat  atris, 
nee  gponsae  laqueum  famoso  carmine  nectit. 
Imne  ego  non  alii  dictum  prius  ore  Latino 
volgavi  iidicen.  iuvat  inmemorata  ferentem 
ingenuis  ooulisque  legi  inanibusque  teneri. 

35    pcire  velis,  mea  cur  ingratus  opuscula  lector 

landet  ametque  domi,  premat  extra  limen  iniquu^; 
non  ego  A'cntosae  jdebis  suifragia  venor 
inpensis  cenarum  et  tritae  munere  vestis; 


5  lyrae.   fero.        lo  edixi  ct.   cdixi  und  edixit.      32  U tl) erlief erui 
hunc  ogo  lion  alio  dictum  prius  ore  Latiiius  u.  Latinis. 


EnSTULARÜM  LIB.  I.    19.  2(».  251 

iiou  cgo  iiobilium  seriptorum  auditor  et  ultor 
40    ^ammaticas  ambire  tribus  et  pulpita  dignor. 

Inno  illae  lacrimae.  'spissis  indigna  theatria 

scripta  pudet  recitare  et  nugis  addere  pondus" 

Hi  dixi,  ^rides'  ait  'et  lovis  auribus  ista 

sen'aB:  iidis  enim  manare  poetica  mella 
45    te  soliim,  tibi  pulcher/  ad  haec  ego  naribiifi  uti 

fonnido  et,  luctsintin  acute  ne  secer  ungiii, 

Mi^plicet  iste  locus'  clamo,  et  diludia  posco. 

Iiulus  enim  genuit  trepidum  certamen  et  iram, 

im  tniois  ihimicitias  et  funebre  bellum. 


XX. 

Vortumnum  lanumque,  liber,  spectare  nderis, 
pcilicct  ut  prostes  Sosiorum  pumice  mundus. 
odisti  clavis  et  grata  sigilla  pudico, 
])aucis  ostendi  gemis  et  communia  laudaS; 

5    non  ita  nutritus.  fuge  quo  descendere  gestifl. 
nou  erit  emisso  reditus  tibi,  'quid  miser  egi? 
quid  volui?*  dices,  ubi  quid  te  laeserit;  et  sei» 
iu  breve  te  cogi,  cum  plenus  languet  amator. 
(|uod  si  nou  odio  peccuntis  desipit  augur, 

10    earus  eris  Romae,  donec  te  deseret  aetas: 
rontrectatus  ubi  manibus  sordescere  volgi 
«•oepcris,  aut  tineas  pasces  taciturnus  inertis 
aut  fnpries  Uticam  aut  vinctus  mitteris  Ilerdam. 
ridebit  monitor  non  exauditus,  ut  ille 

15    (pii  male  parentem  in  rui>iR  protruait  asellum 
iratus:  quis  enim  invitum  «en^are  laboret? 
lioc  quoque  te  manet,  ut  pueros  elementa  doceutem 
oi'nii)ct  extremis  in  vicis  balba  senectuR. 
cum  tibi  sol  tepidus  pluris  admoverit  auris, 

20  nie  libortino  natum  patre,  et  in  tenui  re, 
mtiiores  pennas  nido  extendisse  loqueris. 
ut  quantum  generi  demas,  virtutibus  addas; 


252  Q.  HORATII  FLACCI  EPISTTLARUM  LIB.   I.  20. 

me  primis  urbis  belli  placuisse  domique; 
corporis  exigui,  praecanum,  solibus  aptum^ 
25    irasci  celerem,  tarnen  ut  placabilis  essein. 
forte  meum  siquis  te  percontabitur  aevum, 
me  quater  undenos  seiat  inplevisse  dec^mbris^ 
collegam  Lepidum  quo  duxit  LolliuB  anno. 


Q.  HORATII  FLACCI 

EPISTULARUM 

LIBER  SECÜNDÜS. 
I. 

Cum  tot  sustincas  et  tanta  uegotia  solus, 
res  Italas  armis  tuteriS;  moribus  omes, 
legibus  emendeS;  in  ])ubliea  commoda  peccem, 
si  longo  sermone  morer  tua  tempora,  Caesar. 

5    Konmlus  et  Liber  pater  et  cum  Castore  PoUux, 
])ost  ingentia  facta  deorum  in  templa  recepti, 
dum  terras  kominumque  colunt  genuS;  aspera  bella 
conponunt,  agros  adsignant,  oppida  condunt, 
l)loravere  suis  non  respondere  favorem 

10    spcratum  mcritis.   diram  qui  contudit  hydram 
notaque  fatali  portenta  labore  subegit, 
conperit  invidiam  supremo  fine  domari. 
urit  euim  fulgore  suo,  qui  praegravat  artis 
infra  kc  positas:  extinctus  amabitur  idem. 

15    praesenti  tibi  maturos  largimur  honores 
iurandascpie  tuum  per  numen  ponimus  araS; 
nil  oriturum  aliaS;  nil  ortum  tale  fatentes. 
sed  tuus  hie  ))opuluS;  sapiens  et  iustus  in  uuo 
te  nostris  ducibus,  te  Grais  anteferendo, 

20    cetera  nequaquam  simili  ratione  modoque 
aestimat;  et  nisi  (juae  terris  semota  suisque 
temporibus  defuncta  videt,  fastidit  et  odit, 
sie  fautor  veterum;  ut  tabulas  peccare  vetantis 
quas  bis  quinque  viri  sanxerunt,  foedera  regum 

25    Tel  Gabiis  vel  cum  rigidis  aequata  SabiniS; 


254  Q.  HORATII  FLAOCl 

poutificum  libroS;  aiinosa  volumiua  vatuni 
(lietitet  Albauo  musas  iu  moute  loeiitas. 
Hl;  quia  Gmioruui  siuit  antiquissima  quae^iuc 
scripta  vcl  optima,  Romani  pensantiir  eailem 
M)    Hrriptore»  tnitina,  noii  est  quod  multa  loquamar; 
uil  intra  est  oleii,  iiil  extra  est  in  nuce  duri, 
venimus  ad  summuni  foi-timae,  pingrinius  aU^ue 
psalliniKK  et  luctamur  Äehivis  doetiiis  iinetig. 
si  meliora  dies,  ut  viiia,  poeniata  reddit, 
35  'scirc  veliiii,  chartis  pretiiim  qiiotus  iu'i*oget  aunns 
scriptor  abliiiu*  anuos  eentum  qui.  decidit,  inter 
perfectos  veteresiiue  referri  debet  an  inter 
vilis  atqiie  novos?  excliidat  iiirgia  finis. 
'est  v<»tus  atqiic  probiis,  c^utum  qui  perficit  annot 
40    quid?  <|ui  deperiit  minor  uno  mense  vel  anno, 
inter  qm>s  referendus  erit?  veteresne  i>oetas, 
an  quos  et  i^raesens  et  postera  respuat  aetas? 
Mst«»  quidem  veteres  inter  ponetur  honeste, 
qui  vel  mense  brevi  vel  toto  est  iunior  anno/ 
45    utor  permisso,  eaudaeque  pilos  ut  equinae 

paullatim  vello  et  demo  unum,  demo  et  item  unu 
dum  cadat  elusus  ratione  ruentis  acervi 
<iui  redit  in  fastos  et  virtutem  aestimat  annis 
miraturque  nihil  nisi  quod  Libitina  sacmvit. 
50    Kunius  et  sapiens  et  fortis  et  alter  Homerus, 
ut  critici  dirunt,  leviter  curare  videtur* 
quo  promissa  cadant  et  somnia  Pythagorea? 
Xaevius  iu  manibus  non  est  et  mentibus  haeret 
piiene  recens?  adeo  sanctum  est  vetus  omne  poem 
5>     junbigitur  quotieus,  uter  utro  sit  prior,  aufert 

Pacuvius  docti  famam  senis,  Accius  alti: 
5»)'    <iuautus  sit  l)(»ssennus  edacibnH  in  ufirnRitis 


EriSTUL.VKUM  LIB.  II.  I.  2ZÖ 

<>o    lios  ediscit  et  ho»  arto  »tipata  tkeatro 

spectat  Roma  potens;  habet  hos  numeratque  poet^iB 
ad  nostrum  tempus  Livi  scriptoris  ab  aevo. 
iiiterdum  volgus  rectum  videt:  est  ubi  peccat. 
^^i  veteres  ita  miratur  laudatque  poetaS; 

«5    iit  nihil  anteferat;  nihil  illis  conparet,  errat, 
qui  quaedam  nimis  autique,  qui  pleraque  dure 
dicere  credit  eos,  ignave  multa  fatetur, 
et  sapit  et  meciim  facit  et  love  iudicat  aequo, 
no«  equidem  insector  dclendave  carmina  Livi 

:o    e^se  reor,  memini  (|ua6  plagosum  mihi  parvo 
Orbilium  dictare:  sed  emendata  videri 
pulchraquc  et  exactis  minimum  distantia  miror. 
inter  quae  verbum  emicuit  si  forte  decorum, 
si  versus  pauUo  concinnior  uuus  et  alter, 

15    iuiuste  totum  ducit  venditquc  poeiiia. 

indi^ior  quiequam  reprcndi,  uou  (juia  cnisse 
rnnpositum  inlepideve  putetur,  sed  quia  uuper, 
nci'  veiiiam  anti(|uis,  sed  hom)rem  et  praemia  posci. 
rccte  nccne  erocuni  floresque  perambulet  Attac 

Sil    fabula  si  dubiteiu,  clament  periissc  pudorem 
üuncti  iiaene  patres,  ea  cum  reprendcre  coner 
quae  gravis  Aesopus,  quae  doctus  Roscius  egit ; 
vcl  quia  uil  rectum,  nisi  quod  placuit  sibi,  ducunt, 
vel  quia  turpe  putant  i)arerc  minoribus,  et  quae 

bb    inberbi  didicere,  senes  pordenda  fateri. 

iam  saliarc  Xumac  caimeu  qui  laudat,  et  illud, 

(piod  mecum  iguorat,  solus  volt  scire  videri, 

iugcniis  non  illc  favet  plauditque  sepultis, 

uostra  sed  ini)ugnat;  nos  uostraque  lividus  odit. 

([uod  si  tarn  Graccis  novitas  invisa  fuisset 

<iuani  uobi«,  quid  nunc  esset  vetus?  aut  quid  haberet 

<luod  legeret  tereretque  viritim  publicus  usus? 

;it  primum  positis  nugari  Graecia  bellis 

eoepit  et  in  lusum  fortuua  labier  ae(|ua, 

G«.   iiui-«!'.!.    ^i-si.      yi  lubum.     vitiuin. 


'0 


256  •  Q.  HORATII  FLACCI 

05    nunc  athletarum  studüs,  nunc  arsit  equorum, 

mannoris  aut  eboris  fabros  aut  aeris  aniavit, 

Buspendit  picta  voltum  mentemque  tabella, 

nunc  tibicinibus,  nunc  est  gavisa  tragoedis; 

sub  nutrice  puella  velut  si  luderet  infans. 
100  quod  cupide  petiit,  mature  plena  reliquit. 

quid  placet  aut  odio  est,  quod  non  mutabile  credas? 

hoc  paces  habuere  booae  ventique  secundi. 

Romae  dulce  diu  fuit  et  sollemne  reclusa 

mane  domo  vigilare,  clienti  promere  iura, 
105    cautos  nominibus  rectis  expendere  nummos, 

maiores  audire,  minori  dicere,  per  quae 

crescere  res  possct,  miiiui  damnosa  libido. 

mutavit  meutern  populus  le™  et  calet  uno 

scribendi  studio;  pueri  patresque  severi 
11  >    fronde  comas  vincti  cenant  et  canniua  dictant. 

ipse  ego,  qui  nullos  me  adfirmo  scribere  versus, 

invenior  Parthis  mendacior  et  prius  orto 

sole  vigil  calamum  et  Chartas  et  scrinia  posco. 

navem  agere  ignarus  na  vis  timet;  abrotonum  aegro 
115    non  audet  nisi  qui  didicit  dare:  quod  medicorum  est 

[)romittunt  medici,  tractant  fabrilia  fabri: 

scribimus  indocti  doctique  poemata  passim. 

hie  error  tarnen  et  levis  haec  insania  quantas 

virtutes  habeat  sie  coUige.  vatis  avarus 
120    non  temere  est  animus:  versus  amat,  hoc  studet  unum, 

detrimenta,  fugas  servoruin,  incentlia  ridet, 

non  fraudem  socio  puerove  incogitat  uUam 

pupillo,  vivit  siliquis  et  pane  secundo, 

militiae  quam  quam  piger  et  malus,  utilis  urbi, 
125    si  das  hoc,  parvis  quoque  rebus  magna  iuvari. 

08  tenerum  pueri  balbumque  poeta  figurat, 

torquet  ab  obscaenis  iam  nunc  sermonibus  aurem, 

mox  etiam  pectus  praeceptis  format  amicis, 

asperitatis  et  invidiae  corrector  et  irae, 
130    recte  facta  refert,  orientia  tempora  notis 

instruit  exemplis,  inopem  solatur  et  aegrum. 


EPISTÜLARÜM  LIB.  II.  1.  257 

castis  cum  pueris  ignara  puella  mariti 
disceret  unde  preces,  vatem  ni  musa  dedisset? 
poscit  opem  chorus  et  praesentia  numina  sentit; 

i:i5    caelestis  inplorat  aquas  docta  prece  blanduS; 
avertit  morbos,  metuenda  pericula  pellit, 
impetrat  et  pacem  et  locupletem  fnigibus  annum. 
carmine  di  superi  placantur,  carmine  manes. 
agricolae  prisci,  fortes  parvoque  beati, 

140    condita  post  frumenta  levantes  tempore  feste 
corpus  et  ipsum  animum  spe  finis  dura  ferentem 
cum  sociis  operum  pueris  et  coniuge  fida, 
Tellurem  porco,  Silvanum  lacte  piabant, 
floribus  et  vino  Genium  memorem  bre^^s  aevi. 

145    Fescennina  per  hunc  inventa  licentia  morem 
versibus  altemis  opprobria  rustica  fudit, 
libertasque  recurrentis  accepta  per  annos 
lusit  amabiliter,  donec  iam  saevus  apertam 
in  rabiem  coepit  verti  iocus  et  per  honestas 

150    ire  domos  inpune  minax.  doluere  cruento 
dente  lacessiti,  fuit  intactis  quoque  cura 
condicione  super  comrauni,  quin  etiam  lex 
poenaque  lata,  malo  quae  noilet  carmine  quemquam 
describi.  vertere  modum,  formidine  fustis 

155    ad  bene  dicendum  delectandumque  redacti. 
Graecia  capta  ferum  victorem  cepit  et  artis 
intulit  agresti  Latio.    sie  borridus  ille 
defluxit  numerus  Satuniius  et  grave  virus 
munditiae  pepulere:  sed  in  longum  tamen  aevum 

160    raanserunt  hodieque  manent  vestigia  ruris. 
senis  enim  Graecis  admovit  acumina  chartis, 
et  post  Punica  bella  quietus  quaerere  coepit, 
quid  Sophocles  et  Thespis  et  Aeschylus  utile  ferrent, 
temptavit  quoque  iam  si  digne  vertere  posset, 

105    et  placuit  sibi  natura  sublimis  et  acer: 
nam  spirat  tragicum  satis  et  feliciter  audet, 


164  iam.  rem. 

Lrhrs,  Horatios.  1*7 


258  Q.  HORATIl  FLACCl 

sed  turpem  putat  inscite  metuitque  lituram. 
creditur,  ex  medio  quia  res  arcessit,  habere 
gudoris  minimum;  sed  habet  comoedia  tanto 

170    plus  oneris,  quanto  veiiiae  minus,  aspiee,  Plautus 
quo  pacto  partis  tutetur  amantis  ephebi, 
ut  patris  attenti,  lenonis  ut  insidiosi, 
quam  non  adstrieto  percurrat  pulpita  socco. 

175    gestit  enim  mimmum  in  loculos  demittere,  post  hoc 
securus  cadat  an  recto  stet  fabula  talo. 
quem  tulit  ad  seaenam  ventoso  gloria  curru, 
exanimat  lentus  spectator^  seduhis  inflat: 
sie  leve,  sie  parvum  est,  animum  quod  laudis  avarum 

180    subruit  aut  refieit.    valeat  res  ludicra,  si  me 
palma  negata  maerum,  donata  reducit  opimum. 
saepe  etiam  audacem  fugat  hoc  terretque  poetam, 
quod  numero  plures,  virtute  et  honore  minores, 
indocti  stolidique  et  depugnare  parati 

185    si  discordet  eques,  media  inter  carmina  poscunt 
aut  ursum  aut  pugiles :  his  nam  plebecula  gaudet. 
verum  equitis  quoque  iam  migravit  ab  aure  volupta^ 
omnis  ad  incertos  oculos  et  gaudia  vana. 
quattuor  aut  pluris  aulaea  premuntur  in  horaS; 

190    dum  fugiunt  equitum  turmae  peditumque  catervae; 
mox  trahitur  manibus  regum  fortuna  retortis, 
esseda  festinant,  pilenta,  petorrita,  naves, 
captivum  portatur  ebur,  ca[)tiva  Corinthus. 
si  foret  in  terris,  rideret  Democritus,  seu 

19.>    diversum  confusa  genus  panthera  camelo 
sive  elephas  albus  volgi  converteret  ora; 
spectaret  populum  ludis  attentius  ipsis 
ut  sibi  praebentem  nimio  speetacula  plura; 
scriptores  autem  narrare  putaret  asello 

2«M)    fabellam  surdo.   nam  quae  i)ervincere  voees 
evaluere  sonum,  referunt  quem  nostra  theatra? 


173  quantus  sitDosseonus  edacibus  inparasilis  ist  oben  nach  V.  55 
gesetzt. 


EPISTULARÜM  LIB.  II.  1.  259 

Garganuni  niiigirc  putes  nemus  aut  mare  Tuscum, 
tanto  cum  strepitu  ludi  spectantur  et  artes 
flivitiaeque  pcregrinae:  quibus  oblitus  actor 

205    cum  stetit  in  scaena,  concurrit  dextera  laevae. 
dixit  adhuc  aliquid?  nil  sane.  quid  placet  ergo? 
lana  Tarentino  violas  imitata  veneno. 
ac  ne  forte  putes  me,  (juae  facere  ipee  recusem^ 
cum  recte  tractent  alii,  laudare  maligne; 

210    ilje  per  extentum  funem  mihi  posse  videtur 
ire  poeta;  meum  qui  pectus  inaniter  angit, 
iuritat,  mulcet,  falsis  terroribue  inplet, 
ut  magus,  et  modo  me  Thebis,  modo  ponit  Atlienig. 
verum  age  et  bis,  qui  se  lectori  credere  malunt 

215    quam  spectatoris  fastidia  ferre  superbi, 

curam  redde  brevem,  si  munus  Apolline  dignum 
vi»  conplere  libris  et  vatibus  addere  calcar, 
ut  studio  maiorc  petant  Helicona  virentem. 
multa  quidem  nobis  facimus  mala  saepe  poetae 

220    (ut  vineta  egomet  caedam  mea),  cum  tibi  librum 
soUicito  damus  aut  fesso;  cum  laedimur^  umim 
giquis  amicorum  est  ausus  reprendere  versumj 
cum  loca  iam  recitata  revolvimus  inrevocati; 
cum  lamentamur,  non  adparere  labores 

225    nostros  et  tenui  deducta  poemata  filo; 

cum  speramus  eo  rem  venturam  ut,  simul  atque 
carmina  rescieris  nos  fingere,  commodus  ultro 
arcessas  et  egere  vetes  et  scribere  cogas: 
sed  tamen  est  operae  pretium  cognoscere,  qualia 

230    aedituos  habeat  belli  specta-ta  domique 
virtus,  indigno  non  committenda  poetae. 
gratus  Alexandro  regi  magno  fuit  ille 
Choerilus,  incultis  qui  versibus  et  male  nati» 
rettulit  accei)to8,  regale  nomisma,  Pliilippos. 

235    ged  veluti  tractata  notam-  labemque  remittunt 
atramenta,  fere  scriptores  carmine  foedo 
gplendida  facta  linunt.  idem  rex  ille,  poema 
qui  tam  ridiculum  tam  care  prodigug  emit, 


260  Q   HORATII  FLACCI 

edicto  vetuit  nequis  se  praeter  Apellen 

240    pingeret  aut  alius  Lysippo  duceret  aera 
fortis  Alexandri  voltum  simulantia.  quod  si 
iudicium  subtile  videndig  artibus  illud 
ad  libros  et  ad  baec  musarum  dona  vocareS; 
Boeotum  in  crasso  iurares  aere  natum. 

!>45    at  neque  dedecorant  tua  de  se  iudicia  atque 
munera,  <iuae  multa  dantis  cum  laude  tulerunt, 
dilecti  tibi  Vergilius  Variusque  poetae, 
nee  magis  expressi  voltus  per  aenea  signa, 
quam  i)er  vatis  opus  mores  animique  vironim 

2)0    claromm  adparent.    nee  sermones  ego  mallem 
repentis  ])er  bumum  quam  res  conponere  gestas^ 
terrarumque  situs  et  flumina  dicere  et  arcis 
montibus  inpositas  et  barbara  regna,  tuisque 
auspiciis  totum  confeeta  duella  per  orbem, 

255    claustraque  custodem  pacis  cobibentia  lanum, 
et  formidatam  Parthis  te  principe  Romam, 
si  quantum  cuperem,  possem  quoque:  sed  neque  parvum 
Carmen  maiestas  recipit  tua,  nee  mens  audet 
rem  temptare  pudor  quam  vires  ferre  recusent. 

21)0    sedulitas  autem,  stillte  quem  diligit,  urguet, 
praeeipue  cum  se  numeris  commendat  et  arte: 
discit  cnim  citius  meminitque  libentius  illud 
quod  quis  deridet  quam  quod  probat  et  veneratur. 
nil  moror  officium  quod  me  gravat;  ac  neque  ficto 

^A"»    in  i)eiu8  voltu  proponi  cereus  usquam, 
nee  prave  factis  decorari  versibus  opto, 
ne  rubeam  pingui  donatus  munere  et  una 
cum  scriptore  meo  capsa  porrectus  operta 
deferar  in  vicum  vendentem  tus  et  odores 

270    et  piper  et  quidquid  chartis  amicitur  ineptis. 


EPISTULARUM  LIB.  11   2.  261 


IL 


Flore,  bono  claroque  fidelis  amice  Neroni, 
siquis  forte  velit  puerum  tibi  vendere  natum 
Tibure  vel  Gabiis  et  tecum  sie  agat,  *hic  et 
candidus  et  talos  a  vertice  pulcher  ad  imoB 
5    fiet  eritque  tuus  uummorum  milibus  oeto, 
vema  ministeriis  ad  nutus  aptiis  erilis, 
litterulis-  Graecis  imbutus :  idoneus  arti 
cuilibet  argilla  quidvis  imitabitur  uda, 
quin  etiam  canet  indoctum  sed  dulce  bibenti. 

10    multa  fidem  promissa  levant,  ubi  plenius  aequo 
laudat  venalis  qui  volt  extrudere  mercis: 
res  urguet  me  nulla:  meo  sum  pauper  in  aere. 
nemo  hde  mangonum  faceret  tibi:  non  temere  a  me 
quivis  ferret  idem.    semel  hie  cessavit  et,  ut  fit, 

15    in  sealis  latuit  metuens  pendentis  habenae/ 

15*   sie  si  quod  satis  est  sapienti  dieat  aperte, 
des  nummos,  excepta  nihil  te  si  fuga  laedit, 
ille  ferat  pretium  poenae  securus,  opinor. 
prudens  emisti  vitiosum;  dicta  tibi  est  lex: 
insequeris  tarnen  hune  et  lite  moraris  iniqua? 

20     dixi  me  pigrum  proficiscenti  tibi,  dixi 

talibus  offieiis  prope  mancum,  ne  mea  saevus 

iurgares  ad  te  ((uod  epistula  nuIIa  rediret. 

quid  tum  profeci,  mecum  facientia  iura 

si  tamen  attemptas?  quereris  super  hoe  etiam^  quod 

25    exspectata  tibi  non  mittam  earmina  mendax. 
Luculli  miles  coUeeta  viatica  multis 
aerumnis,  lassus  dum  noctu  stertit,  ad  assem 
perdiderat:  post  hoc  vehemens  lupuS;  et  sibi  et  hosti 
iratus  pariter,  ieiunis  dentibus  acer, 

30    praesidium  regale  loco  deiecit,  ut  aiunt, 
summe  munito  et  multarum  divite  rerum. 
clarus  ob  id  factum  donis  omatur  honestis, 

15'  Zusatz  des  Herausgebers. 


262  <l.  HORATII  FLACCI 

aeei]nt  et  bis  dena  saper  sestertia  nummum. 
forte  sab  hoc  tempus  castellum  evertere  praetor 

:)5    neseio  quod  cupiens  bortari  coepit  eundem 

verbis  quae  timido  quoque  possent  addere  mentem: 
M,  bone,  quo  virtus  tua  te  vooat,  i  pede  fausto, 
grandia  laturus  meritorum  praemia.  ([uid  stas?' 
post  baec  ille  eatus,  quantiunvis  rusticus,  'ibit, 

4^»    ibit  eo  quo  vis  qui  zonam  perdidit'  iuquit. 
Romae  nutriri  mibi  eontigit  atque  doceri 
iratus  Grais  quantum  uocuisset  Achilles, 
adieeere  bonae  paullo  plus  artis  Äthenae, 
scilicet  ut  vellem  curvo  dignoscere  rectum 

45    atque  inter  silvas  Academi  quaerere  verum, 
dura  sed  emovere  loco  me  tcmpora  grato, 
civilisque  rüdem  belli  tulit  aestus  in  arma 
Caesaris  Augusti  non  responsura  lacertis. 
unde  simul  ])rimum  me  dimisere  Philippi, 

50    decisis  bumilem  pennis  inopemque  paterni 
et  laris  et  fundi,  paupertas  inpulit  audax 
ut  versus  facerem:  sed  quod  non  desit  habeutem 
quae  poterunt  umquam  satis  ex])urgare  cicutae, 
ni  melius  dormire  putem  (juam  scribere  versus? 

55    singula  de  nobis  anni  i)raedantur  euntes; 
eripuere  iocos,  Venerem,  convivia,  Indmn; 
tendunt  extorquere  poemata:  quid  faciam  vis? 
denique  non  omnes  eadem  mirantur  amantque. 
cannine  tu  gaudes,  hie  delectatur  iarabis, 

<)(•    ille  Bioneis  semKmibus  et  sale  nigro. 

tres  mihi  convivae  prope  dissentire  videntur, 
poscentes  vario  multum  diversa  palato. 
quid  dem,  quid  non  dem?  renuis  quod  tu,  iubet  alter; 
(luod  petis,  id  sane  est  invisum  acidumque  duobus. 

65    i)raeter  cetera  me  Romaene  poemata  ccnses 
scribere  posse  inter  tot  curas  totque  labores? 
hie  sponsum  vocat,  hie  auditum  scripta  relictis 
Omnibus  officiis:  cubat  hie  in  colle  Quirini, 
hie  extremo  in  Aventino,  visendus  uterque: 


KPISTCLARUM  LIB.  II.  2.  263 

70    iutervalla  Wdes  haud  sane  coramoda.    verum 
piirae  sunt  plateae,  nihil  ut  meditantibus  obstet, 
nempe  instat  calidus  mulis  genilisque  redemptor, 
torquet  nunc  lapidem  nunc  ingens  machina  tignum, 
tristia  robustis  luctantur  funera  plaustris, 

75    hacr  rabiosa  fugit  canis,  hae  lutulenta  ruit  sus : 
i  nunc  et  versus  tecum  meditare  canoros. 
scriptoruin  chorus  omnis  amat  nemus  et  fugit  urbis, 
rite  cliens  Baechi  somno  gaudentis  et  umbra: 
tu  me  inter  strepitus  nocturnos  atque  diurnos 

80    vis  eanere  et  contracta  sequi  vestigia  vatum? 

ingenium,  sibi  quod  vacuas  desumpsit  Athenas 
et  studiis  annos  Septem  dedit  insenuitque 
libris  et  curis,  statua  taciturnius  exit 
plerumque  et  risu  populum  quatit:  hie  ego  rerum 

S5  fluctibus  in  mediis  et  tem])estatibus  urbis 

verba  lyrae  motura  sonum  conectere  digner? 
fratcr  erat  Romae  consulti  rhetor,  uterque 

S7*   alterius  laudum  sie  admirator  ut  alter 
alterius  sermone  meros  audiret  honores, 
Grassus  ut  hie  Uli,  foret  huic  ut  Mucius  ille. 

90     qui  minus  argutos  vexat  furor  iste  poetas? 
carmina  conpono,  hie  elegos.  mirabile  visu 
caelatumque  novem'musis  opus!  aspice  primum, 
quanto  cum  fastu,  quanto  molimine  circum 
spectemus  vacuam  Romanis  vatibus  aedem: 

i'h    mox  etiam,  si  forte  vacas,  scqnere  et  procul  audi, 
quid  ferat  et  qua  re  sibi  neetat  uterque  coronam. 
caedimur  et  totidem  plagis  consumimus  hostem 
lento  Samnites  ad  lumina  prima  duello. 
discedo  Alcaeus  puncto  illius;  ille  meo  quis? 

100    quis  nisi  Callimachus?  si  plus  adposcere  visus, 
fit  Mimnermus  et  optivo  cognomine  crescit. 


70  haud  sane  Froelich.   humane.      72  nempe  instat.   Festinat. 
87.  87'  ergänzt   von  Mein.  Ueberlieferung  rhetor  ut  alter  alterius 
sormone.       89  Crassus  B.  Gracchus. 


264  Q   HORATII  FLACCI 

multa  ferO;  ut  placem  genus  inritabile  vatum, 
cum  scribo  et  supplex  populi  sufFragia  capto: 
idem,  finitis  studiis  et  meiite  recepta^ 

t05    obturem  patiilas  inpune  legentibus  auris. 

ridentur  mala  qui  conponunt  carmina;  veram 
gauilent  scribentes  et  se  venerantur  et  ultro, 
si  taceas,  laudant  quidquid  scripsere  beati.. 
at  qui  legitimum  cupiet  fecisse  poema, 

110    cum  tabulis  animum  censoris  sumet  honesti; 
audebit,  quaecumque  parum  splendoris  habebunt 
et  sine  pondere  erunt  et  honore  indigna  ferentur^ 
verba  movere  loco,  quamvis  invita  recedant 
et  versentur  adhuc  intra  penetralia  Vestae; 

ti5    obscurata  diu  populo  bonus  eruet  atque 
proferet  in  lucem  speciosa  vocabula  rerum, 
quae  priscis  memorata  Gatonibus  atque  Cethegis 
nunc  Situs  informis  premit  et  deserta  vetustas; 
adsciscet  nova  quae  genitor  produxerit  usus, 

120    vemens  et  liquidus  puroque  simillimus  amni 
fundet  opes  Latiumque  beabit  divite  lingua. 
luxuriantia  conpescet,  nimis  aspera  sano 
levabit  cultu,  virtute  carentia  tollet, 
ludentis  speciem  dabit  et  torquebitur  ut  qui 

125    nunc  Satyrum,  nunc  agrestem  Cyelopa  movetur. 
praetulerim  scriptor  delirus  inersque  videri, 
dum  mea  delectent  mala  me  vcl  denique  fallant, 
quam  sapere  et  ringi?  fuit  haud  ignobilis  Argis, 
qui  se  credebat  miros  audire  tragoedos 

133    in  vacuo  laetus  sessor  plausorque  theatro; 
cetera  qui  vitae  servaret  munia  recto 
more,  bonus  sane  vicinus,  amabilis  hospes, 
comis  in  uxorem,  posset  qui  ignoscere  servis 
et  signo  laeso  non  insanirc  lagoenae, 

135    posset  qui  rupem  et  puteum  vitare  patentem, 
hie  ubi  cognatorum  opibus  curisque  refectus 
expulit  elleboro  morbum  bilemque  meraco, 
et  redit  ad  sese,  'pol  me  occidistis,  amici; 


EPISTULARCM  LIB.  II.  2.  21)5 

noii  servastis*  «ait,  'cui  sie  extorta  voluptas 

110    et  demptus  per  vim  mentis  gratissimus  error/ 
nimirum  sapere  est  abiectis  utile  nugis, 
et  tempestiviim  pueris  concedere  ludum, 
ac  non  verba  sequi  fidibus  modulanda  Latinis, 
sed  verao  numerosque  modosque  cdiscere  vitae. 

115    quocirca  mecum  loquor  haec  tacitusque  recordor: 
si  tibi  nuUa  sitim  finiret  copia  lymphae^ 
narrares  medicis:  quod  quauto  plura  parasti, 
tanto  plura  cupis^  nulline  faterier  audes? 
si  volnus  tibi  monstrata  radice  vel  herba 

150    non  fieret  levius,  fugeres  radice  vel  herba 
proficiente  nihil  curarier:  audieras,  cui 
rem  di  donarent,  Uli  decedere  pravam 
stultitiam,  et  cum  sis  nihilo  sapientior  ex  quo 
plenior  es,  tamen  uteris  monitoribus  isdem? 

155    at  si  divitiae  prudentem  reddere  possent, 

si  cupidum  timidumque  minus  te,  nempe  ruberes, 
viveret  in  terris  to  siquis  avarior  uno. 
si  proprium  est  quod  ([uis  libra  mercatus  et  aere  est, 
quaedam,  si  credis  consultis,  mancipat  usus; 

ißo    qui  te  pascit  ager,  tuus  est,  et  vilicus  Orbi, 
cum  segetes  occat  tibi  mox  frumenta  daturas, 
te  dominum  sentit,    das  nummos,  accipis  uvam, 
pullos,  ova,  cadum  temeti.   nempe  modo  usus 
paullatim  mercaris  agrum,  fortasse  trecentis 

105    aut  etiam  supra  nummonim  milibus  emptum. 
quid  refert,  vivas  numemto  nuper  an  olim? 
emptor  Aricini  quondam  Veientis  et  arvi 
emptum  cenat  olus,  quamvis  aliter  putat;  emptis 
sub  noctem  gelidam  lignis  CAlefactat  aenum: 

170    sed  vocat  usque  suum  qua  populus  adsita  ceiiis 
limitibus  vicina  refigit  iurgia  tamquam 
sit  proprium  quicquam,  puncto  quod  mobilis  horao 
nunc  prece  nunc  pretio,  nunc  vi,  nunc  morto  suprema 


103  usus.   isto. 


266  Q.  UORATII  FLACCI 

permutet  dominos  et  cedat  in  altera  iura. 

175    sie  quia  perpetuus  nulli  datur  usus  et  hercs 
heredem  alterius  velut  unda  supervenit  undani; 
quid  vici  prosunt  aut  horrea?  quidve  Calabris 
saltibus  adiecti  Lucani,  si  metit  Orcus 
grandia  cum  par^Hs  non  exorabilis  auro? 

190  gemmas,  marmor,  ebur,  Tj^rrliena  sigilla^  tabellas, 

argentum,  vestis  Gaetulo  murice  tinctas, 
sunt  qui  non  habeant,  est  qui  non  curat  habere, 
cur  alter  fratnim  cessare  et  ludere  et  ungui 
praeferat  Herodis  palmetis  jnnguibus,  alter 

195    dives  et  inportunus  ad  umbram  lucis  ab  ortu 
silvestrem  flammis  et  ferro  mitiget  agrum, 
seit  Genius,  natale  comes  qui  temperat  astrum, 
naturae  deus  humanae  mortalis,  in  unum 
quodque  eaput  voltu  mutabilis,  albus  et  ater. 

190    utar  et  ex  modieo  quantum  res  poscet  acervo 

tollam  ego,  nee  metuam  quid  de  me  iudicet  beres, 
quod  non  plura  datis  iuvenerit:  et  tamen  idem 
scire  volam,  quantum  simplex  hilarisque  nepoti 
discrepet  et  quantum  discordet  i)arcus  avaro. 

ii»5    distat  enim,  spargas  tua  prodigus  an  neque  sumptum 
invitus  faeias  neque  plura  i)arare  labores, 
ac  potius,  puer  ut  festis  quinquatribus  oliin, 
exiguo  gratoque  fruaris  tempore  raptim. 
I)auperie9  inmunda  i)rocul  precor  absit:  ego  utrum 

200    nave  ferar  magna  an  parva,  ferar  unus  et  idem. 
non  agimur  tumidis  velis  aquilone  seeundo, 
non  tamen  adversis  aetatem  ducimus  austris, 
viribus,  ingenio,  specie,  virtute,  loco,  re 
extremi  primorum,  extremis  usque  priores. 

205    non  es  avanis:  abi.    quid?  cetera  iam  simul  isto 
cum  vitio  fugere?  caret  tibi  pectus  inani 
ambitione?  caret  mortis  foraiidine  et  ira? 


191  tollam  ego  nee.   tollam  nee.      199  precor  B.  domus  u.  anderes 
(s   Comraentan. 


-i'  EPISTULARUM  LIB.  II.  2  267 

ÄS;  somnia;  terrorcs  magicos,  miracula,  sagaS; 

s^  nocturnos  lemures  portentaque  Thessala  rides? 

T  natalis  grate  numeras?  ignoseis  amicis? 

>■   lenior  et  melior  fis  accedente  senecta?  — 

I    quid  te  exempta  levat  simiis  de  pluribus  una? 

vivere  si  reete  nescis,  decede  peritis. 
f    lusisti  satis,  edisti  satis  atque  bibisti: 
;     tempus  abire  tibi  est,  ne  potum  largius  aequo 
rideat  et  pulset  lasciva  decentius  aetas. 


Q.  HORATII  FLACCI 

DE  ARTE  POETICA 

LIBER. 

Huniano  eapiti  cervicem  pictor  equinam 
iungere  si  velit  et  varias  inducere  formas, 
undique  collatis  membris  ut  turpiter  atruiii 
desinat  in  piscem  mulier  formosa  superne, 
5    spectaitum  admissi  risum  teneatis  amiei? 
credite,  Pisones,  isti  tabulae  fore  librum 
permisileniy  cuius  velut  aegri  somnia  vanae 
fingentur  species,  ut  nee  pes  nee  caput  uni 
reddatur  formae.   pictoribus  atque  poetis 

10    quidlibet  audendi  semper  fuit  aequa  potestas. 

Bcimus,  et  hanc  veniam  petimusque  damusque  vieissim ; 
sed  non  ut  plaeidiB  eoeant  inmitia,  non  ut 
serpentes  avibus  geminentur,  tigribus  agni. 
inceptis  gravibus  plerumque  et  magna  professis 

15    purpureus,  late  qui  splendeat,  unus  et  alter 
adsuitur  pannus,  eum  lueus  et  ara  Dianae 
et  properantis  aquae  per  amoenos  ambitus  agros, 
aut  ilumen  Rhenum,  aut  pluvius  describitur  arcus. 
sed  nunc  non  erat  Ins  locus,   et  fortasse  cupressum 

20    scis  simulare:  quid  hoc,  si  fractis  enatat  exspes 
navibus,  aere  dato  qui  pingitur?  amphora  coepit 
institui:  cun*ente  rota  cur  urceus  exit? 
denique  sit  quidvis,  simplex  dumtaxat  et  unum. 
maxima  pars  vatum,  pater  et  iuvenes  patre  digni, 

25    decipimur  specie  recti:  brevis  esse  laboro, 
obscurus  fio;  sectantem  levia  nervi 


2  formas  B.   plumas. 


DE  ARTE  POETICA  LIBER.  269 

dcficiunt  animique:  professus  grandia  turget; 
serpit  hiimi  tutus  nimium  timidusque  procellae; 
qiii  variare  cupit  rem  prodigialiter  unani; 
^ii    delphinum  silvis  adpingit,  fluctibus  aprum. 
in  ritium  ducit  ciilpae  fuga,  si  caret  arte. 
Aemilium  circa  ludum  faber  unus  et  unguis 
expriraet  et  mollis  imitabitur  aere  eapilloa, 

3H* 

infelix  operis  summa;  quia  ponere  totum 

35  nesciet.  Imnc  ego  me,  siquid  conponere  eurem, 
non  magis  esse  velim  quam  naso  vivere  pravo, 
spectandum  nigris  oculis  nigroque  capillo. 

130    nee  sie  incipics,  ut  scriptor  cyclius  olim, 
'fortunam  Priami  cantabo  et  nobile  bellum/ 
quid  dignum  tanto  feret  liic  promissor  hiatu? 
parturiunt  montes,  nascetur  ridiculus  mus. 

140    quanto  rectius  bic  qui  nil  molitur  inepte, 

^dic  mibi,  musa,  virum,  captae  post  moenia  Troiao 
qui  mores  hominum  multorum  vidit  et  urbis/ 
non  fumum  ex  fulgore,  sed  ex  fumo  dare  lucem 
cogitat,  ut  speciosa  dehinc  miracula  promat. 

145    Antipbaten  ScyUamque  et  cum  Cyclope  Cbarybdin. 
nee  reditum  Diomedis  ab  interitu  Meleagri, 
nee  gemino  bellum  Troianum  orditur  ab  ovo: 
semper  ad  eventum  festinat  et  in  medias  res 
non  secus  ac  notas  auditorem  rapit,  et  quae 

150  desperat  tractata  nitesc^re  posse,  relinquit, 
atque  ita  mentitur,  sie  veris  falsa  remif^cet, 
primo  ne  medium,  medio  ne  discrepet  imum. 

39  sumite  materiam  restris,  qui  scribitis,  aequam 
viribus,  et  versatc  diu,  quid  ferre  rccusent, 

40  quid  valeant  umeri.   cui  lecta  potenter  erit  res, 
nee  facundia  deseret  bunc  nee  lucidus  ordo. 
ordinis  baec  virtus  erit  et  venns,  aut  ego  fallor, 
ut  iam  nunc  dicat  iam  nunc  debentia  dici, 


3.*^'  etwa  alter  odor  ille  unfangenil. 


270  Q.  HOKATll  FLACCl 

pleraque  differat  et  praesens  in  tempus  omittat. 

45    in  verbis  etiam  tenuis  cautusque  serendiS; 

hoc  amet,  hoc  spemat  promissi  carminis  auctor. 
dixeris  egregie,  notum  si  callida  verbuni 
reddiderit  iunctura  novum.    si  forte  necesse  est 
indiciis  monstrare  recentibus  abdita  rerum, 

50    fingere  cinetutis  non  exaudita  Cethegis 

continget,  dabiturque  licentia  sunipta  pudenter, 
et  nova  fictaque  niiper  habebunt  verba  fidem^  si 


52' 


Graeco  fönte  cadent,  parce  detorta.   (juid  autem 
Caecilio  Plautoque  dabit  Romanus  ademptum 

55    Vergilio  Vario(iue?  ego  cur,  adquirere  pauca 

si  ])08sum,  invideor?  cum  lingua  Catonis  et  Enni 
sennonem  patrium  ditaverit  et  nova  rerum 
nomina  i)rotulcrit.  licuit  scmperque  licebit 
signatum  praesentc  nota  procudere  nummuni. 

60    ut  silvae  foliis  privos  mutantur  in  annos, 

60'    ut  nova  succrescunt  novus  et  decor  enitet  illis, 
prima  cadunt,  ita  verborum  vetus  interit  aetas, 
et  iuvenum  ritu  florent  modo  nata  vigentque. 
debemur  niorti  nos  nostraque:  sive  receptus 
terra  Neptunus  classis  aquilonibus  arcgt, 

65    regis  opus,  sterilisve  ])alus  prius  aptaque  remis 
vieinas  urbis  alit  et  grave  sentit  aratrum, 
sou  cursum  mutavit  initjuum  frugibus  amnis 
doctus  iter  melius:  mortalia  facta  peribunt, 
nedum  sermonum  stet  bonos  et  gratia  vivax. 

70    multa  renasccntur  quao  iam  cecidere,  cadentque 
(luae  nunc  sunt  in  honore  vocabula,  si  volet  usus, 
(][uem  pencs  arbitrium  est  et  ins  et  norma  loquendi. 
res  gestae  regumque  ducumque  et  tristia  bella 
(juo  scribi  possent  numero,  monstravit  Homerus. 

V)    versibus  inpariter  iunctis  querimonia  primum, 

40  Hamracrstein.  52*  Der  Schluss  etwa  aut  si.  59  nummum 
Luisinus.  iiomon.  CO  privos  B.  pronos.  60'  Herausgeber.  65  palus 
prius  B.  diu  palus. 


PE  ARTE  rOETlCA  LIBER.  271 

post  etiam  inclusa  est  voti  sententia  compos. 

quis  tarnen  exiguos  elegos  emiserit  auetor, 

grammatici  certant,  et  adhue  sub  iudice  lis  est. 

Archilochum  proprio  rabies  armavit  iambo. 
80    hune  socci  cepere  pedem  grandesquo  cothurni^ 

alternis  aptum  sermonibus  et  popularis 

vincentem  strepitus  et  natum  rebus  agendis. 

musa  dedit  fidibus  divos  puerosque  deorum 

et  pugilem  victorem  et  equum  certamine  primum 
85    et  iuvenum  curas  et  libera  viua  referre. 

discriptas  servare  viees  operumque  colores 

cur  ego  si  nequeo  iguoroque  poeta  salutor? 

cur  nescire  pudens  prave  quam  discere  malo? 

versibus  exponi  tragicis  res  comica  non  volt: 
90    indignatur  item  privatis  ac  prope  socco 

dignis  carminibus  narrari  cena  Tbyestae. 

singula  quaeque  locum  teneant  sortita  decentem. 

interdum  tarnen  et  vocem  comoedia  toUit, 

iratusque  Cbremes  tuniido  delitigat  ore; 
95    et  tragicus  plerumque  dolet  sermonc  pedestri 

Telepbus  et  Peleus,  cum  pauper  et  exul  uterque 

proicit  ampullas  et  sesquipedalia  verba, 

81  curat  cor  spectantis  tetigisse  querella. 

non  satis  est  pulchra  esse  poemata:  dulcia  sunto 
100    et  quocumque  volent  animum  auditoris  agunto. 

ut  ridentibus  arrident,  ita  flentibus  adflent 

humani  voltus.    si  vis  me  flere,  dolendum  est 

primum  ipsi  tibi:  tunc  tua  me  infortunia  laedent, 

Telephe  vel  Peleu:  male  si  mandata  loqueris, 
105    aut  dormitabo  aut  ridebo.  tristia  maestum 

voltum  verba  deccnt,  iratum  pleua  minarum, 

ludentem  lasciva,  severum  seria  dictu. 

format  enim  natura  prius  nos  intus  ad  omnem 

fortunarum  babitum;  iuvat  aut  inpellit  ad  iram, 
110    aut  ad  bumum  maerore  gravi  deilucit  et  angit: 


02  Ribbeck. 


272  Q-  HORATH  FLACCI 

post  effert  animi  motus  interprete  lingua. 
si  dicentis  erunt  fortunis  absona  dicta, 
Romani  toUent  equitesque  patresque  caeliinnum. 
intererit  multum  divusne  loquatur  an  heroS; 

115    maturusne  Bcnex  an  adhuc  florente  iuventa 
fenidus,  et  matrona  potenH  an  sedula  nutrix, 
mercatorne  vagus  cultome  virenti«  agelli^ 
Colchus  an  Assyrius,  Tbebis  nutritus  an  Argis. 
aut  faniam  sequere  auf  »ibi  convcnientia  finge. 

12(»    8crii)t()r  Homereum  si  forte  reponis  Aebillem, 
inpiger,  iraeundus,  inexorabilis,  acer 
iura  neget  sibi  nata,  nibil  non  arroget  armis. 
»it  Medea  ferox  invictaque,  flebilis  Ino, 
perfidua  Ixion,  lo  vaga,  tristis  Orestes. 

125    siquid  inexpertum  scaenae  committis  et  audes 
personam  formare  novam,  servetur  ad  imum 
qiialis  ab  incepto  processerit,  et  sibi  constet. 
difficile  est  proprie  communia  dicere;  tiique 
rectius  Iliaeum  Carmen  dedueis  in  actus, 

130    quam  si  profcrres  ignota  indictaque  primus. 
publica  materies  privati  iuris  crit,  si 

non  circa  vilem  patulumque  moraberis  orbem, 
nee  verbum  verbo  curabis  reddere  fidus 
interpres,  nee  desilies  imitator  in  artum, 

i:;5  unde  pedem  profen-e  pudor  vetet  aut  operis  lex. 

153    tu  quid  ego  et  populus  mecum  desideret  audi: 
si  plausoris  eges  aulaea  manentis  et  usque 

155    sessuri,  donec  cantor  S^os  plaudite'  dicat, 
aetatis  cuiusque  notandi  sunt  tibi  mores, 
mobilibusque  decor  maturis  dandus  et  annis. 
reddere  qui  voces  iam  seit  puer  et  pede  certo 
signat  bumum,  gestit  paribus  colludere  et  iram 

i'U)    coUigit  ac  ponit  temere  et  mutatur  in  horas. 
inberbus  iuveiiis,  tandem  custode  remoto, 


113  equitesque  patresque  B.  eqnites  i)e(litesquo.   Die  Verse  136  bis 
152  sind  oben  hingesetzt  nach  V.  :^7.    Homereum  B.   honoratum 


DE  ARTE  POETICA  LIBER.  273 

gaudet  equis  canibusque  et.aprici  gramine  campi, 

cereuB  in  Vitium  flecti,  monitoribus  asper, 

utilium  tardus  provisor,  prodigus  aeris, 
165    gublimis  cupidusque  et  amata  relinquere  pemix. 

conversis  studiis  aetas  animusque  virilis 

quaerit  opes  et  amicitias,  inserrit  honori, 

commisisse  cavet  quod  mox  mutare  laboret. 

multa  Bcnem  circumveniunt  incommoda,  vel  quod 
170    quaerit  et  inventis  miser  abstinet  ac  timet  uti; 

vel  quod  res  omnis  timide  gelideque  ministrat, 

dilatof;  spe  lentus,  iners  pavidusque  futuri; 

difficilis,  querulus,  laudator  temporis  acti 

se  puerOy  castigator  censorque  minorum. 
175  multa  ferunt  anni  venientes  commoda  seeum, 

multa  recedentes  adimunt:  ne  forte  seniles 
mandentur  iuveni  partes  pueroque  viriles. 

semper  in  adiunetis  aevoque  morabimur  aptis. 

aut  agitur  res  in  scaenis  aut  acta  refertur. 
ISO    segnius  inritant  animos  demissa  per  aurem 

quam  quae  sunt  oculis  subiecta  fidelibus  et  quae 

ipse  sibi  tradit  spectator.    non  tamen  intus 

digna  gen  promes  in  scaenam,  multaque  tolles 

ex  oculis  quae  mox  narret  facundia  praesens, 
185    ne  pueros  coram  populo  Medea  trucidet, 

aut  humana  palam  coquat  exta  nefarius  Ätreus, 

aut  in  avem  Procne  vertatur,  Gadmus  in  anguem. 

quodcumque  ostendis  mihi  sie,  incredulus  odi. 

neve  minor  neu  sit  quinto  productior  actu 
190    fabula  quae  posci  volt  et  spectata  reponi. 

nee  deus  intersit;  nisi  dignus  vindice  nodus 

ineiderit:  nee  quarta  loqui  persona  laboret. 

actoris  partis  chorus  officiumque  virile 

defendat,  neu  quid  medius  intercinat  actus 
195    quod  non  proposito  conducat  et  haereat  apte. 

ille  bonis  faveatque  et  consilietur  amice. 


172  lentus.   pavidus  B.  longus.   avidus. 

LKHXfl,  Hontiiu.  IB 


274  Q.  HORATD  FLACCI 

et  regat  iratoS;  et  amet  pacare  tumentis, 

ille  dapes  laudet  meusae  brevis,  ille  salubrem 

iustitiam  legesque  et  ai)erti8  otia  portis, 

200    ille  tegat  commissa,  deosque  precetur  et  oret 
ut  redeat  miseris,  abeat  fortuna  superbis. 
tibia  non  ut  nunc  orichalco  vineta  tubaeque 
aemula,  sed  tenuis  simplexque  foramine  paueo 
adspirare  et  adesse  choris  erat  utilis  atque 

205    nonduni  spissa  nimis  conplere  sedilia  flatu: 
quo  sane  populus  numerabilis,  utpote  parvus, 
et  frugi  castusque  verecundusque  coibat. 
postquam  eoepit  agros  extendere  victor  et  urbis 
latior  ampleeti  murus  vinoque  diurno 

210    placari  Genius  festis  inpune  diebus, 

accessit  numerisque  modisque  licentia  maior. 

indoetus  quid  enim  saperet  liberque  laborum, 
rusticus  urbano  confusus,  turpis  honesto? 
sie  priscae  motumque  et  luxuriem  addidit  arti 

215    tibicen  traxitque  vagus  per  pulpita  vestem; 
sie  etiam  fidibus  voces  crevere  severis, 
et  tulit  eloquium  insolitum  facundia  praecepS; 
utiliunique  sagax  rerum  et  divina  futuri 
sortilegis  non  discrepuit  sententia  Delphis. 

220    carmine  qui  tragico  vilem  certavit  ob  hircuni, 
mox  etiam  agrestis  satyros  nudavit  et  asper 
ineolumi  gravitate  iocum  temptavit  eo  quod 
inleccbris  erat  et  grata  novitat^  morandus 
speetator  funetusque  sacris  et  potus  et  exlex. 

225    verum  ita  risores,  ita  commendare  dicacis 
eonveniet  satyros,  ita  vertere  seria  ludo, 
ne  quicuraque  deus,  quicumque  adhibebitur  heros, 
regali  conspectus  in  auro  nuper  et  ostro, 
migret  in  obscuras  bumili  sermone  tabemas, 

230    aut,  dum  ^itat  humum,  nubis  et  inania  captet. 
eflfutire  levis  indigna  tragoedia  versus, 


212  und  213  Paldamus. 


DE  ARTE  POETICA  LIBER.  275 

ut  festis  matrona  moveri  lu8sa  diebus, 
intererit  satyris  paullum  pudibunda  protervis: 
non  ego  inornata  et  dominantia  nomina  solum 

235    verbaque,  Pisones,  satyromm  scriptor  amabO; 
nee  sie  enitar  tragico  differre  colori, 
ut  nihil  intersit  Davusne  loquatur  et  audax 
Pythias  emuncto  luerata  Simone  talentum, 
an  eustos  famulusque  dei  Silenus  alumni. 

240    ex  noto  fictum  carmen  sequar,  ut  sibi  quivis 
speret  idem,  sudet  multum  frustraque  laboret 
ausus  idem:  tantum  series  iuneturaque  pollety 
tantum  de  medio  sumptis  aeeedit  honoris, 
silvis  deducti  eaveant;  me  indice^  fauni 

245    ne  velut  innati  triviis  ac  paene  forenses 

aut  nimium  teneris  iuyfinentur  versibus  umquani; 
aut  inmunda  crepent  ignominiosaque  dieta: 
offenduntur  enim  quibus  est  equus  et  pater  et  res, 
nee,  siquid  fricti  ciceris  probat  et  nucis  emptor, 

250    aequis  aeeipiunt  animis  donantve  Corona, 
syllaba  longa  brevi  subiecta  vocatur  iambus, 
pes  citus ;  unde  etiam  trimetris  accrescere  iussit 
nomen  iambeis,  cum  senos  redderet  ictus 
primus  ad  extremum  similis  sibi:  non  ita  pridem, 

255    tardior  ut  paullo  graviorque  veniret  ad  auris, 
spondeos  stabilis  in  iura  patema  recepit 
commodus  et  patienS;  non  ut  de  sede  seeunda 
cederet  aut  quarta  socialiter.    hie  et  in  Acci 
nobilibus  trimetris  apparet  rarus,  et  Enni 

2C0    in  scaenam  missos  cum  magno  pondere  versus 
aut  operae  celeris  nimium  curaque  carentis 
aut  ignoratae  premit  artis  crimine  turpi. 
non  quivis  videt  inmodulata  poemata  iudex^ 
et  data  Romanis  venia  est  indigna  poetis. 

265    idcircone  vager  scribamque  licenter?  an  omnis 
visuros  peccata  putem  mea?  tutus  et  intra 
spem  veniae  cautus  vitavi  denique  culpam^ 
non  laudem  merui.  vos  exemplaria  Graeca 

18* 


276  a  HORATU  FLACCl 

nocturna  versate  manu,  vers^tö  diurna. 

270    at  vestri  proavi  Plautinos  et  numeros  et 
laudavere  sales,  nimium  patienter  utrumque, 
ne  dicam  stulte,  mirati,  si  modo  ego  et  tos 
8cimu8  inurbanum  lepido  seponere  dicto, 
legitimumque  Bonum  digitis  callemus  et  aure. 

275    ignotum  tragicae  genus  invenisse  camenae 
dicitur  et  plaustris  vexisse  poemata  Thespis 

quae  canerent  agerentque  peruncti  faecibus  ora. 
post  hunc  personae  pallaeque  repertor  honestae 
Aeschylus  et  modicis  instrayit  pulpita  tignis 

280    et  docuit  magnumque  loqui  nitique  cothumo. 
successit  vetus  his  comoedia;  non  8ine  multa 
laude:  sed  in  vitium  libertas  excidit  et  vim 
dignam  lege  regi:  lex  est  accepta^  chorusque 
turpiter  obticuit  sublato  iure  noeendi. 

285    nil  intemptatum  nostri  liquere  poetae, 

nee  minimum  meniere  decu8  vestigia  Graeea 
ausi  deserere  et  celebrare  domestica  facta, 
vel  qui  praetextas  vel  qui  doeuere  togatas. 
nee  virtute  foret  clarisre  potentius  armis 

290    quam  lingua  Latium,  si  non  ofFenderet  unum 
quemque  poetarum  limae  labor  et  mora.  vos,  o 
Porapilius  sanguis,  Carmen  reprendite  quod  non 
multa  dies  et  multa  litura  coercuit  atque 
praesectum  deciens  non  castigavit  ad  unguem. 

295    ingenium  misera  quia  fortunatius  arte 
credit  et  excludit  sanos  Helicone  poetas 
Democritus,  bona  pars  non  unguis  ponere  curat^ 
non  barbam,  secreta  petit  loca,  balnea  vitat. 
nanciscetur  enim  pretium  nomenque  poetae, 

3"0    si  tribus  Anticyris  Caput  insanabile  numquam 
tonsori  Licino  commiserit.    o  ego  laevus, 
qui  purgor  bilem  sub  vemi  temporis  horam. 
non  alius  faceret  meliora  poemata.  verum 
nil  tanti  est.   ergo  fungar  vice  cotis,  acutum 

305    reddere  quae  ferrum  valet,  exsors  ipsa  secandi; 


DE    ARTE  POETICA  LIBER.  277 

munus  et  officium,  nil  scribens  ipse,  docebo, 
unde  parentur  opes,  quid  alat  formetque  poetam, 
quid  deceat;  quid  non,  quo  virtus,  quo  ferat  error. 

333    aut  prodesse  volunt,  aut  delectare  poetae, 
aut  simul  et  iucunda  et  idonea  dicere  vitae. 

335    quidquid  praecipies,  esto  brevis,  ut  cito  dicta 
percipiant  animi  dociles  teneantque  fideles. 

omne  supervacuum  pleno  de  pectore  manat 
ficta  voluptatis  causa  sint  proxima  veris, 
ne  quodcumque  volet  poscat  sibi  fabula  credi, 

340    neu  pransae  Lamiae  vivum  puerum  extrahat  alvo. 
centuriae  seniorum  agitant  expertia  frugis, 
celsi  praetereunt  austera  poemata  Ramnes: 
omne  tulit  punctum  qui  miscuit  utile  dulci, 
lectorem  delectando'pariterque  monendo. 

345    hie  meret  aera  Über  Sosiis,  hie  et  mare  transit 
et  longum  noto  scriptori  prorogat  aevum. 

309  scribendi  recte  sapere  est  et  principium  et  fons. 

310  rem  tibi  Socraticae  poterunt  ostendere  chartae; 
verbaque  provisam  rem  non  invita  sequentur. 
qui  didicit  patriae  quid  debeat  et  quid  amicis, 

quo  sit  amore  parens,  quo  fraier  amandus  et  hospes^ 

quod  sit  conscripti,  quod  iudicis  officium,  quae 
315    partes  in  bellum  missi  ducis,  ille  profecto 

reddere  personae  seit  convenientia  cuique. 

respicere  exemplar  vitae  morumque  iubebo 

doctum  imitatorem  et  vivas  hinc  ducere  voces. 

interdum  speciosa  locis  morataque  recte 
320    fabula  nullius  veneris,  sine  pondere  et  arte, 

valdius  oblectat  populum  meliusque  moratur 

quam  versus  inopes  rerum  nugaeque  canorae. 

Grais  ingenium,  Grais  dedit  ore  rotundo 

musa  loqui,  praeter  laudem  nullius  avaris. 
325    Romani  pueri  longis  rationibus  assem 

discunt  in  partis  centum  diducere.   'dicat 

filius  Albini,  si  de  quincunce  remota  est 

uncia,  quid  superat?  poterat  dixisse'  'triens:*  'eu. 


278  Q.  HüRATn  FLACCI 

rem  poteris  servare  tuam.   redit  uncia,  quid  fit?' 

330    'semis/  an,  haec  animos  aerugo  et  cura  peculi 
cum  semel  imbuerit,  speramus  carmina  fingi 
posse  linenda  cedro  et  levi  servanda  cupresso? 

347    sunt  delicta  tarnen  quibus  ignovisse  yelimus: 

nam  neque  chorda  sonum  reddit  quem  volt  manus  et  mens, 
poscentique  gravem  persaepe  remittit  acutum, 

350    nee  semper  feriet  quodcumque  minabitur  arcus. 

venim  ubi  plura  nitent  in  carmine,  non  ego  paucis 
offendar  maculis,  quas  aut  incuria  fudit, 
aut  humana  parum  cavit  natura,    quid  ergo  est? 
ut  scriptor  si  peccat  idem  librarius  usque, 

355    quamvis  est  monitus,  venia  caret,  ut  citharoedus 
ridetur,  chorda  qui  semper  oberrat  eadem, 
sie  mihi;  qui  multum  cessat,  fit  Choerilus  ille, 
quem  bis  terve  bonum  cum  risu  miror;  et  idem 
indignor  quandoque  bonus  dormitat  Homerus. 

3<:o    verum  operi  longo  fas  est  obrepere  somnimi. 
ut  pictura  poesis:  erit  quae,  si  propius  stes, 
te  capiat  magis,  et  quaedam,  si  longius  abstes; 
haec  amat  obscurum,  volet  haec  sub  luce  videri, 
haec  placuit  somel,  haec  deciens  repetita  placebit^ 

365    iudicis  argutum  quae  non  formidat  acumen; 
o  maior  iuvenum,  quamvis  et  voce  paterna 
fingeris  ad  rectum  et  per  te  sapis,  hoc  tibi  dictum 
tolle  memor,  certis  medium  et  tolerabile  rebus 
recte  concedi:  consultus  iuris  et  actor 

370    causarum  mediocris  abest  virtute  diserti 

Messallae,  nee  seit  quantum  Cascellius  Aulus, 
sed  tamen  in  pretio  est:  mediocribus  esse  poetis 
non  homines,  non  di,  non  concessere  columnae. 
ut  gratas  inter  mensas  sjTuphonia  discors 

375    et  crassum  unguentum  et  Sardo  cum  melle  papaver 
offendunt,  poterat  duci  quia  cena  sine  istis, 


333—346  sind  oben  hingesetzt  nach  308.        364.  365   sonst  in  um- 
gekehrter Ordnung. 


DE  ARTE  POETICA  LIBER.  279 

sie  animis  natum  inventumque  poema  iavandis^ 
si  pauUum  summo  decessit^  vergit  ad  imum. 
ludere  qui  nescit,  campestribus  abstinet  armis; 

aso    indoctusque  pilae  discive  trochive  quiescit, 
ne  spissae  risum  toUant  inpune  coronae: 
qui  nescit  versus,  tarnen  audet  fingere,  quidni? 
.über  et  ingenuus,  praesertim  census  equestrem 
summam  nummorum,  vitioque  remotus  ab  omni. 

385    tu  nihil  invita  dices  faciesve  Minerva: 

id  tibi  iudicium  est,  ea  mens,  siquid  tarnen  olim 
scripseris,  in  Maeei  descendat  iudieis  auris 
et  patris  et  nostras,  uonumque  prematur  in  annum, 
membranis  intus  positis:  delere,  licebit 

390    quod  non  edideris;  nescit  vox  missa  reverti. 
silvestris  homines  sacer  interjiresque  deorum 
caedibus  et  victu  foedo  deterruit  Orpheus, 
dictus  ob  hoc  lenire  tigris  rabidosque  leones. 
dictus  et  Amphion,  Thebanae  conditor  arcis, 

395    saxa  movere  sono  testudinis  et  prece  blanda 
ducere  quo  vcllet.  fuit  haec  sapientia  quondara, 
publica  privatis  secernere,  sacra  profanis, 
concubitu  prohibere  vago,  dare  iura  maritis, 
oppida  moliri,  leges  incidere  ligno. 

400     sie  honor  et  nomen  divinis  vatibus  atque 
carminibus  venit.  post  hos  insignis  Homerus 
Tyrtaeusque  maris  animos  in  Martia  bella 
versibus  exacuit:  dictae  per  carmina  sortes, 
et  vitae  monstrata  via  est,  et  gratia  regum 

40>    Pieriis  teraptata  modis,  ludusque  repertus, 
et  longorum  operum  finis ;  ne  forte  pudori 
sit  tibi  musa  lyrae  sollers  et  cantor  Apollo, 
natura  fieret  laudabile  Carmen  an  arte, 
quaesitum  est.   ego  nee  Studium  sine  divite  vena, 

410    nee  rüde  quid  possit  video  ingenium:  alterius  sie 
altera  poscit  opem  res  et  coniurat  amice. 
qui  studet  optatam  cursu  contingere  metam, 
multa  tulit  fecitque  puer,  sudavit  et  alsit. 


280  .  Q*  HORATn  FLACCl 

abstinuit  Venere  et  vino;  qui  Pythia  cantat 

415    tibic^n,  didicit  prius  extimuitque  magistrum. 
nee  satis  est  dixisse  'ego  mira  poemata  pango: 
oecupet  extremum  Scabies:  mihi  tuq)e  relinqui, 
et  quod  non  didici  sane  neseire  fateri/ 
ut  praeco,  ad  mercis  turbam  qui  cogit  emendas, 

420    adsentatores  iubet  ad  lucrum  ire  ])oeta 

dives  agriS;  dives  positis  in  fenore  nummis. 
si  vero  est,  unctuin  qui  reete  ponere  possit, 
et  spondere  levi  pro  paupere,  et  eripere  artis 
litibus  implicitum;  mirabor,  si  seiet  inter 

425   noseere  mendacem  verumque  beatus  amieum. 
tu  seu  donaris  seu  (|uid  donare  voles  cui, 
nolito  ad  versus  tibi  factos  ducere  plenum 
laetitiae:  clamabit  enim  'pulchre,  bene,  reete/ 
pallescet  super  bis,  etiam  stillabit  amicis 

430    ex  oculis  rorem,  saliet^  tundet  pede  terram. 
ut  qui  eondueti  ploraut  in  funere^  dieunt 
et  faciunt  prope  plura  dolentibus  ex  animo,  sie 
derisor  vero  plus  laudatore  movetur. 
reges  dicuntur  multis  urguere  culullis 

435    et  torquere  mero  quem  perspexisse  laborant, 
an  sit  amicitia  dignus :  si  carmina  condes, 
numquam  te  fallant  animi  sub  volpe  latentes. 
Quintilio  siquid  recitareS;  'eorrige  sodes 
hoc'  aiebat  'et  hoc/  melius  te  posse  negares 

440    bis  terque  expertum  frustra,  delere  iubebat 
et  male  formatos  ineudi  reddere  versus, 
si  defendere  delictum  quam  vertere  malles, 
nullum  ultra  verbum  aut  operam  insumebat  inanem, 
quin  sine  rivali  teque  et  tua  solus  amares. 

445    vir  bonus  et  prudens  versus  reprendet  inertis, 
culpabit  duros;  incomptis  adliuet  atrum 
transverso  calamo  Signum,  ambitiosa  recidet 
omamenta,  parum  claris  lucem  dare  coget, 
arguet  ambigue  dictum,  mutanda  notabit, 

450    fiet  Aristarchus:  non  dicet  'cur  ego  amieum 


DE  ARTE  POETICA  LIBER.  281 

offendam  in  nugis?'  hae  uugae  seria  ducent 

in  mala  derisum  semel  exceptumque  sinistre. 

ut  mala  quem  Scabies  aut  morbus  regius  urguet 

aut  fanaticus  error  et  iracunda  Diana, 
455    vesanum  tetigisse  timent  fugiuntque  poetam 

qui  sapiunt:  agitant  pueri  incautique  sequuntur. 

hie  dum  sublimis  versus  ructatur  et  errat, 

si  veluti  merulis  intentus  deeidit  aueepa 

in  puteum  foveamve,  licet  'succurrite'  longum 
460    clamet  *io  cives,*  non  sit  qui  tollere  curet. 

si  curet  quis  opem  ferre  et  demittere  funem, 

'qui  scis  an  prudens  huc  se  proiecerit  atque 

servari  nolitV  dicam,  Siculique  poetae 

narrabo  interitum.  deus  inmortalis  haberi 
465    dum  cupit  Empedocles,  ardentem  frigidus  Aetnam 

insiluit.  sit  ius  liceatque  perire  poetis. 
invitum  qui  servat,  idem  facit  occidenti. 

nee  semel  hoc  fecit,  nee  si  retractus  erit,  iam 

fiet  homo  et  ponet  famosae  mortis  amorem. 
470    nee  satis  adparet  cur  versus  factitet;  utrum 

minxerit  in  patrios  cineres,  an  triste  bidental 

moverit  incestus:  certe  furit,  ac  velut  ursus, 

obiectos  caveae  valuit  si  frangere  clathros, 

indoctum  doctumque  fugat  recitator  acerbus; 
475    quem  vero  arripuit,  tenet  occiditque  legende, 

non  missura  cutem,  nisi  plena  cruoris,  hirudo. 


467  Ribbeck. 


Druck  Tun  J.  B.  HnuiraKKLo  in  L4>ipzig. 


m23w^ 


J.  .