Skip to main content

Full text of "Q. Horatius Flaccus."

See other formats


Google 


This  is  a  digital  copy  of  a  book  that  was  prcscrvod  for  gcncrations  on  library  shclvcs  bcforc  it  was  carcfully  scannod  by  Google  as  part  of  a  projcct 

to  make  the  world's  books  discoverablc  onlinc. 

It  has  survived  lõng  enough  for  the  copyright  to  cxpirc  and  thc  book  to  cntcr  thc  public  domain.  A  public  domain  book  is  one  that  was  never  subjcct 

to  copyright  or  whose  legal  copyright  term  has  expircd.  Whcthcr  a  book  is  in  thc  public  domain  may  vary  country  to  country.  Public  domain  books 

are  our  gateways  to  the  past,  representing  a  wealth  of  history,  cultuie  and  knowledge  that's  often  difficult  to  discovcr. 

Marks,  notations  and  other  maiginalia  present  in  the  original  võlume  will  appear  in  this  flle  -  a  reminder  of  this  book's  lõng  journcy  from  thc 

publishcr  to  a  library  and  fmally  to  you. 

Usage  guidelines 

Google  is  proud  to  partner  with  libraries  to  digitize  public  domain  materials  and  make  them  widely  accessible.  Public  domain  books  belong  to  the 
public  and  wc  are  merely  their  custodians.  Nevertheless,  this  work  is  expensive,  so  in  order  to  keep  providing  this  resource,  we  have  taken  steps  to 
prevent  abuse  by  commercial  parties,  including  placing  lechnical  restrictions  on  automated  querying. 
We  also  ask  that  you: 

+  Make  non-commercial  use  ofthefiles  We  designed  Google  Book  Search  for  use  by  individuals,  and  we  request  that  you  use  these  files  for 
personal,  non-commercial  purposes. 

+  Refrainfivm  automated  querying  Do  nol  send  automated  queries  of  any  sort  to  Google's  systcm:  If  you  are  conducting  rcsearch  on  machine 
translation,  optical  character  recognition  or  other  areas  where  access  to  a  laige  amount  of  text  is  hclpful,  pleasc  contact  us.  We  cncourage  the 
use  of  public  domain  materials  for  these  purposes  and  may  be  able  to  help. 

+  Maintain  attributionTht  GoogXt  "watermark"  you  see  on  each  flle  is essential  for  informingpeopleabout  thisproject  and  helping  them  lind 
additional  materials  through  Google  Book  Search.  Please  do  not  remove  it. 

+  Keep  it  legal  Whatever  your  use,  remember  that  you  are  responsible  for  ensuring  that  what  you  are  doing  is  legal.  Do  not  assume  that  just 
because  we  believe  a  book  is  in  the  public  domain  for  users  in  the  United  States,  that  the  work  is  also  in  the  public  domain  for  users  in  other 
countries.  Whether  a  book  is  stiil  in  copyright  varies  from  country  to  country,  and  we  can'l  offer  guidance  on  whether  any  speciflc  use  of 
any  speciflc  book  is  allowed.  Please  do  not  assume  that  a  book's  appearance  in  Google  Book  Search  mcans  it  can  bc  used  in  any  manner 
anywhere  in  the  world.  Copyright  infringement  liabili^  can  be  quite  severe. 

Äbout  Google  Book  Search 

Google's  mission  is  to  organize  the  world's  information  and  to  make  it  universally  accessible  and  useful.   Google  Book  Search  helps  rcaders 
discovcr  thc  world's  books  whilc  helping  authors  and  publishers  reach  new  audiences.  You  can  search  through  the  full  icxi  of  this  book  on  the  web 

at|http: //books.  google  .com/l 


600071 064N 


V.. 


r-       •  "^.  i 


Q.  HORATIUS  FLACCUS. 


MIT  VORZUGSWEISER  RCCKSICHT 
AÜP  DIE  ÜNECHTEN  STELLEX  ÜND  GEDICHTE 


H  E  K  A  U  S  G  E  G  E  H  E  N 


V(»N 


K.  LEHRS, 

mOFERPOK   IN    KÕN-IOPBEKO. 


Streuua  nos  exercet  inertia 

Hor.  Vs^Ut,  I.  11.  :3. 


LMPZIG, 

F.  C.   W.  VOGEL. 
1S69. 


V- 


e.     Ss 


Q.  HORATIUS  FLACCUS. 


MIT  VOEZUGSWEISER  RÜCKSICHT 
AüP  DIE  ÜNECHTEN  STELLEN  UND  GEDICHTE 


H  E  U  A  U  S  Ü  E  G  E  B  E  N 

TV) 


vox 

V 


^y/      ^       •  ■        --•* 


K.  LEHR8,        p^'>  7:.^^ 


•-<•   ^v.  .♦•^■'■^.^ 


mOFKBSOll   IN    KÕNI08BEKQ.  \^' •-        V  .^ 


Strenua  nos  exercet  inertia 

Hor.  Epist.  I,  II,  2». 


LEIPZIG, 

F.  C.   W.  VOGEL. 
1869. 


V- 


■e.     .3& 


.'  f 


^  r 


MEINEN  FKEUNDEN 


RUDOLPH  SKRZECZKA 


UND 


C.  F.  WILHELM  MÜLLER 


ZÜGEEI6NET. 


1 


VORREDE. 


Und  ist  es  cndlich  dir  gclungen, 
Und  bist  du  vom  Gefülil  durchdnmgen, 
Was  fruchtbiir  ist  allein  ist  wahr: 
Du  prüfst  das  allgoraeine  Walten: 
Es  wird  nach  seiner  Weise  sclialten: 
Gesflle  dich  der  kleinsten  Schaar. 


Dasö  der  gesunde  Meuschenverstand  sich  zu  richten  habe 
naeli  der  Ueberlieferung,  nicht  die  Ueberlieferung  ilir  ürtheil 
zu  crwarten  habe  aiis  dem  gesunden  Menschenverstande,  nach 
dieser  Norm  ist  zwar  von  jeher  in  der  Kritik  in  ziemlicher 
Breite  gehandelt  worden,  und  breiter  wol  nirgend,  aus 
alter  lieber  Gewohnheit  und  pädagogischer  Herzensangst, 
ais  im  Horaz.  Dass  aber  solche  menschliche  Schwachheit 
formulirt  wird  ais  die  reehte  Weisheit,  das  geschah  wol 
erst  in  neuerer  Zeit.  Die  Erscheinungen,  welche  daraus 
hervorgingen,  konnten  nicht  anders  sich  gestalten  ais  er- 
heitemd.  Und  so  sind  sie  denn  aueh,  jene  Kleinbllrger  der 
Ueberlieferung,  wenn  sie  ihre  trockene  Ueberlieferung  mit 
der  vomehm  gemachten  Etikette  'Methode'  (denn  Schema- 
tismus  ist  es  ja  oder  Schablone)  untor  grossem  WiehtigthuU; 
auch  wol,  wenn's  trifft,  unter  charlatanischem  Ausruf  ais 
Universalmittel  von  Händ  zu  Händ  vertreiben.    Und  in  der 


VI  VORREDE. 

Gebrauchsanweisung  lieat  man  unterstrichen  'objective  Kritik'. 
Die  es  nicht  giebt.  Jede  Kritik,  sobald  sie  Hbcr  das  Händ- 
werk  hinausgeht,  sobald  sie  ihren  rechtmässigen  Ehrennamen 
desürtheilens  verdient,  ist  natlirlich  subjectiv.  Ein  gescheites 
Subject  maobt  gescheite  Kritik  —  was  nicht  dasselbe  ist 
mit  irrthurasloger  — ,  und  umgekehrt.  Und  ein  jedes  Pro- 
blem  verlangt  seine  eigene  Lösung:  fllr  jeden  einzelnen  Fail 
ist  der  Weg  zu  fiuden,  zu  ahnen,  der  zum  Ziele  führt,  die 
Richtung,  in  der  cr  liegen  moehte,  die  Mittcl,  welche  dureh 
Berg  und  Wald  die  ilm  verdecken  hindurchfllhren.  Sich 
fort  und  fort  iunerhalb  der  Berge  nach  rechts  und  links 
herumdrehen,  ais  gäbe  es  da  liinten  nichts  weiter,  während 
das  Ziel  und  die  Aussicht  draussen  liegt^  wie  fniehtbar  und 
unterhaltend  das  ist,  kann  man  in  den  Horazausgaben  lemen. 
Unangenehm  ist  es  freilich,  dass  man  zu  dem  würdigen  Per- 
gamen  das  Beste  erst  selbst  mitbringen  soil :  aber  es  ist  nicht 
anders:  sogar  den  Geschmack.  Auf  den  sie  unter  deni 
Namen  der  ästhetischen  Grftnde  —  nun  es  muss  ausgedrüekt 
werden  wie  es  sich  giebt  —  eine  ganz  besondere  Pique 
haben.  Das  w[ire!  Ein  jeder  Kunstkenner  und  Kunstkri- 
tiker  thufs:  der  Gemäldebeurtheiler,  der  Archäolog:  und 
wir,  denen  die  edle  Aufgabe  geworden,  die  Kunstwerke  des 
menschlichen  Worts  zu  deuten  und  einzureihen,  wir  sollten 
mit  dem  Armuthszeugniss  vor  ein  Publicum  treten,  das  Schil- 
ler und  Goethe  hinter  sich  hat,  und  uns  bei  Kunstwerken 
das  Kriterium  des  G^schmacks  versagen! 


Die  bisher  geschilderte  Erscheinung,  welche  augenblick- 
lich  nicht  unberührt  bleiben  konnte,  wird  in  dieser  Art,  ais 
grundsätzliche,  sich  baid  verziehen.  Sie  ist  ein  kttnstlichcs 
Product.  Demohngeachtet  wird  das  Widerstreben  aus  den 
bekannten  natQrlichen  Neigungen  und  Abneigungen  der  Men- 


VORREDK.  VII 

schen  auch  im  Horaz  fortdauern.  Aber  es  bewegt  sich  doch, 
und  wird  fortfahren  sich  zu  bewegen. 

'Accidit  etiam  litteratis  hominibus  ut  ea  quibus  a  puerili 
aetate  adsueverunt  omni  erroris  suspicione  exclnsa  pro  veris 
habeant.    Insigne  exemplum  praebent  earmina  Horatii,  quae 
omni    tem])ore  lectitata  explicamnS;  laudamus,  admiramur 
tanta  erediilitate ,  nt  etiam  ad  claram  lueem  caecutiamus. 
coepit  tamen  soporem  istum  excutere  vir  aeuti  iudicii,  P. 
Hofman  Peerlkamp,  quamquam  iile  mea  sententia  nunc  lon- 
gius  quam  par  erat,  nunc  non  eo  usque   quo  oportebat  pro- 
gressus/    Was   diese  Worte  Gottfried  Hermannis  enthalten 
(de  primo  carmine  Horatii),  dass  wir  auf  der  Grundlage  des 
Peerlkampsclien  Gedankens  eine  neue  Ausgabe  brauchen, 
ist  bisher  niclit  in  Erfüllung   gegangen.     Wie  viel  weiter 
würden  ^vir  aber  sein,  wenn  an  Meineke,   dessen  kurzem 
Kommentar  wir  auch  in  dieser  Richtung  nicht  weniges  ver- 
danken,  die  Forderung  eiuer  neuen  Ausgabe  herangetreten 
wäre.    Wie  sehr  hatte  ich   darauf  gehoflft!    Dass  ich  mich 
bestimmt  sehe  zu  einer  solchen  Ausgabe  des  Horaz,  in  der, 
wenn  auch  nicht  mehr  allein,  doch  immer  ganz  besonders 
die  Oden  ins  Auge  zu  fassen  sind,  da  mederholt  sich  mir  die 
Erfahrung,  welche  ich  schon  einmal  in  einer  Vorrede  auszu- 
sprechen  hatte,  dass  wir  zu  unsem  Bttchern  durch  Schicksal 
kommen.    Denn  wie  sehr  mein  Herz  und  Sinn  von  jeher  an 
den  Satiren  und  Episteln  hing,    so    wenig  habe  ich  eine 
gleiche  Stellung  gegen  die  Oden  gewinnen  kõnnen.   Zu  wel- 
chen  Horaz  ja  auch  gar  nicht  aus  zwingender  Anlage,  son- 
dern  durch  Umstände  kam.    Es  wäre  ja  auch  schlimm,  wenn 
wir   von  einem  ganzen  Strom   herrlichster  Lyrik  umgeben, 
ausheimischer  und  einheimischer,  nicht  Urtheil  und  Empfin- 
dung  für  wahre  Lyrik  berichtigt  hatten!  Aber  Horaz  ist  doch 
immer  Horaz,  den  wir  hinreicheud  zu  beurthcilen  die  Mittel 


VIII  VORREDE. 

liahen  und  dem  wir  aucli  in  den  Qden  iiocli  ciniges  ahspre- 
cheu  mnssen,  was  hinausgeht  über  dasjeiiige;  was  allerdiugs 
der  gTõsseste  Theil  unserer  Athetesen  triflft,  das  Unsinnige 
und  Absurde,  das  Lappisclie  und  Blõdsiunige.  Icli  bin  zu 
der  Erkenntniss  der  Sachlage  nieht  von  den  Oden  herge- 
kommen,  sondem  von  einigen  Episteln,  die  ieh  in  ihrer  je- 
tzigen  Gestalt  durchaus  nieht  verstelien  konnte,  die  ich  in 
früheren  Jahren,  da  ich  Episteln  erklärte,  jedesmal  über- 
schlug,  weil  ich  mir  nieht  zu  helfen  ^Tusstc,  bis  ieh  denn 
endlich  einmal  mich  angeregt  fand  in  solcher  Trügheit  nieht 
zu  verharren. 

So  ging  ieh  denn  auch  ais  ich  zuerst,  was  im  Jahre 
1863  gesehab,  õflFentlich  über  Horaz  sprach,  von  den  Epi- 
steln aus.  Einige  Oden  berührte  ich  auch  damals  sehon, 
manehe  andere  1864  und  1867.  In  den  Satiren  sind  mei- 
ner  Ueberzeugung  nach  nur  einige  wenige  interi)olirte  Verse, 
in  den  Epoden  einer. 

Die  Aufgabe,  welehe  ich  mir  allein  gestellt  habe,  ist  die 
Untersuehung  über  den  Best  and  des  horazischen  Textes. 
Sie  ist  die  erste  und  ist,  darauf  muss  ich  hier  wie  in  allen 
ähnliehen  Fällen  besteben,  unabhängig  und  muss  unabhän- 
gig  gebalten  werden,  wenn  man  nieht  der  Unbefangenheit 
des  Bliekes  und  der  Empfindung  Eintrag  thun  will,  von  einer 
andem  Aufgabe,  welehe  die  spätere  ist,  die  G^ehichte  des 
Textes.  Gewiss  eine  anziehende  Aufgabe  und,  wie  schwierig 
auch,  jedenfalls  des  Versuches  werth.  Da  sich  diese  Unter- 
suehung, was  überall  zu  sehr  yemaehlässigt  ist,  hier  vor- 
zugsweise  auf  diejenigen  Schieksale  zu  richten  haben  wird, 
welchen  die  Texte  in  den  allerfrühesten  Stadien  ihres  Ein- 
tritts  und  ihrer  Verbreitung  in  die  Oeffentlichkeit  nach  den 
damaligen  Umständen  ausgesetzt  sein  konnten,  so  wird  wcl 
auch  hier  die  Ueberlieferung  nieht  das  Beste  geben,  sondem 


VORREDE.  IX 

(ler  Scharfblick  und  die  Umsicht  eines  alles,  was  in  Frage 
kommen  muss,  erspähenden  und  verbindenden  Geistes. 
Ueber  mein  Vorgehen  in  Betreff  der  Echtheit  und  Unecht- 
heit  habe  ich  nichts  weiter  zu  sagen.  Nur  tiber  mein  Ver- 
halten  in  denjenigen  Stellen,  in  denen  ich  meine  dass  nur 
eine  Entstellung,  entstanden  durch  Verderbung  eines  oder 
mehrerer  Worte,  vorliege.  Es  sind  an  dem  Horaz  doch  meh- 
rere  Manner  von  dem  bedeutendsten  Conjeeturtalent  be- 
schäftigt  gewesen.  Sie  sind  vielfach  geseheitert  und  sie  haben 
gemeint  sich  wider  ihr  sonstiges  Genie  behelfen  zu  müssen. 
Und  naeh  mehreren  hat  ein  Mann  wie  Meineke^  dem  ja 
auch  in  diesem  Punkt  jedermann  das  Hõchste  zutraut,  sich 
an  einer  ganzen  Zahl  von  Stellen  veranlasst  gefunden,  durch 
ein  Zeichen  zu  erkennen  zu  geben,  dass  er  die  Stelle  für 
verdorben  halten  musse,  eine  Conjectur  aber  nicht  zu  finden 
wisse.  Diese  Vorgänge  schienen  mir  hinreichende  Berech* 
tigung  zu  dem  Glauben  zu  gewähren,  dass  überhaupt  mit 
einer  Herstellung  aus  Buchstabenverderbung  noch  viel  õfter 
nicht  durchzukommen  sei  ais  man  bisher  sich  dazu  ent- 
schlossen:  dass  der  Fail  viel  õfter  vorliege,  dass  die  Ver- 
derbung durch  verloren  gegangene  und  schlecht  ausgefttllte 
Worte,  ja  mitunter  Zeilen,  entstanden  sei.  Hienach  bin  ich 
mit  Entschiedenheit  verfahren. 

Mit  Ribbeck  freue  ich  mich  darin  in  Uebereinstimmung 
mich  zu  finden,  dass  wir  beide  den  schönen  Bentleyschen  Les- 
arten,  die  in  den  Winkel  gestellt  waren,  ihren  gebührenden 
Platz  gegeben.  Wirklich  ist  es  zu  verwundeni,  wie  viele 
der  gewõhnlicheft  Horazherausgeber  mit  ihm  umgehen  ais 
treibe  er  Spielereien  dieser  Mann  mit  dem  göttlichen  Dä- 
monium,  dem  aus  seinem  Haupte  die  bewaffneten  Gedanken 
entsprangen,  wie  Minerva  dem  Jupiter. 


X  VOKKEDE. 

Die  interpolirten  Strophen  und  Verse  sind  ein^rückt, 
Lacken  durch  Punkte  angezeigt.  Gediclite,  die  einer  grGsseru 
Umgestaltung  bedfirftig  erscbienen,  sind  zuer^t  in  ihrer  her- 
kõromlicben  Gestalt  abgedruckt,  binterher  in  der  veränderten 
unter  derselben  Nommer,  also  z.  B.  etwa  II,  dann  II'.  Wenn 
was  nach  gewõbnlicber  Ansicbt  ein  Gedicht  ist  uns  in  zwei 
zu  trennen  scbien,  ist  dies  bezeicbnet  durch  z.  B.  YI*,  VP. 

Nur  bei  denjenigen  Lesarten  des  Textes,  welcbe  gar  keiner 

Ueberlieferung  entsprechen,  ist  die  Ueberliefenmg  darunter 

angegeben  und  der  Urbeber  der  aufgenommenen  Textesworte. 

Wobei  B  Bentley  und  M  Meineke  bedeutet.    Wo  kein  Name 

stebt  rühren  sie  von  mir  her:  so  weit  ich  weiss.    Etwaiges 

Nicbtwissen  —  natürlicb  stelle  icb  biemit  jedem  Berecbtig- 

ten  sein  Eigentbum  zurück  —  zu  entschuldigen  habe  icb 

wol  nicbt.    Wenigstens  um  eine  Verpflicbtung  anzuerkennen, 

Yon  der  Horazlitteratur^  der  ganzen  oder  der  meisten,  Kennt- 

niss  zu  nehmen,  dazu  gehören  jedenfalls  ganz  andere  An- 

sicbten  über  die  Aufgaben  des  Lebens  ais  ich  sie  nun  ein- 

mai  habe.    Icb  habe  mir  ein  beiteres  Sprttchlein  von  Goethe 

ttber  die  Deutschen  Zeitschriften  schon  längst  auf  meinen 

Fail  übertragen: 

Wer  hatte  auf  aUe  Horatiana  Acht, 
Morgens,  Mittag,  Abeud  und  Mittemacht, 
Der  wär*  um  alle  seine  Zeit  gebracht, 
Hatte  weder  Stunde  noch  Tag  noch  Nacht, 
Und  wär*  ums  ganze  Jahr  gebracht : 
Das  hatt'  ich  ihm  gar  sehr  verdachtl 


■% 


Die  Verschleifung  bei  Horaz.*) 

1.  Bei  Behandlung  cler  Horazischen  Verschleifungen 
darf  man,  und  es  wird  zweckmäszig  und  übersiohtlich  sein 
dies  zu  thun,  die  Oden  und  Briefe  einerseits  zusammen  be 
handeln,  abgesondert  die  Satiren.  Ich  will  hier  einiges  über 
die  Horazischen  Verschleifungen  aufschreiben,  und  zwar  wie 
es  für  die  Oden  und  die  Briefe  mit  Einschlusz  der  ars  poe- 
Uca  geltend  ist,  deren  Synaluphen  ich  tibersehe.  Für  die 
zweite  Silbe  der  Verschleifung  darf  man  keine  für  unanstõszi- 
ger  gebraucht  ansprechen  ais  et  und  est^  jenes  natttrlich  noch* 
viel  häufiger  ais  dieses  erscheinend,  und  man  darf  sich  ge- 
faszt  machen  beide  in  manchen  Fällen  häufig  oder  auch 
ai  lein  angewendet  zu  finden,  wo  andere  Silben  Bedenken 
hättea.  Dann  folgen  Präpositionen,  einzeln  oder  in  Zusam- 
mensetzungen,  nebst  dem  untrennbaren  in  privativum.  Dann 
erst  nominale  und  verbale  Stämme,  pronominale  nebst  Par- 
tikelstämmen.  Diese  Unterscheidung  der  Stämme  ist  bei  der 
lateinischen  Verschleifung  sehr  \yichtig.  Die  funfzehn  Gedichte 
z.  B.  des  vierten  Buches  enthalten  überhaupt  48  Verschlei- 
fungen, wobei  wir  das  Vindelici  et  A,  18  ais  vermuthlich 
richtig  mitzählen,  das  voltu  et  einiger  9,  43  ais  ganz  und 
gar  unwahrscheinlich  weglassen.  Darunter  sind  nun  auszer 
13  mit  que  et  noch  6  andere  mit  et,  also  19,  mit  est  5, 
mit  Präpositionen  16,  mit  nominalen  und  verbalen  Stäm- 
men  (eingeschlossen  2  und  zwar  ausländische  Propria,  de- 
nen,  wie  die  Vergleichung  der  Beispiele  an  die  Händ  zu 

*)  Zuerst  im  Jahre  1963  in  Fleckeisens  Jahrbüchern.  Dortige  Ver- 
zählungen  jetzt  beriehtigt  mitUntersttttzung  vod  Julias  Schultz,  dessen 
Schrift  de  prosodia  satiricorum  Romanorum  capita  duo,  de  muta  cum 
liquida  et  de  Bynaloephe  Regim.  1864  fur  die  von  mir  nur  in  zweiter 
Reihe  herbeigezogenen  Satiren  zur  Ergänzung  dient. 

Lehrs,  Horatias.  A 


Il  VEaSCHLElFUXCi. 

geben  Bcheint,  da»  Ohr  auch  in  diesem  Faile  groiüzere  Frei- 
heit  gab)  S,  und  endlich  ein  net/ue  enim.  Bei  der  Verteilung 
der  letzten  ClasRcn  in  die  einzelnen  Oden  findet  liin  und 
wieder  Zufall  Rtatt.  Bisweilen  wieder  eigrcntllmliche  Aus- 
gleichung.  Auf  einiges  Mitspiclen  des  Zufolls  musz  man 
überliaupt  in  diesem  Bereich  der  lateiuiscben  Wortv^erschlei- 
fung  gefaszt  sein  und  starren  Scheniatismus  nicht  envarten : 
z.  B.  wenn,  um  bei  Horatius  zu  bleiben,  in  den  Briefen  hin 
und  wieder  in  20  —  30  Versen  jedc  Synaluphc  ausbleibt,  wie 
f^pist.  1  7,  33—54,  I  10,  56-70,  II  2,  35— G3,  II  1,  141  — 
175.  226—244.  253—270,  selbst  in  den  Satiren  doeh  wenig- 
stens  I  4,  44—56,  II  5,  61 — 80  mit  nur  einer  einzigen  Syn- 
aluphe  tandem  H  in  V.  6S.  Doeh  zurück  zu  jeneni  vierten 
Buche  der  Oden.  Das  Pindarum  tjuisquis — hat  60  Versemit 
4  Synalõphen,  was  ein  ungemein  gcringes  Verhaltnis  ist  filr 
ein  80  langes  Gedicht  (worüber  später).  Wenn  darunter  drei 
Versobleifungen  sind  mit  Nominalstamm ,  so  ist  dies  wieder 
ein  ganz  ungewöhnlicb  hohes,  ieh  glaube  in  keiner  einzigen 
Ode  sonst  erscheinendes  Verhältnis.  Aber  freilich  sind  sie 
in  Art  sehr  gemildert:  ptigilemre  equumre  18,  moresque  \ 
mireos  22,  ego  apis  Matinae  Tt  fdic  vierte  ist  nigroque  \  in- 
videt  23).  Wie  viel  wcniger  wiegen  diese  ais  z.  B.  in  II  1 
(Motum  ex  Motetlo  — ),  vierzig  Versen  mit  7  Vcrsehleifungen, 
die  drei  hieher  gehörigen :  principum  amiciiias  4,  phnum  opiis 
aleae  6,  atrocem  animiim  24. 

2.  Ehe  wir  weitergehn,  stebc  liier  noeh  etwas  überdie 
Bchon  erwähnte  Verschleifung  que  et.  Ganz  hcrvorst^cbend 
ist  dieselbe  im  vierten  Buche  der  Oden :  unter  den  funfzehn 
Gedichten  dieses  Buches  sind  mchrere,  wft  das  que  et  be- 
sonders  beliebt  ist.  Die  erste  Ode  (40  Versc)  enthält  drei 
Synalõphen:  \%namque  etnobtlis,  22  f//raeqtte  et  JJereci/ntiae, 
dann  noeh  35  decoro  \  inter—.  In  der  fdnften  Ode  C40  Verse) 
zwei:  13  ominibusque  et  precibus.  22  maeulosum  edomuit. 
In  der  neunten  V.  7  Ceaeque  et  A/caei,  und  ausserdem  in 
dem  52  Verse  haltenden  Gedicht  ante  Ägamemnona  25  und 
das  ganz  zweifelhafte  vultu  et  43.  In  dem  dreizehnten  Ge- 
dicht (28  Verse)  drei  Synalõphen:  4  ludisqne  et  bitm\  21  no- 


VER8CHLE1FÜNG.  UI 

ta^ue  et  artium :  dann  28  dilapsam  hi  cinerem,  Ferner  das 
vierzehnte  enthält  52  Verse  mit  6  Verschleifungen ,  davon  4 
ütt  que  et:  24  mit  tere  equum,  33  eonsitüim  e^,  31  primosque 
et  ewtremosy  39  laudemque  et  optaium^  42  Medv^que  et  InduSy 
46  NUusque  et  Ister.  Das  funfzehnte  (32  Verse)  V.  10  rectum 
evaganti\  W  famaque  et  imperi ,  25  nosque  et  profest/s,  31 
Trotamque  et  Änchisen, 

So  steht  in  den  Oden  des  yierten  Buchs  dieses  que  et 
dreizehnraal,  während  es  in  den  drei  ersten  Büchem  hoeh- 
stens  siebenmal  vorkommt,  zweimal  im  dritten:  6,  35  Pyr- 
rhumque  et  ingentem  und  21,18  viresque  et  addis^  im  zweiten 
Buche  gar  nicht,  im  ersten  Buche  zweimal  eclit:  32,  9  TV 
neremque  et  illi^  35,  10  gentesque  et  Lativm,  und  zweimal 
vermutlieh  unecht  in  dem  Pastor  eum  traheret  —  (15)^ 
nemlich  V.  12  currusque  et  rabiem  und  V.  18  strepitumque 
et  ceierem.*)  Noch  sei  bemerkt  dasz  im  cannen  saecuhre 
(76  Verse)  von  sieben  Synalöphen  zwei  sind  mit  que  et: 
V.  11  aliusque  et  idem^  Al  reinque  prolemque    \    et  decus — . 

Man  wird  sagefi  dürfcn  dasz  in  den  Jahren,  in  denen 
die  Oden  des  vierten  Buches  entstanden,  Horatius  zu  der 
Anwendung  von  que  et  eine  gi'ö8sere  Neigung  hatte.  Und 
wer  bemerkt  dasz  dieses  que  et  auszerdem  aufFallend  häufig 
ist  in  der  ars  poetica,  aber  nur  in  der  erstern  kleinem  Hälfte 
bis  V.  214,  wird  beiläufig  es  vielleicht  nicht  unwahrsehein- 
lich  finden,  dasz  an  dieser  Partie  der  ars.  p.  Horatius  in  den- 
selben  Jahren  arbeitete.  Vielleicht  hieng  jenes  wenigstens 
för  das  vierte  Buch  der  Oden  zusammen  mit  der  in  demsel- 
ben  noch  etwas  gesteigerten  und  noch  ausnahmsloser  befolg- 
ten  Neigung  —  so  wird  man  sich  etwa  ausdrücken  kõnnen 

*)  DaruDter  ein  regtimque  ductunque  et  tristia  hella,  was  doch 
schwerlich  ein  etwas  feinererMund  wenigstens  hören  liesz  regumque  du- 
cumquet,  und  mehrere  Beispiele,  wo  durch  solche  Annahme  Verse  ohne 
Caesur  entstehen.  Denn  es  scheint  in  der  That  noch  nicht  ganz  über- 
fiüssig  immer  wieder  einmal  daran  zu  crinnern  dasz  man  durch  den  — 
endHch  ganz  abzuschaffenden  —  NamenElision  sich  nicht  die  Vorstel- 
lung  tiber  die  Sache  verwirren  lasse.  Ov.  Jmor.  I,  6,  57  aut  ego  tarn 
ferroqne  ignique  paratior  ipse.  Und  mit  Interpunction :  Vergilio  Vq- 
rioque?  ego  cur  acquirere  pauca  — 

A  2 


IV  VERSCHLEIFUNG. 

ohne  zii  wciiig  oder  zu  viel  zu  sagen  —  zur  Anwendung 
einer  mäszigeu  Zabl  und  zur  Anwendung  iiamentlieh  auch 
der  milderen  Verselileifungen.  Und  qito  et  ist  wol  von  allen 
dic  mildeste:  das  qvf*  selbst  unter  denen  mit  kurz  e  in  er- 
ftter  Silbe  besondcrs  leicbt  und  oft  zugolassen:  und  et^ 
von   dem  vorber  und  8i>ätcr. 

3.  Kaeb  diesen  Vorbemcrkungen  will  icb  nun  aber  was 
icb  über  dio  Verscbleifungen  bei  Horatius  zu  sagen  gedenke 
80  darstellen,  da&z  icb  sein  längstes  Gedicbt,  Aie  ars  poetica, 
zugrunde  lege,  welcbes  sicb  in  seinen  maszvoU  gebaltenen 
Verscbleifungen  sebr  geeignet  erwcist  von  ibm  auszugeben. 

A.  Also  zuerst  ein  Wort  tiber  die  Anzabl.  Die  476  Verse 
enthalten  100  Synalöpben,  also  nahczu  auf  5  Verse  6ine. 
Die  ars  p,  tritt  biermit  ganz  wobl  in  die  Reibe  der  übrigen 
groszen  Episteln,  ja  aucb  groszen  und  gröszern  Oden.  Von 
den  übrigen  22  Episteln  geben  die  acbt  näcbst  gröszten  fol- 
gende  Verbältniszablen  der  Verscbleifungen,  wol)ei  wir  durch 
einen  oben  angesetzten  Stricb  die  Zabl  mit  einem  Brucb  aus- 
drücken  woUen. 

I  2  (71  Verse)  6'  (das  beiszt  also  auf  je  6'  Verse 
6ine  Verscbleifung).  I  16  (73  V.)  6'.  II  2  (216  V.)  6.  I 
7  (98  V.)  5'.  118  (111  V.)  5'.  II  1  (270  V.)  5'.  I  1 
(107  V.)  4'.  1 6  (68  V.)  4'.  Nun  tretcn  aber  dieselben  Zab- 
len  ganz  tiberwiegend  in  den  groszen  und  gröszern  Oden, 
scbon  von  etwa  40  Versen  an,  der  ersten  drei  Bücber  auf.  Wenn 
man  eineDebnbarkeit  innerbalb  eines  Bereicbes  wie  der  obigen 
Zablen  ganz  natürlicb  finden  wird,  so  wird  man  sicb  aucb 
nicbt  wundeni,  wenn  in  einem  acbtzigzeiligen  oder  vierund- 
eecbzigzeiligen  Gedicbt  (III  A  DesceiiJe  caelo  —  29  Tf/rrhena 
reginn  —  )  die  genaue  Zäblung  nur  3'  ergibt ,  tlbrigens  mit 
ziemlicber  Annäberung  zu  4.  —  Diese  Zablen  sind  keine  zu- 
fälligen.  Sie  drücken  den  Maszstab  für  Obr  und  Empfindung 
des  Horatius  aus,  den  er  für  die  gröszern  Gedicbte  nicbt 
nur  duldete,  sondern  für  angemessen  biclt.  Für  die  gröszern — 
sei  es  dasž  ibm  erscbion,  ein  lang  fortgehendes  Gedicbt  rõ- 
miscben  Muudes  obne  alle  oder  nabezu  obne  alle  Verscbloi- 
fung  macbe  den  Eindruck  der  Aflfectation,  sei  es  dasz  er  für 


VERSCHLEIFUNG.  V 

den  Ernst  und  das  Gewicht  des  Inhalts,  wie  er  den  längem 
Gedichten  doch  wol  meistentheils  eigen  sein  wird,  den  glat- 
ten  Schliflf  nicht  angemessen  fand,  der  einem  kleinern  car- 
men  amabile  anstand  oder  einfer  Studie.  Dennoch  auch  un- 
ter  den  Oden  kleinern  Umfangs  erscheinen  jene  Zahlen  noch 
häufig  genug,  ja  er  hat  in  einigen,  wiewol  wenigen,  eine 
noch  gröszere  Anzahl  Verschleifungen  zugelassen,  z.  B.  so 
dasz  die  Verhältniszalil  ist  2'  und  einmal,  wie  wir  sehen 
werden,  1'.*)  Allein  nun  gibt  es  eine  ganze  Anzahl  Oden, 
welche  nach  einer  andem  Richtung  hin  gearbeitet  sind;  ja 
es  gibt  eine  Zahl  Oden  von  16,  20,  30  Versen  teils  ohne 
alle  Verschleifung,  teils  mit  6iner  oder  zwei  und  bisweilen 
ganz  milden  Verschleifungen.  Ohne  Verschleifung  I  4  Sol- 
ritur  acris  hiems — ,  5  Quis  muita  gracilis — ,  14  0  navis  reje- 
rent,  Mit  iiner  sehe  man  I  8  Lydia  dic — ,  9  VUIes  ut  aita 
— ,  XZCtim  tu  Lydia  Telephi  — ,  18  NuUam  Vare  sacra 
— ,  sehr  interessant  in  Beziehung  auf  die  Verschleifung  zu 
vergleichen  mit  Catullus  c,  30.  Auch  die  beiden  andem  in 
diesem  Metrum  bei  Horatius  von  8  Zeilen  habeji  das  eine 
IH  gar  keine,  das  andere  IV  10  6ine  Verechleifung  {LigU" 
rine  in),  Femer  25  Parcius  iimctas  — ,31  Quid  dedicatum — 
(aurum  aut  V.  6),  37  Nujic  est  bibendum  —  (attsa  et  V.  25), 
II  8  Vila  si  iun\ — ,  10  Rectius  vives  —  (nur  neque  altum  V. 
1),  III  10  Extremum  Tanain — ,  19  Quantum  distet  ab  Inacho 
— ,  IV  7  Diffugere  nives  —  (blosz  ein  neque  enim  V.  25). 
Mit  zwei  Verächleifungen  II  5  (1  — 16)  Nondum  suhacta  — , 
14  Ekeu  fugaces  — .  Wenn  bei  groszen  Oden  die  Verschlei- 
fungen gegen  die  vorbin  angegebenen  Normen  aufFallend  ge- 
ring  werden,  wie  im  vierten  Buche  in  Pindarum  quisquis  — 

♦)  Das  0  nata  mecum  — ,  nicht  unversehrt  und  also  schwer  zu  beurr 
teile  n,  wird  unter  allen  Umständen  wol  keine  hõhere  Ziffer  aufzuweisen 
habenals2';  diesthunauch  die  freilich  auch  nicht  sicher  zu  beurteilenden 
Dianam  tenerae  —  I  21  und  Parcus  deorum  —  134.  Sicher  ist  Exegi 
momimentum  — ,  wovon  sogleich.  —  II  3  Aequam  memento  —  3'.  — 
In  der  im  Text  zunächst  folgenden  Aufzählung  sind  ein  paar  Gedidite 
mit  anfgez&hlt,  die  nicht  võUig  in  Ordüuflg  sind,  solche  jedoch  diewahr- 
scheinhch  in  dem  Punkte,  worauf  es  uns  ankommt,  nicht  wesenthch 
anders  waren. 


VI  VER8CHLEIFUN0. 

60  Verse —  15,  in  Qualem  minütrum  —  76  Verse —  12',  mit 
Erwägung  namentlich  aucli  ihres  Inhalts,  ebenso  IV  5  Divü 
orte  bonis  —  mit  zwei  und  IV  6  Dive  quem  proles  —  mit 
nur  6iner  Verschleifung  auf  *40  Verse  —  und  was  jetzt  ais 
carmen  saeculare  vorliegt  entliält  auf  76  Verse  7  Versehlei- 
fungen,  darunter  5  mit  qtie  und  est  —  dann  also  darf  man 
sieb  die  Frage  vorlegen ,  ob  Horatius  damit  einen  Fortschritt 
gemacht  oder  ob  er  nacbgegeben  einer  Verzärtelung  der 
Zeit  und  des  Ohrs,  di^  übrigens,  wie  wir  uns  zu  erin- 
nern  niebt  unterlasseu  woUen,  auch  bei  den  griechiscben 
Alexandrinern  in  die  Versbildung  eindrang.  SoUten  jene 
Oden  damit  gewonnen  haben?  Wenn  er  ganz  im  Gegentheil 
in  einer  Ode  kleineu  Umfangs  begann: 

Exegi  monumentum  aere  perennius 
regalique  situ  pyramidum  altius, 
quod  non  Imber  edax,  non  aquilo  iupotcns 
possit  diruere  aut  innumerabilis 

und  in  jedom  Verse  dieser  Anfangsstropbe  eine  Verscblei- 

fung  zuliesz,  nicht  einmal  ganz  milde,  und  dieses  ganz  gewis 

seinem  Bewustsein  oder  seiner  Empfindung  niebt  unbemerkt 

blieb,  wenn  erhier  jene  glatte.Politur  nicht  zuliesz  oder  nicht 

erstrebte,  angemessen  dem  kräftigen  und  römisch  bewusten 

Inhalt,  80  mõchte  mandieslobenswertherfinden.  So  hat  das 

Gedichtcben   auf  seiue  16  Verse  7  Verschleifungen  erhalten. 

Auch  werde  ich  ihm  wol   nichts  unrichtiges  unterlegen, 

wenn  ich  bemerke,  wie  in  dem  Donec  graivs  eram  tibi  — , 

welches  auf  seine  24  Verse  6  Verschleifungen  hat,    fünf  da- 

von  sich  zusammendrängeu  in  die  letzteu  6  Verse: 

si  flava  excutitur  Chloe 
reiectaeque  patet  ianua  Lydiae? 

quamquam  sidere  pulcrior 

iile  est,  tu  leWor  cortice  et  inprobo 

iracundior  Hadria, 

tecum  vivere  amem,  tecuin  obeam  libens, 

d.  h.  von  da  an  wo  das  Gedicht  leideuschaftlich  wird.  Viel- 

leieht  darf  man  etwas  ähnliches  anwenden  auf  II  7  0  saepe 

mecum  — ,  vielleicht  auch  auf  IV  3  Quem  tu   Melpovienesemel 

— .  Doch  mõchte  ich  das  hier  so  sicher  nicht  sagen  —  denn 


VEKSCilLKlFÜNG.  VU 

man  darf  nicbt  vergessen,  man  soil  os  vielmelir  durch  Be- 
obachtung  wissen,  wie  sehr  auch  Zufälle  špielen  —  ais  in 
jenem  so  bestimmt  gegliederten  und  mit  unverkennbarer 
Liebe  ausgearbeiteten  Donee  gratus  eram  tibi  — .  Freilich 
nabm  er  gewis  ais  Verscbleifuugen  nicht  die  ersten  besteu 
sich  darbietenden ;  aber  dergleichen  ganz  aufzugeben  für 
eine  gleichmässige  Glätte  mõcbte  nicht  ais  das  weisere 
erscbeineu;  und,  wenn  man  etwa  an  Aequam  memento  —  3' 
—  schon  Anstosz  zu  nehmen  begann^  ais  Verwõhnung.  Nun 
wieder  im  Gegenteil  ist  es  gewis  kein  Zufall,  wenn  das 
sechzebnte  Gedicht  in  den  Epoden  Altera  tarn  teritur  — 
mit  wechselnden  Hexametern  und  ganz  reinen  lamben 
in  den  33  Hexametern  nicbt  eine  einzige  Verschleifung 
haty  und  auch  in  den  lamben  nur  fünf  Verschleifiingen  zu- 
gelassen  sind,  deren  drei  in  qi/e.  Dies  jedooh  wie  epod. 
13  scheint  sich  ais  metrisches  Schaustück  darzustelleu; 
wie  auch  die  Spondiaci  zeigen  7  (V.  17.  29j,  welche  dem 
Horatius  da,  wo  er  sich  selbst  schreibt,  so  fremdartig  sind 
und  hier  gar  gebildet  in  jener  gezierten  Art  mit  griechischen 
Wõrtem  und  dem  berüchtigt  gewordenen  Apenninus.  (S.  d^n 
Anhang  tlber  die  versus  spondiaci,)  Und  ich  meinesteils 
würde  dies  besser  verstehen  ais  warum  eine  Ode  von  dem 
Tou  des  Nunc  nst  bibendum  —  in  ihren  wenn  auch  nur  32 
Zeilen  keine  andere  Verschleifung  hat  ais  ein  ausa  et  (V. 
25),  und  ähnlich  einige  andere  der  oben  genannten,  welche 
nicht  in  die  Classo  griecliischer  Studien  oder  Spielereien  fal- 
Icn,  wenn  nicht  auch  hier  Horatius  gerade  römisch  politischen 
Inhalt  verwendet  hatte.  Bei  einem  Gedicht  wie  dieser  16. 
Epode  also  mag  es  doch  leicht  geschehen  sein  dasz  es  man- 
chem  noch  gar  nicht  altväterischen,  aber  vaterländischen  Sinn 
widerstand,  dasz  es  manchen  bedünkte  der  altromische  Most 
sei  fUr  solche  neumodische  SchlUuche  nicht  ^  manchen  auch 
von  denjenigen,  die  gar  nicht  an  allen  Freiheiten  des  Luci- 
lius  in  versü  faciendo  ein  für  allemal  festzuhalten  ge- 
dachten  und  solche  schalkhafte  Erinnerung  an  seine  Un- 
ebenheiten  verstanden  und  beifällig  lasen.  Und  'das  Ge- 
dicht ist  nicht  ura  des  Inhalts  willen  gemacht'  —  der  Ein- 


vm  VERSCHLEIFÜNC4. 

(Iruck  verbleibt  doch;  und   wenn  das  einem  Nullam  Vm*e 
sacra  —  gar  nichts  schadet,  so  kann  es  verdrieszen  bei  ei- 
nem 8ieh  römisch  und  innerlich  anstellenden  Inhalt.    Um 
weiter  auf  die  Verschleifungen  insbesondere  zu  kommen ,  so 
verfuhr  Horatius  ein  andennal  bei  einem  nur  auf  die  Form 
gearbeiteten  Gedicht  ganz  anders,  ais  er  nemlich  das  J//>e- 
rarum  esi  componierte,  das  gar  keihen  andern  Zweck  und 
Urspnmg  haben  kann  ais  die  Form,  und  bei  demer  gänz 
genau  gewust  haben  musz  was  er  that,  das  er  ganz  zu  sei- 
ner Zufriedenheit  in  der  Form  machen  muste  oder  gar  nicht. 
Dieses  kleine  Gedicht  nun  hat  auf  seine  zwölf  Verse  sieben 
Verschleifungen.    Diesc  klangen  ihm    doch  also  auch  gut, 
natttrlich  diese  wie  6r  sie  machte  und  wie  der  Nationalmund 
eines"gebildeten  Roraers  sie  sprach.     Was  solleh  wir  also 
sagen?    Horatius  hatte  die  Ueberzeugung  von  einer  Verban- 
nung  der   römischen   Verschleifungen    in    den  griechischen 
Dichtungsformen  nicht,  gewis  die  Ueberzeugung  von  der  Not- 
wendigkeit  und  Angemessenheit  einer  Regelung  für  die  neuen 
Formen  und  fttr  die  neue  Zeit.    Er  dichtete  nach  zwei  Rich- 
tungen  hin:    ais  grieehische  Nachahmung,    ais  Studie,  ais 
Studie  auch  zur  Schmeidigung  der  Sprache  nach  jener  die 
Verschleifung  ausschlieszenden  Richtung  mit  voller  Berechti- 
gung.    Aber  der  Reiz  der  Glätte  und  Eleganz  ward  ihm  ge- 
fährlich,  und  hatte  er  schon  in  den  Dichtungen  älterer  Zeit 
ihm  hin  und  wieder  nachgegeben  an  bedenklicher  Stelle,  so 
gab  er  diesem  Reiz  noch    um    ein    mehreres    nach ,    ais  er 
nach   einer  Reihe    dazwischen    liegender   Jahre    in  dieses 
Gebiet   noch  einraal  wider  seinen  Willen  einkehren  muste 
und    die   sonstigeu  Reize,    welche   ihn   zu  dieser  Gattung 
gezogen,    hinter   ihm    lagen.     Und  es    lag   in    der   römi- 
•  schen  Luft  ein  Keim,    der  jene  Atmosphäre  entwickelte* — 
auch  innnserer  Literatur  wissen  wir  davon  zu  sagen  —  in  wel- 
cher  alles  von  weichem  Wohllaut  träuft.  Die  römischen  Muster- 
verse  dieser  Richtung,  die  Persius  aufgestellt,  1 ,  93  sind  be- 
kannt:  eine  Verschleifung  bieten  sie  auch  nicht;    die   dem 
Romantiker  des  Tiberius,  dem  Julius  Montanus  ^der  auszer- 
õrdentlich  gem  Sonnenauf-  und  untergänge  anbrachte'  änge- 


VEKSClILEIFrNG.  IX 

hCrigen  Verse  bei  Seneca  ep.  122  sind  in  derselben  Form 
geschmolzen.  Auf  dic  griechisch  lyrisehcn  Formen  sind  wol 
die  oben  hesprochcnen  Vorgänge  des  Horatius  nicht  ohne 
Einflusz  gewesen ,  wenn  z.  B.  Statius  ein  Sapphisches 
Gedicht  (IV  7)  in  56  Verscn  mit  zwei  Versclileifnngen 
bildete ,  ein  Alcäisches  in  60  Versen  (IV  2)  gleichfalls  mit 
zwei,  dem  gemäsz  135  Hendekasyllaben  mit  5  Vergchlei- 
fungen  (II  7),  190  mit  8  (IV  3),  55  mit  2  (IV  9), 
sanfter,  vielmehr  fast  sämtlichen  sanftester  Art,  dasz  eine 
Sehilderung  eines  reiszenden  Wassers  IV  3 ,  durch  welche 
an  einer  Stelle  gehänfte  Verschleifungen  herbeigeftthrt  sind, 
so  aussieht:  76  et  nnnc  ilfe  ego  tnrhidus,  79  qui  terras  rapere 
et  rotare  siiras. 

Von  den  Epistel n  haben  wir  auszer  der  ars  p,  die  acht 
nSclist  grGszten  besprochen.  Es  bleiben  14,  deren  längsto 
50  Verse  hat  (die  <5ino  Epistel  17  von  62  Versen  ist  ein 
Wahn^,  diekürzeste  13.  Ohne  allo  Versehleifung  ist  keine. 
Üebrigens  wäre,  was  sio  in  Betreflf  der  Anzahl  der  Ver- 
schleifungen aufweisen,  unter  ilmen  nicht  weiter  nach  Um- 
fang  zn  verteilen.  Es  bieten  noch  5  die  oben  besprochenen 
Verhilltniszahlen  4  bis  6\  drei  sogar  3'  und  2'.  Aber  6  bie- 
ten eine  geringere  Anzahl  Verschleifungen,  und  es  scheint 
nicht  zufRllig,  wenn  die  Epistel  3  an  die  jungen  litterari- 
schen  Freunde  auf  36  Verse  nur  zwei  Verschleifungen  hat, 
oder  die  an  Vinias,  natllrlich  fdr  Augustus  beigelegte,  auf 
18  Verse  ebenso  zwei,  oder  das  Si  potes  Ari^hhcis  —  auf 
32  Verse  3,  und  zwar  drei  et,  Dic  andem  sind  nach  den  Verhält- 
niszahlen:  17  Quamris  "Scaeva  —  32  oder  33  V.  die  ich  allein 
für  den  echten  Bestand  halten  kann  —  10'.  Und  10  Prisco 
si  crcdis  —  49  V. —  9'.  Und  10  Vrbis  amaforem  —  50  V. — 8'. 
Es  kominen  Sonderbarkeiten  vor.  In  10  hören  die  Ver- 
schleifungen bei  V.  34  auf  bis  auf  6ine  die  nach  45  kommt 
Hingegen  in  19  ist  keine  Versehleifung  bis  V.38,  in  den  ttbrig- 
bleibenden  1 1  Versen  5,  von  denen  freilich  4  et,  Solche  Zu- 
fälligkeiten  der  Verteilung  habe  ich  sohon  oben  bertthrt. 
Es  kõnnen  auch  in  der  2iahl  tlberhaupt  Zufälle  mitgespielt 
haben:    fllr  Horatius  raõchte  ich  doch  vielmehr  sagen  — 


X  VEKSCHLKIFUNO. 

nach  dem  was  dio  Durelimudtcrung  bei  ikm,  ieli  sage  bei 
ihm,  an  die  Händ  zu  geben  scheint  —  eine  Laune  einmal 
etwas  geputzter,  gleicbsam  auf  eineni  farbigeu  Briefbogen 
zu  sehreibcn,  die  mir  in  keineni  der  obigen  Beispiele  unan- 
gemessen  erscheinen  wttrde. 

Doch  genug.  Von  dieseni  Versucb  aus  der  Statistik  der 
Zahlen  einen  Sinn  herauszulesen  kann  ieb  nicbt  fortgeben 
ohne  urn  Verzeihung  zu  bitten.  Ganz  vollzogen  kaun  er 
niemals  werden,  da  der  Verschleifungen  Bescliaffenbeit,  die 
man  inimer  sogleicb  ins  einzelne  nicht  wol  vcrbinden  kann, 
immer  docb  aucb  auf  deu  Zahlenwertb  influiert.  Zu  Art 
und  Besehaflfenheit  der  angewendeten  Verscbleifungen  geben 
wir  jetzt. 

B.  In  jenen  476  Versen  der  ars  p.  sind  32 ,  in  deneu 
die  zweite  Silbe  der  Verschleifung  gebildet  ist  durch  e/,  16 
mit  est  (V.  99  esse),  25  mit  einzelner  oder  zusammengesetz- 
ter  Präposition  und  in  privativum,  woinit  73  von  den  hun- 
dert  Verscbleifungen ,  welche  die  ars  p.  tlberbaupt  entbält, 
absorbiert  siud, 

Deninächst  bcmerken  wir  vier  Beisi)iele  mit  einsilbiger 
Partikel,  \\(tm\\it\\  aut  (18.  105.  119.  443):  dasz  alle  in  der 
ätelle  der  Penthemimeres  stelien  ist  Zufall. 

Es  bieiben  dieFälle,  wo  die  zweite  Silbe  Stamm  eines 
zwei-  oder  mehrsilbigcn  Wortes  ist  (auszer  natürlich  Prä- 
position). Darunter  zuerst  5  mit  Pronomina,  und  zwar  drei 
(55.  272.  416)  mit  etjo^  welcbes,  wie  man  sieb  bei  einiger 
DichterleetUre  leicht  überzeugt,  zu  Verscbleifungen  in  seinen 
beiden  Sflben  mit  am  leicbtesten  rerwendbar  ist.  Auszer- 
dem  primum  ipsi  tihi  103.  poterat  quia  eena  sine  isfis  376. 
Dann  folgende  mit  pronominalen  Adverbien:  aUjue  ita  men- 
titur  151,  verum  ita  Hsores  225.  rej^um  ubi  plura  nitentSbL 
nullum  ultra  verbum  443.  Ferncr  einmal  etiam :  pes  eitus  unde 
etiam  252.  Dasz  unter  den  mit  Nominal-  und  Verbalstämmeu 
gebildeten  in  der  ars  p.  mit  nur  zwei  Ausnabmen  kein  Beispiel 
ist,  in  dem  die  erste  Silbe  der  Verschleifung  nicbt  in  m  aus- 
gienge,  dabei  ist  Zufall ;  aber  die  llberwiegende  Neigung,  auf 
welcbe  dies  deutet,  wird  kein  Zufall  sein,  sondern  wird  sicb 


VERSCHLEÜ^ÜNG.  XI 

auch  sonst  bestätigen.  Weiter  kein  Zufall  ist  dasz  uuter  den 
beiden  abweichenden  daseine  einen  Infiuitivus  iu  -re  hat  (423 
eripere  artis)^  den  man  in  Verschleifung  häufig  triflft;  das 
letzte  Beispiel  ist  cur  ego  amicum  450. 

Nach  diesem  allem  bleibt  uoch  ein  in  der  ars  p,  einzig 
stehendes  Beispiel :  pnmum  ipsi  tibi,  lunc  tua  me  infortunia 
laedent  103.  Meineke  bemerkt  zu  carm,  I  16,  8,  wo  Peerl- 
kamp  emendieren  wollte  7ion  Liber  aeque,  non  si  acuta,  dies 
kõnne  nicht  gebilligt  werden :  denn  ^onosyllabas  roces  prae- 
ter  pronomina  te  et  me  (carm,  II  3,  ^seu  te  in  roinoto.  e])od.  5, 
9  quid  ut  noverca  me  intueris)  Horatius  in  lyricis  nunquam 
eliäit.'  Da  die  Epodeu  mit  genommen  sind,  so  wäre  noeh 
an  das  iam  iam  efjicaci  do  manus  scientiae  17,  1  zu  erin- 
nern.  Uebrigens  triflft  diese  Bemerkung  einen  wichtigen  Punkt. 
Horatius  hat  in  Oden,  Epoden  und  Briefen  überhaupt  mit 
groszer  Sparsamkeit  die  erste  Silbe  der  Verschleifung  aus 
einsUbigem  Wort  gebildet.  Also  in  Oden  und  Epoden  auszer 
den  genannten  drei  Stellen  noch  carrn,  III  29,  5  iam  dudiim 
apud.  me  est,  55  virtute  me  int^olvo.  —  In  den  Briefen  also 
jenes  tua  me  infortunia  laedent  in  der  ars  p.,  femer  11,3 
me  includere,  27  ut  his  ego  me  ipse  regam^  75  omnia  te  ad- 
versuinj  I  2,  33  ut  te  ipsum  serves,  I  7,  24  me  etiam,  II  1,  111 
me  adfirmo,  II  2,  79  me  ijiter,  138  ////?  oceidistis,  212  quid  te 
exempta.  Hiezukommt  mil  18,  112  aequum  mi  animum  ipse 
parabo  (zweites  Beispiel  vor  Ktlrze);  tui  12,  14  cum  tu  in- 
ter seabiem,  1  14,  41  horum  tu  in  numeruni]  qui  II  2,  133. 
Alles  Pronominalfonn,  und  in  der  That  in  seltener  Anwen- 
dung.  So  wie  man  aber  einen  Blick  in  die  Satiren  wirft,  sieht 
68  ganz  anders  aus.  Jenes  si:  si  et  vivo  I,  6,  70,  age  siet  stra- 
mentis  II  3,  117,  hoc  si  erit  in  te  II  3,  41,  si  obsecret  264, 
«  acceperis  67,  si  interdicta  I  2,  96,  si  exierit  I  2,  120,*/  iiicre- 
buit llhj^Z,  Und auszerdem zweimal  osi,  wobeiNominalstamm 
erseheint,  o  si  anguius,  o  si  umam  116,  8.  10.  7i/:  at  ni  id 
fii —  ich  bemerke  dasz  ich  aus  den  Satiren  meist  nicht 
Vollständigkeit  beabsichtige  —  I  1,  44;  cww,  tum,  dum, 
num,  Präp.  cum,  iam,  aber  auch  quam,  nam.  Ja  Substantiva, 
rem  II  2,  27.  II  3,  189.     re  II  4,  48.     di  II  6  54.  Auch-,vw//i, 


XII  VERSCHLEIFUNd. 

z.  B.  tpudquid  surn  eifo  II  1,  74,  /////  quid  surn  ego  II  7,  80. 
—  Dasz  ttbrigens  in  den  Beispielen  aus  Oden  nur  zwei,  in 
den  Briefen  nur  ein  Beispiel  ist,  in  dem  die  zweite  Silbe 
ein  einsilbiges  Wort  ist,  das  honim  tu  in  numerum  ep.  I  14', 
41  und  sen  te  in  remoto  carm.  Il  3,  6  und  iam  dudum  apud 
me  est  III  29,  5,  ist  eine  nicht  zufällige  Sparsamkeit,  der 
gegenttber  wieder  gleich  ein  Blick  in  den  Satiren  bietet  z.  B. 
at  ni  id  ft  I  I,  44.  du?n  ex  parvo  52.  quam  e*v  56.  dmn 
aes  15,  13.  si  et  r/rö  16,  70.  nani  tU  27.  se  a  roUjo  II  1, 
71.  se  in  II,  75.  iam  haec  attferet  II  3,  151.  neque  tu  hoc 
facis  132.  —  Uebrigens  auch  melirere  einsilbige  in  demsel- 
ben  Verse  nU  fuerit  mi'inquit  citm  ita^oribus  umqtiam  afienis 
I  2,  57.  Auf  die  vervvendeten  Stämme  wird  man  merken. 
C.  Reden  wir  denn  bei  dieser  Gelegenbeit  tiberhaupt 
von  den  Versen  die  mehr  ais  6ine  Verschleifung  enthalten. 
Verse  mit  zwei  Versehleifungen  sind  in  der  am  p,  folgende 
10,  von  denen  7  mit  einem  ei:  214  */c  priscac  motnmque  et 
luivuriem  addidit  arii.  234  fiofi  ego  inornata  et  domimmtia 
nomina  solum,  272  fie  dicam  stulte  mirati^  si  modo  ego  et 
vos.  309  serihendi  recte  sapere  est  et  principium  et  f ons,  318 
doctum  imitatm^em  et  vivas  hinc  ditcere  voces.  375  et  eras- 
surn  unguentum  et  Sardo  cum  meife  papaver,  423  et  spon- 
dere  levi  pro  paupere  et  eripere  artis,  Die  drei  andern  sind : 
103  primum  ipsi  tibi,  tunc  tua  me  infortiinia  faedent,  410 
nee  rude  quid  possit  video  ingmiium :  alterius  sic,  443  nui- 
lum  ultra  verbum  aut  operam  insumebnt  inanem.  In  den  üb- 
rigen  Episteln  gibt  es  Hexameter  mit  zwei  Versehleifungen 
29,  darunter  J4  in  denen  et  spielt,  und  5  mit  est:  II  2,  183 
cur  alter  frutrum  cessare  et  Ivdere  ei  migui.  11,48  discere 
et  audjre  et  meliori  eredere  non  vis.  6,  17  «  nunc,  argentum 
et  marmor  teetus  aeraque  et  arfes,  14,  19  meque  ei  te,  nam 
quae  deserla  et  inhospita  tesqua.  8,  1  Celso  gaudere  et  bene 
rem  gerei^e  Albinovano.  15,  2  quorum  hominum  regio  et  qua- 
lis  via,  42  nimirum  hic  ego  surn,  nam  tuta  et  parvola  taudo. 
2,  15  scelere  aique  libidine  et  ira,  12,  17  cum  tu  inter  sca^ 
biem  tantam  et  contagia  lucri.  17,  54  aut  cistam  effractam 
et  subducta  viatica  plorat,     H,   42   lignorum    et  pecoris  tibi 


VERSCHLEIFUNG-  XIU 

calo  argutus.  II  1,  78  nec  veniam  antiquis,  sed  hoiiorem  et 
praem/a  posci,  214  rerum  age  et  his.  1  6,  34  mitte  talenta 
rotundejitur,  totidem  altera,  porro  et.  II  1 ,  31  nii  intra  est 
oleam^  iiil  extra  est  in  nuce  duri.  II  2,  64  quod  petis  idsane 
est  invisum  addumque  duobtis,  1 2,  54  sincerum  est  nisi  vas, 
quodcumque  infttndis  acescit.  7,  12  vt  ventum  ad  cenam  est, 
98  metiri  se  quemque  suo  inodulo  ae  pede  verum  est.  Die  üb- 
rigen  sind  I  1,  3  Maecenas,  iterum  antiquo  me  includere  ludo. 
27  restat,  ut  his  ego  me  ipse  regam  solerque  eleme7itis.  II 1, 
182  saepe  etiam  audacem  fugat  hoo  terretque  poetam.  I  6,  52 
porrigere^  hic  multum  in  Fabia  valet.  7,  86  verum  tibi  oves. 
18,  112  aequum  mi  animum  ipse  parabo.  II  1,  111  ipse  ego 
qui  nullos  me  adftrmo.  II  2,  99  discedo  Alcaeus  piincto  Hiius. 
112  ef  sine  pondere  erunt  et  honore  indigna  ferentur,  13 
nemo  hoo  mangonvm  faceret  tibi,  non  temere  a  me. 

In  den  Oden  sind  einunddreiszig  Verse  mit  zwei  Ver 
sclileifungen :  darunter  funfzehn,  in  welchen  wenigstens 
die  6ine  mit  einem  et,  aiich  est,  gebildet  ist.  I  32,  9  Libe- 
rum  et  Musas  Venere?nque  et  illi.  34,  13  mu  tare  et  insignem 
attenuat.  II  3,  13  huc  vina  et  ungucnta  et  nimium  breves.  27 
exitura  et  nos  in  aeternum  \  exilium  inpositura.  6,  2  Cantabrum 
indoctum  juga  ferre  nostra  ei.  III  2,  13  dulce  et  decorum 
est.  3,  49  aurum  iupepertum  et.  4,6  insania  ?  audire  et  vi- 
deor.  6,  28  primum  inquinavere  et.  9,  22  iile  est,  tu  lerior 
cortice  et  inprobo.  12,  1  miserfirum  est  neque  amori.  29,  5 
iam  dudum  äpud  me  est.  IV  3,  24  quod  spiro  et  placeo 
si  placeo  tuum  est.  4,  52  f altere  et  effugere  est  trium- 
phug.  12,  28  dulce  est  desipere  in  loco.  Die  übrigen  sind 
I  15,  25  sive  opus  est  imperitare  equis.  33,  \\  foinnas  atque 
animos  sub  iuga  aenea.     16,  21  kostile  aratrum  exercitus  in- 

m 

solens.  24,  8  quando  ullum  inveniet  parem.  34,  4  vela  dare 
atque  iterare  cursus.  II  3,  10  umbram  hospitalem  consociare 
amant.  III  4,  49  magnum  illä  terrorem  intulerat  lovi.  9,  24 
tecum  vivere  amem,  tecum  obeam  libens.  16,  1  fore  enim  tu- 
tum  iter.  21,  13  tu  lene  tormentum  ingenio  admoves.  21,  20 
regum  apices  neque  militum  arma.  24,  4  (?)  Tyrrhenum  omne 
tuis  et  mare  Apulicum.     24,  31   virtutem  mcolumem  odimus. 


XIV  VE&SCHLEIFÜSC;. 

25,  8  indictum  ore  alio.     30,  7  Lihithmm  usquc  ego.    12,  12 
frutireio  exciprre  aprum, 

Von  mebr  ais  zwei  Verschleifung^n  in  demselben  Veree 
entbalten  Oden  und  Briefe  zasammen  sieben  Beispiele :  carm. 
121,  \A  peifiemque  a  populo  et  prinripe  Caesare  in.  a.p.  443 
nullum  ultra  rerbum  aut  operam  insumebat  inanem.  ep.  I  7, 
57  et  properare  loeo  et  cessare  et  quaercre  et  utt.  11,11 
quid  rerum  atque  decens  curo  et  rogo  et  omnh   in  hac  stum. 

I  IS,  76  qualem  commendes  etiam  atque  etiam  adspiee*)  II  1, 
114  narim  agere  ignaru^s  naris  timet.  abrotonum  aegro.  Und 
der    einzige    merkwürdige  mit  vier  Versehleifungen :    epist. 

II  1  ,  46  pauffatim  reffo  et  demo  unum^  demo  et  item 
umim,  oder  wie  wenigstens  zu  Persius  Zeit  (s.  6,  5S)  auch 
schon  in  Exemplaren  stand,  demo  etiam  unum. 

Nun  aber  nebme  man  aucb  hier  die  Satiren  dagegen. 
Wie  jenen  Vers  13,  20  nuffane  kabes  ritiaf  immo  alia  et 
fortasse  minora.  Und  in  dereelben:  33  non  alius  qui^quam 
at  tihi  amicus,  at  ingenium  ingens,  39  turpia  decipiunt  cae- 
cum  ritia  aut  etiam  ipsa  haec.  87  mereedem  aut  nummos 
unde  unde  extricat  amaras.  1 1 1  iura  inrenta  metu  iniusti 
fateare  necesse  est.  Da  ist  man  wirklicb  in  einer  andern 
Welt  nnd  wird  stark  an  die  Komödie  erinnert  und  an  ihre 
bigweilen  kettenbaften  Vereebleifungen.  Es  mQssen  aber 
aucb  noch  die  Verse  mit  nur  zwei  Vereebleifungen  hinzuge- 
nommen    werden,  in  einem   (demselben)  Gedicbt  von    142 


*}  Vielleicht  ist  die  beilautige  Bemerkung  hier  nicht  ungeeignct,  dass 
von  den  vier  Versen ,  in  denen  Lucretins  sich  fttnf  Versehleifungen  er- 
lanbt  hat  d  2:^4.  II  213.  III  689.  IV  1200),  die  drei  letzten  etiam  atque 
etiam  entbalten.  Aneb  sonst  mehrfacb,  wo  sich  die  Synalõphen  steigem. 
So  dio  zwei  Verse  im  zweiten  Bncbe,  welche  vier  Synalõphen  entbalten 
(377.  1064),  haben  ^eicbfalls  ein  etiam  atque  etiam.  Ks  ist  sein  helieb- 
ter  Versanfang  (Jnare  etiam  atque  etiam  — .  Diese  Bemerkungen  zu  ma- 
cben  wird  mir  leicht,  weil  mir  eine  vollständige  nach  meinen  hier  ange- 
wendeten  Rubriken  geordnete  Sammlung  der  Lnkrezischen  Versehleifun- 
gen aus  den  Händen  eines  jnngen  Mannes  Namens  Rud.  Wõlk  vorliegt 
Es  ist  schade,  dass  wir  kein  Institut  haben,  in  welcbem  solche  nützliche 
Sammlnngen  zum  Druck  gelangen  konnen. 


VERSCHLEIFUNG.  XV 

Versen,  in  Zahl  und  Art:  22  quUlam  ait  ignoras  te  an  ut 
ignotum  dare  nabis,  27  qnam  aut  aquila  aut  serpens  Epi- 
daurius,  92  aut  positum  ante  mea  quia  pullum  in  parte  ca- 
tini,  97  cum  rentuvi  ad  veruni  est,  98  atqueipsa  utilitas.  100 
mutum  et  turpe  pecus  glandeni  atque  cubilia  propter,  115  nec 
rincet  ratio  koe  tantundem  ut  peccet  idemque,  131  abiecto 
instntmento  artis,  Gewis  ist  in  den  Satiren  die  Bebandlung 
nicht  eine  ganz  gleichartige.  Die  Motive  dieser  Abstufun- 
gen  mõgen  oft  recht  feine  nach  Ton  und  Stimmung  sein. 
Die  romischen  Dichter  der  Augusteischen  Zeit  besaszen  je- 
denfalls  in  der  manigfaltig  abgestuften  Bebandlung  der  Syn- 
alõphe  ein  auszerordentlicb  wertbvolles  Kunstmittel,  um  so 
wertbvoller  bei  der  unaussprechlicben  Armut  ibrer  poetiscben 
Kunstmittel  gegentlber  den  griechiscben,  die  gewis  Manner 
wie  Horatius^  und  Ovidius  oft  bis  ins  innerste  empfanden. 

D.  Hiernäcbst  nocb  eine  Bemerkung  zu  et  und  est,  Sie 
erscheinen  auszerordentlicb  überwiegend  da  wo  eine  Ver- 
scbleifung  in  der  letzten  Silbe  eines  Verses  zugelassen  ist. 
In  den  Oden  ist  est  selten,  und  et  bäufig,  dagegen  est 
in  den  Briefen  bäufig,  natürlicb  da  im  Hexameter  ein 
neuer  Anfang  mit  et  docb  nur  zu  den  Seltenbeiten  gebören 
kann,  bingegen  in  jener  Verkntipfung  der  Verse  innerbalb 
der  lyriscben  Stropbe  Horatius  etwas  gesucbt  bat.  Er  wtirde 
sonst  jenes  et  nicht  so  bäufig  angewendet  baben,  so  bäufig 
dasz  wir  uns  nicbt  wundern  dasz  aucb  die  Nacbabmer  es 
annabmen.  Jene  Verkntipfung  kann  aucb  durcb  den  Mund 
nocb  besser  unterstützt  werden,  wenn  dies  et  durcb  Posi- 
tionslänge  mit  einem  anfangenden  Consonanten  des  zusam- 
mengeknöpften  Verses  sicb  gezogen  spricbt.  So  sind  aucb 
sämmtlicbe  Fälle  mit  Ausnabme  vermutlicb  nur  eines  einzigen 
wirklich  von  Horatius  gescbriebenen :  II  13,  22  sedesque  di- 
scriptas  piorum  et  \  Aeoliis  Jidibus  querentem,  In  unserem 
so  genannten  Horatius  sind  auszerdem  nocb  zwei  Beispiele : 
I  7,  9  carmine  perpetuo  ce/ebrare  et  \  undique  decerptam,  eine 
aucb  von  Hermann  für  unecbt  gebaltene  Stelle,  und  III  27, 
22  sentiant  mõtus  orientis  Austri  et  \  aequoris  in  der  Europa, 
die  sicber  nicbt  von  Horatius  ist,  deren  Verfasser  aber  diese 


XVI  VERSCHLEIFUNO. 

EigciitUmlichkcit  geflisscutlieb  iiacliabmt.  £r  Iiat  solches 
schlicszeude  et  in  seiiien  76  Verseii  nocli  zweiinal :  29  nuper 
in  prat/s  studiosa  Jlorum  et  \  debitac,  46  dedat  iratac  lace- 
rare  ferro  et  \  frantjere.  Er  alimte  iiach ,  man  darf  es  wol 
uenuen  eine  Liebliaberei  des  noratiua,  der  es  docb  III  20 
in  60  Versen  viefmal  anzuwenden  sich  nicbt  scbeute,  und 
II  6,  1.  2  zweimal  iu  unmittelbar  bintereinander  folgendeii 
Versen,  wenn  er  auch  auszerdem  es  iu  kcinem  einzelneu 
Gedicbte  mebr  ais  oinmal  bat.  Die  Silbe  vor  et  lang  bat 
er  (das  unecbte  Austri  und  sacro  et  lasen  wiv  cbcn)  III  1, 
39  triremi  et,  3,  69  luno  et^  29,  49  negotio  et,  Spätcr  war 
ibm  dieses  et  fremd  gewordcn,  und  in  den  Gedicbten  des 
viertcn  Buebes  komnit  es  nicbt  vor,  wol  aber  eine  Verknüj)!'- 
ung  dureb  das,  wie  mieb  dünkt,  nocb  auffallendere  in:  IV 
6,  11  procidit  läte  posnilijue  vollum  in  \  piil  vere,  Dies  /// 
auszerdem  III  8,  3  plena  miraris  positi/sfjue  carho  in  \ 
caespite.  Und  in  zwei  Beispielen  im  erstcn  Bueb  21,  14 
pcstemfjue  a  populo  et  principe  Caesare  in  und  35,  39 
vicude  diffmgus  retusum  in  \  Massntjetas,  Endlieb  könnte  man 
zu  dieser  Verknüpfung  nocb  zieben  I  19,  13  hic  viruni  niihi 
caespitem^  hic  \  verl/enas.  Eine  Partikel  also  bat  Horatius 
auszer  ei  nicbt  gebraucbt.*)  Meineke  bat  II  8,  3  vorge- 
scblugen  dente  si  niyro  fieres  rel  t/no  aut  \  turpior  ungui, 
Dazu  Avlirde  man  sicb,  glaubc  icb,  wenn  man  tibrigcus  die 
Aenderung  für  cntsprecliend  und  nõtig  bielte,  entscblie- 
szen  konnen.  Wenigstens  ist  aut  diejenige  einsilbigc  Par- 
tikel welcbe,  näcbst  et,  Horatius  zui-  sonstigen  Verscblcifung 
innerbalb  des  Verscs  in  Bricfen  und  Oden  nocb  am  bäufig- 
sten  gebraucbt  bat,  mit  Einseblusz  zwcier  Beispiele  in  den 
Epoden  acbtzebnmal.  Auszerdem  kommen  nocb  so  gebraucbt 
vor,  wenn  icb  cben  Oden,  Epoden  und  Briefe  zusammen- 
nebme,  ae,  an,  ut^  o  epod.  17  30  ö  mare  o  terra  ardeo, 
Ausserdem  hic  haec  usw.,  hinc,  hic,  huc.  Und  es  epist,  I  1, 
76  belua  multorum  es  capitum.    In  den  Satiren  kommen  wol 


*)  Prudentius  cathem.  VIII  2i»   lactnt  hortatu  levis  ohsequella  nt 
mulceat  ärtus. 


VERSCHLEIFÜNG.  XVU 

nur  dazufl/,  id  (ni  id  fit)  und  it:  lusum  it  Maecenas  I  5,48.  — 
Doch  vvas  noch  weiter  die  Schluszsilbe  des  Verses  betriftt,  so 
liest  horae  ae  III  8,  27  iiiemand  mehr,  und  es  hat  aucli  al- 
les gegen  sicli  der  Vorscblag  Horkels  III  14,  10  vos  o  pueri 
et  puellae  ae  \  iam  virum  expei^iae,  Auch  das  dasz  die  Ver- 
sehleifung  des  ae  zu  gefäbrlich  ist,  von  der  in  den  Oden 
nur  6in  Beispiel  ist  III  4,  78  nequitiae  additus,  und  ebenso 
nur  eines  in  den  Briefen  I  6,  26  portieus  Agrippae  et  via  te, 
Wesbalb  es  dem  Horatius  um  so  näber  lag  die  bappigen 
Esquilinae  alites  epod.  5,  100  lieber  mit  Hiatus  vorzufübren: 
obgleicb  er  in  den  Epoden  nocb  zweiraal  unt^r  mildemden 
Umständen  scbrieb  sitieuiosae  Apuliae  3,  16  und  urnvere 
matres  Iliae  addietum  feris  17,  11.  —  In  den  Satiren  fol- 
gende:  quid  cavsae  est  l  \,  20.  quae  invideant  I  2,  100.  sttU- 
titiae  atque  II  3,  276.  dve  est  naturae  hoc  II  4,  7.  quartae 
esto  partis  Vlixes  II  5,  100.  nec  longae  invidit  avenae  II  6, 
84.  Damae  aut  I  6,  38.  Seipiadae  et  II.  1,  72.  togatae  est 
(Scblusz)  I  2,  82.  —  Die  Beispiele  des  am  Scblusse  ver- 
schliffenen  et  in  den  Episteln,  eingescblossen  ars  p. ,  sind 
I  7,  27  reddes  ridere  deeorum  et.  Und  in  der  Länge  I  6, 
34  porro  et.  In  den  Satiren  aucb  nur  II  2,  58  vinum  et,  II 
8,  92  carum  et,  und  II  5,  97  urgue  et, 

Die  Beispiele  der  Vörscbleifung  in  Scbluszsilbe  mit  est 
sind  in  den  Oden  I  3,  37  ardui  est.  II  16,  25  animus  quod 
ultra  est.  IV  3,  24  tutim  est  und  21  tui  est:  wo  der  Paral- 
lelisnius  mebr  dafUr  spricbt  ais  dagegen,  dasz  es  niebt  auf 
eine  gänzlicbe  Vemicbtung  des  selbständigen  est  abgeseben 
war  durcb  ein  absicbtlicb  erass  gesprocbenes  tuist.  Das 
tuumst  bleibt  docb  ebenso  wie  die  äbnlicben  bier  wie  bei 
Ovidius  und  andem,  von  tuumst  bis  adulteriumst,  jedenfalls 
eine  Verscbleifung,  da  es  ja  niemandes  Meinung  ist  einen  Laut 
darzustellen  wie  das  deutscbe  'umsf.  Solcbe  Zusammen- 
sebreibung  tuumst  oder  tuumjt  usw.  ist  und  war  (bisweilen 
nocb  compendiõser  tuuft)  eine  ortbograpbiscbe  Sitte.  Und 
90  konnte  sie  mõglieberweise  aucb  nur  ais  solcbe  von  eini- 
gen  angenommen  werden  eben  so  in  yocaliscb  auslautenden 
Wõrtern,  um  so  mebr  da  nicbts  so  bäufig  zu  scbreiben  kam 

Lehra,  Honttos.  B 


XVIII  VERi»UILElFUN<5. 

uIh  ein  Bolches  esi  und  niebts  unzweideutiger  war  ais  solche 
Aiis;ranice  in  ast,  ist,  ost,  dic  niemals  etwas  anderes  sein 
konnten  ais  Formen  entstanden  durcb  ein  est,  währcnd  z.  B. 
das  unendlicli  seltnerc  es,  das  tiberdies  doch  das  Ausselicn 
von  selbständigeu  Redeteilen  und  Casusendungen  erhalteu 
konnte,  retulas  u.  a.,  angefangen  von  tas,  weniger  dazu  ein- 
lud.  Welobes  Gefflbl  ist  es  wol-  eigcntlieb,  welcbes  aueh 
diejenigon  Manner,  welcbe  die  Sitta  angenommen  das  st  zu- 
sammenzuscbreiben,  doch  niclit  sicb  entsclilieszcn  Ifiszt  zum 
tf,  sondern  dann  den  Apostroph  einzufUbreii  ?*)  Wcnn  Ho- 
ratius  die  Verscbleifung  der  langen  Silbe  im  vierten  Buebe 
fast  ganz  mied,  so  konnte  er  doob  gcrade  ein  est  sicb  er- 
lauben,  wie  ein  et  in  (juoil  sp/ro  et  p/acno  und  wabrsebein- 
licb  ein  zweites  Mai  in  Vindelki  ^^  4,  21  und  selbst  das  ci/r 
Jartmda  parum  ihcoro  \  inter  rerba  cadit  litujuu  silentio  1,  35. 
leb  verniag  dic  Ueberzeugung  von  der  Notwendigkeit  des 
tuist  bei  Horatius  mit  jener  Sicberhcit,  wie  sie  Laobniann 
anfstellte,  nicht  zu  gcwinnen. 

In  den  Briefen  wie  Satircn  ist  dies  esi  binreicbend  häu- 
fig,  in  der  ars  p,  viennal;  darunter  zweimal  in  Lange  (quif 
ergo  est,  relinqui  est),  in  den  übrigen  Briefen  zebnmal  {sa-- 
pienle  bonoqne  ost  14,5  verdient  vielleicht  angemerkt  zu 
werden),  darunter  einmal  in  Länge  in  aula  est  I  i,  87  in 
derjenigen  Epistel  in  welcber  dies  Scblusz-rv^  viermal  vor- 
kommt,  wäbrend  es  sonst  in  keiner  niebr  ais  einmal  stcbt. 
Man  siebt,  es  berrscbcn  bier,  wie  niebt  zu  verwundem,  Zu- 


♦)  Bei  Blanc  italiän.  Grammatik  S.  97  lese  icli  folgendcs,  was  zu  meiner 
Annahme  orthographischer  Sitte  sclir  in  Analogie  stehcn  würde;  'gli  kann 
durchaus  nur  vor  i  apostropljirt  worden  ....  Li  Boccaccio,  Giov. 
Villani  und  anderen  Alton  tindet  man  zwar  häiitig  gV  aUn\  gV 
occhiy  gV  ambasciadori,  allcin  das  ist  Fehler  der  neueren  HcTausgeber; 
die  Alten  scbricbcn  ylaltri,  fjlocchi  und  verlieszen  sich  darauf  dasz  nie- 
mand  falsch  lescn  würdc;  beim  Abdruck  dor  Ilandschriftcn  hütte  man 
das  aber  in  gli  altri  usw.  aufiösen  sollen'.  —  Ich  meiuc,  die  Frage  tui 
est  oder  tuist  bei  Horaz  und  diesen  gebildoten  Dichtfrn  ist  gar  keine 
Frage  der  Aussprache  sondornder  Ortbographie,  der  Schrcibegewohnbeit 
und  Scbrribebequemlichkeit. 


k 


VERSC^HLEIFUNG.  XIX 

falligkeiten  iu  der  Verteilung.  Wie  in  den  Satiren  auch. 
Doch  wttrde  Horatius  vielleicht  zwei  hintercinander  folgende 
Verae  mit  Schlusz-e*/,  wie  sat.  I  3,  68.  69 ,  in  deu  Episteln 
nioht  zugelassen  babeu.  Es  haben  die  Satiren  Uberbaupt  52 
Beispiele  mit  diesem  est  —  denn  in  der  Rei8el)escbreibung 
lasse  ich  mir  meinen  Glauben  an  den  epischen  Scblusz  char- 
taeque  viaeque  nicbt  rauben  — r,  darunter  7  in  der  Länge. 
Sie  baben  nun  aber  auszer  ei  und  ejit  nocb  penf*s  te  es  II  3, 
39.  cruciaverit  atque  hic  I  2,  22 ,  II,  50  jugera  centuia  an, 
und  öinmal  ein  Substantiv  atque  os  I  4,  43.  Aber  dies  zur 
Malerei,  um  den  Mund  voll  zu  nebmen :  hufenium  cui  s/t,  cui 
meiis  divinior  atque  os  \  magna  sonaturum  — .  Nacb  dem  allem 
wäre  es  vielleicht  gar  nicbt  so  aiiflfallcnd,  dasz  man  in  einer 
feinem  Gattung,  am  Scblusz  des  Pentameters,  in  welcbem 
et  durch  die  Gliederung  des  lateiniscben  Disticbon  von  selbst 
wegfiel  und  wegfielen  die  milden  ersten  Silben  que,  wenn 
nicbt  einnial  ein  neque,  und  ve  und  das  infinitive  -re  im 
Pentameter  mit  zweisilbigeni  Ausgang  aucb  fii8t  ganz  und 
gar  —  dasz  man  sicb  uur  das  est  erlaubte,  ob  mit  der  In- 
tention  tst  ost  recbt  absicbtlicb  verbunden  zu  sprecben,  oder 
möglicbst  auseinander  gebalten,  mochte  so  sicbcr  nicbt 
sein.    Vielleicht  jenes  eben  so  wenig  ais  penes  tes. 

E.  Die  obige  Bemerkung  tiber  das  seltene  Vorkommen 
des  ae  in  Episteln  und  Oden  hängt  mit  der  andem  zusam- 
men,  dasz  alle  lange  Vocale  in  erster  Silbe  zur  Verschlei- 
fung  ungemein  selten  angewendet  sind  mit  Ausnahme  des  o^ 
welches  ein  böchst  merkwürdiges  Uebergewicbt  bat.  In  den 
Briefen,  eingescblossen  ars  p.^  sind  —  abgerecbnet  die 
oben  genannten  einsilbigen  wie,  te,  mU  tu,  qui  —  lange  erste 
Silben  in  Verscblcifung  (auch  jene  am  Versscblusz  mitgezählt) 

in  o  53 
dagegen  in  /  3  {ars  p,  417  relinqui  est.  456  pueri  incau- 

lique.  ep.  I  6,  5  tateri  est) 

in  a  0  (I  1 ,  87  in  aula  est,  I  6 ,  24  sub  terra  est. 

I  14,  3  in  vulpa  est,  II  1,  31  nii  intra  esty 

nii  eurtra  est.  Il  2,  200  magna  an  parra) 

B2 


VERSCHLEIFCNO. 

in  ^     2  «I  12,   13  peregre  est,  II  2,  64  sane  esL) 
iu  04?  1  il  6,  24  porticus  Agrippae  et). 

In  den  Oden,  gleichfalls  da?  me  und  te  abgereclinet,  übrigens 

echtes  und  unechted  gezahlt: 

in  0  45 

in  /  S  (I  17,  11  rf  musa  rordi  est.  I  34,  10  da^ 
auffiillendste  invisi  hornda,  III  1,  39 
friremi  et,  III  4,  65  vts  cmmli  ejtpers. 
12,  11  iaciilari  et.  27  y  22  Austri  et  IV 
3,  21  ////  est.  IV  4,  21  das  wahrechein- 
lich  richtige  Vindelici  et) 

in  fl   l  (II  16,  25  animus  quod  ultra  ent) 

in  e  0 

in  ae  1  {nequitiae  additus  III  4,  TS) 

In  den  Satiren  hat  man  cinige  40  i  (darunter  das  tantuli 
eget  in  der  zweiten  Sin)e  des  DactylusJ,  einige  20  a,  wäh- 
rend,  wenn  ich  reclit  gezälilt,  etwa  65  o.  In  e  recte  est  II  3 
232,  recte  hoc  ebd.  88,  pure  apparere  12,  100,  m  re  una 
II  4,  48.  Und  das  bislier  (auszcr  tu)  ausgeblicbene  u — denn 
mit  voltu  et  ist  der  Stello  IV  9,  43  niclits  geholfen  —  findet 
sicb  ein ,  wenn  auch  nur  in  vigilare  metu  ejcanimem  I  1  76, 
lura  hiventa  metu  viiusti  13,  111,  cornu  ipse  bilibri  112,61 
—  Auch  in  den  Epoden  ist  kein  u.  Dem  Horatius  sebie- 
nen  diese  u  oflFenbar  dictu  gravia^  peiyessu  aspera,  *)  —  Bei 
Gelegenbeit  jeues  überwiegenden  o  will  ieb  bemerken  dasz 
in  dem  Verzeicbnis  der  vcrkürzten  Schlusz-ö  im  Substantiv 
bei  Corssen  Ausspr.  I  344  fehlt,  was  für  die  allmähliche 
Entwicklung  nicht  glciebgültig  ist,  dasz  doeh  bei  Horatius 
ein  mentiö  vorkommt  sat,  I  4,  93,  und  das  Foliö  auch  schon 
bei  ihm,  zweimal  in  den  Satiren  und  selbst  in  den  Oden 
einmal  II  1,  14,  und  das  sartagö  auch  schon  bei  Persius  1, 
80,  nicht  erst  bei  Juvenalis.  Daran  zu  denken  wenigstens, 
dasz  man  hier  mit  dem  Buchstaben  zu  thun  hat,  der  jenen 


♦)  Bei  Lucretius  nur  (n&ch  Woelk)  I,C77  ahiiu  aut  aditu.  III,  49 
eanspcctu  ex,  946  in  offensu  est.  IV.,  741  casu  atque,  II,  8S  tu  animo. 


VERSCHLEIFÜNG.  XXI 

Keim  zur  Verktirzung   in  sich  trug,   kann   man  sich  nicht 
erwehren. 

F,  Das  Uebergewicht  der  Verschleifungen  in  der  Arsis  ist 
in  der  ars  p.  auszerordentlich  grosz.  In  altera  brevi  dactyli 
folgende :  ?ion  ego  inornata  234,  cur  ego  amicum  450,  st  modo 
ego  et  vos  21'2,coUudere  et  iram  159,  sine  pondere  et  arte  320,  et 
spondere  levi  pro  paupere  et  eripere  artis  423.  Auch  hier  spielt 
et  wieder  seine  Rolle.  So  in  den  übrigen  Briefen:  II  1,  214 
rerum  age  et  A/V,  72  pulcraque  et  exactis^  252  dicere  et  arcesj 
267  donatus  rnunere  et  una,  II  2,  28  et  sibi  et  hosti,  183  lu- 
dere  et  ungui,  207  for^midine  et  ira.  I  6,  17  aeraque  et  artes, 
I  1,  11  e^  rogo  et  omnis  in  koe  sunij  48  discere  et  audireet, 
69  liberum  et  erectum.  I  2,  15  libidine  et  ira.  Il ,  bl  quae- 
rere  et  uti,  95  obsecro  et  obtestor.  14,  21  fotmix  tibi  et 
uneta  popina.  16,  28  et  tibi'  et  urbi.  20,20  natum  patre  et 
in  tenui  re.  Und  auszer  diesen  nur:  112,  112  ^r  sine  pon- 
dere  erunt,  I  6,  65  sine  amore  ioeisque,  10,  33  praecvrrere 
apiicos^  7,  86  verum  ubi  oves,  Hienach  möclite  das  regium 
opusy  welches  Meineke  ar*  p.  65  wttnscbte,  doch  wol  nicht 
dringend  genug  sein.  (Ausonius  Mos.  290  las  regis  opus.)  Aus 
den Satiren wären  ähnlich,  \\\Q\iis\&i(th,integrum  edaw  II  2,  92, 
rancidum  aprum  ebd.  89.  Die  Satiren  weisen  auch  hier  einen 
sehr  verschiedenenCharaeterauf.  Unter  dengegen  funfzigBei- 
spielen  welche  sie  cnthalten  ist  die  vorherrschende  Anwen- 
dung  im  fünften  Fusz  auch  dort  bemerkbar  und  dem  zu- 
nächst  im  ersten,  sonst  aber  trotz  dem  nicht  seltenen  Auf- 
treten  auch  in  ihnen  des  Infinitivs  ist  doch  die  Anwendung 
von  kurz  e  in  der  ersten  Silbe,  wenn  sie  es  auch  einmal 
in  ciner  einzelnen  Satire  ist  wie  18.  II  8 ,  doch  im  ganzen 
nicht  die  überwiegendo,  sondem  erreicht  nicht  voll  dii  Hälfte 
der  Beispiele.  Auszer  andem  Vocalen  (z.  B.  lunea  et  effi- 
gies,  aequora  aiebant,  peccati  conscia  erilis,  maxima  avis)  er- 
scheint  -um  wiederholt,  wovon  einige  Beispiele  oben.  Noch 
einige  seien:  ptisanarium  oryzae^  inclutum  Vlixen^  magnum 
spectaculum  ufrumque,  nec  modum  habet.  Auch  -em  namque 
parabiiem  amo^  in  diem  et  horam.  Das  et  ais  zweite  Silbe 
ist  tiberraschend  selten,  wol  nur  eben  in  in  diem  et  horam. 


XXII  VERSCHLEIFLNO. 

ianea  et  efftgies,  liia  K  Egcria  est,  a/ftfmm  et  huic,  spintum 
et  incpssum,  wogcgen  nun  also  Präposition,  andere  Partikel, 
plaudere  ut  audxix^  nescio  an^  occupo,  ui  Uh,  und  bäufig  no- 
minale  und  varbale  Stamnie.  Das  amicos  in  componcre  ami" 
eos,  quaerere  amebam,  contenmere  honores,  non  sine  aceto, 
auuto  equestri  u.  a.,  man  sebe  nur  die  sebon  im  Verlauf  vor- 
gekommenen.  Das  pronominale  quam  ex  hoc  fonticulo  tan- 
twidem  sumere,  eo  ft  mag  bergeschrieben  werden  wegen 
der  dazwiscben  tretenden  Interpunetion.  Wie  occupo,  at  iile. 
Lange  Silben  scbeinen  die  Briefe  docb  zu  geben  in 
Verbal-c^,  curo-  et  rogo  et  omnis  in  hoc  surn ,  und  obsecro  et 
obtestor.  Doeb  lasse  ieb  es  dabin  gestellt,  da  Haupt  anders 
urteilt  in  der  bekannten  Untcrsucbung  observationes  criticae 
S.  18,  wo  er  dieseBeispiele  bereits  aufgeführt  so  wie  die  in  den 
Satiren  vorkommenden :  occupo,  at  iile ,  anulo  equestri^  at  qui 
tanluli  cijct,  —  Bei  Corssen  I  345  bätte  das  diligb  aus  dem 
Scherz  des  Mäcenas  ni  te  visceribus  meisy  Horati,  pius  iam 
diligo,  tu  tuum  sodalem  —  eine  Stelle  verdient.  —  Die 
Beispiele  der  Verscbleifung  in  lang  /  der  ersten  Silbe  in 
den  Satiren  sind  ^ielleicbt  um  eines  zu  vermebren,  wenn 
man  einige  Wabrscheinlicbkeit  fände  in  dem  Versueb,  die 
unerkläxlicbe  Stelle  II  5,  90  difpcilem  et  morosum  offendes 
garrulusultro  (oder  ultf^a)  \  nonetiam  sileas  so  zu  sobreiben  :  dif- 
ficilemet  morosum  offendes  garrulus :  ultra  \  no  li  et  iam  sileas, 
in  dem  Sinne  eines  Vorder-  und  Nacbsatzea  verbunden:  'wirst 
du  Anstosz  geben:-  gleich  böre  auf/  Oder  besser  verstan- 
den  sage:  'i/ltra  noh!  ' 


VERSrS   8P0NDIACI.  XXIH 


Anhang  zu  I,  3  A. 

Ucber  die  versus  spondiaci  der  Rõmer.    Von  Anton  Viertel. 
Autzug  aus  desscQ  Abhandlung  über  diesen  Gegenstand  in  Fleckeisens 

Jalirbüchern  1862  S.  801  ff. 

Spondeische  Verse  hat  Horaz,  wenn  man  von  dem 
bedenklichen  Vers  mtntnm  qui  servat  idem  facii  occidenti  der 
«•  p.  467  absiebt,  uur  vier:  Od.  I.  28,  21  (wenn  echt).  Epod. 
xm,  9.  XVI,  17,  29.  Wie  sie  sich  denn  tiberhaupt  bei  la- 
teinisclien  Dichtern  selten  finden.  Wäbrend  die  homerisehen 
Oediclite  1 558  spoud.  Verse  enthalten ,  (durcbachnittlich 
kommt  auf  18  Verse  ein  Spondeus  —  s.  Arthur  Lvdwich  de 
hexametrh  poetamm  Graecorum  spondiacis.  Halis  typis 
Orphanotrophei  1866  — ),  hat  die  ganze  rõmische  Literatur 
von  (Enniiis)  Lucrez  l)is  auf  Claudian  kaum  ttber  220  auf- 
xiiweisen.  Lucrez  hat  30,  Cicero  2,  Catull  verhältniszmäszig 
am  meiöten.  In  dem  epitha/anumn,  das  aus  408  Versen  be- 
üteht,  sind  nicht  weniger  ais  30,  so  dasz  auf  je  14  Verse 
einer  kommt,  die  ele^ischen  6edit?hte  enthalten  12;  nächst 
Catull  hat  sein  Naehahmer,  der  Dichter  der  Ciris,  die  ver- 
hältniszmäszig  grõszte  Zahl,  unter  38  Versen  einen,  im 
Ganzen  14.  Tibull  liat  keinen,  Properz  7,  Vergil  32,  davon 
einen  doppelt  III,  12  und  VIII,  679,  in  der  A^n.  26,  inden 
Eklogen  3,  in  den  Georgieis  5.  Ovid  in  den  Met,  39  (unter 
285  einen),  in  den  FasL  10,  in  dejiAmor.2y  in  den  übrigen 
Gedichten  keinen ;  die  Verfasser  der  Heroiden  5,  Manilius 
6  oder  5,  Persius  keinen,  Petronius  einen,  Lucan  14,  Silius 
6,  Valerius  Flaccus  einen,  Statius  7,  (6in  der  Tkebais,  nur 
einen  in  den  ASifoflp) ,  Juvenal  33  (unter  113  einen),  Martial 
14,  die  Catalecta  Vergiliana  einen,  die  Sulpicia,  Avian,  Cal- 
pumius,  Nemesian  keinen,  Serenus  einen,  Ausonius  23,  Rh- 
tilius  3,  Claudian  6,  der  Dichter  des  Aetna  1,  Cato  in  der 
Lifdia  3. 

Zwei  Spondeen  hinter  einander  hat  die  lat.  Literatur 
nicht,  Catull  hat  im  Epith.  einmal  drei  aufeiuander  folgen 
lassen. 


XXIV  VERSU8  SPONDIACI. 

Nur  von  sehr  wenigen  Verscn  läszt  sich  die  Behauptung^ 
aufstellcn ,  dass  der  Dicliter  mit  dem  spond.  xVusgang  einen 
Sinnes-  oder  einen  Gemütliöeindruek  hat  liervorbringen  wol- 
len.  Dahiu  geliort  des  Ennius  Vcrs  dono  ducUe  doque  volen- 
tibus  cum  magnts  dis  Ann.  207,  welclien  Sclilusz  Vergil  2  Mai 
wiederholt  hat;  Catull  epUh,  34  und  viellciclit  24.,  Vcrg.  Eclog, 
4,  49,  der  sich  in  der  Gris  39S  wiederfindet ,  Aen,  II,  68- 
VII,  634.  Georg.  II,  5.  Melir  derartige  Verse  hat  Ovid  Mct. 
VI,  247.  VII,  5S1.  I,  732.  XIII,  684.  III,  669.  V,  265, 
VI,  69.  VII,  114.  Vielleicht  auch  V,  165.  Unter  allen 
übrigen  Versen  konn  te  man  höelistens  noch  Lucan  I,  329 
hierher  ziehen. 

Ungesueht  erscheint  der  spondeisohe  Ausgang  nur  in 
den  Verscn  des  Lucrez  und  in  der  Mchrzahl  der  Verse  des 
Juvenal,  sowie  in  einem  und  dem  andeni  der  tlbrigen  Dich- 
ter;  die  Spondeen  im  fUnften  Fusz  sind  von  denselben  ange- 
nommen,  >vie  sie  der  Sinn  am  Sclilusz  des  Verses  an 
die  Händ  gab. 

Catull  hat  zuerst  die  spondeischen  Verse  zur  Anwendung 
gebracht,  um  durcli  Unterbrechung  des  gewõhnlichen  Rhyth- 
mus  einen  gewisscn  Ohrenkitzel  auszuüben.  Diesem  Zwccke 
entsprechen  auch  die  zum  Schlusz  gewählten  Worte.  Es 
sind  dies  bei  Catull  an  11  Stellen  griechische  Worte 
meist  mit  von  Natur  langen  Vocalcn  oder  Diphthongen.  Dasz 
derartige  Verse  mit  griechischen  Wortcii  am  Schlusz  schon 
bei  den  Dichtern  der  republikanischen  Zcit  sehr  in  der  Mode 
waren,  beweist  Ciceros  Spott  ad  Alt,  VII,  2.  Brundisium  ve- 
nimus  VII  Kai  Dec,  usi  tua  fdtcitate  narigandi;  ita  helle 
nobts 

flavit  ab  Epiro  lenissimus  Onchesmites, 
kuna  onovõeia^ovta  sicui  voles  zwv  reioregcüv  pro  tuo  rendita^ 
Auch  Persius  I,  95  spottet  tiber  die,  qui  claudc7*c  sic  rer- 
surn  didicerunt:  et  costam  longo  suhdiurhnus  Apennmo.  Und 
auch  Petron  hat  vielleicht  nicht  unabsiclitlich  seinem  sclnvül- 
Btigen  Philosophen  Eumolpus  269  einen  Spondeus  in  den 
Mund  gelegt  (aita  petit  gradiens  juga  nobilh  Apenmm )  — 
Cicero  selbst  hat  seine  beiden  spond.  Verse  mit  Oriona  ge- 


VERSUS   SPONDIACI.  XXV 

8chlo8sen,  Horatius  (oder  Pseudohoratius)  I,  28,  21  Orionis; 
epod.  13,  9  Cyllenea,  ib,  16,  17  Phocaeorum,  einmal  den  la- 
teinischen  Eigennamen  Apenninus  epod,  16,  29.;  Vergil  hat 
17  Verse  mit  griecli.  Worten  geschlossen,  2  mit  lat.  Eigen- 
namen. Der  Vers  des  Helviug  Cinna  sclilieszt  mit  cristaUus. 
Propert.  hat  unt^r  7  Versen  6  mit  griech.  Worten,  Ovid  31,  4 
mit  lat.  Eigennamen ;  unter  den  5  spond.  Versen  der  Heroiden 
endigen  4  auf  griech.  Eigennamen,  in  der  Ciris  9,  bei  Lucan  10 
und  einer  auf  Apenninus.  Der  Vers  des  Valer  Fi.  endigt  auf 
Orithyia;  Silius  hat  3  mai  griech.  Worte,  2  Mai  Apenninus. 
Manilius  hat  2,  Statius  6  griech.,  auszerdem  Surrentinum. 
Juvenal  hat  1 1  griech.  Worte  und  5  röm.  Eigennamen ,  Mart. 
4  griech.,  8  lat.  Eigennamen;  Ausonius  7  lat.,  5  griech., 
Claudian  hat  unter  6  Versen  5  mit  griech.  Eigennamen,  Ru- 
tilius  hat  Orioni  und  Apenninus. 

Uebrigens  wurde  dasselbe  Wort  wiederholt  zum  Aus- 
gang  des  Spondeus  benutzt  und  ein  Dichter  entlehnte  es  vom 
andern.  So  findet  sich  centaurea  3  Mai  bei  Lucret.  Verg. 
Georg.  IV,  270  und  Lucan.,  der  Eigename  Centauri  3  Mai  bei 
Ovid  und  Luc;  Ori  on  10  Mai  bei  Cic,  Verg.,  Hor.,  Luc, 
Man.,  C/r.,  Rut.,  Claud.  Orithyia  9  Mai  bei  Verg.,  Prop., 
Ov.,  Vai.  Fl.,  Stat.,  Amphilrile  8  Mai  bei  Cat.,  Ov.,  Cir., 
Claud.,  Hellespontus  8  Mai  bei  Cat.,  Ov.,  Luc,  Sil.,  Man., 
Cir.  u.  8.  w. 

Den  Schlusz  bildet  meist  ein  viersilbiges,  seltner  eiu 
dreisilbiges  Wort;  ausnahmsweise  Bildungen  sind  die  Aus- 
gänge  cum  magnis  dis  bei  Ennius  und  Verg.  und  ad  cemun 
st  bei  Juven. ;  zweisilbige  Worte  am  Schlusz  finden  sich  nicht. 


XXVI  ZL    OI>E  I.    I. 


(Jd   I.  1  Maecenas  ata^is  — 

*Jeder  }iat«eine  figenen  Xeigungen ,  denener  seiner  Natur 
^eoiä^iz  na^ligelit  und  in  denen  er  sieh  trritz  Mühen  sogar  be- 
glOc'kt  fülilt.  Jeneii  zieht  und  beglfickt  Olympischer  Sieg 
und  Huhin,  die^u  I^Vh^te  Ebrenstellen  des  State,  den  un- 
gemen^ine  KeichtliQnier,  einen  andern  Sicberbeit  und  Musze 
auf  dcin  väterlicben  Landgfitcben  u.  s.  w.  Micb  beglückt 
der  Gedanke  an  zu  erwerbenden  Dicbtemibm:  micb  zieht 
aiH  zu  ineiner  Beacbäftiping  es  fort  aus  dem  Getriebe 
der  Welt  liin  in  die  Friscbe  der  Wälder,  wo  icb  den  Rei- 
ircn  und  Gesängen  der  Satjrn  und  Xympben  und  der  Mu- 
Kik  der  MuRcn  liorcben  darf.  Und  wenn  du  micb  danacb, 
MäcenaHy  unter  die  lyrischen  Dicbter  einreiben  willst,  (mir 
untcr  den  lyrisclien  Dicbter  einen  Platz  einräumen  erilist, 
ly/Qiretv),  so  werdc  icb  glauben,  das  allerbr^cbste  Glück  er- 
reicbt  zu  baben/  —  Dies  alles  ist  vollkoramen  in  der  Ord- 
nung  des  Gedankens  und  in  der  Ordnung  der  Latiuität, 
bis  auf  ein  in  der  eben  gegebenen  Parapbrase  verbebl- 
tes  Wortcben  des  tiberlieferten  Textes,  nemlicb  das  */ im 
V.  '42,  IJemerken  will  icb  gleicb  nocb,  dasz  mit  dem  zwei- 
ten  gleicliHam  parallclen  Teil  des  Gedicbtes:  me  dqctarum 
hederap  prarmia  frontium  dis  miscent  superis  —  das  beim 
Eintreten  des  ersten  Teils  angewendcte  dominos  evehit 
ad  deos  absicbtlicli  aucb  im  Ausdruck  wieder  aufgenom- 
men  ist.  — 

Ferner  nun  das  seceimunt  populo  konnte  man  vielleicbt 
verstebeu  vvollcn  —  denn  es  würde  das  wol  beiszen  kon- 
non  —  nietapborisch:  *meine  poetiscben  Neigungen  scbeiden 
micli  veni  Volk,  d.  li.  beben  micb  d^irüber  empor,  macben 
niicli  zu  etwas  bessercm.'  —  AUein  das  stört  den  recbten 
Gedankengang.  — 

Und  fllr  das  av,  worauf  wir  nun  kommen,  ist  aucb  da- 
mit  njcbts  gevvonncn.  Man  erbielte:  'Mein  Um^ang  mit 
Satyrn  und  Nympben  erbebt  micb  ttber  das  Volk,  wenn  mir 
die  Musen  gUnstig  sind.'      Und  was  thut  dieser  Umgang 


Zl    ODE   I,    1.  XXVII 

sonst?  Und  wenn  er  nichts  thut,  wozu  wird  cr  erwähnt? 
Kurz  das  ist  eine  von  jenen  Verbindungen,  bei  denen  ea 
sogleicb  finster  wird  vor  dem  Geist.  —  Uebrigens  verlangt 
der  Gedankengang,  dasz  er  mit  dem  nie  gelidum  nemus  ete, 
«eine  Beschäftigung,  seine  Neigung  angebe.  —  Mit 
dem  si  kann  ieh  nicht  fertig  werden :  icli  muss  es  für  falsch 
halten.  Der  Sinn  fordert  cum^  oder  noch  besser  dum:  *Meine 
Beschäftigung  und  Neigung  ftthrt  mich  voin  Lcbensgewübl 
hinweg  in  den  Wald  zu  Satyrn  und  Nymphenreigen,  wäh- 
rend  auch  (wobei  denn  auch)  die  Musen  nicht  verschmäben 
(non  refugit)  —  mich  al80  nicht  ais  einen  unwtirdigen,  un- 
eingeweihten  betrachtend— ilire  Musik  ertönen  zu  lassen .  — 
Will  vielleicht  jemand  lieber  cm\  so  wtirde  ich  dagegen  we- 
nig  einzuwenden  haben. 

Quod  si  heiszt,  was  es  ursprünglich  heiszt,  und  was 
es  haufig  heiszt:  wenn  nun  also,  wenn  demnach.  —  •  Das 
heiszt  es  z.  B.  Epist.  I  7,  25  und  10;  (dasselbe  ywörf  eben- 
daselbst  V.  94:  quod  te  per  genium  et«.):  Verner  Ep,  I  19, 
17.  II  1,  90.  Orf.  I  24,  13  (wo  für  den  gleichmäszigen 
Ton  des  Gedichts  quodM  —  non  viel  besser  scheint  ais 
quid  si  —  ?  num  —  ?)  und  III  1,  41  (wenn  nun  also.)  — 

Sollte  vielleicht  si  dem  Bestreben  verdankt  werden,  den 
Horaz  bescheiden  zu  machen?  Was  er  nur  in  so  fern  ist 
ais  er  seine  Gabe  der  Muse  verdankt:  ttbrigens  aber  in  den 
Büchem  der  Oden,  für  welche  er  diese  Einleitungsode  schrieb, 
ist  er  der  Muse  sich  sehr  bewuszt  und  commandiert  sie :  de- 
scende  coelo  ete,  — 

Bis  auf  jenes  si  musz  ich  meinerseits  alles  in  dem  Ge- 
dicht  in  der  besten  Ordnung  finden :  soweit  es  einen  Ein- 
flusz  auf  Zusammenhang  und  Yerständnis  hat.  —  Für  den 
Stil  bcfremdet  mich  allerdings  das  hmic^  V.  7,  mit  seinem 
knappen  Eintreten  mit  hinzuzurechnendem  Verbum  aus  dem 
vorigen:  währendmau  ein  neues Verbum  erwarteu  würde.  Ich* 
bin  sehr  gcneigt  zu  glaubeu,  dasz  in  dieser  Gegend  4  Zei- 
len  ausgefallen  seien;  ob  zusammenhängende  4  erst  hinter 
toUere  honoHbns  oder  in  andrer  Art,  bleibt  natUrlich  un- 
gewis. 


XXVIII  Zü  OPE  T,   2. 

Od,  I,  2  lam  satis  terris  — 

Es  trifl't  sicli  giit  dasz  gleich  dieses  zweiteGcdichteinent- 
scliicdenes  Bcispicl  vor  das  Aiigc  stellt,  in  welcliem  Umfang, 
bis  zu  wclcliem  Gradc  Interpolation  und  Verderbung  gelien. 
Dasz  clie  zweitc  und  dritteStroplie,  termi t  gentes — ,  ptsciiim 
et  summa  geniis  uneelit  sind ,  ebenso  die  fUnfte  und  sechste, 
lliae  dum  se,  aiidiet  cives,  cndlich  die  zehnte,  und  zwar  mit 
Einsclilusz  des  von  Pecrlkamp  gegen  Guietus  Meinung  bei- 
behaltencn  ersten  Vcrses  heu  nimh  longo  satiate  Uido  falsch 
sind,  darin  musz  ich  Pecrlkamp,  in  mehreren  derselben  naeh 
Guietus  Vorgang,  durchaus  beistimmen.  Auch  darf  ich 
grösztentlieils  in  dcn  Gründen  ihm  folgcn.  Das  tibrige  auszer 
den  genannten  Strophcn  musz  ieli  anders  behandeln  ais  er. 
Ich  finde  auszer  ilinen  weitere  interpolirte  Verseanzunehmen 
keinen  Anlasz:  wohl  aber  Anlasz  mich  zu  wundern  "wie  er 
den  Schluszvers  te  diice  Caesar  unangefochten  konnte  vor- 
tibergehen  lassen.  Also  zuerst  zur  zweiten  und  zur  dritten, 
auch  von  Buttmann  und  Meineke  venvorfenen  Strophe.  Eine 
Tibertiberschwemmung  in  der  Stadt  Rom,  cin  übrigens,  wenn 
auch  nicht  immer  in  gleichem  Grade  und  unter  gleichem 
Unwetter,  nicht  seltenes  Ereignis,  schreckt  nicht  nur  die 
Stadt  oder  nächste  Gegend,  sondern  gleich  „die  Völ- 
ker",  und  zwar  befürchten  sie  gleich  davon  eine  Deu- 
kalionische  Wasserflut.  Und  diese  Befürchtung  ist  hicr  aus- 
gesprochen  und  geschildert,  ehe  noch  überhaupt  die  Ueber- 
schwemmung  erwähnt  ist,  was  erst  V.  9  geschieht.  Und 
es  entsteht  ein  unmoglicher  Antiklimax  wie  dieser:  Jupi- 
ter hat  mit  Unwetter  die  Stadt  geschreckt  und  die  Völ- 
ker,  es  möchte  eine  Deukalionische  Uebersch>vemmung  her- 
cinbrechen.  „Sahen  wir  ja"  oder  „und  so  sahen  wir"  oder 
„denn  wir  sahen"  den  Tiber  die  Regia  und  den  Vestatem- 
pel  bedrohen. —  Auch  ist  die  Schildcrung  derDeukalionischen 
Flut  in  gesuchten  und  kleinlichen  Zttgen,  nicht,  wie  Butt- 
mann sagt,  empfindsam,  sondern  läppisch  und  abgeschmackt. 

Die  Fische  wohnen  auf  den  Ulmen,  wo  sonst  die 
Tauben    wohnten.    Warum   denn?    Schwimmen    sie    nicht 


ZU   ODE  I,   2.  XXIX 

nach  wie  vor  in  ihrem  Wässer-Element  ?  Und  die 
furchtsamen  dammae  schwimmen  in  dem  Meer.  Wie  es  auch 
mit  ihrer  Schwimmkunst  beschaflfen  sein  mag,  sie  werden 
es  wol  uicht  weit  bringen.  natari  autem  in  diluvio  et  in 
Ula  räpina  potcst?  sagt  Seneca  (die  Stelle  ist  von  Peerlkanip 
angeführt,  Quaest.  nat  III,  27)  in  Beziehung  auf  das  Ovi- 
dische  nat  Inpus  inter  oves ,  fulvos  vehit  u?ida  leones  {Met,  I 
304),  und  nennt  das  sehr  gut  pvenles  ineptias.  Wie  ist  es 
denn  aber  mit  der  Schwimmkunst  der  dammae  beschaflfen? 
Sie  müssen  vorzugsweise  zum  Schwimmen  unfähig  sein.  Denn 
um  das  unmõgliche  zu  schiidern  sagt  Claudian  in  Prob. 
Olf/br.  cons.  169  Ante  dabunt  hiemes  Nilum  (etwa  inolamT)^ 
per  Jlumina  dammae  errabunt  glacieque  nitjer  damnabitur 
Indus.  — 

Also  diese  dammae  schwimmen  snperiecto  aequore,  sie 
schwimmen,  und  sie  schwimmen  gar  in  dem  über  sie  ge- 
worfenen  Meer,  sie  schwimmen  unter  dem  Meer.  Was  ein 
vemünftiger  Mensch  nennt:  sie  ertranken  in  dem  sie  über- 
iSutenden  Meer.  Diejenigen,  die  alles  erklären,  sagen:  das 
fuperievlo  gehe  nicht  auf  die  dammae^  sondern  es  ist  allge- 
mein  zu  fassen :  in  dem  über  das  Land  geworfenen  (omnia 
iam  iegente  Orelli).  Peerlkamp  sagt  sehr  richtig :  so  kõnne 
man  nicht  verst^hen;  das  heiszt  nemlich  ein  vemünftiger 
Leser,  der  einen  vemtinftigen  Stylistcn  zu  lesen  voraussetzt, 
kann  und  wird  et  superievto  pavidae  natarunt  aequore  dam- 
mae nicht  anders  verstehen  ais  dammis  superiecto.  —  Aber 
nun  auch  die  vorangehende  Strophe:  sie  ftirchteten  dasz 
wiederkehre  das  Zeitalter  der  Pyrrha,  das  sich  über  neue 
Ungeheuerlichkeiten  beklagte.  Oder:  über  die  neue  Unge- 
heuerlichkeit  der  Ueberschwemmung.  Denn  monstra  steht 
auch  in  der  Bedeutung  des  Singulars  z.  B.  Ov.  Met.  V,  216, 
459.  Und  nõva  monstra  selbst  soXI,  391.  (monstri  novitate 
XII,  175). —  Sie  beklagten  sich,  „klagten"  über  die  grosze 
herankoramende  ungeheuerliche  Wasserflut?  Welcher  matte 
und  nichtssagende  Ausdruck  für  die  Situation! 

Femer  nun  Proteus  omne  pecus  egit  a/tos  nisere  montes, 
Omne  pecus  soil  also  heiszen  seine  ganze  Herde,  seine  ganze 


xxx  ZU   ODE   I,   2. 

Robbenlicerdc,  die  er  täglich  aus  Land  trieb,  wie  aus  der 
Odysnee  bekannt.  Was  boII  denn  die  gaiize  Heerde?  Seine 
Heerde  wird  verlangt:  ^seine  ganzc  Heerde''  ist  nicbt  nur 
nichts  ziir  Sache  thueiid,  sondern  ungehõrig  und  stõrcnd. — 
Orelil  Hagt :  omne  peats  dichtm  est  tit  Sat.  1 ,  5,  2  omne  olus 
^omnis  «jpnens  hehias  marinas!  AUc  Arten  von  Seeimgethümen, 
deren  Ileiniath  und  woliliger  Aufenthalt  das  Wasser  ist, 
treibt  er  ans  Land.  Wie  das?  —  Uebrigens  kõnnten  die 
l)eiden  Strophen  vicl  besser  sein,  sie  kõnnten  sogar  vortreff- 
lich  sein :  wcnn  dessclbcn  Inhalts,  nittszten  sic  wegen  ihrer 
verkehrten  Stcllung  und  des  entstehenden  oben  angegebenen 
Antiklimax  für  eingesdioben  gelten.*) 

Ueber  die  fünfte  Strophe  Tliae  dum  se  ist  nur  das  zu 
sagcn  notwendig,  dasz  das  love  non  probante  uxorius  am- 
nis  gie  ganz  siclicr  ais  unecht  kennzciehnet ,  da  dies  im 
Widernprucli  steht  damit,  dasz  Jupiter  ja  offenbar  Unwetter 
und  Flut  zur  Strafe  absiclitlich  sendet,  also  mit  soleher  Ue- 
berseliwemmung  gar  sebr  cinverstanden  ist.  Dasz  der 
ervvaebsenc  oder  uncrwachsenc  Scbüler,  welchcr  siob  mit 
einer  mythcdogiscben  Erweiterung  ttber  den  Tiberis  StofF 
schaflfte,  eine  Stropbe  zu  bauen,  sicli  oberfläcblicb  an  das 
obige  terrmt  bielt  und  nun  gemeint  bat:  'Tiberis,  der  aus 
Galantcrie   fdr  seinc  Frau    ttber  die  Intentfoneu  des  Zeus 


♦)  Sondcrbar  ist  es,  dasz  bei  Ovid,  der  sich  naeh  seinem  auch  soust 
biswcileii  frei  gogcbeueu  Hange  mit  der  Beschreibung  der  Dcukalioni- 
Bchcu  Flut  eine  Spielerei  gomacht  hat  von  Seneka  oben  ganz  giit  cha- 
racterisirt,  dennoch  die  Verse  mit  der  (Jlme  295.  0  lUe  supra  scyetes 
aut  mcrsne  cutmina  villae  Navif/ftt ,  hic  summa  piscem  deprendit  in 
ubno  aucb  nicht  ursi>rünglich  scheinen.  Der  hic  ira  Gegensatz  scheint 
ein  Schwimraender  sein  zu  miissen,  der  wunderlicb  bei  dem  gleich  wie- 
der  folgenden  Fifjilnr  in  vindi,  wo  der  Scbiifende  fortgesctzt  wird,  da- 
zwisrhen  kommt.  Man  möcbte  für  ftic  verlangen  cf.  Aber  selbst  dann 
fragt  man  noeh:  I/fe  supra  sefjetes  navigat  —  was  ist  denn  (hs  ande- 
res  ais  das  unmittelbar  vorher  gesagte  ducit  remos  uhi  HHpcr  araral. 
Das  auf  den  Vert.  der  Ilorazverse  die  Deukalionische  Flut  des  Ovid  von 
Einriusz  war,  möchte  man  nach  einigen  Anzeichen  glauben  dürfen.  Und 
80  ist  auch  wol  die  Ulme  früher  in  die  Ovidische  Beschreibung  geptlanzt 
worden  ais  in  die  Horaziscbe. 


ZU   ODE   I,   2.  XXXI 

hinaus  beinah  Ernst  gemacht  hatte  mit  der  ZerstOning,  da 
Jupiter  nur  schrecken  wollte*^  kann  sein.  Dasz  niclit  nur 
ein  Scholiast  C  terrori  htssii  htppiter  populvm  non  perire) 
solclies  allen  Sinn  und  vemtinftigen  möglichen  Gedanken- 
gang  auf  den  Kopf  stellende  Zeug  befriedigt  annimmt,  son- 
deni  auch  neuere  Interpreten,  das  kann  leider  auch  sein. 
Denn  es  ist.  —  Nun  aiso  zAir  nächsten  Strophe^  Audient  — 
Was  werden  also  die  spärlich  heranwachsenden  Kinder, 
wenn  sie  zum  verständnisfäliigen  Alter  gekommen  sein  wer- 
den, über  dieGeneration  ihrer  Elteni  hõren?  Dasz  die  Bür- 
ger die  Schwerter  geschärft  haben,  durch  welche  vielmehr 
die  Parther  hätten  urakommen  sollen,  und  Sehlachten.  Dasz 
beidemal  der  Haui>tbegriflF  ausbleibt,  'Sclilachten  gegen 
einander  geftthrf,  nachdem  cben  auch  vorher  nur  ungenau 
gesagt  war,  die  Bürger  haben  die  Sehwert<3r  geschliffen, 
nicht  gegen  einander  geschliflfen,  das  zeigt  cinen  Mensehen, 
der  was  er  sagen  wollte  nicht  in  seinen  Vers  zu  bringen 
verstand.  Da  wir  dadurch  ganz  sichcr  sind,  keine  Horazi- 
sche  Strophe  zu  hal)en,  brauchten  wir  nicht  einmal  mehr 
zu  fragen,  welchen  Zusamnienhang  sie  denn  habe,  über  den 
allerdings  durch  Wendung  oder  Partikel  ein  Anzeichen  na- 
tttrlich  erscheinen  dürfte.  Die  Meinung  des  Interpolators 
kann  doch  wol  nur  gewesen  sein :  Und  in  der  That  haben 
wir  durch  die  Versündigung  der  Bürgerkriege  solchc  Strafc 
verdient. 

Nach  Entfemung  der  bisherigen  unechten  Strophen  wird 
noch  ein  Fehler  sichtbar,  den  der  ursi)rttngliche  Text,  — 
auf  leicht  erklärliche  Weise,  —  angenonimen.  Es  schlie- 
szen  zwei  Strophen  unmittelbar  hintereinander  mit  ternplaque. 
Vestae  Mn^  carmma  Vestarn,  Was  man  ais  unmoglich 
empfindet.  Ichhabe  das  erstemal  ge^chnehcn  templar/tie  castn. 

V.  33.  34.  31.  Die  Schilderung  der  Venus  mit  ihrer 
gewohnten  Umgebung  und  in  ilirer  gewohnten  Personlich- 
keit  {ridens:  qnam  loctis  circum  volat  et  Cupido)  auch  hier, 
wo  sie  nicht  gerade  ais  LiebesgOttin ,  sondern  ais  Stamm- 
mutter,  herbeikommt,  die  Not  zu  wenden,  darf  nichts  auf- 
fallendes  haben.  S.  pop.  Aufs.  S.  138. 


XXXII  ZU  ODE   I,   2. 

Ja  es  kann  vielleicht  die  Lieblichkeit  ihrer  gewohnten  Elr- 
öcheinung  die  Iloffnung  auf  das  Entweichen  der  Trauer  so- 
gleich  um  so  niehr  bestärken.  AUein  um  so  melir  entsteht 
die  Frago:  waruiu  soil  Apollo  kommen  V.  31  nube  candeniü 
umeros  amivtus  (  Icli  habe  dies  nie  verstehen  kõnnen.  Die 
Götter  kouimen  iu  Wolken  gehüllt,  um  sich  unsichtbar  zu 
machen.  Das  lieiszt:  dies  ist  eines  von  den  Mitteln,  welche 
sie  dazu  anwenden  kõnnen.  Wie  kann  Horaz  dem  Apollo 
vorschreiben ,  ob  er  siehtbar  oder  unsichtbar  kommen  soil? 
Ob  erkennbar  oder  unerkennbar?  Und  wenn  unsichtbar, 
welches  Mittels  er  sich  dazu  bedienen  soil  ?  Wie  wenn  ihm 
beliebte,  auch  unter  fenider  Gestalt  zu  kommen,  wie  es  so- 
gleich  von  Merkur  vorausgesetzt  wird  dasz  er  wol  in  der 
Gestalt  des  Augustus  vcrborgen  sein  könnte?  —  Es  giebt 
noch  einen  Fail,  dasz  die  Götter  sich  in  Wolken  hüllen, 
den  ich  qnaest,  op,  S.  240  bemerkt,  zu  Hes.  op.  225  riiqa 
iaaa/iuvrj  y.avLOv  avOgionoiai  q^egovaa,  nemlich  wenn  sie 
trauem.  Und  wie  sollte  Horaz  sagen;  Komme  endlich, 
Apollo,  in  Trauer  gehüllt?  Auch  das  kann  ich  nicht  glau- 
ben.  Er  hat  ihm  auch  das  nicht  vorzuschreiben :  und  es 
wäre  traurig  ominös  und  paszte  nicht  zu  der  folgenden  hei- 
teren  Beschreibung  der  Venus ,  die  wir  wol  am  Platze  fin- 
den.  Auch  hier  möchten  wir  einen  Zug  von  Apollos  heite- 
rer  und  herrlicher  Glanz-Erscheinung.  Ich  habe  geschrieben 
tuce  candentis  ttmercs  amtctus, 

V.  37  —  Mars  freut  sich  an  Lärm,  an  glatten  Helmen 
und  an  dem  kUhnen  BIick  eines  mit  festem  Fusze  gegen 
den  blutigen  Feind  dastehenden  Soldaten.  Dies  ist  der 
nattirlicho  und  schöne  Sinn,  der  sich  bei  den  Worten  der 
Phantasie  darstellt.  Sonderbar  dasz  Peerlkamp  das  ausdrucks- 
YoMe  peditis  nicht  empiSndet,  sondemfragt:  warum  nicht  mi- 
litis]  das  eben  nur  der  Autor  nicht  habe  in  den  Vers  brin- 
gen  kõnnen !  „Der  blutige  Feind"  verstehe  ich  coUectiv  und 
sehe  eine  feststehende  Fussmiliz,  welche  feststehenden  Fu- 
szes  einem  Feindesheer  gegenüber  ktihn  entgegengerichteten 
Blickes  seinen  Angriff  erwartet,  oder  auch  des  Zeichens  zum 
eigenen  geschlossenen  Angriff  harrt.    Cruentvs  hostis  ist  *der 


ZV  ODE  I,  2.  XXXIII 


voUer  Blut  ist,  nielit  aber  augenblicklich ,  soudorn  weil  er 
diesor  seiner  Natur  naeh  inimerfort  blutigen  Kricg  sucht  uud 
suehte,  weil  blutigcr  Krieg  ihm  bebagt,  wie  wenn  Mars  oder 
aueb  Hannibal  sanguineus  heiszt,  Verg.  Aett.  XII,  322,  Ov. 
Rem.  am.  153.  Sil.  Ital.  I,  40.  Oder  Acbilles,  und  der  Krieg 
Belbst,  cruefUus :  Cw  tamen  illeferox  belloqui*  c>*uentior  tpso 
Vivü  ailhuc  operis  Jiostri  populator  AchUles  Ov.  Met,  XII, 
591.  (quem  cruenia  per  medias  f^pil  ira  caedes  Od.  III,  2,  11.) 
Wie  durcbaus  unpassend  nun  ftlr  die  Situation  des  p^^- 
diiU  bier,  denBentley  natürlicb  wobl  verstand,  der  Maurujt 
pedejf  sei;  da  die  Mauren  keine  Fuszsoldaten  siud,  sonderu 
Seiter,  und  nacb  Neiguug  und  Bewaffnung  ^ielmebr  zuni 
Scbwännen  geeignet  ais  zuin  Fest«teben,  bat  Beutley  glän- 
zend  naebgewiesen,  ebenso  dasz  nicbts  passender  ais  Marsi 
peditisj  was  Fal>er  vennutet  batte.  Natürlicb  sind  gegen 
Bentley  bübscbe  Dinge  vorgebraebt,  z.  B.  da«z  docb  aueb 
ein  Reit^r  eiu  Fus/soldat  sei,  wenn  er  eben  kein  Pferd  bat, 
und  was  der  Puerilia  mebr  sind.  Denn  es  vei*stebt  sicb  dasz 
die  Herausgeber  ibren  kosakiscben  Fuszsoldaten  festbalten 
mttssen.  Ganz  unbedenklicb ,  wenn  die  Stropbe  von  Horaz 
ist,  sebreibt  man  Marsf:  wabrsebeinlicb  tbut  man  Reebt  aueb 
flann  so  zu  scbreiben  wenn  sie  nicbt  von  Horaz  ist:  docb 
das  läszt  sicb  nicbt  ganz  sicber  bebaupten,  bat  aueb  kein 
Interesse  mebr.  Ist  sie  denn  nun  aber  von  Horaz,  trotzdem 
dar*z  sie  an  sicb  anständig  erscbeint  und  koineswegs  in  so 
lumpigem  Aufzng  ais  die  frttberen  falscben  Strophen?  lith 
8toBze  docb  jedesmal  dabei  an.  Es  ist  mir  jedesmal,  icli 
musz  scbon  den  Ausdruck  ge))raucbeu,  in  welcben  meine 
Empfindung  sicb  mir  umgesetzt  bat,  ais  wenn  Jemand  sicb 
nmtwillig  den  Teufel  an  die  Wand  mait.  Peerlkamp  will 
ja  wol  dasselbe  wenn  er  sagt:  Haec  aliena  sunt  et  animum 
u  re  proposita  nimia  abducunt.  Diwerar  Iloratius  Martew 
ium  esse  satiatum  bellis,  Nunc  idem  laudaret  amorem  Mar* 
tis  erga  hellad  Scbade  dasz  das  laudai^tj  wie  leider  nur 
zu  oft  bei  Peerlkamp,  wieder  nebenbei  scblägt.  Warum  musz 
es  denn  notbwendig  ais  Lob  gesagt  sein?  —  lob  bätte  nacb 
meiner  Art  folgendes  zu  sagen.    Mära  bat  sioh  bisber  um 

Lehm.  H«ntiiu.  C 


XXXIV  ZV  ODE  I,   2.  X 

(iie  Runier  nicht  gekllmmert.  Dies  niit  dem  ausdrflcklichcn 
j.neffterivm  genus''  weiszt  darauf  hin  dasz  Horaz  in  dieseni 
Augenblick  von  ihm  aU  Kricgsgott  abstrahirt,  ihn  niir  ais 
wolilwollenden  Stammgott  deiikt,  dcr  ja  eben  kommen  soil 
um  dem  innem  Blutvergieszen  ein  Ende  zu  niachen,  uni 
Frieden  zu  bringen.  Und  in  diesem  Augoubliok  ihn  gerade 
an  seine  Kriegsgelüste  zu  erinnern,  ihm  den  Spiegel  seiner 
Kriegsfreude  vorzuhalten,  in  dem  er  sich  geffillt,  das  wäre 
doeh  verkehrt. 

WoUte  man  verstehen  safiattf  für  sat/ahis  „oder  magat 
du  auf  deine  veniachläftsigten  Nachkommen  rftekBichtigen, 
Stanimvater,  weil  du  nun  endlich  durch  aoh  nur  zu  lange 
Kriege  gesättigt  bist",  so  entliält  da«  nebentretende  quem 
iiivat  —  gleich  wieder  die  Trostlosigkeit  der  Hoffnung  voll- 
kommen  zur  Unzcit. 

V.  52.  Endlich  nuisz  ich  nun  den  letzten  Vers,  der 
Überliefert  ist,  te  duce  Caesar,  fttr  unmoglich  erklSren.  Dasz 
er  den  Merkur,  zu  dem  er  drei  Strophen  gesprochen  —  denn 
es  ist  durchaus  nicht  anders  —  plötzlieh  Caesar  nennt,  ist 
ganz  unvernttnftig.  Natllrlich  habe  ich  auch  hier  nichts, 
wenn  nur  der  Caesar  entfemt  wird,  gegen  eine  andere  pas- 
sende  Aendening.  Ich  habe  aiigenommen,  dasz  der  ganze 
Vers  verlõscht  war  und  dumra  ersetzt  wurde.  Ich  habe  arva 
negata  geschrieben. 

Od.  I,  3.  Sie  te  diva  potens  Cypn  — 

V.  17.  Es  wird  wol  kein  Irrthum  sein,  dieStrophe  quem 
mortis  timvit  gradum  fflr  unhonizisch  zu  halt^n.  Dasz  der 
erste  Sehiffer  gerade  in  die  jetzigen  näehst  besehiflften  Ge- 
genden  gesetzt  wird  hat  allerdings  etwas  befremdendes.  Für 
mich  ist  der  Hauptgrund  dasz  das  quem  mortis  thnuit  gra- 
dum, Velchen  Schritt  (Anschritt  Orelli)  des  Tõdes  fllrchtete 
der  —  gewiss  gerade  an  dieser  Stelle  (viel  weniger  z.  B,  in 
ciner  Sehlacht)  auch  dem  Ausdruck  nach  gesucht,  doch  wol 
deutlich  auch  im  Klang  und  Laut  die  Naehahmuug  verrftth 
von  V.  33  leti  corripuit  gradum, 

26.    gens  kumana  rait  per  retitum  nefas,  Mit  Reeht  wird 


ZU   ()1>K  I,  4.  XXXV 

an  vetUum  tifffas  Anstosz  genommen.  retitum  ist  fttr  nefas  ein 
ganz  unpassend  mattes  Wort.  Ich  habe  Oudendor|)8  per 
vetitum  in  nefas  geschricben. 

Od.  I,  4.     Solvitur  acris  liiems  — 

V.  5  ist  überliefert  iam  Cijtherm  choros  ducü  Ventu  im- 
minente  Imia.  Gegeu  Bentleys  Benierkuug  dasz  nie  zusam- 
men  Kvd^igtia  l/i<pQodhr],  Cytherea  Venus  gesagt  worden, 
bringt  Meineke  die  Stelle  aus  Musaeus  de  Herone  V.  38 
aXa  ahi  Kvx^iQsiav  ihza-AOiUvi^  *A(pQodhi]v.  Allein  dies  ist 
gegen  die  Hiatusgesetze  des  Musaeus:  s.  Wernicke  zu  Try- 
phiodor,  weleher,  ohne  Zweifel  richtig,  vorschlug  llaoKOfifvr^ 
fiaaiXeiay.  Hier  scLreibt  sich  für  Venus  sehr  leieht  ieahy 
sieh  leieht  im  Tanze  schwingend^  wie  Nt/mphanimque  leves 
chari  I,  1,  31.  Das  soustige  Gerede  (ich  habe  leider  kein 
anderes  Wort)  bei  den  Auslegern,  woniit  Cytherea  Venus  be- 
wiesen  werden  soil,  oder  ihre  Stelleu  wie  Arnob.  p,  143 
nnmqind  ex  pelagi  spuma,  nt  eo)  Coeli  genitaUbvs  aviputatis, 
Cytherehe  Venens  concretum  coaluisse  vandorein  (deutlich 
sich  beziehend  auf  Hes.  Theog.  190  ff.)  hat  Meineke  niit  Recht 
der  Erwähnung  nicht  werth  gehalten.  Die  Stelle  eines  spä- 
ten  grammatischen  Kompilators,  welche  Peerlkamp  anführt 
^EjtiOera  ^AtpQodixrig.  Xqvgtj.  KwXiag.  OtXo^uidrig,  Kv^iqeia 
beweiszt  für  ein  nothwendig  zusammen  Yorkommendes  ^AtpQO- 
õttt]  Kv&dQBia  80  viel  ais  folgendes  im  schol.  zu  II.  K.  26S 
KvSfjQa  6i  vrjtjog  trjg Aaxujrixtjg,  r^  ka^ngiZg  Ti^iarai^Aq^o- 
öitri.  dib  xai  Kv&fQeta  Inid-etiyjog  fi  x^Bog. 

V.  7  ist  eine  doppelte  Ueberlieferung  dum  gvavU  Cyclo- 
pum  Volcantis  ardem  urit  officinas  und  visit  (woraus  auch 
das  ganz  nnbrauchbare  ussit  geworden  war)  qffcinas.  Bentley 
erklärt  das  urit  offivinas  für  nnmöglich.  Denn  vrere  cami- 
num  kõnne  man  zwar  sagen ,  ojjicinam  urere  heisze  die  Werk- 
statt  in  Brand  setzen,  sie  verbrennen.  Vielleicht  liesze  sich 
doch  annehmen,  wenn  man  sagen  darf ,  auch  nach  Bentley  rich- 
tig sagen  darf,  wa«bei  Propertius  steht  II,  1,  54  Colchis  lolci-^ 
ach  urit  ahena  focis  sie  brennt  die  Kessel,  d.  h.  sie  hitxt 
ale  mit  omgebendem   oder  untergelegtem  Feuer,   00  wftre 

C2 


XXXVI  z;    OI»K  I.  4. 

au<rh  (Iciikbiir  zu  ^agoii;  Volmtnts  unt  qfficiffoji  er  setzt  dic 
WcrkHtatt  in  Hitze,  er  hitzt  die  Werkstatt  niit  darin  aiige- 
zUiidctein  Fcucr.  AHcin  da8  hOlfe  uns  nieht.  Denii  es  kõniite, 
dic8  vorauftgesetzt,  wol  hoiszeii:  wfihreud  Volkan  seiue  Werk- 
Htrttt  hitzt,  nicht  aher  wahrend  Volkau  die  Werkstatt  der  C}  - 
klopen  hitzt.  Deiin  das  thun  imd  thateii  ehe  er  kain  die 
Cyklopen.  Will  man  nieht  uuvcrnünftig  yerdrechselte  Aus- 
dnicksweisc  schaften,  so  ist  das  nieht  auders.  Also  koninien 
wir  aiif  rtsit.  Was  Bentlcy  aufgenoninien.  AUein  das  ist 
erstaiinlicli  matt  gesagt,  dasz  Yolkan  die  Cyklopen  nur  re- 
vidiren  geht:  es  muszte  dem  Horaz  ebenso  nähe  liegen, 
vielmehr  das  ansdrucksvolle  urt/ct  zu  schreiben,  ais  es  uns 
nähe  licgt  (Jul.  Scaliger  that  es)  wenigstens  aus  uHi  gleirh 
oin  urgcf  zu  emendii-cn.  Wogegen  uns,  wenn  es  sonst  das 
ausdru<*ksvolle  und  treffeude  ist,  wahrlieh  dadurch  kein  An- 
Htand  entstehen  soil,  dasz  <lie  Uebcrlieferung  es  uns  in  urii 
verschrieben  oder  verschlimmert  bringt.  Doeh  es  konirat 
noch  das  ardens  in  lictrachtung.  Verstand  Bentley,  wie  es 
scheint,  ardenn  in  sinnlicher  Bedeutuug,  somuszich  sein  ardens 
Pijtä  auch  dadureh  fUr  uuzulüssig  erklären.  Die  Herausgeber 
seheinen  auch  sonst  so  zu  verstehen  und  vergleiehen  Clau- 
dian  epifjr.  XXII  de  ch/amt/de  et  frenh  T,  II,  p.  690  Lem- 
nia  non  sempei*  supple.r  ardefitis  adibat  (nemlich  Achilles 
Mutter)  Antra  det  nafo  ga/eam  facttira  comaniem  und  Stat. 
silv,  3,  1 ,  1 33  nec  maior  ah  antris  Lemniacis  Jiragor  est^  uM 
fnmmeus  aegida  vaolat  Mulciher.  Die  Erklärung  ^Jlammis 
relncens  scheint  auch  fUr  das  ardens  bei  Claudian  riehtig 
zu  sein.  Aher  so,  Jlammeus  oder  ardens^  kann  er  nur  ge- 
nannt  werden,  wenn  man  ihn  sich,  wie  es  an  beiden  Stellen 
der  Fail  ist,  selbstthätig  au  seinem  Feuer  sitzend  und  von 
ihm  glühend  beleuchtet  denkt. 

Zu  r/>//  paszt  das  nieht.  Aber  wie  paszt  es  zu  nrget? 
Oleiehfalls  nioht.  Ich  verstohe  ardens  'eifrig,'  wie  Vergil. 
Aett.  XII,  731  (li  perfidus  ensis  FrangUur  m  medioque  ai*- 
dentem  desvrit  ivtu,  Ich  glaube  dasz  Horaz  ardens  urget 
ganz  sorglos  schrieb,  dasz  ihm  der  Oedanke,  bei  Volkan, 
der  eiu  Uott  ist,  weleher  mit  Feuer  arbeitet;  kõnne  mit  dem 


Zü  ODK   1,  4.  XXXYU 

Beiwort  ardens  eine  Zweideutigkeit  entstelien  gar  nicht  kam 
oder  nicht  anfocht,  da  eben  nur  der  eine  Sinn  in  dem  Vol^ 
canvx  Cyclopum  officinas  ardens  uryet  verständiger  Weise 
sich  darbietet.  Dasz  Volkan  in  Nächten  die  Werkstatt  der 
C}'klopen  besuclit,  urn  sie  besonders  zur  Arbeit  auziifeuem, 
beniht  doch  wol  darauf  dasz  Naclits  tiber  dem  feuerspeien- 
den  Orte,  wo  man  sich  die  Werkstatt  dachte,  ein  Feuer- 
sehein  lag,  der  Tags  natürlich  schwindet.  Wie  es  von  der 
aeoIiB(*hen  Insel  Hiera  oder  Volkausinsel  bescbrieben  wird 
von  Kallias  bei  dem  Scholiasten  des  Äpollonius  Bhodiufl 
III;  41:  vvutioQ  fiiv  oiv  navta  jä  negi  ttjv  igyaaiav  rov 
&eov  yivofitva  nuxXCiq  drjlovtai,  fxed'^  fj^igav  di  Ix  ttjg 
xogvqtfjg  H&ev  f^  (p^6§  avir^Oiv  äoTceQ  viq)og  vneQxeijLievov 
ogatai.  Und  Horaz  wird  sich  wol  auch  gerade  diese  Insel 
gedacht  haben,  die  uns  auch  Vergil  ja  (Aen.  8,  415  flf.)  ais 
die  Werkstatt  der  Cyklopen  beschrieben  in  einer  Seene,  wo 
Volkan  zu  ihnen  vom  Olymp  herabsteigt  und  sie  treibt  zu 
einer  neuen  und  zu  beschleunigenden  Arbeit:  wo  ea  dann 
mit  dem  gewaltigen  Arbeiten  erst  recht  losgeht.  Dasz  Vol- 
kan in  den  ersten  Frühlingsnächten  besonders  gcrn  zu  der 
Werkstatt  der  Cyklopen  auf  die  Erde  geht,  (denn  auch  das 
musz  zum  Tollen  Verständnis  der  Horazischen  Stelle  änge- 
nommen  werden,  auch  Volkan  s  nächtliche  Abwesenheit  vom 
Olym])  musz  durch  den  Frühling  motivirt  sein),  schlosz 
sich  entweder  daran  dasz  der  Gang  vom  Olymp  auf  die 
<lann  liebliche  Erde,  ebenso  wie  seiner  Frau,  ihm  einladend 
JBt,  oder  daran  dasz  man  in  jener  Zeit  bei  klarem  Frühlings- 
himmel  die  Feucrscheine  besonders  hell  zu  sehen  glaubte.  Mit 
solchen  Deutungen,  im  Frühling  schmieden  die  Cyklopen  die 
Blitze,  welche  lupiter  sich  zum  Gebrauch  im  Sommer  und 
Herbst  bei  Seite  legt,  woUe  man  uns  doch  verschonen.  Mit 
Holchen  Ntichtemheiten  verkümmere  man  uns  nicht  das  Ver- 
«tftndnis  und  den  Genusz  derjenigen  wirklich  schõnen  und  gra- 
ziõsen  Horazischen  Gedichte,  in  welchen  er  ein  ihm  wahres 
und  tiefes  Geföhl  zum  Ausdruck  bringt,  vor  allem  sein 
Frühlingsgefthl. 

V.    1 6.    Die  üeberlieferung  ist  lam  te  premet  nox  fa^ 


rtirynmvM  4mI^'':^  no^inim  e*t  Q*od  ririsi  emis  ei  mmnes  et 
fvMm  /'>j.  lia  Pfrr«iü*  Lier  dic  fnhuloe  maies  nnchse- 
i^j»r'/rlieri .  »••  :-a?  er  sie  nieL:  Dur  jelesea  ««^ndem  auch 
riT**^rifleL.  i/nd  \u  fnhuiae  manes ,  w««  Meineke  ihn  bezeieh- 
mrt^,  He^ri  ai**'?  iler  Fehler  nieht.  Aber  da  jedcnfalls  in  dem 
Wortf:  faifuliif  die  Ni^iiti^keit  «ler  w/rnnr*  aas^drfiekt  liest, 
flki  \9i\Arx  fbi/u  ni''ht  «Ulsz  ihnen  ein  premfre.  ein  Fe^thalten, 
rine  YAiHTin^  zu^e^i^-hrieben  wird.  Und  ila«  premere  ist  es 
WHtf  ick  fiir  fal^rii  lialteu  mu$z.  Sebreibe  ieb  manet  (wie  IL 
IS;  '^1.  I.  2^.  \h\  ifo  ii^t  alles  in  Ordnunir.  fahyfae  maaes 
ii«;%eic'biu:t  «ic  ais  aii^yri^ä  za^/^a.  ener^el"j?e.  fabula  wird 
irenaiint  def*-cn  iranze  Existenz  nnr  noch  im  Munde  der 
I>eutc  iMt,  wahreud  er  selbst  sich  dim-h  keine  Realität  des 
Wirkens  niehr  geltend  inacken  kann.  Wie  allerdingrs  ja  auch 
von  alten  Leiiteu^  welehe  die  Jugend  auf  ikr  Thun  keinen 
KinfluHZ  melir  ^ovinuen  läszt,  in  jener  Stelle  Ter.  Hecyr, 
4,  •),  14  nos  iam  Jahuta  sumus  senex  atque  anus. 

T,  0.  ScTiberift  Vario  — 

Uic  vicrtc  Strophe  13  —  quis  Martem  tuniva  (nack  Peeri- 
kunip  auch  vdu  Meineke  venvorfen)  ist  unmõglich.  Es  kOn- 
neu  liier  niclit  nocb  einmal  Beispiele  bocbepiscber  und  tra- 
Kwcber  Stoffe,  welclie  iii  der  zweiten  Stropbe  absolvirt  wareo, 
und  nudideni  aueb  scbou  die  gauze  angelegte  Periode  zu 
ihroni  Ziclpuukt  (ni(!bt  dieb  und  Augustus  vermag  icb  zu 
silisen)  gcfübrt  wordeu,  naebbinken.  Das  wäre  selbst  dann 
niclit  niõglicb  wenu  die  lieispiele  in  dervierten  Stropbe  eine 
Stei^onmg  gc^^cii  die  frllbern  entbielten.  Nacbdem  liias  mit 
deiii  Manieu  Acbillcs  und  Odyssee  und  Pelopidengeseblecbt 
Konannt  wnrdcn,  den  Mcriones  zu  bringen  (von  dem  er 
iiuch  niclitM  zu  sagen  weisz  und  der  aueb  an  und  filr  sieb 
Hclum  zwisoliüu  Mars,  Pallas  und  Diomedes  sonderbar  eintritt) 
duM  ist  gar  lAppiscb. 

Sobr  kõmiseb  ist  alicr  der  Uberlieferte  Scblusz  nos  con- 
vivin^  nos  proelia  virginum  sfriciis  in  iurenes  unguibus  aerium 
vantamus  vavui  stre  quid  urimur,  non  praeter  solitum 


ZU  ÜDE,   I,  6.  7.  XXXIX 

ieves:  wie  er  nämlich  dem  Agrippa  eingesteht,  wenn  er 
zwar  ein  Liebesdichter  sei,  oder  vielmehr,  wie  im  Gedanken- 
gange  liegt,  wenn  seine  Anfgabe  zwar  sei  ein  Liebesdichter  zu 
sein,  80  dichte  er  doch  aucL  seine  Liebesgediehte  oft  oline  ver- 
liebtzu  sein,  und  jedenfalls  soUe  Agrippa  deshalb  ihm  nicht  ffir 
einen  ungewöhnlichen  Suitier  halten.  Wie  wenn  ein  Schulmei- 
ster,  der  es  niebt  hatte  lassen  können,  einige  leichtfertige  Ge- 
dichte  in  Druck  zu  geben,  sich  bei  seinem  Herm  Schulrath  ent- 
schuldigtei  er  mõebte  deshalb  ron  seiner  Solidität  nicht 
schlechter  denken. —  leh  glaube,  dasz  fast  alles  nach  vacuiyer- 
lõscht  war.  Ich  habe  geschrieben  cantamus  vacui:  me  decei 
Euhium  plectro  ludere  Teio,  Vacui  in  der  Eutfemung  von 
Staatsgeschäften,  iu  Dichtermusze:  wie  I,  32,  1. 

Od.  I,  7*   Laudabunt  alii  — 

Dasz  Anfang  und  Schlusz  dicses  Gedichts  nicht  zusam- 
menstimmen;  ist  schon  mehrmals  bemerkt.  Der  zweite  Theil 
besagt:  *Man  musz  der  Trauer  nicht  nachgeben,  es  wird 
ja  auch  wieder  besser  werdeu;  man  musz  seine  Trauer  er- 
heitem  und  die  Hoflfnung  neu  beleben  durch  den  Wein! 
That  es  ja  so  auch  Teuc^r,  wie  die  Mythe  erzählt,  in  trau- 
rigst  scheinender  Lage.'  —  Was  hat  dieser  Inhalt  zu  thun 
mit  dem  Anfang  bis  V.  15?  Dieses  in  einem  Theil  der 
Handsehriften  und  meist  noch  in  den  Ausgaben  ais  eines 
gehende  Gedicht  sind  zwei  Gedichte,  von  denen  aber  das 
erste  den  Schlusz  (nach  V.  14  mobilibus  pomaria  rivis)  ver- 
loren  hat,  das  zweite  den  Anfang,  Für  diesen  fehlen  wcl 
zwei  Verse,  z.  B. : 

Indulgere  iuvat  diris  sttb  pectorfi  ciiris  ? 
Laeta  dei  solacia  quaero! 

Das  Gedicht  auch  mit  dem  aus  dem  Mythus  hergenom- 
menen  Ausgang  ist  sehr  ähulich  dem  dreizehnten  Epodus. 
Im  27.  Verse  hat  überdem  gegen  die  vor  ihm  allgemeine  Les- 
art:  nii  desperandum  Teucro  duce  et  auspice  leucro  Bent- 
ley  vortrefflich  gesprochen,  und  Teucro  duce  et  auapice  Phoe- 


XL  ZU   ÜDE   I,   '• 

bo  empfohlen,  auch  mit  der  liemerkung,  da^z  auB  einer  Er- 
klärung  in  den  öeholien  diescLesart  hervorgehe.  Sie  wird 
jetzt  aucli  au«  mehreren  Handscliriften  iiael)ge>viesen.  Würde 
eie  diiH  auch  nicht  uud  liättcu  die  Scholiasten  keine  Spnr, 
das  wäre  gaiiz  gleicligildg:  8chon  auch  alleiu  deszhalb  weil 
nii  despera/idum  T^ucro  duve  et  auspice  Teuero:  vertus  enim 
promisit  Apollo  —  gegeu  alle  Logik  ist:  was  natürlich 
Bentley  auch  berührt.  Ich  glaube  aber,  dasz  mit  dieser  Les- 
art  (die  auch  Meineke  aufgeuoinmen)  das  ursprängliche  noch 
nicht  hergestellt  ist.  Mich  beleidigt  jedesmal  und  macht  den 
Eindruck  einer  uiizeitigeuBravadein  dieser  Lage  vor  seinen  Ge- 
nossen  und  vor  sich  selbst  dieBerufung  auf  sich:  ich  glaube  es 
hat  an  Stelle  von  Teuero  vor  duce  ein  Adjectiv  zu  stehn :  magno 
duce  et  uuspiee  Phoebo,  oder  fdo,  oder  divo,  Stand  mayno 
oder  fdo  duce,  so  ist  Teuero  nelleicht  hineingekommen  dureh 
falsches  Verständnis,  indem  einer  matj/io  duee  verkehrt  ais 
Teuero  glossierte.  Oder  wenn  nicht,  so  ist  es  hineingekom- 
men, wie  es  auch  statt  Phoebo  sich  eingeschlichen,  durch 
Schreibfehler  im  Vorschweben  des  Teueer,  —  Mir  sagt  fUeo 
am  meisten  zu.  Sodann:  Es  ist  kein  andrer,  ais  eben  der 
unfehlbare  Apollo,  von  dem  ich  das  Versprechen  habe,  dasz 
in  neuem  Lande  ein  Doppel-Salamis  entstehen  werde. 

Doch  wir  haben  nun  ttber  das  erste  Gedicht  Laudabunt 
ütii  ete.  zu  sprechen.  'Andre  mögen  Rhodos  oder  Mitylene, 
Ephesos,  Korinth,  Theben,  Delphi,  Tempe,  Athen,  Argos, 
Mycenä  preisen:  auf  mich  hat  keiner  von  allen  diesen  Or- 
ten  einen  so  tiberwältigenden  Eindruck  gemacht,  alsTibur.' 

Ja!    das  steht  aber  nicht  da!   sondern: auf  mich  hat 

weder  Lacedämon  noch  Larissa  einen  so  Uberwältigenden 
Eindruck  gemacht  ais  Tibur.'  Das  ist  ja  wider  den  noth- 
wendigsten  Verstand.  Sollten  auch  nach  dem  'mich'  wie- 
der  Namen  genannt  werden ,  so  muszten  es  doch  vor  allen 
vorhei^ehenden  sich  hervorhebendo  sein ,  und  dem  ent8i)re- 
chen  doch  wahrlich  Lacedämon  und  gar  Larissa  nicht;  mid 
auch  noch  einen  sprachlichen  Ausdruck  dieser  Hervorhebung 
würde  man  kaum  vermissen  dürfen,  etwa:  mich  hat  selbst 
das  ruhmvolle  Athen  nicht,  noch  das  herrlichc  Tempe  so  tiber- 


ZU  ODE  I,  7.  XLI 

raseht  ais  —  denn  diese  oder  solche  zwei  Namen  wür- 
den  hieher  gehõren.  — 

Aber  sclion  vorher  V.  5 — 9,  welche  Sonderbarkeiten 
betreffen  uns  da!  *Einige  haben  kein  anderes  Geschäft 
ais  durch  Lied  auf  Lied  Athen  zn  loben  —  so  nemlicb 
perpetuo  carmine  zu  erklären  'Lied  auf  Lied',  was  ohne 
Zweifel  angeht,  lassen  wir  den  Versen  zu  gute  kommen. 
Denn  verstebt  man  ein  zusammenhängendes  langes  Epos, 
oder  nur  ein  Gedicht,  das  gar  kein  Ende  nimmt,  so 
drängt  sich  immer  gleich  ein  unwesentlicher,  den  natür- 
lich  ervvarteten  Fortschritt  störender  Beigedanke  auf.  Also: 
'Einige  haben  kein  anderes  Geschäft  ais  durch  Lied  Athen 
zu  loben  und  sich  —  insofem  sich  nemlich  Athens  Lob  aus 
allen  Sphären  her,  aus  Krieg,  Kunst,  Wissenschaft  seinen 
Stoff  zu  nehmen  hat  —  einen  von  allen  Seiten  her  ge- 
pflftckten  Olivenkranz  zu  erwerbeu/  AUein  da  der  Oli- 
venkranz  nicht  allgemein  den  Dichterkranz  andeutet,  son- 
dem  gerade  den  in  Attika  erworbenen,  so  wrd  er  ebeu 
nicht  von  tll)erall  gepflückt :  und  der  hier  stehende  Ausdruck, 
unwiasentlich  verdreht  oder  absichtlich  verdrechselt,  kann 
Horaz  unter  keinen  Umständen  zugeschrieben  werden,  Wir 
>vürden  also  die  Conjectur  des  Erasmus,  welche  aus  diesem 
richtigen  Gefühl  hervorgegangen  ist,  aufnehmen:  undique 
decerptae  frondi  praeponere  oliram,  wenn  dem. Gedicht  da- 
mit  aufgeholfen  wäre! 

Nun  aber  gar  plurimus  in  lunonis  honorem  oülgy  honore ! 
Wir  hatten  bisher  doch  immer:  der  eine  singt  dieseu  Ort, 
der  andre  jenen:  nun  wird  ein  andrer  Begriff,  ein  andres 
Ziel  hervorgekehrt :  Sver  recht  ausftthrlich  ist  in  der  Ehre 
^der  luno,  oder  recht  wiederholt  die  luno  ehren  will,  der 
besingt  Argos  und  Mycenä\  Oder:  *Sehr  viele  besingen  zu 
Ehren  der  luno  ete/,  was  jedoch  die  Sache  cbenso  wenig 
erlaubt,  und  die  Latinität  gar  nicht ;  wie  G.  Hermann  zeigt, 
de  primo  carmine  Horati  p.  8,  wo  Beispiele,  wie  die  von 
Orelil  mit  einem  ^quomodOy  guaeso,  explicabunf  eingeftthrten, 
plurimus  mit  einem  Substantiv  enthaltenden :  plurimtis  ofeaster, 
plurimus  aeger  moritur  vigilando  usw.  längst  ais  unpassend 


XLII  ZU  UDE  I,   7.  ».  9. 

abgewiesen  siud.  Kurz:  das  ^zii  Ehren  der  luno'  ist  ein 
uiiaussteLlicher  Quergedanke.  Dabci  habe  icli  von  den  Epi- 
tlietiS;  welclie  noch  mebr  verwirren,  noch  gar  nieht  gespro- 
chen!  —  leh  sebe  uur:  es  sind  bier  Fetzen  eiues  Horazischen 
Gedicbtcs,  das  gauz  uuverstiiudig  mit  Geographie  interpoliert 
wordeu  war: 

Laudabunl  alti  vlaram  RItodon  aul  MUi^hmen 

aut  Epheson   bhiiarlavv   Corinthi 

moetüa,  vel  Bacvho  Tlwbas  rel  ApolUno  Delphos 

f/isiiffiis,  aut  Thessala  Tempe, 

Me  flomus  Albunrae  resotumtts 

et  praevepa  Anio  ae  Tibtirni  lucus  et  udu 

mobilibus  poniaria  rivis 
Dio  vier  ersten  Zoilen  bat  eben  eiuer  erweitert,  welcber 
meinte;  Athen  dürfe  docb  wol  nicht  fehleu  und  eiiiige  an- 
dere bekanute  Orte  aucb  nicbt,    die   nuu  eine  gauz  krause 
Sammlung  sind.  — 

Die  Orte  der  vier  ersten  Zeileu  siud  Orte  von  gemeiu* 
samem  lubalt:  durcb  Natursebõnbeit  und  historiscbe  Erinne- 
rungen  woblbekanute  und  vielgenannte ,  und  vielbesuchte 
Orte;  Gegeusatz:  das  au  Natursebõnbeit  für  micb  mit  allen 
wetteiferude,  stiile  und  iu  seiner  Stiile  zu  Poesie  begeistemde 
Tibur.  Denn  das  wird  wol,  nacb  andeni  Horaziscben  Stel- 
len,  in  dem  verloreuen  ausgesprocben  gewesen  sein. 

I,  8.  Lvdia,  die  — 

Die  Ueberlieferung  in  V.  4  eur  apricum  oderit  campum 
ist  unmöglieb.  *Sage  warum  du  eilst  ibu  durcb  Liebe  zu  verder- 
ben,  warum  er  den  Canipus  meide.  — *  Natürlicb  aus  Liebe. 
Das  ist  ja  scbon  beantwortet.  Mit  cur  apricum  gebt  schon 
die  Keibe  der  direeten  Fragen  an  wie  sie  fortgesetzt  wird. 
leb  babe  gescbrieben  eur  aprinnn  odit  et  campum  —  f 

Od.  I,  9.  Vides  ut  aita  ~ 

Von  der  dritten  Stropbe  permitte  divis  cetera  sagt  Mei- 
neke:  ^Haec  siquis  paullo  attentius  legat  nec  dulci  verbo- 
71/ m  sono  se  decipi  patiatur  perinepte  dieta  esse  infeUeget, 
Tota  enim  seiitentia  eo  redit^  ut  tempestas  postquam  detonuerit 


ZU  ÜDE   I,   9.  XLIII 

detonuisse  dicatu>\  Die  Strophe  enthält  doch  etwas  mehr: 
Svenn  die  Götter  die  von  ihnen  erregteu  Stürme  besäuftigt 
liaben  (worin  denn  wol  eingeschlossen  liegt:  was  sie  docli 
immer  wieder  thun),  finden  auch  alsbald  alle  diejenigen, 
die  unter  jenen  Stttrmeu  gelitten,  ihre  Ruhe  wieder.'  An 
das  Yorige  augeschlossen  lieiszt  das  also:  'sielie  scliou  ist 
es  Wiiiter  geworden:  lass'  ims  der  bösen  Jahreszeit  durch 
Trinkeubegegnen.  Alles  übrige  überlasse  deiiGöttern:  weleho 
ja  nach  der  bösen  Zeit  au  eh  wieder  gute  gebeii,  wo  auch 
wir  dann  uicht  mehr  zu  leiden  haben  !*  Dies  mOchte  angehn. 
Es  geht  aher  gar  nicht  an  in  Verbindung  mit  dem  folgen- 
den:  'frage  nicht  was  der  morgende  Tag  bringen  wird,  son- 
deru  geniesze  den  heutigen :  denn  die  bösen  Tage  kommen 
dennoeh/  Und  da  dieses  mit  den  vorigen  Strophen  unverein- 
bare  Thema  sich  oflfenbar  bis  zmn  Schlusz  ais  das  beabsich- 
tigte  Thema  des  Gedichtes  ausweist,  so  ist  die  drifrte  Stroi)he 
dennoch  falsch.  Nach  dem  Fortschritt,  welchen  die  dritt^ 
Strophe  gab,  war  das  Hauptgewicht  gelegt  auf  den  Winter 
ais  bõse  Jahreszeit,  die  man  einigermaszen  durch  denWein 
vertreiben  musse,  bis  die  Götter  wieder  die  gute  Zeit  geben. 
Nach  dem  dagegen,  was  die  vierte  Strophe  aufnlmmt  und 
fortführt,  ist  der  Winter  angenommen  ais  eine  willkommue 
Gelegenheit  zum  Genieszen,  die  man  auf  das  schnellste  er- 
greifen  musse,  wie,  unbekttmmert  was  der  morgende  Tag 
noch  gestatten  werde,  einen  jeden  Tag,  der  den  Genusz  ge- 
stattet,  ausnutzen.  Und  ror  allem  die  Jalire  der  Jugend, 
so  lange  die  Zeit  des  Alters,  der  mancher  Genusz  versagt 
ist,  noch  nicht  kam.  —  Also  ist  die  dritte  Strophe,  wie  ge- 
sagt,  falsch.  Sie  musz  entfemt  werden.  AUein  sie  hat  eine 
riehtige  Strophe  verdrängt,  die  folgenden  Inhalt  hatte.  *  Was 
stehst  du?  lasz  dir  sagen  (man  denke  sich  einen  beliebigen 
Anfang  wie  audi  monentcjn :  ne  mõra  sit  u.  s.  w.) :  lasz  auch 
drauszen  die  Natur  selbst  dich  erinnem,  wie  auch  die  schöne 
Zeit  des  Menschenlebens,  die  Jugend,  nicht  besteht  und  vom 
Winter  ttberkommen  wird.' 

Mir  hat  ein  Uebergang  der  Art  hier  stets  nöthig  ge- 
Bchieuea.    Ohne  den  Anlasz,  dasz  der  Jüngling  nicht  schnell 


XLIV  ZU   ODE   I,    10.    II. 

genug  sieh  entfernt,  ist  C:*  auffallend,  dasz  er  gemde  an  den 
Jttngliiig  und  so  nachdrlicklicli  sieh  mit  seineii  Leliren  wen- 
det,  vou  welclieni  man  docli  der  Natur  gemäsz  voraussetzen 
darf,  —  ieh  mõclite  fast  sagen  aucli  dem  Namen  gemäsz,  den 
er  ilim  gegeben  —  dasz  er  zii  den  scliõnen  Dingen  von 
selbst  sehr  geneigt  iöt.  Dasz  der  Alte  oder  Aeltere  aber  so 
treibt:  es  kaun  gar  niclit  schnell  genug  sein,  kein  Augcnblick 
istzu  verlieren,  mit  Aleäisch-Anakreontisclier  Nachdrücklich- 
keit,  dazu  musz  ein  augenblieklicher  Anlasz  gegeben  sein.  Je 
kleinev  dieser  ist,  desto  schõner  ist  die  Genuszstimmung  des 
Alten  charakterisirt.  —  Uebrigens  sagte  ieh  eine  Strophe, 
weil  eine  voUkommen  was  nõthig  ist  fassen  kann. 

Od.  I,  tO  Merciiri  facunde  — 

Die  vierte  Strophe  quiu  et  Atridas  ist  ganz  unmõglieh. 
Diese  Lcistung  des  Merkurius  dasz  er  den  Priamus  heimlich 
vor  den  Wäehtem  der  Grieclien  zum  Zelte  des  Achilles  führte, 
gehört  zn  seinen  alltaglichen  und  kcann  unmõglieh  ais  eine 
Steigerung  eintreten  naeh  dem  Stüekchen,  womit  er  einen 
Gott  getäuscht.  —  Uebrigens  sind  vielleicht  dureh  diese 
falsche  Strophe  einige  richtige  vcrdrängt.  Jedenfalls  ist  diese 
comprcsse  Hei-zählung  zu  dürftig,  und  wenn  es,  wie  der 
Scholiast  sagt,  Nachahmung  eines  Alcäushymnus  auf  Hermes 
war ,  sieher  ein  zu  dtirftiger  Auszug,  ais  dasz  man  nieht  ge- 
rechten  Verdaelit  haben  dttrfte,  so  sei  das  Lobgedieht  auf 
Merkurius,  das  Horaz  beabsiehtigte,  nicht  beschaffen  gewe- 
sen,  wenn  es  vollständig  war.  Moglich  ist  aueh  dasz  es 
nieht  in  der  ilitte  gefüUt,  sondern  hinter  der  letzton  Strophe 
fortgesetzt  war  oder  fortgesetzt  werden  soUte.  Vielteieht 
dasz  dort  nun  eine  bestimmte  den  Hermes  verherrlichende 
Fabel  aus  der  Henneslegende  ausfflhrlicher  eintrat  oder 
eintreten  soil  te. 

Od.  L  1 1   Tu  ne  qiiaesieris  — 

Im  dritteu  Verse  ist  die  Ueberlieferung  ut  melius  quid- 
quid  ent  pati,  so  dasz  ut  melius  wäre  gleich  quanto  melius, 
Da  so  nieht  gesproehen  wird,  musz  es  geändert  werden. 
Ieh    habe   fUr   ut    melius  geschrieben    utilius  'fõrderiicher . 


ZU   ODE   I;    12.  XLV 

Daaz  dieses  gut  und  poetiscli  ist;  dafUr  wird  es  docb  nicht 
nõthig  sein  Beis])iele  beizuschreiben. 

Od*  I,  12.  Quein  virum  aut  heroa  — 

*Sei's  dasz  Augustus  die  drohenden  Parther  besiegt  lia- 
ben  wirdj  sei  es  dasz  die  fernen  Serer  und  Inder,  so  wird 
er,  nur  gcringer  ais  du  lujnter,  den  Erdkreis  regieren.' 
V.  53.  Es  scheiut  wirklich  ais  ob  an  diesem  Unsinn  nocb 
keiu  Anstosz  genommen  worden.  Unmõglieh  ist  das  aus  ei- 
nem  einigermaszen  klaren  Kopfe  gekommen  (einem  unklareu 
magOde  III,  5  Anfjxng  vorgeschwebt  haben),  am  wenigsten 
aus  einem  ganz  klaren  wie  Horatius.  Wohl  bemerkt  worden 
ist  das  unmittelbar  vorhergehendo  tu  secundo  Caesare  rajties, 
welcUes  im  Widerspruch  steht  mit  V.  18  unde  nii  maiwt 
generatur  ipso  nec  viifet  qnidquam  simile  aut  secujidum,  im 
Widerspruch,  oder  falls  dies  tu  secundo  Caesare  reijnes  ohne 
alle  Beziehung  auf  jenes  Vorangegangene  geschrieben  wor- 
den, eine  Nachlässigkeit  des  Styls  verrietbe,  welche  wieder 
einem  Horaz  sebr  fremd  wäre.  Buttmann  hat  angenom- 
men,  secundo  stche  hier  in  prägnanter  Bedeutung:  auf 
das  erste  unmittelbar  in  der  Reihe  folgend,  so  dasz  kein 
bemerkbarer  Zwischenraum  bleibt.  Und  er  sieht  nun  diesen 
Gedanken,  den  er  scliõn  findet:  Dir,  lupiter,  ist  die  Sorge 
flir  Augustus  durcli  das  Fatum  übertragen:  woblan,  in  der 
Beibe  der  Gotter  unmittelbar  binter  dir  ist  ja  —  dessen  icb 
obenbei  Er^väbnung  deinerHobeitzugedenkenbatteCV.  18)  — 
eineStelle  leer:  so  setze  in  diese  Stelle  den  Augustus.  —  tSebõn 
wäre  das?  Nein  scbeusslicb  wäre  es:  alle  andeni  Gotter 
mit  einem  Scblage  berabgcsetzt  und  abgesetzt  gegen  den 
Augustus.  Was  Horaz  aucb  in  Beziebung  auf  Augustus  ais 
Gott  gesUndigt  hat,  diesen  Grad  von  Impietät  weise  man 
doch  nachi  Die  drei  letzten  Strophen  sind  ni^bt  von  Horaz 
und  siud  ein  elendes  Machwerk.  So  steht  es  mit  den  äcblusz- 
fitrophen  dieses  Gediebtes ;  gehen  wir  zum  Anfang.  Welchen 
Mann  oder  Heros  oder  Gott  nimmst  du  zu  feiern,  Klio? 
weBsen  Name  wird  Eebo  nacbtonen,  sei's  auf  dem  Pindus 
oder  Hftmus?    Wen  soil  te  icb  eher  preisend  nennenals  den 


XLVI  Zl'   ODE  1,    12. 

lupiter?  Die  Sonderbarkeit  des  Uebergangs  von  dem  ,>du" 
zu  dem  „icli^*  bemcrkte  Bernays  und  schlä^  vor,  mit  dem 
quid  priiis  dicavi  die  iluse  redend  und  dem  Uoratius  aut- 
wortend  zu  verstehcn.  Was  allerdings  gogleioh  die  Folge 
hatte,  dasz  er  die  Strophe  Reipihim  —  insigni  referam  Ca- 
mena  für  eingeschoben  erklaren  muszte.  Dagegen  kõnnte 
ieh  nichts  haben.  Aber  ich  habe  gegen  seine  Annahme 
gonst  sehr  viel. 

Mich  beleidigt  in  dem  Munde  der  Muse,  die  selbsteine 
Göttin  ist,  das  era])hatigiche  du  'auch  di  eh  werde  ich  nicht 
verschweigen,  Liber/ 

Sodann  aber:  man  vergegenwärtige  sieh  doeh  die  Situ- 
ation.  Die  Muse  sitzt  auf  dem  Hämus  oder  Pindus  oder 
Helikon  —  und  zwischen  Rom  und  einem  jener  Berge  geht 
das  Gespräeh  vor  sich.  Horaz  richtet  nach  dem  Hämus  seine 
Anfrage  und  von  dort  aus  spricht  die  Muse  an  ihu  —  oben- 
ein  beginnend  in  einem  ziemlich  bequemen  Oespräohston :  was 
Hollte  ich  eher  sagen  ?  —  die  lange  Antwort.  Dies  musz  ich 
fflr  unmoglich  erklaren.  Wenn  Horaz  fragt  Quem  vmim  aut 
heroa  lyra  vel  acri  tihia  sumis  celebrare  Clio?  so  musz  erdie 
ihn  inspirirende  Muse  in  seiner  nächsten  Nähe  denken  oder 
in  sich  selbst.  —  Die  zweite  und  dritte  Strophe,  hübsch  an 
sich,  können  nicht  hieher  gehören.  Fragt  Horaz  die  Muse 
in  sich  selber  an:  wen  meine  Muse  nimmst  du  zu  feiem? 
dann  ist  auch  der  Uebergang  in  die  erste  Person  wenigstens 
nicht  so  schroflF.  Es  wäre  also  zu  denken:  in  Tibur  oder. 
sonst  in  einem  freien  Platze  —  denn  Echo  \vird  seinen  6e» 
sang  nachtönen  —  ftthlt  er  die  Regimg  zum  Dichteu,  föhlt 
er  die  Muse  in  sich  sich  regen.  Wer  Klio  wird  es  sein? 
(sumofi  wflrde  ich  vorziehn).  Doch  es  versteht  sich  jai  wol 
von  selbst  dasz  ich  keinen  eher  zu  singen  habe  ais  vor 
allen  lupiter.  —  Und  doch,  und  obgleich  Statius  schon  die 
zweite  Person  fand,  wieTheb.  1,41  zeigt  Quem  prius  heroutn 
Cfio  dabis,  dennoch  taucht  miv  immer  die  Frage  auf,  ob 
Horaz  nicht  geschrieben  sumamf  Ich  kõnnte  leicht  glauben 
dasz  ein  früher  und  gelehrter  Poet,  der  den  Horaz  der  Pin- 
darischeu  Stiile  mehr  annähem  wollte,  die  zweite  Person 


t-<    • 


r 

7 


ZU  ODE  I,   12.  XLVII 

hineingebracht  und  vielleicht  dadurch  auch  den  Anlasz  gab 
zur  Einfühning  der  zweiten  und  dritten  Strophe. 

Gregen  die  Stroplien  qttul  prim  bis  recumbit  lassen  sicli, 
glaube  icli,  keine  baltbareu  Einwendungen  macheu.  Die 
Verse  13—18  sind  aucb  schun  und  nicht  gewõbnlich  aus- 
gedrückt^  die  ttbrigen  allerdings  schwunglos  und  gewobn- 
lieb.  Intereasanter  gefaszt  ist  die  näcbste  Stropbe,  wo- 
mit  von  den  Heroen  auf  die  bis^toriöcben  Manner,  und  zwar 
die  Römiscben,  llbergcgangen  wird:  deren  Menge  ibm  ao 
grosz  entgegentritt  dasz  er  nicbt  weisz  wo  er  anfangen  soil. 
Eine  Wendung,  mit  der  [Ibrigens  auf  eine  cbrouologische 
Folge  sogleich  verzicbtet  ist.  Die  Stropbe  Roinubitn  schlieszt 
«icb  an  die  vorigen  ohne  Anstosz  an,  uur  musz  man  eine 
Verderbuug  in  dem  Tavquini  annehmen,  was  wol  unter  allen 
Umstanden  nicht  ursprünglich  ist.  Nichts  musz  icb  für  un- 
glUeklicber  balten  ais  Buttmanns  Yertbeidigung,  dasz  in  dieser 
BeibeTarquiniussui^erbusschr  woblstebe.  DennfreilicbmitJK- 
perbf  Tarquhii  faxces gRY  Giweii  andem  Tarquinius  bezeichnet  zu 
wfthnen  ais  den  allgemein  durcb  dasBeiwort  sttperhus  unter- 
Bchiedenen,  dasz  Horaz  so  ungesebickt  oder  verkebrt  gewesen, 
auf  diese  Seite  ist  Buttniann  niclit  getrcten.  Dasz  aber  Horaz 
um  die  bõchste  Stufe  des  Römiscben  Kõnigthums  zu  bezeicb- 
nen  denjenigen  genannt,  der  es  ruinirt,  und  zwar  nicbt  etwa 
duTch  überspannte  docb  rubmvolle  Thaten  nacb  auszen 
niinirt,  sondem  durcb  Nicbtachtung  der  Recbte  im  inneni, 
das  und  was  es  sonst  ist  werdeu  Buttmanns  erpreszte  Be- 
grüudungen  uns  wabrlicb  nicbt  glaublicb  macben.  Wir  brau- 
chen  einen  Mann  von  auerkannten  Rumertbaten  oder  ROmer- 
charakter.  Die  superbi  fasces  zwiscben  zwei  Kunigen  und 
Cato  scbeineu  nicbts  natürlicber  zu  erfordem  ais  einen  jener 
stolzen  Vertreter  der  Republik,  einen  jener  alten,  cbarakter- 
festen  republikaniseben  Consuln.  Ein  Brutus,  zugleicb  Grfln- 
der  der  Republik,  würde  vortrefllicb  passen.  Da  bätten 
wir  ddui  Btatt  des  zufällig  verlomen  oder  durcb  Einwirkung 
de»  superbus  noben  den  beiden  Kõnigen  absichtlicb  und  un- 
Terständig  verdrängten  Namens  zu  scbreiben  lunios  fasces. 
Und  dagegen  hatte  icb  meinerseits  ein  diplomatisches  Be- 


XLVIII  zr  OI>E  I,  12. 

(leiikeu  aucb  nicht.  leh  habe  aber  ciu  andcres,  dasz  Horaz 
iicbeii  dem uubedeuklicbcn Cato  aucb nocb  sollte  zugleicbdie 
Bruti  •renannt  babeu,  nomlicb  in  einem  Gedicbte,  das  pinz 
ausdrücklicli  dcm  Augustus  unter  die  Augen  zu  komnieu 
berccbnet  war.  Daber  gebe  icb  einen  andeni  Gaug.  Gerade 
die  beiden  folgenden  Stn>i»ben  siud  mehrfacb  för  unecht  ge- 
balten.  Nun  idubz  icb  gcdteben,  dasz  mir  die  GrUnde  nielit 
zwingend  scbeiiien  bis  auf  einen.  Ueber  die  Enväbnung 
der  Scaun  und  namentlicb  zwiscben  lieyulvs  und  Pmillnx 
und  lauter  Alten,  wäbrcnd  jene  alten  Zeiten  keinen  SiHmrus 
aufwcisen,  kann  icb  nicbt  fort.  Also  wird  die  Stropbc  Re- 
fiubtm  bis  Fabrichanqiio  niebt  ursprünglicb  sein.  Dann  dttr- 
fen  wir  fttr  Tarquini  selireiben  Fahvici,  der  dort  aucb  gauz 
wobl  paszt.*)  Wabrend  mir  wenigsteus  ein  gleich  passender 
Mann  mit  bineinpas^sendeni  Namen  nicbt  zu  Gebote  steht. 
Vielleiebt  erlialte  icb  ibn  tou  einem  andeni.  Maximi  (wie- 
wol  Fabius  Maximus  ein  stolzer  Cousul  war)  will  mir  niebt 
gefallen,  aus  einigen  Gründen.  Erst  nacb  der  Verder- 
bung  iu  Fuhricf  wäre  diese  Stropbe  gemacbt.**)  Die  folgende 
Stroplie  babe  icb  beibebalten,  vielleiebt  mit  Unrecbt.  Xur 
biibe  icb  Bentleys  Vorscbläge  mncta  puupertas  (für  saeva, 
notbwendig  allerdings  nicbt)  und  arto  fttr  apto  aufgenommen. 
Natttrlicb  der  Ausfall  einer  ecbten  Stropbe  vorber  musz 
dann  augenommen  werden.  Allein  ausgofallene  8trophen 
miissen  ja  aucb  angenommen  werden,  wenn  die  jetzigen  bei< 
den  unecbt  sind.     Nacb  nur  zwei  genannten  Namen  aus 


*)  Im  Boethius  ams.  II  cnnn.  7  stcht  Uhi  nuiu:  fidelis  ossa  F^bri- 
rii(so)  tnanentf  quid  Brutus  rUfidus  aut  Cato?  I>asK  dies  nicht  geschri*'- 
ben  ist  olme  Erinnerang  an  unserGedicht,  ist  wol  klar.  Dasz  er  auch 
den  Brutus  darin  gefunden ,  bleibt  natürlich  docb  ungcwisz.  (In  dem 
Gedicht  des  Boethius  kommen  die  Wörter  suptrbus  ond  ärtus  (ao) 
auch  Tor.) 

**)  Vor  Quintilian  bekanntlich:  desson  Bcmerkuug  IX,  3,  IS  nur 
Terstanden  werden  kann,  wenn  er  sich  die  Interpunction  so  dachte; 
Fahrknumque ,  hum  et  incomptis  Curhim  capiÜis  utiltm  Mto. .  UtUt  ei 
Vamillwn  saeva  paupcrtas.  — 


ZV  ODE   I,    12.   15.  XLIX 

der  ganzen  republikaniscben  Zeit  konnte  er  unmöglich  gleicli 
auf  die  MarccUer  kommen. 

V.  46.  Marcellis  für  das  überlieferte  Marcelli  rtihrt  von 
Peerlkamp  her  und  ist  notbwendig.  Auch  von  Meineke  und 
Haupt  aufgenommen. 

Diese  zwõlfte  Ode  bietet  die  schwierigste  aller  Aufgaben 
im  Horaz.  Was  vorliegt  ist  voli  Unmõglicbkeiten  durcb.  und 
durch.  Dies  ist  ganz  und  gar  ausgemacbt  und  kann  dagegen 
nichts  zugelassen  werden.  Im  tibrigen  aber  si  quid  novisti ree- 
tiiis  ist/s  candidusimperti:\\e\[e\ciitSi}XQ\i  sinon,  hisutereinecum. 

I,   15  Pastor  cum  traheret  — 

^Dasz  dieses  Gedicbt  von  V.  21  an  mit  seiner  zufällig 
zusammmengeworfenen  Heldenaufzählung ,  beginnend  mit 
Nestor,  dem  unpassendsten,  der  hier  eintreten  konnte,  den 
Achilles  entweder  ganz  auslassend  oder  ihn  so  kopflos  ein- 
ftthrend  wie  in  der  letzten  Strophe  gescbieht,  mit  den  lächer- 
licben  prosaiseben  AusdrUeken  non  Nestora  respicis?  Meno^ 
nen  quoque  nosces,  nicht  von  Horatius  ist,  versteht  sieh  von 
von  selbst.  Aber  ob  die  Partie  bis  V.  20  äcbt  sein  kann, 
musz  aueb  sehr  zweifelbaft  orscbeinen.  Das  ganz  unmoti- 
virte  Hereinbrecben  des  Nereus,  der  den  Winden  gebietet: 
*8eid  einmal  stiil,  damit  ich  reden  kann — lag  doch  dieMo- 
tivirung  durch  seinen  Enkel  Achilles  und  den  bevorstehen- 
den  Kummer  seiner  Tochter  so  nähe  — :  ohne  alle  Indivi- 
dualisirung  sei  es  des  Locals  sei  es  der  feraeren  Angaben, 
diese  Fehler  gerade,  und  so  auflfallend,  scheinen  nicht  die 
Horazischen.  Immer  aber  will  mir  es  scheinen  dasz,  wenn 
gleich  schon  die  Verse  bis  20  nicht  von  Horatius  sind,  die 
viel  dümmere  Fortsetzung  von  V.  21  dennoch  wieder  von 
einer  andem  Händ  herrtlhrt.' 

So  schrieb  ich  tiber  dieses  Gedicbt  im  Jahre  1864  (Fleck- 
eisen  Jhb.  1864  Heft  3  S.  173).  Jetzt  kann  wer  es  bedarf 
die  Anstõszigkeiten  und  besonders  die  zufällige  Zusammen- 
wttrfelung  der  Helden  einzeln  ausgeführt  lesen,  und  zwar 
von  keinem  geringein  Manne  ais  0.  Jahn,  im  Hermes  vom 
Jahre  1868  (III.  2  S.  184).    Ich  will  von  ihm  die  Bemer- 

Lehrs,  lionittiuf.  D 


1.  ZU   ODE  I,    15. 

kung  hierher  setzen ,  dasz  naraeutlicli  auch  das  Fehlen  des 
Philoktet,  der  dem  Paris  die  tõdtlicbe  Wimde  beibrachte,  und 
<le8  Menelaus  befremdet.  —  Zu  den  Worten  über  Aias  S.  185 
erlaube  ich  mir  die  Bemerkung,  dasz  zwischen  Aias  dem 
Telamonier  und  Paris  ein  ZusammentreflFen  bei  der  Leieho 
des  Acbilles  erzäblt  wurd,  bei  dem  es  dem  Paris  recht 
schlimm  erging,  Quint.  III,  330.  Es  bleibt  aber  besteben 
dasz  bier  unter  Aiaa:  celer  sequl  vernünftiger  Weise  nur 
der  Lokrer  verstaudeu  werden  kann,  der  'OiXriot;  taxvg 
^4ut(;.  —  Dasz  0.  Jabn  jenen  Aufsatz  scbrieb  unbewuszt  des- 
sen,  was  ich  in  demselben  Sinne  über  das  Gedicht  gesagt 
hatte,  das  kann  mir  nur  angenehm  sein  und  kanu  meiner 
Sache  bei  den  Zaghaften  und  Urtheilsbefangenen  nur  zu 
gute  kommen.  Jedoch  die  Folgerung,  welche  er  nach  Dar- 
legung  der  vor  keiner  Entschuldigung  Stich  haltenden  Misere 
ausspricht,  musz  ich  dem  «lusgezeichneten  Manne  bestreiten. 
Er  schreibt:  'Wie  dem  auch  sei,  wir  werden  annehmen 
mtissen,  dasz  Horaz  Grttnde  hatte  oder  zu  haben  glaubte, 
auch  weniger  gelungene  Versuche  dem  Publicum  nicht  vor- 
zuenthalten.  Vielleicht  machte  er  Studien  durch  selbstän- 
dige  Bearbeitung  mythologischer  Partien  aus  Griechischen 
Lyrikem,  ehe  er  den  Versuch  machte,  solche  DarsteUungen 
seinen  eigenen  Oden  wie  im  dritten  Buch  einzuverleiben . 
Dasz  Horaz  auch  weniger  gelungene  Versuche  aufnahm,  das 
glaube  ich  allerdings:  denn  sonst  hatte  ich  noch  manches 
Gedicht  geringeren  Ranges  nicht  unangefochten  lassen  kõn- 
nen :  ich  hatte  vielmehr  den  Wegen  Peerlkamps  oder  Grup- 
pes  nachgehen  müssen.  Er  konnte  immer  noch  auf  seine 
neue,  schõpferische  und  patriotische  Thätigkeit  ais  Rõmi- 
Bcher  Nachahmer  Altgriechischer  lyrischer  Formen  hinwei- 
sen.  Er  durfte  auch  dichten,  wie  ich  oben  einmal  mich 
ausgedrtickt,  *als  griechische  Nachahmuug,  ais  Studie,  ais 
Studie  auch  zur  Schmeidigung  derSprache .  Und  dazu  kommt 
für  die  Zulassung  von  Gedichten  zweiten  oder  überhaupt 
geringeren  Ranges,  um  bei  dieser  Gelegenheit  hierauf  et- 
was  einzugehen,  noch  zweierlei.  Sollte  Horaz  es  bei  den 
Satiren  nicht  gewuszt  haben,  dasz  sie  nicht  alle  auf  glei- 


ZU    UDE  1,    15.  LI 

cher  Stufe  stehen  ?  soUte  er  wol  selbst  die  zweite  Satire  für 
gleich  gutgehaltenhaben  ais  z.B.  dieachte,  olirn  truncus  eram, 
oder  die  neunte,   den  Litteraten?    Gewisz  nicht    Aber  es 
war  ihm  begegnet^  was  allen  Dichtern,  ganz  gleich  gelingt 
nicht  jedesy  und  er  that  was  sie  alle  thaten,  er  liesz  nicht 
nur  Gedichte  des  ersten  Ranges  bekannt  werden.    Eben  so 
bei  den  Oden.    Und  ich  denke  darfiber  wird  keine  Uneinig- 
keit  bestehen.    Wer  von  uns  wird  denn,   um    ein  namhaf- 
teres  zu  nennen,  das  carmen  saeculare  für  ein  Gedicht  ersten 
Ranges  Horazischer  Oden  halten?  Ob  aber  auch  nur  zwei- 
ten,  das  ist  fraglicli.    Wir  kommen  uoch  auf  etwas  anderes. 
Horaz  hat  einige  Oden  auf  Ordre  gemacht  und  gerade  diese 
konnte   er  auch  der  Oeffentlichkeit  nicht  entziehen.    Und 
gerade  diese,  da  sein  Herz  nicht  dabei  war  oder  sie  zu  der 
hohen  Gattung  gehoren  muszten,  für  welche  er  sich  selbst 
ja  ungeeignet  wusztC;  gelangen  ihm  am  wenigsten.  Die  Stat«- 
oden  des  vierten  Buches  auf  IHberius  und  Augustus  gehõren 
dahiU;  und  ich  mõchte  es  dem  Horaz  zutrauen ,  dasz  er  von 
ihrer  wahren  Beschaflfenheit  eine  Einsicht  hatte.    Neben  die 
Ordre  konnte  wol  auch  in  den  Verbältnissen ,    in  denen  er 
nun  einmal  war,  ein  Gebot  der  Hõflichkeit  treten:  und  da 
konnten   die  Folgen    für   die  Poesie  ähnliche  werden.    So 
erscheint  mir  die  Ode  an  Polio  II,  1 .   Aber  es  konnte  auch 
kommen,  dasz  bei  einem  oder  dem  andem  Gedicht  irgend  eine 
RQcksicht  ihm  selbst  den  ganz  freien  Blick  benahm.    Yiel- 
leicht  bei  dem  carmen  j?aertf/ar«eingehobenes  patriotischesund 
{>ersõnliche8  GefOhl  tiber  die  Aufgabe,  wie  es  sich  Ode  IV,  6 
ausspricht  So  viel  über  Gedichte  geringeren  Ranges.  Aber  hier 
bandelt  es  sich  nicht  um  ein  solches,  das  in  irgend  eine  der 
genannten  Kategorien  fallen  konnte.   Es  bandelt  sich  nicht 
um  einen  weniger  gelungenenVersuch,  sondem  um  eine  ab- 
surde Schttlerarbeit.  Und  wir  wissen  es  ganz  bestimmt  dasz 
Horaz  dieentscheidendsteGründe  hatte,  solche  Schülerarbeiten 
nicht  aufzunehmen:    er,  welcher  eine  neidische  Opposition 
sich  gegenflber  wuszte,    er,  welcher  die  Fahrlässigkeit  der 
Rõmischen  Poeten  geiszelte  und  der  sich  ob  seiner  eigenen 
Unverschftmtheit;  ais  er  z.  B.  die  ars  poetica  schrieb^   wol 

D2 


Lil  Z\j    ODE  I,    15. 

bätte  das  Gesicht  verhüUen  mü^sen;  wenn  er  selbst  dem 
Rumischeu  Publicuin  so  etwas  geboteu  hatte  wie  diesesGe- 
dicbt.  —  Dasz  Horaz  vielerlei  Uebuiigstudieii  gemacbt,  die 
auf  seinen  Tafeln  und  Papiercu  nteben  blieben  oder  wegge- 
wiselit  wurden,  versteht  sieb  von  selbst;  dasz  er  auch  Grie- 
cbischen  mythologiseheii  Ötoflf  zu  dieseu  Uebimgen  genom- 
men  bezweifle  ich  niebt ;  aber  dasz  er  selbst  solche  Uebungs- 
stficke  aufgeuommeu;  musz  ich  für  das  unglaublichste  erklären 
was  wir  anuehmeu  können.  Während  es  doch  wahrlich 
nichts  glaubwiirdigeres  giebt  ais  dasz  Kaehahmungeu  auf 
deu  Kamen  des  Iloraz  gesetzt  wurdeii;  dasz  auch  unter  die 
Horaziscben  Gedichte,  wofCir  es  doch  auch  sonst  au  auer- 
kauuteu  Beispieieu  nicht  fehlt,  nachgeahmte  Stücke  gekoiu- 
men  siud.  Wir  würden  uuter  alleu  Umständeu  dahiu  gedräugt 
werdeu  zu  sagen,  nicht  Horaz  selbst  hat  dieses  Uebungs- 
stück  jemals  in  seine  Werke  anfgenommen,  sondem  man 
fand  es  nach  seinem  Tõde  uuter  seinen  Papieren  und  uu- 
verständige  Freunde  reihten  es  eiu.  Gruppe  hat  eineu  sol- 
cheu  -Vorgang  bei  den  Ausgabeu  der  Horazischen  Werke 
oder  Oden  nach  seinem  Tõde  angcnommen.  Und  ich  bin 
gar  nicht  abgeneigt,  dies  von  einzelnen  Strophen,  die  gut 
oder  gar  schon  genug  sind  um  Horazisch  zu  sein,  anzuneh- 
men.  Aber  von  uuserem  Gedicht  behaupte  ich,  Horaz  habe 
solches  Zeug  ais  die  letzten  Strophen  von  Y.  21  auch  zur 
Uebung  niemals  geniacht,  es  iniiszte  denn  sein  ais  ein  Knabe, 
also  doch  zu  einer  Zeit,  wo  er  in  der  Mythologie  noch 
el)en  so  unwissend  gewesen  wäre  ais  in  einer  von  ihm  zu- 
erst  eingeftthrten  Griechischen  Versform  frühreif.  Ich  habe 
auch  bei  diesem  Gedicht  das  äuszerste  gethan,  indem  ich 
ttber  den  ersten  Theil;  der  äuszerst  bedenklich  ist,  mich  so 
vorsichtig  ausgedrückt  ais  ich  gethan.  An  dem  ersten  Theil 
bis  V.  16  nimmt  Jahu  keineu  Anstosz:  weitergehend  wird 
jedoch  der  'mllkürlich  herbeigeftthrten  Situation  gedacht. 
Das  wäre  also  was  ich  ais  Mangel  aller  Motivirung  und 
Localisirung  bezeichuet.  Ich  musz  auch  jetzt  festhalten 
was  ich  Uber  die  erste  Partie  gesagt  ais  sehr  bedenklich, 
aber,  wie  es  scheine,  gegen  die  folgende  sich  doch  abhebend. 


Zü  ODE  1,    15.    16.   17.   19.   20.  LIII 

Indem  ich,  um  einen  Abschlusz  zu  haben;  tlie  Verse  16 — 20, 
wo  gchon  die  Zufäiligkeit  der  Heroenauswahl  kõnnte  auzu- 
^ehen  scheinen,  noch  zu  dem  früheni  Theile  zog,  erklärte 
ich  mir  den  Sinu  also:  vergebens  wirst  du  im  Gemach  blei- 
ben  um  zu  meiden  die  Gefahren,  die  deiner  Pbantasie  er- 
scheinen  werden,  die  Speere  und  Pfeile  und  das  Schlacht- 
geräusch  und  jenen  fuszschnellen  Ajax,  der  sogar  das  -^ 
bei  einem  Feigling  wie  du  noch  allein  tröstliche  —  Ent- 
fliehen  unmöglich  macht.  —  Horaz  freilich  schrieb  auch  das 
nicht,  benannte  auch  sehwerlich  die  vor  Troja  gehandhab- 
ten  Pfetle  Knosische.  Aber  er  schrieb  auch  nicht  das  ge- 
schmacklose,  vielleicht  abgeschmackte:  schon  jetzt  setzt  Pal- 
las  ihren  Helm,  ihre  Aegis  und  ihre  Wuth  in  Bereitscliaft. 

Od.  I,  16    Omatre  pulchra  — 

Die  Ueberlieferung  non  acula  si  (jeminant  Con/bantes  aera 
und  sie.    Es  wird  erfordert  qui,    Dies  habe  ich  gesclirieben. 

Od.  I,  17  Velox  amoenum  ~- 

V.  4.    Die  Ueberlieferung  usque,  was  wider  den  Sinn 
ist.    Ich  habe  Peerlkamps  fpse  aufgenommen. 

Od.  I,   19    Mater  saeva  cupidinum  — 

V.  12  musz  ich  das  überlieferte  nec  quae  nihil  attinent 
für  Unsinn  halten.  Ich  habe  geschrieben  nec  quaerere  publica. 

Od.  I,  20   Vile  potabis  — 

Peerlkamp  sagt :  ' Ego pro  rarmmr  svholustico  haheo.  Thema 
fuit:  Horathis MaecenateminmtanSj  metro  Sapphico^  Sehrwahr, 
mag  der  Scholar  die  Aufgabe,  die  er  so  dürftig  IGste,  erhalten 
oder  sich  selbst  gestellt  haben.  In  der  letzten  Strophe  V.  10 
ist  die  Ueberlieferung  theils  tu  bfbis  utjanij  theils  tu  bibes  uvam. 
Soil  es  einigermaszen  verstandlichen  Verstand  haben,  so 
musz  der  Verfasser  geschrieben  haben  bibis.  Bei  mir  wirst 
du  nur  geringen  Sabiner  trinken.  Du  freilich  trinkst  (bist 
gewõhnt  zu  trinken)  feine  Weine,  dergleichen  in  meine 
Beeher  nicht  kommen.    Was  bibes  sein  sollte  ist  unverständ- 


LIV  ZU  ODE   I,  20.  21.   22. 

lieh.  Dõderleins  tum  bibes  noch  unverständlicher.  Hat  er 
aber  bibis  mit  dem  verlängerten  bh  geschrieben,  so  liegt 
darin  auch  ein  sieheres  Zcichen  niclit  Horaziseher  Händ.  Was 
den  Sabinerweiii  betrifft,  so  ineint  Meineke,  der  tibrigens 
auch  nicht  au  das  Gedicht  (verzeihen  mir  die  Mu»en  die  Be- 
nennung!)  glaubt,  der  sci  sehr  paasend,  weil  Mäcenas  viel  am 
Fieber  litt  und  nach  Galen  der  Sabinerwein  Fiebernden  ^^s^- 
ben  wurde.  de  sai,  ridu  voh  XVI  p.  648  Lips.  x«iof  xi]v  ^Ixa- 
).lav  6  atovog  aa/iJyog,  ov  xai  öidoaai  rolg  Tzvqirxovoiy, 
Allein  wenn  das  die  Meinung  war,  wanim  heiszt  der  wobl- 
tbätige  Wein  ohne  weiteres  vile?  Wanim  entsehuldigt  er 
sieh  in  der  dritten  Stropbe  tiber  das  vile  Sabinum,  das  er 
reichen  werde,  damit,  dasz  bei  ihm  kein  feiner  Wein  zu 
erwarten  sei?  Das  stimmt  alles  gar  nicht.  Uebrigens  kOnnte 
die  erste  Strophe  mehr  so  aussehen  ais  hatte  der  Verfasser 
Wein  vom  eignen  Gute  des  Horaz  verstanden:  vergessend 
dasz  jener  anyu/tis  feret  pipe?*  et  tvs  ociusuva  ep.  I,  14,  23. 
Warum  er  gerade  au  jenem  Tagc  eine  Flasche  schleehten 
Weins  selbst  versiegelt  hat,  welcher  Dienst  damit  dem 
Wein  oder  dem  Mäcenas  geschah,  ob  das  klar  ist,  weisz  ich 
nicht.  Aber  klar  ist,  dasz  die  modici  cantkari  das  aller- 
grOszte  Befremden  niit  Recht  erregt  haben.  Orelli*s  Recht- 
fertigung  wird  die  Sache  auf  eine  heitere  Weise  vorffthren: 
"E/ii^eiov  modicis  consulto  videtur  delectum,  quia,  ut  exemplis 
demofistravit  Uofman  Peerlkamp,  contharm,  porulum  atisatvm 
maius ,  multibibis  potissimum  piaccbat! 

()d.  I,   21  Dianam  tenerae  — 

Musz  doch  jedenfalls  am  Schlusz  einer  Strophe  beraubt 
sein   über  Diana. 

Od.  I,  22    Integer  vitae   — 

In  dieser  Ode  können  nur  die  beiden  ersten  schõnen 
Strophen  von  Horaz  sein,  und  sind  es  wahrscheinlich.  Im  fol- 
genden  hat  man  (Peerlkamp  und  Meineke)  die  vierte  Strophe 
quafe  portenttim  —  herausgeworfen,  die  allerdings  lächerlich 
gräulich  ist.  Aber  was  ist  denn  damit  viel  gewonnen?    Dasz 


Zü  ODE  I;  22.  26.  26.  LV 

mit  den  beiden  letzten  Strophen  der  Faden  ganz  abreiszt  ist 
doch  unleugbar.  Alle  Uebergänge  oder  Uebergangspartikeln, 
die  man  versuchea  wird,  werden  eine  Lächerlichkeit  an  den 
Tag  legen.  Etwa:  und  wie  kein  Wolf  bo  wird  auch  kein 
Kiima  mich  abhalten  Lalage  zu  besingen.  Wie  isfg  denn 
aber^mit  der  dritten  Strophe?  Dasz  sie  im  höchsten  Grade 
das  Bedenken  herausfordert  mit  dem  Abfall  des  Tõns  gegen 
die  ersten,  darauf  darf  man  besteben.  Ich  habe  nicht  um- 
bin  gekonnty  mich  manchmal  mit  einerFiction  zu  vergnttgen. 
Wenn  es  denkbar  wäre  dasz  der  Schalk  Fuscus  Aristius, 
wie  wir  ihn  aus  der  neunten  Satire  leibhaftig  kennen^  yon 
Horatius  eine  Ode  mit  dem  Anfang  dieser  drei  Strophen  er- 
hielt,  wenn  er  nach  dem  feierlich  mvsteriõsen  Ton  der  ersten 
beiden,  in  welchen  die  Phantasie  in  die  afrikanischen  und 
asiatischen  Wüsten  und  WiUlnisse  versetzt  war  mit  ihren 
Lõwen  und  Tigem  und  Hyänen,  wenn  er  da  auf  den  trivia- 
len  Wolf  und  den  wohlbekanuten  Sabinerald  gerathen 
wäre,  und  die  Nonchalance ,  womit  das  Ereignis  von  beiden 
Seiten  vor  sich  geht,  oder  von  Seiten  des  Wolfs  könnte  man 
fast  sagen  die  prompte  Höflichkeit,  mit  welcher  er,  unge- 
legen  kommend,  sich  empfiehlt,  hatte  er  sich  da  nicht  ver- 
aniaszt  sehen  kõnnen,  die  parodische  vierte  Strophe  hinzu- 
zusetzen :  'ihr  müszt  aber  deshalb  doch  von  diesem  Wolf 
nicht  falsch  urtheilen:  dieser  Wolf  das  war  kein  gewõhn- 
licher  Wolf,  das  war  ein  Wolf  der  tiber  den  Löwen  geht?' 

Od.  I,  25   Parcius  iunctas  — 

V,  5  iafiua  —  quae  jmus  multum  füciUs  movebai  cardi-^ 
nes,  audi'.  —  Es  ist  ja  doch  von  einer  Sprõden  die  Rede, 
die  dafttr  uun  gestraft  wird  dasz  sie  die  Liebhaber  nicht 
leicht  einliesz.  Die  Ueberlieferung  ist  unmöglich  richtig.  Ich 
habe  geschrieben  quae  prnts  nulli  facilh  movebas  cardinesyaudis. 
—  Aber  amatque  ianua  Umen  wird  wol  auch  nicht  richtig  sein, 

Od.  I,  26  Musis  amicus   — 

Offenbar  nur  Einleitungsstrophen.  Nur  erst  die  Auffor- 
derung  an  die  Muse,  wozu  das  übrige,  der  eigentliche  Gegen- 


LVI  ZU   ODE   I,  26,   28. 

stand  fehlt.  Unten  Ode  32  Fosc/mur  ist  merkwürdiger  Weise 
noeh  einmal  derselbe  Fail,  dasz  vorhanden  ist  nur  der  An- 
fang  eines  Gedichtes,  welcher  die  Aufforderung  an  die  Lyra 
enthält.  Will  jemand  freilich  sagen:  Horaz  kounte  nimmer 
solche  drei  Stroplien  ais  ein  Gedicht  veröffentlichen,  aber 
ein  stoflFarmer  Nachahmer  konnte  schon  solch  ein  Uebungs- 
Btück  macben  und  meinen  da«  sei  schon  ein  Gedicht,  so 
läszt  sich  dagegen  nichts  sicheres  sagen.  Aus  Beschaffen- 
heit  und  Form  wird  sich  nichts  beibringen  lassen,  warum 
sie  nicht  von  Horaz  sein  sollen.  Etwas  anzumerkendes  ist 
wol  das :  dir,  Muse,  und  deinen  Schwestern  ziemt  ea  — ,  nicht 
etvva  mit  bestimmtem  Namen  einer  der  Mušen:  dir,  Klio, 
und  deinen  Schwestern.  —  Allein  es  ist  doeh  so  gesagt  Od. 
III  10,  15  tres  prohibet  supra  rixarum  metuens  tangere 
Ghratia  nudis  iuncta  sororibiis.  Od.  IV  7,  5  Gratia  cum  Nfffn^ 
phis  geminisque  sororibus  audel  ducere  nuda  choros, 

Od.  I,  28    Archytasode. 

Zur  Erinnerung  an  die  verwunderlichen  Erklärungen, 
mit  welchen  man  das  Verständnis  dieser  Archytasode  hat 
erzwingen  woUen,  will  ich  folgende  Worte  Meinekes  her- 
setzen  ausdemPhilologusV.  (1850  S.  171).  Wo  ernochdarauf 
hinwies  dasz  statt  des  tiberlieferten  aetnas  domos  (was  'von 
einem  Luftschiffer  richtig  gesagt  wäre')  V.  5.nach  allemSprach- 
gebrauch  von  Horaz  aethenas  mttsse  geschrieben  sein.  Was 
wir  natürlich  auch  aufgenommen.  Meinekes  Worte  also 
sind:  'Bekanntlich  ist  in  jüngster  Zeit  die  dialogische  Form 
in  umfangreichen  Abhandlungen  wieder  behauptet  worden. 
Ohne  mich  auf  eiuo  Widerlegung  dieser  Ansicht-  in  allen 
ihren  unlogischen  Streif-  und  Querztlgen  einzulassen,  will  ich 
an  ihre  Vertreter  nur  die  Frage  richten,  wie  sie  den  Dich- 
ter  gegen  denVorwurf  einer  durchund  durchunkUnstlerischen, 
aller  Concinnität  ermangelnden  Composition  in  Schutz  neh- 
men  wollen?  Wie  Horaz  die  dialogische  Composition  einer 
Ode  behandelt,  hat  er  im  neunten  Gedicht  des  dritten  Buchs 
gezeigt.  Wie  will  man  es  fenier  mit  den  Gesetzen  einer 
vemtinftigen  Interpretation  vereinigen,  wenn  die  Worte  pul- 


ZC  ODE   I,   2Ä.  LVII 

rer/s  ea^iguf  cohibent  te  munera  den  Sinn  haben  sollcn, 
Archytas  liege  lüer  unbeerdigt,  und  nicht  vielmehr  den, 
dasz  Archytas,  der  mit  seinem  Geist  die  Welt  umfaszt  habe, 
jetzt  auf  den  engen  Raum  eines  winzigen  Grabes  beschränkt 
sei?  Die  Unhaltbarkeit  jencr  Erklärung  zeigen  ja  deutlich 
genug  die  folgenden  Beispiele  von  der  unabwendbaren  Noth- 
wendigkeit  des  Tõdes.  Und  niin  gar  te  iudJce  im  Miinde 
des  Archytas!  Wer  sich  so  auf  das  Urtheil  eines  anderen 
beruft,  wie  hier  Archytas  thun  wttrde,  der  kann  das  nnr, 
wenn  dieser  andere,  also  hier  der  Schiffer,  sein  Urtheil  ttber 
die  Sache,  um  die  es  sich  bandelt,  also  hier  über  die  Weis- 
heit  des  Pythagoras,  wirklich  ausgesprochen  hat.  Und  das 
hatte  Archytas  in  seinen  Schriften  gethan.  Die  Erklärung 
'wie  selbst  du,  ein  ungebildeter  Schiffer,  zugeben  wirst'  ist 
durehaus  willkürlich  und  verleiht  dem  Ausdruck  eine  Fär- 
bung,  die  mit  dem  Gebrauch  unvereinbar  ist.*  — 

Dieser  hier  bertthrte  und  alle  anderen  Versuche,  welche 
mit  einem  Beiwort  zu  charakterisiren  schwer  wäre,  hat  aus- 
führlich  in  ihrcr  Nichtigkeit  und  Unmoglichkeit  nachgewie- 
sen  B.  G.  Weiske  'über  die  achtundzwanzigste  Ode  im  ersten 
Buche  des  Horaz*  in  Jahns  Jahrbüchern  Bd.  XII,  1  (1830) 
S.  349 — 362 :  mit  einer  geduldigcn  Mühwaltung,  bei  welcher 
sich  mir  wenigstens,  der  ich  also  wol  weniger  optimistische 
Ansichten  über  Belehrung  haben  miisz,  stets  die  Frage  auf- 
drängt:  fttr  wen?  Doch  hat  Weiske  auch  eine  eigcne  An- 
sicht  aufgestellt:  und  Meineke  spricht  sich  in  der  Ausgabe 
dahin  aus,  ttber  Sinn  und  Composition  dieses  Gedichtes 
schienen  ihm  alle  im  Irrthum  zu  sein,  die  früher  oder  in 
neuerer  Zeit  einer  anderen  Ansicht  gefolgt  wären  ais  der 
von  Weiske  aufgestellten.  Ein  merkwürdiges  Wort,  auf  wel- 
ches  wir  fuszen,  dasz  auch  Meineke  alle  Erklärungen  ver- 
werflich  findet.  Der  einen,  die  er  glaubt  annehmen  zu  kõnnen, 
haben  wir  nün  nachzufragen.  'Es  spricht  ein  Schiffbrttchiger, 
—  an  das  Kalabrische  Ufer  Ausgeworfener.  —  Der  Schatten 
redet  den  unfem  im  Grabe  ruhenden  Archytas  an,  durch 
sein  und  andrer  Beispiel  sich  trostend  wegen  des  Tõ- 
des, und  zuletzt  bittet   er   irgend  einen  etwa  Vorbeischif- 


LVm  Zü  ODE  I,  28. 

feudeu  um  Bestattung  seiner  Gebeine\  Ich  bin  nun  iu  der 
übeln  Lage,  auch  das  bestreiteu  zu  mttssen.  Wir  erhielteu 
folgende  Situation:  ein  eben  an  das  Ufer  geworfener  Leich- 
nam,  ueben  welcheni  sein  eigner  Scbatten  stebt  (man  sagt 
woi  lieber,  er  nmscbwebt  ibn:  mir  kommt  der  schwebende 
declarairende  Scbatten  noeb  komiscber  vor)  und  redet.  Da- 
bei  kann  dieser  Scbatten  nocb  lesen:  denn  er  bat  eben 
vom  Grabe  abgelesen,  dasz  dies  Grab  den  Arcbytas  birgt. 
Neben  diesen  Gründen,  welcbe  ich  für  ganz  entscbeidend 
balten  musz,  wäre  es  kaum  nocb  nOtbig,  anderes,  was  aucb 
jedenfalls  verwunderlich  erscbeinen  musz,  zu  erwäbnen,  ich 
mcine  wio  dieser  Verunglückte  sicb,  obne  alle  Vorbereitung, 
die  wir  erhalten  hätten,  eben  auch  ais  einen  philosopbiscb 
gebildeten  Mann  erweist,  der  eben  berausgeworfen  augen- 
blicklicb  in  groszer  Seelenrube  und  man  darf  wirklich  sagen 
ais  ob  gar  niclits  vorgefallen  wäre  sicb  philosopbiscb  trõstet, 
Docb  dies  mag  gelten  oder  uicht:  es  gilt  aber:  die  oben 
genannte  Situation,  welcbe  dabei  nöthig  ist  und  dem  Hora- 
tius  nimmer  zugemuthet  werden  kann,  ist  auch  gegen  diese 
Auslegung  entscbeiJend.  Es  bleibt  nur  tibrig,  wohin  der 
ganze  Anfang  führt :  Horatius  stellt  die  Betrachtung  an  (fin- 
giert  sie  anzustellen)  im  Erscbauen  des  in  der  Kähe  seiner 
Heimath  befindlichen  und  ihm  wahrscheinlieb  selbst  bekanu- 
ten  unscheinbaren  Grabcs  des  Arcbvtas :  'auch  du,  der  durcb 
alle  Welten  gescliweift,  wirst  hier  in  dem  kleinen  Grabe, 
in  wenig  Erde  festgehalten/  Und  fort  l)is  V.  20.  Denn 
zur  Verdüelitigung  der  Strophe  17 — 20  ist  wol  kein  hinrei- 
chender  Grund,  und  der  Schlusz  mlt  Proserpina  eindringlicher 
nnd  gesteigerter. 

Den  Hiatus  captti  i/i/ntmalo  würde  Meineke  wol  heute 
nicht  mehr  ais  Horazisch  vcrtlieidigen.  Peerlkamp  vennu- 
thete  intumulato  (Heroid.  2,  136).  Und,  inich  dünkt,  über 
diesen  Hiatus  wird  es  sebr  fraglich  bleiben  ob  man  ilm  selbst 
dem  Nachahmer  beimessen  darf,  der  in  demselben  Versmasze 
ein  Gedicht  (V.  21—36)  sicb  zur  Aufgabe  stellte.  Denn  für 
ein  selbständiges  Gedicht  baite  ich  es,  nicht  für  eine  Fort- 
setzung  des  yorhergehenden.   Der  Inhalt  ist  auch  nicht  zwei- 


Zü  ODE  I,  28.   29.  30.  LIX 

feihaft,  man  lese  uiir  genau  was  die  latoinischen  Worte  be- 
sagen.  Der  Nachahmer  stellte  sich  das  dumine  Schulthema 
(80  dumm  und  nicbt  dUnimer  ais  wir  so  viele  aus  der  pro- 
saisclienRbetorik  kennen) :  eines  in  den  nördlicben  Gegenden 
des  Adriatiscben  Meers  im  Sturm  ertninkenen,  dann  dort  an 
das  Ufergeworfenen  Leicbnam  bittet  einen  vorttberfabrenden, 
naeh  Tarent  zum  Waareneinkauf  scbiflfenden  Seefabrer,  ein 
wenig  auzubalten  und  ibn  mit  Staub  zu  bestreuen.  Wofür 
er  ibm  denn  mit  den  dort  aus  ailer  Ilerren  Ländem  einge- 
kauflen  reicblicben  Waaren  eine  vom  Sturm  unbescbädigte 
Rttekkebr  vorzugsweise  an  den  gefäbrlicben  Südküsten  Ita- 
lienS;  den  Galabriscbeu  wUnscbt,  damit  jene  Waare  ibm  un- 
gefährdet  und  rubig-  —  wie  auf  nibigem  Wasser  beim- 
fliesze.  —  Me  quoque  'micb  wie  so  viele  andere.*  Bei  dem 
etwas  uugescbickten  und  übertriebenen  unde  põiest  kann 
man  selbst  bei  diesem  Nacbabmer  frageu  ob  es  ricbtig  ist, 
ob  es  nicbt  beiszen  mttsse  u?u/e  pelis. 

Od.  I,  29   Icci  beatis  — 

V.  16  Orelli  sagt  zu  polUciUis  mcltora:  ^Exciilere  vide^ 
tnr  ex  ironia.  Dies  ist  ein  sebr  riebtiges  Gefübl,  wenn  polli- 
cilus  meliora  in  dem  Sinne  verstanden  wird  des  deutscben: 
du  battest  doeb  besseres  versprocben:  wie  das  wol  ein 
Lebrer  zum  Scbüler  sagt,  Aber  pollicitus  ist  (ein  etwas 
starkeres)  professus  und  meliora  xgdrno  was  den  Vorrang 
hat,  das  Uebergewicbt  (Hauptstelle  Ov.  Met,  VIII,  475;. 
Meiior  Ventis  Od.  I  33,  13  boher  stebend  im  Range.  Ver- 
steht  man  also  das  pollicitus  meliora  etwa  gleicb  professus 
maiora,  altiorOj  so  fällt  der  Anstosz  weg.  —  Die  Frage  kebrt 
mir  yon  Zeit  zu  Zeit  wieder,  ob  Horaz  gescbrieben,  cum  tu 
coemptos  undique  nobilis  libros  Paiiaeti  socralicam  ei  domum 
mulare  loricis  Iliberis  sollicitus  meliora  temnis.  Natttriich 
meliora  in  demselben  Sinu.  Der  Abscblusz  meliora  temnis 
wird  etwas  scblagender. 

Od.  I,  30  0  Venus  ragina  — 

Venus  mit  allen  jugendlicben  Göttern  (eingescblossen 


LX  ZU   ODE   I,   30.   :U, 

Merkurius,  der  das  Mildcheii  auch  besuchen  soil)  begieb  dich 
in  das  Hau8  der  Glyeera,  welche  dich  mit  vielem  Weihrauch 
herbeiruft.    Punktum. 

Od.  I,  31   Quid  dedicatum  — 

V.  5  noH  aestuoisae  yrata  Calabriae  armenta  —  ist  die 
Ueberlieferung.  Für  das  natUrlich  falsche  grata  schlägt  Mei- 
neke  vor  lata  nach  auiolia  Tilaif^  aiyioy.  Man  kanu  sicli 
mit  dem  anfangs  auffallenden  Ausdruck  sebr  befreunden. 
Ich  habe  es  aufgenomraen.  Die  diplomatische  Grewähr  ist  frei- 
lich  nicht  grosz ,  da  iala  wol  nielit  ein  bloszer  Schreibfehler 
aus  einem  mit  allen  Buchstabeu  erhaltenen  grata  ist.  Ist 
es  das  nicht,  dann  ist  die  diplomatische  Gewähr  nicht  gro- 
szer  ais  wenn  man  das  ganze  ursprünglicheWort  ais  ausge- 
fallen,  unleserlich  geworden  voraussetzt,  welches  gewesen 
sein  konute  spissa. 

V.  9 — 16.  ^Tertiam  (juarfamqiie  stropham  omms  genens 
inepliis  repletas  f/ui  eiecit  Peerlkampius  egrpgium  Horath 
carmen  restiluit'  Meiueke.  Das  Gedicht  erhält  dann  einen 
anderu  Charakter,  wird  ein  compresses  Gebet.  Für  die  Un- 
ftehtheit  der  vierten  8trophe  musz  ich  raich  sogleich  erklä- 
ren:  denn  diese  verräth  sich  leicht.  Denn,  wie  Peerlkamp 
sagt  ^haec  prosam  oruUonem  referunt  etnimis  a  vero  abhorretj 
tot  itinera  quotannis  facta^  etiam  si  mare  Atlanticum  ora 
eccidentali  Manritanme  hic  Jinias.  Et  vide  quae  sibi  oppo^ 
nantur:  habeant  ulii  vinum  Calenum,  inercator  bibat  eao  aureis 
pociiiis,  eijo  ednm  olivas,  cichoream  et  malvas!  Wozu  noch 
zu  f Ilgen  wäre,  dasz  das  tftare  Atfanticttm,  unter  allen  Um- 
Btänden  nach  Westen  ftihrend,  unpa^seud  ist  zu  dem  vor- 
hergehenden,  wo  der  grosze  Kaufmann  bezeichnet  ist  durch 
seine  Reisen  nach  dem  Osten.  Die  dritte  Strophe  scheint 
mir  einen  andern  Tou,  hõher  und  gewählter,  zu  haben  und 
wäre  vielleicht,  wenn  auch  sie  unächt,  von  einem  andern 
Autor  herrührend,  ais  derjenige,  der  dann  noch  die  folgende 
Strophe  hinzugesetzt.  Vielleicht  könnte  sie  ais  ächt  verthei- 
digt  werden.  Ich  nehme  die  Lesarten  Calenarn  fttr  Calena 
und  reparanda  für  reparata  an,  beide  nicht  nothwendig,   aher 


Zi:  OD£  I;  31.  LXI 

beide  sehr  cmpfelilenswertli,  jene  von  Bentley,  diese  von 
Peerlkamp  lierrührend  (reparäda,  wie  er  sagt).  'Mõge  wem 
09  gegeben  ist  sicli  selbst  die  schõnsten  Weiue  in  Italien 
baueu  und  möge  der  reiehe  Kaufmanu  aaf  seineu  immer 
wiederkelireuden  Handelsreisen  sich  immer  wieder  gegen 
seine  eingekaufteu  kostbaren  Syrisehen  Waareu  die  kostbar- 
steu  auiiländischeu  Weiue  eiutauscheu.'  Deun  dieser  Siun 
—  im  groszen  —  bietet  sich  mir  dar.  Das  letzte  ist  nun 
80  ausgedrilckt:  'möge  der  reiehe  Kaufmanu  aus  goldenen 
Humpen  Weiue  austrinken,  die  er  durcli  seine  Syrisehen 
Waareu  sich  immer  wieder  und  wieder  wird  ersetzen  kön- 
nen/  Halteu  wir  nun  die  Strophe  fllr  ächt  mit  Weglassung, 
worauf  zu  bestehen,  der  folgenden,  so  erhalteu  wir  hinter 
einander:  vina  Syra  reparandu  merce.  Frui  pa rätis 
u.  8.  w.  Das  konnte  unbeabsichtigt  sein.  Da  indesz  das 
repnranda  Avie  ein  recht  absichtlich  gewähltes  Wort  aus- 
sieht  und  in  seineu  Theileu  dem ,  der  es  schrieb,  wol  recht 
bewoszt  gewesen,  so  möchte  man  es  eher  fllr  Absicht  neh- 
men.  Die  nun  auch  wieder  so  übel  nicht  erscheint.  Ich  will 
gar  keine  solche  —  immer  wieder  durch  neuen  Erwerb  herbei- 
zuf  ührende  —  repmnilio :  mihi  frui  puratis  dones.  Es  kärne  nun 
noch  auf  denGedankeuzusammenhang  mit  dem  vorangehenden 
au.  Dasz  durch  die  rura  quae  Liris  (/uieta  mordet  aqua 
taciturttus  amnis  nach'  den  vorher  genannten  Arten  des 
Besitzes  vorzugsweise  der.Besitz  weinreicher  Gefilde  be- 
zeichnet  werden  sollte  —  wenu  auch,  wie  mir  scheint,  zu- 
gleich  mit  Andeutung  der  Anmuth  der  Gegend  —  wird  nicht 
zu  leugnen  sein.  Plinius  III,  5,  59  naeh  Erwähnung  des 
Liris :  IJinc  feltjc  Ula  Campania ;  ah  hoc  sinu  incipiunt  tuti' 
feri  coiies  et  temulentia  nobilis  suco  per  omnes  terras 
ificluto  atque  (ut  veteres  dixet^e)  suinmum  Liberi  patris  cuin 
Cerere  certamen,  Ilinc  Setini  et  Caecubi  protenduntvr  agri;  his 
iunyuntur  Falenii,  Caleni.  Also:  ich  bitte  nicht  um  die 
reiehen  Getreidesaten  Sardiniens,  nicht  um  die  groszen 
Heerden  Galabriens,  nicht  um  Gold  und  Elfenbein  aus  In- 
dien,  nicht  um  die  reiehen  Weingefilde  Gampaniens.  Mõgen 
andre  den  Besitz  und  den  Genusz  der  hochgepriesensten  in- 


LXII  ZU  0D£  I^  31.  32. 

ländischen  und  ausländischen  Weine  haben.  DaBz  gicb  an 
die  Erwäbnung  des  Weinlandes  noch  der  Gedanke  des  tt{>- 
pigen  und  kostspieligen  Lebensgenusses  knQpft,  der  gerade 
in  dem  Weine  seine  Hõbe  sucbt,  scbeint  mir  docb  so  tibel 
nicbt}  und  aucb  niebt  die  nocb  einilieszende  neue  Steigenmg, 
dasz  cr  bei  nelen  reicben  Leuten  mit  immer  neuer  Unrube 
verbunden  ist.  —  Icb  babe  geglaubt  diese  Strophe  beibe- 
balten  zu  müssen  oder  zu  kõnnen :  vielleicbt  mit  Unrecbt. 

Od.  I,  32  Poscimur  — 

Poscimur:  eine  gaugbare  Redeweise:  jetzt  ist  es  an 
uns,  kann  man  es  von  uns  erwarten,  einzutreten,  zu  zeigen 
was  vnr  rermõgen.  Ist  uns  je  sebon  ein  Lied  gelungen, 
das  uns  Dauer  verspreoben  darf,  mein  Barbiton,  so  ist  es 
jetzt  unsere  Sacbe,  bei  dieser  freudigen  Gelegenbeit,  bei  Ge- 
legenheit  dieses  freudigen  Ereignisses,  das  unsern  Freund 
betroffen,  mit  einem  trcflflichen  Liede  einzutreten,  so  gewäbre 
mir  jetzt  ein  solches,  du  Barbiton,  das  du  ja  sebon  von  dei- 
nem  ersten  Urheber  her  gewöhnt  bist  in  allen  Lagen  des 
Lebens  erheitemd  und  verscbönernd  einzutreten.  Dean  jetzt 
unser  Mäeenas  bat  sieb  eine  berrlicbe  Braut  erworben  usw. 
So  nämlicb  mit  bestimmter  Erwähnung  des  Freundes  und 
der  jetzigen  G^legenbeit  —  wie  ieb  der  Verdeutlichung  we- 
gen  etwa  passendes  angedeutet  —  muszte  es  fortgeben.  Dasz 
68  eine  freudige  Gelegenheit,  die  gemeint,  darauf  sebeint 
alles  zu  fdbren,  sebon  das  t^acut  Itisimus:  aueh,  dtLnkt  micb, 
dasz  eine  Liebesangelegenbeit,  wofilr  wenigstens  die  zweite 
und  dritte  Strophe  besonders  ]>assend  seheinen.  Nun  wäre 
das  alles,  wohin  der  Gaug  durchaus  zieht,  ganz  in  Ordnung, 
wenn  niebt  das  durebaus  unpassende  und  unerträgliehe  La- 
iinutn  stände.  Dies  musz  ieb  durebaus  für  falseh  halten. 
Ieb  habe  amoenum  gesehrieben.  Und;  was  sieb  naeh  dem 
gesagten  von  selbst  versteht,  musz  ieb  das  Gedicbt  für  un- 
voUständig  halten.  Es  ist  eben  nur  die  Einleitung  vorhan- 
den.  Wie  man  diese  Strophen  ftlr  etwas  anderes  halten 
kann  ais  fttr  eine  blose  Einleitung  bleibt  mir  ganz  yerbor- 
gen.    Ob  zu  dieser  Einleitung  auch  noch  die  Strophe  o  deciu 


ZU   ODE  I,   32.  LXIU 

— ,  von  welcher  ich  noch  nicht  gesprochen,  von  Horaz  her- 
rührt,  oder  ob  sie  von  einer  andern  Händ  unpassend  hinzu- 
gefUgt,  das  bliebe  noch  zu  fragen. 

Ich  musz  das  letzte  glauben.  Alles  was  er  dem  Barbiton 
zu  sagen  hat.  ist  in  den  drei  ersten  Strophen  erschõpfend, 
treffend  för  den  Fail  und  geistreich  gesagt.  Ein  neuer 
und  obenein  —  wie  soil  ich  sagen  —  viel  allgemeiner  und 
salopper  gehaltener  Anruf  an  das  Barbiton  scheint  gar  nicht 
zu  erwarten.  So  würde  man  wol  auch  urtheilen  milssen; 
wenn  dieser  Anruf  in  verständlichem  Latein  ausgedrflckt 
wäre.  Ueber  das  cumque,  das  niemand  versteht,  welches 
heiszen  mQszte,  was  niemand  belegt,  'zu  jeder  Zeit,  bei  jeder 
Gelegenheit'  ist  mehrfach  gesprochen  worden.  Bentleys 
allerdings  von  ihm  selbst  hinreichend  ais  miszfäUig  bezeich- 
netes  cuique  und  Lachmanns  lenirnefi  medicum  {Lucrel.p,  288) 
sind  Versuche  der  Verzweiflung.  Aber  was  ist  denn  salve 
J/lihi?  Heiszt  denn  salve  mihi  sei  mir  günstig?  —  Ich  denke 
doch  und  sehe  doch  nur  dasz  mihi  salve  heiszt,  auch  ais  feier- 
liche  Formel:  sei  mir  gegrtiszt,  d,  h.  nimm  von  mir  den 
Pietätsgrusz  salve  an.  Dies  mihi  cumque  salve  kann  doch 
auch  der  Verfasser  dieser  Strophe  nicht  geschrieben  haben. 
Soil  ich  etwas  vorschlagen  was  dieser  Verfasser  doch  ge- 
schrieben haben  konnte,  so  sei  es: 

o  decus  PItoebi  et  dapibus  supremi 
yraia  lestudo  lovis,  o  deorum 
dulce  lefiimen  mihi  lua^que  ^ salve 
riie  vocanli. 

'wenn  ich  dich  in  der  Noth  wie  eine  Gottheit  verehrend 
herbeirufe'.  rexque^  lea^que,  noxque^  hixque  (Od.  Met.  IX,  760) 
haben  bekanntlich  s(^ar  die  besten  Dichter  gesagt.  — 

Uebrigens  mag  hier,  wo  zwischen  unserm  Poscimur  — 
und  dem  vorhergehenden  Gedicht  gar  keine  Aehnlichkeit 
des  Inhaltes  ist,  darauf  aufm^rksam  gemacht  'werden,  dasz 
dieses  vorhergehende  in  der  ersten  Zeile  hat  poscit  Dasz 
auch  bei  Anordnug  der  Horazischen  Oden  diese  jetzt  õfter 
besproehene  Wortgleichheit  ttber  den  Zufall  hinauogefat,  da- 


LXIV  ZU   ODE  I,   U.  3õ. 

von  wird  man  sich  tiberzeugeu.  Interesdaut  ist  aucli  der 
Gegensatz:  I  26,  1  tvist itiam  und  27,  1  laetitiae. 

Od.  I,  34  Parciis  deoriim  — 

Ein  Mann,  der  sich  gelieilt  von  der  Epikureisclien  Phi- 
losophie  bekennt,  der  schlieszt  damit  die  Fortuna  zu  feieru, 
welche  in  der  Epikureisclien  Philosophie  bekanntlich  alles 
ist?  fortuna gubenia?is :  Lucr.5,  108.  Ein  Mann,  der  an  Jupiter 
glaubte  und  an  einen  Wagen  des  Jupiter,  durcb  desseu  Faliren 
er  alles  bis  in  die  Unterwelt  erscbüttert,  der  nennt  sich  un- 
gläubig  bisher  und  nun  erst  gläubig  geworden,  da  Jupiter 
mit  diesem  Wagen  auch  einmal  tiber  den  klaren  Hinimel, 
anstatt,  wie  er  sonst  glaubte,  nur  tiber  den  wolkigen  gefah- 
rcu  ist?  Ein  Mann,  der  nunmehr  zum  festen  und  religiosen 
Glauben  an  die  Gõtter  gekommen  ist,  an  Jupiter  obenan, 
der  verehrt  nicht  die  absichtsvollen,  vorsehungsvollen  Pläne 
des  Jupiter,  sondem  seine  durch  die  Fortuna  repräsentirte, 
nach  Belieben  spielende  Willkürmacht? 

Ein  unklarerer  Gedankenvvirrwarr   ist  nie  erhört  wor- 

* 

den.  Uebrigens  auch  ais  Epikureer  warum  ist  er  so  viel 
dtimmer  geworden  und  aus  vernünftigem  Epikureer  ein  un- 
vernünftiger,  —  ais  damals  da  er  bei  einer  ihm  unerklärli- 
chen  Naturerscheinung  sagte:  namque  deos  didici  securum 
ayere  aevum,  nec  st  quid  miri  faciat  natura  deos  id  t ristis 
cx  alto  coeli  dcmittere  tecto  Sat.  I  5,  103. 

Wer  nicht  annimmt  dasz  Horatius  in  den  Perioden  wenn 
er  Oden  dichtete  zeitweise  von  Geistesverdunkelung  befallen 
wurde,  der  kann  auch  diese  Ode  ihm  nicht  beilegen. 

Od.  I,  35  O  di  va  gratum  quae  regis  Antium  — 

An  diesem  Gedicht  sind  verschiedene  Zweifel  laut  ge- 
worden, auch  bis  zur  Ausscheidung  oder  Umstellung  von 
Strophen.  Hier  bin  ich  nun  einmal  in  der  Lage,  die 
Vertheidigung  zu  tibemehmen.  Die  Berechtigung  augenblick- 
lich  bei  der  ersten,  zweiten  Lectüre  an  einem  und  dem  an- 
dem  Punkte  zu  stutzen,  nicht  alsbald  glatt  hinttberziischrei- 


ZU   ÜDE   I,  35.  LXV 

ten,  ist  anzuerkennen.  AUein  das  ist  noch  kein  Beweis, 
das  ist  auch  kein  Fehler:  das  darf  Dichtern,  die  auf  küh- 
ner  Höhe  sich  bewegen,  —  deiiken  wir  doch  au  Pindar,  wo 
wir  stets  darauf  gefaszt  sind,  —  zugestanden  werden.  Auf 
80  kahner  Hõhe  geht  nun  Horatius  gewõhulich  nicht.  Aber 
uieiner  Ueberzeugung  nach  ist  er  gerade  in  dieser  Ode  tiber 
sich  selbst  hinausgeschritteu,  wie  iu  dem  gauzen  des  Ge- 
dichtesy  das  sich  hiuaushebt  über  die  guomische  RegioU;  um 
der  leidigeu  politisch  rhetorischen  Pathetik  gar  nicht  zu  ge- 
denken,  so  in  der  kühnen  Abgerissenheit  und  Ueberraschung 
der  Gedanken,  namentlich  zweiraal,  beim  Auftreten  der 
Necesfitas  und  bei  dem  Eintreten  des  patriotischen  Schlus- 
ses  V.  29.  Dem  angemessen  ist  die^Ktihnheit  der  Phantasie, 
aus  welcher  die  plastischen  Bilder  gestaltet  sind.  Es  ist  eine 
wahrhaft  prachtvoUe  und  energische  Plastik,  in  welcher  die 
gegen  den  Tj-rannen  anbrechende  Revolution  geschildert 
wird,  ^vie  ein  kllHner  Ftihrer  die  Denk-  und  Ehrensäule  um- 
stürzt  und  auf  dieses  Zeichen  und  Vorgang  das  herangesam- 
melte  Volk  mit  wildera  Ruf  zu  den  Waffen  auch  die  Zaudern- 
den  und  Bedenklichen  zur  Theilnahme  anreizend  ansteckt." 
Ich  musz  es  aufrichtig  sagen:  wie  man  hier  ein  einziges 
Wort,  eine  einzige  Sylbe  miszversteben  kõnne  oder  ändem, 
wenn  man  sich  dem  natttrlichen  Zuge  der  durch  die  Um- 
stände,  die  Worte  und  Sylben  angeregten  Gedanken  und 
lUlder  tiberläszt,  ist  mir  unbegreiflich ,  wie  man  columnam 
irgend  anders  verstehen  könne  ais  eben  gesagt,  wie  man 
das  cessantes  beanstanden  kõnne.  Was  ich  allerdings  gegen 
Bentley  sagen  musz  und  sein  cursantes,  gegen  den  aber  aller- 
dings noch  einiges  andere  zu  sagende  auch  gilt.  Schön  und 
verständlich  ist  die  Schilderung  in  der  sechsten  Strophe,  wie 
die  bisher  reiche  —  in  Sammet  und  Seide  prangcnde  For- 
tuna  des  hohen  Hauses  sich  plõtzlich  in  die  dflrftige  Fortuna 
mit  dürftigem  Kleide  verwandelt  und  auszieht  Es  ist  die 
Fortuna  der  Familie,  die  nicht  an  das  Haus  gebannt  ist, 
sondem  an  die  Familie.  Eine  reiche  Familie,  in  deren 
mächtigem  Hause  bisher  reiches,  von  Schmeichlem  und  Mit- 
genieszenden  getheiltes  Leben  waltete,  verarmt»  musz  aus- 

L«kra,  Uonliu.  £ 


LXVI  ZU   OÜE  I,  35. 

wandern  (ins  Exil  vielleicht)  aus  dem  reichen  Palast  und 
die  vermeintlicheu  Freunde  verlassen  sie.  An  die  Stelle  der 
Familie  setzt  Horaz  die  Fortuna  der  Familie:  dieses  lange 
Zeit  freundliche  Glllck  (amica  forluna)  yerwandelt  sich  plötz- 
lich  in  ein  unfreundliches  (inimica) :  in  dem  Palast  heimisch 
bisher  wandert  es  hinaus :  reieli  prunkeud  bisher  ist  es  nun 
plõtzlich  in  dtirftigem  Bettelkleide.  Dieselbe  Fortuna  ist  die^, 
gerade  auf  diese  Weise  und  in  ihrer  Natur  der  Wandelbar- 
keit,  der  plõtzlichen  Wandelbarkeit  proteusartig  dargestellt. 
Es  hleibt  fast  etwas  mvstisch  Befremdliches  in  der  Figur 
wie  in  ihrem  Wesen.  Aber  diese  Figur  wie  der  ganze  aus- 
ziehende  Zug  wären  in  der  That  werth  ünd  geeignet  einen 
Maler  zu  einem  Bilde  anzuregen.  Ja  aueh  die  Revolutious- 
Bcene  fordert  sebon  zu  einem  Bilde  auf.  Und  ein  drittes 
Bild,  ein  ganzes  Volk  mit  seinem  Cäsar  vor  ihr  anflehend, 
stcllte  sie  scblieszlieb  in  ihrer  Hohcit  dar.  —  Also  die  bis- 
herigen  Hausfreunde  und  Sclimarotzer  der  Familie  zieben 
nicht  mit :  sie  fiuden  Vorwände  sich  zu  entziehen :  mit  zieht 
die  Hoffnung  und  die  Treue,  die,  wie  man  weisz,  über- 
haupt  eine  selteno  Erscheinung  ist,  sie,  welche  ais  candida 
animu  jeden  Aufputz  und  Farbenaufputz  verschmäht,  nur  den 
weiszen  und  den  einfaehsten  Mantel  trägt.  Das  bedeutet 
pannus  (eine  riUs  vestis,  trita  braucht  sie  nicht  zu  sein).  Die 
Stelle  aus  Horaz,  wo  es  von  dem  Mantel  des  Diogenes  ge- 
sagt  ist,  im  Gegensatz  ein  feines  Kleid,  epist.  I,  17,  32,  ist 
bekannt:  alter  Mileli  textam  cant*  peius  et  angui  vitabit 
chlamydem ,  morietur  frigore  si  non  reltuleris  pannum,  Auch 
das  abnegat  ist  trefflich :  denn  auch  daran  hat  man  Anstoss 
genommen :  nicht  etwa  zu  verstehen  se  abnegat,  sondem  das 
ganz  natttrliche  comitem  te  abnegat.  Wenn  die  arme  Fortuna 
auszieht,  so  sagen  alle  übrigen  alsbald:  wir  bedanken  uns 
dafür  in  deiner  Begleitung  zu  gehen,  an  dir  einen  Weg- 
gcsellen  zu  haben,  dessen  wir  uns  nur  zu  schämen  hättcu, 
malam  fortunam  comitem  abnegant,  nur  Spes  et  Fides  illam 
comitem  non  abnegant.  Es  wäre  noch  ein  Wort  über  die 
rara  Fides  zu  sageu.  Ich  weisz  kaum  ob  es  nöthig  ist  zu 
8agen,  es  sei  ein  Verschwimmen  der  Personific«tion  mit  dem 


ZU   ODE  I,   35.  LXVU 

Begriff  oder  der  Sache.  Ich  weisz  nicht  ob  dieses  auch  nur 
80  Btark  i8t  ais  in  deu  Stellen  I,  24,  6  Ergo  Quintüium 
perpetuus  sopor  Urget?  cui  pudor  et  iustitiae  soror,  incor^ 
ruptajides^  nudaque  teritas  quando  ullum  inveniet  parem? 
Und  I,  18,  16  saeva  tene  cum  berecyntio  Comu  tf/mpanoy 
quae  subsequitur  caeeus  amor  sui,  Et  tollens  vacuum  pius 
nimio  glxma  verticem  Arcanique  fides  prodiga,  perlucidior 
vitro.  Ich  nehme  das  rara  Fides  wie  rara  Occasio  bei  Au- 
sonius  epigr.  XII  „wi  simulacrum  Oceasionis":  Surn  dea,  quae 
rara  et  paucis  Occasio  nota ,  also  eine  Göttin,  die  sich  selten 
unter  den  Menschen  sehen  lässt.'^) 

Das  Schwierigste  ist  die  Strophe  17 — 20,  Bedeutung 
und  Darstellung  der  Necessitas,  Ais-  was  tritt  sie  auf  ?  Ich 
kann  nicht  umhin  zu  sagen:  auch  hier,  wenn  man  die  Worte 
auf  sich  ohue  weiteres  wirken  läszt,  wird  man  sogleich  die 
Vorstellung  haben:  ais  ein  Scherge.  Das  wird  wol  zuerst 
dadurch  herbeigeführt,  dasz  die  Fortuna  von  Anfang  an  so 
sehr  ais  Macht,  ais  Herriu  auftritt,  dasz  der  Gedanke,  sie 
nun  plõtzlich  ais  eine  Dienerin  zu  denken,  ais  eine  Dienerin 
des  Fatums,  denn  das  Fatum  soil  nun  Necessitas  nach 
Einigen  sein,  durchaus  fem  liegt.  Und  es  ist  nichts  ge- 
than,  diesen  Gedanken  uns  näher  zu  bringen.  Vielmehr 
zweitens  sind  auch  die  Insignien  und  Werkzeuge,  welche 
sie  trägt,  nicht  dahin  leitend;  im  Gegentheil.  Diese  sind 
zunächst  in  den  clavi  trabales  und  cunei  Symbole  der  Ver- 
festigung:  aber  mit  den  Worten  nec  severus  uncus  abest  liqui^ 
dumque  plumbum  erwarten  wir  durch  die  Sprachwendung 
schon  nicht  nur  eine  adäquate  Aufzählung  von  noch  ein 
Paar  Werkzeugen  der  Verfestigung,  sondern  etwas  anderes, 
am  natürlichsten  in  Steigerung,  durch  die  Wendung  schon, 
aber  ganz  schlagend  durch  das  severus.  Wenn  mit  dem 
uncus  auch  nichts  anderes  ais  nur  eine  Klammer  gemeint 
ist  neben  Nagel  und  Keil,  wie  sie  der  Maurer  braucht,  wa- 

*)  Sonderbar,  dasz  Martial  LXXV  III  alle  dr  ei  eben  genannte  Hora- 
zische  Stellen  vorschwebend  hatte  ais  er  scbrieb:  Ibis  litoreas,  Macer, 
Salonas,    Ibit    rara   fides  amorque   reed  Et    secum    comitem  trahet 

pudorem. 

£2 


LXVIU  Zü  ODK  I,  35.  37. 

rum  hei^^zt  die  Klammer  gerade  sevems?  nieht  aber  „die 
starke^'  oder  dergleichen:  gondem  mit  diesem  auf  mora- 
lisches,  menschliches  deutenden  Epitheton.  Den  uncus  blos 
ais  Mauerklammer  hier  severvs  zu  nennen,  das  liat,  ieh  he- 
haupte  dies  dreist,  gar  kcinen  Sinn:  demjenigen ,  der  dem 
nattirlichen  Zuge  der  Worte  folgt,  wird  es  auch  gar  nicbt 
in  den  Sinn  kommen.  Sondern  er  wird  den  uncus,  womit 
der  Leichnam  geschleppt  wird,  verstehen,  und  dann  unter 
Uquidum  piumbum  —  sefs  ein  Werkzeug  der  Tortur  —  oder, 
wozu  icb  viel  mehr  neige,  das  liqwdum  piumbum,  mit  dem 
die  vincuia,  die  Ketten,  verluthet  werden.  Also  wir  baben 
einen  unerbittlichen  und  aueb  zu  grausamster  Strafausftlbrung 
ausgerttsteten  Schergen.  Ein  solcher  Seberge  ist  römisch 
gedacht,  und  so  sebreitet  er  võran,  ein  Lietor.  Ais  Zeicben 
ibrer  Macbt  und  böcbster  Gewalt,  welcbe  stets  streng,  oft 
strafausfübrend  zu  walten  bat,  geht  der  Fortuna  der  Lietor 
Neeessitas  võran.  Das  will  icb  nicbt  bestimmt  bebaupten, 
aber  mir  scbwebt  es  immer  vor,  dasz  auf  Haken  und  Ketten 
hier  Horattus  verfiel  in  x\nscblusz  au  die  eben  gescbilderte 
Seene  des  durcb  den  Volksaufstand  gestürzten  Tyrannen, 
dessen  femeres  Scbieks^l  sein  wird  und  uns  nocb  durcb 
diese  Worte  angedeutet  vor  die  Pbantasie  tritt,  mit  dem 
unnts  gescbleift  oder  in  Ketten  gescbmiedet  zu  werden. 

In  einem  solcben  Gedicbt  darf  man  auf  Kttbnbeiten  in 
der  Spracbe  gefaszt  sein.  Dabin  recbne  icb  das  mortale 
corpus,  V.  3,  ungewöbnlicb  angewendet,  &vrjTbv  aaiina,  einen 
sterblicben  Leib,  für  hominem  mortalem.  Und  das  amici 
ferre  iugum  pariter  dolosi  V.  28 :  ad  iugum  pariter  ferendum 
dohsi  wenn  es  gilt  das  Jocb  mitzutragen  voller  binterlistiger 
Ausflttcbte. 

Od.  I,  37  Nunc  est  bibendum  — 

V.  10  contaminato  cum  grege  tiirpium  morbo  virorum, 
—  Dasz  Horaz  die  unangenebme  Sacbe,  nicbt  zufrieden  mit 
dem  contaminatus  und  turpis,  nocb  einmal  mit  morbo  gollte 
ausgedrtickt  baben,  dasz  er  sein  binreicbend  bezeichnetes 
turpium  nocb  selbst  soUte  erklärt  baben  durcb  das  morbo, 


ZU  ODE  I,  35.  37.  LXiX 

und  dazu  mit  einem  im  ersten  Fusze  gesetzten  und  zum 
Kachdruck  herausfordernden  morbo,  das  haben  ausgezeich- 
nete  Manner  sich  nicht  wollen  aufreden  laszen.  Sie  empfair- 
den  geschmacklog  starkes  Auftragen  und  Btylifltisches  Unge- 
schick  oder  Unschicklichkeit.  Vielleicht  ist  morbo  Glossem : 
turpiuniy  nämlicli  *  morbo  turpium,  erklärte  einer.  Und  es 
hiesz  ursprtinglich  contamhmto  cum  grege  turpium  audax  (oder 
procaa;)  virorum.  Bentley  freilich  findet  auch  das  vtrorum 
anstdszig.  'Virorum  nomine,  nisi  fallory  non  dignaretur 
Eunuchos:  qui  semhnri  potius  vel  femhiae  vei  monstra  dicendi 
erant,  hoc  saltem  m  loco ,  cum  eos  exsecraretur  et  contemtui 
haberet!  Nun  ich  weisz  doch  nicht :  sie  war  so  wahnsinnig 
(dementis  ruinas),  dasz  sie  wagte  dreist  oder  muthvvilUg 
herausfordernd  zu  sein,  nicht  etwa  umgeben  von  tapferen 
energischen  Männem,  sondem  inmitten  einer  unzttchtigen 
Sehaar  schimpflicher  Manner.  Bei  Aufnahme  einer  passen- 
den  Lesart  habe  ich  Bentley  die  Ehre  geben  wollen  und 
habe  sein  Opprobrwrum  geschrieben:  welches  zu  dem  cow* 
tärnina tus  und  iurpis,  die  allerdings  zunächst  ihre  kõrper- 
liche  Beschaffenheit  kennzeichnen  sollen,  noch  den  voUen 
Ausdruck  moralischer  Indignation  hinzubringt. 

.14  mentemque  bjmphatam  Mareotico  redegit  tn  veros 
timores^  'ihren  Geist,  der  voll  ihres  sttssen  Weines  sich  in 
phantastischen  Bildem  der  Hofifnung  erging,  brachte  er  zu- 
röck  in  die  Wirklichkeit  der  Furcht*,  oder  in  die  Furcht, 
die  eine  wirkliche,  und  nicht  wie  ihre  Hoflfnung  eine  phan- 
tastische  war.  Wenn  der  Mareotische  ohog  xalkiatog  ira  ein- 
zelnen  so  beschrieben  wird  (Athen.  I,  59  S.  33.)  ^leuxog 
teyag  xai  fidvg,evTvvov<:,  evavaõorog,  kerttoc  xeqiaXrjg  ov  x«^- 
ixvov^evogy  so  ist  das  ein  rechter  Frauenwein,  ein  recht 
verftlhrerischer  Wein  för  eine  Frau:  und  das  Gehirn  einer 
zechenden  Frau  anzugreifen  wird  er  schon  vermocht  haben. 

24  nec  latentis  ciogse  eita  reparavit  oras,  Peerlkamp  sagt : 
^Ciasse,  dicunt,  pro  una  nave,     Viri  doeti  de  eo  saepe  egerunt^ 
ut  ad  Lucan.  VIII,  575.     Frontin.  IV,    7.     Florum  I,    18. 
Sueton.   Caesar  39.     Hoe   ita    sit   in   aliis  poetarum    locis^ 
quamquam  de  multis  haud  immerito  dubitari  possit:  hoc  loco 


LXX  ZV  ODE  If  37. 

ea  signifivalio  admitti  non  reete  põiest.  PauUo  enim  ante 
Cieopairae  rix  una  natis  fuit  sospes  de  magna  classe. 
Nunc  eadem  non  bene  diceretur  eita  ei  asse  Aegypti  iiite- 
riora  petere,  Xeque  oras  repararit  pro  adiit  Latinum 
est.  Ingeniose  Bent leius  penetravit,  idque  ejtemplis  aptis- 
sitnis  eommendat,  quibus  alia  addere  possim^  r.  r.  Flori  III, 
22  de  Sertorio\  Hier  musz  man  jedem  Worte  beistimmen, 
bis  auf  (las  eine,  dasz  non  reete  und  non  bene  gesagt  ist 
fflr  da»  was  'unmOglicb'  ist.  Ja  noch  mebr :  aucb  wenn  wir 
keine  Flotte  hätten,  sondem  ein  Schiff,  was  wir  erreiehen 
kOnnten  indem  wir  ftir  classe  schrieben  puppe  ^  wäre  eben 
80  wenig  geholfen.  Wo  sollte  sie  denn  hinfabren  mit  dem 
scbnellen  {cifns  obenein,  was  noeh  ganz  etwas  anderesist 
ais  velox)  Schiff? 

Seben  wir  aucb  in  den  Text,  so  bat  August  sie  an  ibre 
Küste  getrieben:  mit  V.  31  sind  wir  auf  Aegjptiscbem  Boden 
und  es  heiszt  nun  weiter  mit  sebr  deutlicber  Beziebung  auf 
bistoriscbe  Ueberlieferungen :  bier  liatt^  sie  zwei  Wege,  den 
Ketten,  die  Augustus  ibr  drobte,  zu  entgeben :  entweder  sieb 
den  Tod  zu  geben  —  dies  versucbte  sie,  es  ward  ibr  aber 
das  Sebwert  entriszen  (Plut.  Anton.  79)  —  oder  um  den  Preis 
der  Aufgabe  ibrer  Kõnigswfirde  in  verborgene  Gegei^ien 
sicb  zurttckzuziebn.  Dies  verscbmäbte  sie  nacb  Horaz:  — 
der  in  diesem  Punkte  anders  spriebt  ais  die  Historiker,  eben- 
80  wie  da,  wo  er  sie  nur  mit  wenigen  Scbiffen  von  Actium 
entkommen  läszt  —  aber  die  Sacbe,  der  Gedanke  an  laien- 
tes  oras  ist  von  den  Historikem  bezeugt,  nur,  wie  gesagt, 
dasz  nacb  diesen  sie  denVersucb  wirklicb  maebte:  praepa- 
rata  in  Oceanumfuga  Flor.  IV,  8.  ustaataaig  elg  tijv  Iqv^qülv 
%^äXaaaav  Dio  51,  6.  e^co  Kazoixeiy  anoq^vyovaa  dovXeiav 
nai  TtolepLOy  Plut.  Anton,  69.  Sie  woUte  in  das  rotbe  Meer 
gelangen:  indem  sie  nacb  Einigen  ibre  Scbiffe  ttber  den 
Istbmus  von  Suez  zu  zieben  begann  (Plut.  Anton.  69?,  nacb 
Andem  (Dio  51,  7)  im  Arabiscbon  Meerbusen  zu  diesem 
Zwecke  Scbiffe  erbaute.  Jeder  Versucb  der  Art  erforderte 
Umstände  undZeit:  und  es  kann  dabei  von  classe  eita  oder 
nuvis  eita   nicbt  die  Kede   sein.      Icb    kaun    nicbt    anders 


ZV  ODE  \  37.  LXXI 

glauben  ala  dasz  liier  wieder  schlecbte  AusMlung^  einer 
Lücke  ist.  £s  läszt  sicb  vielerlei  Passendes  ausdenken. 
Ich  habe  gescbrieben  ;*e  trepida  penetravit  oras.  Denn  was 
das  penelravit  aubetrifft,  so  bat  aacb  davon  Peerlkamp  ganz 
ricbtig  gesagty  dasz  Bentleys  Beispiele  dafür  sebr  passend 
sind:  man  sebe  sic  ja  nacb.  —  Meinekes  Vorscblag  über 
deu  Vers  'de  quo  niliH  adhuc  prolatum  est  quod  probari 
possii  ist  solUcitare  pnravif  oras  i.  e,  non  instituit  mteriqres 
regni  partes  ad  beiliim  renovondum  insUgare^  Allein  dies  bat 
gegen  sicb,  dasz  es  ja  keine  Grosztbat  ist ,  keiu  Beweis  von 
Energie,  den  Versucb,  die  innern  Võlker  zum  Kriege  auf- 
zuregeu,  nicbt  zu  macben.  Sodann  dasz  ein  zu  unange 
nebm  klingender  Vers  entstebt  solUcitare  |  paravit  \  oras, 
Kein  gleicb  gebildeter  Vers  ist  in  den  Horaziscben  Alcäiscben 
Stropben  Yorbanden.  Der  äbnlicbste  ist  II,  1,  36  quae  caret 
ora  criiore  nostro :  gewisz  aucb  kcin  guter  Vers  —  übrigens 
in  einer  von  Ritsebl  aus  audeni  Gründen  fttr  verdäcbtig 
erklärten  Stropbe:  —  docb  um  vieles  nocb  beszer  ais  der 
imsrige,  weil  der  erste  Tbeil  nocb  Wortabscbnitte  bildet, 
welcbe  den  Einscbnitt  niebt  so  stark  ins  Obr  fallen  laszen 
ais  wenn  das  einbeitlicbe  Wort  gerade  dabinter  die  erste 
Mõglicbkeit  eines  Halts  gewäbrt ;  und  ein  guter  Leser  wird 
gewisz  in  jeuem  Verse  die  früber  gegebene  Mõglicbkeit  wol 
benutzen,  durcb  einen  recbt  bõrbarcn  Halt  binter  quae.  Alle 
übrigen  Verse,  die  überbaupt  binter  der  fünften  Silbe  einen 
Ualt  babeu,  sind  ganz  anders,  sei  es  durcb  den  Sinn,  sei  es 
rbytbmiscb  gegliedert.  (Im  zweiten  Tbeil  meistens  Wortab- 
sebnitt  bei  der  Hebung  in  der  siebenten  Silbe.)  Da  sie  mif 
Torliegen,  so  will  icb  sie  sämmtlicb,  aucb  die  mit  Synalöpbe 
an  der  Stelle,  bersetzen :  und  zwar  nacb  der  Reibenfolge  der 
Oden,  weitre  Unterscbeidung  bei  der  überbaupt  kleinen  Zabl 
der  Einsicbt  des  Lesers  überlassend. 

I,  9,  7  0  Thaiiarche  mernm  diota,  10,  12  luppiter  ipse 
ruens  iumullu.  In  der  zwar  zweifelbaften  26,  12  teque  tuas- 
que  decet  sorores.  35,  36  Uquimusf  unde  manum  iuventus. 
—  II,  1,  24  praeler  atrocfim  anvnum  Catonis,  36  jenes  quae 
varet  ora  cruore  iwstro.    3,  8  interiore  nota  Falenii,     7,  24 


LXXII  Zü   ODE  I,  38.   II,    1. 

deproperarc  apio  coronäs.  13,  9  hospitiSy  iile  venena  Colcha, 
16  caeca  timefve  ai  hind e  f ata,  17,  8  (von  Horaz  oder  nicht) 
mteger^  iile  dies  utrumqve.  —  III,  2,  32  deseruit  pede  poena 
ctando  (vielleicht  malerisch).  29,  32  fas  trepidat:  quod  adest 
memento,  —  IV,  4,  76  expediunt  per  acuta  helli.  9,  9  Ste- 
sichorique  graves  Camenae. 

Od*  I,  38  Persicos  odi  — 

V.  6  siinplici  mifrto  nihil  adlabores  sedulus  curo,  Ich 
kann  dies  nicht  für  riclitig  lialten,  Meinekes  Vcrsucli  es 
zu  rechtfertigen  ist  wol  kttnstlich.  'Sollte  es  veixlorben  sein 
80  sei  das  beste  Peerlkamps  Vorsclilag  sedulus  curae,  Dies 
seheint  mir  aucli. 

Od.  II,  1  Motiim  ex  Metello  — 

Diese  Ode  ist  von  Ritschl  behandelt  worden  im  Rhein. 
Mus.  1 850  S.  628  flf.,  trefflich  wio  sich  versteht  und  sehr  entscbie- 
den  gegen  den  'tief  eingefressenen  Rost  des  Scbulvorur- 
theils  von  der  intacten  Ueberlieferung  Horazischer  Poesien . 
In  unserem  Gedicht  bat  er  drei  Strophen  für  unecbt  erklärt, 
die  Antte(paulium  sm>erae—),  die  siebente  (Tuno  etdeorum — ) 
und  die  vorletzte.  Was  nun  zunäcbst  die  vorletzte  betriflft, 
80  ist  alles,  was  er  sagt^  voUkommen  unwiderleglicb,  was 
er  sagt  von  der  pedantiscben  niehtssagenden  Aufzäblung, 
Yon  der  Logik  und  scharfsinnigen  Unterscbeidung,  wonach 
das  Wasser  eingetbeilt  wird  in  1)  Strudel,  2)  Flüsse,  3) 
Meere  und  4)  Kustun,  alles  eben  so  treflfend  und  sicber 
ais  in  der  bumoristiscben  Energie  des  Tones  erquicklich. 
Ais  Zugabe  macht  er  dann  die  Bemerkung,  dass  die  über- 
wiegende  Ueberlieferung  für  qui  gurges  (gegen  quis  gurges) 
ist,  und  wenn  der  Urheber  der  Stropbe  qui  gurges  geschrie- 
ben  baben  sollte,  dasz  dies  verrätberiseb  sei,  man  muge 
ein  solches  qui  fttr  qualis  nebmen  woUen  oder  es  nacb  dem 
Spracbgebraucb  des  Horaz  selbst  und  des  bier  in  Betracbt 
kommenden  Literaturkreises  messen,  die  nur  quis  in  allen 
solcben  Fragen  kennen.    Wir  batten  soeben  aucb  nocb  bei 


Zü  ODE   II,    1.  LXXIII 

Ode  I,  37  auf  den  nicht  unbedenklichcn  Bau  des  Verses 
quae  caret  ora  cruore  nostro  anfmerksam  zu  machen.  Auch 
für  die  Strophe  Ivno  et  deorum  —  weiss  ich,  je  melir  ich 
mich  damit  beschäftige,  um  so  weniger  zu  phtidiren.  Dasz 
alle  die  Opfer,  welche  den  Staat  dem  Untergang  nähe 
brachten,  wie  die  näehflte  Strophe  augführt,  nur  sollten  ihren 
Grund  haben  in  einem  Racheopfcr  fllr  einen  Jugurtha  (Horaz 
weisz  sonst  ganz  andere  Grflnde  beizubringen)  —  allerdings, 
>vie  ^esagt,  je  mehr  ich  versuche  es  zu  überdenken,  desto 
unhaltbarer  erschien  es  mir.  Dabei  aber  habe  ich  dann  die 
Frage  aufzuwerfen,  ob  der  plõtzliche  Uebergang  nach  praeter 
atrocem  animum  Catonis  —  auf  quh  non  lalino  sangume  pm* 
(fuior  —  nicht  einen  Zwischengedanken  vermissen  lasse, 
wie  den:  und  Uberhaupt  mit  welchen  traurigen  Opfem  war 
es  uns  bestimmt  diese  Unterjochungen  zu  erkaufenf  Das 
liegt  ja  freilich  auch  in  dei'  Strophe  quis  non  —  implicirt : 
aber  die  Frage  ob  nicht  ein  schroflFer  Uebergang  entstehe, 
wird  man,  hoflfe  ich,  nicht  unberechtigt  finden.  Auch  viel- 
leicht  nicht  die  andere:  ob,  wenn  die  traurigen  Opfer  von 
Btlrgerzwietraeht  und  Bürgerblut  nur  in  einer  Strophe  be- 
handelt  sind,  dann  das  Abbrechen  mit  sed  ne  —  nicht  zu 
rasch  käme.  Die  Nenia,  die  jetzt  abgebrochen  wird,  hat 
dann  nur  eine  Strophe  eingenommen.  Ich  würde  also  ge- 
neigt  sein,  anzunehmen,  wozu  ich  auch  au  einigen  andeni 
StellcB  gedrängt  worden  bin,  dasz  die  nicht  echte  Strophe 
luno  et  deorum  —  eine  Parallelstrophe  zu  einer  echten 
Horazischen  Strophe  sei,  welche  durch  jene  verdrängt  wor- 
den. Aber  eine  Vertheidigung  der  dritten  Strophe  mochte 
ich  versuchen  auf  folgende  Art.  ♦)  Das  Beiwort  severa  zu 
tragoedm  ist  gerade  deshalb,  weil  eine  Tragodie  nie  anders 
ais  emst  sein  kann,  ein  charakteristisches,  ihre  eigenthümliche 
und  hohe  Natur  kurz  bezeichnendes.  Ebenso  kann  sie  unter 


*)  Eine  Umstellung  derselben  nach  der  folgenden,  um  den  Namen 
Polio  nicht  so  spät  zu  bringen,  wenn  es  fttr  nöthig  erachtet  wird,  hatte 
kein  Bedenken.  In  Ode  lY,  2  steht  jetzt,  nachdem  das  lule  entfemt 
ist,  der  Name  des  Angeredeten  in  V.  2B. 


LXXIV  ZU   ODE   II,    l. 

deu  Diclituugsarten  vorzugsweise  grandis  hciszen:  wenn  du 
dein  Geschichtwerk  voUeudet  hast,  wirst  du  zu  deiner  er- 
habeneu  poetischen  Aufgabe  oder  Leistung  zurtickkeliren. 
Dasz  aucli  ais  Poet  Polio  sich  gerade  in  der  ernsten  und 
erhabenen  Sphäre  bewege,  dae  auszudrttckeu  tragen  diese 
Epitheta  bei.  Also  gegentiber  den  sonstigen  Dichtungsarten 
wird  die  Tragödiendichtung  ais  ^grande  mvmis  eharakteri- 
sirt,  nicbt  gegenüber  der  Gcschicbtscbreibung. 

'Mõge  die  Muse  der  strengen  Tragödie  sich  auf  kurze 
Zeit  dem  Theater  entzieben  soUte  es  wirklich  so  bedenk- 
licb  sein  dies  zu  versteheu:  Meine  tragischeDiebterbegabuug', 
und  dräugt  sich  nicbt  der  Begriff,  dasz  seine  Muse  gemeint 
sei,  wodurcb  sogleich  aucb  der  B^riff  von  Musa  sich  modi- 
ficirt,  wie  von  selbst  ein  durch  den  Zusammenhang,  indem 
hier  immerfort  von  ihm  und  zu  ihm  gesprochen  wird? 

Ebenso  mochte  ich  glauben,  dass  die  Geschichtschrei- 
bung,  wenn  sie  der  Poesie  entgegengesetzt  wird,  könne  be- 
zeichnet  werden  ais  xa^  l^oxrjv  publicas  res  behandelnd, 
Statsangelegenheiten ,  die  Vorgänge  des  Stats,  der  Diplo- 
matie,  während  der  tragische  Poet  behandelt  xar  l^oxr^v 
Charaktere  im  tragischen  Conflict,  und  gõttliches  Schicksal. 
Ais  Greschichtschreiber,  heiszt  es  also,  ordnet  er  die  Stats- 
angelegenheiten, d.  h.  es  wird  das  rohe  Material  durch  seine 
statsmännische  Behandlung  Ordnung  gewinnen.  Indem 
ein  Ausdruck  gewählt  wird,  den  man  vom  praktischeu 
Statsmanne  eben  so  sagen  kõnnte,  kommt  diese  Yorstellung 
hinein.  Dasz  so  das  publicas  res  ordinans  'überaus  prosaisch' 
sei,  möchte  ich  mit  Ritschl  nicht  sagen:  dass  es  immer  noch 
prosaisch  sei,  dagegen  will  ich  nicht  streiten.  Indessen  — 
und  hier  ist  nun  der  Punkt,  auf  welchem  mir  Einstimmung 
von  Ritschl  ganz  auszerordentlich  erwttnscht  sein  würde  — 
ist  die  erste  Strophe  dieses  Gedichtes  nicht  prosaisch?  die 
erste  sehr,  die  zweite  um  ein  kleines  weniger?  Ist  es  nicht 
die  vierte?  Man  denke  bei  der  ersten,  man  denke  bei  der 
tierten  an  Pindar,  an  irgend  ein  Fragment  eines  Griechischen 
Lyrikers,  und  man  empfindet  förmlich  auch  hier  einen  Schreck 
vor   Romischer   Poesie.      Und   daran    muss    man    sich  bei 


Zü  ODE   II,   1.  3.  4.  LXXV 

Horaz  doch  auch  gewohaea.  Man  mass  sicli  gewõhneu;  den  p  o  e  - 
tischen  Maszstab  fftr  ihnnicht  zuhoch  zustellenund  mitunter 
auf  bedeatenden  Abfall  gefaszt  zu  sein.  In  diesem  Gedicht, 
wie  ich  glaube  (vgl.zul,  15)  durch  Riicksicbten  der  Hõflichkeit 
abgepreszt  sind  die  ersten  vierStropben  ohne  Plastik,  obneGe- 
fttblsausdracky  obne  Gedanken.  Erst  mit  der  fttnften  Strophe 
kommt  etwas  von  Plastik  binein;  die  iu  dem  Glanzpunkt 
des  ganzen  Gedichtes,  dem  empfundenen  und  gedacbten 
Wort  ttber  Cato,  gipfelt.  —  In  V.  20  gibt  bekanntlicb  die 
Ueberlieferung  das  unmoglicbe  audire  magnos  fam  videor 
dvces  (Reminiscenz  aus  Od.  III,  4,  6).  Bitscbl  gab  seine 
Conjectur  sudare  video,  Nacb  ibm  hat  man  erfunden  anteire. 
Also  Horaz  hatte  nõtbig,  ein  grosses  Geschicbtswerk  abzu- 
warten,  um  die  Feldherren  vorangeben,  ich  will  noeh  eine 
Concession  maehen,  voranschreiten  zu  sehen!  Natürlich  hat 
Ritschl  auch  V.  5  Bentleys  tincta  für  vncta  geschrieben. 

Od.  II,  3  Aequum  memento  — 

V.  9  ff.  quo  pinus  rngeiis  albaque  popuius  umbram  hos^pt" 
talent  consociare  amant  ramis?  guid  oblique  labõrat  lympha 
fugax  trepidare  rivo?  huc  —  So  lautet  mit  diesen  Frage- 
zeichen,  deren  Wunderlichkeit  Meineke  und  Haupt  gewiss 
empfanden  ais  sie  sich  dazu  entschlossen,  die  Strophe  bei 
ihnen  und  Andem.  Die  Ueberlieferung  hat  statt  quo  auch 
qiut,  und  variirt  sehr  in  quid  (so  auch  2  Blandinii),  mit 
quod,  quo  und  noch  anderem.  Mir  ist  auch  das  nachschlep- 
pende  ramis  immer  storend.  Ich  habe  geschrieben:  quo 
pinus  ingens  albaque  populus  umbram  hospitalem  consociare 
amanty  errans  ubi  obliquo  laborat  lympha  fugax  trepidare  rivOj 
huc  —  (dahin,  eo  —  III,  1,  34.  ' Epod.  XVI,  59.) 

Od.  II,  4  Ne  sit  ancillae  — 


«Cl 


Sehäme  dich  nicht  eine  Sklavin  zu  lieben:  auchAchill, 
Ajax,  Agamemnon  haben  ob  ihrer  Schönheit  Sklavinnen  ge- 
liebt,  Briseis,  Tekmessa,  Eassandra.  Ja>  wird  man  sagen, 
aber  das   waren  Konigstöchter.    Vielleicht    dasz   auch    die 


LXXVI  ZU   ODE   II,   4. 

Eltern  deiner  Phyllis  liocligestellte  Lcute  sind,  welche  dir 
zur  Ehre  gereiehen:  jedenfalls  hat  sie  tiber  Verlust  dcs 
königlichen  Geschlechts  und  über  Unbill  der  Penaten  zu 
traueni/ 

Wie?  Gleich  von  kõniglichem  Geschlecht  muss  sie  sein? 
Jedenfalls  docli  von  kõniglichem?  Und  über  Unbill  der 
Penaten  hat  nicht  nur  der  zu  klagen,  den  sie  aus  kõnig- 
lichem Hausc  nicht  vor  Unbill  schützen,  sondem  ein  jeder, 
der  aus  freiem  Hause  zum  Sklaveu  wird.  Und  warum  kann 
er  denn  nicht  wissen,  wer  ihre  Eltern  seien?  Kann  er  sie 
nicht  fragen?  Für  diesen  Punkt  mttssen  wir  also  die  An- 
nahme  machen,  dass  der  unwahrscheinlichste  Fail  vorausge- 
setzt  und  ganz  implicite  uns  heraus  zu  ahnen  überlassen 
wird:  sie  sei  ais  kleines  Kind  etwa  geraubt,  so  dass  sie 
selbst  ihre  Eltern  nicht  kennt.  Grade  in  eine  solche  hat  er 
sich  verlicbt. 

Doch  wie?  Eben  war  sie  königlichen  Geschlechts  und 
nun  mit  einem  Mai :  *glaul>e,  dasz  sie  nicht  aus  der  verwor- 
fenen  Plebs  und  von  ciner  unkeuscheu  Mutter  stammt/  Wie 
soil  sich  denn  diese  rückgängige  Bewegung  an  das  Vorige 
anschlieszen?  Der  bloszo  starre  Imperativus  crede  sagt  uns 
darUber  nichts:  und  doch  hätten  wir  das  allergrõszte  Recht 
zu  erwarten:  *wie,  du  glaubst  nicht  an  das  kõnigliche  Ge- 
schlecht?  Nun  so  darfst  du  doch  dessen  versichert  sein, 
dass  —\  Wir  hätten,  sage  ich,  das  allergrõszte  Recht  zu 
er>varten,  dasz  irgendwie  so  etwas  im  Ausdruck  —  und 
wäre  es  selbst  nur  durch  eine  Partikel  —  zur  Erscheinung 
käme.  — 

'Und  schõn  finde  ich  sie  auch:  und  du  kannst  mir 
glauben,  dasz  ich  das  aus  Ueberzeugung  sage,  nicht  etwa, 
wozu  bei  mir,  der  ich  bereits  das  vierzigste  Jahr  hinter  mir 
habe,  kein  Verdacht  ist,  weil  sie  mir  Concessionen  ge- 
macht  hat.* 

Warum  muss  denn  so  emstlich  versichert  werden,  dasz 
sie  schõn  gefunden  wird?  Man  hatte  nach  der  vierten 
Strophe,  angeschlossen  an  die  Trojanischen  Sklavinnen,  die 
wegen  ihrer  Schõnheit  geliebt  wurden  (niveo  colore  — forma). 


Zü  ODE  II,   4.  LXXVU 

glauben  soUen,  dasz  sie  ungewõhnlich  schõn  gewesen  und 
dasz  eben  ihre  königliche  Schõnlieit  zu  der  Ueberzeugung 
vcrleitete,  dasz  sie  konigliclien  Geblüts  sei.  Wenn  das  nicht 
aus  dem  Eindruck  ihrer  kõniglichen  SchOnheit  geschlossen 
war,  woraus  denn?  Nun,  aus  ihrer  Tugend.  Die  soil  ja 
aber  nur  dafür  gut  sagen,  dasz  ihre  Mutter  keine  Hure 
war.  —  Kurz :  icb  komme  aus  diesen  Cirkeln  und  Unklar- 
heiten  nicht  heraus.  Und  —  was  damit  zusammenhängt  — 
ich  weisz  nicht,  was  Ernst,  was  Spasz  ist:  während  ich 
doch  wohl  glaube,  för  den  Horazischen  Humor  sonst  em- 
pfänglich  zu  sein.  Es  thäte  nemlich  noth,  jeder  einzelnen 
Strophe  beizuschreiben :  dies  soil  Ernst,  dies  soil  Spasz  sein. 
Denn  allerdings  die  ersten  Strophen,  der  Vergleich  der 
anciiia  mit  jenen  heroischen  Königstochtem  sieht  nach  Spott 
aus.  Aber  gewisz  ftir  die  beiden  letzten  Verse  hõrt  jedes 
Zeichen  dafür  auf,  —  nachdem  in  der  ^ierten  die  obigen 
uncrträglichen  Wunderlichkeiten  das  Fortschreiten  hemmten,^ 
freilich  auch  schon  die  dritte  Stroj)he  hier  zur  Unzeit  kam, 
welche  man,  wenn  man  tiberhaupt  sonst  meinen  kõnnte,  ein 
Horazisches  Product  Tor  sich  zu  haben,  vielleicht  entfer- 
nen  mttsste. 

Einige  Herausgeber  wissen  es  mit  tiberraschender  Fein- 
ftthligkeit  ganz  genau:  schön  musse  die  ancilla  wirklich  ge- 
wesen seinr  sonst  verliere  das  Gedicht  alle  Anmuth:  aber 
alles  Uebrige  sei  ironisch.  Die  vorletzte  Strophe  besage,  dass 
sie  untreu  und  habsüchtig  war. 

Ich  mõchte  eigcntlich  glauben,  dasz  der  Verfasser  das 
Gedicht  ernst  gemeint  und  dasz  die  humoristische  Färbung 
seiner  Ungeschicklichkeit  verdankt  wird :  dasz  er  z.  B.  nicht 
fühlte,  dasz  der  Vergleich  mit  den  heroischen  Königstochtem 
komisch  ist,  wenn  er  nicht  himioristisch  sein  soil.  Dooh 
sicher  kann  man  das  nicht  wissen.  —  Eben  hatte  ich  dieses 
niedergeschrieben,  ais  mir  Westphals  Paraphrase  (humoristi- 
sche Lyrik  des  classischen  Alterthums,  1868.  S.  lOt)  in  die 
Hände  fiel:  aus  dem  Grossen  gemacht  wie  sie  ist  bestätigt 
sie  für  mich  durch  scheinbar  kleine,  aber  sehr  wesentliche 
Aenderungen  wie  sie  sich  ohne  Zweifel  bewusztlos  ihm  ein- 


LXXVIU  ZU  ODE   II,   4.   5.  6. 

gestellt,  dasz  icli  die   Ungefttgigkeiten  des  Originals  recht 
gesehen.    leb  setze  scine  Paraphrase  her. 

Schäm'  dich  nicht,  dasz  deine  Sklavin  dir  dein  Herz  gefesselt  hältl 

Von  der  blonden  Magd  Briseis  ward  besiegt  Achill,  der  Held; 

Seiner  Magd  Tekmessa  Schönheit  rtthrte  den  Telamoniden ; 

Die  gefangeue  Kassandra  schlug  in  Fesseln  den  Atriden, 

Ais  die  Reihen  der  Barbaren  müde  sanken  in  denStaub, 

Ais  nach  Hektors  Tod  die  Feste  Trojas  ward  der  Flammen  Raub. 

Traun!  du  wirst  mit  einem  edlen  Schwiegervater  noch  beglückt! 
Kann  es  nicht  ein  fürstlich  Haus  sein,  dem  dasSchicksal  sieentrückt? 
Glaube  nicht,  dass  sie  die  Tochter  einer  niedem  Mutter  sei; 
Nein,  sie  stammt  nicht  aus  dem  Pöbel,  die  dich  liebt  so  herzlich  treu ! 
Welche  Wange!  welche  Wade!  welche  Miene!  welch  ein  Haar! 
Aher  sei  nicht  eifersüchtig,  denn  ich  bin  jetzt  vierzig  Jahr. 

Od.  II,  5  nondum  siibacta  -  — 

Dasz  die  beiden  letzten  Strophen  ganz  fremdartig  sind 
mu8z  sich  doch  wol  von  selbst  verstehen. 

Od.  II,  6  Septimi  — 

Dasz  diese  Ode,  selbst  wenn  der  indoctus  Cantaher  iuga 
ferre  nostra  in  Zweifel  laszen  sollte,  gesebrieben  sein  musz, 
ehe  Horatius  sein  Sabinutn  batte,  ist  unzweifelbaft.  Es 
heiszt  also :  'Septimus,  der  du  mir  geäuszert,  wobin  aueb 
immer,  aucb  in  die  femsten  Gegenden,  icb  micb  zu  wenden 
Lust  bätte,  du  wollest  dicb  von  mir  nicbt  trennen,  Tibur 
mõge  mir  der  Sitz  ftir  mein  Alter  sein  und  meine  Wobnung 
(domiis),  wenn  icb  ermtidet  sein  werde  von  Meer  und 
Wegen  und  Kriegsdienst.  Sollten  aber  die  feindlicben  Par- 
een  dies  versagen,  so  will  icb  von  Tibur  nach  Tarent  gehen, 
wo  es  noch  schuner  ist  und  der  lieblicbste  Winkel  auf  der 
Erde  den  ich  kenne\  —  Ein  jeder  musz  sich  doch  sagen 
dasz  in  der  zweiten  Strophe  steht:  'o  mõchte  für  meine 
alten  Tage,  wenn  ich  —  mttde  geworden,  Tibur  das  Asyl 
sein!'  Wie  kann  er  denn  aber  gleich  mit  dem  Alter  ins 
Haus  fallen?  Es  würde  doch  verlangt  werden:  Tibur  ist 
ein  Ort,  an  dem  ich  jetzt  weilen  mochte  (oder  weile)  und 


ZU  ODE   U,  6.  LXXIX 

noch  in  meinem  hohen  Alter  weilen  mõchte.  Es  bleibt  also 
bei  dieser  unbefriedigenden  Strophe  anzumerken,  dasz  dotnus 
auf  bloszer  Coiyectur  beruht,  gegen  die,  wenn  durch  sie  dem 
Sinne  genügt  würde,  allerdings  nicbts  einzuwenden  wäre. 
Die  Ueberlieferung  ist  mõdus.  Nun  aber  der  Fortschritt,  wie 
er  oben  ganz  richtig  und  nicht  übertrieben  angegeben  wor- 
den,  ist  lächerlich.  Wer  hindert  ihn  gleich  nach  Tarent  zu 
gehen?  Warum  musz  er  erst  warten,  dasz  die  Parcen  ihn 
von  Tibur  wegtreiben,  um  an  diesen  schonsten,  ihm  lieb- 
liehsten  Ort  zu  gehen,  die  Parcen  die  ja  dann  wahr- 
lieh  nicht  iniquae  sein  würden,  sondem  ihm  einen  groszen 
Liebesdienst  erweisen?  Es  musz  nach  der  ersten  Strophe 
eine  grosze  Zerstoning  Vbrgegangen  sein.  Es  war  dort  ent- 
weder  eine  Anzahl  Verse  verloren  gegangen,  die  dann  aus- 
gefüllt  wurde  durch  die  jetzige  zweite  Strophe  nebst  dem 
ersten  Verse  der  dritten.  Oder  wir  haben  eine  unverstän- 
digc  Erweiterung  aus  etwa  Folgendem : 

Septimi,  Gades  aditure  mecum  et 
Cautabnim  iudoctum  iuga  ferre  nostra  et 
barbaras  syrtis,   ubi  Maura  semper 
aestuat  unda : 

sit  moduB  lasso  maris  et  viarum, 
dulce  pellitis  ovibus  Galaesi 
flumeii  nt  regnata  petam  et  Laconi 
rura  Phalantho. 

Das  Ganze  mit  dem  sehr  schönen  und  zarten  Schlusz  ist 
von  merkwürdig  ergreifender  Stimmung  ftir  den  jungen  Ho- 
ratius  und  ist  tiberhaupt  äuszerst  merkwürdig.  Horatius 
machte  also  damals  Oden,  und  indem  er  sich  hier  vates 
nennt  —  wie  er  doch  ais  Satirendichter  nicht  sich  nennen 
würde  —  zeigt  er  dasz  Odendichtung  damals  vor  seiner 
Seele  stand,  und  ais  diejenige  Dichtung  vor  seiner  Seele 
stand,  die  er  in  der  gewünschten  Musze  fortzutreiben  sich 
vorstellt.  Es  scheint,  wir  haben  hier  wieder  einen  Fail,  wie 
die  Dinge  und  Conflicte  in  den  menschlichen  Gemtithem  an- 
ders  gehen  ais  in  den  Tabellen.  Es  scheint  doch  dasz  man 
sagen  musz:  Horatius  hat  in  der  näclisten  Zeit  ais  er  nach 


liXXX  Zü  ODE  U,  6.  7.  8. 

Bom  zurückgekehrt  war  gleich  lyrisclie  Gedichte  gemacht. 
Es  war  ihm  sein  eigentliches,  durch  sein  Genie  ihm  ange- 
wiesenes  Feld  der  Satire,  jedenfalls  in  seiner  Bedeutung 
wenigstens,  noch  uieht  zuin  Bewusztsein  gekommeu.  Theils 
war  seine  Stimmung  damais  eine  traurig  selinsttchtige,  theils 
mochte  der  Gedanke  ais  persönliclier  Angreifer  wie  Lucilius 
hervorzutreten  dem  noch  unbedeutenden  und  schutzlosen 
sicli  kaum  ais  eine  Mö^lichkeit  vorstellen;  vielleicht  ent- 
schied  sich  dieser  Gedanke  plõtzlich,  und  es  war  damit  sein 
satirisches  Talent  in  die  fr^ie  Bahn  gebracht,  ais  er,  mit 
Mäeenas  bekannt  geworden,  das  Geftthl  einer  Stellung  und 
einer  Sicherheit  gewann.  Da  regte  sich  denn  mäehtig  der 
Flügelschlag  seines  satirischen  Genius,  und  die  Odendichtung 
trat  zunäehst  in  den  Hintergrund. 

Od.  II,  7  0  saepe  mecum  — 

In  V.  11,  12  ist  noch  ein  Fehler,  für  den  noch  keine 
annehmbare  Heilung  gefunden.  Sie  berühren  den  schimpf- 
lichen  Boden  mit  dem  Kinn,  d.  h.  sie  fielen  getroflfen  wäh- 
rend  des  Fliehens,  scheint  wol  ganz  unanstöszig.  Aber  das 
blosze  Adjectiv  minaces  scheint  doch  gar  nicht  möglich. 

Od.  II,  8  Ulla  si  dims  — 

V.  3  dente  si  nigj*o  fieres  vel  uno  twyior  vngui,  Gewisz 
musz,  worauf  auch  Meineke  weist,  uno  auch  schon  zu  dente 
verstandon  werden,  und  macht  dies  jede  Aenderung  un- 
nöthig. 

V.  14  simplices  Nymphae  scheint  mir  unrichtig.  Ich  bin 
viel  mit  den  Nymphen  umgegangen,  wovon  ich  schon  in 
den  populären  Aufsätzen  kein  HehI  gemacht.  Ich  habe  sie 
nicht  simpiices  gefunden.  Ich  glaube  Horaz  hat  geschrieben 
eotnplices. 

V.  17  Ueberlieferung  adde  quod  pubes  tibi  crescitomnis, 
setmtus  crescit  nõva.  Unsinn.  Oflfenbar  durch  Versehen  des 
Schreibers  wiederholtes  eresciL  Ich  habe  das  zweitemal 
dafttr  ut  sit  geschrieben. 


Zü  ODE  11^   10.   U.  LXXXl 

Od.  II,  10  Rectiuö  vives  — 

Man  wtinacht  den  letzten  Vers  weg;  der  scliou  Gesagtes 
wiederholt  und  den  rorangehenden  Schlusz  mit  dem  an- 
schaulichen  Beispiel  yon  Apollo  abschwächt. 

Od.  Il,  11   Quid  bellicosus  — 

In  dieser  Ode  miisz  feststehen  Folgendes  ais  ganz  un- 
möglich  von  Horaz  herrührend.  a)  Vom  Scythen,  um  ihn 
wegen  weiter  Entfernung  ais  gefahrlos  zu  bezeichnen,  zu 
sagen :  er  ist  durch  das  Adriatische  Meer  getrennt  —  wie 
Griechenland,  die  lUyrische  Ktiste ,  —  ist  lächerlich.  b)  Zu 
sagen :  Masz  dicb  durch  Sorgen  nioht  unentschlossen  zurttck- 
halten  das  Leben  zu  nützen,  welches  weniges  verlangt' 
ist  unsinnig.  Es  wird  erfordert :  SvelcheS)  ja  doch  nur 
weniges  bietef.  c)  Nach  der  zweiten  Strophe:  fugit 
retro  levis  wvmtas  u.  s.  w.  ist  es  unmoglich,  dasz  er  und 
Hirpinius  mit  einemmale  ais  Greise  erscheinen:  rosa  canos 
odorcUi  capiUos.  Diese  drei  Punkte  lassen  keine  Mäkelei 
zu.  Sie  mtissen  auf  das  allerontscliiedenste  behauptet  wer- 
den.  Sie  sind  auch  von  Peerlkamp  bemerkt.  Welcher  noch 
eine  Anzahl  anderer  Aeuszerungen  macht  und  das  Gedicht 
für  unhorazisch  erklärt.  Icli  kann  ttber  die  andem  Punkte 
nicht  80  entschieden  sein:  und  lieszen  sich  die  obigen  drei 
Punkte  durch  Conjecturen  heben,  so  wtirde  ich  nicht  wagen 
es  dem  Horaz  abzusprechen.  Die  beiden  ersten  Punkte  zu- 
nächst  sind  freilich  von  der  Art,  dasz  man  sie  kaum  einem 
halbwegs  verstandesfähigen  Menschen  zutrauen  darf:  und 
fordem  dadurch  vielleicht  um  so  mehr  zur  Aenderung;  her- 
aus.  Die  Aenderung  des  canos  wäre  leicht,  nämlich  in 
cinctos  oder  vinctos,  (Sogar  vinculum  steht  so  Senec. 
Med.  70  praecingens  roseo  tempora  vinculo,  Dieselbe  Strophe 
hat  vorgeschwebt  bei  Seneca  HippoL  394  sie  temere 
iaciae  coUa  perfundant  cotnae).  Für  ne  (oder  neü) 
trepides  in  usum  poscentis  aevi  pauca  klänge  praebentis 
pauea  prosaisch ,  aber  beszer  praebentis  aevi  parca.  Oder 
sponckntis?  Man  kõnnte  sagen:  spondere ihut  das  Leben  nicht 
pauca  y  sondem  gar  nichts.   Indessen,  meine  ieh»  es  kõnne 

L«kn,  Honiins.  F 


1.XXXI1  Äü  ODE  U,   11.   IX 

auch  sebr  wol  verHtanden  werden :  in  seltenen  Fftllen  giebt 
das  Leben  auf  unsere  Anfirage  spondesne  hoc?  die  Ant- 
wort  spondeo.  Die  angewõhnlicbe  Constniction  ne  trepides 
in  usum  —  'sei  nicht  ängstlicb  beranzugehen  scbeint  mir 
zwar  durcb  die  Stelie,  welche  Meineke  ais  Parallele  bei 
bringt,  nicht  gerecblfertigt :  Oed.  Tyr,  980  tiq  xol  fujgog 
fiij  q)o^ov  vviiig>€v/iata.  Das  wäre  mir  paraliel  wenn  es 
hiesze:  gehe  dreist  an  die  Ehe  mit  der  Mutter.  Dennoeh 
aber  sollte  ich  glauben,  dasz  es  auch  von  Horaz  kõnnte  ge- 
wagt  sein.  Aber  das  hilft  noeh  alles  nichtS;  so  lange  nicht 
der  Scythes  Hadria  divtsus  obiecto  weggeschafft  ist.  Ich  habe 
geschrieben  —  natttrlich  ais  irgend  einen  Versuch  —  horrida 
divisus  ora  (dadurch,  dasz  er  in  der  horrida  ora  wohut  von 
uns  doch  weit  getrennt)  tu  remUtas  quaerere,  —  Bekannt 
Od.  I,  26,  4  qu/s  sub  arcto  rex  gelidne  metuatur  orae.  I,  12, 
55  subiectos  orientts  orae  Seras  et  Indos.  —  *Dii*  —  tlber- 
lasz  es  andem. 

Od.  II,  12  Nolis  lõnga  ferae  — 

V.  6  unde  pet^iculum  fulgens  contremuit  domus  Saturni 
veteris.  Sollte  das  Horaz  wirklich  geschrieben  habeu  ?  Man 
sagt  contremuit  stehe  mit  dem  Accusativus  wio  Verg.  Aen. 
3 ,  648  sonitumgue  pedum  vocemque  tremisco  (des  Cyklopen). 
Sen.  ep,  65.  extr,  fortes  simus  adversus  fortuita.  nnn 
contremiscamus  iniurias,  non  volnera^  non  vincuhy  nun 
egestatem.  Aber  man  sollte  doch  auch  sagen:  es  sei  immer 
auffallend,  wenn  ein  zusammenstehendes  coelum  contremuit 
nicht  heiszen  soil:  'der  Himmel  erdrõhnte'  {coelum  tonitru 
contremit  z.  B.  sehr  bekannt  aus  Cic.  or.  3,  39).  Soil  dem 
aber  nicht  so  sein,  dasz  dann  wenigstens  nicht  gesagt  ist 
Telluris  iuvenes^  quos  coelum  contremfiity  sondern:  'die  Gi- 
ganten,  von  denen  aus  der  Himmel  vor  Gefahr  erzitterte . 
Würde  das  nicht  eine  gesuchte  Ausdrucksweise  sein  aus 
einer  Rhetorik,  welche  dem  Horaz  nicht  zuzumuthen? 
Sodann  aber  den  beigebrachten  Beispielon  mit  dem  Accu- 
sativ  gegenttber  mUszte  auch  angemerkt  werden,  dasz  peri- 
eulum  contremisco  mit  jenen  nicht  paraliel  ist.    In  jenen  ist 


ZU   ODE   II,    12.  LXXXIII 

der  Gegenstand  im  Accusativ  genannt,  vor  oder  von  dem, 
eben  weil  er  gefährlicli  und  fühlbar  ist,  man  erzittert. 
Und  80  sind  wenigstens  auch  die  andem  Beispiele  bei 
Forcelliui:  Justin  32,  4  cum  Hannibalem  Romano  tananiem 
bello  Italia  carUremuü  (hinreichend  mit  absichtlicher  Rheto- 
rik  gesprocben).  Stai  Theb,  IX,  535  Illam  (quet^cum)  nu- 
tantem  nemus  et  mons  ipse  treniiscit^  quu  tellure  cadat,  quo» 
obruat  ofdme  Silvas,  Hieron.  m  Jesaiam  1,10,  4  semper 
sibi  impefidentem  manum  dom/ni  pertremiscant,  So  die  vie- 
len  Beispiele  v6n  tremo  und  tremendus.  Alles  Obige  zu- 
sammengenommen  musz  icli  den  Anstoss,  den  ich  jedesmal 
nehme  an 

Talluris  iuvenes,   uude  perieuium 
fulgens  contremuit  domus 
Saturni  veteris 
ftir  gereebtfertigt  haiten.  Ich  glaube,  dasz  pcriculuvi  schlechte 
Ergänzung  einer  Lücke  am  Versende  ist  und  habe  geschrie- 
ben  unde  per  aethera,    Die   aetheria  domus  (I,  3,  29).     In 
dereelben  Sache  cum  parentis  reyna  per  arduum  cohors  Gp' 
ijantum  scanderet  impia  II,   19,  21. 

V.  10  geht  nun  die  Ueberlieferung  also  weiter: 

Saturni  veteris:  tuque  pedestrihus 

diees  historiis  proelia  Caesaris, 

Maeeenas,  melius  duetaque  per  vias 

regum  colla  minaciutn, 

Musa  pedestris  'Verse,  die  auf  der  Erde  geheu,  keiueu 

hohen  Flug  nehmen   sagt  Horaz  von  seinen  Satiren,  Sat.  II, 

6,  16  ergo   ubi  me  in  montis  et  in    areeni  ex  urbe  removi, 

quid  prius  illustrem  sa  tiris  musaque  pedestri?  Und  ganz  eben- 

80  von  Versen,   die  den  gowöhnlichen  tragischen  Flug  ab- 

legen,  an  der  anderen  Stelle  A,  p.  95  et  tragicus  plerumque 

dolet  sermone  pedestri  Telephus  aut  Peieus.    Und  hier  soUte 

es  Horaz  schon  in  dem  Sinne  gesagt  haben:  in  Prosa  ge- 

schrieben?    Sodann  ist  ja  der  angefangene  Gedanke  ohne 

Abschlusz,   der  sich   doch  deutlich  genug  dafain  anliesz:  so 

wenig  du  ron  mir,  von  meiner  weichen  Cithara  die  hõchsten 

Geschichtsthemata  der  alten  Zeit  verlangen  darfst  oder  die 

F2 


LXXXIV  Zö  ODB  U,   12. 

hõchsten  mythischen  Themata,  ebeu  bo  wenig  diee  neueste 
Thema  dor  Kriegsthaten  und  Triumphe  des  Augustus ,  das 
an  Hoheit  mit  jenen  alten  sich  miszt.  Denu  mich  hat  zu 
gajaz  andern  Themen  die  Muse  bestimmt.  —  Endlich  wcr 
erklärt  tugufi?  Was  ist  das  fär  ein  Uebergang  mit  que, 
welches  gleicb  wäre  einem  immo  tuf  Ist  das  mõglich? 
Nimmermebr.  Hier  waren  tbeils  uur  vereinzelte  Bucbstaben- 
spuren  ttbrig  geblieben,  tbeils  Worte  verlõscbt,  und  beides 
ward  verkebrt  ausgefüllt.  Icb  babe  versucbt  was  icb  in  den 
Text  gesetzt  und  was  den  nothwendigeu  Sinu  enthält: 

neve  pedestnhus 
ilici  caf*minibus  proeUn  (aesaris, 

Maecenasj  iubeas 

V.  13  'Den  süszen  Gesang  der  Grebieterin  Licjrmnia*. 
dondna  ist  die  ebrfurcbtsvolle  Bezeicbnung  der  bocbsteben- 
den  Frau,  wobei  sicb  bier  einmisebt,  dasz  ais  Gemalin  des 
Mftcenas,  sein  es  G^bieters  (Patrons),  sie  auch  selbst  dem 
Horatius  ais  seine  Gebieterin  dastebt.  Wie  von  der  Gõttin 
bei  Frop.  IV,  %  31  Ergo  hic  Musarum  et  SHeni  patris  imago 
Fictilis  et  calamiy  Pan  Tegeaee,  tuij  Et  Veneris  dominae 
volucres,  mea  turba,  columbae  Tingunt  Gorgoneo  punica 
rostra  lacu. 

V.  21  flf  ist  die  Ueberlieferung  : 

num  tu  quae  tenuit  dives  Achaemenes 

aul  pinguü  Phrygiac  Mt/gdonias  opes 

permutare  velis  erine  Liq/^mniae 

plenas  aut  Arabum  domas? 

dum  (^oder  cumj  Jlagrantia  detörquel  ad  oscula 

cervicem 

Und  zwar  herrscbt  iu  den  Ausgaben  vor  (z.  B.  aucb  bei 
Bentley  und  Meineke)  eben  diese  Interpunction  mit  dem 
Fragezeicben  nacb  domos.  Das  ist  aber  docb  ganz  unmõg- 
lich.  'Mõchtest  du  das  Perserreicb  eintauschen  woUen  oder 
die  Scbätze  Arabiens  für  das  Haar  der  Licymnia;  wenn  sie 
mit  dir  Küsse  tauscht'  ?  Entweder  'fttr  das  Haar  oder  'für 
die  Küsse'  war  zu  sagen,  aber  nicbt  beides  confus.  Setzt 
man  hinter  Licymniae  das  Fragezeicben  und  verbindet  dann 


ZU   ODE  II,  12.  13.  LXXXV 

plenas  aut  Arabum  domo9  dum  —  »o  entsteht :  'mõchtest  du 
das  Pereerreich  oder  die  fruchtbaren  Phrj-gierfluren  ein- 
tauschen  für  das  Haar  der  Licymnia  ?  oder  die  Reiclithttme^ 
Arabiens  (eintauschen)  wenn  sie  deinen  Küssen  entgegen- 
kommt  oder  mit  nur  scheinbarer  Sprödigkeit  sie  sich  ent- 
reiszen  läszt'?  Wie  diese  Seene  mit  dem  Weehseln  der 
Eüsse  eine  Steigerung  •  ist  gegen  dasAnscbauen  des  Haares, 
auch  ausfQbrlich  ausgemalt  gegenttber  dem  einfach  gesagten 
erine  ^  80  ist  es  ganz  notbwendig^  dasz  auch  die  einzu- 
tauscbenden  Schfttze  in  demselben  Verbältnisz  ausgedrüekt 
seien.  Es  kann  nicbt  dem  einfaehen  crinis  gegenüber  gleich- 
sam  ein  Doppelgebot  steben,  der  ausgefübrten  Seene  der 
Kiisse  ein  einfacbes :  es  kann  nicbt  in  der  Sache  ein  Elimax^ 
in  den  einzutauscbenden  Gegenständen  ein  Antiklimax  sein. 
Dagegen  mit  Umsetzung  eines  Verses  erbalten  wir  das  be- 
friedigende : 

num  tu  guae  tennit  tiives  Achaemenes 

permutare  veUs  erine  Liejjmniaei 

aut  pinguis  Phrygiae  Mygdonias  open 

plenas  aut  Arabum  donios 

dum  fltKjranlia  detorquet  oseula  cet*vicem  u.  s.  w. 

Od.  II,  1 3  üle  et  nefasto   ~ 

Dasz  bier  die  drei  letzten  Stropben  Zosatz  sind ,  darauf 
ist  bereits  von  mebreren  aufmerksam  gemacbt,  und  es  unter- 
liegt  keinem  Zweifel.  Es  tritt  etwas  völlig  Fremdartiges 
ein.  Wenn  aber  Gruppe  nuu  das  ganze  Gedicht  sein  lässt 
Stropbe  2,  3,  6,  7,  so  feblt  ihm  belebender  Gedanke  und 
Fortgang.  Icb  glaube  annebmen  zu  mttssen,  dasz  auch  eine 
Versetzung  der  ecbten  Stropben  vorgegangen,  deren  ricbtige 
Folge  ist:  1.  2  (iilum)  3  (et  quidquid)  6  (quam  paene)  7 
(Sappho)  4  (quid  quisque)  5  (miles).  Zur  Weglassung  end- 
lich  der  ersten  Stropbe,  obgleicb  es  dem  Gedicbt  gewisz 
gut  tb&te,  baben  wir  docb,  wie  icb  glaube,  kein  Recbt. 

Od.  II,  14  Eheu  fugaces  ~ 

Wenn  man  die  Stropbe  visendus  ater  —  V.  17  für  ecbt 


LXXXVI  2U  O0E  Uy    14.   15. 

halten  woUte,  so  mttazte  man  Aie  umstelleu  hiuter  iinguefida 
t9ÜU9,  —  Denn  nachdem  \vir  bereits  so  gründlich  in  der 
Unterwelt  verweilt,  ist  es  jedesmal  anstõszig  nocb  ciu- 
mal  in  das  Leben  uns  zurückgeftthrt  zu  seben.  Allein 
die  falscbe  Stellung ,  welcbe  sio  erbalten,  kann  aucb  darauf 
binweisen,  dasz  sie  ein  unecbter  Zusatz  ist.  Und  dafttr  ent- 
flcheide  ich  niich  durcbaus.  Der  krass  mytbologiscbe  Ton 
will  zu  dem  sanfteren,  weicberen  Ton  der  bislierigen  Stro- 
pben  niebt  passen,  der  mit  litiquefida  tellus  gleieb  \neder 
empfonden  wird.  Die  zusammengepreszte  Mytbologie  in  der 
genannten  Stropbe  ist  nocb  um  so  auffallender,  da  wir  das 
Mytbologiscbe^  bescbeiden  angebracht,  scbon  in  der  zweiten 
und  dritten  Stropbe  batten,  ja  mit  der  compescens  unda  otn- 
mbtis  enaviyanda  docb  eigentlicb  scbon  dassel1>e  wie  mit  dem 
visendus  Cocytus.  — 

Aber  icb  kann  nicbt  umbin  aucb  die  letzte  Stroplie  für 
unecbt  zu  baltcn.  Wo  war  denn  eine  Andeutung,  dasz 
Postumus  ein  Mann  sei,  der  kärg  undsparsam,  wenn  nicbt 
geizig,  seines  Vermögens  nicbt  geniesze?  Ja  der  voran- 
gebende  Vers  scbeint  docb  auf  die  Pflege  eines  Gartens  zu 
deuten.  Und  dazu  kommt  der  übertriebene  Ausdruck  in 
der  Stropbe: 

Die  bundert  Scblüssel,  mit  deneu  der  Wein  verwabrt 
wird,  der  Wein,  der  nocb  besser  ist  ais  der  Wein  der 
Priesterscbmäuse.  Scbwerlicb  aucb  bätte  Horaz  ricbtigeres 
Gefübl  den  Erben  gerade  diymor  genannt,  um  ibn  gleieb  in 
einer  Wirtbscbaft  in  entgegengesetzter  Ricbtung  zu  scbildern, 
die  docb  nicbt  diyna,  aucb  nacb  Horaziscbem  Sinne  nicbt 
digna  ist 

Das  Ergebnisz  ist:  die  vier  ersten  Stropben  mit  der 
secbsten  sind  ecbt  und  sebr  bübscb.  Der  ecbte  Scblusz  ist 
dann  verloren.  Statt  seiner  baben  sicb  zwei  unecbte  Stro- 
pben, die  fOnfte  und  die  letzte,  eingedrängt. 

Od,  II,  15  lam  pauca  aratro  — 

Hier  baben  wir  ein  Capitel  Antiquitäten,  Aufzäblung 
Ton  Einzelbeiten.    Und   ein   belebender  Gedanke  für  Kopf 


Xü   OüB  U,    15,  LXXXVU 

oder  Gemüth,  eine  Gnome,  eine  Hahnung,  eine  Warnung 
i8t  in  dem  ganzen  Gedicht  gar  keine.  Ich  müszte  es  fiir 
unhorazisch  halten  —  wie  auch  Peerlhamp  thut  —  aueh 
wenn  der  Ausdruck  besser  wäre  ais  er  denn  doch  wirklich 
ist.  Allein  der  Ausdnick  ist  schwerfällig.  und  sonderbar  un- 
gelenk:  denn  die  Ungelenkigkeit  scheint  viel  mehr  ais  die 
Affectation  die  Sonderbarkeiten  herbeigeführt  zu  haben. 
Im  einzelneu,  ob  moles  treflfend  ftir  die  Stelle  ist,  wo  es 
niebt  auf  die  Hõbe  der  Gebäude,  sondern  auf  die  Ausdeh- 
nung  der  Anbauten  und  Anlagen  ankommt,  ob  stagna  be- 
zeicbnend  genug  gewählt  ist  fQr  die  piscinae,  mag  dahinge- 
stellt  bleiben.  Befremdend  darf  wol  auch  V.  14  cammune 
Mas  Gesamtvennögen   erscheinen. 

Aber  sonderbar  ist  doch  gewisz  'alle  Fülle  fdr  die 
Nase',  Lateinisch  omnis  copia  narmm^  und  sonderbar  gewisz 
violaria  et  myrtus  et  omnis  copia  tianum  spargent  olivetis  (die 
nicht  mehr  vorhanden  sind)  odonnn  fertilibus  domino  priori: 
man  mag  rioietis  für  Dativ  nehmen  oder,  wie  auch  gemeint 
worden,  ftir  Ablativ.  In  den  beiden  letzten  Strophen  aber 
ist  ein  unausstehliclier  und  unverstehlicher  unlogischer  Zick- 
zack  und  Duroheinandei*ziehen  von  dem,  was  die  Ahnuth 
nicht  erlaubte  und  was  das  Gesetz  nicht  erlaubte,  was  es 
nicht  erlaubte  und  was  es  gebot.  Und  von  dem,  was  der 
bescheidene  Sinu  nicht  erlaubte,  ist  gar  keine  Rede.  Aber 
freilich  das  wäre  schon  ein  Gedanke  oder  Empfindung,  de- 
reu  eben  das  Gedicht  baar  ist. 


Mehrere  Haudschrifteu  haben  dies  Gedicht  au  das 
Yorige  angeschlossen :  während  doch  wenigstens  in  einer 
Aehnlichkeit  des  Inhalts  hier  gar  keine  Veranlassung  dazu 
vorhanden  war.  Sollte  vielleicht  darin  noch  eine  Spur  sein, 
dasz  es  ursprünglich  nicht  in  der  Reihe  der  Horazischen 
Gedichte  stand,  sondern  nebenbei  gescluieben,  und  sich  zu- 
fällig  länger  ais  manche  andere  Nebenschreibung  so  er- 
hielt?  —  Es  scheint  dasz  man  von  den  unechten  Anfangs- 
versen  der  zelniten  Satire  glaubeu  dtirfe,  sie  seien  ursprüng- 


LXXXVIIl  Kü  ODE  II,   l»i. 

Kell  beigeschrieben  gewesen  und  seien,  dadureh  kenntlich, 
in  einen  Theil  der  Abschriften  gar  nicht  aiifgenommen  wor- 
den,  während  sie  in  einen  andern  Theil  kanien.  Dasz  heute 
unsere  ältesten  Handschriften,  wie  man  uns  sagt,  gie  nieht 
enthalten  ist  ein  Zufall.  Denn  jene  vorztlgrlichen  Verse  wer- 
den  doch  nicht  erst  nach  dem  aoht^n  oder  neuuten  Jahr- 
hundert  entstanden  sein  sollen. 

Od.  IL  1 6  Otiimi  divos  rogat  — 

Das  otium,  welches  die  Thraker  und  die  Meder  erstrebeu, 
hier  zu  bcgreifen  und  mit  dem  otiumj  welches  der  Sturmer- 
faszte  auf  der  See  erbittet,  iu  Uebereinstimmung  zu  setzen. 
daran  werden  alle  Versuche  scheitem.  Die  Verse  5  und  (> 
sind  AusffiUung  einer  Ltlcke,  die  nach  der  ersten  Strophe 
entstanden  war.  AUein  der  Ausfall  betrug  nicht  blosz  zwei 
Verse,  wie  der  Ausfüllende  annahm.  sondem  wenigstens  eine 
Strophe  und  zwei  Verse.  Denn  der  Sinn  welcher  verlangt 
wird  läszt  sich  in  zwei  Verse  zusammengefaszt  nicht  denken. 
Dieser  Sinn  ist  aber:  Mer  mercator^  wcnn  er  auf  der  See 
von  öefahr  drohendem  Sturm  ergriflfen  wird,  bittet  die  Götter 
imi  die  Gewährung  des  othim^  demier  sich,  diesmal  errettet, 
hingeben  wolle.  Allein  kaum  ist  cr  entronnen,  so  geht  er 
wiedcr  an  die  negotia  und  föhrt  fort  zu  erwerben.  Und  nie 
kommt  er  zum  otium.  Denn  dies  ist  ein  inneres,  durch 
keine  Schätze  zu  erkaufendes,  nur  durch  innere  Genltgsani- 
keit  zu  erwerbendes  Gut.*  Es  schlieszt  das  Gedicht  mit 
V.  28.  In  den  beiden  letzten  Strophen  soil  Horatius  dcra 
GrosphuB  sagen:  Mu  bist  ein  sehr  reicher  Mann,  hast  aber 
keine  innem  Eigenschaften ;  ich  besitze  wenig,  habe  aber 
Gtenie  und  Charakter.'  Es  ist  mir  nicht  bekannt,  dasz  Ho- 
TStiiis  ein  Bolcher  Grobian  gewesen.  Auch  ist  der  Gedauke 
'dem  einen  sind  Güter  von  dicser  Art  vcrlieheu,  dem  andern 
▼on  jener  Art*  nicht  derselbe  mit  jenem  *auch  das  höchste 
Glflck  hat  stets  eine  Schattenseite ,  ftlr  welchen  Achilles 
und  Tithonus  noch  passende  Beispiele  sein  kõnnten,  so  dasz 
die  beiden  Verse  Qber  diese,  fflr  sich  genommen,   wie  mich 


I 


Zü  ODE  II,    16.    17*  LXXXIX 

dünkt,  iioch  echt  scheinen  kõnnten.  Worauf  man  dann  mit 
V.  31  in  eine  unerwartete  und  bodenlose  Grube  fällt.  'Der 
herrliche  Achilles  muszte  früh  sterben,  der  schone  von  der 
Gtöttin  erwählte  Tithouus  in  langem  Alter  dahin  siecken. 
Und  80  wird  auch  die  Zeit  vielleicht  zwischen  unger  beider 
Giitem  noch  einmal  einen  Tausch  eintreten  lassen.  Jetzt 
hast  du  Reichthum  und  keine  geistigen  Gaben,  ich  Armut 
und  Geist/  Weitere  Verrenkungen,  mit  denen  man  versueht 
wieder  in  die  Hõbe  und  ans  Tageslicht  zu  gelangen,  sind 
HO  unnatürlich  wie  erfolglos.  —  Noch  musz  die  Strophe 
scandit  aeratas  —  wegen  der  läeherlicheu  Reiterschwadronen 
—  eine  Schar  reitet  auch  nicht  schneller  ais  ein  einzelner  — 
entfernt  werden.  Der  Verfasser,  die  schõne  Strophe  III  1 
nachahmend,  scheint  dort,  wie  es  auch  Neueren  begegnet, 
statt  des  erzbeschlagenen  Schnellseglers,  einer  priva  triremis 
epist.  I  1,  95,  ein  KriegsschiflF,  gar  mit  SchiflFsschnabel,  ver- 
standen  zu  haben,  wodurch  Thorheit  entsteht. 

Od.  II,  17  Ciir  me  querellis  — 

Zu  einem  sichern  Entschlusz  tiber  dieses  Gedicht  zu 
kommen  wird  schwer  sein,  auszer  zu  dem,  dasz  es  in  dieser 
Gestalt  nicht  aus  Horaz  Händen  gekommen.  Ehisz  'das 
ridikttle  Pathos  der  Strophe  me  nec  Ckrmaerae  des  Horaz 
ganz  unwttrdig  sei',  wie  Meineke  sagt,  das  nachzuempfinden 
musz  verlangt  werden.  Meineke  ist  auch  nicht  abgeneigt, 
auch  die  folgenden  Strophen  bis  zu  Ende  mit  Feerlkamp  f(tr 
unecht  zu  halten.  Dann  wäre  also  das  Gedicht  rait  den 
drei  ersten  Strophen  abgeschlossen.  Das  scheint  wenig  be- 
fnedigend.  Mich  will  bedünken  dasz  auch  die  Strophe 
ducet  ruinam  —  an  einer  Unbestimmtheit  des  Ausdrucks 
leidet  und  an  einem  forcirten  Wesen,  wie  es  dem  Hoi-az, 
wo  es  persõnliche  und  Hcrzensverhältnisse  gilt,  nicht  eigen 
ist.  Dasz  femer  die  Sti'ophe  sen  h'bra  -  auch  nicht  Horazisch 
aussieht  mit  ihrer  gehäuften  astrologischen  Gelehrsamkcit, 
bei  der  man  gar  nichts  denken  kann.  Das  hat  Persius  ganz 
anders   gemacht  in  der   allerdings  von  der   unsrigen  nicht 


xc  Zl*   OI>K   II,    17.    18.   19.   *i'>. 

iinnbhäiigigeu  Stelie  V^  45,  welche  nur  beweisen  kõnnte, 
(Ihsz  enhveder  uiisere  Stelle  iiach  Persius  gemacht  oder 
unscre  Iiiterpolatioii  sckon  älter  ais  Persius  ist.  Meine 
Meinung  ist,  wciin  man  nicht  das  Ganze  für  falsch  balten 
will,  dasz  echt  seion  die  erste  Stroplie  und  die  drei  letzten : 
dasz  das  Gediclit  gese1irie1)en  sei  ais  nach  der  Krankheit 
Mäcenas  doch  wieder  gesund  geworden  war  und  jm  Tbeater 
eine  Freudenbezeugung  übcr  seine  Genesung  enipfangen 
batte:  dasz  Horaz  mit  seinem  nos  hiimilem  foriemus  agnaw 
meint  sein  Opfer  für  die  Genesung  des  Mäcenas.  Laobmanns 
cui  y.  25  fUr  cum  ])aszt  uns  dazu  trefflicb. 

Od.  II,  18  Non  ebnr  neque  aureuin  — 

In  dem  Metrum  unseres  Gediebtes,  aueb  niit  ein  Paar 
Anklängen  an  den  Sinu  und  Ausdruck,  ist  des  Prudentius 
ttpUoyus  verfaszt,  S.  306  Obb.  Nos  cilos  iambicos  sacramns  et 
rotatiies  trochueos  beiszt  es  V.  7.  Es  sind  34  Verse  und 
ganz  deutlicb  zweizeilige  Stropben. 

0(1.  II,  19  Bacchum  in  reuiotis  — 

Dies  wie  das  äbnlicbe  Gedicbt  III,  25  Quo  me  Bacvhe 
rupis  tui  plenum?  sind  scbwaebe  und  durcb  Patbos,  dem 
man  das  Gemaebte  gar  sebr  anfüblt,  unangenebme  Gedicbte. 

Od  II,  20  Non  UBitata  ncc  teniii  femr  — 

Es  ist  ibm  niebt  genug  ein  Sebwan  zu  werden,  sondeni 
ein  Sebwan  von  niebt  gewõbnliebem ,  besonders  starkem 
Flügell  In  einen  soleben  Sebwan  verwandelt  wird  er  ein 
^zweigestalter  Diebter  fliegen.  Denn  jeder  andere  Dicbter 
hat  nur  in  einer  Gestalt  existirt,  er  in  zwei  Gestalten.  'Icb 
werde  ein  zweigestalter  Dicbter  durcb  die  Luft  fliegen  ist 
doeh  einigermaszen  sonderbar.  Also:  icb  werde  fliegen  und 
•werde  niebt  Ifinger  auf  der  Erde  weilen.  Würde  er  denn 
idaa  wmn  er  gewöbulich  stflrbe?    Niebt  werde  icb  alsSohn 


ZU   Ol>E   II,   20.  UI;    1.  XO! 

armer  Eltern,  uicht  ich  ais  der,  den  dii  mich  nennst;  soU 
heissen  —  und  ist  fast  komisch  ausgedrückt  —  nicht  alg 
Horatios  sterben  uud  in  der  Unterwelt  bieiben,  wie  es  doch 
den  andem  Menschen  begegnet  ais  das  was  sie  sind  und 
wie  sie  heissen  zu  sterben.  Und  aiso  Horatius  stirbt  nicbt 
ais  Horatius.  Ais  was  denn?  Und  er  wird  ja  erst  recht 
ais  Honitius  bekannt  sein.  Dic  Saehe  war  und  was  ver- 
ständig  zu  sagen  war:  er  stirbt  gar  nicht.  —  Bald.werde 
ich  tlber  alle  Võlker  ais  sangreicher  Vogel  duhin  fliegen. 
Und  es  wird  mich  kennen  lemen  der  Kolcher  —  Wie? 
woran  werden  sie  denn  den  fliegenden  Schwan  ais  Horatius 
erkenneu?  Oder  wÄhrend  er  da  oben  fliegt  wird  er  dabei 
«eine  Gredichte  declamiron?  Und  wie?  die  Daker  und  Kol- 
cher haben  die  schou  von  Horaz  gehört?  und  freuen  sich 
da  oben  von  dem  Dichter  besucht  zu  werden,  in  dessen 
Oden  sie  so  schlecht  behaudelt  sind?  —  Und  der  erCahrene 
Iberer  wird  mich  lemen,  oder  studiren  (Prop.  IH,  5,  25). 
Das  heiszt  doch  wirklich:  er  wird  meine  Gedichte  lemen. 
Eine  vielleicht  fttr  schön  gehaltene  Confusion  zwischen  dem 
Schwan-Horatius  und  dem  Gedichtbuch-Horatius.  Und  all 
das  Zeug  soil  von  Horatius  sein?  Es  ekelt  mich  wirklich 
an  zu  verweilen  uud  zu  fragen,  um  wie  viel  schlechter  mit 
der  bereits  von  mehreren  herausgeworfenen  Strophe  iam  iam 
—  die  Sache  wird.  Wohl  aber  ist  darauf  aufmerksam  zu 
machen,  dass,  wenn  sie  wegfällt,  und  mit  ihr  der  albus  ahs, 
in  dem  Gedichte  jede  Andeutung  fehlt  dasz  vom  Schwan 
die  Rede  ist. 

Das  Gedicht  ist  ein  ))e8onders  unglücklicher  Versuch, 
naoh  Art  des  Schlussgedichts  im  dritten  Buch  ein  paralleles 
selbstlobendes  Gedicht  zu  machen;  sehr  wahrscheinlich  wird 
man  glauben  dOrfen,  dasz,  wie  es  jetzt  steht,  es  von  dem 
Verfasser  ais  paralleles  Schlussgedicht  für  das  zweite  Buch 
auch  gedacht  war. 

Od.  III,  1  Odi  profanum  volgus  — 

Meineke  sagt  von  dieser  ersten  Strophe,  er  hatte  sie 
von  den  Qbrigen  absondern  soUen,  denn  es  scheine  unzwei- 


XCU  ZU   ODE   III,    I. 

• 

felhaft  dasz  sie  das  Proumiiun  bätte  sein  sullen  nicht  niir 
fOr  das  erste  Gedicfat,  sondern  auch  fQr  die  folgenden  in 
demselben  Metrum  geschriebenen.  Aber  wanim  denn?  paszt 
sic  dem  Sinne  nach  zum  ersten  Gredicbte  nicbt,  so  kann  sie 
aueh  nicht  allgemeines  Motto  sein.  Denn  das  Motto  niQszte 
fflr  alle  Gedichte  passend  sein,  für  welche  es  bestimmt  ist 
Paszt  sie  aber  dem  Sinne  nach,  so  ist  das  erste  Gedicht 
wohl  emst  und  bedeutsam  genng,  um  eine  hervorhebende 
Anfangstropbe  zu  haben.  Was  es  sonst  Bedenkliches  haben 
mag  fttr  antike  Sitte,  eine  Strophe  solehen  Inhalts  und 
Schwunges  nicht  künstlerisch  verwoben  zu  sehn,  sondem 
ais  abgesondertes  Motto  für  sechs  Gedichte,  will  ich  benihen 
lassen.  Denn  es  giebt  gegen  Meinekes  Meinung  noch  ent- 
schcidende  Grttnde.  Diese  Annahme  hat  nämlich  gegen  sich 
den  Schlusz  der  dritten  Ode  non  hoc  iocosae  conveniet  lyrae 
und  den  Anfang  der  vierten  Descetide  caelo.  Wer  hier 
ais  ein  Ton  den  Musen  bevollmäehtigter,  von  den  Musen 
ausgestatteter  Verkünder  ihrer  Weisheit  auftritt,  kann  weder 
sagen,  er  sei  eigentlich  fdr  so  emste  Dinge  kein  Organ 
noch  kann  er  die  Muse  erst  herbeirufen,  ja  sich  noch  wun- 
dem  wenn  sie  ihn  schnell  erhõi*t.  Sodann:  was  doch  ohne 
Zweifel  der  Hauptanstosz  für  die  Vereinigung  der  Strophe 
mit  dem  ersten  Gedicht  ist,  das  trennt  sie  auch  von  den 
übrigen.  Zwar  kommt  etwas,  was  die  Jungfrauen  angeht, 
in  der  sechsten  Ode,  und  in  dieser  allein,  vor  (21  flf.),  aber 
wahrlich  so  ausgedrückt,  wie  man  zu  den  Jungfrauen  selbst 
gar  nicht  si)rechen  kõnnte,  sondern  zu  ihren  die  Schuld 
tragenden  Mttttem.  Hiernach  ist  es  gar  nicht  mehr  nõthig 
zu  urgiren,  dasz  auch  —  etwa  mit  Ausnahme  des  zweiten 
—  Ton  und  Art  dieser  Gedichte  nicht  an  pueri  gerichtet  ist. 
Nur  das  eine  sei  bertthrt.  Die  fragende  Form  am  Schlusz 
des  ersten  Gedichtes  quod  st  dolentem  .  .  .  cur  invidendis 
postibus  et  noro  sublime  riiu  moiiar  a triumf  cur  raile  per- 
mutein  Sabina  divitias  operosiores?  paszt  diese  etwa  für  ein 
Knabenpublicum  ?  So  spricht  man  vor  eineni  erfahrenen 
Publicum,  mit  welchem  man  tiberlegt.  Aber  tiberhaupt  die- 
ser Frageton   ist    kein  Lehrton,    kein    überl^ener  Lehrton 


ZV   OI)£  UI;    1.  XCIII 

wie  ihn  das  Auftreteu  in  jener  Strophe  ankttndigt.  Dies 
darf  gesagt  werden,  weil  es  wahr  ist;  zur  Abweisung  der 
ersten  Strophe  wäre  es  nicht  mehr  nõthig.  Das  sohõnste 
Verständniss  übrigens  gibt  die  Annahme  dasz  HoratiuB  die 
Bchluszfragen  an  sich  selbst  gerichtet  spricht  Das  Gedicht  entr 
hält  in  groBsen  Zttgen  die  Hauptsätze  seiner  durch  Betracb- 
tung  der  umgebenden  Bestrebungen  nur  befestigten  Lebens- 
weisheit,  zunäebst  recapitulirt  für  sich  selbst.  Die  Sätze  sind: 

Auch  die  hõchsten  menschlichen  Machthaber  stehen  doch 
onter  der  Gewalt  des  lupiter^  der  allein  der  allmächtige  ist 
(5—8).  Unbestrittener  Hauptsatz^  kurz  und  kräftig  in  6iner 
Strophe  hingestellt. 

Was  Menschen  anbetrifft,  so  mõgeu  innerhalb  des  Be- 
reichs  menschlicher  Verhältnisse  Abstufungen  in  Stellung 
und  Ansehen  immerhin  stattfinden ;  allein  diese  Unterschiede 
sind  eitel:  der  Tod  erfasst  alle  gleichmäszig  (2  Strophen, 
9—16). 

Schuldbewusztsein,  auch  in  hõchsten  Verhältnissen,  ver- 
hindert  jeden  noch  so  rafiinirten  Lebensgenusz,  ja  die  noth- 
wendigste  Lebenserquickung,  den  ruhigen  Schlaf,  der  da- 
gegen  die  niedere  Hütte  und  die  Ländlichkeit  aufsucht 
(ebenfalls  2  Strophen,  17—24). 

Genügsamkeit  in  Lebensgeuusz  und  Lebensbedürfnissen 
sehützt  vor  den  Gefahren  des  Meeres  und  vor  den  Un- 
sicherheiten  und  Sorgen  groszer  Landbebauung  (2  Strophen, 
25—32). 

Dagegen  die  groszen  BedUrfnisse  des  Luxus  steigern 
sich  fort  und  fort  und  suchen  im  Ueberdrusz  Abwechselun" 
gen  und  Ortsveränderungen;  allein  gewisz  wird  man  durch 
Ortsveränderung  Furcht  und  Besorgnis  nicht  los,  sie  folgen 
zu  jedem  Orte  nach  (2  Strophen,  33—40). 

Also  — 

Nach  diesem  Gange  ist  mir  die  Erwähnung  des  Ueber- 
dnisses  des  Reichen,  der  aus  Ueberdrusz  an  seiner  Land- 
Tilla  ins  Meer  baut,  võUig  treffend  und  wesentlich.  Dem 
zweiten  Bedenken,  das  Meineke  für  die  Verwerfung  der 
Strophen  33—40  stimmte,  Icann  man  weniger  dreist  entgegen- 


XOIV  ZV  01>E   Iil,    l. 

treten.  Demungeachtet  sollte  es  denn  wirklicli  so  auflFallend 
sein,  wenn  Horatius,  indem  er  von  jenen  Öeebauten  ais 
einer  Ungelieuerlichkeit  zu  sprechen  denkt,  sich  des  Aus- 
dnicks  bedient;  Men  Fisehen  wird  das  Meer  zu  eug,  und 
mit  einem  kleinen  Schritt  weiter :  'sie  fUhleu  das  Meer  ver- 
engt*  ?  An  der  i)aralleleu  Stelle  epist.  I  1 ,  83  fühlt  das 
Meer :  ^nuilus  tn  orbe  sinus  Baiis  praelucet  amoenis  sl  (Uxit 
dives,  iaciis  et  mare  sentit  amoi^etn  festinantis  eri.  Und  so 
eben  beschuldigte  der  Baum  die  Witterung.  Ich  finde  da- 
gegen  AnBtosz  an  dem  frequens,  'Häufig,  vielfacli'  läszt  der 
Untemehmer  die  Baustflcke  liei-ab*:  das  scheint  mir  unmäszig 
prosaisch  und  unerträglieli  ftir  den  welcber  alles  nächst  Fol- 
gende,  wie  mir  scheint,  ungeraeiii  schon  und  poetisch  ^re- 
dacht  und  gesagt  hat.  Wie  sohõn  ist  minae :  die  imminenth, 
Ein  huc  i^^ehens  scheint  mir  wol  passend:  'hieher  schafft  er 
—  wohin  ftie  wahrlich  nicht  gehõren,  wo  wahrlich  ihr  Ort 
nicht  ist.  Ich  hatte  auch  huc  ferms  8<'hreiben  kõnneii.  Doch 
mhens  ist  wol  vielmehr  das  Treflfende  und  Gangbare  in 
solcher  Verbindung. 

Um  nun  mit  einem  Worte  zur  ersten  Strophe  zurttck- 
zukehren,  sie  musz  fort.  Sie  ist  entweder  gar  nicht  von 
Horatius,  oder  ist  sie  von  Horatius  —  an  und  für  sicli  ist 
sie  htibsch  genug  —  so  kõnnen  wir  sie  nur  ais  ein  friuj- 
menium  Horalianutn  betrachten :  wol  niclit  aus  einer  fertig- 
gewordenen,  sondem  aus  einer  beabsichtigten  Ode.  Ich  >*ehe 
nicht  was  es  eigentlich  Bedenkliches  liabe  anzunehnien 
(worauf  Gruppe  schon  liingewiesen) ,  dasz  man  in  Horaz 
Nachlasz  einzelne  Stropheu  fand,  die  er  zur  Uebung  oder 
ais  Theile  beabsichtigter  und  wenigstens  in  dieser  Gestult 
nachher  nicht  fertig  gearbeiteter  Gedichte  niedergeschrieben  : 
dasz  dann  ein  Freund  solche  Reliquien  zunächst  nur  auf  sein 
Exemplar  sich  abgeschrieben :  dasz  er  oder  baid  ein  ande- 
rer  auch  gesucht,  sie  an  irgend  einer  scheinbar  einiger- 
maszen  passenden  Stelle  einzuschreiben ,  vielleicht  gar  mit 
kleinen  Aenderungen  einzuweben:  dass  sie  dann  endlich 
von  da  in  viele  Exemplare  sich  fortpflanzten. 


ZV   ODE   IH,   2.  XCV 

Od^  III,  2. 

Mir  scheinen  uim  aucli  in  die  zweite  Ode  solclie  ötro- 
phen  gekommeu  zu  sein ,  im  hochlehrhaften  Ton  scheinbar 
dieser  Stelle  aupassend,  durch  den  logischen  Zusammen- 
bang  auf  das  unzweideutigste  aus  ibrer  Stelle  zu  verweisen. 
Diese  sind  die  fttnfte  Stropbe  vü*tus  repulsae  —  und  die 
siebente  und  achtc  Stropbe  est  et  fidell  u.  s.  w.  Dasz  wir 
alle  diese  Stropben  so  hinter  dem  Vorangebenden  fortlesen, 
und  dasz  wir  sic  selber  binter  einander  fortlesen,  ist  wirk- 
licb  nicbt  wcl  getban.  Weleber  Menscb  oder  Gott  kõnnt€ 
wol  sagen  wie  das  est  etfdeli  —  bieber  gerätb.  Aber  aucb 
das  virtus  repulsae  an  das  Vorige.  Und  selbst  nicbt  die  bei- 
den  Stropben  mit  virtus  gebõren  zusammen,  dereu  erste  von 
der  Tugend  in  ibrer  avxaQXBia  redet,  die  zweite  von  <ler 
Tugend  die  sicb  den  Lobn  der  Unsterblicbkeit  gewinnt. 
Aucb  tritt  in  der  fünften  Stropbe  plõtzlicb  die  virtus  des 
Statsmannes  auf,  wäbrend  von  der  kriegeriscben  virtus  die 
Rede  sein  musz,  welcbe,  wenn  nacb  V.  16  gleicb  die  Stropbe 
virtus  recludens  immeritis  mori  folgt,  selir  wol  angezeigt 
und  involvirt  ist.    Also  erbielten  >vir  ais  zweite  Ode  folgende : 

Aii^stam  amice  pauperiem  pati 
rohustus  acri  militia  puer 
condiscat  et  Partkos  ferocis 
vexet  eques  metucndus  hasta 

vitani({uc  sub  divo  et  trepidis  agat 
in  rebus,  illum  cx  moenibus  bosticis 
matrona  bellantis  tyranni 
prospiciens  et  adulta  virjro 

suspiret:  ekeu ,  ue  rudis  agminum 
sponsus  laccssat  regius  asperum 
tactu  leonem,  quem  cruenta 
per  medias  rapit  ira  caodes. 

duice  et  decorum  est  pro  patria  mori: 
mors  et  fugacem  persequitur  virum, 
nec  parcit  inbellis  iuventae 
poplitibus  timidoYe  tergo. 


XCVI  Zü  ODE  III,  2. 

viitus  recludens  inmeritis  mori 
caelum  uegata  temptat  iter  Tia, 
coetnsque  yolgans  et  ndam 
s)>emit  huimitn  fngiente  penna. 

Das  läszt  sich  scbon  huren.  Mit  paplittbus  timidove  tergo 
ttbrigens  das  Gedicht  etwa  zu  schlieszen  finden  wir  ganz 
imbefriedigend.  Es  ist  dann  fUr  den  groszen  Anlauf  zu  kurz 
und  für  den  gi^oszen  Ernst  und  Schwung  in  dem  Schlusz 
gerade  mit  dem  Motiv  *der  Tod  ergreift  js^  auch  den  Feigen 
ein  Abfall  wie  er  dem  Horaz  gar  nicht  zuzutrauen  ist.  Nnn 
habe  ich  aber  noch  eine  Vermuthung,  auf  welche  einzugehen 
ich  freilich  anheimstellen  musz.  Dasz  nemlich  zwei  Strophen 
aus  der  nächsten  dritten  Ode,  V.  49 — 54  aurum  ifirepertum  — 
und  quicunque  mimdo  — ,  welche  dort  ursprünglich  nicht  hin- 
gehören  kõnnen,  aber  gut  scheinen  und  vor  den  fibrigeu; 
die  wir  dort  ais  Zusatz  erkennen  werden,  sich  hervorhebend, 
in  diese  zweite  Ode  gehõren  mochten,  nach  Strophe  3.  Dann 
erhalten  wir,  wie  mich  dttnkt,  ein  schones,  voUes,  sich  gar 
befriedigend  erweiterndes  und  erhebendes  Gedicht. 

Augustam  amice  pauperiem  pati 
robustus  acri  militia  puer 
coudiscat  et  Parthos  ferocis 
vexet  eques  metuendas  hasta 

vitamque  sub  divo  et  trepidis  agat 
in  rebus,  illum  ex  moenibas  hosticis 
matrona  bellantis  tyranni 
prospiciens  et  adulta  virgo 

sospiret:  eheu,  ne  rudis  agminum 
spousus  lacessat  regius  aspenim 
tactu  leooem,  quem  cruenta 
per  medias  rapit  ira  cacdes. 

aurum  inrepertum  et  sic  melius  situm, 
cum  terra  celat,  spemere  fortior 
quam  cogere  humanos  in  usus 
omne  sacrum  rapiente  dextra 

quicumque  mundo  terminus  obstitit, 
hunc  tangat  armis,  visere  gestiens 
qua  parte  debaccheatur  ignes, 
qua  nebulae  pluviique  rores. 


ZU   ODE  m,  3.  XCVII 

dulce  et  decoram  est  pro  patria  mori : 
mors  et  fagacem  persequitur  vimm, 
nec  parcit  inbellis  iuventae 
poplitibus  timidove  tergo. 

virtns  recludens  inmeritis  mori 
caelum  n^ata  temptat  iter  via, 
coetusque  volgares  et  udam 
spemit  humum  fugiente  peuna. 

Od.  III,  3  lustum  et  tenacem  — 

Dann  wären  hier  zwei  Stroplien  an  eine  passende 
Stelle  gesetzt,  die  wenigstens  an  die  Stelle,  wo  sie  jetzt 
stehen,  III,  3,  49  nicht  gehoren.  Dasz  diese  moralisirende 
Strophe  aurum  inrepertum  —  dort  im  Munde  der  luno  auf- 
fallend  unpassend  eintritt  ist  schon  bemerkt  worden:  welche 
die  Grösze  nnd  Dauer  Eoms  nicht  von  der  Moralität  ab- 
hängig  gemacht,  auch  nicht  seine  Moralität  prophojseit,  son- 
dem  seine  Macht  unter  bestimmten,  ihren  personlichen  und 
Hoheitsgefühlen  Rechnung  tragenden  Bedingungen.  Hier- 
mit  sind  wir  in  die  schwierige  dritte  Ode  gelangt.  Sie  hat 
nach  V.  44,  womit  man  am  liebsten  das  Ende  haben  möchte, 
jedenfalls  noch  andere  und  zwar  schlechte  Einschiebungen 
erhalten.  Die  Strophe  horrenda  läte  —  scheint  doch  mit 
dem  mittelländisehen  Meer  und  Aegypten  geringere  Grenzen 
ZU  setzen  ais  die  voraugehende,  und  Grenzen,  die  den  da- 
maligen  römischen  Ohren  gar  nicht  imponiren  konnten. 
Und  die  Strophe  tor  sl  resurgat  —  verräth  sich  auffallend: 
dasz  luno,  welche  in  Voraussicht  femer  Zukunft,  wie  es 
der  Gõttin  geziemt,  Yon  Parthem  prophezeit,  hier  šich  be- 
schränkter  Weise  einbildet,  sie  wttrde  immer  und  immer 
noch  mit  ihrcn  Argivem  aus  der  liias  operiren,  ist  einfältig. 
Ob  V.  58  das  nlmlum  pll  rebusque  fdenter  erklärt  werden 
kann,  mag  dahin  gestellt  bleiben:  mir  will  sich  die  Logik 
nicht  fttgeu. 

Mit  dieser  dritten  Ode  hat  sich  ein  ausgezeichneter 
Mann  eingehender  beschäftigt,  K.  L.  Struve.  In  seinem 
Aufsatze,  'tiber  Veranlassung  und  Absicht'   dieses  Gedichtes 

Lehrs.  Horatios.  (« 


xc  vm  Zü   ODE  III,   3. 

(opus<\  vol.  2)  leae  ieli:  'Wenn  ungegrabenes  Oold.  .  .  Es 
ist  freilieli  nicht  zu  leiignen,  daciz  im  Zasiunmenhaiigc  diese 
Veree  felilen  kõnnen,  da  8ie,  >vie  gesagt,  nicht  Bediugung 
der  luno  sein  kõnnen;  es  ist  mir  ferner  nicht  zweifclhaft, 
dasz  einzelne  Strophen  hier  und  da  dem  Horaz  unterge- 
schoben  sind,  worüber  Buttmann  mit  feinem  Gesehmack  im 
zweiten  Bande  seines  Mythologus  gesprochen  hat:  aher 
diese  herrliche  Strophe  diesem  Gedichte  nelimcn  woUen, 
wie  neiicrc  Hyperkritik  wollte,  ist  in  meinen  Augen  wahrer 
Frevel,  da  der  ernste  Inhalt  desselben  gRnzlich  dem  tiefen 
Geftthle  des  Horaz  angemessen  ist/  Also  weil  die  Strophe 
herrlich  ist  und  an  sich  von  Horathis  sein  kõnnte,  darum 
ist  sie  aueh  von  Horatius;  und  nicht  nur  das,  sondem  sie 
gteht  auch  an  dieser  Stelle  richtig.  Abgereehnet  dasz  ein 
kleiner  Euphemismus  vorgekommen:  'fehlen  kõnnen  fflr 
^ehlen  mttssen .  So  schlieszt  —  das  musz  ich  noch  einmal 
sagen  —  ein  Mann  wie  Stnivc:  und  dies  ist  ein  recht  ein- 
dringliches  Beispiel  wie  unfrei  mr  dem  Horatius  gegenüber 
stehn.  Und  so  geht  es  uus  noch  hente.  Ich  also  kann 
nicht  anders,  ais  annehmen  dasz  Horazens  Gedicht  wirklich 
mit  triumphatisque  possit  Roma  ferox  dare  iura  Medis 
schlosz.  Das  Folgende  ist  Erweiterung,  durch  grõszeren  und 
kleineren,  auch  groszen  Unverstand  sich  verrathend,  und 
dem  Inhalte  nach  nichts  hinzufügend  was  nicht  in  der 
echten  Ode  alles  prägnant  enthälten  wäre.  Die  letzte 
Strophe  non  koe  iocosae  conveniet  lyrae  ist  gomacht  nach 
II,  1,  37  sed  ne  relicHs  Musa  procax  iods  u.  s.  w.  Sie  hier 
für  Horazisch  zu  halten  und  sie  hinter  triumphatisque  passit 
Roma  ferox  dare  iura  Medis  nocli  aufzunehmen  wird  sich 
nicht  empfehlen.  Jener  Abschlusz  ist  so  auf  dem  Gipfol, 
mõchte  ich  sagen,  angelangt,  dasz  man  gar  keino  Fortsetzung 
erwartct.  Der  Dichter  hat  die  Sache  fertig  gebracht:  und 
ilann  ist  es  wunderlich  zu  sagen:  doch  hõre  auf;  dieser 
StofT  paszt  dir  nicht.  Auch  erscheint  das  ganze  (jodicht 
von  Yom  herein  zu  emst  und  aus  selbstangeregten  Betrach- 
tungen  hervorgegangen,  ais  dasz  es  naturgemftsz  und  auch 
klug  wäre,  das  Gedicht  gleich  wieder  abzuschw&chen  durch 


Zü  ODE   lU,  3*  XCIX 

daa  Gestftndnlsa;  es  sei  nur  eine  Kunstpflanze  in  dem  Gar- 
ten  des  Autors.  Dies  werden  die  Grttnde  sein,  aus  denen 
mich  wenigstens  die  Strophe  hinter  Boma  ferox  dare  iura 
Medis  geiesen  —  denn  den  Wegfall  der  weiteren  Stro- 
phen  musz  ieh  entschieden  festhalten  —  jedesmal  wie  ab- 
fällig  und  ungebõrig  ])erührt. 

Doch  in  der  eehten  Partie  ist  uoch  einiges  in  Erwä- 
gung  zu  ziehen.  Hauptsächlich  das  Troica  quem  peperit  ne- 
potem  V.  32.  Dies  musz  ich  für  unmõglich  erklären.  Die 
Zeit,  in  welcher  luno  redet,  was  und  wie  sie  es  redet  (das 
aufgeregte  Ilion  lUon  —  iam  nec  —  bellum  resedit)  musz 
eine  Zeit  baid  nach  der  Zerstörung  Trojas  sein:  und  das 
Perfectum  peperit  musz  ich  für  unmõglich  halten.  luno 
spricht  prophezeiend :  dederit.  Das  invisum  nepotem  beiszt 
dann :  den  mir  bis  jetzt,  in  der  Voraussicht,  verhaszten.  Icb 
meine  das  geht  wohl :  allein  ein  viel  befriedigenderer  Gedanke 
entsteht  durcb  eine  kleine  Aenderung,  nämlich  in  invietum. 

Zu  betrachten    hat  man    noch    das    illum    ego    Ivcidas 

hiire  sedes,  dticere  nectaris  sucos  et  adscrihi  quietis  orilinibus 

patiar  deorum,    Hat  Honiz  hier  einmal^    vielmehr  einmal 

drei  gleichmäszige  Glieder  so  verbunden,  einmal  ohne  Con- 

junction  und    dami    mit    et?    Nein.     Es   musz   verstanden 

werden:    ich  werde    zugeben   dasz  er  in'den  Himmel  ein- 

trete  (nicht    sterbend  in  die  Unterwelt    gehe,    sondern  — 

Martis  equis  —  in  den  Himmel    eintrete),    dasz  er  sodann 

durch  Trinken  von  Nektar  (Saft  des  Nektar  wol  absichtlich 

zur  Hervorhebung  der  belebenden  Kraft)  zum  unsterblichen 

Gotte  werde.    Allein  mir  scheint  darin  eine  gewisse  über- 

flässige  Accuratesse  und  Pedantcrie   zu  liogen.    Aber  sehr 

schõn  wird  es,  auch  die  Sonderung  in  zwei  Glieder  klarer 

hervortretend,  wenn  man  für  inire  schreibt  merere,    Womit 

auch  das  Moment,  von  welchem  aus  Horaz  auf  den  Romulus 

ttberging,  wie  durch  invietum  schlieszlich  wieder  in  Erinne- 

rung  tritt,  dasz  auch  Romulus  durch  eigenes  Verdienst  sich 

flberhaupt  orst  einen  Anspruch  zur  Erhöhung  unter  die  Gõtter 

gewinnen  konnte. 

Jene  Verbindung  betreffend  will  ich  erinnern,  dasz  man 

G2 


C  ZC  ODE   III,   4. 

zwar  0(1.  I,  11,  16  gapiasy  vina  iigues  et  spatio  brevi  xpem 
langam  reseces  nicht  dahin  ziehen  wird,  dasz  aber  docli 
hinter  sapias  eine  groszere  Interpunction  ais  das  gewöbnlieh 
in  den  Ausgaben  gefundene  Komma  durchaus  z^veckmäszijr 
ist  Aber  wie  ist  es  denn  mit  ep.  I,  7,  55  //,  redii  etnarrat: 
Volteium  nomine  Menam  —  Diese  Interpunction  Icitet  irre. 
Vielmehr,  wenn  man  überhaupt  eine  Interpunction  setzen 
will :  fY  rrrf//,  et  narrat.  Vgl.  it  redit  officio  luppiiei*  ipse 
suo  Ov.  Fast.  I,  126.  afgue  inter  mensas  ire  redire  suasyiart. 
12,  60.  ficet  expositum  per  limen  apcrto  ire  redire  gradit 
Stat.  siir.  II,  35.  fOv.  met.  II,  409  dum  redif  itgue  freguens). 

Od.  UI,  4   Descende  caelo  — 

Der  Sinn  in  dem  unangenebmen  und  unwabren,  leider 
nacb  Analogien  nicht  zu  verdäcbtigenden  Pathos  der  ersteii 
beiden  Stropben,  der  Fortschritt  in  der  folgenden  kann 
doch  nur  dieser  sein:  *Es  treibt  micb  zum  Gesange:  gib 
mir  nun,  Muse,  ausftthrlicbes  Lied  ein  (nicbt  etwa  ein  klei- 
nes  carmen  amabile),  Hõrt  ihr?  Scbon  ist  sie  da  mit  ihrem 
Liede,  scbon  bat  sie  meine  Phantasie  mit  Auge  und  Obr  in 
ibre  Spbäre  erbõbt.  So  augenl)licklicb  bat  sie  micb  erburt. 
Und  80  sind  mir  yon  jeber  die  Musen  gtinstig  gewesen,  indem 
sie  micli  auf  wundcrbare  Weise  aus  Gefabrcn  gerettet  scbon 
ais  Kind  (Str.  3.  4.  5),  dann  ais  Erwacbsenen  aus  des  Krie- 
ges  Gefabren  und  der  See  und  vor  dem  stttrzenden  Baum 
(Str.  7).  Und  so  wttrde  icb  aucb  in  Zukunft  untcr  allen 
Gefabren  der  droliendsten  Brandung,  des  verderblicbsten 
Kiimas,  der  ungastlicbsteu  Vulker  micb  sicber  füblen.*  In 
diesem  notbwendig  gegebenen  Gedankengangc  bat  die  secbsto 
Stropbe  V.  21 — 24  keinc  Stätte.  Heiszt  rester,  Camenae  — 
'unter  curem  Scbutzc  reise  icb',  so  ist  sie  tboricbt,  denn  die 
Rcisen  nacb  Tibur,  PrUneste,  Bajä  bietcn  keine  Gefabren. 
Soil  es  beiszen:  *ibr  babt  micb  scbon  ais  Kind  gescbützt 
und  so  empfinde  icb  aucb  jctzo  micb  in  eurem  Scbutz,  em- 
pfinde  nämlicb  dasz  ibr  willig  mir  Poesie  eingebt,  sobald 
icb  bierber  auf  mein  Sabinum  oder  sonst  in  eincn  jener 
stillen  ünd  naturscbõnen  Orte  —  nur  so  kjinn  icb  verst^boii 


2U  ODE  III,  4.        ,  C£ 

warum  Rom  niclit  genannt  ist  —  um  zu  diehtcn  mich  hin- 
begebe'?  Das  letzte  musz  die  Strophe  heiszen,  aber  sie 
kann  dann  uumoglich  hier  stehen,  wo  sie  den  Zusammen- 
hang  der  Errettungen  aus  den  Gefahren,  den  gehurigen  und 
zusammengehürigen  Fortschritt  von  Strophe  5  zu  Strophe 
7  unerträglich  unterbricht.  Durch  ihre  gänzliche  Entfernung 
würde  die  nothwendige  Anrede  der  Musen,  Camenae,  ver- 
loren  gehen.  Es  bleibt  also  tibrig  ihr  den  Platz  ais  dritte 
Strophe  zu  geben.  'Gleich  hat  sie  mich  erhört;  ja  wol 
immer  empfinde  ich  dasz  ihr  willig  mir  Poesie  eingebt'  usw., 
wie  oben  gesiigt.  'Habt  ihr  mir  doch  euren  auflfälligen 
Schutz  in  wunderbaren  Zeichen  in  erster  Kindheit  und  da- 
mals  wie  in  späteren  Lebensstufen  durch  wunderbaren 
Schutz  in  Gefahren  bewährt.  Und  so  würde  ich  auctf  usw. 
bis  Vers  37. 

Der  Fortgang  von  V.  37  wäie  nun  dieser:  *so  wie  ich 
an  mir  euer  Verdienst  erfahreii  und  eben  gepriesen,  so 
liabe  ich  ein  anderes  Verdienst  zu  preisen,  dessen  Wirkun- 
gen  mir  nähe  liegen,  doch  zugleich  in  wcitere  Sphären  des 
States  sich  hinerstreckeu.  Ihr  seid  es,  in  deren  Umgang 
Cäsar  Erholung  von  den  Anstrengungen  des  Krieges  sucht, 
und  der  Umgang  mit  euch  ist  es  ohno  Zweifel,  dem  er  die 
jlililde  seiner  Entschlieszungen  verdankt.  Wissen  wir  doch 
wie  lupiter  und  die  niilden  GGtter  lupitcrs  die  wilden  Un- 
gethüme  bewjlltigt/  Dieses  Svissen  wir  doch'  hat  keinen 
Zusammenhang.  Die  Musen,  von  deren  Mitwirkung  bei 
dem  Siego  der  milden  Götter  man  nothwendig  etwas  zu 
hõren  er>vartet,  verschwinden.  Es  liegt  nichts  offener  vor 
Augen  ais  dasz  nach  vos  lena  consilium  et  (hids  ei  dato  gau- 
detis  almae  ein  Gedanke  fehlt,  der  die  folgende  mythologi- 
sche  Erzählung  passend  einführt  und  ftir  den  sie  wiederum 
paszt.  Dieser  Gedanke  ist:  'und  Milde  ist  immer  stärker 
ais  rohe  Gewalt/  Dieser  Gedanke,  welcher  verloren  ge- 
gangen,  hat  den  Baum  zwischeu  almac  und  scimua  einge- 
nommen,  den  nothweudigen  Raum: 


(m  su  ODE  UI,  4. 

VM  leac  cdBiiHim  ei  daiU  et  dbto 
gsndetn 


sciraos  nt  inpios 

TiUnas  imnuuieiiKiiie  tomumi 
fiilmine  snstnlerit  cadaco. 

S^i  ifit  alle»  in  Ordming.  Ueber  üneehthcit  der  Strophe 
tetiit  mearum  ist  doch  wol  nicht  nõthig  noch  ein  Wort  zu 
rerliercn. 

\.  \0  me  fabulosae  Voiture  in  Appuio  altricis  extra 
Imen  Apuliae  ludo  fatigatumque  somno.  DasE  es  ansmmg 
sei  *aaf  dem  Appulischen  Voltur  ausserhalb  Appolien  hat 
Bentley  bemerkt,  ja  aiusgeflihrt.  Ebenso  ineptum  plane  et 
nbmrdum  esse  de  nulriciM  namine  hic  cogitare.  Sein  altricix 
gedulae  int  nun  aber  hier,  wo  doch  eine  Nacblässigkeit 
der  alirtar  näher  liegt,  nicht  ansprechend.  S.  Horkel  S.  33. 
HorkelA  adulterae  hat  auch  keinen  Beifall  gefiinden:  ver- 
mnthlich  weil  es  dem  gehobenen  Colorit  der  Stelle  nicht 
entfipreehend  »cheint.  Man  wird  von  Buchstabenähnlichkeit 
dnrchaus  abzasehen  haben  und  in  ApuUae  einen  Nachlässig- 
keitsfehler  durch  Appuio  veranlaszt  oder  unverständige  Aus- 
ftlllung  einer  Lttcke  anzunehmen  haben.  Ich  habe  versucht 
—  devio  ludo  fattgatumque  somno.  SoUte  jemand,  gewisz 
mit  Unrechty  wegen  des  Klanges  Bedenken  haben,  so  kann 
auch  devium  geschrieben  werden. 

V.  44  fulmhie  susUilerit  caduco,  Bentley  hat  das  ai  Ige- 
mein  überlieferte  cadvco  in  einer  herrlichen  Anmerkung  fflr 
sprachwidrig  erklärt  und  dafttr  corusco  geschrieben.  Ich 
habe  nach  der  genauesten  Erwägung,  deren  ich  fähig  bin, 
nicht  umhin  gekonnt  ihm  zu  folgen.  'Cadere  et  decidere 
flilmeti  passim  apud  autores  dicHur  neqve  exempH*  in  re 
manifest a  est  opus,  Cadurum  tamen  Jutmen,  nt  iam  dian\ 
nemo  quisquam  appellavit.  Quid  ita?  nempe  quia  %b  caducus^ 
etsi  a  cadendo  dictum  sit,  notioni  tamen  cadendi  semper  super- 
addat  infirmitatemy  debilitatem,  fragiUtatem:  ita  ui  non  quae- 


ZU   ODE  111,   4.  CIU 

cunque  guogue  modo  cadant  caduca  recte  dieantur:  *ed  ea 
sola  guae  sponte  et  suapte  imbeeillitaie  ad  casum  et  rumam 
t endani.  Ita  lignum  caducum  apud  nostrum  (Od.  JI,  \3  te 
triste  liffmunf  te  caducum  in  damini  caput  immerentfsjy  qma 
prae  vetustate  diuttus  stare  nan  potuit,  ita  alti  folia  caduca 
giandes,  Jrandes,  flores,  guttas,  rivos^  lacrumas,  spes,  res  ca- 
dueas  et  similia  (die  Wõrterbücher  sind  an  Stoff  nicht  arm) 
dixerunt  u.  B.  w.  Nämlich  caducus  ist  unter  allen  Umstän- 
den  adjectivischer  Bedeutung,  nicht  weniger  ais  etwa  occi-^ 
duus,  deciduus^  nicht  verbaler,  participialer.  Wenn  es  Aen. 
VI;  481,  wo  Aeneas  in  die  Gegenden  der  Unterweltsgefilde 
kommt  guae  bello  elan'  secreta  freguentant^  heiszt,  nachdem 
er  eret  mehrere  dort  erschaute  Griechen  genannt:  /ue  mul'- 
ium  fleti  ad  superos  bellogue  caduci  Dardamdae,  guos  iile 
omnes  longo  ordifie  cemens  ingemuit,  Glaucumgue  Medantague 
u.  8.  w.,  80  kann  das  unmõglich  blos  heiszen,  Mie  im  Kriege 
gefollenen,  sondern  gleiehsam  *die  im  Kriege  hinfälligen* : 
es  lag  gleiehsam  in  der  Natur  der  Trojaner,  es  war  ihnen 
ais  eine  Eigenschaft,  —  ais  ihr  Loos  —  mitgegeben,  durch 
den  Krieg  vor  der  Zeit  des  natürlichen  Tõdes  hinzuster- 
ben:  kriegshinfällige:  sie  waren  nrwatfiog  avQatog  Aescb* 
Ag.  618.  Wenn  die  Menschen  im  allgemeinen  alle  caduci 
heiszen  kõnnen,  so  kõnnen  es  doch  auch  noch  einzelne  vo?'- 
sugsweise.  So  auch  vom  Tumus  Aen,  VIII,  623  simora 
praesentis  leti  tempu^ngue  caduco  oratur  tüveni.  Er  war  nun 
einmal,  zum  frühzeitigen  Tõde  bestimmt,  wie  Achilles,  vor- 
zugsweise  ein  caducus  und  ais  zum  frühzeitigen  Hinsterben 
durch  den  Krieg  bestimmt  könnte  er  ein  bello  caducus  hei- 
88en.    So  jene  Trojaner  alle. 

Aber  wie  ist  es,  wenn  es  von  der  vor  Müdigkeit  end- 
lich  hinsinkenden  Byblis  heiszt:  Ov.  Met.  IX,  651  deficiunt 
silvae,  cum  tu  lassota  seguendo  coneidis  et  dura  positis  tel- 
iure  capillis^  Bybb\  iaces  frondesgue  tuo  premis  are  caducas. 
Wie  man  dort  bei  bellogue  cadeniis  bei  Erklärem  fälschlich  las 
maovrtgy  so  hier  frondes  caducas  *  folia  guae  deciderunt!  In 
gleieher  Art  steht  Met.  VII,  841  in  der  Qeschiehte  des  Kephalus 
fronde  levem  rursus  strepitum  faciente  caduca  surn  ratus  esse 


CIV  ZU   ODE  lU,   4. 

Jeram.    Es  kaun  nur  heiszcu  ^abfälliges  Laub';  seine  Natur 
bezeichnend.    Gar  nicbt  anders  ais  Verg.  Ge.  I,  368   unter 
den  Zeicben  des  nabenden  Sturmes:  videbis  saepe  levem  pa- 
leam    et  frondes  volitare  caducas]  'gefallene   Blätter    Vosz 
niobt  genau.    Die  Frage  kann  nur  die  sein,  ob  es  an  diesen 
Stellen  allgemeiues  Beiwort  des  Laubes  ist  oder  die  caducae 
frondes^  die  es  immer  giebt,  in  gewissen  Jahreszeiten  vor- 
zugsweise  giebt,   ais  eine  besondere  Art  bezeichnend  *Fall- 
laub'.    Für  das   letzte  wird  man  sich    entsebeiden:   decidua 
heiszt  dies  auch :  Piin.  h.  n.  XVIII,  25,  60 :  Die  recbte  Zeit 
des  Säens  ist  non  prtus  quam  folia  decidermt.    Man  nimmt 
dafür   am  Untergang    der   Vergilien  an:    sed   äie   indocilis 
caeli  agricola  hoc  signum  habeat  inter  suos  vepris  humumque 
suqm  adspiciefis  cum  [folia  decident]  veider it  decidua.  Im  Bereich 
des  Laubes,    der  Früehte  ist  dies  caducus  stebender  Spraeli- 
gebrauch    geworden:     so   sagte    man   spica    caduca,  pomuy 
oieae,  u.  s.  w.    So  Lucret.    V,  1363  at  specimen  saiionis  ei 
insitionis  origo  ipsa  fuit  rerum  primum   natura  creatrix^    ar- 
boribus  quoniam  bacae  glandesque  caducae  tempestiva   dabant 
pullorum    examina  supter^     nicbt  'die   berabgefallenen   oder 
berabfallenden ,  sondem   diejenigen,    die   ibrer  Natur  nach 
berabzufallen    pflegen.     Da    Frücbte   vorzugsweise   caducae 
sind,  weun  sie  überreif,  ja  angekommen  sind,    so  kann  bei 
Frttehten  aucb  diese  Eigenschaft  damit  vorzugsweise  bezeicb- 
net  werden:  poina  caauca,  Gregensatz  integra  et  paene  dura 
Pallad.  III,    25  S.    91   ed.  Bip.     In    anderer    Sphäre  aqua 
caduca  dasjenige  Wasser,    welcbes   aus   einem  Gefäsz  über 
den  Rand  fliessen  muss,  tibei^flüssiges :  Varro  de  re  rust.  3, 5.  Aus 
einem  Gefiisz  oder  Bassin:  Frontin.  II,  94  ein  altes  Gesetz: 
Jie  quis  privatus  aliam  aquam  ducat  quam  quae  ex  lacu  humum 
accidit:  haec  enim  sunt  verba  legis^  id  cst  quae  ea:  lacu  abun- 
davit:  eam  nos  caducam  vocamus,    Das  sind  die  aquae  caducae 
bei  Ov.  Pont.  II,  6,  26,  durch  welcbe  ein  darunter  liegender 
Stein  oder  steinenier  Boden  allmählicb  geböblt  wird;   utque 
caducis   percussu  crebro  saxa    cavantur   aquis,    Also  caducus 
heiszt  alles  was  wegen  Mangel  an  Festigkeit,  Halt,   Haltbar- 
koit  (murus  caducus)  zum   Falleu   geneigt  ist,    und    desball) 


ZU  ODE  III,  4.  (;v 

knüpfte  sich  au  das  Wort  so  vorzügsweise  der  metaphorisclie 
Gebrauch  'hinfällig',  selbst  bis  dahin,  wo  der  Begrifif  des 
Fallens  gar  verschwand  wie  caducae  Httej^ae  fiunt  bei  gewisser 
Zubereitung  des  Papiers  Piin.  A.  n.  XIII,  12,  25.  oder  aus 
derselben  litterarischen  Sphäre  bei  Symmaehus  IV,  34  et 
Martiorum  qtudem  vatum  dhinatio  cadmis  corticibws  incuh 
eata  esi.  Und  wir  sind  vielleicht  geneigt  bin  und  wieder  etwas 
mehreres  in  das  Wort  zu  legen  wo  vielleicht  blos  an  diesen 
metaphoriflcben  Gebrauch  gedacht  war.  Z.  B.  wenn  Ovid 
sagt  Met.  VI,  395  von  der  Quelle,  die  aus  den  vielen  uni 
Marsvas  geweinten  Thränen  entquoU :  ferti/is  immaduit  made- 
faciaque  tevra  cadttcus  concepit  lacrimas  ae  venis  perbibit 
imiSf  80  soil  vielleicht  gar  niehts  weiter  verstanden  werden 
ais:  die  hinfälligen  Thränen  wurden  diesmal  festgehalteu 
zu  etwas  Dauerndem.  Dasz  nun  dieser  bisher  behandelte 
Gebrauch  der  allgemein  überwiegende  ist  lehrt  also  alles. 
Und  es  entsteht  die  Frage,  hat  man  dennoch  caducus  auch 
hin  und  wieder  gesagt  von  Dingen,  die  nicht  aus  Mangel 
an  Stütze  und  Halt  und  aus  Schwächlichkeit  zum  Fallen 
eine  Neigung  haben,  sondem  auch  von  solchen  welche 
niederfallen  durch  eine  in  ihrer  Natur  liegende  Kraft  und 
Mächtigkeit:  von  welcher  Art  es  wäre  wenn  man  gesagt 
hatte  fulmen  caducum,  was  jedenfalls  nicht  cadens,  decidens 
zu  erklären  wäre,  sondem  ausdnicksvoUer  Messen  Natur  es 
ist  herabzustürzen.' 

Bentley  leugnet  das:  er  kaunte  keiue  Stellen  fUr  sol- 
chen Gebrauch  des  caducus:  abgerechnet  dasz  er  fttr  die 
Anwendung  auf  dcu  Blitz  noch  insbesondere  auf  die  Stelle 
Sen.  quaest.  n.  II,  23  aufmerksam  macht,  wo  vom  Wetter- 
leuchten  (fulgurj^  im  Gegensatz  des  Blitzes  (fulme»),  dem 
^tgnis,  qui  ea^splendescat  niodo  nec  exsiliat\  gesagt  wird,  weil 
*minora  vi  ad  Juigurandum  opus  est  quam  ad  fulminan- 
dum\  so  entstehe  es  wol  durch  eine  geringere  Rei- 
bung,  durch  welche  eben  nur  ^excutitut*  ignis  caducus  et 
cito  interilurus .  Das  ist,  wie  er  II.  c.  12  es  ausdrückt,  die 
fuIguratiOf  welche  comminatio  est^  conatio  sine  ictu,  jenes  die 


CVI  ZV  ODE  III;  4. 

fulmmatiOy  die  iaculatio  cum  Mu:  welehe  wir  doch  fllr  den 
lupiter  brauchen. 

Bemerken  will  ich  hiebei;  wiewol  aus  deciduus  nichts 
fflr  caducus  folgt,  denn  es  bandelt  sicb  jetzt  um  Sprachge- 
braucb;  dasz  wenn  Plinias  jene  Veniger  bekannte'  Ansicbt 
über  den  Blitz  berührt,  superiomm  trium  stderum  (des  Sa- 
tomus,  lupiter,  Mars)  tgnes  esse  qui  decidui  ad  terras  fui- 
minum  nomen  kabenty  h.  n.  II,  20,  18  —  dasz  damit  die 
Blitze  ais  ein  Feuerabfall  aus  den  Feuem  jener  Planeten 
bezeichnet  werden ,  ein  abfallender  üeberscbusz.  Wie 
Anaxagoras  sagte,  nacb  Sen.  qu,  n.  II,  12,  illvm  ignem  ex 
aethere  distillare  et  ea;  tanto  ardore  caeli  mulla  deadere, 
quae  nubes  diu  inclusa  cuslodlant.  (A.  «.  II,  8,  6  sidera  — 
nec  cum  suo  quaeque  homine  orla  moriunlur  nec  aliquem  ex- 
stingui  decidua  significant.)  Doch  zurKck  zu  cadueus  und  zu 
Bentley.  Die  Herausgeber  kümmert  das  alles  nicbt:  spasz- 
baft  ist,  dasz  man  ibm  sogar  entgegenhält:  Uela  caduca 
Prop.  IV,  2,  53',  nämlieh:  rldi  ego  Inbentes  acies  et  tela  ca- 
duca alque  kostes  lurpi  terga  dedisse  fuga,  Was  sogar  dann 
schon  spaszhaft  wäre,  wenn  er  nicht  selbst  diese  Stelle  aus- 
drficklich  angefttbrt  und  bebandelt  bätte:  Uelum  caducum 
est  debile  ei  cassum,  nullo  impetu  et  invalido  brachh  tortum, 
ut  ostendet  tibi  Propertius  IV,  2'.  Kurz  ich  sehe  nicht  dasz 
gegen  Bentley  etwas  beigebracht  wäre.  Leider  bin  ich  auch 
unwissend :  ich  kenne  nur  eine  Stelle,  welehe  ein  Bedenken 
erregen  kõnnte,  aus  —  Sidon.  Apollinaris  epist.  II,  2. 
Der  hat  von  einem  aus  den  Bergen  hergeleiteten  Flusz,  der 
in  ein  Bassin  durch  sechs  Bõhren  und  ihre  Lõwenkõpfe 
herabfiel,  gesagt  dasz  prae  strepüu  caduci  Jlummis  die  Um- 
stehenden  sich  nicht  vemehmen  kõnnten.  Das  ist  eine 
solche  Abweichung  von  dem  sonst  bisher  erkanuten  Ge- 
brauch  von  aqua  caduca,  wie  fulmen  caducum  bei  Horaz 
wäre.  (Richtig  sagt  er  si  quid  forle  deiectu  caducae  frondis 
ager  insorduit  ep.  V,  13).  Einen  so  späten  2^ugen,  der 
vielleicht  absichtlich  neuerte  und  afFectirte,  vielleioht  eine 
alte  Stelle  miszdeutete,  fflr  den  Horaz  beweisen  zu  lassen, 
scheint  mir  nicht  thunlich.    Bis  wir  also    des  weitem  be- 


Zü   ODE  III,   5.  CVII 

lehrt  werden,  durfte  ich  caäuco  hicht  schreiben.  Sein  conis-- 
cum  Jutmen  hat  Bentley  durch  eine  glänzende  Reihe  von 
Stellen  aus  allen  Zeiten  Rõmischer  Poesie  von  Cicero  bis 
AuBonius  belegt,  deren  mebrere  vom  Blitz  schleudernden 
lupiter  der  nnsern  ganz  ähnlich  sind. 

Od.  in,  5  Caelo  tonantem  — 

In  dieser  Ode  findet  sich  das  viel  besprochene  perirel 
in  der  Cäsurstelle,  wo  eine  Länge  zu  erwarten  wäre. 

8i  non  periret  immiserabilis 
eaptiva  pubes.  'signa  ego  punicis 
adfiza  delubris  et  arma 
militibas  sine  caede'  dixit 

'derepta  vidi,  vidi  ego  civium 
retorta  tergo  braccbia  libero 
portasque  non  claasas  et  arva 
marte  coli  populata  nostro'. 

Es  war  schon  von  Glareanus  vorgeschlagen  perirent. 
Gewisz  ist  nns  bei  einem  Statius  unter  allen  Umst&nden 
nnanstõszig  ein  et  in  remts  hilaris  sedere  ivventus  Ach.  I 
559.  Bei  Ovid  werden  wir  wenigstens  baid  inne,  dasz  er 
den  Plural  bei  dem  Collectivum  oft  anwendet  und  dürfeu 
nicht  zweifeln  an  einem  iamque  brevh  spatium  vitee  sortita 
iuventus  sangurneam  trepido  plangebant  pectora  matrem^ 
qttinque  superstitihus  Met,  III,  125.  Zumal  auch  diese  Stelle 
zu  denen  gehõrt,  wo  durch  Anwendung  des  Plurals  jeder 
einzelne  aus  der  Menge  mit  seiner  Thätigkeit,  vielleicht 
auch  mit  seinem  energischen  Leiden  naturgemäsz  vor  die 
Phantasie  tritt.  Wohin  die  Horazische  Stelle  gar  nicht  ge- 
hõrt. Und  um  so  mehr  müszte  der  Pläral  auffallen  nicht 
nur  ais  ungebräuchlich  für  den  Horaz,  sondem  auch  ais  un- 
geschickt,  da  man  um  so  mehr  merken  wttrde,  nur  die  ge- 
forderte  Lftnge  in  der  Gäsur  habe  ihn  herbeigeftthrt.  So 
musz  wol  auch  Bentley  geurtheilt  haben,  der  nicht  schrieb 
perirent  immiserabilis  eaptiva  pubes.  sondem  perirent  immise- 
rabileSj  eaptiva  pubes.  —  Lachmanns  perires  befiiedigt  wol 


CVIII  Zü  ODE   III,  5. 

auch  niclit  jedenuaiiD.  Meineke  hat  es  nicht  aufgenoniinen, 
währeud  er  doch  Laclimanns  freilieh  wunderscbõnes  anxiu^ 
V.  37  unbedenklich  in  den  Text  genommen.  Icli  meines 
Theils  könnte  inich  nur  entscheiden  für  Bentley^s  si  Moti 
pertrcnf  inmiseralrües,  captiva  pubes.  Denn  dasz  Horatius, 
was  neuerlich  behauptet  wordeu,  aus  der  Altlatinität  sich 
einmal  ein  perhct  mit  Länge  in  der  Thesis  bergenommeu, 
s.  Corssen  krit.  Beiträge  560,  —  wozu  jüngst  geftigt  wird 
hjnis  Iliücas  domos  I,  15,  36,  Bücbeler  Grundrisz  der  Latei- 
niscben  Declination  S.  S,  dergleicben  gestebe  icb  aucb  von 
ausgezcicbneten  Männern,  von  denen  icb  immer  lerae  und 
immer  zu  lemen  geneigt  bin,  nicbt  annebmen  zu  können. 
So  sebr  bat  es  die  innern  Gründe  gegeu  sieb  gerade  und 
vorzugsweise  bei  Horatius,  der  mit  der  Altlatinität  auf  eineni 
80  entscbieden  gespannteu  Fusz  stebt,  dem  solebe  Formen, 
wenn  er  sie  bei  den  Alten  fand,  abstoszend  waren.  Und 
wenn  icb  nun  lese:  'Aucb  bei  Horaz  findet  sicb  in  der 
Verssenkung  handscbriftlicb  verbtirgt  periret  gemessen'  Corssen 
a.  a.  0.,  80  bleibt  rair  nur  tibrig  zu  sagen,  dasz  für  solebe 
Bedeutung  handscbriftlicber  Bilrgscbaft  in  der  Ueberlieferung 
der  Horatiusoden  mir  jedes  Organ  abgebt.  —  Wie  aber 
wenn  die  beiden  Stropben  gar  niebt  von  Horatius  sind, 
sondern  Interpolationen  ?  Denn  welcben  vernünftigen  Siun 
hat  denn  das  vidi  portas  noa  clausas  et  nrva  marte  voli  popu- 
lata  nosfro?  Man  versucbe  docb  die  Pbrase  sicb  klar  zu 
macben.  Wie  man  es  versucben  wird,  man  wird  auf  Un- 
sinn  stoszen.  Bei  dem  'icb  babe  die  Tbore  nicbt  verscblos- 
sen  geseben  unter  allen  Umständen.  Das  'icb  babe  die 
verwüsteten  Felder  von  unsern  Soldaten  bebauen  sebn  ist 
zwar  kein  Unsinn,  wenn  inan  es  so  verstobt;  aber  welcb 
einon  Stylisten  verrätb  das.  Denn  wer  da  liest  vidi  arva 
marte  coli  populata  nostro  wird  doch  zunäcbst  verstebn: 
'icb  babe  die  von  unserm  Kriegsbeer  verwüsteten  Felder 
bebauen  sebn .  Ganz  mit  Recbt.  Weil  erstlich  auch  der 
G^danke  erwartet:  'die  von  uns  verwüsteten  Felder  und 
das  feblende  'von  uns'  ungern  vermiszt  wird,  und  weil 
zweiteus  das  marte  mit  populata  natürlicb  zusammenscbieszt, 


ZU   ODE  ni,   5.   6.  CIX 

da  marte  go  in  ausdrucksvoller  Anwendung,  nicht  nur  ais 
nichtssagende  Fi|lir  fttr  exercitus  genommen  werden  darf: 
das  Heer  in  so  fem  e8  eben  verheerend,  erobernd  gedacht 
wird.  —  Uebrigens  kärne  das  hier  Gesagte  sehr  ähnlich 
wieder  V.  34.  35:  auch  ein  marte,  und  zwar  ein  ausdruckg- 
volles.  Nach  dem  allen  hat  es  för  mich  die  gröszeste  Wahr- 
Rcheinlichkeit)  dasz  aus  Horatius  Händen,  und  zwar  sehr 
schon  mit  unmittelbarem  Hineingehen  in  die  Rede  des  Re- 
gulus  nur  folgendes  gekommen : 

hoc  caverat  mens  provida  Reguli 
dissentientis  eondicioüibus 
foedis  et  exempio  trahenti 
pemiciem  veniens  in  aevuio. 

'anro  repensus  scilicet  acrior 
miles  redibit?  flagitio  additis 
damDum  u.  8.  w. 

Od.  III,  6  delicta  maionim  — 

In  einem  liebenswürdigen  Buche  eines  liebenswtirdigeu 
Autors,  im  Diderot  von  Rosenkranz,  wird  aus  dem  Kreise 
jener  geistreichen  Nichtphilologen  tiber  diese  Ode  eine  Ge- 
sehiehte  erzählt,  Th.  II  S.  293.  4.  Diderots  moralisches 
Bedenken  ttber  das  delicta  maionim  immeritus  lues  ist  frei- 
lich  eben  so  dilettantisch  ais  die  Lõsung,  zu  interpungiren 
delicta^  maiornm  immeritus,  lues  —  mit  der  Bedeutung 
ava^tog  tmv  /raxiQiov.  Wenn  aber  sein  Freund,  der  italie- 
nisehe  Geschäftsträger  in  Paris,  Galiani,  der  dies  nicht  an- 
nehmen  wollte,  bei  diesen  Verhandlungen  die  Hypothese 
aufstellte  über  die  Composition  der  Ode  ais  einer  von  zwei 
Interlocutoren  im  Wechselgesange  vorgetragenen ,  so  hatte 
er  die  richtige  Empfindung,  wozu  man  allerdings  kein  Phi- 
lologe  zu  sein  braucht,  dasz  Anfang  und  Fortgang  der  Ode 
durchaus  nicht  zusammenstimmen.  Die  drei  ersten  Strophen 
besagen:  Vemachlässigung  der  Pietät,  des  Cultus  (Tempel- 
verfall,  Nichtberücksichtigung  abmahnenderAnzeichen)  haben 


cx  Zü  ODK  lU,  6. 

da»  Un^lttck  ttber  Rom  herbeigeführt.  Sie  besagen  auazer- 
dem :  das  jetzige  Gesclilecht  »ei  daran  ^nschuldig.  Die 
Stropheii  von  Fecunda  culpae  —  und  wo  ist  irgend  eiu  Ueber- 
gang?  —  fübren  alles  zurUck  auf  die  moraliscbe  Verderbt- 
heit,  den  Verfall  der  Sittlichkeit,  und  geben  dabei  dem 
jetzigen  Geschlecht,  das,  ausdrücklicb  gesagt,  noch  schlech- 
ter  sei  ais  das  voraugehende,  eine  grosse  Mitschuld.  Von 
Fecunda  culpae  —  baben  wir  ein  bübsches  Gedicht,  auch 
uur  an  einer  Stelle  durch  falscbe  Lesart  entstellt,  seiV  dasz 
man  ma f ura  virgo  durch  Buchstabenverscbreibung  hprbeige- 
f ührt  glaubt ,  wo  man  danu  wol  matrumque  virgo  ^fingitur 
urtibus  schreiben  möcbte,  oder,  was  unzweifelhaft  im  Hora- 
tiiiö  nicht  selten  ist,  durch  unverständig  ausgefüUte  Lüeke, 
wrt  dann  einfach  Romana  vir^o  et  sidi  darbietet.  Was  ich 
vorgezogen.  Doch  diesem  hUbschen  Gedicht  fehlt  der  An- 
fang,  wie  dem  vorangehenden  der  Sehlusz.  Vou  der  Strophe 
paene  oecupaiam  ist  bisher  noch  nicht  gesprochen.  Im  ersten 
Augenblick  scheint  sie  zu  der  vorhergehendeu  nicht  zu 
passen,  weil  die  Entzweiungen,  welche  die  Stadt  dem 
Untergange  durch  barbarische  Võlker  nähe  *::ebraeht,  ein 
anderes  Motiv  scheinen  ais  die  Nichtbertlcksiehtigung  der 
Auspicien.  Indessen  könnte  auch  wol  so  gemeint  sein :  die 
über  unsere  Unfrömmigkeit  erztlmten  Götter  haben  uns  viel 
Unheil  gegeben.  Sie  haben  den  unter  Nichtbeachtung  der 
Auspicien  unternommenen  AngriflFen  gegcn  die  Parther  einen 
schirapflichen  Ausgang  gegeben:  sie  haben  iunerhalb  der 
Stadt  Entzweiung  eutstchn  lassen  und  dadurch  die  Stadt 
selbst  der  Zerst»miug  durch  Barbarcnvr>lker  nähe  gebracht. 
Nun  aber  müssen  wir  noch  einmal  auf  den  Anfang  des 
ersten  Gtedichtes,  dessen  geschichtliche  Angaben  ttbrigens 
gerechtfcrtigt  sind,  s.  Mommsen  res  g,  divi  Aug.  p.  58.  p.  85, 
—  zurückkommen.  'Du  wirst  die  Vergehen  der  Vorfabren 
unverschuldet  büszen,  bis  du  die  verfallenen  Göttertempel 
und  die  schmählich  vernachlässigten  Götterbilder  wiederher- 
gestellt  haben  wirst'.  Unverschuldet?  Wie  das?  Dasz  die 
Vorfabren  sie  haben  verfallen  lassen,  daran  ist  er  unver- 
schuldet; aber  dasz  er  sie  bis  jetzt  nicht  hergestellt,    dasz 


ZV  ODE  lU,   6.  S.  CXI 

er  daran  gemahnt  werden  musz,  dagz  der  Dicbter  sich  ver- 
anlaszt  findet,  das  Vorhaben  des  Augustus  durch  eine  Ode 
ais  eine  so  dringende  PietätspiKcht  dem  Rõmer  erst  ans  Herz 
zu  legen,  auch  daran  ist  er  unverschuldet?  und  ^Du  vrirst 
die  Vemachlässigung  der  Vorfahren  büszen^  ohne  daran 
schuld  zu  sein  • —  soil  unter  solchen  Umständen  gesagt  wer- 
den kõnnen,  ohne  dasz  hinzugefügt  wird:  derer  du  dich 
aber  durch  Fortverharren  in  derselben  Vemachlässigung  mit- 
schuldi;^  machst?  ~  Nicht  ein  moralisches  Bedenken  macht 
uns  das  mmeritus,  aber  ein  sehr  groszes  logisches,  mir  ein 
unüberwindliches.  Ich  weisz  nur  vorzuschlagen  heu  meritvs. 
Hiermit  wäre  dann  der  scbroffe  Gegensatz  zwischen  dem 
'unverschuldet*  am  Anfange  und  dem  Verschuldet'  am  Schlusz 
nicht  mehr  vorhanden.  Aber  Übrigens  bleiben  die  ausein- 
andergehenden  beiden  Theile  unvermittelt  und  ein  Risz 
nach  V,  16  bleibt  unwidersprechlich  bestehen.  Vielleicht 
käme  nun  Jemand  auf  die  Meinung  es  liesze  sich  nach  V. 
16  in  den  ausgefallenen  Strophen  ein  Uebergang  aus  der 
Unfrömmigkeit  in  die  Unsittlichkeit  annehmen  und;  zuge- 
geben  immer  den  Ausfall  von  Strophen,  hätten  wir  viel- . 
leicht  doch  ein  Gedicht  vor  uns,  nicht  zwei.  Mir  ist  dies 
weniger  wahrscheinlich :  indessen  hier,  aber  auch  erst  hier, 
hõrt  die  Gewiszheit  auf. 

Od.  III,  8  Martiis  caelebs  — 

V.  5.  Ob  docte  sermones  utrivsque  linguae,  von  Bentley 
erkl&rt:  gelehrt  in  den  Schriften  beider  Sprachen  —  richtig 
ist,  da  der  erhobene  Zweifel,  ob  die  Erwähnung  seiner  grossen 
Gelehrsamkeit,  gar  auch  in  griechischen  Schriften,  denn 
hier  veranlaszt  sei,  nicht  ohne  Grund  ist,  das  mag  dahin- 
gestellt  bleiben.  Sicher  ist,  dasz  dne  andere  Zeile  dieses 
Gedichtes  nicht  die  ursprüngliche  sein  kann:  nämlich  V. 
16  procul  omnis  esto  clamor  et  ira.  Das  ist  ja  unter  den 
gegebenen  Umständen  unsinnig.  Von  wem  ist  denn  da 
PrQgelei  zu  farchten  ?  Der  richtige  Vers  musz  verloren  ge- 
wesen   s^n.     Ich  habe   gcschrieben  procul  omnis  esto  cura 


CXII  ZÜ   ODE   III,   10.   11. 

Jhituri.  Die  letzte  Strophe  ist  von  Meineke  eingeklammert. 
Jedenfalls  sind  die  beiden  ersten  2ieilen  ohue  Sinn.  Die 
beiden  letzten  sind  gut  und  geben  einen  recht  passenden 
Schlusz.  leh  habe  sie  beibehalten.  Da  wäre  also  in  dem- 
selben  Gedicbt  noch  ein  dritter  und  vierter  schlechter  Vers 
eingesetzt  für  die  ursprüngliclieu.  Natftrlich  soil  das  nicht 
behauptet  werden.  Man  darf  eben  so  wol  die  ganze  Strophe 
för  unecht  halten. 

Od.  III,  10  Extrenium  'J^anain  — 

V.  15  bat  Meineke  bekanntlich  Pieria  ais  nomen  pro- 
prium  nacligewiesen.  Die  Interpunction ,  die  auch  er  bat 
wie  andere,  Komma  binter  curvat  und  supplicibus  tuis  par- 
008  verbunden,  ist  gewiss  nicbt  die  ricbtige.  parras  verlangt  der 
Sprccbende  kräftig  und  sinngemäsz  fftr  sich.  Zum  Ueberflusz 
habe  icb  angemerkt  miserere  stip^lmbus  tuis  Coripp.  I,  175. 

V.  19,  20  nacb  der  Ueberlieferung  non  koe  semper  erit 
liminis  aut  aquae  caelestis  patieus  la  tas  erscheinen  mir  jedes- 
mal  kõmiseb.  Denn  was  droht  er  ihf  damit?  Entweder: 
icb  werde  mir  dureh  das  barte  und  naszkalte  Liegen  zu- 
letzt  noch  Hüftvveb  oder  Fieber  zuziehu.  Oder:  icb  werde 
doeb  endlicb  das  barte  und  kalte  Liegen  nicbt  mebr  aus- 
halten  und  ganz  wegbleiben.  —  Icb  habe  geschriebeu  non 
hoc  coimiieruit  liminis  aut  aquae  caelestis  patietis  latus, 

Od.  ni,  11  Mercuri  — 

Lyde,  die  in  jugendlicb  mutbwilliger  Mädchenbaftigkeit, 
wenn  man  will,  Sprödigkeit,  noch  von  dem  Liebesverlangen 
nichts  weisz  oder  wissen  mag,  soil  zur  Liebe  bestimmt  wer- 
den dadurcb,  dasz  sie  ibr  Ohr  leibt  der  Geschichfe  von 
jenen  Mädcben,  die  zu  unliebsamer  Ebe  gezwungeu  in  der 
Brautnacht  ihre  Manner  mordetep!  Das  ist  absurd.  Oder 
dureh  die  Geschichte  jener  einen,  die  in  so  schrecklicbe  und 
ungewõbnlicbe  Alternative  versetzt,  mitleidiger,  vielleicht 
liebendcr  Gesinnung  nachgebend,  um  jenes  Verbrecbeu  nicbt 


zü  ODE  III,  n.  CXIII 

zu  begdien  in  den  Fail  kommt,  sich  selbst  zu  opfern  und 
Schreckliches  zu  erdulden.  Auch  das  ist  albern.  Es  erinnert 
mich  an  jenen  albern  frõmmelnden  Candidaten  bei  Fritz 
Reuter,  der,  während  er  ein  Mädehen  sich  zur  Heiratb  ge- 
neigt  stimmen  will,  ihr  die  Ebe  und  Ehepflicbten  ais  eine 
Hõlle  scbildert  Der  angemessene  Stofif  für  ein  solches  Lied 
war  allein  entweder  eine  Erzählung  von  Sprõdigkeit,  welche 
Venus  strafte,  oder  von  einem  beglüekten,  beseligenden 
Liebesverhältnis.  Indesscn  wir  sind  vielleicht  von  einer 
falscben  Voraussetzung  ausgegangen.  Nemlicb  bei  dem  dic 
modos^  quibus  obstinatas  adplicet  uuris  bleibt  es  fraglich :  soil 
die  Lyra  ein  Lied  geben,  das  aucb  seinem  Inhalte  nach  der 
Lage  angepaszt  und  durcb  solchen  Inhalt  bestimmend  für 
das  Mädehen  sein  soil:  das  zuerst  sich  Darbietende  scheint 
dies  allerdings :  oder  soil  die  Lyra  nur  eine  übrigens  gleich- 
göltige,  aber  spannende,  das  wilde  Kind  zur  Aufmerksamkeit 
zwingende  Geschichte  geben,  wodurch  sie  mittelbar  auch 
aufmerksam  würde  für  den  Sänger?  Und  doch!  auch  bei 
dem  letzten  Zweck  singt  man  ihr  gerade  die  Schauder  der 
Liebe  und  die  Liebestragodie  vor?  Ein  angenehmes  Mähr- 
chen  vielmehr,  soUte  man  glauben,  wie  es  Desdemona 
fesselte.  Namentlich  aber  der  emphatisch  vorangestellte 
Anfang:  so  hõre  Lyde  denn  die  Geschichte  von  denMõrde- 
rinnen  ihrer  Manner  und  der  Strafe,  welche  sie  noch  in  der 
Unterwelt  bUszen,  ist  dann  eben  auch  vom  Blödsinn  nicht 
feme.  Denke  man  sich  jedoch  beidieser  Ansicht  von  dem 
Zweck  des  Liedes  diese  Uebergangstrophe  eiumal  weg  und 
mache  eine  nothwendige  Aenderung  etwa  wie  diese:  StetU 
uma  paullum  sicca,  dum  grato  Danai  puellas  carmme  mulees. 
Quae  luunt  poenas  etiam  sub  Orco,  Dasz  er  also  im  Vorhaben, 
irgend  eine  Geschichte  aus  der  anziehenden  Fabelwelt  vor- 
zutragen,  sich  durch  einen  Anstosz  in  eine  solohe  Geschichte 
hineinziehen  läszt,  um  so  unbefangener ,  je  weiter  sie  von 
einer  Beziehung  auf  den  gegenwärtigen  Fail  abliegt.  Und 
lasen  wir  das  Gedieht  also,  so  wtirde  ich  nichts  zu  verwerfen 
wagen.  Auch  wird  sich  in  den  Strophen  von  quae  manent 
(was  in  der  vorhergehenden  mit  dem  lymphaefundo  pereuntis 

LeluTB,  Uontias.  H 


CXIV  Zü  ODE  UI,   II. 

imo  vielleicbt  nicht  ganz  unbedenkliofa  ist)  wol  gar  nichts 
angeben  lassen  in  Spracfae  und  Art  der  Erzählung,  was 
nicht  httbsch  genug  wäre.  Worauf  icb  sogleich  noch  zurück- 
komme.  Jetzt  erst  ttber  die  Interpolation,  die  ieb^  wie  schon 
gesagt^  wirklich  annehme.  Dasz  das  Gedicht  nach  der  vierten 
Stropbe  eine  Interpolation  V.  17  —  20  erhalten  hat,  ist  be- 
kanntlich  allgemeines  Urtheil  bedeutender  Manner.  Es  ist 
jenes  Cerberus  quamvis  Jurtale  centum  muniant  angues  capui 
eius  atqtie  spiritus  laeter  saniesque  manet  ore  triUnytd:  das 
Bentley  durcb  eine  wahrhaft  treflflicbe  Conjectur  capul  eoh 
eatque  zu  retten  suchte,  während  doch  schon  der  blosze  er- 
klärend  eintretende  Name  Cerberus  an  die  Händ  des.  Horaz 
nicht  glauben  läszt  Wir  nehmen  also  an,  dasz  noch  eine 
zweite  Strophe  interpolirt  ist  V.  25 — 28,  und  nehmen  noch 
an,  dasz  der  Interpolator  eine  Strophe  bildete,  für  die  es 
ihm  be(iuem  war  (er  hatte  poenas  schon  selbst  gebraucht) 
in  der  näehsten  echten  Strophe  eine  kleine  Aenderung  vor- 
zunehmen,  von  quae  luunt  poenas  in  quae  manent  culpas,  — 
Doch  Meineke  urtheilt  noch  über  die  letzte  Strophe,  sie  sel 
mit  Reoht  von  Peerlkamp  bezweifelt  worden.  Ich  kann  nicht 
anders  ais  sie  sehr  schõn  iinden  und  Peerlkamps  Reden, 
dasz  ^nostrt  memarem  sepulcro  scalpe  querellarn  rerba  mepia 
seien,  äusserst  nichtig.  Er  beginnt :  '  Verba  inepia.  Suaserat 
Lynceo  ut  quam  celerrime  fugereL  Quo  modo  iam  dkere 
potest  mcide  epiiaphium  in  meo  sepulcroV  Sie  sagt:  geh 
unter  glücklicher  Vorbedeutung,  sodasz  du  entkommst  und 
fortlebst.  Sie  sieht  ganz  natürlich  in  ihm  den  Ueberleben- 
den,  während  sie  für  sich  unter  irgend  welcber  Oestalt  den 
baldigen  Tod  vor  Augen  sieht.  Ihr  Grab  wird  er  entweder 
wo  finden  oder  er  wird  es  ihr  errichten,  im  schlimmsten  Faile 
ein  Kenotaphium.  —  Peerlkamp  hat  gegen  die  letzte  Strophe 
sich  auch  bestärken  lassen  durch  den  Glauben,  es  seien  hier 
Nachahmungen  aus  Ovids,  wie  er  nicht  zu  zweifeln  scheint, 
Hypermnestra-  Gewis  ist  das  Gegentheil  der  FalL  Man 
sehe  unten  den  Excurs  ttber  die  Heroiden. 


Zü  ODE  III,    14.  CXV 

Od.  III,   14  Herculis  ritu  — 

V.  5  unicus  maritus  heiszt  natürlich  und  kann  auch  gar 
nicht  zweideutig  sein:  wie  es  keinen  zweiten  giebt 

V.  10  verwirrt  das  überlieferte  vas  o  pueri  etpuellae  mm 
vimm  ejopertae  male.  ommaits  (einige  eben  so  unmõglich  male 
nommalu)  parette  verbis.  Ueber  den  Hiatus  heute  noch  ein 
Wort  zu  verlieren  wäre  widerwärtig.  Bentl^  verbesseii» 
bekanntlich  male  inominatis,  an  sich  vortrefflich,  wie  er  auch 
einsab,  dasz  die  pueri  neben  sich  die  Mädchen  erforderten 
und  in  seiner  bewundemswttrdigen  Anmerkung  auch  dafür 
die  parallelen  Stellen  anführte,  beginnend  mit  epist  II,  1,  132 
castis  cum  pueris  ignara  puella  mariti  disceret  unde  preces 
uatem  nisi  Musa  dedisset,  Er  verlangte  aiso  non  vimm  ea?' 
pertae.  Ich  habe  mit  Pottier  haud  virum  expertae  geschrie- 
ben.  Enaben  und  Mädchen  gehen  also  auszer  den  Matronen 
in  der  den  Augustus  empfangenden  Procession  mit.  Es  schien 
mir  durchaus  verlangt  zu  werden ;  vosque,  o  pueri  et  puellae 
haud  virum  expertae^  male  et  ominatis  pareite  verbis,  Dureh 
Strophe  5  erhalten  wir  die  interessante  Notiz,  dasz  Spar- 
tacus  und  seine  Leute  die  frftheren  Weinvorräthe  und  dar^ 
unter  die  vorzüglichen  Sorten  aus  den  Jahren  des  Marsischen 
Krieges  soweit  vemichtet  oder  ausgetrunken  hatten,  dasz 
nur  wie  durch  ein  Wunder  noch  hier  und  dort  vielleicht 
eine  Flasche  aufzutreiben  war.  Juvenal  läszt  freilich  noch  die 
Nabobs  seiner  Zeit  trinken  calcatam  bellis  socialibus  utmmWj  30. 
Undnun  kommt  dieser  Horatiusauf  den  ganz  wunderlichen  6e- 
danken,  eine  von  diesenFlaschen  gerade  solle  dej*  Diener  ihm 
sehaffen,  und  zwar  geschwind.  Wahrscheinlich  wird  da  wol 
Horaz  seine  FreudS  über  die  Rtickkehr  des  Augustus  ohne 
Wein  feiem  müssen.  Und  eben  so  wahrscheinlich  ohne 
Müdchen  und  Gesang.  Woran  ihm  auch,  wie  er  sagt,  nichts 
mehr  liegt.  —  Die  Absurdität  dieser  drei  Strophen  kann 
durch  Worte  gar  nicht  entsprechend  ausgedrückt  werden. 
Das  echte  Qedicht  schliesst  mit  V.  35. 


H2 


CXVI  ZU  ODE  III,   16. 

Od.  III,    16  Inclubam  Danaen  — 

Eine  der  dchwicrigsten  Au%aben.  Ich  sehe  diese  Ode 
bei  Martin  (Posener  Pro^amm  1S65  S.  13)  auf  ein  kleines 
Masz  gebracht,  und  es  ist  mir  angenehm,  die  Schwierigkeiten 
and  UnertrSglichkeiteu,  von  deneu  ieh  durehdrungeu  biu, 
znm  groszen  Theile  aueh  bei  ihm  zu  fiuden.  Also :  ,.je  mehr 
gich  einer  versagt,  desto  mehr  wird  er  von  den  Gõtteni  er- 
halten'*.  Einen  so  absurden  Gedanken  konnte  Horaz  nicht 
Bchreiben.  Aneh  ist  der  Gedanke  des  ganzen  Gedichtes  nicht: 
sei  ^enügsam,  damit  du  um  so  reicher  werdest,  sondem :  sei 
genügsam,  damit  du  mit  wenigem  zufrieden  lebest.  Eiu 
Horazischer  Gedanke  an  und  für  sich  wäre  wol  guanto  quis^ 
que  sibi  plura  negarerii,  a  se  plura  fef^t.  Doeh  was  liülfe 
uns  das?  Gleich  nii  cupientium  nudus  castra  peto  fft  trans- 
fuga  divitum  partis  linquere  gestio  kann  Horaz  auch  nicht 
geschrieben  haben.  Er  war  nicht  reich,  er  war  nicht  im 
Lager  der  Reichcn.  —  V.  32  —  bin  ich  auch  nicht  reich, 
80  ist  doch  drückende  Annuth  fcrn,  und  wenn  ich  mehr 
verlan^e,  so  kOnnte  ich  von  Mäcenas  mehr  erlangen.  Ei  da 
hat  er  schun  Tugend  predigen!  wenn  er  sich  den  Rücken 
so  gedeckt  weisz!  Es  hat  einer  gut  schwimmen,  wenn  das 
Bot  neben  ihm  fahrt.  Dasz  dieser  Gedanke  hier  ganz  wider 
den  Zweck  des  Gedichtes  eintritt,  das  einzusehen  musz  von 
jedem  verlangt  werden.  Dasz  auch  die  Rede  an  den  Mä- 
cenas ^nec  si  plura  veiim  tu  dare  dencgcs*  unfein  ist ,  worin 
ich  gleichfalls  Martin  beistimme,  das  zu  empfinden  oder  nicht 
zu  empfinden  kann  gltlcklicher  Weise  überlassen  bleiben  und 
dasz  II;  IS,  12  nicht  eben  so  ist.  Eudlieh  steht  das  Mch 
bin  gltlcklicher,  ais  wenn  ich  die  reichsten  Emten  bozõge' 
dreimal  da.  AUeiu  nun  hõrt  meinc  Uebereinstimmung  mit 
Martin  auf.  Ich  sehe  in  seinem  Gedichte  noch  zwci  ganz 
unmögliche  Strophon,  während  ich  die  Ausstellungcn  und 
darauf  gegründeten  Ausmerzungen  inStrophe  3  und  4  (aurum — 
duces)  ganz  ungerechtfertigt  finde.  Zucrst  die  zweite  Stroi)he 
ist  unmöglich  von  Horatius.    Deun  sie  ist  bis  zum  Lächer- 


zu  ODE  UI,  16.  cxvn 

lichen  verkehrt.  Philipp  konnte  einfach  durch  Bestechung 
feste  Stadtmauern  sprengen:  lupiter  vermochte  das  nicht? 
Er  vermochte  nicht  hinzugehen  mit  einer  gut  gefttllten  Geld- 
bõrse,  um  sich  den  Eintritt  in  den  Thurm  zu  erkaufen  — 
wodurch  denn  auch  beiläufig  der  eigentliche  Gedanke  ^Be- 
stechung  vermag  alles  in  der  Welf  gleich  geleugnet  würde 
—  sondem  lupiter  hatte,  um  hinein  zu  kommen,  die  Um- 
stände  nõthig  sich  selbst  in  Gold  zu  verwandeln?  Und  wenn 
er  nicht  hinein  gelangen  konnte  ahne  eine  so  wunderbare 
Verwandlung  in  Regen,  wozu  Goldregen?  wobei  das  Gold 
ja  nur  etwas  Beiläufiges,  Zufälliges,  eine  Laune  wird.  Konnte 
er,  lupiter,  ais  gewöhnlicher  Regen  nicht  eben  so  gut  hinein- 
fallen?  —  Fällt  die  Strophe  fort,  dann  kümmert  sich  eben 
Horatius  um  diese  mythischen  Einzelheiten  nicht  und  gibt 
zu  erkennen,  dasz  er  hinter  diesem  Mythus  auch  nur  die 
pragmatische  Wahrheit  hier  siebt,  die  er  hier  durch  Beispiele 
belegt,  Das  zweite  ist  die  Strophe  purae  rhms  aquae  sUva- 
que  iugerum  paucorum  et  segetis  certa  Jides  meae  Juigejitem 
imperio  fertilis  Africae  falUt  sorte  beatio)\  Wie  ist  einer 
denn  auch  bei  einem  kleinen  Landgute  der  Emte  sicher? 
Die  recht  arme  Phidyle  musste  ja  doch  die  betenden  Hände 
zu  den  Göttern  heben  und  Weihrauch  und  Frucht  und  ein 
Ferklein  opfem  ne  pestilentem  sentiat  Africum  fecunda  vitis 
nec  sterilem  seges  robiginem.  Und  wie  ist  sie  denn  sicherer 
ais  gerade  bei  sehr  weit  ausgedehnte  Länder  umfassenden 
Besitzungen,  wie  sie  gleich  hier  im  Gegensatze  vorgeführt 
werden,  bei  denen  doch  viel  eher  Miszemte  nur  theilweise 
eintreten  mag.  Hiermit  ist  die  Strophe  gerichtet  und  es  ist 
nicht  nõthig  auf  den  wunderlich  geschraubten  Ausdruck  der 
Strophe  noch  einzugehen.  Wovon  sie  durch  Bentleys  fulgente 
auch  nicht  frei  wird :  welches  ttbrigens  wir,  die  wir  von  der 
Unmõglicfakeit  der  Strophe  importutia  tamen  überzeugt  sind, 
mit  jenem  schon  besprochenen  Verse  nec  st  plura  velim  tu 
düre  deneges,  auch  sonst  nicht  brauchen  kõnnen.  Wir  haben 
das  ^als^  nach  dem  Comparativ  anderswo  zu  suchen. 

Ich  wüszte  aus  unserer  üeberlieferung  heraus  nur  Folgen- 
des  vorzuschlagen. 


CXVIII  ZU  ODE  in,   16. 

luclusam  Danaen  turris  aenea 
robtistaeque  fores  et  vigilum  canum 
tristes  excubiae  munierant  satis 
noctumis  ab  adulteris. 

aurum  per  medios  ire  satellites 
et  i)errum|)ere  amat  saxa  potentius 
ictu  fulmineo.  roncidit  auguris 
ArgiW  domus  ob  lucnim 

dcmersa  exitio,  diffidit  urbium 
portas  vir  Macedo  et  subruit  aemulos 
reges  raimeribus.  munera  na^iiim 
saevos  illaqueaiit  duces. 

crescens  at  sequitur  cura  pecuniam 
maionimque  fames.  iure  perborrui 
läte  conspicuura  tollere  verticem, 
Maecenas,  equitinn  decus: 

contemptae  dominus  spleudidior  rei, 
quam  8i  quidquid  arat  iupiger  Appulus 
occultare  meis  dicerer  horreis, 
magnas  inter  opes  inops; 

quam  si  mygdoniis  regnum  Alyattei 
campis  continuem.  muita  petentibus 
desuiit  muita:  bene  esi  cui  deus  obtulit 
parca  quod  satis  est  manu. 

Iure  pevhorrui  in  Strophe  4  muss  man  verstehen  ais  prä- 
gnantes  Perfectum;  mit  Eecht  habe  ich  davor  eine  Furcht 
gefaszt  (hurrorem  imbibi)  wie  vor  einer  sichtbaren  G^fahr. 
Doch  lege  ich  mir  immer  noch  eine  Frage  vor,  ob  es  nicht 
besser  gefiele,  wenn  in  der  zweiten  Zeile  geschrieben  wtirde 
turt^is  aenea  robustaeque  fores  nec  vigilum  canum  — ,  einma- 
liges  7iec  nur  an  der  zweiten  Stelle  ftlr  nec-nec,  wie  sunt 
iffilur  Musae  neque  amanti  tardus  Apollo  Propert,  I,  8,  41. 
Ja  wohl !  es  wird  uun  so  vollkommen  befriedigend,  dasz  ich 
bei  den  vorliegenden  erstaunlichen  Veränderungen,  denen 
das  Gedicht  nun  einmal  ausgesetzt  gewesen,  es  nur  fttr  das 
Richtige  halten  konnte^  auch  diesen  Schritt  noch  zu  thun. 


k 


Zü  ODE  ni,   17.  18.  CXIX 

Od.  UI,  17  Aeli  vetustö  nobiliB  ab  Lamo  — 

Das  musz  eine  scliõne  Wirthschaft  gewesen  sein  in  dem 
Hause  des  Herm  Lamia  von  urältestem  Adel.  So  wie  ein- 
mai  ein  stürmisch  regnerischer  Tag  sie  überkommt,  ist  man 
in  Gefahr,  sich  mit  kalter  Küche  begntigen  zu  müssen :  denn 
man  hat  kein  Holz  im  Hause.  Ja  selbst,  obgleich  morgen 
ein  Fest  zu  feiern  ist,  an  welchem  man  vermuthlich  sogar 
nach  altem  Brauch  ein  Schweinchen  einzuschlachten  hat, 
Bteht  zu  fürchten,  dasz  man  für  Holz  auf  alle  Fälle  zu  sorgen 
nicht  wird  gedacht  haben.  Horaz  kennt  das,  und  da  er  zu- 
fäUig  nach  dem  Baiometer  sieht,  das  auf  Sturm  deutet, 
deukt  er  sogleich  an  diesen  Freund  mit  seinem  liederlichen 
Hauswesen  und  erinnert  ihn  an  den  Holzbedarf  nicht  nur, 
sondem  auch  daran  zugleich,  dasz  er  tiberhaupt  morgen  ein 
Fest  feiern  wird:  er  würde,  so  sieht  es  aus,  auch  dies  wol 
Tergessen.  Diese  Erinnerung  macht  er  sehr  fein  mit  dem 
räthselhaften,  durch  keine  überleitcnde  Partikel  verdeutlich- 
t«n,  nur  ftlr  den  Wissenden  andeutenden  Futurum  ettrabis 
V.  14.  Von  der  ungemeinen  freundschaftlichen  Sorgsamkeit 
des  Horaz  würde  ganz  besonders  es  ein  Beweis  sein,  wenn 
wir  uns  den  Lamia  und  sein  Haus,  wohin  die  Erwähnung 
des  Waldes  V.  10  allerdings  hinzuzielen  scheint,  auf  dem 
Lande  zu  denken  hätten.  Da  hatte  also  Horaz,  da  die  Sache 
ja  dringende  Eile  fttr  den  heutigon  Tag  noch  hat,  seine 
Mahnung  durch  einen  Eilboten  überschicken  müssen.  Ist 
aber  Lamia  in  der  Stadt  und  schickt  man  in  Lamias  Hause 
aus  Rom  jeden  Tag  nach  Holz  in  den  Wald,  da  war  doch 
gewiss  auch  keine  Zeit  zu  verlieren. 

Ein  lehrreiches  Beispiel  wie  Stümper  ins  Blaue  hinein- 
arbeiten,  ohne  Individualisiruug  und  Bild  von  Ort,  Zeit 
und  Verhältnissen. 

Od.  rn,  18  Faune  Nympharum  — 

Dasz  V.  13  und  14  Unsinn  sind,  wie  es  Peerlkamp  be- 
merkt,  aus  I,  1 7  unv erständig  nachgemacht,  ist  unzweifelhaft 
leh  habe  wie  er  die  ganze  Strophe  ais  unecfat  bezeichnet: 


cxx  ZV  ODE  m,  1«.  70. 

wiewol  ich  setne  AuästetluDgeii  an  V.  15.  16.  nieht  fiber- 
zeagend  finde.  —  Hõchst  merkwQrdig  f&r  nnsem  Horaztext 
iKt  (las  «ehr  in  den  Handschiiften  ftr  pagtis  verbreitete 
pardiu,  def^$en  Lrspnmg  aus  Esaias  11,  6  ^kabiiabii  iupus 
mm  agno  et  pardus  cum  kaedo    Bentley  nachwies. 


Od.  III,   19  Quantum  distet  ab  loacbo  — 

Dasz  bei  V.  9  ein  unheilbarer  Bnieh  ist,  ist  klar.  Auch 
l&szt  sich  nieht  bequem  ein  Uebergang  denken,  go  dasz  wir 
in  demaelben  Gediehte  blieben.  Vielmehr  sind  es  zwei  6e- 
diehte,  von  ähnlichem  Inhalt,  Weingelag;  dem  ersten  ist  der 
Schlusz,  dem  zweiten  der  Anfang  verloren  gegangen.  Wie 
III,  6.  I,  7. 

Od.  III,  20  Non  vides  — 

Das  ist  wol  recht  sehõn,  wie  das  nieht  benannte  Mäd- 
eheu  —  sie  wird  wol  Leana  geheiszen  haben  —  'wie 
eine  Lõwin,  der  man  ihre  Jungen  geraubt,  dem  Nearehiis, 
der  ihr  für  sich  ihren  schönen  geliebten  Knaben  abspenstig 
macht,  dureh  die  Schaaren  der  Jünglinge  wüthend  nach- 
stUrzt,  wie  sie  dann  ihre  Zähne  wetzt,  bis  Nearehus  Zeit 
hat  seine  Pfeile  hervorzunehmen :  wie  während  dieser  Prä- 
liminarien  der  sehune  Jüngling,  nun  nieht  ais  die  zufallende 
Beiite  des  siegeuden  Theils,  sondern  ais  Schiedsriehter  des 
Kampfes,  in  souveräner  GleichgQltigkeit  die  Siegespalme 
unter  seinen  Fuss  —  nieht ''legt',  sondern  'legt  wie  man 
erzählt*  und  seine  Loeken  im  Winde  spielen  lässt.  Wenn 
dieLüwin  siegt,  wird  er  ihr  die  Palme  geben.  —  Auch  du  wirst 
den  Kampf  feige  fliehen:  naehher  nimmt  er  zum  Kampf 
gogen  sie   ohnc  weiteres  die  Pfeile  hervor. 

Ich  kann  zu  dem  allen  niehts  weiter  sagen  ais:  gut 
gebrttllt, .  Löwe.  .  . 

Od.  ni,  21  0  nata  mecum  — 

Ohne  die  Unfreiheit,  von  welcher  wir  in  Horazisehen 


Zü  ODE  III,  21,  CXXI 

Dingen  beherrscht  werdeii;  wäre  es  ganz  unerklärlich ,  wie 
wir  noch  heute  das  Unmogliche  hinnehmen  in  dem 

0  nata  mecam  consule  Manlio, 
seu  tu  querellas  sive  geris  iocos 
seu  rixam  et  insanos  amores 
sea  facilem,  pia  testa,  somnum, 

quocumque  lectum  nomine  Massicum 
servas,  moveri  digna  bono  die  — 

Wo  das  quocumque  lectwn  nomine  Massieum  keine  einiger- 
maszen  verntinftige  Erkläning  zuläszt  und  nicht  nur  die  An- 
rede  pia  testa,  sondem  der  ganze  Gedanke  'magst  du  auch 
Klagen  and  Zank  bringen,  doch  würdig  am  guten  Tage 
hervorgeholt  zu  werden  in  sich  ebea  so  unmoglich  ist  wie 
für  das  ganze  folgende  Gedicht,  wo  dieser  testa,  die  langui- 
diora  vina  enthielt,  nicht  schnell  und  zänkisch  berauschende, 
ihre  Eigenschaften  einzeln  vorgertihmt  und  aufgezählt  werden 
und,  wie  sich  auch  ebenso  ftlr  den  Anlasz  geziemt,  nur  gute 
und  erheitemde  Eigenschaften.  Dies  hat  Bentley  nicht  an- 
gemerkt;  mit  der  pia  testa  und  mit  dem  quocumque  lectum 
nomine  Massieum  hat  er  sich  —  man  darf  es  xichtig  aus- 
drücken  —  abgequält,  dabei  freilich  eine  geistreiche  Con- 
jectur  gebracht  {quocumque  fetum  numine),  die  aber  nicht 
abhilft. 

Solche  Abquälereien  bei  Bentley,  der  den  Gedanken 
der  Verunstaltungen  durch  Interpolationen  im  Horatius  noch 
nicht  gefaszt  hatte,  mögen  uns  doch  ein  Wink  sein.  Das 
interessanteste  Beispiel  ist  mir  die  parra  III  27,  eingeleitet 
mit  den  merkwtirdigen  Worten,  welche  den  gigantischen 
Mann  in  Verlegenheit  zeigen:  'videamus  siquid  nos  tot  aliis 
frustra  expertis  meliore  cum  successu  conomui*/  Wie  hatte 
es  denu  selbst  ihm  gelingen  konnen  bei  einem  Gedichte, 
das  einfach  blõdsinnig  ist? 

Ob  jene  Verse  seu  tu  querellas  bis  servas  an  die  Stelle 
anderer  Verse,  die  etwa  unleserlich  geworden  waren,  gesetzt 
worden  oder  ob  sie  geradezu  die  absichtliche  Erweiterung 


CXXII  ZU  ODE  III,  21.  23. 

eines  Schülers  sind,  der  hier  eine  gute  Stelle  fand,  um  sich 
mit  einer  Strophe  auf  den  Wein  zu  üben,  so  dasz  Horatius 
selbst  etwa  nur  gesclirieben  hatte:  0  nata  mecum  consule 
Manlio  diyna  et  moveri  testa  bono  rf/e,  kann  natürlich  nieht 
gewuszt  werden. 

Auf  die  Unhaltbarkeit  der  letzten  Strophe  te  Liber  — 
hat  Peerlkanip  aufmerksam  gemacht.  Und  wer  kõnnte  ver- 
theidigen  wollen  testam  prodnceref  TTnd  Liber  testam  pro- 
ducet?  Und:  die  hellen  Lichter  werden  die  Flasche  fort- 
führen  —  statt  des  Umgekehrten?  Aber  dagestanden  hat 
wol  noch  eine  Strophe,  deren  Gestalt  ich  rersucht  habe  aus 
der  jetzigen  herzustellen. 


Od.  III,  23  Caelo  supinas  — 

V.  17.  Auch  Meineke  nach  Guietus  und  Peerlkamp  hat 
die  letzte  Strophe  verworfen.  Es  sei  unmöglieh  dem  Sinne 
oder  der  Latinität  gerecht  zu  werden.  Für  mich  liegt  die 
eigentliche  Schwierigkeit  in  imimmis.  Denn  gesetzt  selbst  es 
kõnnte  immunis  allein  gesagt  in  dem  Sinne  von  immunis 
sceleris^  noxae  u.  dgl.  für  etwas  anderes  gehalten  werden 
ais  eine  gesuchte  Absonderlichkeit,  so  wäre  es  doeh  unver- 
ständig  hier  angewendet.  Eine  Händ,  die  immunis  an  den 
Altar  tritt,  —  wer  sollte  da  zuerst  etwas  anderes  verstehen 
kõnnen  ais  'ohne  Gaben .  —  Das  Uebrige  würde  ich  nicht 
entscheidend  finden.  Rtlhrte  die  Strophe  von  Horaz  her,  sowar 
daran  dasz  sumptuosa  Iwstia  nur  Ablativ  sein  kõnne  kein  Zwei- 
fel,  unddieConstruction:  wenn  eine  unschuldige  Händ  den  Altar 
berührt,  so',  nicht  einschmeichelnder  (nemlich  ovaoj  futura) 
durch  ein  kostspieliges  Opferthier,  enveicht  sie  die  Gõtter 
durch  fai'  pium.  —  Man  kõnnte  auch  daran  denken  dann  hinter 
hosHa  ein  Kolon  zu  setzen :  so  ist  sie  durch  ein  kostspieliges 
Oi)ferthier  nicht  einschmeichelnder:  sie  erweicht  die  Gõtter 
durch  far  pium.  Doch  halte  ich  jenes  fttr  besser.  Also 
was  nun  ?  Wenn  wir  von  dem  immunis  befreit  wären ,  würde 
die  Strophe  bleiben    kõnnen.     Das  aber   musz   nun    noch 


ZU  ÜOE  ni;  24.  CXXIII 

ins  Auge  gefaszt  werden,  dasz,  wenn  sie  eutfemt  wird,  wir 
anzunehmen  hätten,  es  sei  durchi  einen  Parallelversuch  die 
echte  Strophe  von  ähnlicliem  Inhalt  verdrängt.  Denn  einen 
solohen  Abschlusz  verlangt  das  sonst  kahl  bieibende  Ge- 
dicht,  einen  solohen  inhaltsvollen  erklärenden  Abschlusz  zu 
dem  te  nihil  atirnet.  Wollte  man  die  alte  Strophe  beibe- 
halten,  so  wtirde  man  wol  für  immunis  an  insontis  denken 
kõnnen. 

Od.  ni,  24  Intactis  opiilentior  — 

V.  4  Tyrrhenum  omne  tuis  et  7nare  Apulictim.  Dies  wie 
alles  was  sonst  noch  ais  Ueberlieferung  erscheint,  dort 
terrenum,  hier  mare  publicum  und  ponticum  ist  gleich  un- 
brauchbar:  ponticum,  publicum^  Apul/cum  sind  dieselbe 
Ueberlieferung.  Aber  ich  musz  glauben,  es  war  vor  dem 
allen  eine  Lttcke.  Ich  habe  versucht:  Tyrrkenum  omne  tuis 
et  mare  linteis.  Mit  deinen  Bauten  und  SchiflFen.  Die  un- 
gewõhnliche  Stellung  des  et  ist  in  Horazischer  Art. 

V.  5  si  Jiget  adamantinos  —  Gewõhnlich  Jigit.  Dies 
Jiget  wird  ais  Scholienlemma  angegeben  bei  Keller.  EHes 
befriedigt  (man  würde  ihm  auch  ohne  alle  Autorität  der 
Ueberlieferung  den  Vorzug  geben)  und  macht  die  vorgeschla- 
gene  Umstellung  von  Axt  si  summis  adamantinos  Jigit  verticibus 
überflüssig.  Obgleioh  das  fgit  einigermaszen  gemildert  wird 
Tor  dem  Griechischen  Wort.  Die  tibrigen  Paar  Beispiele  in 
den  drei  ersten  Büchem  der  Oden  (im  vierten,  wie  in  den 
Briefen  und  der  Ars  p.  gibt  es,  >vie  aus  Lachmann  be- 
kannt,  Lucr.  p.  77,  gar.  keine  Beispiele),  sind  mit  Aus- 
nahme  eines  Perfeets,  und  auch  dies  vor  Griechischem 
nomen.proprium  (perrupit  Acheronta  I,  3,  36),  manet,  videt, 
arat  (I,  13,  6.  II,  6,  14.  III,  16,  24):  d.  h.,  wie  figet,  solche,  in 
denen  die  Conjugation  immerfort  lange  Sylben  bot,  aras,  ara*- 
mus  n.  s.  w.  Freilich  auch  diese  nur  durch  Unterstützung 
der  Arsis  damals  noch  hin  und  wieder  zugelassen, 

V.  39  Bchien  doch  Bentleys  gelu  für  sala  Auiiaxhme  zu 
verdienen. 


fXXlV  ZC  ODE  III,  27. 

Od.  III,  27  Inpios  i)arrae  — 

Eiu  blödsinniges  Gedicht.  Es  gibt  nur  diesen  einen 
l)a88enden  Xamen  dafiir  und  ich  werde  ihn  beibehalten. 
Wovon  soil  Europa  ein  Beispiel  sein?  'Der  Schein  trligt'. 
Gleich  icb  mõchte  sagen  vorläufig  hat  man  zii  empfinden, 
dasz  das  Beispiel  nicht  geuaii  passe.  'Bõse  Omina  werden 
zwar  bei  dieser  Abreise  nicht  vorhanden  sein,  Galatea:  aber 
du  siehst,  wenn  auch  in  diesem  Augenblicke  die  See  noch 
ruhig  erscheint,  welche  Stürme  und  Seegefahr  die  jetzige 
stets  stürmiscbe  Jabreszeit  drohe' :  'so  auch  Europa'  —  und 
nun  ist  der  Fail  nicht  ähnlich.  Europa  ist  viel  mehr  zu 
entschuldigen ,  ja  ganz,  da  sie  einem  Scheine  traute,  der 
gar  keinen  Anhisz  zum  Misztrauen  enthielt,  ara  wenigsten 
einen  so  starken  und  dringenden  ais  die  nach  aller  Er- 
fahning  voraussichtlichcn  Stürme  zur  Zeit  des  untergehen- 
den  Orion.  Es  wäre  also  nicht  ein  'so  auch'  zu  erwarten, 
sondern  eine  Steigemng:  täuscht  der  Schein  nicht  selbst 
unter  viel  unschuldigern  Verhältnissen?  Wie  Europa  — 
Gescheit  wäre  das  ebeu  auch  picht,  aber  es  wäre  doeh 
logiseb. 

Doch  dies  einmal  bei  Seite  gesetzt.  'So  auch  vcrtraute 
sich  Europa  einem  scheinbar  einladenden  Stier  an  und  sah 
sich  plutzlich  in  das  Meer  mit  seinen  Ungeheuem  vorsetzt 
und  erbleichte  davor  und  vor  dem  Betrug  fodor  vor  den 
Gegenständen  in  welche  sie  trttgerisch  hineingeführt  war) 
ais  sie  mitten  darin  war,  die  dreiste'.  Nachdem  durchaus 
vorher  von  einer  Seereise  der  Galatea  die  Eede  gewesen, 
\\ird  man  jetzt  bei  dem  scatentem  bcluis  pontum  pai/uit  na- 
tttrlich  glauben,  in  den  Gefahren  des  Meeres,  in  welchen 
auch  Europa  sich  plötzlich  sah ,  liege  der  Vergleich  der  Ge- 
fahren. Aber  dies  kann  nicht  festgehalten  werden:  das 
Meer  kann  hier  nur  beiläufig  sein.  Denn  für  die  folgende 
Ausführung  wäre  die  Sache  ganz  dieselbe,  wenn  der  Stier 
lupiter  sie  über  Land  von  ihrer  Heimat  fortgeftlhrt  hatte. 
Und  ais  lupiter  seine  Geliebto  ttber  das  Meer  fuhrte,  da 


Zü  ODE   111,   27.  CXXV 

hfttte  er  nicht  vielraehr  es  sogleich  eintretend  beruhigt,  selbst 
weim  es  augenblieklich  aufgeregt  war?  Wanim  fährt  sie 
denu  aber  hintiber  in  der  Nacht  unter  Steraen?  Welchen 
Zweck  hatte  lupiter  dasz  er  sie  in  derNacht,  meinetwegen 
in  anbrechender  Naeht  bintiberfübrt?  Fand  er  sie  denn  so 
spät  noch  Blumen  sammelnd  auf  der  Flur?  Oder  holte  er 
sie  allerdings  bei  Tage ,  aber  die  Reise  war  weit :  wie  viele 
Stunden  daehte  sich  der  Verfasser  dasz  lupiter  zu  seiuem 
Gange  über  das  Meer  brauchte?  Er  bedachte  eben  gar  nichts: 
die  Fahrt  der  Europa  unter  Sternen  gefiel  ihm. 

Sobald  sie  das  Tlfer  vön  Kreta  berübrt  rief  sie:  o  wie 
habe  ich  meinen  Vater  verlasseu  können,  meine  kindlichen 
Pflichten  vergessen  kõnnen,  tlberkommen  von Wahnsinn  (oder: 
Liebeswahnsinn).  FUr  die  Schuld  der  Jungfrauen  gibt  es 
nur  einen  Trost,  den  Tod !  —  Ist  das  nicht  ganz  gesprochen 
ais  wäre  sie  absichtlieh  und  mit  Bewusztsein  einem  Lieb- 
haber  in  die  Ferne  gefolgt?  Ja  der  Ausdruck  virginum 
eulpa,  für  welche  nur  der  Tod  die  Befreiung  ist,  führt  aller- 
dings den  Gedanken  leieht  auf  etwas  anderes,  was  denn 
aueh  angenommen  worden,  dasz  bei-eits  lupiter  sich  ihr  ver- 
einigt.  Freilich  dasz  es  hiesz:  sie  stiesz  diese  Klagen  aus 
sobald  sie  Kreta  berührt,  das  ftihrte  dahin  nicht.  Aber 
80  oder  so:  nachdem  lupiter  sie  hinübergebracht,  hat  er 
sich  sogleich  entfernt,  man  sieht  freilich  gar  nicht  warnm, 
und  hat  das  Mädchen  sich  selbst  überlassen,  ohne  ihr  eine 
Andeutung  zu  geben  wer  er  sei?  Oder  er  hat  sein  Liebes- 
verlangen  sogleich  erfüllt  und  —  nun  es  entsteht  dieselbe 
Frage.  Und  angenommen  dies  ganz  Unglaubliche,  so  liat 
sie  doch  den  Stier  in  menschliche  Gestalt  sich  venvandeln 
sehen.  Und  ahnet  nichts?  Ja  noch  mehr  schon  allcin  einen 
Stier,  der  sie  durch  das  Meer  schreitend  oder  schwimmend 
getragen  von  Phönizien  nach  Kreta,  den  fährt  sie  fort  — 
für  einen  —  gemeinen  Ochsen  zu  halten  und  ahnet  gar 
nichts?  Dies  Letzte  gilt  denn  auch  gegen  die  Annahme, 
zu  der  man  sich  in  der  volligen  Rathlosigkeit  der  Situation 
auch  schon  entschlossen  hat,  zu  der  in  der  Europafabel  un- 
erhorten  Annahme,  lupiter  habe  sich  ihr  vereinigt  ais  Stier. 


CXXVI  ZU  ODE  III,  27. 

Irgend  aber  eine  noch  8o  leise  Andeutung  ron  einer  Ahnung, 
da8z  sie  wohl  mit  einem  Gotte  zu  thun  habe,  ist  nirgend. 
Vielmehr  unter  dieser  Voraussetzung  wird  das,  dasz  sie  den 
Stier  wiederhaben  mOcbte  urn  ihu  zu  zerreiszen,  zu  kõmiseb 
oder  zu  erast.  Uebrigens  lacerare  ferro.  Hat  sie  ein  Messer 
mitgebraebt?  Und  überall  wovon  redet  sie  denn?  Davon 
dasz  sie  Eltem  und  Heimat  verlassen:  meliusne  fluctus 
ire  per  longos  fuit  — ,  impudens  liqui  patrios  penates  — . 
Dies  Verlassen,  wie  sebon  bemerkt,  >vird  überall  und 
ganz  unbegreiflicb  ais  ein  absicbtliches  angenommen.  So 
aucb  hier  impudens  lif/uL  —  Nun  feraer:  *Warum  zogre  ich 
zu  sterben.  0  dasz  ein  Gott  micb  naekt  unter  Lõwen  irren 
liesze'.  Warum  nackt?  'Und  er  gewäbre  dasz  mich  Tiger 
fressen,  so  lange  icb  noch  schön  bin  und  nicht  abgemagert, 
damit  sie  nicht  die  Beute  der  zarteu  Jungfrau  erbalten, 
wenn  die  Saftigkeit  vertrocknet  ist.'  Eine  ganz  sonderbare 
zärtliche  Besorgtheit  flir  die  Tiger.  So  stebt  der  Unsinn 
hier:  es  kann  davon  nichts  abgelassen  worden.  Was  sich 
der  Verfasser  gedacht  oder  was  ihm  dabei  dunkel  vorge- 
schwebt,  und  was  er  so  lächerlich  ausgedrfickt  hat,  das  * 
weisz  ich  nicht.  Hat  er  blos  sagcn  woUen:  und  möcbte 
das  baid  geschehcn?  Oder  hat  ihm  etwas  vorgeschwebt, 
was  —  leider  —  Orelli  ganz  befriedigt  zur  Erklärung  dieser 
Stroi)he  beibringt;  und  —  sehr  unnõthig  —  mit  Stellen  be- 
legt?  Dasz  es  fttr  Eltera,  wenn  sie  ihr  gestorbenes  Kind 
sehen,  fllr  den  Geliebten,  wenn  er  die  gestorbene  Ge- 
liebte  sieht,  etwas  Trustliches  hat,  wenn  die  Leiche 
noch  schön  und  unverzerrt  aussieht.  Und  dieses  über- 
trägt  man  auf  die  von  Tigem  gefressene  Europa!  Doch 
weiter.  'AUein  was  brauche  ich  auf  die  Tiger  zu  warten? 
>Kr  stehn  ja  eigene  Mittel  des  Tõdes  zu  Gebot.'  Und 
ist  es  doch  ais  hõrte  ich  die  Stimme  meines  Vaters 
der  mir  Vorwtlrfe  macht,  dasz  ich  durch  diese  Mittel 
mir  nicht  augenblicklich  den  Tod  gebe.  *Du  kannst 
«lieh  mit  dem  Gttrtel  an  diesem  Baume  aufhängen.'  'Oder 
—  wenn  die  schroffen  Hõhen  und  die  spitzen  Felsen  dir 


Zü  ODE  III,   27.  IV,  2.  CXXVU 

durcli  den  Tod  (den  sie  enthalten,  den  sie  gewähren  kon- 
nen)  Freude  machen,  so  verti*aue  dich  dem  schnellen  Sturme 
an.  Es  ist  der  helle  Blõdsinn!  Sie  braucht  Sturm  dazu? 
Und  geht  das  alles  uuter  Sturm  vor?  Und  nun  welch  ein 
Motiv,  schleunig  sich  den  Tod  zu  geben,  läszt  sie  den 
Vater,  wahrlich  zu  groszer  Ueberrasehung  vorbringen.  Wir 
meinten  doch:  wegen  ihres  —  freilich  uns  unbekannten, 
aber  doch  immer  angenommenen  schimpflichen  Verbreehens, 
—  nein^  sondern  damit  du  nicht,  von  Räubem  tiberfallen, 
eine  Sklavin  werdest,  du,  welehe  eine  Prinzessin  bist,  und 
nicht,  —  was  der  alte  Phonizierkonig  von  Gottes  Gnaden, 
der  sich  doch  unter  die  Griechen  rangirt,  erst  an  zweiter 
Stelle  ungeziemend  fiudet,  das  Eebsweib  eines  Barbaren. 

In  die  Worte  der  Venus  mox  uhl  lusit  sotis  u.  s.  w. 
hat  sich  weder  Bentley  noch  Meineke  finden  kõnnen.  Jener 
schlug  vor  iam  tibi  iniussus  —  Meineke,  was  der  Strophe 
an  sich  einen  guten  Sinn  gibt,  abstinebis.  Halte  es  jeder 
damit  wie  er  wolle,  wie  auch  mit  den  Eingangsversen  des 
Gedichtes  bis  V.  15,  wie  auch  mit  dem  zuletzt  noch  auf- 
tauchenden  Zweifel,  ob  denn  mit  diesem  Ausgange  eines 
hõchsten  Glückes  nicht  auch  die  Fabel  zur  Abmahnung  der 
Galatea  sich  ais  die  unpassendste  erweise.  Ich  bin  des  Wei- 
lens  unter  dem  Blõdsinn  müde. 


Od.  IV,  2  Pindarum  quisquis  — 

V.  2.  Das  ttberlieferte  lule  festzuhalten  flir  den,  der 
nicht  lulus  hiesz,  sondern  lulius,  wird  doch  wenigstens 
jetzt  nach  Mommsen  (die  Rõmischen  Eigennamen,  Forschun- 
gen  I,  35)  nicht  mõglich  erscheinen.  Iile  hatte  schon  Peerl- 
kamp  vorgeschlagen   (s.  IV,  3,  3). 

V.  49  tuque  dum  procedis  u,  s.  w  —  viel  besser  ais 
die  andere  Ueherlieferung  te.  Du,  io  Triumf  he  —  io  Tri- 
umphe  ais  den  Triumphus  anredender,  anrufender  Yocativ  be- 
bandelt,  wie  Epod.  IX,  21. 


CXXVm  ZU   ODE  IV,  4.  5. 

Od.  IV,  4  Qualem  ministnim  — 

V.  15  matris  ab  iibere  iam  laete  depulsum  leonem,  Un- 
sinnige  Ueberiieferung.  Ich  habe  geschrieben  non  ante  depul- 
wm  —  V.  18 — 22  fttr  diese  Verse  —  mein  gewõhnliches 
Mittel  des  EinrQckens  war  hier  weniger  thunlich  —  waren 
natttrlich  zwei  Klammern  noch  zu  wenig.  Es  versteht  sich 
dasz  sie  schon  von  mehreren  abgeurtheilt  sind,  auch  von 
Meineke.  Die  Ver&nderung  des  sed  in  et  (von  Jani  her- 
rtthrend,  aucli  von  Meineke  aufgenommen)  stellt  das  Nõthige 
gut  hen 

V.  24  reviciae  erklärt  Meineke  'vicissim  victae.  Seinem 
Urtheil  ^glossemati  simile  esi  quod  Bentleius  e  codd.  exhibuü 
repressae  wird  man  wol  beistimmen.  Peerlkamp  schlägt 
noch  vor  reiectae. 

V.  61—64.  Diese  Anhäufung  mythologischer  Gelehr- 
samkeit  in  Hannibals  Munde  ist  gewis  absurd.  Auch 
'ineptum  est  Romanos,  quorum  invictam  virtutem  poeta  celebrati 
comparari  cum  spartU^  qui  conserta  manu  tiicti  occubuerunC 
Meineke.  Er,  früher  schon  Struve,  haben  die  Strophe  fttr 
unecht  erklärt. 

V.  65  merses  profundo,  pulchrior  evenit,  Dies  und  exiet 
ist  die  Ueberiieferung.  Beides  nieht  brauchbar.  Denn  auch 
Meineke  kann  ich  in  dem  Glauben,  dasz  Horaz  evenit  ftir 
emerget  neu  angewendet,  nicht  beistimmen.  Ich  sehe  nicht 
wol  ein,  was  mit  dem  doeh  nicht  ausdrucksvollen  Wort  er- 
reicht  worden  wäre  mehr  ais  wenn  Horaz  z.  B.  exstUit 
geschrieben  hatte.  Ich  habe  geschrieben  eminet.  Auch  au 
enitet  kõnnte  man  denken.  enitescis  pulchrior  multo  II,  8,  5. 
Doch  wäre  enitet  etwas  spielcnder  ünd  flir  unsere  Stelle 
musz  ich  eminet  besser  finden. 

Od.  IV,  õ  Divis  orte  bonis  — 

V.  17.  18  ist  heidemai  rwrö  die  Ueberiieferung.  Un- 
mõglich.  Fabers  prata  das  erstemal  ganz  einfach.  Wie 
sich  eine  so  einfache  und  allergewOhnlichste  Verschreibung 


Zü   ODE  IV,   5.  8.  CXXIX 

• 

—  durch  ein  Wort  in  einen  Vers  aus  einem  nächsten  ge- 
lesen  —  wie  dieaes  doppelte  rura  — •  ^rus  meruvi  wie  Bent- 
ley  8agt,  womit  er  viel  zu  wenig  sagt  —  in  den  Horaztexten 
erbalten  kann,  darttber  mag  denn  doch  Verwunderung  er- 
laubt  sein. 

Od.  W,  8  Donarem  pateras  — 

Ueber  Unzuträglichkeiten  und  Unerträglichkeiten  dieses 
Gedichtes  haben  die  Stimmfähigsten  sicb  ausgesprochen.  £^ 
lenkte  die  YermiBchung  der  beiden  Scipionen  und  die  Ver- 
nachläsmgung  des  gewõbnlichen  metrischen  Gesetzes  in  non 
incendia  Carthagmis  impiae  die  Aufmerksamkeit  vorzug^weise 
sogleieh  nacb  der  Mitte  des  Gediehtes,  von  wo  aus  sie  sicb 
dann  auf  die  Anstõsze  des  ferneren  Tbeiles  ricbtete.  Sonst 
würde  wol  bereits  empfunden  und  gesagt  worden  sein,  dasz 
gleieh  der  Anfang  höchst  verwunderlich  ist.  'Ich  würde 
Erze  schenken,  ebeme  Schalen  und  Dreifüsze,  wenn 
ich  nemlich  reicb  wäre  an  Kunstwerken,  welcbe  grosze 
Maler  oder  Bildhauer  gesebafifen,  Manner  wie  Parrhasius 
und  Skopas,  welcbe  gescbickt  waren  in  Stein  oder  in 
Farben  das  Bild  baid  eines  Menscben  baid  eines  Gottes 
aufzuatellen .  Elann  man  verdrebter  sprecben?  Wenn  aber 
Anfang,  Mitte  und  Ende  verdrebt  sind,  welcbe  Garantie 
bleibt  dann  ilberbaupt  filr  Horatius?  Der  Inhalt  ist  Yaria- 
tion  des  Themas  der  näcbstfolgenden  Ode.  Die  unsere  ist 
über  die  Maszen  verkehrt.  Gleicb  am  Anfang  ist  übrigens 
aucb  das  sonderbar:  wenn  er  weisz,  dasz  Censorinus  sicb 
aus  solebem  Tand  nicbts  macht  (non  est  tibi  animus  talium 
deliciarum  egens:  gaudes  carminibus),  so  ist  es  recht  schief 
anzufangen:  icb  würde  meinen  Freunden  entgegenkommend 
(ibren  Wünschen  entgegenkommend,  ep.  I,  9,  9.  II,  1,  227) 
ebeme  Schalen  und  Dreifüsze  schenken  wenn  ich  sie  hatte. 
Dem  Censorinus  würde  er  sie  ja  aucb  dann  nicht  schenken, 
gar  commodus.  Sodann  also  die  beiden  ersten  Strophen 
mit  den  oben  bezeichneten  unausweichlichen  Verkehrtheiten. 
Es  ist  am  Anfange  recht  geh&uft,    was    freilich  durch  das 

Lehn,  Uorattns.  ^ 


CXXX  ZV  ODE  IV,  8. 

ganze  Gedicht  geht,  dagz  ohne  festen  Umrisz  gedaeht  und 
demgemftsz  gesprochen  wird,  dasz  man  Terschiedentlich  ge- 
äüt  wird,  indem  etwas  anderes  kommt  ais  man  erwartete. 
'Nicht  mit  InflchriftenyerseheneMarmorbfldsihilenydurch  welche 
denGestorbenen  Athemund  Lefoen  zurQekkehrt.'  Diespasztvon 
den  BUdftäulen  wol,  aber  von  den  Insehrifteu  daraof  gar  nicht: 
dielnschriften  kõnnen  das  Andenken  derGestorbenenerhalten, 
meinetwegen  emeuern,  aber  sie  geben  ihnen  nicht  Leben  nnd 
Athem  wieder.  Ferner :  nicht  Bildsäalen  mit  Insehriften;  nicht 
dieThatenselbst  geben  die  Tugenden  der  Helden  so  hell  za 
erkennen  ata  Gedichte.  Wahrlich  die  Thaten  selbst  treten  hier 
befremdend  herein.  Am  Schlusz :  Hercoles  ist  an  den  Tisch 
des  lupiter  gezogen,  die  Tyndariden  sind  Setter  in  Seege- 
fahr  geworden,  Bacchus  ftthrt  Gelflbde  zu  gutem  Ausgang. 
Natürlich  war  auch  für  Bacchus  etwas  Specielles  zu  erwar- 
ten,  uicht  das  was  alle  Gõtter  thun,  und  die  beiden  eben 
genannten  eben  so.  Uebrigens  habe  ich  für  diesen  ganzen 
Schlusz  noch  auf  etwas  aufmerksam  zu  machen  was  ftuszerst 
schwer  ins  Gewicht  fällt.  Hercules,  Kastor  und  PoUux, 
Bacchus  sind  nur  Gõtter,  gelten  nur  fÜr  Gõtter  durch  den 
Mund  der  Sänger.  Sie  sind  es  in  Wirklichkeit  nicht.  Dies 
ist  vollkommen  unhorazisch. 

Bekanntlich  ist  das  Gedicht  auch  das  einzige,  welches 
sich  der  vierzeiligen  Strophenform  nicht  fügt.  Wenn  es 
nicht  von  Horaz  ist,  wie  es  sicher  nicht  ist,  kõnnen  wir 
darüber  mit  Sicherheit  nichts  sagen,  eben  so  wenig  ob  dem 
Verfasser  die  Vermischung  der  beiden  Scipionen  nicht  zu- 
getraut  werden  darf.  Wenn  beides  nicht,  so  ist  das  Ein- 
fachste  die  beiden  Verse  1 7  non  incendia  Carthaginis  impiae 
und  2S  dignum  laude  virum  Musa  vetat  mori  herauszuwerfen, 
wiewol  dadurch  einmal  eine  Stropheneintheilung  entsteht, 
welche  von  der  sonst  in  dem  Gedichte  befolgten  abweicht 
(V.  25 :  der  Anfang  eines  neuen  Sinnabsatzes  mit  der  letzten 
Strophenzeile). 

Es  ist  also  nach  alle  dem  das  ganze  Gedicht  in  glei- 
ehem  Charakter:  es  ist  ihm  mit  der  Lachmannischen,  auch 
von  Meineke   angenommenen  Ausscheidung  ganz  und  gar 


^ 


ZV  ODE  JV,  8.  9.  CXXXI 

nicht  aofgehoifen.  Beiläufig  darf  ich  darflber  auch  noch 
eine  überflüssige  Bemerkung  machen.  Wenn  die  vierte 
Strophe  hienaeh  heiszen  soil  nan  incisa  notis  marmora  pubU- 
cuf,  per  guae  spiritus  et  vita  redit  bonis  post  mortem  ducibus, 
ciarius  hidicant  toudes  quam  Calabrae  Fierides,  so  darf  man 
sagen:  Horaz  bei  seiner  Stellung  gegen  Ennius  würde 
schwerlich,  wenn  nur  allgemein  von  dichterisch  gefeierten 
Helden  die  Rede  ist,  wenn  üicht  gerade  speciell  Scipio 
oder  allerwenigstens  deutlich  altrömische  Helden  bezeichnet 
waren,  er  würde  dann  schwerlich  gerade  die  Muse  des 
Ennius  genannt  haben. 

Od.  IV,  9  Ne  forte  eredas  — 

Diese  Ode  ist  sehr  vemnstaltet.  Zuerst  durch  drei 
einfach  herauszunehmende  Strophen,  V.  13 — 25.  Das  Bei- 
spiel  nofi  sola  comptos  arsit  adulteros  u.  s.  w.,  ais  wenn  es 
so  groszes  Unglück  wäre,  dasz  nicht  schon  alle  eitle  Ehe- 
brecherinnen  vor  der  Helena  besungen  worden,  ist  lächer- 
lich,  und  die  folgenden  Aufeählungen  willkürlich  zusammen- 
gewürfelt,  und  das  *nicht  Idomeneus  oder  Sthenelus 
all  ei  n  haben  besingenswerthe  Kämpfe  gefttbrt'  überwun- 
derlich.  Weiterhin  hat  das  Gedicht  eine  viel  schwerer  zu 
hebende  Verderbung  erlitten.  Alle  Beispiele  Bentleys  wer- 
den  nicht  überzeugen,  dasz  man  vernünftig  sagen  kõnne: 
est  animus  tibi  consul  non  univs  anni:  und  nun  noch  fort- 
fahren :  ^du  hast  einen  Geist,  der  nicht  Consul  für  ein  Jahr 
ist,  sondem,  so  oft  er  ein  guter  und  treuer  Bichter  das 
Rechte  dem  Ntitzlichen  voraog,  verwarf  mit  hoher  Miene  die 
Geschenke  der  Angeklagten  und  entfaltete  seine  Waffen 
siegreich.'  Dies  letzte  durchaus  nothwendige  'und',  das  aller- 
dings  in  keiner  Handschrift  steht ,  bringt  auch  durch  voltu  et 
einen  Hiatus  in  w,  wie  er  in  Horatius  Oden,  Epoden  und 
Episteln  unerhõrt  ist  (s.  oben).  WoUte  man  nun  die  beiden 
Strophen  37 — 44  einfach  herausnehmen,  so  scheint  damit 
noch  nicht  geholfen.  Denn  erstens  ist  das  blosze  est  animus 
tibi  rerumque  ptudens  et  secundis  temporibus  dubiisque  rectus 

12 


CXXXII  Zü   ODE  IV,   9.   10.    II.    12. 

eine  dem  langen  Vorwort  gegenüber  zu  korz  abgefertigte 
Beschreibui^g  der  hervorzuhebenden  Eügenschaften  des  Lollius. 
Sodann  erscheint  die  Yerbindung  der  beiden  Adjectiya 
durch  que  —  et  ganz  befremdlich.  Es  ist  hier  noch  eine 
griVszere  Verunstaltung  vorgekommen.  Ich  wäre  geneigt  zu 
Folgendem  : 

totve  tuos  patiar  labores 

impune,  Lolli,  carpere  lividas 
obliviones.  e8t  animus  tibi 

• 

vindex  avarae  fraudis  et  abstinens 
duceotis  ad  se  cuncta  pecuni&e 
rerumque  prudens  et  secuodis 
temporibus  dubüsque  rectus. 

non  possidentera  — 

Od.  IV,  10  0  cnidelis  adhuc  — 

V.  2.  Die  Ueberlieferung  insperata  tuae  cum  veniet  pluma 
superbiae  ist  Unsinn.  Aber  weder  Bentleys  bruma  kann 
eh  f(lr  brauchbar  halten,  noch  Marklands  ruga.  Sondem 
allein  Withofs  poena. 

Od.  IV,  11   Est  mihi  nonum  — 

In  dieser  Ode  sind  3  Strophen  eingesetzt.  V.  9—12 
ganz  unpassend  für  Horatius'  Verhältnisse.  Und  die  beiden 
letzten  Strophen  sind  von  age  lam  meorum  Jinü  amorum  an 
(fihnlichen  Inhalts  wie  die  an  Ode  IH,  14  nach  V.  16  an- 
gesetzten)  unmäszig  thõricht  und  läppisch.  Auszerdem  aber 
war,  um  den  natürlicheu  Gedankengang  hereinzubringen, 
Umstellung  einiger  Strophen  nothig. 

Od.  rV,  12  lam  veris  comites  — 

Die  vorletzte  Strophe  ad  quae  si  propevas  gaudia  musz 
für  eingesetzt  gelten.  Er  eilt  ja  nicht,  sondem  bedarf  der 
Aufmunterung  ui  ponal  mõras  et  studium  lucri. 


h 


ZU  ODE  IV,    14.  GXXXin 

Od,  IV,  14  Quae  cura  patrum.  — 

In  dieser  groszen  Statsode  müssen  fort  die  zwei  Stro- 
phen  17 — 25,  begiimend  mit  dem  metrischen  Fehler  spe- 
ctandus  in  cer  \  tamme  Martio,  Und  wer  wtirde  nicht  be-* 
troffen,  nachdem  er  in  diesen  Strophen  den  Vergleich  des 
Tiberius,  wie  er  die  F^inde  niedersttirat,  mit  einem  unter 
Regengusz  die  Wellen  aufregenden  Sturm  geleaen,  wenn 
nun  mit  neuem  Ansatze  kommt :  So  wälzt  sich  der  Aufidus, 
wenn  er  wild  wird  und  die  Aecker  überströmt,  wie  Tiberius 
die  Feinde  niedermachte.  Und  wieder  ausftihrlich  das  Ver- 
glichene  wie  der  Vergleich.  Sonderbar  ist  es  wie  der 
Rhetor,  der  diese  Strophen  verfaszt,  et\¥as  von  seinem  eigenen 
übertriebenen  Pathos  merkt  und  sich  dureh  ein  prape  ein- 
sehränkt.  Immer  hat  aueh  mich  dieses  prope  choquirt. 
Und  man  denke  sich  doch  in  den  wirklichen  Schwung 
eines  Dichters:  er  stürzte  auf  die  Feinde  fast  wie  ein  Lõwe, 
tu  dgl.  Den  Schwimg?  Ich  denke  auch  uur  denjenigen 
Geschraack,  den  man  dem  Horatius  zutrauen  darf.  Auszer- 
dem  aber  enthält  hier  das  '£ast'  eine  Unhõflichkeit  und 
Irreverenz  gegen  den  kaiserlichen  Prinzen.  Uebrigens  haben 
diese  Strophen  einen  pathetischen  Ausdruck  wie  ihn  die 
ttbrige  Ode  nicht  hat:  welche  mäszige,  uch  wenig  anstren- 
gende  Prosa  ist^  groszentheils  etwa  mit  kleiner  Umstellung 
eines  oder  des  andem  Worts  recht  gut  ais  Prosa  lesbar. 
AehnKch  nttehtem,  die  hier  begonnene  Registerform  gleicb- 
£alls  fortsetzend,  ist  das  folgende  letzte,  uninterpolirt  erhal- 
tene  Gedieht    Denn  man  lese  doch  daselbst 

tua  Caesar  aetas 

fniges  et  agris  rettulit  uberes 
et  signa  nostro  restituit  lovi 
derepta  Parthonim  superbis 
postibus,  et  vae uum  duellis 

lanum  Quirini  clausit  et  ordinem 
rectum  evaganti  frena  licentiae 


OXXXIV  Zü  ODE  IV,    15.  EPOD.   XV.   XVI. 

iniecit  emo\itque  culpas 
et  veteres  rerocavit  artis  — 

Das  ist  ein  versiiicierter  Speisezettel.  Dem  Horatius,  dessen 
poetischer  Athem  übertiaupt  nicht  sehr  stark  ging,  war  er 
hr  diese  auf  Ordre  gefertigten  Hofgedichte  ganz  aosge- 
gangen. 

In  dieser  vierzehnten  Ode  möchte  auszerdem  das  pius 
mee  simphcc  in  V.  13  noch  verdorben  sein. 

Epod.  XV  Nox  erat  — 

V.  7  (ium  pecori  lupus  et  nautis  infestu%  Orion  turbarit 
hibemum  mare,  wie  überliefert;  ist  Unsinn.  Ich  habe  Aosfall 
angenommen. 

Epod.  XVI  Altera  iam  teritur  — 

V.  15.  forte  quod  expediat  cowrmmiter  aut  melior  pars 
malü  carere  qnaeritis  iaboribus,  So  Meineke.  Ebenso  Haupt, 
aber  mit  einem  Eomma  hinter  expediat  Andre,  om  auch 
hierin  der  wenigstens  bei  weitem  überwiegenden  Ueber- 
lieferung  treu  zu  bleiben,  nicht  quod  expediat,  sondern  quid 
expediat.  Dasz  jede  Erklärung  mit  quid  expediat  unmõglich 
sei,  weist  Bentley  bis  zum  Ueberflusse  nach.  Er  selbst  ent- 
scheidet  sich  fttr  forte  (quod  expediat!)  comjnuniter  u.  s.  w. 
Was  denn  wenigstens  eine  Construetion ,  eine  Form  der 
Rede  ist,  bei  der  man  athmen  kann,  während  alle  übrigen 
Lesarten  dem  Leser  die  Eehle  zuschnüren.  Aber  wie  kommt 
denn  forte  dazu,  mit  einem  Male  'vielleicht'  zu  heiszen? 
Das  heiszt  es  nicht,  und  da  was  es  heiszt  'zufäUig'  auch 
keine  Stätte  findet,  so  ist  forte  verdorben.  Ich  habe  ver- 
sucht,  indem  ich  noch  eine  andere  Verderbung  annehme, 
vielleicht  befördert  durch  das  eingedrungene  yb;'^<?,  welches 
die  beiden  Verse  eines  Verbums  beraubt  hatte: 

forte  quod  expediat  commuiiiter  aut  melior  pars 
malis  carere  quo  velit  Iaboribus. 


EPOD.   XVI.  CXXXV 

Ferte  bringet  herbei  (gebet  an)  ein  Mittel,  welches  allge- 
mein  helfen  kann  oder  durch  welches  den  Leiden  zn  ent- 
gehen  der  beszre  Theil  den  Willen  fassen  kann.  —  Der 
nemlich  eines  männliehen  Entschlusses  fähig  ist  und  der 
Einsicht^  dasz  nur  in  einem  Untemehmen  ktthnes  Ent- 
schlusses  eine  Httlfe  ist.  Ygl.  35  haec  et  guae  poierunt 
rediltis  abscindere  dvlcis  eamus  omnü  exsecrata  civitas  aut 
pars  indocüi  melior  grege;  moUü  et  exspes  inaminata  per- 
pHmat  cubüia,  vos,  quibtis  est  i^irtus,  — 

Die  Auflforderung  mit  ferte  ist  sehr  passend.  Denn 
wie  eine  Berathung  ist  die  Situation  gedacht.  Y.  23  sic 
piacet  an  melius  quis  habet  suadere?  Und  da  niemand  Ein- 
rede  thut:  secunda  ratem  occupare  quid  moramur  aiite? 

Vrf  48.  49.  Diese  beiden  Verse  nulla  noeent  habe  ich 
hieher  gesetzt.  Die  Handschriften  haben  sie  hinter  Y.  60 
(nach  gewõhnlicher  Zählung)  laboriosa  nec  cohors  Ulixei. 
Das  ist  natttrlich  nicht  mõglieh.  Haupt  hat  sie  eingeklam- 
mert.  Ich  habe  sie  dahin  versetzt,  wo  sie  nach  dem  Gange 
des  Gedichtes  richtig  stehn  konnen.  Zwischen  beiden  Aus- 
hülfen  läszt  sich  natttrlich  mit  Sicherheit  nicht  entscheiden. 

Die  letzten  vier  Yerse  heiszen  bei  Meineke  und  Haupt : 

luppiter  illa  piae  secrevit  litora  genti, 
ut  inquinavit  aere  tempus  aureum; 
aere,  dehinc  ferro  duravit  saecnla,  quorum 
piis  secunda,  vate  me,  datur  fuga. 

Es  wird  wol  niemand  sein,  der  dies  wiederholte  aere 
ais  natttrlich  angebracht  empfände.  Es  gibt  auszer  aere 
eine  andere  üeberlieferung  aerea :  dem  ersten  Anschein  nach 
besser  fttr  den  Sinn:  allein  Meineke,  der  es  ehemals  auf- 
genommen,  bemerkt  dagegen,  bei  Horaz  sei  dekinc  nie  ein- 
silbig:  Sat.  I,  3,  104.  5,  97.  Epist.  II,  3,  144  (während  hin- 
gegen  dein,  deinde,  detnceps  einsilbig  und  zweisilbig 
seien,  ein  neuer  Beweis,  dasz  Sat.  I,  5,  97  das  von  Be^^ 
ley,  auch  aus  Handschriften,  eingeftihrte  dein  statt  des  frti- 
heren  dehinc  richtig  sei).    Aber  es  kommt   dazu  Bentleys 


cxxxvi  EPOD.  XVI.  xvn. 

fiemerkung,  dasz  hinter  aerea  saecula  das  quorum  doch 
kaum  bestehen  kõnntd;  das  man  nun  nicht  auf  aerea  saecula^ 
sondern  auf  die  in  dem  ferro  duravit  latenten  ferrea  saecula 
zu  beziehen  hatte.  Weshalb  er  für  diesen  Fail  wenigstens 
quorsum  (ein  Vorschlag  von  Grävius)  oder  dafür  lieber  quo 
nunc  einigermaszen  besser  fand.  Ich  habe  statt  aere  oder 
aerea  geschrieben  dira.  Womit  auch  quorum  piis  —  hin- 
reiehend  gut  besteht  um  einer  Aenderung  enthoben  sein  zu 
dttrfen.  Denn  aufmerksam  zu  machen  habe  ich  noch,  dasz  mit 
quorsum  oder  quo  nunc  (da  dies  nicht  heiszt :  wohin  ^a  u  c  h'  jetzt) 
das  piis  nicht  bestehen  konnte.  Es  kõnnte  sich  das  obige 
piis  ganz  eben  so  hier  nicht  wiederholen.  Man  mttszte 
dann  etwa  fttr  piis  auch  emendiren,  etwa  bonis.  —  Dasz  ich 
hinter  aureum  nicht  blos  ein  Eomma  gesetzt  so  dasz  der 
Satz  dira  —  saecula  noch  von  ut  abhängig  wÄre,  sondern  ein 
Punkt,  habe  ich  absichtlich  gethan.  Es  ist  so  poetiseher 
und  wird  doch  dem  Sinne  nichts  entzogen,  der  hinreichend 
durchsichtig  und  unzweideutig  bleibt.  'Jedoch  den  Frommen 
dieses  entsetzlichen  eisemen  Zeitalters  wird,  das  darf  ich 
prophezeien,  glückliche  Flucht  gewährt.'  Natürlich  eben  nach 
jenen  Küsten,  die  gleich  beim  Beginn  der  Unfrommigkeit 
ftir  die  Frommen  ausgesondert  wurden. 

Epod.  XVII. 

V.  80.  Der  Antiklimax,  das  Zurtickgehen  auf  das  viel 
Geringere  und  gleichsam  Handwerksmäszige  nach  dem  vor- 
angehenden,  den  Mõnd  vom  Himmel  reiszen,  die  Todten 
auferwecken  können,  und  gar  da  ihr  Liebestrank  sich  ja 
nnwirksam  erwiesen,  kann  nicht  geduldet  werden.  Der 
Vers  zeigt  sich  ais  unecht.  Hermann;  da  die  Epoden  alle 
durch  zwei  theilbar  sein  mtiszten  und  also  hier  ein  Vers 
zu  viel  sei,  verwarf  den  Vers  77  et  ipse  nosti  curiosus  — 
(tlber  die  Horazische  Ode  an  den  Censorinus,  Berichte  der 
Leipz.  Gesellsch.  1848  S.  275).  Indessen  musz  ich  diesen 
V.  77  an  und  für  sich  gut  und  beiszend  iinden,  mit  Bezug 
auf  die  aohte  Satire.    Den  Vers  80  dagegen  mflszte  ich  ver- 


EPOD.  xvu.  cxxxvn 

werfen  anch  ohne  das  Moment  der  Distichia.  An  welchem 
ich  für  die  Obrigen  Horazischen  Epoden  nicht  zweifle,  ge- 
rade  aber  für  dieses  letzte  Gedicht  bis  jetzt  glaube  noch 
die  Betrachtung  offen  halten  zu  müssen.  Nicht  etwa  — 
mein  Bedenken  liegt  anderswo  —  weil  es  aus  gleichge- 
bauten  Zeilen  besteht,  nicht  ais  ob  ich  nicht  gedächte  jener 
hõchst  wichtigen  Stellen  bei  Hephästio  S.  UI  und  117. ♦) 
Wo  er  lehrt  dasz  Gedichte  nicht  nur  aus  ungleichmäszigen, 
sondern  auch  aus  gleichmäszigen  Versen  der  Ljriker  es 
gab^  eben  die  inqfSoi,  deren  Eintheilung  in  Strophen  (er 
nennt  es  Systema)  zu  je  zwei  Versen  (i/to  diatixiag)  in  den 
alten  Ausgaben  derselben  ausgedrückt  war,  nach  der  altem 
Art  durch  dasZeichen  einer  Paragraphos.  (Gonsequent;  dooh 
pedantisch»  würden  auch  wir  jetzt  zweizeilige  Strophen  durch 
einen  Zwischenraum  trennen.)  Insbesondere  lehrt  er  dort  dasz 
das  zweite  Buch  der  Sappho  (es  bestand  aus  Aeolischen 
Versen)  und  das  dritte  Buch  (es  bestand  aus,  um  nach  ge- 
wõhnlicher  Art  zu  reden,  aus  Choriamben  mit  Basis)  so  be- 
zeichnet  war.  So  las  also  Horaz  gewisz  seine  Sappho,  so 
gewisz  auch  seinen  Alcäus  und  Archilochus.  Wenn  aber 
die  zweizeiligen  Strophen  so   bezeichnet  waren,  so  gewis 


*)  Hephaest,  p.  UI:  xoiya  di,  Saa  vrro  cvaxtifAatos  fiiy xaTtcf4itQtU 
TUI,  €(vro  dt  ro  avatri^a  t^ii  riXijgovfiiyoy  oiu  icxi  ta  iy  k^  divrigt^ 
xai  TfiiTtfi  2u7t(povi,  ly  ots  xaxufAiXQiUui  fAiy  vno  dicxixiug,  uvxfi  öt  ^ 
õmxiXia  oftola  icxf,  Ibid.  p.  116:  Zvaxvifxu  di  kõxi  uixqtay  avynytayij, 
rixoi  dvo  ^  TtXiioytoy,  /"  cfioitay  f  ayo/nottoy  €}yof4oitay  jU^v,  cuf  xa  iXt- 
yiltt,  i^ttfiixQõv  yuQ  icxi  tiqos  ntyxtifiiTQoy  xoiyotyiu ,  xal  «i  intadoi' 
xh  dk  i^  hfAomy,  o^s  xo  divx€Qoy  2u7i(povi,  (6f  nQoioyxis  dii^OfAiy, 
p.  IIT:  Koiyu  dk  avuxr^ftaxutd,  üntg  xai  6  xuxu  cxi^oy  yiyguip^at  fpti- 
õxtoy  vyitSf  uy  Hyoi  xui  o  xuxu  avaifjuw  toi  xb  dtvxegoy  xal  xgiioy 
Suntpovs.  ^iu  ftey  yu^  xo  iy  xols  nuXamti  ayxiyqaff  ois  xaxu  dvo  ogäy 
Tiu^uytyQa/Afdiyoy  txaaxoy  ^Cfiu,  xai  Ixi  dta  xo  fitjd&y  tvgiaxtc^ai  a^i- 
t^ffov  ntQXTXOV,  xaxa  avaxufia  yofAi^Ofiiy  avxa  ytyqdrp&ui'  ndXiy  dk  xtjl 
Zfioioy  ixdxfQoy  tlyat  tioy  iy  xp  dvädi  axf^tf^y  xal  xtp  dvyao&at  xtjy 
notijXQiay  xaxu  ivx'i^  xiyu  uQxiov  nuyxa  ägi^fiov  Titnotr^xiyai,  (paiii  xtf 
ay  xaxu  axixoy  avxu  yiyQtt<p9ai.  Auch  Ellis  in  der  AbbandluDg  departitione 
carminum  Caiulli  in  seiner  Ausgabe  des  Catull.  Oxon.  1S67  hai  die 
Stellen  gebührend  gewürdigt. 


CXXXVin  EPOD.   XVIL  8AT.   I,  3.  4. 

auch  die  vier^iligen,  und  ee  kann  ueb  nieht  Wunder  neh- 
men  wenn  Horaz  aueh  seine  jenen  naehgebildeten  Gedichte 
eben  so  baute,  auch  bei  Bolchen  (rediehten,  wo  er  wol 
Bchwerlich  darau  gedae]it  hat  dasz  oie  soUten  gesungen 
werden«  Das  Strophenprineip,  und  im  Grossen  in  den  Oden 
das  Tierzeilige  Strophenprincip  bezweifelt  kein  Einsichts- 
ToUer  mehr.  Die  Frage  ist  noch  erlanbt,  aher  allerdings 
vielleicht  fiberflQgsig,  weil  vielleicht  nicht  zu  beantworten, 
ob  nieht  ein  Paar  Gedichte,  ich  will  z.  B.  sagen  Xullam 
Vare  $arra  —  auch  in  den  Oden  sind,  die  zweizeilig  ge- 
mcint  waren. 

Sat.  I,  3  Omnibus  hoc  \itinm  est  — 

In  V.  20  ist  die  Ueberlieferung:  nullane  kabes  ritiaf 
imo  alia  et  fortasse  mhora,  Das  alia  will  nieht  passen. 
Ich  habe  ge8chriel)en  imo  aio:  et  (gleich  et  tamen)  fortasse 
mmora.  (Sat.  I,  6,  65.) 

Sat.  I,  4  Eupolis  atque  Cratiiius  — 

V.  7.  Was  heiszt  die  gewõhnliche  Ueberlieferung  Xt/ci7ii» 
—  faeetusy  emunctae  naris ^  durus  componere  versus?  Der 
harte  Verse  machte?  Wie  kann  denn  aber  durus  componere 
versus  so  viel  sein  ais  durus  in  componendis  versibusf  Danach 
wäre  das  Naheliegendste  'steif,  ungelenk  zum  Versemachen.* 
Aber  es  ging  ihm  ja  so  auszerordentlich  leicht  von  der 
Händ.  Ich  sehe  nicht  auders  ais  dasz  es  heisze:  Versteift 
darauf  Verse  zu  machen ,  obstinatus,  Dazu  pasEt  auch  der 
Fortschritt  nam  fuit  hoc  vitiosus  u.  s.  w.  semperque  inversa 
tueri  durus  aus  Valer.  Flacc.  3,  647  hat  angeftthrt  Golenski 
de  injinitivo  Latino  (Regim.  1864)  S.  49.  Beiläufig  be- 
merke  ich  dasz  für  das  ridiculus  totos  simul  absorbere  pla- 
centas  Sat,  II,  8,  24  gewisz  die  richtige  Erklärung  ist,  die 
mir  ein  jünger  Freund  gegeben :  der  die  lächerliche  Passion 
oder  Geschicklichkeit  hatte  die  ganzen  Euchen  zu  verschlin- 
gen:  ridiculus  ad,  —  Aber  ich  habe  hier  in  der  überlieferten 
Stellung  der   Verse   noch    eine  Aenderung    vorgenommen, 


SAT.  I;  7.  CXXXIX 

auf  welche  der  hinter  nt  magnum  —  auffallend  abgerissen 
eintretende  Vers.  cum  Jlueret  luculcntus  erat  quod  toUere 
velles  hinwies.  Icb  habe  ihn  hinter  emunctae  naris  —  gestellt, 
und,  dünkt  mich,  mit  der  Interpunktion,  die  ich  gegeben, 
wird  ee  nun  befriedigend.  V.  14.  Die  Ueberlieferung  Cns-- 
pinus  minimo  me  pravocnL  Bentley^s  nummo  ist  ftir  mieh. 
überzeugend :  sehon  das  einzige  Wort:  sed  quid  faciamus 
iUo  ^mimimdl  deest  siguidem  pecuniae  summa,  guam  per^ 
deret  is  gui  sponsiojie  vinceretur,  V.  79  laedere  gaudes,  iu" 
quitj  et  boc  studio  pravus  Jacis.  Dies  die  Ueberlieferung 
*und  das  thust  du  studio  pravus,^  Das  ist  doeh  wunderlich. 
*Dureh  di  es  es  Streben'  brauchen  wir.  Ich  habe  geschrie- 
ben  et  koe  studio  pravos  facis  ^und  in  diesem  Streben  stellst 
du  die  Menschen  ais  verkehrt  dar.' 

Sat  I,  7  Proscripti  Regis  — 

In  dieser  Satire  habe  ich  an  einer  Stelle  eine  bedeu- 
tende  Aenderung  vorgenommen.  Nämlieh  V.  9  heiszt  ge- 
wõhnlich:  ad  Regem  redeo.  postquam  nihii  inter  utrumgue 
canvenit  {hoc  etenim  u.  s.  w.  Nun  sind  aber  die  Worte  ad 
Regem  redeo  unmõglich.  Weder  hat  der  Dichter  vorher  bei 
dem  Rex  allein  verweilt,  noch  war  er,  indem  er  ihn  eben 
nocb  zusammen  mit  Persius  erwähnt,  von  ihm  abgekommen, 
noch  spricht  er  hinter  dem  ad  Regem  redeo  von  ihm  irgend 
ais  Hauptperson.  Eurz^  wie  gesagt,  es  ist  das  ad  Regem 
redeo  ganz  unmõglich.  Ob  jemand  aus  Buchstabenverschrei- 
bong  (wo  man  denn  wol  an  ardere  denken  wttrde)  eine 
passende  und  ungezwungene  Verbesserung  machen-  kann, 
weisz  ich  nicht.  Ich  habe  auch  hier  angenommen,  dasz 
eine  entstandene  Lttcke  schlecht  ausgefüUt  ist,  und  habe 
etwas  für  den  Sinn  Trefifendes  eingesetzt:  moliri  exitium. 
Woroit  dann  zugleich  etwas  anderes  gehoben  werden  kann, 
was  wir  in  dem  gewohnlichen  Texte  lesen  und  was  ich 
gleichfalls  für  unmõglich  halten  musz:  ich  roeine  die  ge- 
wõhnliche  neunzeilige  Parenthese  ron  hoc  V.  10  bis  miseris 
V.  18  —  ein  Ungethttm  wie  wir  es  ähnlich   am  Anfange 


CXL  SAT.   I,  7.  8. 

des  15*  Briefes  werden  zu  entfernen  haben:  alsoeine  neun- 
zeilige  und  zwar  einige  ganz  gehõrige  Perioden  in  sich  ent- 
haltende  Parenthese.  Von  dem  sechszehnzeiligen  parenthe- 
tischen  Ungethttm  im  65.  Gedicht  des  Gatall  sind  wir  ja 
niin  dureh  glücklichere  Einsicht  befreit.  Nachdem  nun  an 
unserer  Stelle  für  das  ad  liegem  redeo  das  von  dem  Sinn 
Erforderte  hergestellt  ist,  fängt  mit  postquam  nicht  ein  neuer 
Satz  an,  wodurch  jene  Parenthese  nöthig  wird,  sondem  es 
gehõrt  nun  zusammen  moliri  exitium  postquam  nihu  inter 
utrumque  convenit.    Und  alles  geht  einfaeb  vorwärts. 

Sat.  l,  8  Olim  tnincus  eram  — 

V.  14  nunc  licet  Esquiliis  kabitare  sfüubribus  atque  aggere 
in  aprico  spatian)  quo  modo  lriste$  albis  informem  spectabani 
^ssibus  agrmn.  Es  wird  so  viel  ich  sehe  erfordert  das  schon 
von  Bentley  vorgeschlagene  qua;  allein  auch  das  hilft  nur 
wenn  ohne  Interpunction  geschrieben  wird  agyere  in  aprico 
spatiari  qua  modo  tristes  u.  s.  w.  Dasz  Horaz  'auf  welchem' 
(abgerechnet  dasz  man  lieber  sehen  würde  Von  welchem') 
soUte  mit  quo  ausgedrückt  haben,  was  Bentley  offenbar  an- 
stõszig  fand,  ist  auch  wohl  bedenklich.  Aber  gar  der  Sinnl 
'Jetzt  kann  man  auf  dem  sonnigen  Damm  sich  ei^ehen, 
auf  welehem  man  frtther  —  Das  konnte  man  auch  vorher, 
wenn  er  vorhanden  war.  Da  fehlt  der  Begriff  *mit  Vergnü- 
gen  sich  ergehen ,  der  in  spatiari  doch  nicht  liegt,  noeh  viel 
weniger  ais  in  dem  Deutschen  ^spazieren  gehen'»  sondem 
nur  mit  bequemen  Schritten.  Soil  man  etwa  bei  aggere  in 
aprico  kttnstlich  ergänzen  salubrit  Wie  dann  aber  weiter? 
auf  welehem  vorher  tristes  spectabant.  Wer  sind  denn  die 
tristes  ?  Traurige  Menschen  ?  Wer  redet  denn  so  Lat^inisch  ? 
Und  was  ist  es  denn  auch  für  ein  Sinn?  Das  Subject  zu 
tristes  kann  nur  Esquiliae  sein.  Jetzt  kann  man  auf  den 
Esquilien  gesund  wohnen  und  wo  sie  frtther  traurig  auf  das 
Leichenfeld  sahen  gesund  sich  ergehen :  d.  h.  auf  einem 
jetzt,  wo  es  vorzQglich  auch  durch  die  Aussicht  auf  die  Gär- 
ten  lohnte,  auf  der  Hõhe  angelegten  planirten  Gange.  Vom 
Servischen  Wall  ist  keine  Rede. 


SAT.   I,    10.  CXLI 

Sat.  I,  10  Nempe  incomposito  — 

Dasz  die  ersten  vor  den  ganz  kenntlichen  Anfang  Nempe 
gesetzten  Verse  sehr  gut  sind  (ich  meiue  nicht  nur  metrisch) 
das  ist  gewis.  Dasz  der  Ton  grõber  ist  ais  Horaz  ihn  je 
yor  dem  Publicum  anstimmte  (auch  mit  exkortatus^  fttr  das 
bekanntlich  Horkel  sehr  beachtenswerth  excoriatus  vorscblug) 
ist  auch  gewis.  Dasz  sie  deshalb  nicht  von  Horaz  sein 
könnten  folgt  noeh  nicht.  Horaz  war  so  unschuldig  nicht 
ais  er  sich  z.  B.  vor  Mäcius  darstellt.  Ftlr  einen  HõUensack 
konnte  er  sie  wohl  machen.  Weiteres  darüber  (s.  ein  Weniges 
oben  zu  Od.  II,  15)  dasz  unsereältesten  Handschriftensie  nicht 
haben  und  die  Scholiasten  sie  nicht  erklären  erwarten  wir  von 
Holderzu  lemen.  Zu  V.  70  gebührt  hierihreStelledertreflflichen 
Ausführung  von  Dr.  Eugen  Plew  (Fleckeisen  Jahrb.  1866), 
welche  zwar  durch  mich  veranlaszt  worden,  die  ich  selbst 
aber  schwerlich  so  befriedigend  geleistet  hatte.  'Bei  Horatius 
Sat.  I,  1 0,  dort  wo  von  dem  ungebildeten  Versbau  der  alten 
Zeit  und  namentlich  des  Lueilius  die  Rede  ist,  schlieszt  ein 
Vers,  78,  .  .  .  et  tn  versu  faciendo  \  saepe  caput  scaberet 
u.  8.  w.  Corssen  Ausspr.  u.  s.  w.  II  S.  430  ftihrt  diese  Stelle 
ais  Beleg  dafdr  an,  dasz  nicht  einmal  in  den  Horazischen 
Satiren,  die  doch  der  Umgangs-  und  Volkssprache  am  näch- 
sten  ständen,  das  Bestreben  sichtbar  sei,  am  Ende  des  Ver- 
ses  in  der  5.  Arsis  Hocbton  und  Vershebung  zusammen- 
fallen  zu  lassen.  Lelirs  glaubt  dessen  ungeachtet  seine 
(auch  N.  Jahrbb.  1864  S.  185  angedeutete)  Meinung  festhal- 
ten  zu  mtissen,  dasz  das  Ohr  in  jenem  Verse  sich  unge- 
wuhnlich  berührt  fühle  und  dasz  Horazius  hier  (mit  ähn^ 
lichem  Witz  wie  in  non  quivis  videt  immodtilata  poemata 
iudex)  eine  metrische  Incouvenienz  habe  einflieszen  lassen: 
hier  eine  des  Lueilius,  und  zwar  eine  ihm  nicht  etwa  zuzu- 
trauende,  sondem  es  dränge  sich  deutlich  auf,  dasz  in  dem 
in  versu  faciendo  eigne  Worte  des  Lueilius  enthalten  sein 
müszten,  wie  ^unsicher  auch  bei  Charisius  p.  60  P.  (78  K.) 
die  Ueberlieferung  eines  Lucilischen  et  verstis  faciendi  sein 
mõge.    Eine  Untersuchung  jener  Versscblüsse,  namentlich 


CLXU 


SAT.    ly    H». 


al>er  der  mit  antispondeiscbem  vorletzten  Worte,  war  Lehra 
MeinuDg,  werde  dies  wol  bestätigen.  Im  folgenden  habe 
ich  eine  8^dche  Untersuchang  fQr  die  hauptsäehliehsten 
Hexameterdichter  angestellt.  Corssen  II  S.  442  f.  spricht 
noch  einmal  über  diese  Versansgänge  Ton  der  Fonn  ,-,v^-^3 
uud  bemerkt,  dasz  im  Gregensatz  zu  Ennios  'die  Diehter  der 
Angusteischen  Zeit  diese  Fonn  des  Versausganges  selten 
anwandten,  nieht  weil  sie  die  Uebereingtimmong  von  Hoch- 
ton  und  Vershebung  sncbten,  sondern  weil  die  Cäsnr  [rich- 
tiger  Dibäresej  nach  der  Hebung  des  fttnften  Yers- 
fuszes  den  rollenden  Fail  des  Versschlnsses  unter- 
brach'.  Wie  treffend  aoch  die  letztere  Bemerknng  sein 
magy  so  bedarf  die  erstere  sieherlieh  einer  genauem  Be- 
Btimmung.  Ausgehn  will  ich  bei  der  Betrachtimg  der 
HexameterschlQsse  von  der  Fonn  ^^^-z  TonHoratius;  er 
hat  folgendc: 


Satl  1,104  ae  uebulonem 

^  2,12  ae  nebulonis 

2,57  umquam  alienis 

2,98  clQiilõnes,  parasitae 

2,119  vener^m  facilemqae 

3,52  fortis^jue  habeatur 

4,4  aut  alioqui 

4,27  hic  puerorum 

6,36  matre  inhonestus 

8,3  fiirum  aviumque 

8,13  ue  sequeretur 

8,48  Säga  näe  ealiendrum 

10,46  Varrone  Ataciuo 

10,70  versü  faciendo 


II    1,27    tötidem  stndioram 
2/.)5    rhombi  patinaeque 
3,166  di£f;^rt  barathrone 
3,195  Priamusque  nhomato 
3,207  non  fiiriosiis 
3,221  qui  seeleratus 
5,46    ne  manifestimi 
7,75    imperfis  hominumque 
7,96    Fnlvi  Rutubaeque 
8,21    SSnÜljõ  Balatroni 
8,33    Vlbidlüs  Balatroni 


Epp.  I  1,27  solerque  eiementis 
1,62    an  pueromm  est 
14,8     mens  animusque 
n  1,58    properare  £piclianai 
1,115  quod  medicorom  esi 


1,173  iu  parasitis 
1,263  et  venerator 
3,81    et  populares 
3,146  bit^rltd  Meleagri 
3,355  ut  eitharoedus. 


V-/V-/ 


SAT.   I,    10.  CXLUI 

HierauB  ergibt  sich,  dasz  Horatius  den  Versschlusz 
^  3  keineswegs  gemieden  hat ;  dasz  derselbe  in  den  f reiem 
Satiren  häufiger  ist  (auf  83  Yerse  Imal)  ais  in  den  Episteln 
(auf  197  Verse  Imal);  dasz  endlicli  die  Wahl  des  vorletzten 
Wortes  keineswegs  gleichgtiltig  ist:  denn  1)  in  den  übcr- 
wiegend  meisten  Fällen  weicht  die  Betonung  desselben  von 
der  prosaischen  nicht  ab:  a)  15  Wõrter  sind  einsilbig,  b) 
8mal  ist  Synalõphe.  2)  seine  Betonung  ist  abweichend  in 
folgenden  Fällen :  a)  6  Wõrter  haben  die  Messung  ^  w .'  oder 
j-woJi:  Fälle;  die  um  so  eher  zu  entschuldigen  sind,  ais  bei 
Anwendung  dieser  Wõrter  im  römischen  Hexameter  immer 
Hochton  und  Vershebung  auseinanderfallen  müösen.  b)  2  Worte, 
darunter  ein  Eigenname,  haben  die  Messung  —  ^.  c)  4  Wõrter 
haben  die  Messung  -^:  darunter  Snt.  I  10,70  in  besprochner 
Absicht;  II  2,95  gründes  rhõmbi  patinaequ^i  scheint  aueh 
nicht  unabsichtlieh ;  II  3,166  quid  enim  differt^  barathrone 
scheint  weniger  auflfallend,  Asafert  Staimmsilbe  ist;  II  796 
endlich  sind  zwei  Eigennamen.  In  den  Episteln  kommen 
Antispondeen  an  dieser  Stelle  nicht  vor.  Durchschnittlich 
kommt  bei  Horatius  auf  116  Verse  1  Versschlusz  ^^^o.  Bei 
Persius  ist  der  Gebrauch  viersilbiger  Versschlttsse  wieder 
viel  spärlicher :  I  4  Trdlädes  Labeonem.  I,  25  exUnt  capH/xcus, 
I  26  usque  udeone.  Es  kommt  auf  216  Verse  1  solcher  Vers- 
schlusz. Bei  dem  vorletzten  Worte  ist  die  Betonung  Imal 
regul&r  in  Folge  von  Synalõphe,  2  mai  abweichend  mit  der 
Messung  ^^^■^. 

Bei  Invenalis  ist  der  Gebrauch  wieder  reichlicher: 


I    46  hic  spoliator 

III 

217  et  Polycliti 

53  mfigitflm  labyrinthi 

V 

59  GaetulQm  Ganymedem 

55  8i  capienfU 

115  f^rro  Meleagri 

80  vel  Clavienus 

VI 

110  Ülos  Hyaciuthos 

130  atque  Arabarches 

156  et  Berenices 

n      1  et  glacialem 

581  dedSm  Petosiris 

111    70  aut  Alabandis 

655  atque  Eriphylae 

133  vel  Catienae 

VII 

6  disertis  Aganippes 

144  et  Samothracmn 

15  Squites  ABiani 

CXLIV 


SAT.   I,   10. 


VII  90  tu  Camerinos 
\)i  aut  Proculeias 
191  et  generosus 
193  et  jaculator 

VIII  3%  aut  Camerinus 
89  InOpQm  sociorum 

103  non  Polycliti 

229  persön&m  Menalippes 

IX  (>  miseräbülör  Crepereius 
22  et  Ganymedem 

64  ut  Polyphemi 
X  114  aut  Ciceronis 
150  altosque  elephantos 
243  ut  renovata 
286  hoc  cruciatu 
350  noB  animorum 


Xn  101  prömitt&Qt  hecatomben 
102  viniles  dephanti 

XIII  7  ut  mediocris 
105  hic  diadema 
122  non  Epicurum 
148  et  populorum 
197  et  Radamanthus 
200  quod  dubitaret 

XIV  17  paribusque  elementis 
20  ae  Polyphemus 

40  docil^s  imitandis 

41  et  Catilinam 

46  pernõctäntis  paraaiti 
81  et  generosae 
252  quod  Mithridates 
XV  125  immänSs  Agath}T8i. 


Durchschnittlich  kommt  hier  auf  79  Verse  ein  Vere- 
schlufiz  ^^icf,  Ueber  die  Betonung  des  vorletzten  Wortes 
ergibt  sich  1)  es  fällt  überwiegeud  oft  Hochton  und  Vers- 
liebung  zusammen:  a)  30  mai  ist  das  vorletzte  Wort  eiiisil- 
big.  b)  4  mai  findet  Synalophe  statt.  2)  Uochtou  und  Vere- 
hebung  falleu  auseinander  in  folgenden  Fälleu:  a)  4mal  hat 
das  vorletzte  Wort  die  Messuug  v^v^-^  oder  jl^^^i^  h)  2  mai 
die  Messung  -  ^ ,  c)  8  mai  die  Messuug  -i  -  -i.  Ueber  2,b  u. 
c.  vgl.  unten. 

Gehen  wir  zu  den  Epikern  der  ersteu  Kaiserzeit  ttber, 
so  ist  zunächst  bei  V ergi  lius  das  Verhältnisz  schon  ein 
ganz  anderes.    Die  Verssclilüsse  siud: 


eel.    3,03  rab^ns  hyacinthus 
5,87  an  Meliboei 

6,53  faltos  hyaciutho 

•  * 

8,44  extrOmi  Garamantes 

10,12  ÄOnle  Aganippe 

ge.  I  437  Inoõ  Melicertae 

n    84  Idaeis  cyparissiB 


III  60  pati  hymenaeos 

IV  137  tõnd^bät  hyacinthi 
183  ferrõgin^s  hiacinthos 

Aen.I  651  inconcessosque  hyme- 
naeos 
III  32 S  Lacedaemoniosque hyme- 
naeos 


k 


8AT. 

h   10.                                            CXLV 

Aen.in401dllci8  Meliboei 

IX  344  Rhoetumque  Abarimque 

464  sectoqHe  elephanto 

477  fimmSÕ  uliilatu 

553  nlyifrSgflm  Scylaceum 

574  Diöxippfim  Promolumque 

614  genitore  Adamasto 

767  NoimonäqQePrytanimque 

680  conifSrae  cyparissi 

X    60  et  Simoenta 

IV    99  pactosque  hymonaeos 

136  Oticik  terebintho 

146  pictique  Agathyrsi 

505  gSmTtõ  lacrimiRque 

215  sSmiYirö  comitatu 

720  prÖftigQs  hymenaeos 

316  IncSptos  hymenaeos 

XI    69  länguSntis  hyacinthi 

667  fgmingö  ulutatu 

217  Turnique  hymenaeos 

V  300  HSiymõs  Panopesque 

355  dignisque  hymenaeis 

448  aut  Erymantho 

XII    87  alboque  orichalco 

VI    11  mentem  animumque 

419  odõrifgräm  panaceam 

445  maestamque  Eripyhlen 

515  gonQs  Peridiae 

484  säcrdm  Polyphoeten 

805  miscere  hymenaeos 

623  vetitosque  hymenaeos 

Gulex235  äsptctins  Ephialten 

896  nttins  elephanto 

401  hic  rhododaphne 

\II  344  Turniqae  hymenaeis 

Cirris  95  foribusque  hyacinthi 

358  Phrygiisque  hymenaeifl 

434  liectrõ  lacrimoso 

398  cSnTt  hymenaeos 

470  hinc  Strophadasque 

555  cSl?brlnt  hymenaeos 

Für  die  Betonung  des  vorletzten  Wortes- ergiebt  sich 
Folgendes:  1)  in  der  Mehrzahl  der  FäUe  ist  sie  von  der 
proBaischen  abwelchend:  a)  2t' Wõrter  haben  die  Messung 
^-w^,  wv^^  oder  ^^,  b)  2  Wõrter  die  Messung  --^  (wol 
ohne  eine  maleriscbe  oder  andere  Absicht),  c)  8.  Wõrter  die 
MesBung  --  ^  ^.  2)  Hochton  und  Vershebung  fallen  zusi^miftl^ii 
in  folgenden  Fällen :  a)  5  mai  ist  das  vorletzte  Wort  einail- 
big.  b)  1 7  mai  findet  Synalõphe  statt  Durcbschnittlich 
kommt  auf  ca.  261  Verse  1  Verssctlusz  v^^^- 

Bei  Ovidius  ist  der  Gebrauch  dieses  Versschlusses 
selir  riel  spärlicber;  es  sind  folgende  Fälle: 


Met  n  244  Phegi&cõ  Erymantho 
V  312  Hyäntgä  Aganippe 

Lelin,  Uor»tiiis. 


V  409  Pisaras  Atethusae 

vm  310  Hyiriteo  lolao 

K 


CXLVI  aAT.  I,  to. 

Met  XI    17  Bicchä  uhilAtiiB  XIII  257  AlistoriqaeCliromiiaiiqae 

756  JM  GanymedeB  25SNoSiiittiiiqf[ePrytMiinqiie 

FOr  die  Betonong  des  yorletzten  Wortes  ergiebt  sich, 
dasz  bei  Ovidios  stets  Hochton  und  Vershebang  aasein- 
ander  fallen:  a) 4  Wõrter haben  die  Form  -^^s^^  oder  w^, 
b)  4  Wõrter  haben  die  Messung  ^— ^.  Durchscbnittlieh  kommt 
aof  1500  Yerse  ein  Yersschlusz  ^^w-^c?. 

Aoch  CatuUus  mosz  Uer  in  Betracht  gezogen  werden. 

62,4    dicGtOr  hymenaeas  64,20    d^pexit  hymeiiaeos 

5        0       hymenaee  141    optätõs  hymenaeos 

66,11  aüctoshymenaeo  319    castodib&nt  calathisci 

Hierans  ergiebt  sich,  dasz  1)  die  Betonung  des  vorletz- 
ten  Wortes  flberwiegend  hftufig  von  der  prosaischen  ab- 
weicht:  a)  4  Wõrter  haben  die  Form  ---%  b)  ein  Wort  hat 
die  Form  -^.  2)  1  mai  fäUt  Hochton  und  Vershebang  zu- 
sammen  bei  einsilbigem  Wort  Durchschnittlich  kommt  aof 
ca.  134  Verse  ein  Versschlusz  v^^^^-. 

Bei  Silius  Italicus  kommen  folgende  FftUe  vor: 

I  152  saperamque  hominamqae  V    22  lateqae  hymenaeo 

II  484  divumque  hominumque  XV  728  ae  residentem 

m     64  primoque  hymenaeo  XVII    79  T5tios  hymenaeos 

Hierans  ergiebt  sich:  1)  das  Zosammenfallen  von  Hoch- 
ton und  Vershebüng  flberwi^  entschieden:  a)  1  Wort  ist 
einsilbigy  b)  4  mai  findet  Synalõphe  statt.  2)  Nnr  1  mai  fült 
Hochton  und  Vershebüng  auseinander;  das  vorletzte  Wort 
hat  die  Messung  wwA  Durchschnittlich  kommt  aof  2034 
Verse  1  Versschlusz  w^-ic?. 

Bei  Lucanus  kommt  ttberhaupt  nur  1  Fail  Tor: 

xm  318  prlecipitä  cataractae.     Das  Yorletzte  Wort  hat  die 
Messung  -w^^. 

Bei  Statius  kommt  in  den  Sävae  und  Aehüleis  kein 
Fail  vor,  in  der  Thetaü  folgende: 


SAT.  I|  10. 


CXLVZC 


n  202  primiBqae  liymenaeb 
239  haec  Aracyntho 
610  Echiöniüm  Lycopbontem 


m  283  däbis  hymeiUMiB 
Yn  344  qui  Cypftii>son. 


Hieraos  ergiebt  sich:  1)  Das  Zusamm^allen  von  Hoeh- 
ton  and  Yershebung  überwiegt:   a)  2  Worte  sind  einsilbig 
b)  1  mai  ist  Synalophe.   2)  2  mai  fällt  Hochton  und  Vers- 
bebong  auseinander:  a)  1  Wort  hat  die  Fonn  ~>^w^;  b)  1  Wort 
die  Fonn  w  ^.  Durchschnittlich  kommt  auf  2824  Yerse  1  Yers- 

SCUUSZ  v>w^C 

Wir  woUen  nun  zur  voraugusteischen  Hexameterpoesie 
zurückgehen  und  zunächst  die  yier»lbigen  Yersschlttsse  bei 
Lucretius  aufsachen;  es  sind  folgende: 


4'oiime  ftnimantum 
51  ad  rationem 
68  nec  minitanti 
74  mente  animoque 
97  comitari  hymenaeo 
112  natura^animai 
139  rSrüm  novitatem 

148  spSciSs  ratioque 
182  qoae  genitali 
194  natora  animantam 
264  adiuta  aliena 
266  nii  revocari 
350  omne  animantam 
424  quo  referentes 
457  natora  abituqae 
517  qu^t  cohibere 
544  nii  revocari 
547  rebÕB  reparandis 
550  res  reparare 
779  caecamque^adhibere 
808  arbusta  animantis 
821  arbnsta  animantis 
828  plnrii  adhibere 


I    912  sunt  elementis 
1033  gens  animantam 
1038  natora  animantom 
n     43  pariterqoe  animatos 
61  spSctes  ratioqoe 

77  äl'ilke  minoontor 

78  saecla  animantom 
139  otmoveantor 

393  est  elementis 
463  esse  elementis 
480  figürarõm  ratione 
483  in  brevitate 
509  in  melioris 
591  ondQ  oriantor 
614  qoi  violarint 
640  mätrSm  comitantor 
665  qoaeqo^jmitantor 
691  constar^  elementis 
717  atqo9  imitari 
804  oti  yideator 
918  ona  eademqoe 
920  torbamqo^  animantnm 
938  nator^m  animantis 
K2 


CXLVIU 


SAT.  I|   10. 


n  981  coDsUi^  elemeotis 
[1023  ad  rationem] 
1063  generisqu^  auimantum 
1073  Biimlü  ratione 
ni    93  spSciÕs  ratioque 

132  delat^m  Heliconi 

142  mens  animusque  est 

150  pars  animar 

155  Yocemqu^  aboriri 

161  atquQ  animai 

167  constarQ  animamque 

228  natur^m  animaeqae 

244  ex  elementis 
III  254  atquQ  animai 

341  sic  animai 

344  atquQ  animai 

[374  miuora  animai) 

[380  priv^  animai] 

[388  cumqu?  unimantis] 

[392  concus8i^_anima7] 

397  vis  animai 

399  uU^  animaF 

406  partQ  animai 

444  is  cohibessit 

455  omn^m  animai 

468  qui  revocantes 

476  vis  pcnetravit 

499  atqa^  animai 

522  a  modicina 

536  tanta    auimai 

573  si  cohibere 

580  perferr?  animai 

597  cum  perhibetur 

624  uatura  auimaiit 

713  necD^  animaT 

724  multij^  animarum 

701  te  sapienti 


838  atqu^  animai 
III  949  ais  moriturus 
1079  quin  obeamus 
1092  ex  hodierno 
rv    38  viYös  volitare 
104  lUiB  similesque 
250  ant^  agitator 
335  Bunt  Bpeculorum 
343  geBtumquQ  imitari 
351  ne  simulacra 
365  gestumqu^  imitari 
448  Gt)  videantur 
545  ex  Heliconis 
616  pius  operaeve 

645  ciipiünt  animantes 

646  et  generatim 
650  quae  perhibemus 
[720  in  pemorando] 
740  natur^  aidmalis 
759  cum  vigilamus 
78S  cum  simulacra 
833  sunt  ratione 

[859  cuiusqu^  animantis] 
925  pars  remaneret 
944  inde  animai 
959  parte  animai 
979  ut  videantur 
985  ess^  operati 
1053  hunc  jaculatur 
1146  ne  jaciamur 
1217  nec  superatumst 
1246  aut  penetratum 
1249  ex  aliisque 
V    49  ex  animoque 
50  dnra  rationes 
69  tdlur^  animantes 
80  atqn^  animantis. 


a4T. 

• 

I,  10. 

83  qua  ratione 

y  1373  atqu?  olearam 

[141  formamqu^  aDimalem] 

VI      41  sp^ctes  ratioqne 

[145  688Q  animata 

59  qua  ratione 

[229  cuiquam  adhibendast 

292  dfiSviim  revocari 

255  dÜfiviSm  revocator 

330  est  elementis 

378  adhuc  potuisBeot 

333  in  remorando 

415  virn  minuerunt 

354  ex  elementis 

431  generisqu^  aniinaQtam 

445  presteraimitetnr 

456  sunt  elementis 

586  hic  animai 

•  478  in  statione 

591  ipse  animai' 

479  quae  moveantar 

730  flabra  aquilonum 

547  obiecta  alieni» 

846  ut  cošundo 

557  vis  animai 

902  pari  ratione 

590  qaa  ratione 

919  est  adeundum 

742  flabra  aquilonum 

959  quae  iaciuntur 

815  ill«  alimenti 

1009  ex  elementis 

919  membra  animantum 

1012  ex  elementis 

929  qaod  caperetor 

1025  ae  vacuatus 

1053  Snim  paterentur 

1117  est  inimicus 

1228  atque  elephantis 

1119  fortQ  aüenum 

1347  spevoluerunt 

1124  atquQ  alienum. 

cxux 


Hieraus  ergiebt  sich  für  die  Betonung  des  Yorletzten 
Worts:  1)  in  den  überwiegend  meisten  Fällen  f&lU  Hocl^ton 
und  Vershebung  zusammen:  a)  71  Wõrter  sind  einsilbig 
(bierzu  rechne  ich  aucb  ädhüc);  b)  70  mai  findet  Synalõphe 
statt.  2)  Hochton  und  Vershebung  decken  sich  nicht  in  fol- 
genden  Fftllen:  a)  14  Wõrter  haben  die  Messung  -.^^ 
oder  ^w-i  oder  -^;  b)  5  Wõrter  die  Messung  --^;  c)  1  Wort 
die  Messung  —  ^.  Durchschnittlich  kommt  bei  Lucretiug 
auf  46  Verse  ein  Versschlusz  s>v^^-. 

In  den  Fragmenten  des  Ennius  (ed.  Vahlen)  kommen 
folgende  Fälle  vor: 


Y.    23  mörtäl^s  perhibebant 
44  pSdi^m  stabilibat 
56  aSrümn&s  tetulisti 


T.    57  quos  peperisti 
100  impun^  animatus 
116  di  genuerunt 


vu 


SAT. 

I,  10. 

UI  dis  oriimdum 

V.  259  filö  gracilento 

124  et  ttttulatoB 

274  aed  maledictis 

128  nt  teneatis 

275  inimicttiäs  agitantes 

137  hiB  toleraret 

300  DidonQ  j>riando8 

138  certSbŽnt  taditantes 

305  cõnl^^Tnditano 

139  ae  popularis 

308  aevpm  agitabant 

152  gSntes  opulentae 

324  cafisS  poBendi 

175  nt  nüBererent 

393  quae  periiibetur 

200  prSttfim  dederitis 

409  i&bet  horüarque 

223  qolsqnam  superarat 

414  partim  requietcunt 

227  quae  perhibetur 

486  tögi  saporeacit 

237  atquQ  elephanti 

567  divomqaQ  homioumqae 

254  diTomquQ  hominumque 

591  taetrosqa^  dephantoi 

Aos  diesen  Fragmenten  ergiebt  sich  fttr  die  Betonang 
des  Yorletzten  Wortes:  1)  in  der  Mehrzahl  der  Fftlle  f&Ut 
Hochton  und  Vershebung  zusammen :  a)  1 1  Wõrter  sind  ein- 
silbig ;  b)  7  mai  findet  Synalõphe  statt.  2)  Nicht  selten  fiUlt 
aber  Hocbton  und  Versbebong  auseinander:  a)  5  Wõrter 
baben  die  Form  -v^v^^,  wv>^  oder  w^;  b)  5  Wõrter  dieForm 
-  ^ ;  c)  4  Wõrter  die  Form  -  -  -^.  Durchscbnittlich  kommt  in 
diesen  Fragmenten  auf  ca.  18  Verse  1  Versschlusz  ^^i-, 

In  den  Fragmenten  des  Lucilius  (ed.  Glerlach)  sind 
folgende  Fftlle  eines  solchen  Versschlusses: 


I    6,2  hane  scelerosi 

24  m^r^nt  legiones 

25  cf^nt  dephantis 

II      4  invasse  animamque 

9,2  et  capitatam 
IV    2,3  cmn  decumano 
VI    17  Sqaam  masimonem 
IX    13  ae  podagrosos 
XI     2  qaem  Cephalonem 
nv     8  ae  Babylonem 


XY      7  ae  Syrophoenix 

10  et  cerebrosnm 

13  sirpiculiqa^  holeronnn 
XYI    3  atqa^  Aqoilonem 
XMI  1,6  insign^m  haboisse 

XXIX  15  at  fugitiTOin 

XXX  10  atquQ  animosam 
Idc.  1,5  tarp9  inhonestnm 

3,7  hinc  inimiciis 
16,2  tanüqa^  habearia 


k 


SAT.  I,  10.  CLI 

Eine  Beweisaafhahme  aus  diesen  wenigen  Fragmenten 
musz  firdlich  sehr  mangelhaft  ausfallen.  Es  ei^bt  sich 
Folgendes:  1)  in  den  ttberwiegend  meisten  FäUen  stimmen 
in  den  uns  erhaltnen  Fragmenten  Hochton  und  Vershebung: 
a)  10  Wõrter  sind  einsilbig;  b)  7  mai  findet  Sjnalöphe  stafi 
2)  3  Wõrter  haben  dieForm  ^^. 

Nachdem  wir  uns  nun  das  nothwendigste  Material  Tor- 
gef&hrt  haben,  kõnnen  wir  flber  die  Anwendung  des  Vers- 
scblusses  ^^^a  im  lateinischen  Hexameter  etwa  Folgendes 
sagen:  Ehmius^  der  Begründer  des  lateinischen  Hexameters, 
der  nochmit  vielfachensprachliohen  und  metrischen  Schwimg- 
keiten  zu  kftmpfen  hatte,  hat  sich  auch  tlber  diesen  Vers- 
schlusz  wol  noch  keine  sehr  bestimmten  Gesetze  gemacht: 
er  scheint  ihn  von  allen  lateinischen  Dichtem  am  häufigstto 
zu  haben.  Freilich  war  die  lateinische  Sprache  wol  nicht 
so  reich  an  Wortformen  von  der  Messung  wv^zc;  ais  die 
griechische,  wie  dies  eine  Vergleichung  des  Ennius  mit 
Homer  zeigt.  Bei  Ennius  kommen  auf  seine  Ca.  600  Verse 
betragenden  Fragmente  32  solcher  Yersschlttsse :  bei  Homer 
kommt  die  gleiche  Anzahl  schon  auf  die  191  ersten  Verse 
der  liias.  Auch  in  der  Setzung  des  vorletzten  Wortes  in 
der  5.  Arsis  läszt  sich  bei  Ennius  nicht  gerade  etwas  speci- 
fisch  Lateinisches  finden :  er  hat  nemlich  an  dieser  Stelle 
13  einsilbige  Wõrter  (wenn  man  2  durch  Synalõphe  ein- 
silbig gewordene  dazu  zählt),  Homer  bei  der  gleichen  Att- 
zahl  von  Versschlttssen  der  Form  v^^^c  in  U.  A  1 — 191 
12  dergleicheu.  Auffallenderweise  stehen  die  bei  Ennius 
häufig  (5  mai)  vorkommenden  Antispondeen  an  rorletzter 
Stelle  bei  Homer  u4  1—191  nur  1  mai.  Femeraber  scheint 
Ennius  namentlich  auf  die  prosaische  Betonung  der  latei- 
nischen Sprache  bei  der  Wahl  dieser  Worte  keine  Rttck- 
sicht  genommen  zu  haben:  so  hat  er  in  der  5.  Arsis  viele 
Antispondeen  (5  auf  600  Verse),  die  von  der  reguläten  latei- 
nischen Betonung  grade  am  empfindlichsten  abweichen,  ohne 
dasz  in  den  meisten  Abrichtlichkeit  anzunehmen  ist  Der 
nftchste  Epiker  nach  Ennius,  von  dem  wir  noch  etwas 
flbrig  haben,   ist  Vergilius.    Bei   diesem  ist  der  Gebraueh 


CLU  SAT.  I,   10. 

des  YersBchlusses  v^-^  unendlich  viel  eingeschränkter;  noch 
mehr  bei  Ovidius  und  den  spätem  Epikern.  Waram  haben 
wol  diese  Dichter  diesen  Versschliisz  so  gemieden?  Corssen 
a.  a.  0.  II  S.  443  sagt :  'weil  die  Dihärese  nach  der  Hebung 
des  fünften  VerBfuszes  den  roUenden  Fail  des  Verssehlasses 
unterbrach.'  Aber  Homer  hat  ja  doch  so  unendlieh  viel 
mehr  solcher  Yersschlüsse :  Vei^lius  hat  im  Ganzen  52^  bei 
Homer  kommen  52  schon  aof  die  ersten  309  Yerse  der 
liias.  Es  mag  also  noch  ein  andrer  Grund  mitwirken,  und 
dieser  liegt  wol  darin,  dasz  das  vorletzte,  in  der  ftlnften 
Hebung  stehende  Wort  den  lateinischen  Dichtem  seiner  Be- 
tonung  wegen  grosze  Schwierigkeiten  machte.  Dasselbe 
kann  sein  entweder  ein  einsilbiges  oder  ein  mehrsil- 
biges.  Schlieszt  nun  aber  der  Vers  v^v^/o,  so  mflssen  alle 
mehrsilbigen  vorhergehenden  WGrter  an  letzter  Stelle  eine 
Länge  haben  und  auf  der  letzten  Silbe  betont  werden.  Da 
es  aber  in  der  lateinischen  Sprache  keine  mehrsilbigen  Wõr- 
ter  giebt^  die  von  Natur  auf  der  letzten  Silbe  betont  sind, 
so  muss  in  allen  solchen  Fällen  der  gewõhnlichen  lateinischen 
Betonung  Zwang  angethan  werden,  auszer  wenn  die  eigent- 
lich  letzte  Silbe  mit  dem  Vocalanlaut  des  nächsten  Worts 
verschlifFen  wird.  Gehen  einsilbige  oder  durch  Verschleifung 
einsilbig  gewordene  Wõrter  dem  Versschlusse  ^y^-a^  vorher, 
so  werden  diese  allerdings  regulär  accentuirt,  aber  ein  Ver- 
schluszy  j:.,  v^v^^c;  fällt  sehr  unkräftig  ins  Ohr  schon  wegen 
der  vorher  entstehenden  sog.  bukolischen  Dihärese.  Die 
ältesten  lateinischen  Hexameterdichter,  wie  EnniuSi  haben 
nun  neben  nicht  gerade  selten  angewandten  einsilbigen  Wõr- 
tem  in  der  fünften  Hebung  der  lateinischen  Betonung  durch 
Setzung  von  mehrsilbigen  Wõrtem  vielfach  Zwang  angethan. 
Die  Augusteischen  Dichter  aber,  deren  Ohr  ein  yiel  feineres 
geworden  war,  und  die  Sprache  und  Versbau  auch  mehr 
beherrschteu;  vermieden  einestheils  die  einsilbigen  Wõrter 
in  vorletzter  Hebung  noch  ängstlicher  (Vergilius  hat  nur  6, 
Ovidius  keine)  andrerseits  gingen  sie  den  der  lateinischen 
Betonung  Gewalt  antbuenden  mehrsilbigen  Wõrtem  dadurch 
zum  Theil  aus  dem  Wege,  dass  sie  den  Versschluss 


v>wl- 


SAT.   I,   10.  CLIII 

überhaupt  sehr  viel  spärlicher  anwandten;  namentlich   ent- . 
hielten  sie  sich  aber  antispondeischer  WortfUsze  in  der  fttnf- 
ten  Hebung :  Vergilius  hat  2,  Ovidius  und  die  späteren  Epiker 
k  e  i  n  e  n.  Ueberhaupt  erlauben  gich  die  Augusteischen  Epiker 
den  Yerssehlusz  >^^^o  grõsztentheils  nur  bei   griechischen 
Wõrtern  und  bei  Eigennamen,  die  meistens  aucb  griechischen 
Ursprungs  siud.  Ueberwiegend  häufig  sind  die  letzten  Wõr- 
ter  der  betrefFenden  Verse   solche  griechische  Wörter  und 
Eigennamen:    denn  Vergilius   hat   unter    52  Versschlüssen 
w  ^  i  c  47  griechische  Wörter  an  letzter  Stelle,  Ovidius  unter 
8  dergleiehen  7,  und  auch  der  achte  Yersschlusz   bei   ihm 
Bacchei  ululatus   weist  wol   auf  ein  grieehisches   BaxxHai 
oXolvyai.   Schon  bei  Catullus  sind  in  der  leteten  Stelle  alle 
6mal  griechische  Wörter;    bei  Statius  sind  alle  5  Wörter 
an  letzter  Stelle  griechisch ,  bei  Valerius  Flaccus  6  unter  7 
dergbichen.    Namentlich  merkwürdig  ist  das  Wort  hf/me- 
naeus,  das  (durch  Catullus  vielleicht  Mode  geworden)  später 
das  allerbedeutendste  Gontingent  zu   unsern  Yersschlttssen 
stellt    Bei  Catullus  steht  es  (abgesehen  von  dem  öfter  wie- 
derholten  Refrain)  unter  6  Versschlüssen  5mal,  bei  Vergilius 
14  mai  unter  52^  bei  Silius  Italicus  3mal  unter  6,  bei  Va- 
lerius Flaccus  2mal  unter  7,  bei  Statius  2mal  unter  5  Ver- 
schlttssen  ^w^c.    Aber  auch  an  der  vorletzten  Stelle  sind 
die  griechischen  Wörter  und  Eigennamen  häufig.    Vergilius 
hat  unter  30  Fällen,  wa  Hochton  und  Vershebung  ausein« 
ander  fallen,  8  griechische  Wörter,  Ovidius  unter  8  FäUen 
7  griechische  Wörter;   Statius  unter  2  Fällen  1,   Valerius 
Flaccus  unter  3  Fällen  auch  1  grieehisches  Wort  Diese  Er- 
scheinung  ist  sehr  wiehtig:    denn  wenn  das  vorletzte  und 
letzte  Wort  ein  grieehisches  ist,  wie  dies  ganz  überwiegend 
bei  Ovidius  der  Fail  ist,    so  wird  der  lateinischen  Be- 
tonung  kein  Zwang  angethan,  und  ein  solcher  Verssohluss 
wurde  daher  von  dem  römischen  Ohre  wohl  nicht  unange- 
nehm  empfunden.   Aber  auch  wenn  in  den  meisten  übrigen 
Fällen  nur  das   letzte  Wort  ein  grieehisches  ist,  erscheint 
doch  der  betreffende  Versschlusz  schon  hierdurch  gewisser- 
maszen  der  römischen  Sprachsphäre  entrückt  und  in  eine 


CLIV  SAT.  I,   10. 

andre  hineinversetzty  so  dasz  die  Rõmer  aaeh  Bolche  Vers- 
schlflsse  wie  tondebat  hyacinthiy  despexit  hymenaeos  gleichsam 
nicht  mit  rõmischen  Betonungsgesetzen  maszen.  Dafttr  spricht 
auch)  dass  in  solchen  FäUen  häafig  ein  Hiatus  und  eine 
Verlftngenmg  einer  Ettrze  eintritty  wie  f uitus  hyaehuho^  pati 
hymenaeos,  canit  hymenaeos,  profugus  hymenaeos,  dfeetur 
hymenaeus,  auetus  hymenaeo,  woduroh  sich  diese  VerssehlttBae 
ais  von  der  gewõhnlichen  Art  abweiehend  documentiren.  — 
Zwischen  Vergilius  einerseits  und  Ovidius  nnd  den  spfttem 
Epikern  andrerseits  ist  noch  darin  ein  nicht  nnbetrftclitlicher 
Unterschied)  dasz  ersterer  den  Yerssclüusz  ^  ^  ^  c  wenigstens 
verhältmszmäszig  noch  sehr  viel  häofiger  gebrancht  Die 
fiberwiegende  Mehrzahl  besteht  freilich  aus  griechischen 
Wõrtem  nnd  in  einigen  Fällen  ist  die  Herttbernahme  ans 
dem  Griechischen  sehr  offenbar:  z.  B.  ecL  \0y  12  *Aovlfi 
^Ayavlnnri.  Georg.  I  437  '/vömji  MelixiQTf].  Aen.  V  300 
"Elvfiog  Ilavoftevg  ve.  IX  344  ^Poltov  %  "Afiaqiv  t€.  IX 
767  NoTJfiova  tb  ügvravlv  %€  (wõrtlich  ebenso  Ov.  Met  XIII 
258  aus  n.  E.  678)  u.  A.  Daneben  Iiat  aber  Vergilius  auch 
noch  mancheS)  was  an  die  altere  Ennianische  Art  erinnert, 
nemlich  einige  Yersschlflsse  auf  wv^/c?  aus  rein  lateini- 
schen  Wõrtem,  wie  Aen.  IV  896  nitens  efephantOy  TV  667 
femmeo  ululatu^  IV  215  semhiro  eomitatu,  namentlioh  aber 
VI  11  mentem  anrmumque^  X  505  gemttu  lacrimisque,  Vers- 
schlflsse  die  bei  Ovidius,  Valerius,  Statius  durchaus  nicht 
vorkommen.  L.  Müller  de  re  metr.  S.  220  sieht  in  solchen 
Versschlüssen  (er  führt  an  IV  215.  X  505.  IH  553;  680) 
eine  malerische  Absicht  des  Dichters :  es  ist  das  zum  Theil 
mõglich,  aber  bei  Vergilius  durchaus  nicht  immer  der  Fail. 
Auch  Silius  Italicus  hat  dieselbe  Eigenthttmlichkeit  wie  Ver- 
gilius: er  hat  zweimal  (I  152.  II  484)  einen  nachweislich 
Ennianischen  Versschlusz  herüber  genommen,  einen  solchen 
freilich,  der  keinen  Widerspruch  von  Hochton  und  Vershe- 
bung  enthält. 

Nun  bleibt  uns  noch  zur  Betrachtung  ttbrig  der  IHdak- 
tiker  Lucretius  und  die  rõmischen  Satiriker.  Das  erstere 
Werk  ist  das  einzige  grõszere  noch  vorhandene  Oedicht,  in 


SAT,  I,   10.  CLV 

welehem  die  Versschlttsse  wv^^  r  ziemlich  häufig  angewendet 
sind.  Bei  ihm  fallen  die  oben  besprochenen  Schwierigkeiten 
in  der  Betonang  dee  vorletzten  Wortes  grõsztentheils  weg: 
sein  Hexameter  brancht  keine  besondere  Kraft  und  Pracbt^ 
er  hat  daber  in  der  überwiegenden  Mehrzabl  der  Fälle  vor 
den  Versschlusz  <^w^o  ein  einsilbiges  Wort  gesetzt.  Unter 
den  161  FÜlen;  in  denen  er  einen  solchen  Versscblusz  hat; 
geht  7 Imal  demselben  ein  einsilbiges  Wort  voraus  und 
ausserdem  38mal  Wõrter^  die  durch  Elision  einsilbig  wer- 
den:  zusammen  109mal.  Die  übrig  bleibenden  (52)  Wõrter 
sind  grõsztentheils  (32)  in  ihrer  regulären  Betonung  belassen 
durch  Synalõphe  der  letzten  Silbe.  Somit  bleiben  bei  Lu- 
(mtius  nur  20  Fälle,  in  denen  der  gewõhnlichen  Betonung 
hat  Gewalt  angethan  werden  müssen,  darunter  die  verhält- 
niszmäszig  sehr  geringe  Anzahl  von  5  Antispondeen.  — 
Aehnlich  ist  wol  das  Verhältnisz  bei  den  Satirikem:  sie 
nehmen  an  dem  etwas  schwachen,  der  prosaischen  Rede 
nahestehenden  Versschlusz ,  -,  wv>^3  keinen  Anstosz,  eben- 
sowenig  an  häufiger  Anwendung  der  Synalõphe,  welche  die 
Epiker  zum  TheU  verschmähten.  Aus  des  Lucilius  verhält- 
niszmfiszig  wenigen  Fragmenten  lassen  sich  sogar  Antispon- 
deen mit  Bestimmtheit  nicht  nachweisen,  da  die  Ueberlie- 
ferung  an  jener  oben  angeführten  Stelle  des  Gharisius  (et 
versus  faciendi)  so  äuszerst  unsicher  ist;  allein  wir  dtlrfen 
deren  Gebrauch  nach  jener  Stelle  des  Horatius  dreist  bei 
ihm  Yoraussetzen.  —  Bei  Horatius  selbst  macht  die  Zahl 
der  einsilbigen  (15)  oder  durch  Synalõphe  einsilbig  gewor- 
denen  (3)  Wõrter  die  Majorität  aus  (18  gegen  17).  Die 
Fälle,  In  denen  bei  ihm  von  der  regelmässigen  Betonung 
abgewichen  ist,  scheinen  theils  absichtlich,  theils  leichterer 
Natur  zu  sein:  vgl.  oben  bei  Horatius  2  o  u.  c.  Bei  Persius 
ist  der  Gebrauch  des  Versschlusses  w^^-  äuszerst  selten, 
bei  Juvenalis  dagegen  wieder  recht  häufig.  Auch  bei  ihm 
sind  die  einsilbigen  und  durch  Synalõphe  einsilbig  gewor- 
denen  Wõrter  (32)  bedeutend  überwiegend  (gegen  16  mehr- 
silbige).  Er  hat  nur  2  Antispondeen  in  vorletzter  Hebung, 
dagegen  sind  bei  ihm  sehr  bemerkenswerth  die  Smal  vor- 


C1.TI  SAT.  U,  2.  3.  5.  6. 

faMMnettdon  pomphaften  Versauggäuge  zzJ^  ^^f'-  es  sind 
dk«  w^>l  Alles  Parodien  (oder  Reminisoenzen)  epischer  Stellen, 
w^iiiirtstens  haben  sie  sowol  wie  die  2  Fälle  mit  Antispon- 
f}<e^n  an  letzter  Stelle  ein  griechisches  Wort." 


S«t.  IL  2  Qiiae  virtiis  — 

V.  10  ff.  habe  ich  eimgermaszen  zu  constituiren  gesucht, 
wio  sio  nach  Sinn  und  Construction  mõglich  scheinen. 

Silt.  II,  3  Si  raro  scribis  — 

V.  57  Clamel  amica  mater^  honesta  soror.  So  die  üeber- 
llcforung.  NatUrlich  umzukehren :  honesta  mater^  amica  saror. 

8Ät.  n,  5  Hoc  quoque  Tiresia  — 

V.  1 04.5  sparge  subinde  et  si  paulium  potes  iliaerimare 
Hst  gaudia  prodentem  voltum  eeiare.  Lachmann  hat  emendirt 
illacrima,  e  re  est  —  Ich  kann  dem  nicht  beistimmen^  theils 
wegen  des  Uebelklanges,  theils  weil  die  Bemerkung  ere  est 
gaudia  prodentem  voltum  celare  sich  zu  sehr  von  selbst  ver- 
steht.  Ich  habe  versucht  —  iliaerimare  gaudia  pertendes 
iwltu  celare.  —  Man  konnte  auch  an  ausgefallnen  Vers 
denken.  Merkwürdig  ist  doch,  dass  Orestes  tragoedia  V.  63 
gelescn  wird  conticnit  genilor  dum  vultiis  gaudia  plorant 
Hat  auch  einmal  plorantem  oder  ploranti  vultu  hier  gestanden? 
Doch  scheint  das  schon  nicht  zupanllum  iliaerimare  zu  passen. 
—  Beiläufig  möchte  ich  mir  die  Frage  erlauben,  ob  es  wirk- 
lich  die  Meinung  ist,  dasz  wir  an  Elang  und,  noch  mehr, 
an  Latinität  glauben  sollen,  an  Properzische,  III,  9  fin. 
IIoc  mihi  Maecenas  laudis  concedis  et  a  te  est  quod  Jerar  in 
partis  ipse  f uisse  tuas. 

Sat.  II,  6   Hoc  erat  in  votis  — 

y.  29.  Dasz  Horaz  soUte  quid  vis  insane  et  quas  res  agis 
geschrieben  habe  und  nicht  wo  alles  aus  dem  Leben  das 
von  Bentley  trefflich  ais  das  durchaus  gangbare  naehge- 
wiesene  quid  tibi  vis  und  quam  rem  agis,  konnte  ieh  nie 
glauben.    Man  erlaube  mir  meine  Meinung  darüber  abzu- 


SAT.  II,  6,  EPI8T.  1.  l.  CLVII  ^ 

Bchreiben  aos  Jolius  Schultz  de  prosodia  sattricorum  Roma- 
norum  p.  26:  ^Priina,  ut  dicit  Lucianus  Muellerus  p.  283 
^etisionis  Latinae   nomiast^  non  ut  possint  monosyllaha  lõnga 
aut  medid    {sic  appellat  syllabas  m  littera  tenninatas)  elidi  tn 
brevi  nm  quae  sint  indeclinabüia  aut  flewione  formata  aliena 
ab  legitimü  modtilis\     Itague   {id  quod  Muellerus  non  atti- 
git)  Bentleü  coniectura  a  Heindorjio  recepta    Sat,  II  6,29 
Quid  tibi  vis^  insane,  ei  guam  rem  agisf  improbns 
urgu  et  cet,  reiicienda  erit^  guam  Bentleius  coniecturam  pro 
depravato  illoy  guod  codd.  praebent:  Quid  tibi  vis  insane 
et  guas  res  agis  —  egregie  ex  linguae  usu  firmasse  vide^ 
tur.     Et    Meinekius    et  Hauptiüs   ad   guas    res    redieiunt 
omisso    tibij    Quid   vis  insane  et  guas  res  agis?  — 
Lehrsius  se  aliorsus  inclinare  dicit,     Cum  priorem  monosyl- 
labam  in  synaloepha  substantivum  rarissime  esse  inceniamusj 
alteram  post  monosyllabum  brevem  item  perraro^  koe  genus, 
de  guo  agitur,  cur  fere  inauditum  fuerit,  intelligi.     Negue 
ideo  id  ita  firmum  fuisse ,  ut  statuendum  sil  in  satira  et  guo 
loco  communem  vilam  guam  maanme  imitari  decebat  maluisse 
Horatium  pervulgalum  dicendi  genus  migrare  poiius  guam  illud 
et  comicarum  guogue  versibus  familiare  guam  rem  agis? 
cum  ipsa  synaloepha  transsumere. 


Epist.  I,   1  Prima  dicte  mihi  — 

V.  16—19  *Rufen  wir  uus  nun  kura  ins  Gedäclitnisz, 
wie  Aristipp  in  alles  was  Tyche  in  der  Gestalt  des  Vortheils 
oder  Vergnügens  lockend  anbieten  mochte  sich  einliesz,  zu- 
gleieh  aber  lehrte  und  ausführte  sich  mit  humoristisclier 
Freiheit  ihr  überlegen  zu  !halten,  um  sobald  sie  unbeqnem 
ward  ilirer  frei  zu  werden:  was  er  durchzusetzen  verstand 
gegenüber  den  Launen  der  Tyrannengunst,  gegenüber  den 
Laimen  der  Elemente,  ais  er  in  der  afrikanischen  Hitze  die 
erschmeichelten  Goldsäcke  fortwerfen  hiesz,  gegenüber  sogar 
den  Launen  der  schõnen  und  verführerischen  Frauen.  In 
alles  sich  hingebend  'hielt  er  ohne  gehalten   zu  werden'. 


CLVm  EPIST.  I,   1. 

Allein  das  yermochte  nur  er  und  veimõgen  nnr  Mensehen 
wie  er,  die  zu  den  seltensten  Erscheinangen  gehören .  Dio- 
ses  sind  Worte  aus  meinen  populären  Aufsätzen;  18&6. 3. 162. 
Sie  werden  wol  hinreichend  zu  erkennen  geben,  wie  ieh 
meinerseits  keinen  passendern  Sprach  zn  Bezeichnung  des 
Amtippismas  wttszte  alB  das  'sich  die  DingOi  nicht  mch  den 
Dingen  zu  unterwerfen',  sibi  res  nan  se  sukiungere  rehtSj 
und  jeden .  über  diesen  Yers  hier  entstandenen  Zweifel  nicht 
anerkenne.  Ob  man  f&r  den  Stoicismos  den  Sprach  ohne 
weiteres  umkehren  dürfte,  was  wol  nicht  dor  Fail,  kommt 
aber  zom  Verstftndnisz  unserer  Yerse  auch  nicht  in  Frage. 
Horaz  gibt  bezeichnende  Züge  f&r  beide  Philosophien,  and 
wie  für  den  Aristippismus  der  genannte  Sprach  ein  Sehibo- 
leth  ist,  so  fttr  den  Stoiker  die  'Tugend^  nein  vielmehr 
die  Vahre  Tagend*  —  gewisz  wird  er  alles  was  andere 
Scholen  Tugend  {dgerij)  nennen  nur  fOr  einen  Schein  Yon 
Tugend  erklären  —  und  die  Starrheit  in  Ausllbang  dieser 
wahren  Tugend,  während  bei  andem  Schulen  eine  gewisse 
Bi^samkeit  zugestanden  wird,  wie  Aristipp  die  Bieg^unkeit 
auf  den  Thron  gesetzt.  Ein  zweiter  Glegensatz  wird  noch 
hervorgehoben ,  einerseits  das  sich  selbst  leben  des  Aristip- 
pismus, sehr  bekannt  und  sobald  man  sagt  „Aristippische 
Philosophie''  (Aristippi  praecepta)  sogleich  sich  darbietend| 
and  hing^en  der  Stoiker,  welcher  thätig  und  gemeinthätig 
ist  Uoiriovixog  xal  7tQaxTixdg  Diog.  La.  VII,  124),  welcher 
sich  mit  Statsgeschäften  befaszt,  wenn  nicht  etwas  dagegen 
ist  (TtoliTBverai  av  fiij-Ti  xtokvt]).  Man  wird  übrigens  sehr 
wobl  thun^  bei  V.  15.16  an  Cato  zu  denken,  nicht  ala  ob 
Horaz  dabei  selbst  gerade  nothwendig  an  Cato  gedacht, 
wiewol  dies  sehr  möglich  ist,  aber  an  einen  praktischen 
StDiker  yielmehr  ais  an  einen  Schulstoiker.  Bei  dem  Ari- 
stippismns  ist  Philosoph  und  Praktiker  überfaaapt  weniginr 
zo  scheiden  und  Horaz  denkt  an  sich  selbst  Horas  war 
eine  Aristippische  Natur  und  wuszte,  dasz  er  es  war,  daher, 
wenn  er  sich  einmal  in  den  Stoicismus  verti^  hatte,  er  sich 
doeb  baid  anrersehens  wieder  auf  den  Wegen  des  Aristip- 
paa  Csnd :  'unTersehens  gleite  ich  in  den  Aristippas  lorflck'. 


EPIST.  ly   1.  GLIX 

Was  er  mit  Btlcksicht  aof  seine  Natur  Bagt.  ohne  es  zu  ta- 
deln.  Der  Aristippischen  Natur  des  Horaz  und  der  be- 
wuszten  Anerkennung  derselben  und  der  Norm  'sich  die 
Dinge,  nicht  sich  den  Dingen  zu  unterwerfen'  verdanken 
wir  die  eigenthttmlicbsten  Züge  des  Horaz,  welche  ihn  uns 
besonders  anmuthig,  aber  aucb  besonders  werth  macben: 
seine  Stellung  zu  Mficenas,  dem  er  bereit  ist  alles  zurttckzu- 
geben,  wenn  er  ihm  zu  unbequem  werden  woUe;  dasz  er 
nicht  Lust  babe  aus  seinem  'Fusz  und  Masz'  (peg  und 
modultoi)  herauszugehen  {Epist.  I,  7, 98).  Welcbes  der  Aristip- 
pisehe  Fusz  ist.  Aber  einen  Yirtuosen  gleich  dem  Meister 
Aristipp  fühlte  er  sich  nicht :  ei  mihi  rcs  non  me  rebus  sub^ 
iungere  conor.  Die  ganze  geniale  Leichtigkeit  des  Aristipp 
hatte  er  nicht:  vielleicht  hatte,  wenn  er  sie  gehabt,  das  Ein- 
zige,  was  uns  in  ihm  stõrt,  seine  Augustvergõtterung 
einen  andem  Charakter  angenommen.  Er  sah  sich  auch 
bei  andem  philosophischen  Schulen  naeh  Stützen  und  An- 
regungen  urn.  Er  wuszte  die  schõnen  und  hohen  Lehren 
der  Stoiker  wohl  zu  schätzen  und  ihnen  etwas  abzugewin- 
nen :  allein  sobald  er  an  die  starren  C!onsequenzen  kam, 
ftthlte  sich  seine  graziõse  Natur  abgestossen,  und  wo  er  ihnen 
einmal  bis  an  die  Orenzen  ihrer  Paradoxa  gefolgt,  springt 
er  wol  mit  scherzhafter  Wendung  davon  zurück,  wie  am 
Schlusse  dieses  ersten  Briefes.  Auch  in  der  Art  wie  Horaz 
seine  Schriftstellerei  trieb,  zeigt  sich  sein  Aristippismus.  Auch 
sie  liesz  er  sich  nicht  gar  zu  sehr  über  den  Kopf  wachsen. 
Geistreich,  zum  humoristischen  Menschenbeobachter  bestimmt, 
gescbmackyoU  wie  er  war,  in  den  griechischen  Dichtem 
den  ansprechendsten  Lebensgenusz  findend,  hatte  er  die 
Elemente  und  Triebe  zur  Schriftstellerei  in  seiner  Natur 
gegeben.  Allein  das  Formen,  namentlich  auch  das  Formen 
dnes  Ganzen,  eines  plastischen  Oebildes  wurde  ihm  keines- 
wegs  leicht.  Von  diesem  letztgenannten  Talent  besasz  unter 
den  Bõmischen  Satirikem  Juvenal  gar  nichts.  Horaz,  der 
es  aus  seinen  Griechen  wol  ais  die  hõchste  Blttthe  schrift- 
stellerischer  Production  inne  geworden  war,  besasz  es :  doch 
stand  es  ihm  nicht  immer  leicht  zu  Gebote.   Er  hat  in  den 


CLX  EPIST.   I;  1. 

Satiren  einigenuil  die  hõchsten  und  unvergängüchsten  Mei- 
Bterstücke  in  dieser  Art  au^estellt:  den  Oegenstand 
Beines  satirischen  Spottes  in  einen  geistreichen  Bahmen  ge- 
üaszt,  zu  einem  voUendet  plastischen  Bilde  ansgearbeitet : 
Canidia,  der  Litterat,  Tiresias,  Nasidienus,  die  Consultation 
des  Trebatius. 

Aber  wie  sehr  treten  dagegen  andere  nicht  wenige  zu- 
rttck!    Ist   es  nicht  .ais  ob  der  Catius  (II,  4)  ein  frflherer 
Yersuch  wäre,  bis  ihm  in  glttcklicher  Stunde  die  Bearbei- 
tung  desselben  Stoffs   zur  Gesellschaft  bei  Nasidienus  auf- 
ging?  So  machte  er  sich  in  späteren  Jahren  von  dieser  Be- 
schwerlichkeit  los.  Er  nalim  oder  erfand  sich  die  Form  der 
Epistel,    das  heiszt    die  Form    der   Formlosigkeit.    Dabei 
batte  er  auch  noch  die  Annehmlichkeit,  die  er  liebte,  wie 
auch  die  Oden  zeigen,  mit  dem/was  er  zu  sagen  hatte,  an 
eine  bestimmte  Person  sich  zu  wenden,  sei  es  ein  unbethei- 
ligter,  sinniger  Zuhõrer,  sei  es  ein  solcher,  der  zu  dem  dies- 
mai  behandelten  Gegenstande  in  näherer  Beziehung  stand. 
In  Nachahmung  also  der  Briefform  des  Lebens  war  er  nun 
jeuer  Arbeit,  einen  plastischen  Rahmen  zu  erfinden,  über- 
hoben.    Er  legte  nun  seine  Gedanken  wie  sie  ihm  aus  dem 
Lcben  und  besonders  jetzt  auch  bei  der  Lectüre  entstanden, 
und  —  worin  er  ein  Meister   war   —   seine    concentrirten 
Gnomen,  in  losem  Yerbande  neben  einander:  er  fUhrte  deii 
einen  Gedanken,   über    den   er  mehr  Treffendes  zu  šagen 
wuszte,  oder  der  ihn  sonst  eben  mehr  anzog,  ausführlicher 
aus:   jenen  kürzer:  konn  te  an  Punkten  auch  eine  Anzahl 
Einzelgnomen    hintereinander  vortragen.    Dasz  dabei  nicht 
ohne  alle  psychologisch   erkennbaren  Gedanken-  oder  Ge- 
fühlsverbindungen  verfahren  wird,  das  ist  natürlioh.    Aber 
jenen  Charakter  des  Lockeren,  Springenden,  Unvollständigen, 
ungleichmässig  Ausgefiihrten  musz  man  erwarten  und  aner- 
kennen.  In  keinem  seiner  Briefe  ist  dies  in  hõherem  Grade 
der  Fail  ais  in  der  ars  poetwa,    und  von  den   obigen  Ge- 
sichtspunkten  ausgehend  musz  man  ihre  Form  oder  Form- 
losigkeit ganz  begreiflich  findeu. 

In  unserer  ersten  Epistel  ist  sogleich  die  Wendung  sehr 


EPIST.   I,    l.  CLXI 

bequem.  'Jetzt  Bind  die  Jahre,  wo  für  die  Poesie  die  Zeit 
Torttber  ist.  Jetzt  gilt  es  immer  hinter  der  Philosophie  her- 
zusein  und  einzusammeln  aus  ihr  was  im  recbten  Augen- 
blicke  anzuwenden  ist.  So  macbt  mir  jedes  Hindernisz, 
welcbes  mich  von  dem  rü^tigen  Studium  der  Philosophie 
abzieht;  mich  zwingt  es  eine  Zeit  lang  hinauszuschieben, 
jetzo  die  Zeit  so  lange,  wie  dem  Liebhaber  ein  erwartetes 
Mädchen,  das  nicht  kommt  u.  s.  w.  Da  bleibt  mir  denn 
nichts  übrig  ais  mich  unterdessen  zu  trõsten  und  in  der 
Bahn   zu  erhalten  mit  folgenden  Grundlehren  :*  — 

Da  stand  es  dann  frei,  eine  groszere  oder  kleinere  Zahl 
philosophischer  Sätze  folgen  zu  laszen,  einige  kürzer,  einige 
ausführlicher  erläutert,  und  in  einer  auch  noch  sehr  dem 
Belieben  unterworfenen  Keihenfolge.  Aehnliche  Wendungen 
kommen  sonst  wieder,  z.  B.  im  zweiten  Theil  des  zweiten 
Briefes  im  zweiten  Buch.  —  Ob  Ribbeck  diese  Ansicht  von 
den  Episteln  hat  weisz  ich  nicht.  Wenn  er  sie  hat,  verstehe 
ich  seine  Behandlung  derselben  nicht:  wenn  er  sie  nicht 
haty  wenn  er  eine  andere  Vorstellung  hat,  nach  der  er  mehr 
gebundene  Form,  mehr  systematischen  Gang  oder  wie  ich 
es  nennen  soil,  nõthig  findet,  so  habe  ich  meine  Stellung 
bezeichnet. 

V.  56  laevo  suspensi  — ,  aus  Sat.  I,  6,74.  Von  Meineke, 
auch  Haupt  hier  entfemt. 

V.  60  ^si  reele  facies  hie  murite  aenetts  esto:  nii  can- 
seire  sibi,  nutta  patteseere  cutpa,  Meineke  hat  die  Worte  von 
hie  bis  eulpa  hinausgeworfen.  Ohne  Zweifel  mit  Recht  des- 
halb,  weil  der  Gedanke  durchaus  nicht  hierher  paszt. 

V.  101.  Im  Aristarch,  zweite  Ausgabe  S.  437  (vorher 
Bchon  im  Rheinischen  Museum)  hatte  ich  gesagt,  der  Vers 
insanire  putas  so/emnia  me  neque  rides  musse  fehlcn:  er  sei 
verkehrt  und  unmöglich.  —  Wie  denn  anders  ?  Wenn  meine 
Kleidung  schief  und  nicht  zusammenpassend  ist,  lachst  du: 
wenn  meine  Bestrebungen  nicht  harmoniren,  da  glaubst  du, 
dasz  ich  den  gewõhnlichen  Wahnsinn  der  Menschen  habe  — 
Ei,  Querkõpfigkeit!  Er  glaubt  dann  nicht,  dasz  er  wahnsinnig 
sei :  er  sieht  gar  keinen  Wahnsinn  an  ihm :  er  sieht  das  ge- 

Lehra,  HomtioB.  L 


CLXII  EPIST.   I,  2. 

wõhnlicbe  Treiben  der  Menschen  au  ihm  und  es  fällt  ihm 
ebeu  deshalb  gar  seiue  Disharmonie  uicht  ais  etwas  Besou- 
deres  auf.  Und  diese  alleu  Menschen  eigene  Veränderlich- 
keit  iu  ihreu  Beatrebungen  hält  Mäcenas  gar  nicht  fttr  Wahu- 
sinn:  wenn  er  sie  dafttr  hielte,  da  thäte  er  ja  ebeu  was 
Horaz  iu  Stoischem  Sinne  ^vill  und  ais  das,  was  jener  uicht 
thut,  ihm  vorhält.  Oder  will  man  es  gar  mit  der  Frage  ver- 
suchen?  "^da  meiust  du,  dasz  ich  uur  den  gewõhnlichen 
Wahusiun  der  Menschen  habe  und  lachst  nicht'  ?  also :  wäh- 
rcud  ich  doch  viel  wahnsinniger  bin  ais  die  andem  Men- 
schen und  du  lachen  soUtest!  — 

Die  Sache  ist:  Mer  Wahnsinn  ist  erst  die  Stoische, 
nicht  die  gewõhnliche  uoch  die  Mäcenatische  Ansicht  und 
Ausdruck  flber  die  Inconsequenz:  den  einer  plump  und  uu- 
zeitig  hineiugebracht  hat,  während  Horaz  es  durch  Arzt  und 
Curator  andeutete  und  dann  V.  108  mit  dem  sanus  des 
Weisen  zugleich  die  insania  aller  Uuweisen  auch  mit  dem 
Stoischen  Schlagwort  deutlich  zu  verstehen  gab. 


Epist.  I,  2  Troiani  belli  — 

V.  1.  Das  herkömmliche  maxüne  Lolli  ist  von  Meineke 
bekanntlich  mit  Maxime  vertauscht,  aus  Uberzeugendeu 
Grttnden  (Versschlusz  Maxime  Cotta  bei  Ov.  Pont,  II,  8. 
III,  5,  6). 

V.  46.  *Der  Zusammenhang  in  Horazeus  zweiter  Epistel 
ist  einfach  und  leicht  zu  verfolgeu.  V.  44  wird  erfordert: 
man  sucht  sich  Vermögen  durch  eine  reiche  Frau,  gründet 
ein  Haus  und  cultivirt  ein  Landgut.  Allein  nicht  Haus, 
nicht  Landgut,  nicht  Geld,  —  so  weuig  sie,  wenn  du  kör- 
perlich  krauk  bist,  dich  gesund  machen,  so  wenig  heileu 
sie  dich  von  der  Seelcnkrankheit.  Aber  der  dazwischen- 
stehende  Vers  46  (juod  saiis  est  cui  contingü  nii  amplius 
optet  zerstõrt  alles.    Dann  ferner  ist  alles  gut  bis 

V.  79  lesta  diu.  Die  abschliessenden  Worte  aber:  guod  si 
cessas  aut  strenuus  anteis  nec  tardum  opperior  nec  praecedeU" 


EPIST.  I,  2.  3.  6.  CLXIII 

tibus  histo  sind  abgeschmackt;  fast  dünkt  mich  auch  an  und 
fUr  sich.  Aristoteles  igtoTijS-elg  ncHg  av  TtQOxoTcroiev  oi 
fiia&rital  sagte  was  das  Natürliche  scheint  kdv  Tovg  ngoixov- 
rag  ouonovreg  tovg  vavegovvtag  fiij  avafdivwai  Diog.  La.  V, 
20.  Doch  in  diesem  Zusammenhange  und  in  dem  Verhält- 
nisz,  in  welchem  Horaz  zu  Lollius  diese  Epistel  schrieb,  sind 
jene  Worte  abgeschmackt  ganz  ohne  Zweifel*  Sie  müssen 
den  echten  Schluss  verdrängt  haben.^  Aristarch  2.  Ausg. 
S.  437.(vorher  im  Rhein.  Mus.  1S62), 


Epist  I,  3  lilli  Flore  — 

V.  31.  32  ist  die  Ueberlieferung  an  male  sarta  gratia 
nequiquam  coit  et  reschidüur  at  vos  oder  ae  vos,  Mir 
scheint  eine  Versetzung  und  dann  Unsicherheit  in  der 
Schreibung  der  einsylbigen  Partikeln  vorgekommen  zu  sein 
und  ha"be  ich  geschriebeu,  wodurcli  der  Gang  so  viel  sieherer 
und  lebhafter  wird:  coit'?  an  resdndhur  et  vos  —  Ich  werde 
gegen  ae  vos  auch  nicht  viel  haben.  Doch  beobachten  wird 
man,  eine  wie  geringe  Neigung  Horaz  zu  ae  hat ,  wo  et  stehen 
kann.   Einiges  Auffallende  kommt  vor,  z.  B.  Sat.  1  und  2. 

Epist.  I,  6  Nii  admirari  — 

V.  7  ist  die  Ueberlieferung  ludicra  quid,  Ich  habe  ge- 
schriebeu ludicraque  ei,  wodurch,  wie  mich  dünkt ,  alle  In- 
convenienz  gehoben  wird. 

V.  22.  Die  Ueberlieferung  ist  indignum  quod  sit  peiori- 
bxis  ortus.  Ich  habe  unbedenklich  Bentleys  Vorschlag  qni 
aufgenommen,  aher  nicht  mit  der  Interpunction  wie  er  woUte 
ei  {indiffnum)  qui  sit  peioribus  orlus  sondern  —  et  (indignum^ 
qui  sit  peioribus  ortus!)  So  wird  es  plastisch  und  lebhaft. 
In  dem  matten  quod  erkennen  wir  den  Horaz  nicht. 

V.  59 — 61.  Das  gleichförmige  f oruni  populumque  und 
gleich  wieder  populo  spectante  war  Bentley  anstõssig  und 
er    schrieb   forum   eampumque.    Man    wird    nicht   zweifeln 

L2 


CLXIV  EPIST.   I.  6.  9. 

kõnnen  ihm  Recht  zu  geben,  —  und  ftlr  jetzt  habe  ich  auch 
80  geschrieben  —  falls  die  Sache  sich  nicht  ganz  anders 
verhält  Mir  ist  von  jeher  die  Pointe  dieser  Geschichte  hier, 
das  Bttckkehren  mit  dem  gekauften  Eber  unverstAndlich 
gewesen.  'Ist  gut  essen  das  Ziel  des  gut  lebens,  wolau,  es 
wird  Tag,  machen  wir  uns  auf  wohin  die  Kehle  uns  führt, 
ziun  Fiscbfang,  zur  Jagd,  wie  €rargilius,  der  Morgens,  um 
kein  Aufseben,  keinen  Anstoss  sich  kümmernd,  kein  Urtheil 
des  Publikums  scheuend,  seinen  grossen  Jagdzug,  mit  dem 
er  nach  dem  Wildpret  fflr  seinen  Tisch  auszog,  gerade  über 
das  dichtgedrängte  Forum  gehen  biesz,  um  dann  eben  so 
auch  wieder  den  Fang  vor  den  Augen  des  Volks  heimwärts 
zu  führen.'  So  etwas  erwartet  man.  Dasz  aber  von  einem 
Unglücksjäger  die  Anekdote  lauten  soUe,  der  immer  mit 
Aufheben  auf  die  Jagd  geht  und  immer  Unglück  hat  und 
Yon  der  Jagd  mit  leeren  Händen  zurückkommt  und;  um  sich 
nicht  lächerlich  zu  machen,  nun  ein  Wildpret  kauft,  das 
scheint  hieher  nicht  zu  gehören.  Es  mõchte  wol  'hier  ein 
grösserer  Fehler  verborgen  sein;  dessen  weitere  Verfolgung 
vielleicht  zunäcbst  unus  in  rursus  venvandeln  wird. 

Epist.  I,  9  Septimius  Claudi  — 

V.  4  (Uynum  mente  domoque  leyentis  honesta  NeronU, 
Diesen  Vers  wird  man,  je  mehr  man  ihn  betrachtet,  desto 
mehr  nicht  nur  Uberilüssig,  sondem  auch  unangemessen  fin- 
den.  Und  in  Beziehung  auf  diesen  Vers,  aber  nicht  den 
folgenden,  trete  ich  Gruppe  bei.  Auch  der  Bau  des  Verses 
hat»  wie  Gruppe  bemerkt,  seines  gleichen  doch  nicht  trotz 
dem  Flore  bono  ciarogue  fidelis  amice  Neronts  Epist.  II,  2,  1, 
und  trotzdem,  dasz  'Horaz  in  Beziehung  auf  troch&isehe 
Cäsur  etwas  aristippisch  denke.'  Schon  jener  eine  Vers 
zcigt,  wie  weit  Horaz  darin  selbst  in  den  Episteln  ging, 
selbst  in  auffallender  Stelle,  wie  hier  am  Anfang.  Der  letzte 
Vers  der  Ars  poetica  ist  non  müsnra  cutem  nisi  plena  cruoris 
htrudo.  Einige  andere  Beispiele :  Ars  p.  120  scriptor  Home- 
reum  si  forte  reponis  Achi/lem.  Epist.  I,  18,  2  scurt*antis  spe- 


EPIST.   I,   9.   10,  CLXV 

dem  praebere  profesms  amicum,  Ich  hatte  keinen  Grund 
I,  17,  36  nan  cuivü  komini  contingit  adire  Corinthum  für  uu- 
horazigch  zu  halten. 

Epist  I,  10  Urbis  amatorem  — 

V.  37  Die  üeberliefening  ist  sed  postquam  victor  violens 
dücessit  ab  hoste  und  violens  victor,  Bentley  schrieb  statt 
dessen  violens  victo^  war  aber  aelbst  ganz  unzufrieden  damit 
und  erklärt,  wie  ein  Bolches  Beiwort  wie  das  violens  hier 
durcbauB  für  das  Pferd  nicht  passe.  Dann  fäbrt  er  fort: 
In  editione  Cadomensi  Epislotarum  Horatii  anno  1480  ex 
scripto  ui  verisimile  est  exemplari  [was  doeh  zweifelhaft 
bleibt]  mira  prorsus  habetur  lectio  Sed  postquam  tictor  victo 
discessit  ab  koste.  Und  meint  dann,  victo  sei  zuerst  ais 
Glossem  hereingekommen ,  dann  hätten  die  Abschreiber 
durch  die  Wiederholung  victor  victo  'mit  Recht*  beleidigt 
das  victo  in  violens  verwandelt:  das  Ursprüngliche  werde 
gewesen  sein  sed  postquam  domito  victor  discessit  ab  koste,  was 
er  niit  einigen  guten  Parallelstellen  belegt,  z.  B.  Ov.  Met.  XV, 
599  restitit  ut  victor  domito  remeabat  ab  koste.  —  AUein 
Ovid  sagt  auch:  dum  spatium  victor  victi  considerat  kostis 
Met.  in,  95.  Und  da  ist  es  denn  wol  auoh  diplomatisch  ein* 
facher  victo  ais  das  Entstellte  oder  beim  Abschreiben  zuerst 
einmal  Ausgelassene  anzusehen.  Haupt  hat  victor  ridens  aus 
violens  gemaeht.  Meiner  Empfindung  hat  dies  nie  zusagen 
woUen,  und  da  Meineke  trotzdem,  dasz  es  durch  Buchstaben* 
ähnlichkeit  sich  zu  empfehlen  scheint  und  er  natürlich 
wuszte,  dasz  in  unsem  Aesopischen  Fabeln  weinende  und 
lachende  Thiere  vorkommen,  es  auch  nicht  in  den  Text  ge- 
nommen,  so  mag  er  eine  ähnliche  Empfindung  gehabt  baben. 
Es  scheint  fflr  den  Ton,  in  welchem  die  Geschichte  vorge- 
tragen  ist,  zu  spielend,  und  namentlich  auch  für  das  Pferd, 
welches  lachen  zu  lassen  nicht  am  nächsten  liegt,  lachen 
zu  lassen  viel  weniger  ais  weinen.  Wenn  ich  jetzt 
bei  Bibbeek  lese:  Venn  das  Piferd  weint  (Phädrus  app.  I, 
19,  6)  um  von   den  Homerischen  Rossen  nicht  zu  redea)> 


CLXVI  EPIST.    I,   Ift.   11. 

wio  die  Rabenmutter,  der  Fuchs,  der  Hase  (Beispiele  aug 
BabrioH  und  Phädrus),  so  kann  es  auch  lachen^  80  gebe 
ich  80  olme  weiteres  nicht  zu,  dasz  Fabelerzähler,  die 
mit  Theilnahme  und  lebcndiger  Anschauung  den  Thieren 
gegenUberstehen  oder  auch  gegenüberstanden  (denn  ein 
dummer  Babrios  ist  nicht  maszgebend)  das  Pferd  eben  so 
leicht  lachen  ais  weineu  lasseu,  und  eben  so  wenig  was 
Ribbeck  sogleich  beifägt:  'so  kann  es  auch  lachen,  so  gut 
wie  der  Wolf :  keineswegs  verzerrt  sich  die  Physiognomie 
des  Pferdes  so  leicht  und  natfirlich  zum  Lachen  ais  des 
Wolfes.  —  Doch  es  fehlt  uns  eine  Betrachtung  der  Aesopi- 
schen  Fabel  und  ihrer  Abfassungen  von  dieser  Seite.  Zu 
welcher  auch  schon  Jakobs  unglflckliche  Vertheidigung  der 
po/pecuia  Epi?ts  7  veranlassQu  konnte. 

Epist  I,  11  Quid  tibi  \i8a  Chios  — 

Diese  Epistel  zu  verstehen,  wird  nimmermehr  gelingen. 
Nachdem  Bullatius  (denn  seis  Lebedns  u.  s.  w.  ais  Worte 
des  Horatius  zu  nehmen  ist  wol  ganz  aufgegeben  und  ist 
wenigstens  keiner  Berficksichtigung  werth),  nachdem  also 
BuHatius  tief  melancholisch  geklagt^  er  sei  des  Suchens  und 
des  Reisens  so  mflde^  dasz  er  in  dem  Neste  Lebedös  woUe 
sitzen  bleiben,  erhält  er  die  Antwort :  nun  nun,  wegen  vor- 
tlbergehender  Unannehmlichkeiten  auf  dem  Wege  gibt  man 
doch  Reise  und  Reiseziel  nicht  auf!  Ja  wem  es  freisteht  in 
unangetasteter  bürgerlicher  Stellung  in  Rom  zu  leben,  ftlr 
den  sind  die  schõnen  Städte  wie  Rhodos  und  Mitylene  ganz 
überflüssige  Dinge^  der  mi^  sich  in  Rom  das  Vei^flgen 
maohen  sie  zu  loben  während  sie  fem  bleiben.  Du  —  bei 
dem  dies  nicht  der  Fail  ist,  dem  Rom  verschlossen  ist  — 
wl^est  doch  ein  Thor  das  melancholische  Nest  Lebedos  zu 
wfthlen  und  nicht  eine  von  jeneu  heiteren  und  lebendigeren 
Stftdten.  Statt  dessen,  was  doch  zu  erwarten  wäre,  erhalten 
wir :  du  —  ergreife  jeden  dargebotenen  heitem  Augenblick, 
um  auch  im  kleinsten  Ort,  also  auch  in  Lebedos  leben  zu 
kõnnen.    Welch  ein  klaffender  Widerspruchl  Es  wHrde  i>- 


EPIST.   I,   11.  CLXVII 

columü  von  der  bttrgerlich  ungefährdeten  Stellung  verstanden, 
wozu  das  dum  licet  ae  voUum  servat  Fortuna  benignum,  Ro^ 
mae  laudetur  Samos  et  Chios  et  Rhodos  absens  V.  20  f. 
zwingend  ist.  Uebrigens  auch  das  Vorangehende.  Denn  wer 
aos  freien  Stücken  zum  Vergnügeii;  zur  Abwechslung  eine 
Reise  unternommen  und  nun  mit  einemmale  sagte:  'nein, 
ich  biji.  des  Reisens  tiberdrüssig,  hier  in  Lebedos  will  ich 
liegen  bleiben  und  will  alle  die  Meinen  vergessen  und  von 
ihnen  vergessen  sein  und  von  hier  aus  von  weitem  auf  das 
wüthende  Meer  schauen ,  der  müsste  verrüekt  sein.  Das  andere 
nach  dem  Worte  mogliche  Verständniss  von  mcolumi  im 
ethischeu;  vielmehr  philosopbischen  Sinne  'wer  gesunden 
Sinnes  ist'  wttrde  zuerst  erfordem  dasz  man  die  genannten 
Verse  20.21  hinauswtlrfe.  Man  thue  das  und  verstehe  das 
incolumis  nun  also  —  und  man  wird  sich  noch  sehneller  in 
den  Widersprücben  befinden.  Und  dabei  haben  wir  bisher 
das  seis  Lebedus  quid  sil  usw.  ais  eintretende  Worte  des 
Bullatius  gelten  lassen.  Dürfen  wir  das  aber  wirklich  ? 
Kõnnen  wir  wirklich  im  Briefe  so  ohnealle  stilistische  Vermit- 
telung  eintretend  dies  uns  gefallen  lassen?  Vor  allem  kann  Ho- 
ratius  die  Reihe  von  Fragen  thun,  wenn  er  die  Antwort  weisz  ? 
V.  25  ff.  sollen  wir  endlich  noch  in  den  Kauf  nehmen 
eine  Sentenz  wie  diese:  'wenn  Vemunft  und  E^ugheit  die 
Sorgen  nimmt,  nicht  ein  weit  tiber  das  Meer  sch^uender 
Ort  {non  locus  ejfhsi  läte  maris  arbiter)^  so  verändem  ja  die- 
jenigen,  die  über  das  Meer  schiffen,  den  Himmel,  nicht  ihren 
Sinn.'  Musz  man  denn,  um  einen  das  Meer  ttberschauenden 
Ort  zu  finden,  über  das  Meer  fahren?  Und  worin  sonst  die 
schneidend  ftihlbare  Uulogik  liegt.  Da  man  auch  geneigter 
sein  möchte  unter  maris  arbiter  den  Wind  zu  verstehen,  so 
kõnnte  man  versuchen  wollen  non  locits  et  fusi  läte  maris 
arbiter  '  der  Ort  und  der  uns  über  das  weitö  Meer  führende 
Wind\  AUein  man  empfindet  dasz  auch  dieses  tinlogisch 
gesproehen  ist  Es  kommt  auch  so  etwas  in  den  Vordersatz, 
was  in  denselben  noch  nicht  gehõrt  und  nachher  sich  ohne 
Aenderung  uüd  Steigerung  wiederholt.  Es  ist  eben  das 
schon  was  erst  der  Nachsatz  sein  musz:  —  nicht  der  Ort, 


CLXVIII  KPIST.   I,   11. 

so  kann  uns  der  Wind  der  uns  über  das  Meer  fHhrt  nichts 
helfen.  Also  entweder  müssen  die  Worte  effusi  laie  maris 
arbiter  statt  unschuldiger  Worte  von  unverständiger  Händ 
hineingesetzt  sein,  oder  der  ganze  Vers,  denn  entbehrlich 
ist  das  nan  locus  auch,  und  zwar  so  dasz  für  denselben  im 
Vorhergebenden  eine  Aenderung  vorgenommen  ward,  so  dasz 
er  etwa  geheiszen:  te  dicas.  demit  (scbeint  mir  besser  ais 
aufert)  ratio  et  prudetitia  curas. 

Hiemacb  bieibt  nicbts  übrig  ais  für  den  echten  Brief 
nur  den  folgenden,  dann  sebr  bübscben  zu  balten,  geschrie- 
ben  im  Andenken  an  einen  freiwillig  nach  fremden  Gegen- 
den  ausgegangenen  Freund.  Nocb  mdchte  man  fragen,  ob 
nicht  Lebedum  laudare,  obgleich  hier  ganz  ricbtig  zutreffend 
fttr  die  Oegenden,  in  denen  sich  jener  eben  befand,  und 
von  dort  bergenommen,  docb  auch  sprttchwõrtlicb  gewesen: 
sebon  mit  allem  zufrieden  sein,  urn  nur  endlich  in  einen 
Ruhehafen  zu  kommen. 

Qaid  tibi  visa  Chios,  Ballati,  notaque  Lesbos, 
qaid  concinna  Samos,  quid  Croesi  regia  Sardis, 
Smyrna  quid  et  ColophonV  maiora  minorane  fama? 
cunctane  prae  campo  et  Tiberino  flumine  sordent? 
an  venit  in  votum  Attalicis  ex  urbibus  una? 
6  an  Lebedum  laudas  odio  maris  atque  viarom? 

t7  incolumi  Rhodos  et  Mitylene  pulchra  facit  quod 
paenula  solstitio,  campestre  niyalibus  aaris, 
per  brumam  Tiberis,  sextili  mense  caminus. 

22  tu  quamcumque  deus  tibi  fortunaverit  horam 
grata  sume  manu  neu  dulcia  differ  in  annum, 
ut  quocumque  loco  fueris  vixisse  Hbenter 
te  dicas.  demit  ratio  et  prudentia  curas: 

27  caelum,  non  animum  mutant  qui  trans  mare  corrunt. 
Btrenua  nos  exercet  inertia,  navibus  atque 
quadrigis  petimus  bene  viyere.  quod  petis  hic  est, 

30  est  Ylubris,  animus  si  te  non  detidt  aequus. 

So  hatte  ieh  über  diesen  Brief  geschrieben  (Fleckeisen  Jhb. 
1863).  Bibbeck  kann  diese  grossen  Sehwierigkeiten  niebt  fin- 
don.  Der  Brief  ist  ibm  ganz  beilen  Zusammenbanges.  Mir  wird, 
iitdem  ieh  seine  Umschreibung  lese,  eben  so  wüst  ais  bei  dem 
Liteinischen.    Und  wenn  er  dann  fragt:  'Was  w&re  hierin 


EPIST.  I,   U.  CLXIX 

nicht  yerstftndlich  und  zusammenbängend?'  so  ist  meine 
Antwort  'alles.'  Waramy  das  mag  auch  noch  einmal  eine 
neue  Darstellung  der  Sache  zeigen,  welche  ich  zu  meiner 
Aufklftrung  unternehmey  und  welche  sicb  mir  also  gestaltete. 

Seitdem  man  die  Meinung,  V.  7 — 10  seien  gleichfalls 
Worte  des  Horaz,  die  denn  jedenfalls  auch  gar  keiner  Be- 
rtteksichtigung  werth  ist,  so  ziemlich  aufgegeben  und  darin 
eine  Stelle  aus  dem  Briefe  des  BuUatius  sieht,  also  von  Horaz 
anschlieszend  in  Yersmasz  gesetzt,  hatte  man  (so  etwa  ist 
die  Meinung)  zu  denken,  dasz  BuUatius  an  Horaz  sq  ge- 
schrieben:  'Du  weiszt,  Horaz ;  was  Lebedus  fKr  ein  Nest 
ist  (ich  brauche  es  Dir  also  aus  eigener  Ansehauung  nicht 
genauer  zu  beschreiben) :  dennoch  mõchte  ich,  wenn  es  mir 
vergõnnt  wäre  (veUem)^  dort  leben,  um  der  Meinen  ver- 
gessend  und  der  Vergessenheit  von  ihrerSeite  anhdm  fal* 
lend  den  Lebensstürmen  am  sichem  Ufei*  zuzusehen/ 

Warum  ihm  gerade  in  Lebedos  zu  bleiben  nicht  ver- 
gõnnt war  wissen  wir  nicht.  Wir  sehen  ihn  jetzt,  anschei- 
nend  wohlgemuth;  durch  die  sehõnsten  Städte  Asiens  herum- 
reisen  und,  nach  Horazens  Voraussetzung,  in  der  Stimmung, 
dasz  eine  oder  die  andere  —  selbst  im  Vergleich  mit  Bom 

—  ihm  wohlgefallen ,  ja  den  Wunsch  rege  machen  kdnnte 
daselbst  zu  wohnen.  Warum  er  bei  der  genannten  melan* 
cholischen  Stimmung  so  viel  herumreist  und  das  Schõnste 
besucht  bleibt  uus  verborgen.  Wie  Horaz  seine  melancho- 
lische  Stimmung  für  Ernst  nehmen  kann,  wenn  er  ihm  zu- 
gleich  geschrieben  hat :  'allein  in  diesem  mir  wUnschenswer- 
thesten  Nest  Lebedos  darf  ich  leider  nicht  bleiben:  also 
werde  ich  meine  Reise  in  die  sehõnsten  und  sehenswllrdig- 
sten  Stftdte  Yorderasiens  richten  und  sie  mir  alle  ansehen 

—  bleibt  utis  verborgen.  Wie  Horaz,  wenn  jener  geschrie- 
ben: 'ich  lobe  mir  das  verlassene  Lebedos,  weil  ich  von 
der  ganzen  Welt  nichts  wissen  will'  —  ihn  fragen  kann: 
'lobst  du  Lebedos  weil  Du  der  Reise  und  namentlich  der 
Seereise  überdrüissig  geworden?*  bleibt  uns  mehr  ais  ver- 
borgen. — 

Freilich,    naohdera  wir  in  V.  5  die  Frage  geleseu  an 


CLXX  EPIST.   I,    11. 

Lebedum  laudas  odio  maris  atque  viarum  f  Megt  es  uus  anch 
gar  nicht  8o  nähe,  —  govis  wird  jeder  erst  durch  das 
MiszrerHtändnisz  hindurehgeheii  müsBen  —  das  Nepttmum 
procul  a  ferra  spectare  furentem  in  V.  10  nicht  eigentlieh 
vom  Meere  zu  verstehen,  sondem  metaphorisch  von  den 
Lebensstüimen.  Ist  uns  ja  anch  gar  keine  Andeutung  ge- 
geben  von  Lebensstflrmen ,  von  der  Art  der  Lebensstürme^ 
von  den  Gründcn,  warum  trotz  dem,  dasz  wir  sie  eine 
solche  Melancholie  bewirken  sehen,  Horaz  ohne  weiteres 
annimmt,  sie  sind  ja  doch  nur  vorübei^ehend.  Von  dem 
allen  kommt  die  einzige  Andeutung  überhaupt  erst  V.  17 
in  dem  einzigen  Worte  tncolumu  Es  war  dem  BuUatius  aus 
bflrgerlichen  Gründcn  Rom  verschtossen  worden«  Dasz 
Horaz  gcrade  von  solchen  Umständen  wissen  konnte  — 
danu  wuszte  es  fibrigens  Bullatius  anch  —  dasz  diese  ihm 
Rom  verschlieszenden  bttrgerlichen  Verhältnisse,  voraussicht- 
lich  wenigstens,  iwxt  vorttbergehend  sein  würden,  ist  wieder 
das  nähe  Liegendste  nicht.  Und  dasz  er  etwa  ohne  das 
voraussichtlich  vemUnftiger  Weise  wissen  zu  konnen  sagt : 
'nuh,  sie  werden  ja  wol*,  d.  h.  den  Bullatius  behandelt  wie 
man  Kinder  oder  dumme  Jungen  behandelt,  kann  auch  nicht 
angenommen  werden.  —  Dasz  endlich  gegen  alles  dieses 
jemand  sagen  werde,  Horaz  braucht  über  alles  dieses  keine 
Andeutungen  zu  machen,  denn  Bullatius  wuszte  es  ja  alles, 
dasz  jemand  sieh  einbildet,  Horaz  habe  eine  solche  Epistel 
in  Versen  ais  ein  gewõhnliches  Poststtick  an  den  Bullatius 
geschickt  und  nicht  es  geschrieben  in  der  Absicht  eine 
Kunstepistel  fürs  Publikum  zu  sein ,  das  ist  leider  nicht 
unmõglich,  dadurch  aher  um  nichts  ))esser. 

Uebrigens  erinnere  man  sich,  dasz  -  aueh  ohne  alle  diese 
Bedenken,  welche  gegen  das  metaphorische  Verständnisz 
des  Septunum  procul  e  terra  .spectare  furentem  geltend  ge- 
maeht  sind,  und  unter  der  Annahme  des  metaphorisehen 
Verständnisses  —  mit  dieser  ersten  Partie  der  Epistel  nicht 
fcrtig  zu  werden  war.  —  Nun  versuchen  wir  es  einmal  ohne 
dfts  metaphorische  Verständnisz.  Nehmen  wir  es  nicht  me- 
tafihorisch,  so  hatte  Bullatius  geschrieben,  «r  sei  der  Seereise 


EPIST.  I,   11.  CLXXI 

mit  ihren  Unbequemlichkeiten  und  Oefaiiren  80  ttberdrüssig, 
daszy  wenn  es  ihm  erlaubt  wäre,  um  uur  nicht  wieder  auf 
die  See  zu  kommen,  er  in  Lebedos  mõchte  liegen  bieiben, 
selbst  um  den  wahrscheinlichen  Preis,  baid  auszer  jeder 
Verbindung  mit  den  Seinigen  zu  kommen.  —  Nun  das  kõnnte 
einer,  wenn  er  nicht  verrückt  ist,  doch  nur  im  Scherz  ge- 
schrieben  haben.    Aber  Horaz  nimmt  es  ernst. 

Also  kommt  man  auf  die  Melancholie  zurüek,  einen 
wahren  Weltsehmerz,  Dasz  damit  der  erste  Theil  bis  V.  16 
nicht  erklärbar  sei,  haben  wir  bis  hieher  verfolgt  Jetzt 
gehen  wir  an  das  Folgende.  Also  Horaz  sagt  ihm :  du  muszt 
nicht  so  melancholisch  sein  und  in  Lebedos  liegen  bleiben. 
Du  muszt  die  schõnen  Städte  suchen,  wie  Rhodos,  Mitylene. 
Das  thut  er  ja  schon :  Horaz  weisz,  dasz  er  es  thut. 

Denn  freilich  wer  in  Rom  selbst  leben  darf,  weil  er 
unrersehrter  bürgerlicher  Stellung  und  nicht,  wie  du,  ge- 
zwungen  ist  im  Exil  zu  leben,  dem  sind  diese  schõnen' 
Städte  ganz  überflüssig.  Du,  bei  dem  dies  nicht  der  Fail 
ist,  muszt  dich  in  die  wahre,  gleichmüthige  Seelenstimmung 
versetzen,  mit  welcher  man  dankbar  für  jede  glückliche 
Stunde,  nicht  immer  nach  Neuem  strebend,  in  der  Gewisz- 
heit,  dasz  für  die  Zufriedenheit  der  Ort  ganz  gleichgültig 
ist,  eben  so  zufrieden  an  jedem  Orte,  anch  in  Lebedos  lebt. 

Ist  das  Logik  oder  —  Wahnsinn? 

Versuchen  wir  also  den  zweiten  Theil  mit  dem  andem 
Begriff  von  mcohimü. 

Also  Horaz  sagt  dann :  du  muszt  nicht  so  melancholisch 
sein.  Wer  philosophisch  gesunden  Sinnes  ist,  der  sieht  sich 
nicht  nach  Rhodos,  nach  Mitylene  nm,  dem  sind  alle  diese 
belebten  Oerter  ganz  ftberflüssige  Dinge.  Du  also  versetze 
dich  in  diese  wahre,  gleichmüthige  Seelenstimmung,  mit 
welcher  man,  dankbar  für  jede  glückliche  Stunde,  nicht 
immer  nach  Neuem  strebend,  in  der  Gewiszheit,  dasz  für  die 
Zufriedenheit  der  Ort  ganz  gleichgültig  ist,  gleich  zufrieden 
in  jedem  Orte,  auch  in  Lebedos  lebt. 

Das  geht  vortrefFIich  vorwärts:  wenn,  wie  ich  gethau, 
man-  die  beiden  Verse  20.21  dum  licet  bis  (i6*pw*  wegläszt: 


CLXXII  EPIST.  ly    11. 

die  keine  Stätte  finden.  Aber  wie  gesagt,  mit  Weglassong 
dieser  beiden  Verse  geht  der  Sinn  onter  diesem  Verstand- 
nisz  Yon  mcolunus  vortrefflich  vorwftrts.  Dasz  im  ersten 
Theil  der  Sinn  von  seis  Lebedus  an  niebt  vorwirts  gebt  ist 
oben  bewiesen.  Also  bleibt  nichts  flbrig  ais  das  stõrende 
Stttck  7 — 15  auch  herauszuwerfen  und  V.  17  an  6  eu 
seblieszen.  Es  f&llt  die  beliebte  Melancholie  freiiieh  beraos. 
Man  erbält  aber  eine  gesunde  dem  Horaz  võUig  adftquate 
Betracbtung;  zu  welcher  er  die  Gelegenbeit  an  einem  anf 
freiwilligen  Reisen  befindlichen  Freunde  nimmt.  Ehi  bast 
dicb  auf  Reisen  begeben,  mein  Bullatius.  Nun?  gefallen 
dir  die  scbOnen  Städte  Asiens  wobl  ?  vielleicbt  manebe  sogar 
80  wobl,  dasz  du  dort  wobnen  mõcbtest?  Oder  bist  du  <wie 
sebr  dieser  Oedanke  dem  Horaz  nabe  liegt  weisz  man)  des 
Reisens  und  namentlicb  des  Seereisens  so  überdrflssig;  dasz 
dir  scbou  Lebedos  recbt  wäre,  um  nur  zur  Rube  zu  konunen? 
Das  kõnnte  schon  sein.  £s  ist  aber  aucb  gleicbgfiltig. 
Sebõne  Stadt  oder  kleine  Stadt  ist  ja  gleicbgOltig.  Nicbt 
der  Ort  macbt  es.  Die  Seelenzufriedenbeit  macht  es.  Da 
kann  man  selbst  in  Lebedos  glücklicb  sein. 


Was  die  Verse  nam  si  ratio  bis  currunt  betrilBft,  so  sind 
die  Mõglicbkeiten  der  Aenderung  mit  dem  oben  von  mir 
angegebenen  *entweder  —  oder  nicbt  ersebõpft  Freüicb 
mit  dem  tlberlieferten  ejffusi  läte  maris  arbiter  ist  gar  nicbts 
anzufangen,  aber  scbreibt  man  et  fusi  läte  maris  arbiter 
(arbiter  Hadriae  ist  ja  bekannt)  so  mõcbte  man  ibn 
wol  ftlr  eebt  balten.  Dann  wäre  eine  mõglicbe  Annahme, 
wenn  man  nam  si  beibebält;  dasz  ein  Vers  näeb  nan  locus 
et  fusi  läte  maris  arbiter  ausgefallen  wäre.  Oder  es  liegt 
ein  Febler  in  nam  si.  Icb  babe  unten  im  Text  einen  Ver- 
sucb  in  dieser  Art  gemacbt 


EPIST.  I,   11.   12.   14.  CLXXni 

Es  geht  zwar  über  die  Aufgabe,  welche  ieh  mir  ge- 
stellt,  hinaus:  doch  will  sich  jemand  künftig  einmal  mit 
den  hier  zu  entfemenden  Versen  7 — 16  beschäftigen,  so 
wären  sie  vielleicht  einmal  darauf  anzusehen  ob  sie  fragend 
gemeint  sind:  Seis  Lebedas  quid  sitt  —  tamen  itlic  vivere 
vellem  oblitusque  —  furentem?  fdas  Verlangen  hatte  ich 
fassen  soUen?')  Ob  ein  Stück  eines  beabsicbtigten  Ant- 
wortschreibens,  das  sich  jemand  zum  Thema  gestellt:  dies 
eben  die  Antwort  auf  an  Lebedum  laudas  odio  maris  atque 
viarum.  Doch  vielleicht  auch  wird  dies  gar  nicht  an- 
sprechend  gefunden.  Immerhin  rait  allem  eben  Ausgeftthrten 
hat  das  weiter  nichts  zu  thun. 


Epist.  I,  12  Fnictibns  Agrippae  — 

Dieser  Brief  ist  an  zwei  Stellen  unverständlich.  V.  7—8. 
Und  y.  21.  Ich  habe  nichts  was  mir  zusagte  und  empfehle 
ihn  der  Fürsorge  anderer. 


Epist.  I,  14  Vilice  siluarum  — 

Diese  Epistel  hat  auszerordentliche  Verunstaltungen  er- 
litten.  Ffir^s  erste  musz  bei  V.  5  ein  Fehler  stecken.  Mit 
der  bloszen  Vergleichung  der  Dornen,  die  sich  Horatius 
aus  seiner  Seele  und  die  der  Vilicus  aus  dem  Acker  zieht, 
ist  der  Uebergang  zu  dem  Folgenden  noch  nicht  gegeben, 
in  welchem  Horatius  das  Innere  des  Vilicus  selbst  mit 
seinem  eigenen  Inneren  gegen  einander  stellt.  Ich  habe 
die  Ltlcke  hinter  agro  angenommen. 

Bei  V.  11  fflhlen  wir  uns  von  dem  cui  placet  alterius 
sua  nimirum  est  odio  sors  auf  das  heftigste  angestoszen. 
Nach  welchem  Zusammenhange  kann  das  hier  stehen?  Und 
dann  die  zwei  folgenden  Verse  stultus  uterque  locum  imme- 
ritum  causatur  inique;  in  culpa  est  animtis  qui  se  non  effugit 
unquam.  Man  wende  sie  also  doch  von  den  zweien  z.  B. 
auf  Horatius  an:  wie  kann  er  das  sagen?  wessen  hat  er 
sich  anzuklagen?  er  stellt  sich  ja  mit  seinem  richtigen  und 
sich  gleich  bleibenden  Sinn  dem  Vilicus  ais  Muster  gegenttber. 


CLXXIV  EPIST.  I,    14, 

V.  29.  30  addit  opus  pigro  rivusy  $i  decidit  imber,  muita 
mole    docendus    aprico   parcere   prato,     Wie     ist    er    denn 
piger?    Im  Augenblicke  hiesz  es  ja,  er  sei  eifrig  hinter  der 
zu  beaufsichtigenden    oder  zu    leistenden  Arbeit,    ei  tamen 
urges  u.  s.  w.    Dir  miszbehagt  es,  die  Erholungen,  welche 
die  Seheuke  in  der  Stadt  zu  bieten  hat,  entbehren  zu  müs- 
sen,    während  du   doch  so  eifrig  hinter  deiner  Arbeit  her 
bist  und  dir  also  der  Wunsch  nach  solcher  Erholung,  welche 
die  städtischen  Sklaven  sich  maehen  kõnnen,  um  so  natür- 
licher  und  berechtigter  scheint:  dir,   der  fiir  das  Land  an 
sich  keinen  Sinn  hat.    Ich  kõnnte  nicht  umhin  statt  pigro 
vielmehr    zu    schreiben    gnavo.    Mir   ist   es   ttbrigens    von 
je  her  auch  etwas  anstuszig  gewesen,  wiewol  man  dies  dem 
Gefühl  des  Einzelnen  überlassen  müszte^    dasz  Horaz  den 
Mann,  mit  dem  er  nun  doch  vor  der  Oeffentlichkeit  mora- 
lisch  discutirt,  wenn  auch  ais  überlegener,  mit  dem  er  auch, 
wie  wir  gleich  erfahren,  sich  doch  so  gesprächig  einlassen 
konnte,  dasz  er  von  Horatius  Jugend  und  Jugendliebe  weisz, 
dasz  er  diesen  so  geradezu  einen  Faulenzer  nennt.  Da  nun 
aber  dieses  nicht  zu  duldende,  in  sein  Gegentheil  zu  verwan- 
delnde  pigro  ebensowoi  ein  Zeichen  sein  kann,    dasz  der 
ganze  Vers  unecht  ist  nebst   dem  sich  anschlieszenden  fol- 
genden,  so  entschliesze  ich  mich  fdr  das  letzte.    Denn  ich 
finde  es  auch  nicht  ganz  gerechtfei*tigt,    dasz  Horaz  gerade 
an  dieser  Stelle  das  Moment  der  schweren  Arbeiten  recht  ge- 
flissentlich  ausmalen  soUte,  während  er  unmittelbar  im  Begriff 
ist  von  seinem  eigenen  —  allerdings  ganz  richtigen  und  erst 
anderweitigeu  Leidenschaften  und  ehrgeizigen  Verlockungen 
abzuringenden  —  far  nieute  zu  reden.    Auch  hige   doch  in 
dem    zu   starken  Hervorheben    schwerer   Landarbeiten  ein 
Moment  der  Rechtfertigung  fttr  den  Vilicus  sich  zu  verän- 
dem.     V.  31  nunc  age  quid  noslrum  concentum  dividut  audi. 
Wie?   jetzt?    Wir    haben  ja  das  bereits  weitläufig  gehõrt 
V.   18  non  eudem  mirumur:  eo  disconvenit  inter  meque  et  te: 
na  nt   quae  usw.    Dasz  bei  V.  32    der  Uebergang   zu  sich 
mit  dem  qiiem  —  etwas  Schwächliehes  und  Unbefriedigendes 
hat,  während  man  ein  entschiedenes  ich  zu  wQnschen  hat. 


ft 


EPI8T.  I,    14.  CLXXV 

ist  wol  auch  wahr.  Und  wie  viel  besser  stehen  die  Verse 
16.  17  hier  ais  oben,  wo  schon  nacli  dem  me^  tu  das  noch- 
malige  me,  das  nicht  wieder  ein  tu  hat,  anstõszig  ist.  Man 
wird  es  um  so  mehr  fühlen,  wenn  man  es  nach  Hinaus- 
werfen  der  falschen  Verse  mit  dem  echten  zusammengertlckt 
liest.  V.  36  nec  lusisse  pudet,  sed  non  incidere  ludum  schwebt 
ganz  in  der  Luft,  gehort  durehaus  nicht  hieher.  Endlich 
der  letzte  Vers  qmm  scit  uterque  libens  censebo  exerceat  ar- 
tem.  Mir  seheint  der  Sinn  der  Verse  von  40  an  doch  nur 
der  sein  zu  kõnnen:  'so  willst  du  also  von  deiner  Stellung 
weg  zu  den  Stadtsklaven,  dieh  wiederum  beneidet  um  deine 
Stellung  der  Hausknecht.  Wir  haben  also  eigentlieh  wieder 
die  alte  Erfahrung,  welche  die  Aesopische  Fabel  ausspricht: 
jeder  ist  mit  seinem  Loose  unzufrieden  imd  will  etwas  an- 
deres  sein  ais  er  ist.'  Dies  ist  die  Lehre  die  Horatius  aus 
der  Fabel  ziehen  will,  nicht  die  hier  stehende,  die  mir  ganz 
und  gar  nicht  veranlaszt  seheint. 

Indem  ich  nun  den  Brief  gemäsz  diesen  Erwägungen 
schreibe,  wie  man  ihn  unten  im  Texte  finden  wird,  kann 
ich  mich  auch  nicht  entschlieszen  V.  10  rure  et/o  viventem, 
tu  dtcis  in  urbe  beatum  mitzuschreiben.  Er  stört  den  kräf- 
tigen  Gegensatz  zwischen  me  V.  6  und  tu  V.  15:  ja  er 
kommt  hier  ganz  unzeitig.  Es  würde  hier  aussehen  ais  ob 
dariu  der  Vorwurf  liige:  während  der  Vorwurf  doch  in 
dem  Wankelmuth  liegt,  mit  dem  er  baid  das  Land  begehrt, 
baid  wieder  die  Stadt. 

Einen  Zweifel  habe  ich,  ob  ich  nidit  mit  einem  Verse 
zu  nachsichtig  gewesen,  mit  V.  2S  disiunctum  — ,  der  viel- 
leicht  auch  nicht  echt  ist. 

Dasz  man  hinter  optat  ephippia  bos  piyer,  optat  arare 
caballus  allenfalls  ais  letztcn  Vers  das  cul  placct  alterius 
sua  nimirum  est  odio  sors  hersetzen  kõnnte,  habe  ich,  und 
ich  darf  versichem  auch  manches  andere,  wohl  bedacht.  Da 
indesz  der  Schlusz  viel  weniger  schon  und  kräftig  bleibt, 
welcher  Grund  konnte  bewegen  es  zu  thun? 

Mit  diesen  Worten  schlosz  ich  meine  Darlegung  über 
diesen  Brief,  ais  ich  sie  zuerst  (im  J.  1863)   veröffentlichte. 


CLXXVl  EPIST.   1.   14, 

Dasz  zu  depjenigen  Dingen,  die  ich  bedacht,  gewisz  auch 
gehõrte,  ob  man  den  Ineonvenienzen  durch  Umstellungen 
beikommen  kõnne  und  dasz  ich  bei  einem  StUcke  von  so 
kleinem  Umfange  wol  ziemlich  die  Mõglichkeiten  dieser  Art 
werde  durchbedacht  haben,  namentlieh  auch  diejenigen^  die 
auf  den  allerersten  Blick  zu  verlocken  seheinen,  wird  man 
mir  wol  glauben.  Ribbeck  hat  gemeint  durch  Umstellungen 
den  Brief  geordnet  zu  haben.  Ihn  befriedigt  was  ich  glaubte 
verschmähen  zu  mttssen.  Wenn  ich  einen  sehr  groszen  und 
einleuchtenden  Vortheil  dadurch  erreicht  hatte,  könnte  ich 
mich  sogar  zu  der  Versetzung  der  Verse  6—9  entschlossen 
haben.  Die  ich  allerdings  nicht  nur  'geduldet'  habe:  son- 
dem  hier  gerade  wunderschõn  finde  ais  gleich  die  individuelle 
Veranlassung  und  Stimmung  schildernd,  die  Horaz  gerade 
jetzt  zu  dem  G^danken  dieses  Briefes  zog.  Doch  ich  lese 
nun  einmal  den  Brief  bei  Ribbeck.  Nach  V.  5  also 
lese  ich: 

Rvre  ego  viventem^   tn  dicis  m  urbe  beatum: 

cui  placet  allerius  sua  ntmifum  est  odio  sors. 

stultus  utergue  locurn  inmeritum  causamnr 
(80  mit  Doederlein)  inique: 

tn  culpa  est  unimus^  qui  se  non  effugit  unquam. 

nunc  age  quid  nostrumconceiitum  dividataudt, 

tu  mediastinus  — 

Ich  nenne  den  glücklich,  der  auf  dem  Lande  leht,  du 
denjenigen,  der  in  der  Stadt  lebt  Der  Grund  davon  ist 
ein  natürlicher:  dasz  demjenigen,  dem  das  Loos  eines  an- 
dem  behagt,  das  seinige  miszbehagt :  —  mit  andem  Wor- 
ten  (vgl.  erste  Satire)  —  die  Neigung  der  Menschen,  an 
dem  Loos  anderer  Leute  Gefallen  zu  finden  und  sich  da- 
durch ihr  eigenes  zu  verbittem.  Und  nun  geben  wir  beide 
thõricht  die  Schuld  unserer  Unzufriedenheit  dem  Orte,  der 
nichts  verschuldet,  ich  sage  Rom  hat  Schuld  dasz  ich  den 
auf  dem  Lande  Lebenden  glücklich  preise,  du  sagst  das  Land 
hat  Schuld,  dasz  du  den  Stftdter  glttcklich  preisest  Der  Ort 
iBt  aher  unschuldig,  nur  unsec  Inneres  trägt  die  Schuld.  Jetzt 
kore  was  unsere  Harmonie  stõrt.  .  . 


EPIST.   I,    14.  CLXXVU 

Also  desBen  allen  bekennt  sich  Horaz  schuldig:  jeuer 
Thorheit  der  Menschen,  die  er  gieich  in  der  ersten  Satire 
geiszelte,  und  des  Mangels  an  Selbsterkenntnis  dazu  — 
und  er  will  sich  dem  YilicuB  gegenttber  breit  machen? 
Und  dasz  er  wenigstens  immer  gleichmäszig  das  Land 
liebt,  das  soil  unter  solchen  Umständen  einen  Werth 
haben?  Und  die  folgende  liebliche  Schilderung  seiner 
steten  Bebaglichkeit  auf  dem  Lande  soil  nicht  ein  Aus- 
flusz  seines  animus  sein,  sondeni  trotz  dem  dasz  der  Grund 
nur  ist:  cui  placet  alterius  suu  nimirum  est  odio  sors?  — 
Einige  Ahnung  von  der  Wunderlichkeit  verrathen  wol  die 
Worte  im  Konmientar  von  'dem  natürlich  nicht  schwerfällig 
zu  nehmenden  Zugestftndnis  einer  gewissen  Aehnlichkeit 
zwischen    Horaz    und   seinem    Verwalter.  .  .  .*     Der    Vers 

eut  placet ist   dort,    ich  sehe    nicht  anders,    ganz 

ignorirt. 

Natürlich  habe  ich  nicht  die  Absicht,  das  Ganze  wieder 
durchzugehn.  Aher  ein  Paar  Bemerkungen  noch  sporadisch. 
S.  148  unten  kommt  mir  entgegen:  'Was  ihm  ais  rauher 
Frohndienst  erscheint  ist  für  Horaz  gerade  eine  Erholung 
und  Quelle  der  Heiterkeit/  Eine  schõne  und  für  den 
Yilicus  ttberzeugende  Parallele!  Horaz,  der  einmal  zum 
Vergnügen  und  zur  Motion  Schollcn  und  Steine  bewegt, 
und  der  Vilicus  mit  seinen  geschilderten  Arbeiten  bis  zu 
dem  (denn  Ribbeck  hat  ihm  gar  nichts  geschenkt)  änge- 
sehwollenen  Bach,  der  mifita  mofe  docendus  nprico  parcere 
prato. 

Was  Ribbeck  V.  35.  36  gethan,  dasz  er  den  letztem 
Vers  nec  lusisse  pudet  sed  non  inctdere  lusum  Yorangesetzt, 
ais  eine  Parenthese  zwischen  V.  34  und  35,  das  ist  von  so 
groszer  Wichtigkeit  ais  die  bisher  besprochenen  Punkte 
nicht:  aber  dafür  entscheiden  kann  ich  mich  auch  nicht 
Wäre  das  so  überliefert,  so  würde  ich  dabei  stutzig  werden 
und  würde  auch  dann  sagen,  das  sehe  wol  nach  eingescho- 
bener  Gnome  eines  Moralisten  aus:  ich  würde  zu  bedenken 
geben  ob  es  nicht  in  den  reizenden  Gang  der  Verse  32—35^ 

I^kn,  Uontiu.  M 


CLXXVm  EPI8T.  I,   15. 

naehdem  Horaz  auch  schon  ausdrücklich  gesagt  dasz  ihm 
damals  das  wohl  anstand,  wie  ein  Elotz  dazwischen  faile. 

Epist.  I,  15  Qiiae  sit  hiems  — 

Dazu  wäre  es  dem  Horatius  nõthig  gewesen,  dass  er 
saepe  caput  scaberet  vivo^  et  roderet  ungues^  nm  Ungethttme 
von  Versverbindungen  zu  bilden^  wie  die  fttnfündzwanzig 
ersten  Verse  in  diesem  Briefe?  Wo  das  abhängige  quae 
sit  hiems  Veiiae  im  ersten  Verse  sein  regierendes  Verbum 
scribere  te  nobis^  tibi  nos  accredere  par  est  im  fünfundzwan- 
zigsten  empfängt,  innerhalb  aber  dieser  Bau  von  zwei  Paren- 
thesen  unterbrochen  ist,  einer  von  11  Versen  (2 — 13),  einer 
von  6  Versen  (16—21),  nnd  zwei  Parenthesen  welche  in 
sich  Sätze  und  gehörig  dureh  Puneta  getrennte  Sätze  und 
Perioden  enthalten.  Das  ist  einfach  unmõglich;  es  ist  aber 
eben  so  unmõglich,  dasz  Horatius,  so  lange  er  Horatius 
war,  naehdem  er  die  Verse  geschrieben 

mntandus  locns  est  et  deversoria  nota 
praeteragendus  equus.  'qno  tendis?  non  mihi  Cumas 
est  iter  aut  Baias'  laeva  stomachosus  babena 
dieet  eques, 

ganz  mit  seiner  kennbaren  graziõsen  Laune  geschrieben 
plump  und  weisz  der  Himmel  für  was  für  plumpe  Ohren 
seinen  Witz  erklärt  hatte  dureh  den  Zusatz  sed  equis  fre- 
nato  est  auris  in  ore.  Und  gar  mit  dem  unlogischen  sed 
fttr  nam.  So  zeigen  auch  diese  Worte,  welche  ursprling- 
liche  verdrängt  haben,  noch  zum  Ueberflusz  an^  dasa 
hier  eine  Verderbung  vorliegt.  Hier  also  hat  der 
Schlusz  einer  Periode  und  der  Anfang  zu  einer  neuen  ge- 
legen:  z.  B.  dieet  eques y  certum  nitens  iter.  edere 
perge,  womit  denn  von  hier  alle  femere  Parenthese  weg- 
fäUt.  Was  aber  die  vorangehende  Partie  betrifft,  so  ist  es 
ganz  unumgänglich  nõthig  dasz  am  Anfang  ein  Vers  au^ge- 
fallen,  etwa  so: 

Quae  sit  hiems  Yeliae,  quod  caelum,  Vala,  Salemi, 
quaerere  ab  expsrto  iam  mi  est  opus,  est  opus  itiud, 
qaoram  hominam  regio  et  qnalis  yia.  nam  ndhi  Baias 


"» 


EPIST.  I,    15.  CLXXIX 

Mttsa  Bupervacuas  Antonius  et  tamen  illis 
me  facit  invisum,  gelida  cum  perluor  unda  — . 

Nur  wird  auch  statt  des  wol  schwerlich  zu  haitenden 
tamen  etwas  anderes  hineinzusetzen  sein,  das  ganz  einfache 
simul  wol  schwerlich,  vielleicht  magis.  Denn  eine  Ver- 
derbimg  durch  falsch  gelesene  Buchstaben  ist  es  wol  mchL 

Dieser  Brief  ist  noch  an  einer  andern  Stelle  nicht  in 
Ordnung: 

Maenios,  ut  rebus  maternis  atque  patemis 
fortiter  absumptis  urbanus  coepit  baberi, 
Bcurra  vagus,  non  qui  certuiu  praesaepe  teneret» 
inpransas  non  qui  civem  dignosceret  boste, 

30  quaelibet  in  quemvis  opprobria  fingere  saevus» 
pernicies  et  tempestas  barathrumque  maceüi, 
quidquid  quaesierat  ventri  donaret  avaro: 
bic  ubi  nequitiae  fautoribus  et  timidis  nii 
aut  paulum  abstulerat,  patinas  cenabat  omasi 

35  vilis  et  agninae  tribus  ursis  quod  satis  esset  — . 

Ist  das  wohl  gesprochen?  Das  mit  ^inemmal  positiv  zu  ver- 
stehende  donaret,  nach  zweimaligem  non  guif  auch  das  wol 
wenigstens  nach  zu  langer  ünterbrechung  wie  aus  Unge- 
schickUehk^it  zur  Wiederaufnahme  des  verlorenen  Subjects 
eintretende  hic.  Und  endlich:  wie  ist  er  denn  in  seiner 
jefzigen  Lage,  wo  er  auf  tägliches  Brot  Jagd  anstellt;  ein 
Verderben  und  Sturm  und  Abgrund  des  Marktes  ?  da,  wenn 
er  keine  Mahlzeit  davon  getn^en,  er  ja  vom  Markte  nur 
die  Gedärme  wegessen  kann.  Oder  will  man  vielleicht, 
schon  gar  nicht  natttrlich,  verstehen:  'der,  wie  er  denn  von 
Natur  ein  Abgrund  des  Marktes  war,  alles  was  er  erworben 
dem  Magen  schenkte?'  Das  zu  sagen  hatte  doch  nur  einen 
Sinn,  wenn  immer  noch  ein  äuszerst  bedeutender  Erwerb 
▼orausgesetzt  wird,  während  es  doch  scheint  dasz  er  gar 
keinen  mehr  hatte,  jedenfalls  nur  so  viel  um  sich  mit  dem 
omasum  zu  begnflgen.  Die  Verse  pernicies  —  und  guidquid 
—  sind  eine  Interpolation,  mõgen  sie  unttberlegt  von  An- 
fang  hergeschrieben  sein  mit  donaret,  was  Emendation  von 
Bentley  ist,    oder   mit   dem  was  die  Handscbriften   geben 

M2 


CLXXX  SPI8T.  ly   \^ 

donabat  oder  donarat,  so  dasz  sie  an  den  Rand  geschrieben 
wareii;  um  den  Mänius  zu  besefareiben  in  seiner  frühem 
Lage,  ais  er  eben  der  alles  verzehrende  Verschwender  war. 
Wem  hic  auch  so  noch  midfiele,  kõnnte  es  in  w//  ver- 
wandeln. 

Epist.  I,  1 6  Ne  perconteris  —  * ) 

V.  25  Siquis  hella  tibi  —  Diese  Stelle  wird  gewõhnlich 
80  genommen:  es  stellt  sich  ein  Selimeichler  vor  Quintius 
hin  und  sagt  ihm  folgende  Schmeicheleien  (dies  soil  das 
permulcet  aures  heiszeu):  *Du  Quintius  hast  diese  und  jene 
grosze  Eriegsthaten  zu  Wasser  und  zu  Lande  ausgeführt 
und  auch  sonst  sind  deine  Verdienste  und  deine  Fürsorge 
um  das  Volk  so  grosz  und  anerkannt  und  beliebt,  dasz  es 
schwer  zu  sagen  wäre,  ob  das  Volk  })esorgter  ist  um  dich 
oder  du  um  das  Volk/  Dasz  Horaz  eine  solche  unglaub- 
liehe  und  absurde  Situation  soUte  fingirt  haben  mit  soleh 
einem  krassen,  vielmehr  adsurden  Schmeicbler,  das  ist  mir 
schwer.  glaublich.  Ich  bin  daher  geneigt  zu  glauben  dasz 
die  Sache  von  Horaz  anders  gemeint  war :  'wenn  dir  jemand 
spräche  (tibi  dicat  gleich  tibi  narrei,  was  eben  so  wohl  vor- 
lesend  oder  vordeclamirend  gescheben  kann)  von  Kriegen 
zu  Wasser  und  zu  Lande  geführt  und  dir  dabei  auch  fol- 
gende   einschmeiclielnde  Verse    durch    dein    aufmerksames 

Ohr  gehen  liesze ,  so  wilrdest  du  im  Stande   sein 

zu   erkennen,    nicht  nur    dasz  sie  mit  dir   nichts   zu    thun 


*)  Bibbeck  schrieb  im  Rhein.  Museum  1868  S.  66  ff.  *Ueber  die 
16.,  17.  und  18.  Epistel  des  Horaz.'  Ueber  welche  Episteln  ich  im  J.  1S63 
geschrieben.  Da  R.  mehrfach  von  mir  abwich,  so  'woUte  ich  mir  dies 
einen  Anlasz  sein  lassen,  meine  freilich  anch  vorher  wiederholt  und  zu 
Yerschiedenen  Zeiten  ttberlegten  Aufstdlungen  einer  Nachprttfong  zu 
unterwerfen.'  So  sagte  ich,  und  allerdings  war  nur  dies  der  Anlasz, 
in  *  einem  halben  Bogen  Horatiana'  den  ich  damals  dmcken  liesz  (Kõnigs- 
beig  December  1867:  die  Zahl  ist  richtig:  ich  hatte  Ribbecks  Au£satz 
frühzeitig  erhalten).  —  Ribbeck  liesz  hierauf  folgen:  Erwiderung  auf 
einen  halben  Bogen  Horatiana.  Rhein.  Mus.  dasefibst  S.  432  if.  Dies 
sind  die  hier  berüeksichtigten  Aofisitze  von  Ribbeck. 


SPIST.  I,   16.  CLXXXI 

haben,  sondem  auch  dasz  sie  nur  auf  einen  ganz  ausaer- 

ordentlichen  Mann  passeii.'  ^^  Augusti  musz  betont  werden.  — 

'Warum  nimmst  du  es  denn  hin,  wenn  man  dich  einen  wei* 

sen  und  tadelfreien  Mann  nennt?*    Nemlich  ohne  ein  Be- 

wusztsein    zu    haben,    dasz    auch    dieses   Lob    ein    ganz 

auszerordentliches  und  nur  auf  seltene  Menschen  passend  ist» 

Horaz  wurde  zu  diesem  Beispiel  veranlaszt  durch  den  offen- 

bar  eben  ersehienenen,  noeh  wenig  verbreiteten  Panegyricus 

des  Vanus;  er  bringt  im  Vorftbergehen  eine  Hõflichkeit  für 

Vanus  an  und  für  die   wirklicb  hübschen  und  einschmei- 

chelnd  gefonnten  Verse. 

Nun  aber  kommen  wir  zu  der  Schwierigkeit  der  Verse 

30.  31.  32. 

cum  pateris  sapiens  emendatusque  vocari, 
respondesne  too  dic  sodes  nomine?  'nempe 
vir  bonus  et  prudens  dki  delector  ego  ae  tu . 

leh  hatte  gesagt,  dies  sei  offenbarer  Unsinn.  Und  nach 
allem,  was  darttber  zur  Bechtfertigung  bisher  vorgebracht  ist, 
musz  ieh  das  heute  noeh  sagen.  Und  für  die  Zukunft  musz 
ich  einiges  bitten  oder  verbitten.  Also  dasz  man  nicht 
pmteris  behandele  ais  ob  es  gar  nieht  dastehe:  naoh  der 
bei  den  Horazinterpreten  allerdings  nur  zu  gewõhnlichen 
Arty  die  allerdings  nach  Belieben  dastehen  lassen  und  nicht 
dastehen  lassen  und  fdr  welche  mein  Motto  ist  nävtiov 
fiijQOv  ay&Qwnog  twv  fiiv  ovx  ovtwv  oti  eoTi^  räv  dh  bvjwv  oti 
oht  %a%i.  Auch  behandle  man  es  nicht  so,  dasz  man  es  unver- 
sehens  aus  dem  Vordersatz  in  den  Nachsatz  escamotirt 
Femer  sage  man  bei  nomine  genau,  und  verschwemme  nicht 
alle  Begriffe;  in  welcher  seiner  Bedeutungen  man  es  neh- 
men  wfll,  und  unterscheide  auch  zwischen  dem  Ablativ  und 
DaÜT.  Also  fenge  man  nicht  an  zu  erklären:  'stehst  du 
fiir  die  Wahrbeit  dieses  Lohes  (das  du  auf  deinen  Namen 
angenommen  hast)  mit  deinem  Namen  ein  T'  und  zwei  Zeilen 
daranf  —  man  soUte  fast  die  Erklftrung  für  dieses  Verfahren 
saeh^Di  in  dem  dunkeln  Gefühl,  dasz  es  mit  jenem  'Namen 
doch  nicht  ganz  seine  Richtigkdt  hat  —  also  zwei  Zeilen 
danuf :  'stehst  du  auch  mit  deiner  Person  fttr  die  Wahrheit 


VLXXXU  EPISI.  1,  l«u 

diesen  Loije»  eia'.  Der  Naoie  töt  doeh  wahiiich  nicht  die 
FemDiL,  nienuik  und  am  allerwenigsten  in  dem  Sinne,  wcMmb 
die  PerHOu  doeb  kier  ha)>eii  musz,  die  Persõnlichkeit.  — 
Und  daiin  wieder  wenige  Zeilen  daraof :  Ver  ncb  g^^Uea 
Itast  daia  ibm  der  Besitz  gewigser  Tugenden  zageBekrieben 
werde^  der  gebt,  wenu  er  ein  l^üuin  Ton  Ehre  ist,  djunit 
eine  Ver|)flicbtung  ein,  diese  Sebuld  im  Bucbe  der  offent- 
liebeu  Meinung  einzulögen .  Da  sind  wir  also  plGtzlich  xa 
einer  ganz  andern  Bedeutung  de»  nomen  gelangt:  Schold- 
poftten,  Conto.  Und  meo  nõmme  retpondeo  beiszt:  ieh  lõ0e 
meiu  Conto  eiu.    TRibbeck  Erwiderung  S.  433.)  — 

Al»o  wir  halien  in  dem  Ueberlieferten :  wenn  dn  dir  ge- 
fallen  läBse^t,  weise  und  tadelfrei  genannt  zu  werden,  stehst 
du  niit  deinem  Namen  ein?  Das  ist  eben  Unsinn.  Es  mosz 
ja  beiBzen:  'ntebBt  du  für  diese  Namen  mit  der  That  ein?* 
Nun  Hollte  man  aucb  meinen,  wenn  man  zusammenliest 
vocari  und  respondere  suo  nominej  so  musse  das  vocari  und 
respojulere  zusammengehõrig  erklärt  werden.  Man  muss  eine 
bestiinmte  Situation  denken,  von  welcher  her  der  Schrei- 
bende  es  ü]>ertragen.  Diese  Situationen  des  Gerufen-,  des 
Aufgerufeu-  werdens  kommen  vor  im  Grericht  (wer  denkt  im 
Horaz  nicbt  gleich  an  respondere  vadato)  und  bei  verschie- 
deneu  Veranlassungen  im  Kriegswesen.  Man  gehe  sich 
diese  durch  und  versuche,  ob  dasjenige,  was  verständlioh 
etwa  so  erwartet  wird:  Svenn  du  unter  den  Weisen  und 
Fehlerfreien  aufgerufon  wirst,  lässest  du  dir  das  gefallen  und 
antwortest:  bier  biu  ich'  oder:  *wenn  die  Weisen  aofge- 
rufeu  werden  sich  zu  melden,  wie  die  Tapfem,  wenn  es 
eineu  Sturm  gilt,  antwortest  du  da  mit  deinem  Namen?*  — 
oi)  das  so  ausgedrUckt  werden  kann  wie  hier  steht  Ich 
komme  immer  auf  Unsinn.  Also  es  musz  dabei  bleiben; 
bisher  hnt  uiemand  vermocht  diese  Verse  wie  sie  hier  stehen 
%\x  erklftren.  Bis  dieses  geschehen  sein  wird  haben  sie  fÜr 
feblerhaft  zu  gelten.  Statt  des  ttberlieferten  cum  päterü 
u.  8.  w.  sehreibe  ich 

ctw  patens  sapiens  emendatusque  vocari? 
und  entferno  die  beiden  folgenden  Verse,  mit  denen  niehts 


EPI8T.  J,  16.  fgr.YYTfi^ 

verlorea  geht ,  ais  unecbt  .♦)  Hat  vielleicht  einer  unserer 
Meister,  die  sich  mit  Horatius  besch&ftigen,  eine  wirkliohe 
ErkUrung  in  Bereitschaft  oder  eine  andere  entsprechende 
Hülfe,  so  woUe  er  gebeteu  sein  zu  sprechen.  Er  wird  keinen 
zuni  Hõren  und  Gefaorchen  bereitwilliger  finden  ais.  micb: 
Bisher  aber  —  noch  einmal  —  bleibt  es  dabei,  dasz  gesagt 
werden  musz:  die  Ueberlieferung  ist  Unsinn. 

V.  34.  35  Qui  dedit  hoc  kodfe,  eras  d  volet  atfferet,  ui  si 
detulerit  fasces  indigno,  detrahet  idetn. 
ünter  indignus  kann  bier  nicbt  ein  wirklicb  Unwtlrdiger 
verstanden  werden:  denn  bätte  das  Volk  sicb  einmal  ge- 
irrt  einem  Unwürdigen  eine  Würde  zu  übertragen  und  bätte 
dann  seines  Irrtbums  inne  geworden  sie  diesem  selber 
wieder  entzogen,  so  bandelte  es  ja  weise  und  lõblieb.  Wer 
aufmerksam  dem  Gedankengangc  folgend  in  diese  Verse 
kommt,  kann  so  gar  nicbt  versteben.  Sondem:  das  Volk 
wird  den  Titel  eines  tugendbaften  Mannes,  den  es  dir  beute 
gab,  morgen  wieder  nebmen,  eben  so  wie  wenn  es  seine 
Statswürden  dem  der  es  nicbt  verdient  bat  (sie  zu  erbalten) 
ttberträgt  und  dem  der  es  nicbt  verdient  bat  (sie  zu  ver- 
lieren)  nimmt.  (Vgl.  EpisL  I,  6,  53).  Es  wäre  das  also  das- 
selbe  ui  si  welcbes  ^MOüiEpist,  17^  3  ara  Scblusz  des  Y^rses 
stebt.  Demobngeachtet  wird  es  nicbt  nötbig  sein,  detrahat 
zu  scbreiben,  wie  icb  frilber  glaubte,  vielraebr  aucb  nacb 
diesem  uf  si  wird  ricbtig  der  Indicativ  aucb  des  ersten  Futurs 
steben,  ui  si  mit  Ind.  luv.  7,  238.  Will  man  ut  si  trennen, 
wie  Ribbeck,  also  am  Scblusz  des  Verses  eine  Gliederung 
macben  wie  diese  — 

—  eras  si  vohi  aujeret,   ui^  si 
(was  angebt,  Sat.  I,  1,  46.  II,  3,  92) 

*)  Ich  weisz  nicht  ob  ich  es   Überhaapt  nur  «rwähnen  soil,   denn 
Werth  lege  ich  gar  keinen  darauf,   dasz  man  vielleicht  sich  vorstellen 

kõnnte,  hinter  das  noch  unverletzte,  cur  jtateris habe  einer,  wel- 

cher  meinte  aiif  eine  Frage  gehore  eine  Antwort,  hineingesetzt:  respoti' 
desne?  tuo  die  sodes  nomhie:  nempe  —  antwortest  du  nicht?  so  sage 
doch  in  d ei  n  e m  Namen.  Was  heiszen  sollte:  gib  mir  die  Antwort  blosz  in 
d  ei n  em  Namen,  was  d  u  darüber  denkst/ohne  alle  Rücksicht  was  ich  wol 
dasu  sagen  könnte.  In  meinem  Namen  werde  ich  nachher  selbst reden. 


CLXXXIV  EPIST.  I,  16. 

dann  wird  man  detrahet  beibehalten,  aber  doch  gewis  auch 
natttrlicher  das  Komma    hinter  fnsces  setzen  und   indigno 
(ohne  dasz  er  68  verdient  hat)  detrahet  idem  zusammennohmen. 
V.  35.  Wenn  alao  dieses  wetterwendische  Volk  (deseen 
Urtheil  mir   also    ganz    gleichgQltig  sein  musz)    mir  sagt: 
^leg*  ab  die  Würde ,  so  leg'  ich  sie  ab  mit  Gleichgttltigkeit. 
Dies  wird  erfordert,  nicht  'mit  Trauer.'     Worüber  sollte  er 
denn  traurig  sein?    Oder  verdrieszlich  oder  welche  Nuanca 
von  trhth   man  nehmen  will.    Darüber  dasz  das  Volk  so 
dumm  ist?    Das  gehort  doeh  wahrlich  ganz  und  gar  nicht 
hierher,    wenn  es   auch    überhaupt    im  Horazischen  Sinne 
wÄre,    welcher    dergleichen  vielmehr  ridens  zu    betrachten 
pflegt.    Dasz  es  die  GleichgQltigkeit   gegen  das  Volk  und 
geine  Urtheile  ist,  die  betont  wird,  das  zeigt  ja  auch  der 
Fortschritt:  wenn  ich  darttber,  dasz  das  Volk  nur  Wtlrden 
nimmt  oder  gibt,    mir  Sorgen    machen    wollte,   nun  dann 
mtiszte  ich  mir  ja  auch  darttber  Sorgen  machen,  wenn  es 
mich  fttr  cinen  Räuber  und  Mõrder  erklärte.    Ich  habe  ge- 
scfarieben    tacitusque    reeedo.    Man    würde    wol   auch  ganz 
gut   schreiben    kõnnen,    missmque  reeedo.    A])er    tristisque 
reeedo  ist  hier  eben  so  ganz  wider  den  Sinu  ais  es  in  jener 
Stelle   des  Lucrez  (III,  lOiO)    ganz   im  Sinne  ist,    wo    es 
heiszt:    auch  den    gequälten  Sisyphus    sehen  wir    hier    im 
Leben  an  dem ,  der  sich  darauf  gesetzt  hat,  sich  beim  Volke 
um   Fasces    und  Beile   zu    bewerben  und   jedesmal   victus 
tristisque  recedit,  —  Der  arme  Citatenkritiker,  der  sich  zwischen 
tristisque  reeedo  Lucret.   IH,  110  und  tacitvsre  recedas  luv. 
III,  297  finden  wird! 

V.  69—72.  Dasz  diese  vier  Verse  hier  voUkommen 
fremd  eintreten  habe  ich  schon  ehemals  erinnert:  Rhein. 
Mus.  XVII.  S.  488  oder  Aristarch  S.  437  der  zweiten  Aus- 
gabe.  üeber  das  Offenbarö  etwas  Weiteres  zu  sagen,  wnszte 
ich  damals  nicht  und  weisz  es  heute  nicht. 

Alle  die  Umstellungen,  welche  Ribbeck  hinter  V.  46 
verlangte,  damit  'ein  klarer  Flusz'  hineinkomme,  moszte  ich 
und  musz  ich  jetzt  zurttckweisen.  Ich  sagte  dagegen:  'Ich 
habe  dem  G^ankengange  des  Briefes  hier  immer  gsinz  gut 


EPIST.   I,    16.   17.  CLXXXV 

folgen  kõnnen.  Dasz  die  Disposition  von  V.  40  an  eine  solche 
ist,  die  nicht  ganz  in  geraderLinie  gcht,  sondem  auch  ein- 
mal  zurttckgreift,  ist  doch  wol  kein  Fehler.  Vielmehr  nach 
den  Umstellungen  von  R.  wird  der  Brief  nur  gewõhnlicher, 
uninteressanter,  die  Aufmerksamkeit  weniger  rege  erhaltend. 
So  wie  schon  das  einzelne  enim  V.  50,  welcbes  jetzt  eiii 
klein  wenig  geistreicher  angewendet  ist  hinter  dem  ein 
'mmime  verbergenden  negitat,  und  an  welchem  wirklich 
einen  Anstosz  zu  nehmen  nicht  gut  ist,  durch  die  von  Ribbeckihm 
zugewiesene  Stellung  nur  trivialer  wird.  Ztigleich  hatte  ich 
mein  Befremden  geäuszert,  'klaren  Flusz'  ais  Voraussetzung 
für  die  Horazische  Epistel  aufgestellt  zu  finden.  Dics  hat 
R.  in  der  Erwiderung  (S.  435)  mir  übel  genommen. 

Er  erklärt  sich  Über  den  nicht  vorhandenen  klaren 
FluBz.  Wobei  unter  anderem  auch  eine  'gewisse  Inversion 
der  Gedankenfolge'  zugestunden  wird.  Das  Resultat  aber 
ist,  'dasz  er  bei  aller  Freiheit  der  Darstellung  verlange 
E^arheit  und  Ordnung  der  Disposition.'  Wenn  nur  damit 
etwas  anzufai^gen  wäre!  Will  er  mit  diesem  Zettel  'Klar- 
heit  und  Ordnung  der  Disposition  dem  Pindar,  dem  Shakspeare, 
dem  Byron  entgegentreten  ?  ünd  wenn  er  es  will,  will  er 
dann  darunter  dasselbe  verstehen,  ais  wenn  er  diese  For- 
derung  an  junge  Leute  stellte  in  den  ersten  Stadien  ihres 
deutschen  Aufsatzes?  —  Wäre  ich  boshaft,  ich  wollte  ihm 
dafttr,  dasz  er  mich  so  gering  achtet,  um  solche  Formel  von 
'Klarheit  und  Ordnung  der  Disposition  gegen  mich  ins 
Feld  zu  führen,  eine  Vergeltung  wftnschen.  Es  sollte  ihm 
auferlegt  werden,  immer  fort  den  Isokrates  zu  lesen. 

Epist.  I,   17  Qnamyis  Seaeva  satis  — 

In  diesem  Briefe  fühlt  man  es  doch  wol  dasz  man  zum 
Schlusz  in  einer  ganz  andem  Atmosphäre  ist.  Wer  hfttte 
es  vorher,  wo  der  feine  und  vomehme  Aristippüs  ais  Muster 
au^emalt  ward,  gedacht  noch  R^eln  zu  erhalten  fiir  einen 
Spitztmben,  der  seinem  6{(nner,  weleher  ihn  auf  Reisen  mi^ 
genommen,  rorlllgt,  sein  Koffer  sei  ihm  erbroehen  wordai? 
Oder  steht  das  etwa  nicht  da?    Ist  nur  der  Fail  gemeint 


CLXXXVI  EPIST.  I;   17. 

und  eino  Warnung  nicht  unfein  zu  verfahren  für  den  Fail 
daaz  Eröffnung  und  Beraubung  des  Reisekoffers  wirklich 
eingetreten?  Dann  müszto  also  nota  refert  meretricis  acu- 
mina  nicht  lieiszen:  'er  copiert  die  Buhlerin,  er  spielt  ilir 
die  Kolle  nactf,  sondem:  *er  erinnert  daran,  bringt  wieder 
ins  Gedächtnis*  und  wird  also  bei  dem  Grönner  den  Ver- 
dacht  rege  maehen,  da8z  auch  er  ein  falsches  Spiel  treibe. 
Vielleicht  kann  es  das  heiszen.  AUein  der  Zusatz,  wer  sich 
oinmal  den  Spasz  gemacht  sich  beschädigt  anzustellen,  wäh- 
rend  er  es  nicht  war,  und  so  weiter,  paszt  ja  nur,  wenn 
von  einem  Betrüger  die  Rede  ist,  vom  erlogeuen  Aufbrechen 
des  Koffers. 

Fenier  zu  betraehten 

Brundisium  comes  aut  Surrentum  ductos  amoenam 
qui  qaeritur  salebras  et  acerbum  frigus  et  imbris 
aut  cistam  effractam  et  subducta  viatica  plorat, 
55  nota  refert  meretricis  acumina  — 

Wie  kann  denn  die  Klage  ttber  den  stõszigen  Weg  und  die 
unbehagliche  Witterung  mit  dem  aufgebrochenen  Koffer  zu- 
sammenstehen,  wenn  sich  anknüpft  nota  refprt  mei^etricis 
acumina,  9üepe  caiellam,  saepe  periscelidem  raptam  sibi  Jlen- 
tis,  was  doch  auf  das  qui  queritur  salebras  et  acerbum  frigus 
et  imbris  ganz  und  gar  nicht  paszt?  während  es  mit  dem 
andern  sich  deckt:  unter  Verschlusz  gehaltene  Gegenstände 
(Ribbeck  tlbersetzt  catellam  Mhr  Schoszhündchen  Erwidening 
S.  436)  entwendet.  Man  mochte  dies  kaum  auch  dem  Ver- 
fasser  dieser  Veree  zutrauen  woUen  und  glauben,  dasz  die- 
ser  nur  geschrieben  hatte  qiii  cistam  effractam  et  subducta 
viatica  plorat 

Doch  ich  musz  noch  etwas  verweUen  bei  der  gauner- 
haften  Atmosphäre,  in  die  man  sich  mit  einemmale  in  den 
Einzelvorschriften  versetzt  sieht.  Es  haucht  mich  etwas  aus 
luyenal  oder  Petronius  an.  In  solche  Gaunereien  sich  ein- 
zulassen  schien  mir  weder  der  Horaziscben  Art  Uberhaupt 
entsprechend  noch  ersichtlich  warum  sie  gegenüber  einem 
Freunde  muszten  behandelt  werden,  dem  Horatius  sich  mit 
auszerordentlicher  Röcksicht  gegenübergestellt   (V.   1.    16), 


EPIST.  I,  17.  CLXXXVU 

endlich  nachdem  fiir  beide  so  eben  ais  anerkanntes  Muster 
in  diesen  Verhältnissen  aufgestellt  war —  wer?  Aristippus! 
Eine  Vocabel,  deren  Sinn  und  Bedeutung  in  Horazens 
Munde  man  doch  wol  versteht!  Bibbeck  glaubte  hiegegen 
sagen  zu  dürfen  S.  70  —  „manches  besonders  im  Punkte 
des  Soil  und  Haben  nahmen  die  Alten  und  nebmen  noch 
heutzutage  die  Italiener  sich  und  andem  weniger  ttbel  ais 
wir."  Also  kann  aueh  wol  Horatius  ttber  Stehlen  und  was 
uns  ais  die  gemeinste  Gaunerei  erscheint  nicht  eben  so 
schlimm  gedaeht  haben ;  er  durfte  aueh  seines  wiewol  so 
anerkannten  Frenndes  ^yEmpfindungsweise  in  diesem  Punkt'^ 
ais  nicht  ganz  gefestigt  yoraussetzen,  ohne  darin  etwas  6e- 
leidigendes  zu  sehen.  —  Ich  kann  hierauf  nur  sagen  noHä 
rä  õeiva :  unter  dem  Vielen  aueh  jenes  kleine  fatale  monstrum 
y,noch  heute",  womit  beiläufig  die  ganze  Römische  Ge- 
schichte  aus  den  Angeln  gehoben  werden  kann:  die 
Altrömische  Tapferkeit  zuerst  u.  s.  w.  Das  aber  findet 
Ribbeck  (S.  70)  selbst  seinem  so  beschaffenen  Scaeva 
gegenflber  auffallend  oder  beleidigend;  dasz  die  Einzelvor- 
schriften,  welche  gegeben  werden,  eben  nur  in  diesen  bei- 
den  und  so  gearteten  Vorschriften  bestehen.  Gewis  ist  das 
auffallend  und  würde  allein  hinreichend  sein  um  den  Brief 
in  seiner  jetzt  überlieferten  Gestalt  ais  eine  Monstrositftt  auf- 
zuweisen. 

Jetzt  betrachten  wir  die  Verse  36 — 45.  Doch  indem 
ich  von  ihnen  reden  will,  sehe  ich  mich  genõthigt,  das  ttber- 
lieferte  esto  in  V.  37  zu  verwandeln  in  üto  (ne  non  succe^ 
deret  isto),  Ich  kõnnte  sonst  gar  nicht  darüber  reden,  weil 
ich  mit  esto  mich  in  dem  Gedankengange  ganz  verwirre, 
der  an  sich  mit  isto  nicht  unklar  dst.  Sie  heiszen  also: 
'Nicht  jederm^nn  wird  es  zu  Theil  an  Korinth  zu  kommen. 
Unthätig  blieb  sitzen  wer  fttrchtete,  er  wttrde  dahin  nicht 
hinankommen  kõnnen.  Wie  dagegen  wer  hingelangte?  hat 
der  anders  ais  männlich  gehandelt?  ffecitne  dem  Sinne 
nach  gleich  nonne  fecitf)  Nun  aber  da  liegts  (im  männlich 
handeln)  oder  nirgend  wonach  wir  fragen.  Der  einescheut  sich 
vor  der  Last  ais  zu  grosz  für  kleinen  Entschlusz  und  kleinen 


CLXXXYill  EPIST.   I,  17. 

Körper,  jener  tritt  darunter  und  trägt  sie  ans  Ziel.  Ent- 
weder  die  Tugend  (joirtus^  eben  virUiter)  ist  ein  leerer  Name, 
oder  nach  Ehre  und  Belohnung  strebt  auf  die  rechte  Weise 
der  unternehmeude  Mann/  Das  ist  doch  deutlich  ein  Paroli, 
das  einer  gegengescbrieben  hat  gegen  das  Lob  des  sebmieg- 
samen  Aristippisebeu  Maunes.  Aber  eben  derselbe  Renitent 
scheint  aucb  V.  45  das  wunderlicbe  atqui  rerum  caput  koe 
erat,  hic  fons  hineingesetzt  zu  baben,  was  doch  nacb  allem 
natürlichen  Gange  nur  kaun  bedeuten  soUen :  ^nun  aber  aufs 
Rauben  kam  es  ja  von  Anfang  her  an/  lefa  meine,  es  hat 
hier  von  erster  Händ  etwas  Anderes  gestanden.  Aber  was 
auch,  die  Verse  43—51  scheinen,  abgerechnet  dasz  sie  wol 
auch  in  die  unerwartete  unfeine  Atmosphäre  gehõreu;  die 
beiden  Motive  des  Anstandes  und  des  Vortheils  auf  eine  un- 
klare  Weise  durch  einander  zu  werfen.  Doch  ich  will  es 
nuu  abwarten,  ob  jemand  nach  dem  Gesagten  wird  irgend 
etwas  Annehmbares  herstellen  kõnnen  nach  V.  32  refer  et 
sine  vivat  meptus,  womit,  wie  ich  glauben  musz,  die  echte 
Epistel  schlieszt,  und  ob  es  nõthig  sein  wird  meine  Empfin- 
dung  ais  falsch  zu  strafen^  die  mich  jedenfalls  gieich  bei 
dem  res  gerere  usw.  befällt,  dasz  diese  Verse  schon  andere 
Verhältnisse  ausdrücken  ais  die  bisher  behandelten  Aristip- 
pischen  und  sich  nicht  anschlieszen  woUen:  um  von  der 
gänzlichen  sprachlichen  Unverbundenheit  aller  vier  Verse, 
welche  den  Eindruck  von  Sentenzen  hervorbringt,  gar  nicht 
zu  reden.  Wol  aber  würde  man  an  rejer  et  sine  vivat  inep- 
tu8  noch  recht  gut  den  Vers  non  cuivis  /tornini  contingit 
adire  Corinthiim  anschlieszen,  nach  der  bekannten  Bezie- 
hung  dieses  Sprichworts  auf  Aristipp:  nicht  jedermann  ist 
es  gegeben  ein  Aristipp  zu  sein. 

Aber  wir  sind  der  Bedenken  auch  jetzt  noch  nicht 
ledig.  Horatius  beginnt:  'obgleich  du  keines  fremden  Rathes 
bedarfst  (er  sagt  nicht  einmal  blosz  quamvis  Scaeva  per  te  tibi 
consulis,  sondeiii  etwas  mehr  quamvis  satis  per  te  tibi  consuKs^ 
entweder  so  viel  ais  genug  ist,  oder  so  viel  dasz  du  fremden 
Rath  nicht  nöthig  hast,  um  zu  wissen)  und  weiszt  wie  man  mit  den 
Groszeu  umzugehen  habe'.  So  ?  Davon  ist  Horatius  ganz  bestimmt 


EPIST.  I,   17.  CLXXXIX 

unterriehtet;  während  er  V.  15  gar  nicht  unterrichtet  ist, 
ob,  wenn  dem  Soäva  die  Frage  vorgelegt  wUrde  ttber  den 
Weg  des  AristippuB  und  den  Weg  des  Diogenes,  er  auf  die 
eine  oder  die  andere  Seite  treten  wttrdC;  ob  er  darftber  je 
nachgedacht?  Das  wäre  niclit  auffallend?  und  wenn  über- 
haupt  zu  lõBen^  andera  zu  lõsen  ais  vielleiebt  auf  eine 
ftuszerst  prekäre  Art?  Hienach  habe  ich  groszen  Verdacbt, 
daftz  der  Febler  in  der  Latinität  im  zweiten  Verse,  auf  wel- 
ehen  Horkel  aufinerksam  gemacbt,  in  dem  iandem,  —  er 
emendirte  tenuem,  —  \'ielmehr  darauf  hinweist  dasz  der 
ganze  Vers  ein  Einschiebsel  ist,  zu  dem  aber  im  ersten 
Verse  eine  Veränderung  gemacht,  statt  des  etwa  ursprüng- 
lichen  quamvis,  Seaet^a,  satis  per  te  Ubi  conxuHs  ipse  oder 
et  stas. 

Wir  seben  dasz  Scäva  bei  der  ganzen  Sache  gar  nicht 
betheiligt  war  und  eben  auch  uur  damit  geehrt  wird,  dasz 
Horatius  ihn  alseinen  theilnehmeuden  und  sinnigen  Znhõrer 
voraussetzt,  an  den  man  sieh  mit  sinnigen  Betrachtungen 
wenden  darf.  Ganz  anders  ist  das  Yerhältnis  des  Lollius, 
an  welehen  die  folgende  Epistel  geriehtet  ist. 

Ich  sagte  obeu  uach  V.  32  oder  Y.  32  mit  dem  dazu 
genommenen  V.  36  schliesze  die  echte  Epistel:  d-  h.  der 
echte  Theil  dieser  Epistel.  Es  fragt  sich,  ob  sie  ttberhaupt 
damit  gesehlossen  hat  oder  ob  die  echte  Fortsetzung  ver- 
loren  gegangen.  Man  kõnnte  \'ielleicht  meiuen,  zu  dem  An- 
satze^.der  für  das  Thema  V.  15—17  genommen  wird,  wäre 
die  AusfUhrung  nicht  lang  geuug.  Aber  dieser  doch  wol 
nieht  sehr  ins  Gewicht  fallende  Grund  ist  auch  der  einzige, 
warum  nicht  Horazens  Brief  dort  sollte  zu  Ende  gewesen  sein.'^) 
Es  wäre  auch  so  eine  ganz  anmuthige  Gedankenmittheilung 


*)  Ribbeck  sagt  iu  dieser  Beziehong  gegen  mich  (Erwidening  S.  437) 
man  kõnne  den  Brief  da  nicht  endigen,  denn  diese  Partie  lebre  ja  nicht 
quo  tenuem  pacto  deceat  tnatcribus  utt\  sondem  Torl&ofig  nur  cur 
oder  num  deceaU  Er  vergasz  dasz  in  meraem  Briefe  der  Yers  quo 
tenuem  pmcto  ~  nicht  vorkommt  ~  'Un8el*ge  Geister,  so  behandeh  ihr 
das  menschliche  Geschlecht  zu  tansend  M&len.' 


CXC  EP18T.  I,   17.   18. 

ait  einen  Frennd.  Ist  die  Epistel  weiter  gegangeii;  bo 
müBzte  man  den  Inhalt  wol  etwa  so  vermnthen :  Nicht  jeder- 
mann  ist  es  gegeben  ein  Aristipp  zn  sein.  Denn  dazu  ge- 
hõrt  dasz  man  nicht  von  Fehlern  und  Lefdensehaften  be- 
herrseht  sei,  dasz  man  vielmehr  der  Leidenschaften  Henr 
seiy  dasz  man  yerstehe  ttber  den  Dingen  und  Menschen  zn 
stehen  und  sibi  res  non  se  subiungere  rebus. 

Im  ersten  Theile,  der  nach  Entfernung  des  zweiten 
Verses  trefflicli  yorwärts  geht  bis  V.  32,  kõnnte  man  viel- 
leicht  noch  hõchstens  fragen,  ob  in  der  Aufzählung  der 
Entbehrungen  V.  6— 8  etwa  ein  Vers  ausgefallen:  wiewol 
nothwendig  scheint  es  nicht. 

Epist.  I,  18  Sl  bene  te  novi  — 

Den  Zusammenhang  der  Verse  21—31  glaube  ich  jetzt 
anders  fassen  zu  mtissen  ais  frtther  und  halte  jetzt  alle 
Verse  ftlr  echt.  *Wer  irgend  einer  der  nobeln  Leidenschaf- 
ten frõhnt,  wie  sie  bei  den  Reichenimd  Vomehmen  herkõmm- 
lich  sind,  Liebe,  Spiel,  Luxus  in  Kleidung  und  äuszerer 
Erseheinung,  das  nie  gestillte  Varlangen  naeh  immer  mehr 
und  mehr  Beichthum,  wer  sich  damit  seiner  —  dem  Clien- 
enten  natürlich  zustehenden  —  Armuth  sehämt  und  sich 
immer  von  ihr  loszumachen  sucht,  gegen  den  wird  der  reiche 
Patron  Abneigung  und  Widerwillen  fassen,  oder  er  wird 
ihn  wie  einen  Knaben  schelten  und  zurechtweisen,  indem. 
er  ihn  aufmerksem  macht,  wie  solche  Neignngen  flir  ihn. 
verderblich  werden  mtissen.  Er  wird  sagen  —  und  nua 
wird  beispielsweise  ein  Patron  genommen,  der  einen  im 
Luxus  der  Kleidung  sich  tlbemehmcnden  Clienten  vor  sich. 
hat  —  er  wird  ihm  sagen:  *ich  bei  meinem  Vermögen  kana 
Thorheit  aushalten :  ftlr  dich  paszt  diese  reichliche  Kleidung* 
nicht.'  Ftlr  dich  nemlich  wird  sie -aus  der  Thorheit  zum 
Ruin  werden.  —  Ganz  recht,  sagt  Horaz;  so  ruinirte  Eu- 
trapelus  so  manchen  blos  dadurch,  dasz  er  ihn  zu  reich- 
lioher  Kleidung  verführte.  —  Eutrapelus  ein  kluger  Welt- 
mann  von  Uberlegenem   Humor  und   nicht  zu    engem  Oe- 


EPIST.  I,  !8.  CXCI 

wissen,  dem  es  mitunter  Vergnügen  machte,  einem  Narren 
auf  die  Bahn  zu  helfen. 

V.  46  Aetolis,  Diese  Lesart,  nicht  die  andere,  Aeoliis 
musz  ich  mit  Bentley  für  die  richtige  halten,  aueh  gegen 
Meineke.  Nattlrlich  schrieb  Horaz  nicht  so,  wie  alte  und 
aueh  neuere  Erklärer  sagen,  wegen  Meleagers  und  der 
Kalydonischen  Jagd,  was  Meineke  mit  Recht  pueril  findet: 
aber  doeh  aus  demselben  Grunde  weshalb  die  Ealydonische 
Jagd  eben  selbst  dorthin  verlegt  war,  weil  in  Aetolien  viel 
Jagd  getrieben  wurde  und  also  aueh  wol  Jagdgeräthe  daher 
kamen.  Gegen  Aeolüs  ist  fttr  mich  Bentley s  Grund  über- 
zeugend,  dasz  Horaz  Eumanische  Jagdnetze,  welehe  zu  ver- 
stehen  wären,  nicht  hier  würde  mit  dem  hoherer  oder  affee- 
tirter  Poesie  anstehenden  Aeolius  für  Cumanus  gesagt  haben, 
Bondem  einfach  Cumanis  onerata  plagis  — 

Hinter  V.  36  findet  man  in  meinem  Texte  vier  Verae, 
welohe  gewõhnlich  hinter  72  (irrevocabile  verbum)  stehen 
und  nach  der  Ueberlieferung  so  lauten: 

non  ancilla  tuum  iecur  ulceret  olla  puerve 
intra  marmoreum  venerandi  limen^  amici» 
ne  dominus  pueri  pulchri  caraeve  pueUae 
manere  te  parvo  beet  aut  incommodus  angat. 

Was  die  Stellung  anbetrifft,  so  wird  doch  wol  jeder  zu- 
geben,  dasz  sie  dort  zusammengehörende  Dinge  trennen. 
Hier  haben  sie  ihren  guten  Ort.  Was  aber  die  Sache  be- 
trifft,  ist  denn  das  Geschenk  eines  schõnen  Knaben^  eines 
schonen  Mädchens  ein  kleines  Geschenk?  'Ja  ehemals,  da 
wurden  die  Dichter  belohnt,  cum  minimum  vati  munus 
Alewis  6ra^  Mart.  V,  16,  12,  ais  das  Geschenk  dnes  seh^nen 
Sklayen  (Alexander  an  den  .Vergil  von  Seiten  Polios)  für 
den  Dichter  das  kleinste  Geschenk  war.'  Also.*  ais  ein  so 
bedeutendes  Geschenk  das  kleinste  war.  Doeh  was  brau- 
cheu  wir  dazu  der  Citate?  Nün  wollen  wir  einmal  ver- 
SQchen  zu  verstehen:  damit  er  nicht  mit  diesem  fOr  ihn 
kleinen  Geschenk  dich  ein  ftlr  allemal   abspeise.    Wamm 


CXCII  EPI8T.   I,   t8. 

ist  es  denn  fttr  ihn  ein  kleines  Geschenk,  eiii  so  kleines  dasz 
er  froh  ist  sich  damit  abzukaufen  ?  Und  für  einen  Patronus, 
der  überliaupt  knickerig  ist;  doch  am  wenigsten.  Mir  scheint 
etwas  ganz  anderes  nöthig  zu  sein,  was  ich  liineingel^ 
habe  dadurch  dasz  icb  preschrieben  —  ne  Jominus  pueri  pvl- 
ehn  grataevp  puellae  vtujiere  te  caro  beet  aut  mcommodus 
angat.  Plötzlicb  einen  solchen  Sklaven  oder  Sklavin  ais  Eigen- 
thnm  zu  erhalten  kann  wol  füp  einen  eingeschränkten  Cli- 
enten  eine  äuszerst  drüekende,  weil  kostspielige  Gabe  sein: 
damit  er  dich  nicht  durch  diese  Gabe,  die  dir  tbeuer  zu 
stehen  kommt,  begittcke  oder  ungelegen,  unbequem  dieh  äng- 
stige,  indem  er  dicli  mit  deiner  Liebschaft  rerspottet ,  oder, 
worauf  wol  a?igat  noeh  mehr  führt,  dicb  ängstige  mit  der 
Drohung:  ich  werde  dir  diesen  Knaben,  dieses  Mädchen 
wol  noch  schenken!  Was  der  Client,  indem  er  eine  Lieb- 
schaft mit  dem  Knaben  oder  dem  Dienstmädchen  des  Hau- 
ses  ankntpfte,  gar  nicht  gemeint  hatte. 

Die  Verse  55 — 64  habe  ich  nicht  umhin  kõnnen  einzu- 
rllcken.  Wer  sich  mit  ihnen  befreunden  kann  rücke  sie 
wieder  vor.  Mir  will  das  nicht  gelingen.  Mir  scheint  es, 
die  AufForderung  sich  nicht  von  der  Jagd  des  Patrons  aus- 
zuschlieszen  sei  von  Y.  40  an  hinreichend  und  steigend ' 
unterstützt  und  zuletzt  {de?ugue  V.  54)  mit  der  Erwähnung 
der  Eriegsdienste  und  der  fast  feierlichen  Einführung  des 
siegreichen  Augustus  auf  die  Hõhe  gebracht.  Da  koflunt 
nun  ein  neuer  Ansatz  und  Anfang :  Ae  ne  te  retrahas  — 
Und  was  bringt  der  dazu?  Dasz  man  ihm  wUrdesagen  kõnnen  : 
du  hast  ja  sonst  Zeit  zu  Spielereien?  oder  du  hast  ja  sonst 
Lust  zu  Spielereien  ?  Oder  viehuehr  doch :  und  du  zeigest  ja 
noch  immerLust  zu  kriegerischen  Beschäftigungen  durch 
diese  Art  kriegerisches  Spiel,  das  du  bisweilen  treibst.  Und 
das  noch  alles  immer  und  immer  ais  Gründe,  warum  er 
sich  TOU  der  Jagd  des  Patrons  nicht  ausschlieszen  soU? 
Und,  wie  gesagt,  der  neue  Ansatz  fällt  mir  immer  auf.  — 
Aber  durch  diese  Verse  scheinen  andere  Verse  diese  Stelle 
verloren  zu  haben,  welche  ihneu  gebtthrt,  nemlieh  V.  89 
oderunt  kilarem  —  92    tepores^ 


EPIST.   I,   18.  19.  CXCIlI 

V.  104.  Unter  allem  Leheuswechsel  halte  doch  immer 
zur  Philosophie  und  leme  was  die  Seele  beruhigt.  Und 
fragst  du  bei  dieser  Gelegenheit  nach  meiner  Philosophie? 
soil  ieh  dir  sagen  was  das  Resultat  meiner  Philosophie 
ist,  in  welchem  G^dank^n,  in  welchem  Gebet  sie  sioh  <?on- 
centrirt,  so  oft  ich  in  die  Ruhe  meines  Gtitchens  zurück- 
gekehrt  rair  meiner  und  .des  Meinen  concentrirt  bewuszt 
werde? 

Episi  I,   19  Prisco  si  credis  — 

Pnsco  si  credis,  Maecenas  docle,  CratinOj  \  nullaplaceredm 
n^c  vivere  carmma  possunt^  \  quae  scribuntur  aquae  petoribus. 
II t  male  sanos  \  adscrip^U  Liher  Satyris  Faunisque  poetas^  \ 
tina  fere  dulces  oluenmt  mane  Camenae,  Ist  das  erklärbar? 
Wie  paszt  es  denn  hieher  dasz  die  Dichter  ais  male  sani 
bezeichnet  werden?  Das  soil  doch  also  wol  heiszen  ais 
*begeisterte'  mit  einera  Spitznamen  ausgedrückt.  Aus  wessen 
Munde  oder  Sinue  der  Spitzname?  Und  die  doch  gleich- 
artig  zu  denkenden  Faunen  oder  Satym,  wer  wird  denn  ais 
ihren  Charakter  denken  und  ais  ihr  Epitheton  sagen  dasz 
sie  wifl/e  sani  seien?  die  im  Gegenteil,  wenn  sie  nicht  eben 
trunken  sind,  sehr  gescheit  siud.  Dann  ferner  also:  seitdem 
Liber  die  Dichter  ais  Leute  die  nicht  recht  bei  gesundem 
Verstande  sind  unter  sein  Gefolge  aufgenomraen,  seitdem 
tranken  sie  vom  frtihen  Morgen  an.  Seitdem?  Haben  sie 
es  also  da  erst  sich  angewöhnt?  Man  kommt  wirklich 
nicht  hindurch  zu  einer  ernstlichen  Erklärung.  Umgekehrt 
doch  kommt  das  Natürliche  in  dieSache:  ais  durstige  Leute 
hat  Liber  sie  unter  sein  Gefolge  aufgenommen  und  ihre 
Berechtigung  auerkannt.  Der  Sinn  scheint  zu  erfordern  dasz 
alle  die  Instanzen  vom  Liber  an  bis  auf  Horatius  aufgezählt 
werden  aus  dem  Munde  der  Cratinusanhänger,  mit  denen 
diese  ihre  Trinkseligkeit  ais  zur  Natur  der  Poeten  gehörig 
rechtfertigen.  Ich  habe  geschrieben;  ut  male  siecos  ad- 
scripsft  Liber  Sai  f/r  is  Faunisque  poetas:  vina  h/rae  dulces 
oluerunt  mane  Camenae :  laudibus  arguitur  vini  vinosus  Homerus. 

LehrA,  Hor&tias.  N 


CXCIV  EPI8T.  I,   19.  20. 

Dasz  die  lyrischen  Dichter  {lyrae  Camenae),  die  Sänger  des 
Weins,  stets  trunken  waren  —  Anacreon,  Alcäus  —  das  ist 
eine  bekannte  Instanz,  an  die  man  nur  zu  eiinnem  bräuchL 
Das  braucht  man  gar  nieht  erst  zu  argumentiren  wie  f&r 
den  Epiker  Homer.  — 

V.  10.  Die  Ueberlieferung  von  edixit  iu  hoc  simul  edixi 
non  cessavere  poetae  —  scheint  darauf  zu  fQhren  dasz  Horatius 
gesclirieben:  edlri  et  — 

V.  15.  16  seheinen  verständlich,  obgleich  die  Nachriehten 
dürftigsind  und  werder  larbita  sei  nnbekannt.  Die  dem  Tima- 
genesnacUeiferadeZuugemachtedasz  der  larbita  platzte,  nem- 
lich  wie  jener  Froseh  in  der  Fabel,  und  nur  mit  Beziehung 
auf  diese  Fabel  ist  das  mpit  gesagt.  Timagenes  war  'di- 
sertvs  homo  et  dicax^  a  quo  muita  improbe  sed  venuste  dicla 
Senec.  Contror,  X  (34)  p.  333  Burs.  Indem  nun  jener  lar- 
bita der  durch  Uehcrtreibungen  auflFallenden  Art  zu  reden 
und  eben  so  seinen  tibertreibenden  Witzen  (die  wol  aueh 
in  seinen  Reden  angebracht  wurden)  nachtrachtete,  ruinirte 
er  sich,  —  nemlich  in  seiner  bfirgerliehen  Stellung.  Denn 
ihm  fehlte  die  geniale  Ader,  womit  Timagenes  sich  trotz 
dem  zu  erhalten  wuszte,  der  selbst  dadurch,  dasz  ihm  August 
sein  Haus  untersagte  (ob  dieses  damals  schon  eingetreten 
ais  Horaz  dies  schrieb  >vi88en  wir  nieht)  keinen  Schaden 
litt.  Er  lehte  bei  Asinius  Polio  wohl  behalten.  —  Wir 
werden  doch  nieht  den  dummen  Horazscholiasten  irgend 
ein  Gewicht  beilegen,  —  wir  sind  leider  hierin  noeh  immer 
zu  schwach,  —  weil  sie  sich  aus  dem  rupU  eine  Greschiehte 
machten  von  einem  Bruch,  den  er  sich  zuzog. 

V.  30  hunc  ego  non  alio  dictum  prius  ore  Latinus  (oder 
Latinis)  volgari  fidicen.  Ich  habe  gesehrieben  was  ver- 
nünftig  schien  aiii  und  ore  Latino, 


Epiftt.  I,  20  Vertumnum  lanumque  — 

In  dieser  liebenswtlrdigsten  aller  Episteln  habe  ich  ir- 
gend einen  Vermisz  niemals  empfunden.  Meineke  hat  zweierlei 


EPIST.   I,   20.   XI,    1.  CXCV 

Anstosz  genommen.  Zuerst  vermiszt  er  etwas  hinter  V.  18. 
Ich  kann  dieses  durchaus  nicht  zugeben.  ^Du  wirst  zuletzt 
noch  den  Sehalmeister  zu  machen  haben,  und  wird  dich  in 
dieser  einfõrmigen  und  abmüdenden  Beschäftigung  das 
gtammelnde  Alter  ttberkommen.  Da  vergisz  nicht,  wenn, 
wie  es  zu  geschehen  pflegt,  in  den  Stunden  oder  Zeiten,  wa 
die  Sõnne  nicht  zu  heisz  brennt,  der  Kreis  der  nach  dem 
Lehrer  und  nach  den  Fortsehritten  der  Ihrigen  sehenden 
Väter  und  Verwandten  in  der  Schule  etwas  groszer  ist, 
gerade  dann  etwas  vom  Leben  des  Autors  anzubringen.* 
(Die  Verwandten  werden  auch  von  den  Vätem  aus  Eitel- 
keit  mitgebracht.)  Am  allerwenigsten  aber  kann  ich  mir 
das  soäbus  aptum  rauben  lassen.  Dasz  Horaz  'flir  Sonnen 
scheine  gemacht  ist'  das  steht  bei  mir  in  seinem  Bilde 
ais  einer  der  wesentlichsten  Züge.  Er  hat  ihn  ja  oft  genug 
ausdrücklich  und  unausdrücklich  zu  erkennen  gegeben. 
Sein  behagliches  Frlthlingsgefühl,  sein  sich  ziehen  nach  der 
Wärme  bei  der  kalten  oder  fröstelnden  Jahreszeit !  Ja  wohl ! 
er  war  recht  gemacht  für  die  Sonnenscheine.  Vielleicht 
verstehen  die^enigen  das  etwas  besser  und  eindringlicher, 
welche  gerade  die  Natur  in  diesem  Punkte  eben  so  orga- 
nisirt  hat.  Aber  es  kann'8  doch  auch  ein  jeder  verstehen. 
Und  an  aptus  was  kann  denn  daran  für  ein  Anstosz  sein? 
Es  ist  ja  gar  kein  anderes  aptits  ais  jenes  aus  dem  gleich- 
falls  kurzen,  aber  wie  das  unsere  zu  den  schönsten  Bltithen 
der  Römischen  Poesie  gehörenden  Gedichte  des  Ovid.  Am.  I, 
5,  20:  forma  papillarum  quam  fiüt  apta  premi  Vecht  ge- 
macht dazu/ 

Epist  II,  1  Cnm  tot  sustineas  — 

V.  66 :  si  quaedam  ninüs  ant/que,  si  pieraque  dure  dicere 
credit  eos  und  in  einigen  cedit,  Mir  scheint  es  der  Sache 
angemessen,  warum  wird  man  sich  selbst  sagen,  statt  des 
*t  zu  schreiben  qui,  und  mit  credit, 

V.  94  et  in   vitium  foHuna   labier  aequa  und    101  quod 

cupide  petilt  mature  plena  reliquit.    'Wie   kann  Horaz  hier, 

N2 


CXCVI  EPIST.   II,    1. 

wo  er^riecheiilaud  in  der  Beweglichkeit',  mit  der  es,  ein- 
mal  zum  Glück  des  Friedens  gelangt,  eine  friedliche  Kunst 
nach  der  andem  ergrifF  und  nicbt  immer  nur  das  Alte 
lobte,  wo  er  Griechenland  bierin  den  Rõmern  zum  Muster 
aufstellt,  das  mit  dem  sclinBllen  Ueberdmsz  eines  Kindes 
an  seinen  Spielen  vergleichen:  quod  cupide  petiit  matttre 
plena  reliquit,  Wenigstens  dieser  Vers  ist  ganz  'gewis  un- 
erträglich:  wie  aber  auch  ganz  gewis  sehon  das  Wort 
vitiym  in  V.  94  ist,  das  aucb  scbon  gar  nicht  mit  dem  dabei 
stehenden  forlunn  aequa  sich  verträgt.  Es  kann  von  Horaz 
nicht  ein  tadelndes  Wort  wie  ritium,  nur  ein  Wort  etwa  im 
Sinue  von  luaum  ausgegangen  sein/  Aristarch  2.  Ausg.  S. 
437  (vorher  im  Rhein.  Mus.),  lusum  geradezu  vorschlagen 
wollte  ich  nicht  wegeu  des  wiederkehrenden  luderet  in  V. 
99.  Indessen  kann  ich  mich  gerade  auch  damit  sehr  aussõhnen 
—  'dasz  sein  fusas  so  herauskam  in  Hinsicht  seiner  naiven 
Beweglicbkeit  wie  — \  Ich  habe  also  lusum  jetzt  geschrie- 
ben.  Dieser  lustis  schien  einem  äfiovüog  ein  vitium,  der 
dies  wider  den  Sinn  und  Zusammenhang  beischrieb.  — 
Ein  anderer  Vorschlag  wäre  hi  requiem  fortuna  labier  aequa, 
Ich  sehe  nicbt  ein  warum  nicht  in  requiem,  läbi  so  gut  wie 
in  quietem  läbi  auch  soUte  richtig  gesagt  werden  können: 
ais  es  anfing  nach  den  Anstrengungen  des  Kriegs  in  den 
Zustand  des  Abruhens,  der  Erholung  zu  gleiten  maturge- 
mäsz),  dies  aber  geschah  unter  Begünstigung  des  Glücks; 
da  soust  solche  Zustäude  des  Ausruhens  nach  Aufliören  an- 
gestrengten  Kraftaufwandcs  gefährlich  werden  und  zu  reiner 
Erschlaffung  ftihren  können.  (Beiläufig:  eine  Stelle  wie 
nox  eriit  Ilumanumque  (jenus  reqnies  divumque  (enebat  Homer. 
Lat.  116  sollte  man  in  den  lateinischen  Wörterbüchern  nicht 
vermissen.)  —  Der  nächste  Vers  quid  placet  aut  odio  est 
quod  nan  mulabile  eredas  ist  natürlich  hier  uncrträglich. 
Haupt  hat  ihn  nach  108  gesetzt. 

V.  104  fF.  'Schön  sind  die  fröhen  Morgenstunden  des 
bejahrten  römischen  Hausvaters  bei  Hor.  Episf.  II,  1,  103  gc- 
schildert.  Er  bringt  sein  Hausbuch  in  Ordnung  ieautos  — 
nummos)j    er   verhandelt  mit  den  alteru  Freunden,    die  žu 


EPIST.   II,    I.  2.  CXCVII 

ihm  kommen  (maiores  audire)  und  ertheilt  jttngern  Rath- 
schläge  ftlr  ihr  Hauswesen  und  ihren  Lebenswandel  (minori 
dicere  per  guae  res  possel  crescere,  minui  damnosa  libido) 
und  abhängigen  Leuten  Recbtsbelehrung  (clienti  promere  iura 
vgl.  I,  5,  31  undDiony8»2,  10).  Man  hat  sich  die  Gegenstände 
dieser  Au^enzen  keineswegs  ais  vorzugsweise  juristisch  zu 
denken  ad  quos^  sagtCicero  Or,  3,  33  von  dem  Verfahren,  in 
solio  sedentes  domi  sic  adibantur^  non  solum  ut  de  iure  civili  ad 
eos  J  verum  etiam  de  Jilia  collocanda,  de  fundo  emendo,  de 
agro  colendo,  de  omni  dcnique  aut  ofjicio  aut  negotio  re^ 
ferretur^  Mommsen,  Römische  Clientel.  Forschungen  I,  373. 

V.  164  temptavit  quoque  7*em,  si  diyne  vertere  posset, 
Das  rem  ist  doch  wol  wunderlicb.  Ich  habe  iam  ge- 
schrieben. 

V.  1 73  Quantus  sit  Dossemius  edacibus  in  paraskis  kann  docb 
wol  nur  heiszen :  wie  grosz  Dossennus  sei  in  der  Scbilderung 
der  Parasiten.  (Wäre  er  ein  Schauspieler,  bo  liiesze  es  'in  derDar- 
stellung'.)  Also  gehört  der  Vers,  wenn  man  ihn  nicht  für  einen 
anders  wober  stammenden  und  beigeschriebeneu  halten  will, 
dahin, .  soUte  man  meinen,  wo  von  dem  Loben  der  alten 
Dichter  die  Rede  ist.  Das  war  oben  der  Fail,  und  ich 
habe  versucht  ibm  dort  eine  Stelle  anzuweisen  hinter  V.  56, 
wie  mir  scheint  eine  ganz  gute.  AUerdings  liegt  darin  das 
stillscliweigende  Bekenntnis,  dasz  mir  die  Beweise  von  der 
Nichtexistenz  eines  früher  angenomraenen  alten  Komödien- 
dichters  (Togatendichters)  nicht  überzeugend  geworden. 
Und  allerdings  der  Horazische  Vers  selbst  scheint  mir  immer 
wieder  darauf  führen  zu  müssen. 

Epist.  II,  2  Flore,  bono  claroque  — 

V.  7  Litterulis  Graecis  imbutus.  Bei  den  Herausgebem 
wird  erklärt:  'versteht  ein  bischen  Griechisch,'  aher  es  wird 
das  'ein  bischen  auch  mit  in  dem  Deminutivum  gesucht, 
was  ganz  undenkbar.  Der  Verkäufer  spricht  im  Sinne  der 
2^rtlichkeit  für  die  griechischen  Wissenschaften,  von  denen 
der  angepriesene  Sklav  etwas  versteht.    Jenes  ist  ein  Aus- 


CXCVIII  EPIST.   II,   2. 


flusz  davon,  dasz  man  immer  noch  zu  geneigt  ist  das  'Kleine' 
bei  der  Erklärung  der  Deminutive  voranzustellen.  Einen 
entgegengesetzten,  fruchtbarerii  Weg  hat  eiugeschlagen  und 
verfolgt  Gustav  Müller  de  IhujHae  Latinae  demnutwh  1S65. 
Wozu  80  ebeu  noch  gekommen  desselben  Abhandlung  (iber 
clie  Deutschen  Deminutiva,  Programm,  Lissa  1869. 

V.  8.  Man  darf  sichwol  wundeni,  dasz  von  den  beiden 
überlieferten  Lesarten  imitabei^is  und  mitabitur  die  erste 
sich  hat  bis  in  die  neuesten  Zeiten  die  Gunst  der  Heraus- 
geber  überwiegend  gegen  die  andere  erhalten  kõnnen.  Es 
scheint  dazu  mitgewirkt  zu  haben  dasz  eine  Neigung  vor- 
handen  ist  sich  —  man  erlaube  mir  —  verblüffen  zu  lassen, 
wenn  man  'Blandinii'  sieht,  die  imitaberis  haben.  Dazu  ist 
bei  ÄÜer  Anerkennuug  einiger  sehr  merkwürdigen  Lesarten, 
die  wir  ihm  verdanken,  doch  kein  Grund  vorhanden.  Jeden- 
falls  hat  Horaz  hier  gewis  nicht  mtlaberis  geschrieben- 
Ich  sehe  dasz  verstanden  wird:  Vie  aus  weichem  Thon 
wirst  du  alles  aus  ihm  machen  können .  Da  wäre  auch 
das  imitaberis  gerade  sonderbar  gewählt:  *^du  wirst  wie 
in  weichem  Thon  was  du  willst  in  ihm  nachbilden.' 
Dasz  dieses  wenn  auch  nicht  unmõglich  aber  doch  sonder- 
bar ausgedrtickt  wäre  wird  man  doch  nicht  läugnen  wollen. 
Sodann  bei  dieser  Erklärung  mfiszte  der  folgende  Vers 
herausgeworfen  werden.  Denn  nachdem  gesagt  worden; 
*er  ist  zu  jeder  Kunst  beanlagt,  dü  wirst  alles  aus  ihm 
machen  können ,  würde  der  natürliche  logische  Fortgang  sein: 
*ja  sogar  zu  einem  geschulten  —  doctnm  —  Sänger  >virst 
du  ihn  bilden  kunnen,'  nicht  aber:  *ja  sogar  er  wird  dir 
beim  Weiu  ungeschult  doch  angenchm  singen  oder  singen 
können.'  Das  gibt  nur  Quälerei.  Ich  würde  imitaberis 
nur  verstehen  können:  du  wirst  durch  ihn  was  dir  beliebt 
in  Thon  bilden  d.  h.  durch  ihn  können  bilden,  darstellen 
lassen.  Aber  auch  da  müszte  man  fragen:  welcher  böse 
Dämon  des  schlechtesten  Styls  trieb  den  Horaz,  hier  plõtz- 
lich  ein  kleines  Sätzchen  mit  anderem  Subjecte  dazwischen 
zu  werfen,  während  ihm  das  imitabitur  zur  Händ  war  ganz 
voUkommen  dässelbe  zu  errcichen? 


EPIST.  II,   2.  CIC 

Aber  freilicli  von  diesem  selben  Dämon  müszte  er 
wahrhaft  beflessen  gewesÄn  sein,  wenn  er  V.  2  mit  siquh 
velit  ei  tecum  sic  agat  beginnend  und  eine  lange  Eede  mit 
veraebiedenen  getrennten  Perioden  fortspinnend,  dann  V.  16 
ohne  jede  Hülfe  den  Nachsatz  zu  jenem  si  mit  des  nummos 
begõnne.  Mir  erscheiut  dieses  abeuteuerlich  und  keines- 
weges  mehr  innerbalb  der  grata  neyügentia  der  Briefform. 
Ich  habe  hinter  15  eineu  Vers  15*  binzugefügt,  durch  den 
wir  der  gy^ata  negligentia  gerecht  werden. 

V,  44.  Von  den  beiden  tiberlieferten  Lesarten  vellem 
und  possem  ist  vellem  allein  moglich.  Das  pos^  curvo  dh- 
gnoscet^e  rectum  ist  das  Höebste,  und  recbt  im  Horaziscben 
Sinn  das  Hoehste,  wozu  es  eiuer  bringen  kann  und  kann 
nimmermehr  mit  paullo  pius  artis  bezeichnet  werden.  Das 
liebe  Atben  that  etwas  mebr  zu  meiner  Bildung  (Horaz  er- 
zählt  wie  er,  der  ungebildete  Bauernsobn,  zui-  ars  gekom- 
men)  hinzu:  das  nemlicb  dasz  der  Trieb  in  mir  entstand 
zur  Pbilosophie.  Leider  aber  (und  darum  blieb  es  damals 
iiur  paullo  pius  artis)  ward  icb  dann  baid  unterbroehen. 

V.  70  ist  die  Ueberlieferung  bekanntlich  iniermlla  vides 
humane  commoda.  Es  ist  mir  eine  grosze  Wohltbat  dasz 
Meineke  vor  humane  commoda  sein  Kreuz  gesetzt  und  also 
die  Ueberzeugung  zu  erkennen  gegebeu,  dasz  auch  er  alles, 
alles  weitläufig  zur  Rechtfei-tigung  Beigebrachte  für  unzu- 
treflfend  bait,  dasz  humane  nicht  mit  inuiy.wg  verglicben 
werden  kann,  nicht  mit  probe,  pulvhre^  u.  s.  w.  Ich 
habe  die  einzige  Conjectur,  die  keinen  Fehler  enthält 
und  einen  ganz  schonen  Sinn  gibt,  haud  sune  commoda 
(von  Frõhlich,  wie  gesagt  wird,  Münchener  Programm  1827) 
aufgenommen  [hausane],  Ribbeck  hat  geschrieben  homini 
uno.  Wogegen  sich  das  Ohr  sträubt.  Man  sehe  oben  in 
der  Abhandlung  über  die  Vei-schleifung  die  Vqrschleifungen 
der  langen  Vocale.  Und  merke  wohl  dasz  nichts  gefähr- 
licher  ist  ais  die  Verschleifung  <  u.  Ja  auch  i  u  überhaupt 
Wie  oben  unter  den  überhaupt  so  wenigen  und  beschränk- 
ten  Beispielen  kein  ?i/  aus  Oden  und  Briefen  sich  zeigte, 
80  ist  auch  in  den  Satiren  nur  o  si  urnam  II,  6,  8  (Senkung). 


cc  EPIST.  II,  2. 

Albi  ut  male  vivai  I,  3,  14.  Und  nach  Einigen  sani  ut 
II,  3,  246.  Und  was  es  damit  auf  sicli  hat,  wird  man 
eret  recht  inne  werden,  wenn  man  einmal  sämmtliche 
Beispiele  aller  Versehleifungen  von  iu  aus  dem  ganzen 
Ovid  ansieht,  wie  ich  sie  von  Viertel  erhalte:  Am. 
II,  7,  26  nisi  ut  indkio.  A.  a.  I,  52  tihi  ut  invimias.  Pont. 
I,  2,  3  nasci  ut  passes.  III,  3,  27  nisi  ut  haec.  III,  5,  55 
ubi  huc  (aber  andere  Lesart  ut  huc).  Heroid.  IX,  10  t€mti 
ut  tantus.  19,  21  nisi  uti.  20,  3  nisi  ut  ipse.  — 

Mit  lang  /  und  u  kann  ich  noeh  die  Stellen  aus  einigen 
Dichtern  anführen,  die  ausLucrez  von  Volck:  die  übrigen 
erhalte  ich  von  Viertel.  Die  Betrachtungen  darüber  kann, 
bei  der  kleinen  Zahl  der  Stellen,  jeder  selbst  machen. 

Lucr.  11048  largiri,  ut  III    775  immorUli  ülla 
II    520  mucroui  utrimque  SS7  lacerari  urive 

547  iactari  unius  IV    435  labefactari  undique 
771  fieri  ut  632  stomachi  umidulum 

915  Vitali  ut  749  fieri  ut 

m    431  sopiti  ubi  VI    97S  toti  ut.  — 
663  ardenti  ut 
Bei  Catull  11,  22.  prati-ultimi  im  Hypermeter 

14,8      si  ut  57,6      tenclli  utrique 

22,7      novi  umbilici  68,135  etsi  uno  (in  der  Senkung» 

39,10    si  urbanus  89,5      qui  ut 

Bei  V  erg  il  sind  nur  folgende  Stellen: 

Eel  7,27  si  ultra  (in  der  Senkung)      Aeti.  V,  274  connixi  umeris. 

8,42  ut  vidi,  ut  perii,  ut  me  VI,  770   si   unquam     (in  der 

maius  abstulit  error.  Senkung). 

Bei  Tibull  und  Properz  ist  keine  derartige  Ver- 
schleifung. 

Bei  Persius  und  Iu  venal  (s.  Schultz)  at  si  unetus  Pers. 
4,  33  (Senkung):  tanli  una  Iuy,  6,  626.  servini  9,  103. 

V.  72  Festinat  calidus  mulis  gerulisque  redvmptor.  Das 
soil  man  nun  wieder  glauben  und  sich  daran  abquälen! 
Glttcklieh  freilich  wer  sagen  kann:  mulis  gerulisque^  abl.j 
^cum  mulis  et  baiulis\  Erhitzt  durch  Maulthier  und  Trä- 
ger,  was  doeh  allein  allenfalls  möglich  wäre,  wäre  es  doch 
eben  nur  allenfalls.  Schmidt  sagt :  'einst  fiel  ich  auf  atqui  instat* 
Ich  war  auf  nempe  instat  gefallen.  Dies  habe  ich  aufgenommen. 


EPIST.   U,  2.  CCI 

•     V.  87.  88  sind  überliefert 

frater  erat  Romue  consulti  rhetor,  ut  alier 
alterius  sermone  meros  audiret  honores 

Schon  Heinsius  und  Bentley   nahmen   hieran  den  ge- 
btthrenden  Anstosz.    Und  Meineke  sagt:  quid  hoc  est:  Ro- 
moe  ofim  parfralrumfuit^  ut  snmmü  se  otm  laudibus  efferrentf 
und  fQhrt  noch  etwas  weiter  auS;  dasz  dies  Unsinn  ist.   Seine 
scfaõne  Ergänzung,  um  4en  angemessenen  Sinn  zu  schaffen, 
frater  erat  Ramae  consulti  rhetor^  uterque 
alterius  laudum  sic  admirator  ut  alter 
alterius  sermone  meros  audiret  honores 
habe   ich   nattirlich   aufgenommen.     Bentleys  Versuch   tritt 
dagegen  ohne  weiteres  zurück. 

V.  81—86.  Nachdem  Horaz  plastiscb  genug  den  Lärm 
in  den  Strassen  Roms  geschildert,  dasz  wol  jeder  schon  hie- 
durch  von  der  ünmõglichkeit,  dabei  zu  poetisiren,  ttberzeugt 
sein  wird,  nachdem  er  dann  noch  den  allgemeinen  Zug  der 
Poeten  nach  Einsamkeit  durch  Erinnerung  an  ihr  Aufsuchen 
der  Waldeinsamkeit  vorgestellt,  soil  er  noch  die  folgende 
Schwerfälligkeit  darauf  gesetzt  haben:  'Und  alle  Studien 
bedürfen  der  groszten  Einsamkeit  und  Stiile.  Denn  selbst 
wer  sich  in  dem  schon  an  sich  einsamen  Athen  den 
Studien  widmet,  bedarf  so  groszer  über  den  Büchern  sich 
abzehrender  Zurückgezogenheit  von  den  Menschen,  dasz  er, 
um  sein  Ziel .  zu  erreichen,  sieben  Jahre  sich  so  einschlieszen 
musz  und  dann  ais  halb  Blödsinniger  herauskommt.'  Dies 
musz  doch  mit  dem,  was  wir  in  diesen  Zeilen  lesen,  ge- 
meint  sein.  Abgerechnet,  dasz  dies  für  die  Poosie  nichts 
beweist,  die  andem  Charakters  sein  konnte,  wie  verkehrt 
ist  es  ausgedrückt!  Die  sieben  Jahre,  das  insenescere  libris 
et  curis  gehörte  logiseb  zu  dem  Vordersatz. 

V.  89.  Gracchus  ut  hic  itlij  foret  huic  ut  Mucius  iile. 
Die  allgemeina  Lesart  sämmtlicher  Handschriften  —  nicht 
das  uninteressanteste  Beispiel  der  Art  —  foret  hic  ut  Mu- 
cius  illi  haben  dioch  wirklich,  scheint  es,  selbst  die  conser- 
yativsten  Herausgeber  aus  ihren  Texten  zurückgezogen.  Ich 
glaube  recht  gethan  zu  haben,   dasz  ich  auch  das  übereiu- 


CCIl  EPIST.  U,  2. 

stimmend  überlieferte  Gracchus  gegen  Bentleys  Crassus  rei* 
tauscht  habe.  Seine  voiiTefiflicbe  Aiimerkuiig  weist  über- 
zeugend  die  hohe  Wahrscheinlichkeit  naeh,  dasz  Horaz 
vielmebr  den  Crassus  mit  dem  Mucius  verband.  Dasz  bie- 
gegen  die  Uebereinstimmung  aller  Handschriften  in  Gracchus 
aueh  nur  das  kleinsto  Gowicbt  auf  die  Wagschale  lege  mnsz 
icb  bestreiten.  loh  kann  dergleichen  nur  für  eine  tbeoretische 
Fiction  balten.  Wende  icb  mich  in  die  Praxis,  bo  gehurt 
für  nücb  —  abgerecbnet  wie  leiebt  Gracchus  ffir  Crassus 
irgendeinmal  sicb  einschleicben  und  nacb  so  häufiger  Er- 
fahrung  in  alle  unsere  Exemplare  sicb  fortpflanzen  konnte 
—  80  gebõrt,  sage  icb,  für  micb  ein  Fail  wie  dieser  zu 
denjenigen,  in  welcben  vielleicbt  von  Anfang  an  gleicb  die 
ersten  Exemplare,  die  für  die  OefFentlicbkeit  abgescbrieben 
waren,  einen  solcben  Febler  bracbten,  der  nacbber  nie  eorri- 
girt  wurde.  Ein  Druckfebler  in  den  ersten  veroffentlicbten 
Ausgaben.  Und  dasz  Horaz  diese  mit  besonderer  Aufgierk- 
samkeit  emendirt  bätte,  ist  gur  nicbt  zu  beweisen :  er  mocbte 
vielmebr  sicb  so  indolent  dagegen  verbalten  baben  ais 
Scbiller  und  Goctbe.  Dasz  die  alten  Autoren  aucb  nicbt 
alle  Kalligrapben  waren  verstebt  sicb  von  selbst;  und  Rib- 
beck  bat  neulicb  zum  Vergil  Gelegenbeit  gefunden  daran  zu 
errnnem.  Wie  sebr  das  Publikum  über  solcbe  Dinge,  wenn 
sie  einmal  in  den  Texten  steben,  wegliest,  nicbt  nur  wõ  ein 
Scbein  den  Sinn  täuscbt,  sondern  aucb  bei  voUem  Unsinn, 
aucb  daftir  sind  die  Belege  aus  der  Gescbicbte  der  Scbiller- 
scben  und  Goetbescben  Texte  jetzt  binreicbend  bekannt. 

V.  112  et  sine  po?idere  {ygl.  Ars  v.  320)  erunt  et  hih 
nore  mdigna  feretitur  (Horkel  emendirt  fruentur).  Dasz  die- 
ser Vers  den  Verdacbt  erregt  unecbt  zu  sein,  ist  wol  klar. 

V.  114  et  versentur  adhuc  mtra  penetralia  Vestae  \Aeiibi 
nocb  einer  befriedigenden  Erklärung  bedürftig. 

V.  163  nempe  modo  isto,  wie  die  Ueberlieferung  ist,  ist 
bekanntlicb  von  Lacbmann  z\i  Lucret.  pg.  197  nacbgewiesen 
ais  unverträglicb  mit  dem  prosodiscben  Gebraucb  des  Horaz, 
bei  welcbem  ein  jambiscbes  Wort  mit  hocbtoniger  Sylbe 
nicbt  verscbliflFen  wird.  Aber  modo  sto  bat  sicb  keinen  Bei- 


EPIST.  n,   2.  CCIII 

fail  erwerben  kõnnen.  Irgend  eine  Hülfe  aber  musz  doch 
gesueht  werden.  Ich  habe  geschrieben:  nempe  modo  usus 
mit  speoieller  Rückbeziehung  auf  V.  159:  indem  du  nur  den 
Grebrauch  davon  gemaclit  kaufst  du  ilm  allmählich.  —  Wo- 
gegen  wol  nichts  eiozuwenden.  Denkeu  kõnnte  man  aucli 
an  perge  modo  uti, 

V.  170  sedvocat  usque  suum  qua  populus  adsita  certis 
limitibus  vlcina  refugit  iurgia,  Dies  die  fast  allgemein  ttber- 
lieferte  Lesart.  Horazherausgeber  liaben  nichts  dagegen, 
dasz  refugere  auch  einraal  ^abwehren  heiszt :  warum  sollte 
nicht  sol  auch  einmal  der  Mõnd  heiszeu?  Und  wenn  das 
nieht,  wenigstens  soil  refugit  gnomischer  Aorist  sein.  Horkel 
hat  sie  erinnert,  dasz  bei  einem  solchen  aoQiaTwg  noch  aller- 
handinFrage  kommt,  AnaLHorAM.  Ichglaube  er hatte  noch 
entschiedener  aussprechen  können ,  dasz  hier  gar  kein  Fail 
vorliegt,  wo  der  gnomische  Aorist  anweudl>ar  wäre,  dessen 
Bedeutung  ist,  dasz  etwas  unter  gegebenen  Umständen  jedes- 
mal  so  eintritt.  Bentley  erklärt  sehr  schön  was  der  Latinität 
angemessen  die  Stelle  mit  t^efugit  allein  heiszen  kõnnte. 
^Quorsum  autem  refugit  tempoi^e  praeterito'^  id  sic  mtelHge 
tanquam  ea  olim  cavssa  manu  saia  esset  populus,  ut  litem  de 
Jinibus  inter  vicinos  ortam  (besser  wol  iurgia  a  vicinis  orta) 
sedareL  Reftigit  autem  mõrale  accipies  quasi  dominus  fugi- 
tans  litium  cederet  Jinibus  vicino^  ut  vel  periculum  litis  vel 
impendia  vitaret!  d.  h.  also:  er  neunt  alles  sein  bis  an  die 
Stelle  wo  die  einst  den  berichtigten  und  festgestellten 
Grenzen  angesäte  Pappel  wie  ein  friedlicher  Grenzwart  und 
Warner  hingetreten  den  Zänkereien  des  Nachbars  auswich, 
d.  h.  ein  für  allemal  zu  erkennen  gab  dasz  sie  mit  Zänke- 
reien nichts  zu  thun  haben  muge.  Auch  das  ist  ein  Aoristus, 
aber  ein  anderer,  kein  gnomischer.  Und  Sache  und  Ausdruck 
ist  sehr  schõn  und  poetisch :  ^ielleicht  wird  man  meinen  zu 
poetisch  für  die  Stelle:  wortiber  sich  zweifeln  liesze.  Ich 
habe  einen  andem  Grund  es  nicht  für  das  Echte  zu  halten : 
nemlich  dasz  es  nicht  den  Gedanken  ausdrückt,  der  für  die 
Stelle  der  passende  scheint.  Was  sagt  der  Besitzer  des 
Ackers,   der  sein  Eigenthum   daran  betont?    Dieser  Acker 


CCIV  EPIST.   II,  2. 

gehört  mir  bis  wo  die  Pappel  die  sichere  Grenze  bezeiclinet^ 
die  mir  Niemaad  beanspruchen  und  nebmen  kann:  'wo  die 
den  bericbtigten  und  festgestellten  Grenzen  angesäte  Pappel 
die  querulirenden  Ansprticlic  ( —  Querelen-  nemlich  kõnnen 
es  immer  nur  sein;  das  bezeugt  die  Pappel  — )  zu  nicbte 
maebt:  refgtt:  was  Bentley,  obgleieh  es  geringere  Autorität 
hat,  vorzog  und  in  den  Text  nahm.  —  Heiszt  das  aber  re- 
Jigit?  Er  sagt:  ^Refiyere  iilem  hic  quod  resolvere:  ut  Nosier 
Serm,  II j  3,  v,  103  nii  ayit  exemplum  lUem  quod  Ute  resolvit? 
Dem  Sinne  nacb  dasselbe,  ob  der  Metapber  naeh  bleibe 
dahingestellt.  Was  hat  sich  aber  Bentley  wol  bei  rejigä 
Utes  gedacht?  An  blosze  Uebertragung  von  leges  refigere 
scheint  er  nicht  gedacht  zu  haben:  wol  mit  Reoht:  sondem 
ieh  meine:  eine  aufgehängte  Tafel,  auf  welcher  der  ange- 
meldete  Procesz  und  der  Termin  aufgeschrieben  ist  und  die 
augenblicklicb  wie  es  zur  Untersucbung  des  Richters  kommi 
abgenommen  wird,  weil  die  Klage  sich  gleich  ais  unzulässig 
erweist.  ^Rejigit  iurgiay  quae  quovls  tempore  inter  vicinos 
de  constituendis  Jinibus  exercitari  possint  (besser  a  vicinis  — 
exercitari).  Qorkels  refingit,  welches  Meineke  aufgenommen, 
ist  wol  ein  recht  schõner  Einfall :  vielleicht  sivgt  es  aber  etwas 
zu  wenig:  'es  setzt  ihnen  einen  Damm  entgegen,  bricht  ihre 
Macht.'  Ich  mochte  rejigit  noch  nicht  entfernen.  —  Ribbeck 
schlägt  noch  vor  refutat.  —  Etwas  schõner  ais  repgit  wäre 
noch  rejixit:  'bei  ihrer  Anpflanzung  ein  för  allemal  besei- 
tigt  hat.' 

V.  180 — 183.  Was  diese  Verse  hier  sollen  {gemmas  bis 
habere)  verstehe  ich  nicht  und  musz  sie  für  ungehörig  halten. 
Das  Folgende :  warum  überhaupt  die  Menschen  so  verschieden 
zum  Besitze  stehen,  dasz  selbst  von  zwei  Brüdern  der  eine 
nicht  fUr  alle  Reichthümer  ein  mUsziges  Schlaraffenleben 
hingeben  mõchtC;  der  andere  nie  reich  genug  sein  kann  und 
für  immer  gröszern  Reichthum  sich  abarbeitet,  weisz  der 
Genius.  Ich  werde  in  diesem  Punkte  mich  so  verhalten 
....  Dies  ich  vormisse  ich.  Ich  habe  es  eingesetzt  durch 
ein  ega^  welches  ich  V.  182  zwischen  tollam  und  nec  ein- 
geschoben. 


EPIST.   II,  2.  CCV 

V.  199  paupeHes  —  Eia  Einblick  in  die  Angabe  der 
Lesarten  lehrt,  dasz  sie  zurückgehen  auf  einen  Vers,  in  dem 
ein  Wort  ausgefallen  war,  nemlich  paiipei*ies  immunda  pro- 
cul  absit:  ego  ulrum,  dasz  dieser  Ausfall  nachher  ergänzt 
wurde  dureh  ein  an  den  Rand  geschriebenes  oder  ttberge- 
flchriebenes  dummes  domm,  welches  dann  theils  wohin  es 
sollte  vor  proovi,  theils  falsch  nacli  procui  geschrieben  ward. 
Ein  Codex  bietet  eine  Ergänzung  dureh  ein  zweites  procul: 
pauperies  immunda  procul  procul  absit:  unerträglich  unpassend 
för  die  Stelle:  wie  schon  mehrere  geurtheilt,  auch  Meineke, 
der  die  Lüeke  in  seinem  Texte  unausgefüUt  liesz  und  schrieb 
pauperies  immunda  .  .  .  procul  absit.  Bentley  hat  freilich 
procul  procul  in  seinen  Text  genommen.  Doeh  setzt  er 
hinzu :  poteris  etiam  sic  refingere :  pauperies  immunda  procul, 
precor,  absit.  Und  dies  ist  so  trefflieh  und  passend,  dasz 
man  keinen  Augenblick  hatte  Anstand  nehmen  sollen  es  ein- 
zusetzen. 

V.  205.  Horaz  hat  sich  selbst  verniahnt  und  verhört  von 
V.  145  an  mecum  loquor  haec  tacitusque  recordor.  Zuerst 
über  seine  Stellung  zum  Gelde.  Von  dem  Vorwurf  in  dieser 
Hinsicht  absolvirt  er  sich  hier  und  entläszt  sich:  non  es 
avarus:  abi.  Andere  Punkte  mit  ähnlicher  Ausftlhrlichkeit  zu 
behandeln  ist  er  nicht  in  der  Lanne  oder  in  dem  Fleisze. 
Auch  ist  der  Brief  für  einen  Brief  allerdings  lang  genug 
geworden.  Er  geht  also  eine  Reilie  anderer  Punkte,  von 
denen  man  sich  auch  zu  befreien  die  Pflicht  hat,  in  den 
fragenden  Versen  ganz  kurz  dureh.  Dies  ist  nun  ganz  gut 
und  verständlich  bis  213.  Aber  von  da  an  vir^ere  sl  recte  — 
«ind  die  vier  noch  U])rigen  Verse  schwierig.  Wovon  die 
Hauptschuld  eben  dieser  Vers  virere  si  recte  nescis  decede 
peritis  trägt.  Stände  doch  nur  da:  Svenn  du  nicht  nach 
den  Regeln  der  Vernunft,  der  Philosophie  zu  leben  verstehst, 
80  wende  dich  an  diejenigen,  die  es  verstehen,  d.  h.  leme 
es  dureh  eifriges  und  fortgesetztes  Studium  der  Philosophen. 
Und  es  ist  Zeit.  Ludicra  getrieben  —  Poesie  und  sonstige 
Lebensfreuden  hast  du  genug.  Es  ist  in  deinem  Alter  tiber- 
haupt  dazu  nicht  mehr  die  passende  Zeit.     Damit  nicht  es 


CCVI  EPIST.  U,   2. 

dir  ergelie,  wie  einein  Alten,  der  sich  seiner  Jahre  verges- 
Bend  beim  Gastmahl  übemimmt  und  von  der  Jugend  ge- 
hühnt  wird/ 

Der  hier  vorausgesetzte  Zwischengedauke :  'und  es  ist 
Zeit'  fehlt  gar  gut  dem  bezeichneten  knappen  Gange  des 
gaiizen  Schlusses.  Aber  nuu  steht  nieht  da:  'wenn  du  nicht 
richtig  zu  lebon  \'ersteh8t,  wende  dich  an  die,  welche  es 
verstehen/  sondem  'tritt  ihnen  den  Platz  ab\  leh  finde  bei 
Sclimidt  dies  alles  eingesehen  und  erklärt:  decede  wie  man 
einer  hohen  Persou,  einem  Consul,  aus  dem  Wege  tritt. 
Das  wäre  also:  huldige  denen,  die  es  verstehen,  bezeige 
ihnen  deine  Achtung,  Aber  das  ist  nicht  der  BegriflF,  den 
wir  brauehen,  so  salop  spricht  Horaz  nicht.  Wir  konuen 
nicht  das  decede  brauchen.  Ein  accedas  ad  wäre  was  wir 
brauclitcn.   Auch  concede  wäre  nicht  das  Kechte. 

Es  wird  also  wol  das  Gcrathenste  sein  das  vhere  st 
reete  nescis  decede  peritis  f(lr  eine  beigeschriebene,  und  zwar 
insipide  Sentenz  zu  nehmen  und  nach  Entfemung  dieses 
Verses  zu  verstehen:  Thust  du  das  und  das?  Und  —  denn 
was  hilfts  von  vielen  Dornen  eine  zu  entfemen  —  gethan 
musz  es  werden.  Die  Zeit  der  ludicra  ist  ja  jedenfalls  für 
dich  vorllber.  Das  letzte  gleich  mit  dem  genau  auch  für 
das  eigentlich  gemeinte  treifenden  lusisti  eingeführt  und 
gleich  hinübergeführt  in  den  Vergleich  des  bei  dem  Gelage 
seine  Zeit  vergessendcn  Alteu. 

Einige  Hcrausgeber  lassen  wirklich  mit  dem  vivere  si 
recte  nescis  decede  peritis  den  Horaz  sich  die  Vorschrift  geben: 
wenn  du  nicht  nach  den  Gesetzen  der  Vernunft  zu  leben 
verstehst,  so  nimm  dir  das  Leben.  Für  den  Horaz,  wäh- 
rend  er  sich  deutlich  selbst  anspricht,  sehr  komisch.  Selbst 
aber  für  den  strengen  Stoiker  wäre  doch  die  Kegel  diese :  nimm 
dir  das  Leben,  wenn  du  angemessen  leben  nicht  kannst, 
wenn  ümstände,  wenn  äuszerer  Zwang  dir  die  Freiheit  der 
Tugendübung  nehmen,  ^si  ultimae  necessitates  incideruni 
Sen.  Ep.  17,  9.  Ueberhaupt  es  wäre  nicht  absurd,  von  dem 
der  sich  unfähig  zeigt  den  Forderungen  der  Tugend  zu  ent- 
sprochen,  von    dem   also   ais  Heilmittel  die    schwerste  zu 


DE  ARTE  POETICA.  CCVII 

verlangen?  von  der  Seneca  erst  den  Beweis  zu  führen  ftir 
nõthig  hält,  es  sei  nicht  richtig  zu  glauben,  sie  kõnne  aur 
von  Cato  getlbt  werden,  Ep.  70,  19. 

Liber  de  arte  poetica.  (Epistiilarum  liber  111.) 

Art  und  Gang  des  Gedichts. 

'  Die  lose  epistolische  Manier,  welche  sich  Horaz  in  dem 
gpätem  Stadium  seiner  Schriftstellerei  bequem  und  ange- 
messen  fand,  wie  icli  darüber  meine  Anschauungen  zum 
ersten  Briefe  ausgesprochen,  befolgte  er  in  dieser  Ars  poetica 
noch  mit  besondenn  Bewusztsein. .  Denn  bei  diesen  Vor- 
schriften,  welche  einem  fest  zu  haltenden  wissenschaftlicben 
Thema  galten,  welche  schon  durch  ihren  Umfang,  wenn 
auch  nur  das  Nothwendigste  vorschwebte,  den  epistolischen 
Charakter  etwas  ändern  muszten  (denn  es  gilt  auch  von 
Kunstformen  was  ich  von  Physikem  horte:  die  Quantität 
ändert  die  Qualität)  suchte  er  nichts  mehr  zu  venneiden 
ais  den  Schein  eines  Gebiiudes,  eines  Lehrgebäudes.  Locker 
gefügte  Yoi*schriften  sollten  es  bleiben :  ausführlicher  zu  Be- 
rührendes  lieber  getrennt  erscheinen  lassend,  hier  und  da 
wieder  auftauchend,  ais  in  ein  zusammenhängendes  *Kapiter 
zusammengefaszt.  Die  einzelnen  Vorschriften,  in  gnomen- 
ähnlicher  *Selbständigkeit  hingestellt,  jo  nachdem  sie  sich 
ansprechender  beliandeln  lieszen  mit  mehr  oder  weniger 
Ausdehnung:  gewissermaszen  kleine  Eidyllien  für  sich. 
Keine  Partikeln  vermitteln  die  Uebergänge.  Ein  loser  ge- 
heimer,  psychologischer  Faden  ist  wol  vorhanden.  Aber  er 
will  nicht  gezerrt  sein:  sonst  reiszt  er.  Mir,  indem  ich  sei- 
ner Windung  leise  und  ohue  Gewaltsamkeit  nachging,  eut- 
schwand  er  nur  an  zwei  Stelleu.  Diese  will  ich  hier  so- 
gleich  bezeichnen.  Bei  V.  136  nec  sie  incipies  nt  scriptot 
cyclieus  olim:  und  so  habe  ich  diesc  Vei*se  bis  \b2primoNe 
medium^  medio  ne  discrepet  immn  hier  fortgenommen  und 
hinter  V.  37  gestellt,  wo  sie  vortrefflich  hinpassen.  Und 
zweit^ns  bei  V.  332  aut  prodesse  volunt  aut  delectare  poetae 
bis  346   Ä/e   meret  aera    liher  Sosiis,    hic  et  mare  transit  et 


CCVIII  DE  ARTE  POETICA. 

lonyum  noto  sct^iptori  prorogat  aevum.  leh  habe  ihnen  ihren 
passenden  Tlatz  hinter  V.  308  aiigewiesen. 

Die  Ars  poet/cn  entliält  theils  Vorschriften  tiber  Poeaie 
tiberbaupt,  theils  übcr  dramatiftche  Poesie  insbe^ondere. 
Aber  aueh  in  den  allgenieinen  Vorsehriften  tiber  Poesie  4»t 
eine  Neigung,  die  Beisi)iele  aus  dem  Drama  vorzugsweise 
zu  wählen.  Z.  B.  weiin  in  der  Signatur  verschiedener  in 
der  griechischen  Poesie  herkummlichen  Heroen-Charaktere 
(V.  120)  die  Beispicle  vorzugsweise  aus  der  griechischen 
Tragõdie  sind,  während  die  Schilderung  eben  so  wohl  gel- 
ten  soil,  wenn  jemand  sie  z.  B.  zum  Gegenstande  des  Epos 
macht.  Aber  freilich  hatte  das  Griechische  Epos  so  hen'or- 
stechend  und  glänzend  ausgebildete  Charaktere  nicht  aufzu- 
weisen,  mit  Ausnahmc  des  Homerischen,  dessen  Achillfes 
aueh  hier  gleich  an  die  Spitze  gcstellt  ist. 

Ferner  spaltete  sich  ihm  sein  Thema  wieder  in  so  feni 
ais  er  theils  objective  Vorschriften  ttber  Forderungen  der 
Poesie  zu  geben  hatte,  theils  Vorschriften,  Mahnungen,  War- 
nungcn,  und,  wenn's  triflft,  —  Hiebe  fftr  das  dichtende  Sub- 
ject  mit  besondcrer  Rlicksicht  auf  die  Romischen  Leute. 
Diese  letzte  Partie  nun,  wiewol  am  Schlusse  ihre  besondere 
Stätte  findend,  durchzieht  doch  das  ftanze  hier  und  dort. 
Im  groszen  ist  der  specifisch  dramatische  Theil,  wolcher  mit 
V.  153  beginnt,  eingeschlossen  von  dem  allgemefhen  Theil 
und  dem  subjectiven  Theil. 


Die  erste  aller  Forderungen  wie  an  ein  jedes  Kunst- 
werk  so  an  ein  poctischos:  es  musz  ein  einiges  und  ein 
Ganzes  sein  1 — 24.  Wenn  dagegcn  durch  Auswüchse,  durch 
aufdringliche  Hervorhebung  gar  nicht  hingehõriger  oder 
untergeordneter  Partien  so  häufig  gefehlt  wird,  was  ist  der 
Grund  dieses  Fehlers?  Der.Grund  dieses  Fehlers  wird 
kunstvoU  so  ausgedrttckt,  dasz  zugleich  eine  zweite  hftufige 
Schwachheit  der  Schriftstellerei  berührt  wird,  die  Uebertrei- 
bung  in  ciner  ganz  berochtigton  Richtung,  welche  Ueber- 
treibung  zum  Fehter  führt.  So  aueh  führt  die  Uebertreibuug 


DE  AKTE  POETICA.  CCIX 

in  dem  an  und  fttr  sicli  1)erechtigteii  Streben  nach  Abwecbs- 
lung  (Schcu  vor  der  Einfurmigkeit  zu  dem  genannten  Fehler 
des  Mangcls  aa  Eiübeit  durch  Äubringung  ungehuriger  Epi- 
soden.  24"— 32.  Allein  das  gefade  unterscbeidet  den  Kunst- 
ler  vom  geschickten  Handwerker,  der  einzelne  Theile  treff- 
lich  zu  bildeu  yerstebt^  aber  ein  Ganzes  herzustellen  nimmer. 
32 — 37.  Fttr  den  Anfetiig  deines  poetischen  Euüstwerks 
wirst  du  dieb  in  Acht  nebmen,  nicht  in  gespreiztem  "Jon 
zu  beginaen,  wo  du  dann  (was  sogar  läcberlich  berauskom- 
men  kann)  weder  die  erregten  Erwartungen  noeh  den  boben 
Ton  wiret  halten  können.  Sieb  wie  klug  und  musterbaft 
€8  aucb  hierin  Homer  macbt:  der  klein  anfängt  mid  dann 
allmäblicb  jene  b^annte  Menge  wunderbarer  Gescbicbten 
nuftaucben  läszt,  und  bei  dieser  groszcn  Mannichfaltigkeit 
zugleicb  das  berrlicbste  Muster  wird  für  die  Forderung  vou 
der  wir  ausgingeu,  das  StOrende  auszulassen  und  abzuweb- 
ren  und  ein  Ganzes  zu  scbaffen^  primum  ne  medh,  medmm 
ne  discrepet  imo.  V.  136 — 153  nacb  der  gewohnlicben 
Stellung:  docb  bierb^r  gebörend,  s.  S.  CCVII. 

Bei  so  scbwieriger  Aufgabe  sebe  jeder,  dasz  er  sicb  ein 
Tbema  wäble,  dem  seine  Kräfte  gewacbsen  sind.  Dann 
werden  sicb  ibm  zunäebst  zwei  elementare  Forderungen  be- 
friedigen,  der  Ausdruck  (wie  man  zu  sprecben  bat)  und 
durebsiebtige  Anordnung.  37 — 42.  Die  Ordnung  —  tiber  die 
sicb  im  allgemeinen  nicbt  viel  sagen  läszt  —  bestebt  in 
weiser  und  vorsicbtiger  Aussparung.  42—45.  Diese  vorsicb- 
tige  Entbaltsamkeit  ist  aucb  für  den  Ausdruck  eine  Haupt- 
regel.  Man  bat  nicbt  immer  gleicb  auf  neue  Worte  auszu- 
geben :  vielmebr  die  bekannten  Worte  macbe  man  gleicb- 
sam  neu  durcb  geistreicbe  Verbindung.  Allein  das  Becbt 
neue  Worte  zu  bilden  wo  es  nötbig  ist  um  neue  Begriffe 
auszudrücken  lasse  man  sicb  ja  nicbt  nebmen.  Und  sie 
werden  sieb  Eingang  verscbaflfen,  wenn  bei  ibrer  Bildung 
gewisse  Regeln  befolgt  sind.  —  Ton  und  Ausffibrlicbkeit  dieser 
P«artie  weist  dabin  dasz  Polemik  gegcn  eine  gewisse  Partei 
gefübrt  wird.  —  Aber  stets  bat  der  Spracbgebraucb  in  sei- 
nem  Bestande  Wecbsel   erfabren  und  er  ist  eben  so  wenig 

L«fan,  Uomtiiu.  0 


o(:x  VE  ämte  fcnehca. 

narõriieli  stbliesn  öcli  an  den  Ausdmek  dtf  VersouusL.  Fõr 
jede  GattaD^  der  P^^ene  i^  toid  Ur^mng:  her  Jbr  ^rag- 
Dete»  Versmaa  be«timint.*i  Xarb  wekLcm  sidi  marb  <T.  Sa6> 
der  Ton  zu  indiridiuüidren  kai.  ünd  öms  ist  90  ireseatiirk. 
da»,  wer  ds«  oieLt  kajuu  oler  nitht  lemen  wilL  den  Xjunen 
eines  DitLterfr  gtuix  mit  UnrecLt  f&iiFL  73— 9Ž.  Z.  B.  der 
tr^i^^be  und  kf»miiNcLe  T^n  yne  Terscliied^L  Frdfick  aadi 
er  wieder  za  individaalifiiren  l*is  aof  einen  gewisMn  Gmd, 
luu-Ii  den  Stimmnngen.  Da  wird  leidensehafrliclie  Eriiebnng 
iir*tbig  iil  der  EoniMlie.  HerabstimiDun^  znm  BOhrenden 
in  der  Trag^>die.  92 — 1*9.  Denn  kommt  mir  einer  in  ge- 
demötbi^r  Simation  mii  dem  ^roszen  tragisrben  PathoA, 
§0  wird  er  seinen  Zweck  zu  rühren  nkbt  erreieben.  Und 
d^icb  ist  aucb  daj^  eine  aofzu^ellende  Fordenmg  derPoesie. 

*(  IHes  —  denn  es  innl  aucb  inisrrerstaDdeo  —  ist  der  MSigemõae Ge- 
dinke.  iieu  Horaz  nicht  allgemeiiu  sondern  wie  er  oft  thut  dorch  lebendi^e 
Eiiizelbeiteii  aos^richt  lu  welchcm  Versinasz  die  bohea  efns^cheii  That^n 
zu  scLreiben  Beien  hat  Homer  gewiesen.  Das  elegische  Versmasz  tahm  sich 
erst  iOa^.  dann  Freude  zum  (i^ieenstande :  wer  es  zuerst  seviesen.  kaim 
irh  nicht  ^^eiL  dc^nn  darfibcr  sind  die  G^lehrten  mcht  einig.  Dea  Ar- 
cfailocLas  machte  der  Zom.  ah  er  oach  einer  Waffe  sachte.  zam  Er- 
inder  de«  ihm  eigentbomlicheD  lambos.  Ich  glaube  proprio  ist  prä- 
fnant:  Uun  eigentliQmlich  an»ebdreod.  sowol  weü  ihnbishff*  niemand  be- 
tasz  ak  weü  sein  lambi&cber  Yers  ein  eigenthümlicher  war.  Ben  lam- 
bos (wenii  aach  nicbt  in  der  Archilochischen  Eicrenthümlicbkeit  des 
Kaues)  nahmen  nacbbcr  anch  Tragõdie  und  Komõdie  an,  wefl  er  sich 
aucb  alfi  deu  geei^etcn  Vers  für  Dialo^  oad  Action  erwies.  Den  mefi- 
fcb^  Rhjrthmen  hat  es  die  Mnse  verliehen  zuihrem  Gi^genstande  zn  haben 
dies  und  dies  .  Das  alles  ist  so  gleichförmig,  docb  dabei  Ton  Mannicb- 
falti^eit  und  lebendigen  ZOgen  so  nmspielt.  so  ToDständig  und  so  lücken- 
haft,  so  redend  und  so  andcutend,  ais  zugleicb  dem  Zwecke,  der  einen 
allgemrnnen  Gedanken  durcb  Exemplification  anszusprecben  batte,  und 
der  Grazie  genügte.  —  Man  fragt^unter  auderem,  ob  denn  die  historischen 
Bemerkungr^n  hier  den  Pisonen  <besser  wol  dem  Publicnm.  das  sich 
Horaz  dachte.  denn  nicht  für  die  Pisonen  schrieb  er  die  Jrs  poetko) 
uubekaunt  gowesen.  Man  sagt  ja  aber  nicht  allein  Diuge,  wdche  den 
Lesern  unbekannt  sind,  sondern  man  dentet  auch  anf  bekannte,  zu  vcr- 
schiedenen  Zwccken.  Jedenfalls  sind  die  hier  vorkommenden  Bemer- 
knngcn  lange  nicht  so  bekannt  ais  etwa  SyUaha  Ivuga  brevi  subketa 
V(H:atur  iambus. 


DE  ARTE  POETICA.  CCXI 

dasz  sie  nicht  eine  kai  te  Scbõnheit  sei,  sondern  einschmei- 
chelnd.  Dazu  gehört,  dasz  jede  Rolle  selber  den  Ausdruck 
trage,  die  in  Worten  erscheinende  Stimmimg  des  innern 
Herzen8,  die  sie  bei  dem  Hörer  erregen  will.  Spricht  einer 
in  anderm  Ton  ais  seine  I^age  es  erheiscbt,  so  wird  er 
sich  bei  jedem  gebildeten  Zubörer  laoherlich  macben.  99 — 113. 
Denigemäsz  hat  auch  in  anderm  Ton  zu  gprecben  jede  Indi- 
vidualitÄt  nach  Stand,  Altcr,  Nationalität,  Charakter.  113 — 
1 25.  Und  folgst  dn  nun  der  Mytbe  oder  Gtesehichte,  so  hast 
du  die  bereits  gestalteten  und  ausgeprägten  Persönlichkeiten 
festziihalten.  Bringst  du  selbst  einon  neuen  Charakter  auf 
die  Bühne,  so  gieb  auch  diesem  ein  fibereinstimmendes  Ge- 
präge  von  Anfang  bis  zu  Ende.  120.  125—128.  Das  ist 
freilich  schon  deshalb  schwer,  weil  das  Individualisiren 
schwer  ist  [allerdings  der  allergewohnlichste  Fehler  der 
Dilettanten  und  m^iszig  begabten  Dichter:  sie  bilden  den 
Schemen  eines  Republikaners  z.  B.,  aber  die  bestimmte  Indi- 
vidualität  eines  Vemna,  eines  Robespierre,  eines  Washington, 
das  bringen  sie  nicht  zu  Stande].  Darum  ist  es  vielmehr  zu 
ratlien,  dasz  man  eine  bcreitÄ  geschaflfne  Figur  groszer  Dich- 
ter wieder  vorfühi-t.  128  —  131.  Und  es  wird  ein  allgemein 
bekannter  Stoflf  doch  ais  dein  Eigentlium  geltcn,  wenu  du 
nicht  den  wõrtlichen  Uebersetzer  noch  den  zu  eingeengten 
Nachahmer  machst.  131—136. 

Von  V.  153  an  wird  nun  ganz  speciell  auf  die  Fordemn- 
gen  des  Dramas  eingegangen.  Im  Vordergrundc  steht  dabei 
vorschwebend  die  Tragudie :  aber  es  ist  doch  das  Hauptsäch- 
liehste,  und  wird  es  auch  allgemein  genug  ausges])rochen, 
auch  fttr  das  Drama  tiberhaupt  geltend. 

1.  wird  gleichsam    die  elemcntarste  aller  Fordennigen 

aufgefQhrt  an  den,   der  sein  poetisches  Kunstwerk  aus  lauter 

gegenwärtig  auftretenden  Mcnschen  zu  bilden  hat,  gleichsam 

die  erste  nothwendige  Formirung   dieses  Materials  zu  dem 

was  ein  jeder  an  sich    tragt,  ja  eben  im  Dnima   schon  in 

äuszerer   Erscheinung    vor    sich    herträgt,    ein    bestimmtes 

Lebensalter.  Bis  179. 

Es  ist  gewis,  dasz  Horaz  diese  Schilderung  der  Lebens- 

•  02 


CCXIl  DE  ABTE   POETICA. 

nlter  absichtlicL  abgetrennt  hat  von  der  Pai-tie  114 — 125, 
wohin  sic  iiach  eineV  Kapiteldisposition  schon  gehõren  würde. 
Nach  welcliera  Gedanken  er  sie  immer  noch  abtrennen 
k  onu  te  und  hier  au  dio  Spitze  setzen,  habe  icb  gesagt. 
Warum  er  es  liebor  tbun  mochte?  Theils  um  hier  einen  httb- 
gcheu  Anfang  zu  gewiunen  über  die  Personen  des  Dramas, 
ehe  auf  die  Handhuig;  die  Dispositiou  u.  g.  w.  eingegangen 
wird,  theils  weil  er  diesem  abgesclilossenen  und  con  amore 
gezeichneten  Bildcheu  einen  Platz  für  sich  und  einen  herror- 
gtehenden  Platz  gewäliren  wollte.  —  Hier  wttrde  mir  die 
Frage  nicht  unberechtigt  seheinen,  warum  er  nicht  noch  die 
Lebensalter  der  Frauen  berührt^  die  Alte,  die  Matrone,  das 
Mädchen.  Die  Antwort  kann  nur  die  sein,  dasz  wir  auch 
daraus  zu  lenieu  habeu,  iu  welcher  Art  überhaupt  Horaz 
die  Ars  poetica  gchrieb  und  schreiben  wollte. 

2.  Richtige  Wahl  in  dem  was  zu  erzählen  ist  oder  vor 
den  Augen  des  Zusohauerg  agirt  werden  darf.  179—189. 

3.  Nicht  zu  kurz  und  nicht  zu  lang:  die  herkOmmlichen 
fünf  Acte.  189.  190. 

4.  Die  Lõsung  nicht  durch  einen  deus  ea:  machtna^  wenn 
nicht  eine  besondere  Rechtfertigung  daftir  vorhanden  ist  191, 

5.'  Der  Dialog  zwischen  drei  Schauspielem  gehalteu, 
nicht  eine  vierte  Person,  die  sich  immer  in  den  durch  drei 
abgerundeten  Dialog  nur  einzudrängen  haben  wird.  192. 

6.  Behandlung  des  Chors.  Seine  Aufgabe.  Und  beson- 
ders  auch  ErfUllung  der  Aufgabe  Lehren  und  Ermahnungen 
auszuBprechen.  Denn  (202  — )  es  hat  sich  eben  die  Tragõdie 
von  kleinen  Anfängen  allmählich  —  und  dies  kommt 
ganz  besonders  in  dem  Chor  zur  Erscheinung  —  zu 
einer  Erhabenheit  und  orakelartigen  Hõhe  emporgebildet 
192—220. 

7.  Diese  Erhabenheitsgesetze  würden  freilich  wenig 
passen  für  das  Drama  des  SatjrspielS;  welches  mit  der 
Tragõdie  eutstand,  welches  die  Götter  und  Heroen  der  Tra- 
gõdie auch  aufführt,  aber,  wie  sie  diese  doch  in  ein  anderee 
Element  ffthrt,  andere  Gesetze  ais  die  Tragõdie  hat,  —  sie 


DE  ABTE  POETICA.  CCXIII 

werden  angegeben,  —  welche  Bchwer  gemig  zu  erreichen 
gind,  schwerer  ais  es  dem  Unkundigen  erscheint,  um  da» 
Rechte  zu  treffen  in  jeuer  Mittelfarbe  zwischen  Heroenthum 
und  gewõhnlichcm,  ja  komiscliem  Leben.  220 — 250.  — 

8,  Kunstmäszige  Behandlung  des  vorzugsweise  drama- 
tischen  Verses,  des  iambischen  Trimeters.  Worin  die  Homer 
ÄO  schrecklich  von  der  Griechischeu  VoUkommenheit  abge- 
wichen  sind.  Freilieh  unsere  Vorfahren  haben  sich  auch 
die  Plautinischen  Verse  gefallen  lasseu.  Doch  ihnen  ge- 
fielen  ja  auch  die  Plautinischen  Witze^  beides  mit  demselben 
Mangel  an  Geschmack.  Und  unsere  Dichter  sind  mit  sol- 
ehen  Maszstäben  nur  zu  leicht  zufriedeu.  Denn  während 
man  es  bei  den  romischen  Dichtern  loben  musZ;  dasz  sia 
den  Muth  hatten,  die  draroatischen  Eunstgattungen  wie  sie 
von  den  erfindungsreichen  Griechen  erfunden  und  ausge- 
bildet  waren  in  Tragõdie  bis  zur  neuen  Komödie  (275 — 284), 
nachzubilden ,  ja  auch  durch  Anwendung  vaterländiseher 
StoflFe  originell  zu  enveitern,  fehlt  —  Arbeit  und  Feile.  Ja 
sie  meinen  das  durch  verrückte  äuszerliche  Genialitäten  er- 
setzen  zu  kõnnen:  in  die  einsamen  Wälder  laufen,  langen 
Bart  stehen  lassen.  Ach  ich  verkehrter  Mensch !  was  konnte 
ich  für  ein  Dichter  sein,  wenn  ich  nicht  die  Gewohnheit 
hatte,  gegen  die  Melancholie  ärztliche  Vorbeugung  zu  tref- 
fen. Nun  was  zu  thun!  Da  musz  ich  mich  denn  darauf 
beschränken  das  eigne  Poetisiren  aufzugeben  und  nur  den 
Anweiser  zu  machen.  Bis  309.  Auf  diese  liebenswtirdige  Art 
hat  er  sich  den  Uebergang  bereitet  wieder  in  den  Vorschriften 
fortfahren  zu  kõnnen.  FUr  den  neuen  Ansatz  paszt  es  sehr 
wolil,  wenn  die  Vorschriften,  es  sind  noch  zwei,  wieder 
einen  etwas  allgemciuern  Gharakter  annehmen,  wiewol  auch 
wieder  vorzugsweise  Riicksicht  und  Anwendung  aufs  Drama 
siehtbar  wird. 

9.  (A)  aut  prodesse  volunt  aut  delectare  poetae  —  ent- 
weder  nützen  wollen  die  Dichter  oder  unterhalten  —  wer 
beides  zu  verbinden  versteht  ist  des  allgemeinen  Beifalls 
am  siehersten.  Yorschrift  für  das  Lehrhafte  (V.  335.  336  sind 
wie  ein  Mõtte,  das  sich  Horaz  selbst  für  seine  Ars  poelica 


CCXIV  DE  ABTE  POETICA. 

vor^esehrieYiea  hitte  — k  f&r  das  naf  Unterlialtimg  und  Ver- 
gnügnu'^  Bereelmete.  333 — ^347  nach  gewiTihnlicber  Zfthlung.^) 
10.  <B»  F&r  alle  Schriftstellerei.  die  geiingen  soil,  iit 
lUit  Erste  das  der  Schrift^teller  sieh  mit  Stoff  bereieliere, 
woraus  dann  der  Ausdraek  (was  man  die  Pereonen  hat 
askgen  zu  lassen)  wie  von  ^elbst  folgen  winL  Stoff  sehafil 
man  sich  durch  moralUek  pliiIi>8ophi8che  Studien,  wie  sie 
in  den  aus  Sokrates  hervoi^^rangenen  philosophisclien 
Sekriften  zu  iinden.  310—317.  Dann  dureh  Beobaebtung 
des  Lebens  selbst.  Seheu  wir  ja  wie  dag  aller  Kunst  und 
Kuni^tsckõnheit  entbehrende  Volksdrama  das  Publicum  fes- 
»elt  blos  dureh  Lebenswahrheit  in  der  Sittenschildening 
Ibme  mõrata  I.  309—323.  Aber,  wie  gesagt,  bei  ung  igt  der 
wahre  Ernst  für  die  Kuust,  ganz  anders  ais  bei  den  musen- 
begabten  Griechen,  niedergehalten  dureh  die  Riehtung 
auf  Gewinn  bringende  Beschäftigung,  die  sohon  in  der 
Jugenderziehung  sich  geltend  macht.  Bei  soleher  Richtung 
gollcii  wir  envarten  vollkommene  Dichtungen  zu  sehaffen? 
323 — 333.  Dabei  will  ieh  aber  nieht;  dasz  man  kleine  und 
hiu  und  wieder  vorkommende  Versehen  zu  streng  anrechne; 
dergleichen  begegnen  bisweilen  den  grõszten  Dichtem  347— 
362.  Al>er  Regel  bleibt  die  VoUkommenheit:  und  wie  es 
Bilder  giebt,  die  unter  gewisser  Beleuchtung  und  Entfemung 
gefallen,  solehe  die  man  einmal  wol  gem  sieht,  and^-e  die 
man  immer  und  immer  wieder  mit  Beifall  sieht^  die  kein 
noch  Bo  kritisches  Auge  zu  scheucn  haben,  so  musz  die 
Poesie  nach  der  letzten  Art  streben,  welehe  das  VoUkom- 
menste  repräsentirt.  Denu  in  der  Poesie  ist  Mittelmäszig- 
kcit  vor  Güttern  und  Meuselien  unerlaubt.  Wie  verbreitet 
auch  bei  unsern  Dickterdilettanteu  die  Ansicht  ist,  diehten 
mUsse  ihnen  doch  erlaubt  sein  ohue  sich  dabei  das  Leben 
zu  sauer  zu  machen  mit  viel  Anstrengung  und  Unterwerfung 
unter  das  Urtheil  eines  strengen  und  unparteiischen  Censors. 


*)  V.  309  scribendi  -  ff.  schlicszt  sich  zwar  an  808  auch  ganzgat 
An,  allcin  333  aut  prodesse  —  sehr  schwierig  an  332  posse  ÜHenda. 
l>ic  vorgonommene  Umstellung  der  beiden  Vorschriften  hebt  dies. 


DE  ABTE  POETICA.  CCXV 

Die  Karikatur  dieser  Ansichten  wird  bis  zum  Sehlusz  con 
amore  und  in  der  besten  Uorazischen  Satirenmanier  aus- 
gefübrt. 

Fehlende  Verse. 

Es  bat  mir  an  ein  Paar  Stellen  nõtbig  gescbienen,  den 
Ausfall  eines  Verses  anzunebmen.  V.  31  will  nicht  der 
faber  imus^  aber  aucb  der  faber  unus  nicht  seine  Schuldig- 
keit  tbun.  Mir  scheint  binter  33  {exprimet)  —  ein  Vers 
ausgefallen,  und  faber  unus  zu  beiszen :  bei  dem  ludus  Aemi- 
Ihis  wird  ei n  faber  Nägel  und  Haare  vorztiglich  bilden,  ein 
andrer  (das  besagte  der  ausgefallene  Yers  niit  einem  alius 
oder  üle)  diese  oder  jene  Tbeile. 

Femer  bei  der  Regel  tiber  Bildung  neuer  Wörter  beiszt 
es  V.  52  et  nõva  fictaque  nuper  habebunt  verba  Jldem  si 
graeco  fonte  cadant  parce  detorta.  Sollte  diese  eine  Vor- 
scbrift  alles  sein?  Icb  denke  es  feblt  binter  52  ein  Vers, 
welcher  dann  ebenfalls  scbloss  mit  si^  ^aut  s€  graeco  f  c. 

Nach  V.  60  ut  silvae  foliis  pronos  mutantur  m  annos 
scbeint  ein  Vers  ausgefallen.    S.  daselbst  unter 'Lesarten*. 

Umgestellte  Verse. 

Von  der  Umstellung  zweier  längern  Stellen  habe  icb 
oben  gesprochen. 

Dann  habe  ich  den  Vers  364  iudicis  argutum  quae  non 

fonnidat  acumen  binter  365  gestellt.    Nicht  ganz  durchaus 

nothwendig.    Ich  glaube  aber,   dasz  wer  es  Uberlegen  will 

es  doch  sebr  wahrscbeinlich  und  ansprechend  finden  wird. 

Unechte  Verse. 

Für  unecht  habe  ich  gehalten :  V.  45  hoc  amet  hoc  sper- 
nat  promissi  carminis  auctor,  den  Bentley  meinte  durch  Ver- 
setzung  binter  46  pleraque  —  rettcn  zu  konnen.  Er  stOrt 
und  (las  promissi  carminis  auctor  will  keine  ordentliche  Er- 
klärung  gestatten.  Mit  Ribbeck,  der  ihu  nach  einem  Vor- 
gänger  gleichfalls  für  unecht  hält,  stimme  ich  aucb  darin 
aberein    dasz  er  wie  eine  Inhaltsangabe    eben  so    aussebe 


CCXVI  DE  ABTE  POETICA. 

wie  auch  der  V.  92  singula  quaeque  locum  teneani  sortiia 
decentem,  (Uebrigens  ist  mir  fttr  das  promissum  carmen  ein- 
gefalleu,  ob  iler  Verfasser  des  Verses  niclit  den  groszen  pro- 
missor  aus  V.  13S  hat  ausdrllcken  woUen:  den  er,  nacli 
meincr  Anordmmg,  kiirz  vorher  vor  sich  gehabt  hatte.) 
Fttr  eiugesclioben  habe  ich  ferner  gehalteii  die  Veree  l.'^2 
(non  ctrca  vihm  patulumqtw  moraberis  orbem)  und  1 35  {unde 
pede/n  pvoferre  pudor  retet  aut  operis  lex) ;  denn  ich  kann  sie 
nicht  verstehen.  Was  thut  es  dcnn  zur  Sache,  ob  die  Sphäre, 
aus  der  er  scinen  StoflF  nimmt,  eine  sebr  bekanntc  ist?  Niehts 
kann  bekannter  sein  ais  die  Trojanisehen  Geschichten  und 
Aehill,  die  wahrlich  nicht  verboten  werden  (V.  120).  Und 
wenn  sich  einer  in  eine  zu  enge  Naehahmung  eingepfercht 
hat,  warum  soil  ihm  denn  sich  da  hinaus  zu  befreien  ver- 
bieten  die  Scham?  'Die  Ungeschicklichkeif  sollte  ich  meinen. 

175 — 177.  Die  kommenden  Jahre  bringen  viele  Vor- 
theile  mit  sich,  die  weichenden  nehmen  viele  —  Was  kommt 
es  denn  hier  auf  die  Vortheile  an?  Auf  die  'Eigenthömlich- 
keiten  sollte  ich  meinen:  wo  dann  auch  erst  das  ne  forte 
seniles  u.  s.  w.  sich  logiseb  anschlõsse.  Also  kann  ich  in 
diesen  Versen  nur  eiuc  Einschiebung  sehen,  die  einer  ge- 
macht  hat  zu  der  Schilderung  des  Alten,  der  die  früheren 
Jahre  lobt.    Es  wird  ihm  darin  Unrecht  gegeben. 

337  omne  supenmcuum  pleno  de  pecfore  manat,  wie  sich 
von  selbst  versteht.  Den  Nach\yei8,  den  Bentley  zur  Un- 
echtheit  fUhrt,  ist  der  Vcrs  selbst  nicht  werth.  Aber  Bent- 
leys  Anmerkung  ist  gclesen  zu  werden  schon  werth. 

467  invitum  qui  sef*vat  idem  facit  ffcc/rfcw/i' ^Entbehrlich, 
trocken  und  durch  seine  Ichrhafte  AUgcmeinheit  aus  dem 
Tone  fallend  erscheint  mir  auch  V.467.  Auch  metrisch  gehört 
er  zu  den  schlechtesten  [wcnigstens  anstõszigen  in  seinem  die 
sonstigen  Grtlndo  fUr  Unechtheit  untersttttzenden  Bau]  durch 
den  viersilbigen  Schlusz  occidcnU\  den  einzigen  seiner  Art 
in  Episteln  und  Satiren  (vgl.  Anton  Viertel  de  versibus  poe- 
tarutn  Latinoruin  spondiads  in  Flcckeisen'»  Jahrbllchem 
1862  S.  801  flf.y  Ribbeck. 

212.  3  indoctus  quid  enim  saperet  liberqur  Inborum  msii- 


DB  AETE  POETICA.  CCXVII 

ms  urbano  confustts^  lurpts  honesto?  Dasz  diese  Verse  den 
Gang  stõren  und  Ungehõrigkeiten  enthalten  wird  wol  nicht 
geleugnet  werden  kõnnen.  Und  kann  man  den  Grttnden, 
wie  man  sie  bei  Ribbeek  findet,  der  sich  nach  Paldamus 
und  Hammerstein  auch  dafttr  cntscheidet,  wol  nur  bei- 
Btimmen. 

277  Bentley  nahm  Anstosz  daran  dasz  Thespis  seine 
poemata  auf  dem  Wagen  gefahren,  qmw  canerent  ngerontque 
peruncti  faedbus  ora.  Habe  er  denn  gegchriebene  Tragõdien 
mit  sicb  gebracht,  der  doch  nichts  geschrieben,  und  hätten 
die  Schauspieler  aus  den  geschriebenen  Btichern  recitirt? 
Daher  schrieb  er  (pii  canerent  — ,  dio  Schauspieler,  welche 
seine  Dramen  singen  und  agiren  sollten,  habe  er  mit  sich 
geführt  auf  dem  Wagen.  —  Aber  welche  Schauspieler  denn  ? 
Thespis  war  ja  sein  eigener  Schauspieler  und  nach  der 
tiberwiegcnden  Vorstellung  sein  einziger,  da  erst  Aeschylus 
den  zweiten  hinzuftigte.  Also  wie  sollen  wir  annehmen 
dürfen,  Horaz  habe  gesagt,  Thespis  führte  Schauspieler 
herum,  welche  seine  Tragõdien  auiführen  sollten:  er,  blos 
ais  Dichtcr,  habe  henimgeftthrt  andere  Leute  ais  Schau- 
spieler? IJein:  er  war  Dichter  uud  Schauspieler  und  ftthrte 
seine  in  seinem  Kopfe  befindlichen  tragischen  Gcdichte  auf 
einem  Wagen  fahrend  von  einem  Dorfe  zura  andem,  wo 
Dionysische  Chöre  waren,  und  sich  mit  diesen  Chören  in 
eine  Wechselverbindung  setzend  trat  er  zwischen  ihren  Ge- 
sängen  auf,  irgend  eine  mythische  Peraon  darstellend,  auf 
seinem  fahrbarcn  GerUste,  das  ais  erhõhte  Btthne  diente. 
Wie  Aristoteles  nach  Themistius  Or.  XXVI  p.  316  ii^eudwo 
gesagt  hatte:  oti  to  iikv  7rQiüxov  o  x^Q^S  tiaiiüv  fjdev  eig 
toig  S^eovg,  Qiajtig  öi  jiqohtyov  tl  xcu  Qpjaiv  i^evQCv,  Für 
jene  fahrenden  Gerüste  bietct  die  Theatergeschiehte  Paral- 
lelen.  Folgende  Stellen  aus  Collicr  history  of  EmjUsh  dra- 
matic  poetnf  p.  151  llber  die  miracle  plai/s  will  ich  her. 
setzen:  tkey  were  acted  on  temporury  orections  of  tiinber, 
indifferently  called  scaffoldsj  stages  and  pageanls:  and  tkere 
is  no  doubt  that  in  some  instances  they  were  piaced  upon 
whoeis  in  ordre  that  they  rnight  be  removed  to  various  parts 


CCXVIII  DE  ABTE  POETICA. 

of  large  towns  or  dties  and  the  play$  exhibited  in  suceessian. 
Und  ais  Name  dieses  Fahrzeuges  findet  sich  auch  corriage. 
Das  ist  naturgemäsz  aucli  für  Tliespis,  —  und  noch  etwas 
anderes.  Im  Hintcrgrimde  dieses  seines  Mõblewagens  be- 
fand  sich  ohne  Zwcifel  ein  Vorhang  oder  Zelt  (axfjvij)  von 
wo  er  hervortrat,  wohin  er  abtrat,  wo  er  sich  ankleidete 
und  umkleidete,  wenn,  wie  Thespis  gewisz  auch  schon  that, 
er,  ein  Schauspieler,  nach  einander  in  mehreren  Episoden 
wieder  eintrat,  ais  eine  andere  Person  sein  Sujet  fortsetzend, 
wodurch  schon  eine  gar  gute  Tragudie  durchgeftthrt  werden 
konnte.  Der  stehend  gebliebene  Ausdruck  axtjvi]  für  die 
Hinterwand  der  Bühne  legt  dafftr  lebendiges  2ieugnis  ah. 
Wiewol  uns  kommt  es  hier  allerdings  nicht  sowol  darauf 
an,  was  die  Wahrheit  der  Sache  gewesen,  sondem  was 
Horaz  sich,  natllrlich  nach  einer  Griochischen  Quelle,  vor- 
stellte.  Nur  das  mtlsseu  wir  annehmen  dasz  Horaz  mit  einer 
bestimmten  Vorstellung  geschrieben.  Wir  können  aber  eben 
nicht  glau])en,  dasz  er  sich  etwas  anderes  vorstellte  ais  das 
Obige,  was  auch  dicitur  plausiris  vexisse  poemata  deutlich 
besagt.  Aber  mit  dem  quae  canercnt  agerentque  pentncti 
faecibus  ora  bleibon  wir  in  Verlegenheit.  Welche  warcn 
diejenigen,  welche  sie  auflführen  sollten?  Und  —  auflftthren 
peruncti  faecibus  ora.  Man  sehe  sich  die  Stellen  an,  wo  vom 
Beschmieren  des  Gesichtes  mit  Ilefen  gesprochen  wird:  sie 
sprechen  von  dem  Ursprung  der  Komu  die,  ffigen  wol 
hinzu,  es  sei  dies  geschehen  mu  sich  unkenntlich  zu  machen, 
weil  man  spottete:  auch  wol  es  sei  eben  so  bei  sonstigen 
Gelegenheiten  geschehen,  wo  man  arp  aua^rjg  spottete. 
Ja  von  Thespis  selbst,  ais  Tragödienerfinder,  wurde  aus- 
drttcklich  gefunden  er  habe  sich  das  Gesicht  mit  einer 
S-chminke  bestrichen  (Suid.  &ia7tig),  Horaz  kann  keine 
Verwirrung  machen:  er  nennt  das  Spiel  des  Thespis  ganz 
deutlich  Tragödie,  der  erst  die  Komõdie,  >vie  er  baid 
sagt,  folgte.  Und,  wie  gesagt,  Hefenbestreichen  haben  dio 
alten  Dramengeschichten  für  dio  Komödie  berichtet.  Dazu 
kommt  noch  einmal:  wer  waren  die,  welche  die  tragischen 
Gcdichte  des  Thespis,   welche  er  auf  dem  Wagen  gefaliren 


DE  ARTE  POETICA,  CCXIX 

brachte,  siiigen  und  agiren  sollten?  —  Nach  alle  dem  kann 
ich  nicht  umhin  den  Vers  quae  canererU  agerentque  perimcti 
faecibtis  ora  ais  einen  Zusatz  anzusehen  von  eineni^  der  in 
jenen  Ursprüngen  des  Theaters  unklare  Verwirrung  im 
Kopfe  hatte  und  der  vielleicht  meinte,  das  zunächst  Folgende, 
dasz  Aeschylus  die  Maske  erfunden,  ergänzen  zu  müssen 
mit  dem,  was  vorher  die  Stelle  der  Maske  vertreten,  wobei 
er  Confusion  machte. 

Lesarten. 

V.  2  ist  die  Ueberlieferung  plumas  unerträglich.  Bentley 
hat  es  mehr  ais  nõthig  nachgewiesen.  Ich  habe  ^tinformas 
aufgenommen,  habe  aber  anders  interpungirt  ais  er.  Er 
interpungirt  hinter  membriSy  das  er  ftir  Dativ  nimmt.  Ich 
halte  es  für  Ablativ. 

V.  59  mit  Bentley  procudere  nummum  für  producere 
(dies  soUen  auch  Handschriften  haben)  nomen.  Auch  Ribbeck 
hat  dies  aufgenommen. 

V.  60  Ueberlieferung  ut  silvae  foUis  pronos  mutanhir  in 
annosi  prima  cadunt:  ila  verborum  veius  interit  aetas.  Bent- 
ley verbesserte  bekanntlich  ut  sihis  folia  privos  mutantur  in 
annos.  Dasz  er  mit  dieser  Verlängerung  des  folia  vor  privos 
etwas  wagte,  was  im  Horaz  ohne  Beispiel  ist,  wuszte  er. 
Er  sagt  es  deutlich.  Und  wenn  es  Meineke  deshalb  dubi- 
tobile  nannte  (S.  XLI),  so  kann  ich  es  überhaupt  nicht  fttr 
richtig  halten.  Dasz  aber  für  privos  *die  von  Bentley  bei- 
gebrachten  Beispiele  aus  Lucrez  V,  274,  733  schlagend 
sind'  darin  stimme  ich  mit  Ribbeck  überein.  Es  ist  auch 
nicht  das  einzige,  was  Horaz  gerade  aus  Lucrez  genommen. 
Ich  sehe  bei  Ribbeck  auch  den  Gedanken  von  einem  et- 
waigen  'Ausfall  yon  zwei  Hemistichien ,  welche  das  Bild 
von  der  Emeueruug  des  Waldes  weiter  führen .  Auch  ich 
habe  an  einen  Ausfall  gedacht,  aber  anders:  ungefähr  so: 
ut  silvae  foliis  privos  mutantur  in  annos^  ut  nõva  succrescunt 
norus  et  decor  enitet  illis j  prima  cadunt:  ita  — 

V.  65.  Ueberlieferung  retjis  opus  sterilisque  diu  palus 
aptaque  remis.  Es  ist  oben  ( Uber  die  Vei*schleifung  S.  XXI)  bereits 
aufmerksam  gemacht,  dasz  Meinekes  r^^iVm  opusmArspoetica 


CCXX  DE  ARTE  POSTIGA. 

und  Briefen  keine  Parallelc  faaben  würde.    Es  wäre  also 
flber  das  sterilisque  diu  palus  zu  sprecfaen. 

Warum  muszte  es  doch  gcscfaeken  dasz  trcfiliche  Mftn. 
ner  sicli  dabei  deii  gröszestcn  Unglaublichkeiten  zuwendetcn. 
blos  wegen  dcr  faulen  Tradition!  Da  sollte  Horaz  aus  den 
Abnonnitäten  der  alten  Komodie  Bich  plõtzlich  einmal  in 
den  Hexameter,  in  seinen  Hexameter  ein  dii  palus  hergeliolt 
haben.  Iloraz,  Mer  mit  der  Altlatinität  auf  einem  so  ent- 
gchieden  gespannten  Fiisz  stehf ,  was  ich  schon  frllher  zu 
betonen  VeranlaBsung  hatte  (Rliein.  Mus.  1867,  jetzt  oben 
zu  Od.  III,  5):  —  der  mit  seinem  Griechisch  gebildeten 
Gesclimack  und  Ohr  gegen  diese  alten  Geschmacklosigkeiten» 
denn  ais  solelie  erschienen  sie  ihm  —  so  entsclüeden  Stel- 
lung  nahm !  —  der  iu  dieser  Ars  poetica  selbst  seine  Unge- 
duld  tiber  die  Plautinos  numeros  ausspricbt!  —  Oder  man 
woHte  die  Worte  umstellend  lesen  sterilisque  palus  diu  aptaque 
remis,  Was  doch  unserm  in  elassischer  Hexameterlectöre 
geübten  Gefühl  eben  so  grosze  Verwunderung  erregen  darf, 
warum  doch  Horaz  mit  einemmal  und  einmal  und  in  einem 
trivialen  diu  den  Hiatus  zugelassen.  Dasz  die  Beispiele, 
welehe  Meineke  wenigstens  damals  anffthrte,  Esquilinae 
alitcs  aus  lamben  und  zur  absichtlichen  Malerei  (s.  oben  in 
der  Abhandlung  über  die  Verschleifung),  jene  bekannten 
einsilbigen  si  me  amas  inquitj  cocto  num  adest  honor  idem,  von 
den  iambischen  Wörtern,  die  eigentlich  zu  diu  allein  verglichen 
werden  dürfen,  und  zwar  die  iambischen  in  Senkung,  die 
Eeho^s  vale  vale  inquitj  Ht/la  Ilyla  omne,  —  dasz  alle  diese 
Beispiele  unser  diu  nicht  rechtfertigen,  das  ist  unzweifelhaft* 
Und  will  man  selbst  die  ganze  Sphäre  der  immer  wenigen 
Hiatus  in  der  dassischen  Hexameter litteratur  durchgehen, 
wie  sie  jetzt  nach  der  schõnen  Anmerkung  Bentleys  zu  Od. 
III,  14,  11  —  der  ge\visz  mehr  beobachtet  hatte,  alg  er 
ausspricbt,  z.  B.  das  Vorlierrschen  Griechischer  Worter  — 
zu  finden  sind  bei  Lachmann  im  Programm  über  die  Heroiden 
und  zum  Lucrez,  bei  Corssen  und  anderwärts,  so  wird  man 
sich  urn  so  mehr  von  der  Unglaublichkeit  des  Horazisehen 
diu  überzeugen.  Das  einzige  bei  Lachmann  entgegentretende 


DE  ARTE  POETICA.  CCXXI 

Beispiel  (zu  Lucret.  S.  196),  welches  man  ähnlich  nennen 
kõnnte,  dum  domo  ipse  egeat  Catull.  114,  14,  ist  eine  Ver- 
muthung  von  ihm  statt  dummodo,  eine  Vermuthung,  zu  wel- 
cher  wenigstens  iii  Laclimanns  soustigeu  Beispielen  keine 
Berechtigung  liegt.  Und  jedenfalls  wissen  wir  doch  heiit  zu 
Tage  genug  von  diesen  Dingen,  um  Catullische  Verse  niclit 
etwa  zur  Norm  für  Horazische  machen  zu  woUen.  —  Beut- 
ley,  der  palus  diu  stiUschweigend  abwies,  hat  sein  palus 
prius  ais  spraehlich  treffend  auf  das  scliouste  naehgewieaen. 
lell  denke  wirklick,  es  ist  jedenfalls  Zeit,  dasz  wir  diu  palus 
und  palus  diu  aus  unsern  Horazen  eutfernen,  überzeugt  dasz 
es  einfacli  Schnitzer  siud. 

Es  folgen  nun,  um  von  dem  adjlent  V.  105  nicht  zu 
reden,  welcUes  Bentley  bei  einem  Grammatiker  wenigstens 
aiso  eitirt  fand  und  das  ohne  dies  vöilig  eben  so  sicher 
wäre  für  adsunt,  adsint,  adjlantj  aueli  ohne  jede  antike  6e- 
wälir,  es  folgen  Bentleys  eben  so  scliune  ais  sichere  Les- 
arten  equitesque  pntresgue  V.  114  flir  equites  peditesque] 
Homereum  —  Achillem  V.  120  fttr  honoratum]  spe  lentus, 
iners  pavidusque  futuri  V.  172  für  longus  und  avidus.  In 
V.  441  ist  jedenfalls  male  formatos  versus  eine  so  alte  Les- 
art,  male  tomatos  imnier  noch  so  bedenklich,  dasz  jenes 
sieherer  sehien.  In  alle  dem  stimme  ich,  wie  ich  sehe,  mit 
Bibbeek  überein. 


Die  sogenannten  Ovidischen  Heroiden,*) 

(Excurs  zu  0(1.  UI,  11) 

Zur  Vergleichung:  eiiier  groszen  und  frtlh  gettbten  naoh- 
ahmerischen  Dichterthätigkeit  sind  die  sogenannten  0^•idi- 
sohen  Heroiden  selir   geeignet.    Die  ErRcheinnngen  welehe 
sie  bieten    sind  sehr  merkwürdig  und  für  Textgeschichten 
lehrreieh.    Von  Lachnianns  Bemerkungen  über  die  Heroiden 
(Berliner  Programm  1848)  haben  sich  mehrere  in  ihrer  be- 
weisendon  Kraft  für  die    betreffenden  von  ihm  für    iinecht 
erklilrten  Episteln  nicht  zwingend,    einigo  nicht  haltbar  er- 
wiesen.     Zu  IX,  1 33  (Deianira)  Eurytidos  lofps  atque  insani 
Afrifiae,  wo  Lachmann   vor  solehem  Hiatus  im  Spondiacus 
fUr  Ovidius  einen    vorausgehenden   Dactjius  verlangt,   hat 
Merkel  die  unzweifelhaft  richtige  Lesart  aus  Met.  IX,  112 
angegeben,  nemlicrh  Aoffii  A/cülae,    Man  müszte  also  etwas 
anderes  geltend  machen,  dasz  wir  überhaupt  einen  Spondiacus 
mit  dreisilbigem  Schluszwort  haben  und  (wovon  unten)  noch 
einmal  in  den  Heroiden,  nemlicb  VIII,  71  (Hermione),  wÄh- 
rend    der    eclite    Ovid    den     Spondiacus    mit    dreisilbigem 
Schluszwort  auszer  den  Metamorphosen  —  zwar  nicht  nie- 
mais,  aber  doch   nur  Fasl.  V,  83  und  87  aufvveise  (Viertel 
f/r  rers,  spojid.  S.  11).  Das /^ö^f/wr  XIV,  113  (Hypermnestra) 
steht  in  einem  eingescliobenen  Distichon,  wie  Merkel  meint. 
lell    mochte,    selbst  wenn  es  eingeschoben,    schreiben   po- 
titus,    was    vortrefFlich    paszt.     Wie    entscheidend    in    der 
Deianira  (IX),   141   Scmhir  occubuH  in  letifero  Eueno  Xesstis 
et  infrcit  sangtits  ef/uinm  aguas  die  Verlängerung  occuhitit  in 
sein  würde,  wird  dahin  gestellt  bleiben  kOnnen.  Ist  der  Vers 


*)  Die  *Adversaricn  über  die  sogenannten  0\idischen  Epist^^ln  ver- 
ütfontlichte  ich  lSo3  in  Fleckeisens  Jahrbüchern.  Hinzugekommeu  ist 
hier  die  Einleitung. 


DIK  SOOENANNTEN  OVIDISCHEN  HEROIDEH.       CCXXIIl 

80  geschrieben  worden,  dann  enthält  er  auch  auszerdem  einen 
entscheidenden  Grund  gegen  Ovid.  Denn  er,  des  leäfer 
gkh  oft  bedienend,  aber  immer  passend,  würde  nicht  den 
zufälligen  Flusz,  in  welchem  Herkules  —  dieser  war  l€t{fer 
—  ihn  tödtete,  letifer  genannt  haben.  Aber  es  bleibt  doch 
ungewisz  ob  der  Vers  nicht  anders  gelautet.  Der  Puteanus 
hat  eueneno.  Ich  glaube  der  Vers  hies  semivir  occubuit  tibi 
lettferoque  venena  Nessus  —  Auch  die  Synalõphe  im  iambi- 
sehen  Wort  XVII,  97  (Helena)  disce  meo  exemplo  formosis 
posse  carere  wird  nur  auf  Verderbung  beruhen.  Ich  glaube 
disce  modo  exemplo  — .  Der  ganze  Gedankcngang  scheint 
mir  auch  vielmehr  darauf  zu  führen,  dasz  sie  spricht  von 
dem  Beispiel,  das  er  sich  nehmen  soil  an  andem  Jttng- 
lingen,  welche  eben  so  sehr  nach  ihrer  Schõnheit  Verlangen 
tragen,  ohne  doch  so  dreiste  Anti-äge  zu  wagen.  Dasz  nihu 
in  zwei  Kürzen  (XIX,  170)  exiguum  sed  pius  quam  nihil 
illud  erat  nicht  hier  allein  stehen  würde  auch  bei  Ovid, 
haben  Merkel  und  Lucian  Müller  (S.  47)  durch  einige  Bei- 
gpiele  angemerkt.  Ich  erhalte  darüber  von  Viertel  Folgendes : 

'Es  steht  nihil: 

Am.    III,    8,    29.    A.    a.    I,    519.    II,  280.   365.   599. 
Herned.  410. 

Met  V,  221.  273.  VI,  25.  306.  465. 685.  VII,  67*  567. 830. 

—  (Die  unterstrichencn  Stellen  hat  Haupt  in  nii  geändert, 

die  andeni  Stellen  hat  er  unverändeii  stehen  lassen,    ob- 

wol   er  die  Lachmannsche  Behauptung  zu  VII,  644  wieder- 

holt).    IX,  148.  100.  XV,  177. 

Tr.  I,  2,  23.  —  8,  8.  11,  23.  II,  195.  259.  III,  1,  9.  4, 
51.  —  IV,  8,  38.  V,  5,  51.  8,  2.  14,  26. 

Poni.  I,  1,  21.  2,  67.  7,  25.  II,  2,  58.  3,  33.  7,  46,111, 
1,  48.  113.  127.  IV,  8,  15.  14,  23.  —  F(/*^  VI,  177. 

Dreiraal  zu  der  beliebten  Spielerei  verwandt: 

Met.  XIII,  100  Luce  nihil gestiim,  nihil  est  Di omede  remolo. 
XIV,  629  temptamentanihilj  nihil  art  es  posse  medentum. 
Pont.  III,  1, 1 13  morte  nihil  opns  est,  nihil  Icariotide  tela^ 

Merkel  und  Müller  haben  auch  die  überzeugende  Kraft 
der  Verkürzungen  in  Ledä  VIII,   78  (Hermionei  XVII,  57 


CCXXIY       DIB  800EVANKTEK   OVIDISCHEN  HEROIDBH. 

(Helena)  uud  Aethrä  XVII,  150  angefochteu.  (Lachmann 
entfemte  Letfä  und  Phaedrä  aus  Am.  II,  4,  42  und  Ars  am. 
I,  744  durcli  Vertauschuug:  mit  Li/da  uud  Cressa).  —  Aller- 
diugs  eineu  Vere  wie  Oisfori  Amyvlaeo  et  Amyclaeo  Polluei 
VIII,  71  (Hennione  kann  Ovidius  nimmer  geschrieben  haben. 
Deün  zu  deni  angegebeiien  vollgültigen  Grunde,  dasz  Orid 
die  dritte  lange  Sylbe  des  Dactylus  niemals  zur  Synalophe 
anweudet,  kommt  noeb  das  binzu,  dasz  er  niemals  den 
dreisilbig  schlieszcnden  Spondiaous,  deu  er  unbezweifelt 
selbat  vierzebnmal  geschrieben,  mit  einem  nocbmaligen 
Spondeus  im  vierten  Fusz  gebildet,  auszer  einmal  in  den 
Metamorphosen,  und  zwar  zur  Malerei,  I,  117  (s.  Viertel 
ä.  10.  11).  Endlich  kommt  hinzu  die  äuszerste  Armutb, 
beide  mit  demselben  Epitheton  zu  l>ezeicbneu.  Das  ist  alles 
ganz  sicher.  Aber  eben  so  sicher  wird  man  sicb  tiberzeu- 
gen,  dasz  dieses  Distichon  dort  durekaus  nicht  binpaszt  und 
fllr  interpolirt  gelten  musz.  Wenn  ferner  IX,  131  (Deianira) 
pvlsa  AetoUde  austõszig  gefundon  wird,  weil  der  gleicbe 
Vocal,  also  wieder  a  erfordert  werde,  so  darf  man,  gesetzt 
auch  die  Bemcrkung  wäre  auf  binreichend  viele  Beispiele 
zu  stUtzen,  bemerken,  dasz  wenigstens  ae  der  näebststebende 
Vocal  zu  a  sei  und  man  Sjiialõpben  mit  a  ae  nicbt  selten 
beobacbten  werJc;  wozu  dann  noeb  komme  das  Griecbische 
Wort.  —  Es  folgt  qiu  für  qno  modo  XVII  (Helena)  214, 
sonst  im  Ovid  nicbt  vorkomraend.  Und  dreimal  {denn  der 
Vers  XIV,  62  —  Hypermnestra  —  mit  generis  am  Scblusz 
ist  sebr  unsichen  nicht  zweisilbiges  Wort  am  Scblusz  des 
Pcntameters,  erst  in  der  spätcn  Periode  seiner  Scbriftstellerei 
von  ilim  mituntcr  zugelasscn.  Nemlich  XVI,  288  (Paris) 
pmliciliae,  XVII,  16  (Helena)  suporcUm,  XIX,  202  (Hero) 
dcseniit.  Icb  glaube  diese  beiden  Observationen  musz  man 
gelten  lassen  ais  zeugend  zunäcbst  allerdings  nur  gegen 
diejenigc  Partie  dieser  Briefe,  inwclcber  siesteben.*)  Doch 


•)  In  der  von  vorn  herein  ab<rowicscnen  Sapphoepistel  iBt  das  repend^ 
V.  32.  Dasz  Am.  II,  18,  34  det  votam  Phoebo  Lesbis  amata  lyram  eire 
andere  Situation  voraussetzt  ais  unser  Sapphobrief,  hat  Schneidewin  im 
Philobgus  bemerkt. 


DIE  SOQENANNTEN  OVIDISCHEN  HEBOIDEN         CCXXV 

den  Heroiden  selbst  ist  damit  docli  nicht  geholfen,  wie  sich 
hinreichend  zeigen  wird,  weder  den  von  Lachmanu  ftir 
uneclit  erklärten,  noch  den  übrigen,  aucli  nicht  jenen  acht, 
welche  den  Am.  II,  18,  21  flf.  angegebenen  Thematen  ent- 
sprecken  und  von  denen  Laclimann  sagt:  Ve  kü  octo  nulli 
dubium  esse  potest  quin  eaedem  quas  poeta  scripserit  super- 
smt\  Denn  dem  kann  man  nicht  beistinimen.  Ovidius  gibt 
in  jener  Stelle  —  quodque  tenens  strictum  Dido  miserahilis 
ensem  dicat  —  deutlich  zu  erkennen,  seine  Dido  habe  ihren 
Brief  geschrieben  unmittelbar  bevor  sie  sich  den  Tod  gab. 
Der  jetzige  Didobrief  ist  aber  geschrieben  während  Aeneas 
noch  weilt  und  sie  die  Hofifnung  hält,  er  werde  sich  be- 
wegen  lassen  zu  bleiben.  Und  es  folgt  schon  daraus  sicher 
dasz  unser  Brief  nicht  der  Ovidische  ist:  und  es  folgt  so* 
gleich  die  Thatsache,  dasz  die  Nachahmer  auch  solche  The- 
mata  zur  Nachahmung  sich  vorgesetzt,  welche  Ovidius  selbst 
wirklich  behandelt  hatte.  —  Auch  auf  die  Interpolation,  ich 
meine  gröszerer  Stellen,  ist  Lachmann  noch  nicht  zu  sprechen 
gekommen. 

Wir  dürfen  gleich  mit  der  ersten  Epistel  beginnen  und 
fragen,  ob  sie  etwa  einen  besonders  gesicherten  Anspruch 
hätta  von  Ovidius  zu  sein.  Auch  Folgendes  hatte  Ovidius 
geschrieben? 

87  Dulichii  Samiique  et  quos  tulit  aita  Zacynthos 
turba  ruunt  in  me  luxuriosa  proci; 
inque  tua  regnant  nullis  prohibentibus  aula: 
90      viscera  nostra,  tuae  dilacerantur  opes. 

quid  tibi  Pisandrum  Polybumque  Medontaque  dirüm 

Eurymachique  avidas  Antinoique  manus 
atque  alios  referam,  quos  omnis  turpiter  absens 
ipse  tuo  partis  sanguine  rebus  alisV 
95  Irus  egens  pecorisque  Melanthius  actor  edendi 
ultimus  accedunt  in  tua  damna  pudor. 
tres  sumus  inbelles  numero,  sine  viribus  uxor 

Laertesque  senex  Telemachusque  puer. 
iile  per  insidias  paene  est  mihi  nuper  ademptus, 
100      dum  parat  invitis  omnibus  ire  Pylon. 

di  precor  hoo  iubeant,  ut  euntibus  ordine  fatis 
iile  moos  oculos  comprimat,  iile  tuos. 

Lebn,  Hontiiu.  ^ 


CCXXVI      DIE  80GENANNTEN  OVIDISCHEN  UEROIDEN. 

hinc  faciunt  custosque  boum  longaevaque  nutrix, 
tertius  inmundae  cura  fidelis  harac. 
105    sed  neque  Laertes,  nt  qui  sit  inutilis  annis, 
hostibus  in  mediis  regna  tenere  potest. 
Telemacho  veniet,  vivat  modo,  fortior  aetas: 

nunc  erat  auxiliis  illa  tuenda  patris. 
nec  mihi  sunt  vires  iiiimicos  pellere  tectis. 
110      tu  citius  vcnias,  portos  et  ara  tuis. 

est  tibi,  sitque  precor,  natus,  qui  mollibus  annis 

in  patrias  artes  erudiendus  erat. 
respice  Lacrten:  ut  iam  sua  lumina  condas, 
extre^um  fati  sustinet  iile  diem. 
115  certe  ego,  quae  fueram  te  discedente  puella, 
protinus  ut  vcnias,  facta  videbor  anus. 

Warum  sind  denn  die  Freier  aus  Ithaca  selbst  vergessen? 
^(J*  oaaoi  xQavat)v  *I&ay.rjv  xava  noiqaviovoiv.  Sodann  die 
schon  bemerkte  Sonderbarkeit  (s.  Lörs  Anm.  zu  V.  63)  dasz 
unter  den  wenigen  namentlich  hervorgehobenen  Freiem 
g  erade  Medon  geiiannt  ^vird,  der  niir  gezwungen  unter  ihnen 
weilende  Herold,  der  aueh  bei  der  Strafe  verschont  bleibt, 
und  dasz  gerade  dieser  bezeichnet  wird  ais  dirus,  Femer 
warum  ist  denn  der  Reiehthum  des  Odysseus  dureh  sein 
Blut  erworben?  Und  iszt  ihm  denn  Irus,  auch  wenn  er 
schon  vor  zwanzig  Jahren  yaarigi  fdagyrj  in  Itfaaka  ein  be- 
rühmter  Mann  war,  gerade  so  viel  auf,  dasz  er  besonders 
unter  denen  hervorgehoben  wird,  die  zu  seinen  Verlusten 
beitragen?  /w  (tta  damna.  Doeh  vielleieht  sind  Irus  und  Me- 
lanthius  nicht  genannt  ais  beitragend  zum  Verlust,  sondem 
zur  Sehmach.  Freilich  was  ist  denn,  wer  kann  es  vemünf- 
tig  reimen;  zuletzt  kommen  nocli  —  dir  zum  Verlust  — 
ais  Schande  hinzu  —  oder  wenn  es  das  heiszen  soil:  ais 
äuszerste  Schande  kommen  —  dir  zum  Verlust  —  hinzu 
Irus  und  Melanthius?  Wir  werden  denken  kõnnen,  um  die- 
sem  äuszersten  Wirrwarr  zu  entgehen,  es  habe  zu  stehen 
ad  iua  damnoy  in  das  auch  sonst  vorkommende  ///  tua  damna 
aus  anderen  Stellen  geändert.  Und  ich  glaube  das.  Aher 
yrfe  soil  denn  nun  Odysseus  wissen,  inwiefern  der  Bettler 
Irus  zur  Sehmach  seines  Hauses  beiträgt?   Es  folgt  der  Ge- 


DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCHEN  UEROIDEN.      CJCXXVU 

danke:  das  alles  abzuwehren  sind  wir  drei  unkriegerische 
Personen  da,  ich  eine  Frau  sine  viribus,  der  Greis  Laertes 
und  der  Knabe  Telemachus.  Wir  dürfen  die  nftchsten  sechs 
Verse  übergehen,  deren  Ungehõrigkeit  und  Unzusammenge- 
hõrigkeit  zu  ofifen  liegt  und  wo  auch  aus  den  drei  unkräf- 
tigen  Personen  plotzlich  sechs  werden,  auch  das  tre  parat 
mviiis  omnibus  mit  der  obigen  freilich  sonderbaren  zwei- 
maligen  Annahme,  Telemachus  sei  zu  Nestor  geschickt  wor- 
den  (V.  64  u.  37),  in  Widerspruch  steht.  Wir  kommen 
also  zu  105,  wo  über  die  drei  genannten  Personen  das  an- 
geschlagene  Thema  ihrer  Unkräftigkeit  ausgefllhrt  wird. 
Aber  weder  Laertes,  heiszt  es,  der  {ut  qui)  wegen  seiner 
Jahre  nicht  mehr  brauchbar  ist  (was  ist  das  denn  anderes 
ais  inbellis  und  senexy  wie  es  eben  schon  hiesz?)  noch  — 
ja  noch.  Wo  ist  denn  das  noch?  Es  musz  doch  ein  neque 
oder  ein  et  folgen.  Das  ganz  unverbundene  Distichon 
Telemacho  zwischen  den  beiden  neque  ist  ja  doch  höchst  be- 
fremdend,  und  doch  fehlen  kann  Telemachus  hier  auch 
nicht;  — -  also  einmal  gesagt:  Telemachus  aber  wird  zu 
einem  kräftigen  Alter  gelangen,  jetzt  musz  sein  Alter  durch 
Htilfe  des  Vaters  geschtltzt  werden  —  noch  habe  ich  Kräfte, 
nec  mihi  sunt  vtresy  also  ganz  dasselbe,  mit  denselben  Worten 
was  sie  schon  gesagt,  sine  viribtis  uxor.  Femer  was  haben 
wir  von  V.  110?  *Du  selbst  muszt  schnell  kommen,  Hafen  und 
Alter  der  Deinen.  Du  hast  einen  Sohn,  der  —  sonderbar, 
ais  ob  dieser  Sohn  zuerst  hier  erwähnt  wftre,  von  dem  doch 
eben  fort  und  fort  gesprochen.  Der  natürliche  Fortschritt, 
den  wir  zu  erwarten  hätten,  wäre:  denn  bedenke  auch  noch 
Folgendes,  deinSohn  usw.,  oder:  denn  auszerdem  dein  Sohn 
U8W.  Nemlich  in  den  sechs  letzten  Versen  soil  der  Haupt- 
gedanke  gegen  das  Vorangehende  ofifenbar  der  sein,  und  kann 
nur  sein:  'Wenn  wir  drei  deiner  bedürfen,  weil  wir  das 
Haus  nicht  schtttzen  können,  so  gelten  aber  auszerdem  auch 
für  jeden  von  uns  dreien  noch  persõnliche  Gründe,  die 
deine  Heimkehr  nõthig  machen.  Dein  Sohn,  der  deiner 
Erziehung  bedarf  ierat  wie  non  tibi  corpus  eral  sine  pectoref) 
UndLaerteS;  der  deiner  bedarf ,  weiler  im  hõchsten  Greisen- 

P2 


CCXXVm        DI£  SOGEKAXKTEN  OVIDISCHEK  HEBOIDEN. 

alter  nur  durch  dein  Wiedererscheinen  sich  noch  yerj&ngen 
würde.'  0  nein:  dies  Vernünftige  und  Erwartete  steht  keines- 
wegs,  vielmehr  es  steht:  der  nur  seinen  Tod  noch  hinaus- 
zuschieben  vermag  durch  die  Hoffnung;  dasz  du  ihm  baid 
oder  endlich  die  Augen  zudrQckest!  Da  wird  es  ja  wol 
Pflicht  sein  fOr  Odysseus  nicht  zu  kommen,  weil  seine  An- 
kunft  dem  Vater  das  Leben  kosten  wird.  'Und  ich  jeden- 
falls  bin,  wenn.  du  auch  aisbald  kommst,  ein  altes  Weib 
geworden/  Nun  da  braucht  er  sich  aiso  auch  nicht  zu 
fibereilen! 

Uebrigens  gibt  es  Wunderlichkeiten  und  mehr  auch 
vor  V.  87.  Z.  B.  in  die  Verse  51  —  56  wird  schwerlich 
jemand  vermOgen  Vemunft  zu  bringen.  Wenn  Penelope 
erzählty  bei  jeder  Einzelheit  die  einer  Tom  Kriege  und  wäh- 
rend  des  Erieges  gebracht  habe  sie  für  Odysseus  gezittert, 
und  durch  Beispiele  zeigt,  \vie  wohl  sie  auf  diese  Art  von 
den  Einzelheiten  des  Krieges  unterrichtet  worden  (15  fT.), 
so  ist  es  auffallend  zu  finden:  Menu  ich  habe  alles  durch 
Nestor  erfahren,  der  es  meinem  Sohn  erzähit  haf  (37). 
Auch  übrigens  die  lebendige  Schilderung  —  wirklich  bis 
zum  Unpassenden  lebendig  und  präsentisch  nach  fast  zehn 
Jahren  —  auch  diese  lebendige  Schilderung,  wie  alle  Heim- 
kehrenden  an  Alt  und  Jung  und  genau  mit  Illustrationen 
nach  Ars  am.  II,  133  und  Aen.  II,  25  die  troischen  Ereig- 
nisse  erzähit  haben,  paszt  zu  der  plõtzlichen  Unwissenheit, 
der  erst  jetzt  durch  Nestor  ein  Ende  gemacht  wird,  wahr- 
lich  nicht  gut.  Der  von  Hector  getödtete  Antilochus  (s. 
Lõrs  zu  V.  68)  hat  noch  keine  Aufklärung  erhalten.  Und 
80  gibt  es  noch  anderes,  beginnend  mit  dem  zweiten  Verse 
ml  mihi  rescribaSj  ai  lame?i  ipse  ve?ii\  der  was  er  sagen 
will  nicht  sagt,  sondem  lallt. 

So  sieht  es  mit  dieser  Heroide  aus,  die  wir,  den  zwei- 
ten Vers,  bei  Marius  Victorinus  S.  2559  P.  angeführt  lesen. 

2.  Was  ich  bei  der  ersten  Epistel  nicht  untemehmen 
mõchte,  dazu  wird  man  bei  andern  Episteln  geradezu  ge* 
drängt,  aus  dem  jetzt  vorliegenden  anstõszigen,  unvernünf- 
tigen  Conglomerat  einen  ursprünglichen  Kem  auszusondem. 


I 


DIB  80GENANNTEN  0V1DI8CHEN  HBBOIDEN.        CCXXIX 

Denn  es  drängt  sich  in  mehreren  unter  Auswüchgen  und 
Miszgestalt  eine  einheitliche  und  annehmbare,  wenn  gieich 
Belten  ansprecliende  Partie,  jedocli  in  verschiedenen  Abstu- 
fungen  des  Werthes,  entgegen.  Welchez.  B.  inderdritten 
Epistel  (Briseis,  jetzt  154  Verse)  folgende  wäre: 

Quam  legis  a  rapta  Briseide  littera  venit, 

vix  bene  barbarica  Graeca  notata  manu. 

quascumque  aspicies  lacrimae  fecere  lituras: 

sed  tamen  et  lacrimae  pondera  ?ocis  habent 

5    si  mihi  pauca  queri  de  te  dominoque  viroque 

fas  est,  de  domino  paaca  viroque  querar. 

non  ego  poscenti  quod  snm  cito  tradita  regi 

culpa  tua  est.  quamvis  haec  quoque  culpa  tua  est.  ' 
nam  simul  Eorybates  me  Talthybiusqae  vocarunt, 
10       Eurybati  data  surn  Talthybioque  comes. 
alter  in  alterias  iactantes  lumina  voltum 

qoaerebant  taciti,  noster  abi  esset  amor. 
differri  potui:  poenae  mõra  grata  fuisset. 
ei  mihi,  discedens  oseala  nuUa  dedi. 
15    at  lacrimas  sine  tine  dedi  rupique  capillos: 

infelix  iterom  sum  mihi  visa  capi. 
21    sed  data  sim,  quia  dandafui.  tot  noctibus  absum 
nec  repetor.  cessas,  iraque  lenta  tua  est. 
ipse  Menoetiades  torn  cum  tradebar  in  aurem 
*quid  fles?  hic  par?o  tempore'  dixit  'eris.' 
25    non  repetiäse  parum:  pugnas  ne  reddar,  Achille. 
i  nunc  et  cupidi  nomeu  amantis  habe. 
yenerunt  ad  te  Telamone  et  Amyntore  nati, 

iile  gradu  propior  sanguinis,  iile  comes, 
Laertaque  satus,  per  quos  dotata  redirem:*) 
30       auxerunt  blandae  grandia  dona  preces. 
39    si  tibi  ab  Atride  pretio  redimenda  fuissem, 
qaae  dare  debneras,  accipere  illa  negas? 
qua  merui  culpa  fieri  tibi  vilis^  Achille? 

quo  levis  a  nobis  tarn  cito  fugit  Amor? 
an  miseros  tristis  fortuna  tenaciter  urget 
nec  venit  inceptis  mollior  hora  maUs? 


*)  Das  gewohnhche /^^  quos  comitata  redirem  kann  mcht*richtig 
sein.  Ich  habe  dotata  (V.  55)  gesetzt.  Y.  44  habe  ich  für  meis  ge- 
schrieben  mdUs,  Pont.  IV,  14,  50  non  potuit  twstris  lef^ior  esse  malts. 
Cf.  Ep.Soffih.  59  (xn  gravis  inceptum  peragit  forttma  tenorem? 


CCXXX         DIE  SOQENANKTEN  0VID18CHEN  HEROIDEK. 

ta  Marte  tuo  Lymesia  moenia  vidi, 
et  fueram  patriae  pars  ego  magna  meae. 
vidi  consortes  pariter  generisque  necisque 

tres  cecidisse:  tribus  qaae  mihi  mater  erat. 
vidi,  quautus  erat,  fusum  tellure  cruenta, 
50       pectora  iactantem  sanguinolenta  vimm. 
tot  tameu  amissis  te  compensavimus  unum, 

tu  dominuSf  tu  vir,  tu  mihi  frater  eras. 
tii  mihi  iuratus  per  numiua  matris  aquosae 
utile  dicebas  ipse  fuisse  capi. 
55    scilicet  ut  quamvis  veoiam  dotata  repeUas 
et  mecum  fugias  quae  tibi  dantur  opes! 
quin  etiam  fama  est  cum  crastina  fulserit  Eos, 

te  dare  nubiferis  lintea  velle  notis, 
quod  scelus  ut  pavidas  miserae  mihi  contigit  aures, 
60       sauguiiiis  atque  animi  peetus  inane  fuit. 

ibis  et  —  0  miseram  —  cui  me,  violente,  relinquis? 

quis  mihi  desertae  mite  levamen  eritV 
devorer  ante  precor  subito  telluris  hiatu 
aut  rutilo  missi  fulminis  igue  cremer, 
65    quam  sine  me  Phtliiis  canescant  aequora  remis 

et  videam  puppes  ire  relicta  tuas. 
83    quid  tameu  expectasV  Agamemnona  paenitet  irae 
et  iacet  ante  tuos  Graecia  maesta  pedes. 
vince  auimos  iramque  tuam,  qui  cetera  \inci8. 
quid  lacerat  Danaas  inpiger  Hector  opes? 
89    propter  me  mota  est,  propter  me  desinat  ira, 
simque  ego  tristitiae  causa  modusque  tuae. 

Zwischen  deu  beldeii  letzten  Distischen  steht  in  den  Texten 
nocb  folgendes,  welches  ich  ausgelassen: 

arma  cape,  Aeacide,  sed  me  tamen  ante  recepta, 
et  preme  turbatos  Marte  favente  viros. 

Wir  hätten  in  drei  Distichen  kinter  einander  eine  rhetorische 
Figur  mit  Wiederholung  desselben  Wortes  in  derselben 
Zeile,  und  so  etwas  ist  allerdings  wol  im  Sinne  des  Ver- 
fassers,  der  V.  3 — 10  geschrieben.  Indessen  erregt  mir  Be- 
denken  der  Ausdnick  Marte  favente,  der  hier,  wo  Achilles 
eigne  Kraft  zu  betonen  ist,  bedenklich  scbeint.  Mehr  so- 
dann  Folgendes.  Bleibt  dieses  Disticbon  stehen,  so  baben 
wir  dreimal  binter  einander  Pentameter  aus  der  Glasse  der 
fio  gebildeteu.  dasz  die  zweite  Hälfte  niit  zusammengebõrigem 


DBE  80GENAKKTEN  OVIDISCHEN  HEBOIDEN.        CCXXXI 

Adjectiv  und  Substantiv  (auch  umgekehrt)  anfängt,  und  noch 
mit  der  engern  Form,  dasz  zugleich  die  erste  Hälfte  schlieszt 
mit  einem  Adjectiv,  dessen  zugehoriges  Substantiv  in  der 
zweiten  Hälfte  folgt  (auch  umgekehrt).  Dicse  Bildung  drei- 
mal  hinter  einander  darf  jedenfalls  auffallen:  ist  ja  auch 
tiberhaupt  eine  besondere  Neigung  dazu  in  dieser  Epistel 
nicht  vorhanden.  In  dem  uns  ursprünglich  erschienenen 
Theil  hatten  wir  es  V.  30,  dann  V.  44,  worauf  dann  V.  46 
in  schon  geänderter  Form,  namentlich  auch  durch  zwischen- 
tretendes  Wort :  et  fueram  patriae  pars  ego  mngna  meae,  — 
Uebrigens  in  den  nicht  aufgenommenen  Theilen  ungefähr 
in  demselben  Verhältnis:  68.  76.  88.  flOO.]  104.  114.  126. 
144.  —  Auffallendes  in  dieser  Beziehung  bietet  unter  den 
Heroiden  die  Medea.  Genaue  Nachweise  fiber  diesen  Punkt 
überhaupt,  auch  z.  B.  über  das  Verhältnis  der  drei  clas- 
sisehen  Elegiker  hieriu;  wttrden  dankenswerth  sein. 

Beiläufige  for meile  Bemerkungen.  Von  V.  96  bis  zum 
Schlusz  154  folgen  keine  Elisionen  mehr  mit  Ausnahme 
eines  einzigen  que  V.  132  praesentüque  oculos,  Femer  der 
Distichenbau,  in  welchem  der  Pentameter  mit  que  anfängt, 
selbst  mit  et,  erscheint  in  den  nicht  aufgenommenen  Theilen 
ziemlich  häufig,  in  den  aufgenommenen  dagegen  selten  (que 
einmal  im  Schlusz verse).  Beides,  wie  man  aus  Beobachtung 
lemt,  auch  beides  zusammen,  k õunte  zufällig  sein:  bemerkt 
musz  es  werden.  —  Ein  Philolog,  der  über  Ovidius 
Verse  sehr  genaue  Untersuchungen  angestellt,  Anton 
Viertel,  sagt  mir:  der  elidirte  pyrrhichische  Imperativ 
in  dem  verworfenen  arma  cape  Aeacide  sei  bemerkenswerth. 
Es  gebe  auch  in  den  Heroiden  einen  solchen  nicht:  bei 
Ovidius  nur  Art  am.  II,  489  age  et.  Met,  XII,  490  age  ait. 
Und  Met.  XII,  Z^%  fuge  ad.  Met.  XIII  381  date  et. 

Was  nun  die  ausgeschiedenen  Partien  anbetriffl,  so  sind 
es  zuerst  die  Verse  17 — 20.  Sie  besagen:  ich  habe  oft  ent- 
fiiehen  und  zu  dir  zurtlckkehren  wollen,  aber  ich  fürchtete 
von  den  Trojanem  gefangen  zu  werden.  Das  ist  ja  in  der 
Vorstellung  geschrieben,  ais  wäre  sie,  die  bei  Agamemnon 
ist,  nicht  mit  Achilles   in  demselben  Lager.    Was  hat  sie 


CCXXXn      DIE  806ENANin*EN  OVIDISCHEN  HE80IDEK* 

denn  durch  Trojaner  zu  fliehen?  —  V.  67 — 82:  wenn  du 
morgen  heimkehren  willst,  bo  nimm  mich  mit,  ich  würde 
ja  keine  grosze  Last  fttr  deine  Flotte  sein ;  ich  will  dir  auch 
onter  den  ungQnstigsten  Bedingungen  folgen.  Ja  da  musz 
er  sie  doch  erst  faaben !  Wie  wird  er  eie  denn  erhalten  von 
Agamemnon,  wenn  er  nach  Hause  segeln  will?  —  Von  V. 
91  bis  zum  Schlusz  (wo  wieder  die  eben  berührte  Unbeson- 
nenheit  kommt,  ais  ob  es  von  ihm  abhinge  sie  mitzuneh- 
men)  folgt  nun  Sonderbares,  Auffallendes ,  Läppisches  Scfalag 
auf  Schlag. 

3.  Dasz  auszer  den  inneren  Interpolationen  an  den  nr- 
sprünglichen  Brief  ein  längerer  oder  langer  Schlusz  ange- 
h&ngt  ist,  dies  scheint  sich  noch  in  mehreren  anderen  Epi- 
steln  äufzudrängen.  Es  ist  nicht  moglieh  daran  zu  zwei- 
feln  in  der  (achtzehnten)  Epistel  desLeander  (218  Yerse) 
dasz  gegenüber  einem  wohl  eingehaltenen  Gledankengang 
und  in  Masz  gehaltenen  Styl  ron  V.  117  oder  119  an  man 
sichinGedankenordnung,  Gedankenwiederholung,  imHaschen 
nach  noch  anderem,  was  wieder  dasselbe  wird,  in  gesuchten, 
gegensätzlichen  Pointen  ais  stetigem  Charakter  bewegt^  ver- 
bnnden  mit  einem  Gefallen  an  Aufputz  durch  mythologisehe 
und  astronomische  Gelehrsamkeit  Wobei  man  immer  noch 
das  Convolut  von  Schiefheit  und  Unsinn,  welches  in  V.  119 
— 124  erscheint,  auf  sich  mag  beruhen  lassen.  Hiergegen 
prägt  der  erste  Theil  dieser  Epistel  den  ihm  eignen  Charak- 
ter seinerseits  stetig  genug  aus,  ich  glaube  hinreichend,  um 
auszer  in  dem  Distichon  23.  24  noch  an  zwei  andem  Stel- 
len,  39—53  und  59—77  Interpolation  zu  empfinden  durch 
Affectation,  Uebertreibung  und  in  der  zweiten  Stelle  durch 
ein  sonst  hier  fremdartiges  Indielängeziehen  eines  Gedan- 
kens,  um  neue  Wendungen  anzubringen.  Man  hat  auch 
keine  Veranlassung  solche  unnõthige  prosaische  Pedanterie 
wie  in  dem  Uebergange  V.  75  haec  ego  vel  certe  non  hh 
diversa  locutus  dem  ersten  Verfasser  zuzuschreiben.  Eine 
Nachahmung  aus  Met.  VI.  702  haec  Boreas  aut  kis  non  m- 
feriora  locutus :  was  dooh  anders  ist.  Man  wird  guten  Grund 
haben  fflr  das  ursprUngliche  StUck  das  folgende  zu  halten: 


DIE  SOGENANNTEN  OVIDISCUEN  HEROIDEN.     CCXXXIII 

Mittit  Abydenus  quam  maliet  ferre  salutem, 

si  cadat  anda  maris,  Sesta  puella,  tibi. 
si  mihi  di  faciles  et  Bunt  in  amore  secundi, 
invitis  ocalis  haec  mea  verba  leges. 
5    sed  non  sant  faciles:  nam  cur  mea  võta  morantar 
currere  me  võta  nec  patiuntiir  aqua? 
ipsa  vides  caelum  pice  nigrius  et  freta  ventis 

tarbida  perqae  cavas  vix  adeanda  rates. 
anas,  et  hic  aadax,  a  qao  tibi  littere  nostra 
10       redditar,  e  porta  navita  movit  iter. 

ascensuras  eram,  nisi  qaod,  com  vincala  prorae 

Bolveret,  in  specolis  omnis  Abydos  erat. 
non  poteram  celare  meos  velut  ante  parentes, 
qaemque  tegi  volamos  non  latuisset  amor. 
15    protinas  haec  scribens  'felix  i  littera*  dixi, 
*iam  tibi  formosam  porriget  illa  manum. 
forsitan  admotis  etiam  tangere  labellis, 

rumpere  dam  niveo  vincala  dente  volet.' 
talibas  exigao  dictis  mihi  murmure  verbis 
20       cetera  cum  charta  dextra  locuta  mea  est. 
at  qaanto  maJlem  quam  scriberet  illa  nataret 
meqae  per  assaetas  sedala  ferret  aquas. 
25    septima  nox  agitur,  spatiam  mihi  longias  anno, 
sollicitom  raucis  ut  mare  fervet  aqais. 
his  ego  si  vidi  mulcentem  pectora  somnum 

noctibos,  insani  sit  mõra  longa  freti. 
rupe  sedens  aliqaa  s^tecto  tua  litora  tristis, 
30       et  quo  non  possam  corpore,  mente  feror. 
lamina  qain  etiam  summa  vigilantia  torre 
aut  videt  aut  acies  nostra  videre  putat 
ter  mihi  deposita  est  in  sicca  vestis  harena, 
ter  grave  temptavi  carpere  nudus  iter. 
35    obstitit  inceptis  tumidum  iuvenalibos  aequor 

mersit  et  inversis  ora  natantis  aquis. 
53    interea,  dum  cuncta  negant  ventique  fretumque, 

mente  agito  furti  tempora  prima  mei. 
55    nox  erat  incipiens  —  namque  est  meminisse  volnptas  — 
cum  foribus  patriis  egrediebar  amans. 
nec  mõra,  deposito  pariter  cum  veste  timore 
iactabam  liquido  bracchia  lenta  mari 
77    unda  repercussae  radiabat  imagine  lunae, 
et  nitor  in  tacita  nocte  diurnus  erat: 
nullaque  vox  usquaro,  nullum  veniebat  ad  aures 
80       praeter  dimotae  corpore  murmur  aquae. 


CflAlIV       DIE  $OG£NANNT£N   OVJDISCIIEN  HEROIOEN. 

AIcToaes  solao.  momores  Coycis  amati, 

n<*seio  quid  visae  sunt  milii  dulce  queri. 
idmque  fati^tis  uinero  sub  utroque  lacertis 
tortiter  iu  summas  erigor  aitusaquas. 
"«õ    lit  prvcui  aspoxi  lumen.  *meus  iiriiis  in  illo  est, 
illa  moiim'  dixi  'litora  lumen  kabent/ 
ec  $ubito  la$:>i$  vires  retliere  lacertis. 

%u«ailuo  quara  tuerat  mollior  unda  mihi. 
fritcom  ne  possim  golidi  sentire  [)rofundi. 
^||l        qui  i-alet  in  cupido  pectore  praes tat  amor. 
quo  matsis  acoetlo  pn^pioraque  litora  tiunt 
quoque  minus  restat.  pius  libct  ire  mihi. 
oum  vero  possum  oerni  quoque,  protinus  addis 
sptviatrix  animos  ut  valeamque  facis. 
v)^    nuno  etiani  nando  dominae  piaruisse  laboro 
Atque  ooulis  iacto  bracchia  nostra  tuis- 
te  tua  >ix  pn»hibet  nutrix  descendere  in  altum  — 
luH*  quoque  enim  vidi.  nec  mihi  verba  dabas  — 
mv  tamen  etftH'it.  «luamvis  retinebat  euntem, 
liM        ne  tieM  prima  pes  tuus  udus  aqua. 
excipis  amploxu  feliciaque  osciüa  iungis. 

osi'ula«  di  magni!  trans  mare  digna  peti, 
tN|ue  tuiü  demptos  umeris  mihi  tradis  amictus 
et  madidaiu  siocas  aiV|uoris  imbre  comam. 
li^    eetera  uox  et  nos  et  turris  conscia  no\it 

quodque  mihi  lumen  per  mare  monstrat  iter. 
nou  magis  illius  numerari  gaudia  noctis 
llcUespontiaoi  quam  maris  alga  potest. 
quo  biv>ius  s[)atium  nobis  ad  furta  dabatur, 
110        hoe  umgis  est  eautum  ne  foret  illud  iners. 
ianique  fugatura  Tithoni  coniuge  noctem 
pme\tu$  Aurorae  Luciter  ortus  erat: 
0!«rula  eongenmos  properata  sine  ordine  raptim 
et  qiierimur  panas  noctibus  esse  mõras. 
115    Mtquo  ita  ouuetatus  mouitu  nutricis  amaro 

1'rlKida  di^sorta  litora  turre  peto. 
IIH    iiivideit  riirixo.  quem  |»er  freta  tristia  tutum 

aurea  lanigero  vellere  vexit  o\is. 
115    iiiH^  tamen  officiiim  pecoris  navisve  requiro, 

diim  modo  quas  tindam  corpore  dentur  aquae. 
VI 7    iiilerfa  pro  me  pemoctet  epistula  tecum« 

quam  precor  ut  minima  prosoquar  ipse  mõra. 


DIE  SOaENANNTEN  OVIDISCHEN  UEBOIDEN.       CCXXXV 

Derselbe  Fail  ist  mit  dem  Antwortbriefe  der  Hero,  der 
neunzehnten  Epistel  (210  Verse).  Das  ist  eine  hübsche, 
man  mõchte  sagen,  was  man  gar  selten  in  diesen  Episteln 
sagen  möclite,  eine  anmüthige  Epistel  bis  V.  64,  welche  bis 
dahin  ais  eine  yoUstäudigeOvidsunbedenklichwUrdige  Epistel 
erscheinen  kõnnte.  Aber  von  da  an  folgt  Unruhe,  Spitzfin- 
digkeit,  Wiederholung,  Gelelirsamkeit,  sehr  in  der  Art  der 
Erweiterung  des  Leanderbriefes.  —  Auch  für  die  dort  an- 
gemerkte  Pedanterie  in  V.  75  haec  ego  vel  certe  non  his 
diversa  locutus  findet  sich  hier  ein  Analogon  V,  86  minaxque 
non  minus  aut  multo  non  minus  aeguor  erat.  —  Ferner  mag 
bemerkt  werden,  dasz  in  beiden  unsern  unechten  Theilen 
jener  Bau  der  Distichen,  nach  welchem  der  Pentameter  mit 
que  anfängt,  gegen  die  echten  Theile  abfallend  wird.  Beide- 
mal  kommt  in  den  unechten  Theilen  auf  etwa  12  Verse  6in 
solcher.  Aber  die  echt  erschienenen  Theile  verhalten  sich 
sehr  versehieden  darin.  Im  Leander  kommt  hier  auf  17 
Verse  6in  solcher,  in  der  Hero  auf  alle  70  Verse  nur  2. 
Die  beiden  ursprllngliChen  Briefe  verschiedenen  Verfassem 
beizulegen,  dagegen  kõnnte  der  ästhetische  Eindruck  nichts 
einzuwenden  haben.  Ich  sagte  auf  alle  70  Verse:  denn  um 
fQr  die  ersten  echt  erschienenen  64  Verse  den  Abschlusz 
zu  gewinnen,  setze  ich  121.  122.  127.    128.  209.  210hinzu: 

multaque  praeterea  linguae  reticenda  modestae, 
64       quae  fecisse  iuvat,  facta  referre  pudet. 
121    me  miseram,  quanto  plang^ntuc  litora  üiictu, 

et  lätet  obscura  condita  nube  dies. 
127    non  favet,  ut  nunc  est,  teneris  locus  iste  puellis: 

hac  Helle  periit,  hac  ego  laedor  aqua. 
209    interea,  nanti  quoniam  freta  peiria  non  sunt, 
leniat  invisas  littera  missa  moras. 

Uebrigens  wäre  es  in  diesem  jetzt  vorliegenden  Hero- 
briefe  sehr  natürlich  auf  den  Gedanken  zu  kommen,  dasz 
zwei  ursprüngliche  Briefe  verbunden  darin  vorhanden  sind, 
der  eine  oben  bezeichnete  und  ein  anderer  schlechterer, 
etwa  Anfangsverse  1,  2,  dann  69  ff.,  in  welchem  —  denn 
auch  das  ist  sehr   auffallend   und   unvermittelt  gegen  das 


ÜCXXXVI      DIE  SOGENANKTEN  OVIDISCHEN  HEBOIDEK. 

ganz  andere  Gefflhl,  aus  welchem  der  erste  geschrieben  ist 
—  das  hervorstechende  Motiv  Vorwttrfe  und  eifersttchtiges 
Misztrauen  ist  und  der  Gedanke  'du  liebst  eine  Nebenge- 
liebte'  wiederholt  und  ttberlästig  auftritt.  Aber  auch  dieser 
zweite  Brief  ginge  etwa  nur  bis  116  oder  118;  wozu  viel- 
leicht  157-  160.  Denn  sehon  die  gelehrte  Stelle,  in  der 
sie  ihre  Belesenheit  in  denDichtem  bezeugt,  123  ff.,  würde 
selbst  der  zweiten  Epistel  nieht  mehr  entsprechend  scheinen. 
Und  V.  157  ff.  schlieszen  sich  nicht  an  das  Vorangehende 
an^  sondem  ihr  Sinn  weist  sie  an  118.  Auch  scheint  in  die- 
ser  ganzen  Zwischenst^Ue  Leander  in  anderer  Situation  ge- 
dacht,  nemlich  ais  wirklich  während  stflrmischer  Nacht  auf 
dem  Meere  schwimmend,  149.  155.  Was  159  schon  wieder 
anders  ist. 

4.  Ein  Brief,  der  ohne  Zweifel  in  seiner  ursprttnglichen 
Gestalt  vorliegt,  ist  der  (elf  te)  Brief  der  Canace  (12S  Verse). 
Nicht  ein  einziges  Distichon  erregt  hier  irgend  einen  Ver- 
dacht.  Dieser  Brief  ist  nicht  ohne  Geschmacklosigkeiten : 
die  Situation  am  Anfang,  dasz  sie  Während  des  Schreibens 
des  Briefs  das  Schwert  in  der  Händ  hält,  ist  sogar  —  hier 
wie  am  Schlusz  der  Dido  —  eine  grosze  G^schmacklosig- 
keit.  Und  dasz  und  warum  das  erste  Distichon  läppisch 
ist,  braucht  wol  nicht  erst  gesagt  zu  werden:  übertragen 
aus  der  natUrlichen  und  unvermeidlichen  Situation,  dasz 
einer  Weinenden  die  Thränen  auf  ihr  Blatt  fallen,  während 
sie  schreibt,  wie  in  der  mit  Kecht  schon  ais  Vorbild  be- 
zeichneten  Stelle  Prop.  IV,  3,  3,  ohne  welche  auch  wol  in 
dem  wie  in  einigen  andern  Episteln  abgebrochen  beginnen- 
den  Anfang  nicht  gerade  tamen,  sondem  eine  etwas  klarere 
Partikel  stehen  würde.  Der  Brief  ist  ohne  leichten  poeti- 
schen  Schwung,  musz  im  ganzen  wolvielmehr  fUr  die  hoch- 
tragische  Situation  ziemlich  nflchtern  genannt  werden;  aber 
er  geht  in  voUkommen  richtigem,  nicht  gestõrtem,  nicht 
tlberladenem,  nicht  verwirrtem  Gedankengange :  was  alles 
gerade  der  Eindruck  der  meisten  Episteln  ist  wie  sie  jetzt  vor- 
liegen.  Der  Schlusz  ttbrigens  ist  zwar  ohne  tragischen  Eindruck, 
aber  er  ist  immerbin  nicht  ohne  einigen  Trauereindruck.  — 


DIE  SOGENAKKTEN  OVIDISCHEN  HEROIDEN.     CCXXXVn 

lu  der  Form  scheint  der  Brief  mit  groszer  Sorgfalt  gear- 
beitet  und  mit  gutem  Ohr.  Von  einem  canssima  aisti,  auch 
Ton  futura  es  V.  59  und  62  kann  nicht  die  Kede  sein: 
dixti  und  futura, 

5.  Liest  man  nach  der  Ganace  einmal  unmittelbar  den 
(zwanzigsten)  Brief  des  Acontius  (242  Verse),  so  ist  auch 
dieser  der  Interpolationen  nicht  verdächtig.  Der  Zusammen- 
hang  der  Gedanken^  ja  man  mõchte  hier  sagen  die  Dispo- 
sition  des  Aufsatzes  läszt  sich  verfolgen.  Aber  der  Styl  ist 
ein  ganz  anderer,  breiter  gehaltener:  dieselbe  Sache,  der- 
selbe  Gedanke  ist  in  mehr  ais  einer  Stelle  in  >viederholten 
Wendungen  ausgesprochen,  ohne  dasz  eben  in  der  Sache 
etwas  Neues  kommt.  Auch  scheint  das  Bestreben  acumina 
anzubringen  sehr  ausgebildet,  viel  mehr  dtinkt  mich  ais  in 
der  Canace.  Grõszere  Interpolationen  betreffend,  so  könnte 
nur  gefragt  werden,  ob  vielleicht  V.  21 —97  eine  interpo- 
lirte  Erweiterung  sind.  Aber  eben  bei  der  Breite  des  Styls 
ist  es  wol  auch  eine  Erweiterung  des  ursprünglichen  Ver- 
fassers. 

In  den  Rhythmen  glaubt  man  auch  etwas  anderes  zu 
hõren  ais  in  der  Canace:  einen  Verfassser  von  weniger 
^tttem  Ohr.    Was  sich  baid  aussprechen  läszt,  ist  Folgendes. 

a)  Eine  auffallende  Gleichgtiltigkeit  gegen  die  häufige 
Anwendung  unmittelbar  hinter  einander  stehender  einsilbiger 
Wõrter.  Man  betrachte  die  folgende  Zusammenstellung  (wir 
bleiben  eben  bei  der  Canace)  in  Zahl,  auch  in  Art: 

Canace  (128  Verse). 

1  Si  qua  tamen  caecis  errabunt  scripta  lituris 

5  baec  est  Aeolidos  fratri  scribentis  imago 

23  cur  umquam  pius  me  frater  quam  frater  amasti 

29  nec  somni  faciles  et  nox  erat  annua  nobis 

3L  nec  cur  hacc  facerem  poteram  mihi  reddere  causam 

39  quas  mihi  non  herbas,  quae  non  medicamina  nutrix 

4t  ut  penitus  nostris  hoc  te  celavimus  unum 

62  illius  de  quo  mater  et  tixor  eris 

80  et  vix  a  misero  continet  ore  manus 

103  ferte  faces  in  me  quas  fertis  Erinyes  atrae. 


CCXXXYin    DIE  800E3f  ANNTEM  OVIDI8CHEH  UEBOIDEK. 

Acontius  (242  Versej. 

2  pronüssam  satis  est  te  semel  esse  mihi 

8  debitus  ut  cooiux  non  ut  adulter  amo 

1 1  inv<^ni^  illic  id  ic  spondere  qiiod  opto 

16  et  gpe  qiiam  de<Ieras  tu  mihi  crevit  amor 

24  id  me  quod  quereris  conciliare  potest 

2b  non  ego  natura,  non  surn  tarn  callidos  osa 

26  BoUertem  tu  me,  crede,  paella  üacis 

27  te  mihi  compositls,  si  quid  tamen  egimus,  &  me 

31  sit  fraus  huic  facto  nomen  dicarque  dolosus 

32  si  tamen  est  quod  ames  velle  tenere  dolus 

34  altera  fraus  haec  est  quodque  queraris  habes 

44  exitus  in  dis  est,  sed  capjere  tamen* 

47  si  non  proticieut  artes,  veniemus  ad  arma 

50  nec  quemquam  (jui  vir  posset  ut  esse  fuit 

52  ut  sit  erit  quam  te  non  habuisse  minor 

62  nec  dubito  totum  quiu  sibi  par  sit  opus 

03  hac  ego  compulsus  non  est  mirabile  forma 

65  deniquc  dum  captam  tu  te  cogare  fateri 

71  quamlibet  accuses  et  sis  irata  licebit 

85  sed  neque  compedibus  nec  me  compesce  catenis 

91  nunc  reus  infelix  absens  agor  et  mea  cum  sit 

03  hoc  quoque  quod  tu  vis  sit  scriptum  iniuria  nostmm 

04  quod  de  me  solo  nempe  queraris  habes 

95  non  meruit  faili  mecum  quoque  Delia.    si  non 

97  adfuit  et  vidit,  cum  tu  decepta  rubebas 

109  dicendum  tamen  est    hoc  est,  mihi  crede,  quod  aegra 

1 1 3  inde  iit  ut  quotiens  existere  perfida  temptas 

121  hoBtibup  et  si  quis  ne  fias  nostra  repugnat 

122  sic  sit  ut  invalida  te  solet  esse  mihi 

123  torqueor  ex  aequo  vel  te  nubente  vel  aegra 
125  maceror  interdum  quod  sim  tibi  causa  dolendi 
135  et  nirsus  miserum  quod  me  procul  inde  remoto 
144  ad  spes  alterius  quis  tibi  fecit  iter 

140  elige  de  vacuis  quam  non  sibi  vindicet  alter 

155  nam  quod  habes  et  tu  gemini  verba  altera  pacti 

150  promisit  pater  hane,  haec  et  iuravit  amanti 

UiO  iile  homines,  haec  est  testiticata  deam 

162  num  dubites  hic  sit  maior  an  iile  metus 

106  nec  spes  par  nobis  nec  timor  aequus  adest 

16S  idque  ego  iam  quod  tu  forsan  amabit  amo 

172  ad  quid,  Cydippe,  Ilttera  nostra  redit 

173  hic  facit  ut  iaceas  et  sis  suspecta  Dianae 

174  hunc  tu,  si  sapias,  limen  adire  vetes 


i 


DIK  SOOENANNT£N  OVIDISCHEN  HEROIDEK.      CCXXXIX 

176  atque  utinam  pro  te  qui  movet  illa  cadat 

177  quem  si  reppuleris  nec  quem  dea  damnct  amaris 

178  et  tu  continuo,  certe  ego  salvus  ero 

182  scd  quae  praestanda  est  et  sine  teste  iide 

193  aadiet  haec,  repetens  quae  sint  audita,  requiret 

194  ipsa  tibi  de  quo  coniuge  paitus  eat 

195  promittes  votum,  scit  te  promittere  falsa 

196  iurabis,  seis  te  fallere  posse  deos 

197  non  agitur  de  me,  cura  meliore  laboro 
201  et  cur  ignorent     matri  licet  omiiia  narres 
203  ordine  fac  referas,  ut  sis  mihi  cognita  primum 
207  et  te  dum  nimium  miror,  nota  certa  furoris 
213  ne  tameu  iguoret  scripti  sententia  quae  sit 
215  nube  precor  dieet  cui  te  bona  numiua  iungunt 

217  quisquis  is  est  placeat,  quoniam  placet  ante  Dianae 

219  sed  tamen  et  qnaerat  qui^  sim  qualisque  videto 

223  illa  mihi  patria  est,  nec  si  generosa  probatis 

225  suut  et  opes  uobis,  sunt  et  sine  crimine  mores 

227  appeteres  talem  vel  non  iurata  maritum 

228  iuratae  vel  non  talis  habendus  erat 

229  haec  tibi  me  in  somnis  iaculatrix  seribere  Phoebe 
235  quod  si  contigerit,  cnm  iam  data  signa  sonabunt. 

Wie  tief  durch  so  übermäszig  liäufige  Zusammenstellung 
selbst  Yon  zwei  einsilbigen  Langen  der  Bau  der  Spondeen, 
nicht  zu  ihrem  Vortheil,  betroffen  wird,  ist  klar.  Und  es 
kann  nichts  Entscheidenderes  geben  ais  eine  so  grosze  und 
80  durchgehende  Verschiedenheit  des  Versbaues. 

b)  Es  wird  auch  Folgendes  bemerkt  werden  dürfen. 
Im  Acontius  sind  drei  Hexameter  mit  vier  anfangenden 
Spondeen : 

21    deceptam  dicas  nostra  te  fraude  licebit 
31    sit  fraus  huic  facto  nomen  dicarque  dolosus 
119    serventur  võitus  ad  nostra  incendia  nati. 

In  der  Canaee  ist  zwar  ein  solcher  Vers,  der  aber  nicht 
voll  wiegt,  da  er  zu  einer  Figur  gebraucht  ist: 

23    cur  umquam  pius  me  frater  quam  frater  amasti, 

Ais  femere  nicbt  interpolirte  Episteln  wird  man  stu- 
diren  kõnnen:  Oenone,  Hermione,  Laodamia^  auchdieweit- 
Iftufige  Phyllis;  alle  mit  zu  den  schlechtesten  in  der  Samm- 


CCXL  DIE  800ENANNTEN  OVIDI6CUEK  HEBOIDKV. 

lung  gehõrend;  PhylliB  uud  Oenone   wol  die  schlechtesten, 

Laodamia  immer  noch  die  belebteste.    Nicht  interpolirt  soil 

aber  nicht  ausschlieszen  den  Zusatz  eines  oder  des  andeni 

Distichons,  ja  in  der  Oenone  nicht  bedeuten  daaz,   so  Tiel 

man    dieser   wunderlichen  Nymphe   auch   zu   gute   halten 

kann,  nicht  die  schändlichen  Veree  140—144,   so  wie  auch 

151.  152;   sich   hinreichend    kenntlich    machten  um  sie  ais 

Zusatz  zu  erkennen,  wie  Merkel  sie  bezeichnet  hat.    In  der 

Laodamia    ist  der   mehrmais   abspringende   Gredankengang 

absichtlich   zum  Ausdruck  der  Beunruhigung    und  so    dasz 

kein  Anlasz   zur  Verdächtigung   entsteht.    Uebrigens    sind 

die  166  Verse  doch  in  ihrer  Art  erkennbar  genug,   um  das 

ganz  wider  die  Intention  eintretende  Distichon  155  f. 

crede  mihi,  pius  est  quam  qood  videatur  imago: 
adde  sõnum  cerae,  Protesilaus  erit 

hinauszuwerfen.  V.  152  hat  es  vielleicht  nicht  referai,  son- 
deru  referf^s  geheiszen.  V.  137  nothwendig  quamvis  statt 
quue  sie.  Und  selbst  bei  dem  freilich  nicht  besonders  ver- 
feinerten  Geschmack  darf  man  wol  über  das  kalte  Wasser 
V.  26  stutzen  und  raeinen,  dasz  der  Vers  ursprttnglich  so 
nicht  geheiszen  hat. 

6.  Doch  zurQck  zu  den  ausgedehnteren  Interpolationen 
und  Fortsetzungen.  Die  vierzehnte  Epistel  (Hypermnestra, 
132  Verse)  ist  gut  (diesen  Ausdruck  freilich  ttberall  hier 
nach  mäsziger  Scala  verstanden)  und  gleichmäszig  bis  V.  84. 
Nur  V.  59—62  dürften  Interpolation  sein.  Mit  V.  85  tritt 
plötzlich  eine  auflfallende  Aenderung  des  Tõns  und  der  Ten- 
denz  ein,  ein  leidenschaftliches  Sichstürzen  auf  die  Geschiehte 
der  lo  mit  gauz  ungerechtfertigtem  Verweilen  und  võlugem 
Vergessen  dasz  ein  Brief  geschrieben  >vird,  so  weit  dasz  lo 
mehrmais  angeredet  wird.  Auszerdem  wird  man  betro£fen 
von  gehäuften  und  auch  inepten  acuraina.  Schon  Scaliger 
hat  die  Verse  85  —  118  für  interpolirt  erklärt:  und  das  Ge- 
fühl,  welches  auch  die  Verse  nach  109,  den  Uebergang 
nach  der  logeschichte  und  die  Rückkehr  in  die  Gegenwart 
ais  wunderlich  und  um  die  Schrecken  ihrer  eignen  Erfah- 
rung  zu  schildern  auffallend  matt  empfindet,  theile  ich  durch- 


DIB  SOGBKAMHTBK  OVIDDBGHSN  HKBOIIHEK.  CCXLI 

aiuk    AUein    die  Fortsetzung   nun  ist   gleich&Us   nicht  za 

diddra.    V.  125:   entvFeder  rette  mioh  oder  tddte  mich  — 

wie?  wo?  —  und  verbrenne  mich  heimlioh  —  wanim?  — 

und  begrabe  mich  kenntlich.    Und  auf  das  Grab  soil  ge- 

schrieben   werden:  eand  Hypermnestra  —  preiium  pietatis 

hitguum  —  quam  mortem  fratri  depulit  ipsa  tulit.    Warum 

denn  exuH    Es   wird    doch    niemand    einfallen  das    etwa 

blosz  darauf  su  beziehen^  dasz  sie  aus  Aegypten  naoh  Argos 

verjagt  worden,  welclies  sie  freilich  etwas  wunderlieh  hier 

V.  112  mit  ultimus  orbu  bezeichnet  hatte:  sie  wie  alle  übri- 

gen.    Wenn  der  Verfasser  dieser  Verse  mit.dem  eapul  das 

gemeint  hat;  dann  that  er  gewis  etwas  was  gar  nicht  am 

Orte  war.    Aber  er  hat   wol  gemeint,  was  jeder   versteht 

und  was  zur  Sache   gehort,    dasz  sie    eben  im  Exil   umg^- 

kommen.     Nun    aber  war  davon   dasz  der  Yater    sie    in 

Verbannung  geschickt,  wo  sie  umgekommen,  hier  durchaus 

nicht  die  Bede.    Aber  in  der  bekannten  Stelle  des  Horatius 

ist  davon  die  Kede:   vie  vel  extremos  Numidarum  in  agros 

classe  releget,    Dann  weiter:  scribere  plura  libet,  sed  pon- 

dere  lopša  catenae  est  manas  et  vires  subtrnhit  ipse  timor. 

Wie?  nachdem  sie  ihm  alles  dai^estellt  und  bereits  ihr  Be- 

gr&bnis  und   ihre  Grabsehrift  ihm  angegeben,   hat  sie  Lust 

noch  mehr  zu  schreiben,  fast  hatte  ich  geschrieben  und  mit 

Recht:  hat  sie  Lust  nun  noch  zu  schwatzen?    Welche  un- 

passende  Uebertragung  aus  einer  Situation,   wo  etwa .  aine 

Liebende  schreibt,  bagitifiBv  alkijXoiai,  Doch  ais  Uebergang 

zu  den  Eetten  bot  es  sich  dar,  zu  den  Ketten  die  Horatius 

an  derselben  Stelle  lieferte :  me  pater  saevis  oneret  eatenis. 

Aus  der  Stelle  über  die*  lo,  in  weloher  flbrigens  V.  91 

eonatoque  queri  mugihis  edidit  ore  ebenso  in  den  Metamor- 

phosen    steht,  Ist   aiižumerken  dasz   hier   zwei  Hexameter 

ins  Ohr  fallen  von  folgendem  Bau,    wie  wir   bisher  nieht 

gefaõrt : 

95    iDa  lovls  magttl  paeldx  metuenda  sorori 
and  107    per  septšm  Niitis  portos  emissus  in  aequor. 

Auch  hört  man  V.  110  auctorf  dant  anni  quod  querar  eece 
mei  etwas,    was  man    bisher  in  dieser  Epistel    noch  nicht 

Lekn,  HonÜM.  Q 


CCXLU        DIE  SOeENANHTEN  0VIDX8CHBN  HBBOmBV. 

^ehõrt,  nemlich  einen  Pentametor  mit  gans  spondeischem 
erstem  Theil.  Und  nun  folgen  bis  Eom  Sclilul»e  V.  132 
iK)ch  drei  dergleiehen: 

120    quid  fiet  sonti,  cum  rea  laadis  iigar 
122    infelix  ano  fratre  manente  cadam 
130    qoam  mortem  firatri  depulit  ipsa  talit 

In  dem  ersten  dieser  Verse  wird  handisfehrifüich  uaeh  jb/, 
mch  ferei  geboten:  'quid  fiet  sonti]  fieret  f^temj  ixio  JUit] 
Qtnimque  bene/  Heinsiug.  Ich  bin  nun  der  Meinang,  dasz 
nach  den  Versen  83.  84,  bis  zu  welchen  der  Brief  imange- 
fochten  fortgeht 

abstrahor  a  patriis  pedibos,  raptamque  capflMs  — 
haec  meruit  pietas  praemia  —  carcer  habet, 

womit  der  Schlusz  noeh  nicht  gegeben  scheiiit;  sicb  nocb 
ais  ursprtlngliche  Verse  anschlieszen  119.  120. 

en  ego,  quod  vivis,  poenae  cmcianda  reeervor: 
quid  fieret  sonti,  eom  rea  laadis  agar? 

mit  sehr  gutem  Schlusz  auf  deiyenigen  Qedanken,  der  ais 
ein  Hauptgedanke,  aus  dem  sie  schreibty  aoch  frOher  sehon 
erschien:  für  meine  Pietftt  Idde  ich.  Und  ist  dem  ao»  flo 
steht  es  also  frei,  wenn  man  das  rationeller  findet,  jfere/ 
zu  schreiben. 

7.  Dasz  die  siebente  Epistel  (DidO;  196  VertBc)  nicht 
von  Ovidius  ist,  kõnnte  man  auch,  wenn  es  irgend  nõthig 
wäre,  aus  den  bekannten  Ovidischen  Versen  sehen  Jm^r,, 
lly  18,  25  f. :  scribimus  .  .  .  quodque  ienens  stridum  DUo 
miserabilis  ensem  dicat  et  AeoUae  Lesbis  amica  fyrae*  On- 
dius  bezeichnet  mit  jeneu  Worten  in  symbolisch  poetiscbem 
Ausdruck,  dasz  jenes  sein  Gedieht  Didos  letzte  Worte  ent- 
halte,  unmittelbar  ehe  sie  sich  den  Tod  gab.  Dies  istaber 
in  der  heutigen  Heroide  nicht  so.  Diese  setzt  die  AAwesen- 
heit  des  Aeneas  voraus  und  gibt  es  nicht  auf  ibn  omia- 
stimmen:  sie  bittet  z.  B.  wenigstens  sanftere  Winde  abza- 
warten  und  versucht  alle  Grllnde  aufzubieten,  die  ihn  noch 
zur  Rückkehr  zu  Dido  bewegen  kõnnten.  Dies  alles  ist 
uiso  nicht  von  ihr  gesagt  in  dem  Augenblick,  wo   ale  sicb 


WB  0OQKVAJINTEN  0VID16CHEN  HEBOIDSN.        CCXLHI 

dea  Tod  gebcm  wird,  in  dem  sie  flberhaupt  deii  Aeneas  am 
ffichts  zu  Intteiiy  wol  aber  ihm  viel  zu  sagen  habea  kõnnte, 
sogar  aaf  die  0ehr  nngewisse  Mõgliehkeit  dasz  der  Bri^ 
ihn  jemab  erreiehe,  Vorwttrfe  nendich  und  Prcpheieiiiiigeii. 
Und  in  dem  obigen  Sinine  steht  anch  z.  B.  ganz  dentlick 
177—182: 

pro  meritis  et  ai  gaa  tibi  debebimns  ultra, 

pro  spe  coniogii  tempora  parva  p et o: 
dum  freta  mitescunt  et  amor,  dum  tempore  et  usv 

förtiter  edisqo  'tristia  posse  pati. 
ai  minus,  est  animus  nobis  effundere  vitam: 

in  me  crudelis  non  potes  esse  din. 

Wenn  non  hienach  folgt  183: 

aspicias  utinam  quae  sit  scribentis  imago : 
scribimus,  et  gremio  Troicus  ensis  adest 

nsw.  bui  znm  Schlius  196,   8o   ist  das   ein  gani  unerträg- 

licher  Zasatz,    yeranlaszt   dorch   die  Anfangsyerse  sic  ubi 

fata  vocani,  udis  abiectus  in  herbis  ad  vada  Maeandri  eoncmii 

ülbus  oloTf    nee  qma  te  nosira  sperem  prece  posse  moveri^ 

wBofnor,  welche  nur  in  dem  Sinne  gemeint  sein  kõnnen: 

'ieh  fUde  doch  dasz  es  mein  Schwanengesang  ist'  —  veran- 

huBt  dnrch  jene  obige  Stiile  des  OridiuS;  welche  obendrein 

wol    geschmacklos  miszangewendet   ist.    Denn  ich   glaube 

dan  der  Ausdrack  Vas  Dido  sagt  das  gezogene  Schwert 

haltend*  zur  Bežeiehnung  'unmittelbar  ehe  sie  sieh  tödten 

wüf  und  ais  poetisch  symbolischer  Ausdnick  ttber  rõmische 

mid  Ovidische  Diehtersprache  nicht  hinausgeht;  dasz  aber 

die  fõrraliche  Präsentation  des  Bildes,  dasz  sie  diesen  gan* 

len  Brief  Hchreibt  mit  dem  Schwerte  auf  d^n  Sehosz,  ge- 

icbmaekloB  ist  und  wol  über  Ovidius  hinaus.    Doeh,  worauf 

es    varn   eigentlich   ankommt,    die  Verse  1183—1%   passen 

jedenfaUs  durchaus  nieht  zu  der  Situation  in  der  sieh  die 

Epistel  bewegt,  und  passen  femer   durchaus  nioht  zu  den 

Mffmtttelhftr  YorheoTgehenden  Versen.    AUein  auch  die  Vers- 

poiüe,  welehe  mit  182  schlieszt,  Ton  169  an:  nota  mihifireta 

suMi  U8W.  paszt  wieder  durchaus  nicht  zu  ihrer  Vorpartie. 

Denn  nnnnttelbar  vorher  waren  die  Beschwõrungen  aosge- 

Q2 


CCXLU        DIE  SOeENANHTEN  0VIDX8CHBN  HBROIDEV. 

^ehõrt,  nemlich  einen  Pentametor  mit  gans  spondeiscbem 
erstem  Theil.  Und  nun  folgen  bis  Eom  Schlusse  V.  132 
noch  drei  dergleichen: 

120    quid  fiet  sonti,  cum  rea  laadis  agar 
122    infelix  ano  fratre  manente  cadam 
130    quam  mortem  firatri  depulit  ipsa  talit 

In  dem  ereten  dieser  Verse  wird  handefebriftlich  aueh  jEa/, 
9XLc]\  feret  geboten:  ^ quid  fiet  santi]  fieret  neipiemj  ino  fiat] 
Qtnimque  bene/  Heinsius.  Ich  biu  nun  der  Meinangy  daaz 
nach  den  Versen  83.  84,  bis  zu  welcben  der  Brief  nnange- 
fochten  fortgeht 

abstrahor  a  patriis  pedibas,  raptamque  capflKs  — 
haec  memit  pietas  praemia  —  carcer  habet, 

womit  der  Schlusz  nodi  nicht  gegeben  scheiut,  sieb  noch 
ais  urgprQiigliche  Verse  anschlieszen  119.  120. 

cu  ego,  quod  vivis,  poenae  crucianda  reservor: 
quid  fieret  sonti,  cum  rea  laudis  agar? 

mit  sehr  gutem  Schlusz  auf  deiyenigen  Qedanken,  der  ais 
ein  Hauptgedanke,  aus  dem  sie  schreibt;  auch  frOher  schon 
erschien:  für  meine  PieUlt  leide  ich.  Und  ist  dem  fN)»  bo 
steht  es  also  frei,  wenn  man  das  rationeller  findet,  fieret 
zu  sehreiben. 

7.  Dasz  die  siebente  Epistel  (DidO|  196  Verse)  nicht 
von  Ovidius  ist,  konnte  man  auch,  wenn  es  irgend  nõthig 
wäre,  aus  den  bekannten  Ovidischen  Versen  sehen  Amor. 
lly  18,  25  f.:  scribimus  .  .  .  quodque  tenens  strictum  Dido 
miserabilis  ensem  dicat  et  Aeoliae  Lesbis  amica  b/rae.  On- 
dius  bezeichnet  mit  jenen  Worten  in  qrmbolisch  poetisehem 
Ausdruck,  dasz  jenes  sein  Gedieht  Didos  letzte  Worte  ent- 
halte,  unmittelbar  ehe  sie  sieh  den  Tod  gab.  Dies  istaber 
in  der  heutigen  Heriüde  nicht  so.  Diese  setzt  die  Anwesen- 
heit  des  Aeneas  voraus  und  gibt  es  nicht  auf  ihn  umiu- 
stimmeu:  sie  bittet  z.  B.  wenigstens  sanftere  Winde  abza- 
warten  und  versucht  alle  Gründe  au&ubieteny  die  ihn  noch 
zur  RQckkehr  zu  Dido  bewegen  kõnnten.  Dies  alles  ist 
jXm  nicht  von  ihr  gesagt  in  dem  Augenblick,  wo   sie  sich 


mOS  80GSNAJNKTEN  OVIDIgCHEK  HEBOIDBII.        CCXLHI 

deH  Tod  geben  wird,  in  dem  sie  flberhaupt  deii  Aeneas  ttn 
fäthts  zu  bittoiiy  wol  aber  ihm  viel  zu  sagen  habea  kõnAte, 
sogar  aaf  die  aehr  nngewisse  Mõgliehkeit  dasz  der  Bri^ 
ihn  jemais  erreiehe,  Vorwttrfe  nemlich  und  PrcpheieiiUEigen. 
Und  in  dem  obigen  Sinine  steht  aneh  z.  B.  ganz  dentlick 
177—182: 

pro  meritis  et  ai  qna  tibi  debebimns  uhra, 

pro  spe  coohigii  tempora  parva  p  et o: 
dum  freta  mite«cunt  et  amor>  dum  tempore  et  U8« 

fortiter  edisco  tristia  posse  pati. 
ai  minua,  eat  animus  nobia  effiindere  vitam: 

in  me  crudelia  non  potea  esae  dia. 

Wenn  nun  hienach  folgt  183: 

aapicias  utinam  quae  sit  acribeatia  imago : 
acribimaa,  et  gremio  Troicus  ensia  adeat 

nsw.  bifl  znm  SchluBZ  196,  so  ist  das  dn  ganz  unerträg- 
iicher  Zusatz,  yeranlaszt  durch  die  AnfangSYerse  sic  ubi 
fata  voeant,  udis  abiectus  in  herbis  ad  vada  Maeandri  eancinit 
albus  oloTt  nee  quia  te  nosira  sperem  prece  posse  moveri, 
adloquor,  welche  nur  in  dem  Sinne  gemeint  sein  kõnnen: 
'ich  ftthle  doch  dasz  es  mein  Schwanengesang  ist'  —  veran- 
laszt  dnrch  jene  obige  Stelle  des  Oridius,  welche  obendrein 
wol  geschmaeklos  miszangewendet  ist.  Denn '  ich  glaube 
dasz  der  Ausdruck  'was  Dido  sagt  das  gezogene  Schwert 
haltend*  zur  Bežeichnung  'unmittelbar  ehe  sie  dich  tõdteu 
wilF  und  ais  poetisch  symbolischer  Ausdruck  ttber  rõmische 
und  Ovidische  Dichtersprache  nicht  hinausgeht;  dasz  aber 
die  fõrmliche  Präsentation  des  Bildes,  dasz  sie  diesen  gan* 
zen  Brief  Hchreibt  mit  dem  Schwerte  auf  d^n  Schosz,  ge- 
schmaeklos ist  und  wol  über  Ovidius  hinaus.  Doeh,  worauf 
es  uus  eigentlich  ankommt,  die  Verse  1183—1%  passen 
jedraÜAlls  durchaus  nicht  zu  der  Situation  in  der  sich  die 
Epistel  bewegtf  und  passen  lemer  durchaus  nioht  zu  den 
munittelbar  vorfaergehenden  Versen.  Allein  auch  die  Venh 
partie,  welehe  mit  182  schlieszt,  ¥on  169  an:  nota  mihifretu 
suni  usw.  paszt  wieder  durchaus  nicht  zu  ihrer  Vorpartie. 

Denn  unmittelbar  vorher  waren  die  Beschwõrungen  aosge- 

Q2 


CCXLVI        DIB  BOGtKSAXWtKS  OVWWCBEM 

Das  will  auch  80  viel  noeh  nicht  sagen:  der  Roek  von 
Thrftnen  8o  schwer  wie  von  Regen  freilkh  mehi,  dan  das 
Briefpapier  ihr  in  der  Händ  zittert  gar  nichtB.  Die  Uma- 
lingliehkeit  (um  gdinde  zu  reden)  diescfr  Vene  in  sieh  mag 
besondens  ins  Auge  Susen  wem  es  etwa  beifiele,  andeni 
genannten  Uebelstftnden  dadureh  zn  enigehen  dasx  er  145 
bia  15(1  fftr  Zosatz  hielte.  Wenn  der  Brief  \m  76  geht,  ao 
enthAlt  er,  enva  am  Sf hlusz  dee  erston  'Alges  der  Verlassen- 
heit  gesehriebeu,  ohne  Erwartung  einer  Reltong  die  Sehil- 
dening  defn  Erwacfaens  und  des  yerzweiflungSYollen  Yerlanfs 
des  ersten  Ta^en.  Daran  geknflpft,  von  V.  59,  die  Anasieht 
ihrer  yerzweifelten  Lage  sogar  fAr  den  gedachten  Fail  dass 
elwa  noch  Mensoben  landeten  und  ste  fortführten.  Und  das 
Wiedereinlenken  auf  den  jetzigen  Augenbliok,  wo  der  Tod 
sicher  genug  bevorsteht,  oder  —  mit  81.  82  —  wo  der  Tod, 
sicher  genug,  nur  noeb  flbertroffen  wird  yon  der  Erwartung 
des  Tõdes,  der  in  tausend  Gestalten .  vor  ihre  Phaatasie 
tritt.  Warum  ist  denn  unter  diesen  tausend  Sebreckgestaiten 
nicbt  die  sicberste  und  unentfliebbarste  —  des  Verbongems? 
So  wie  sie  anfing  auf  die  verscbiedenen  m^licben  Weisen 
des  ibr  drohenden  Tõdes  im  einzelnen  einzugehen,  so 
durfte,  man  mag  die  idealen  Freibeiten  der  Foesie  noeb  so 
weit  ausdebnen,  von  einem  naebdenkenden  Dicbter  dieses 
nicbt  unerwäbnt  gelassen  werden:  dem  sie  docb  zn  steuem 
keine  Mittel  batte  wie  Pbiloktetes,  dessen  Fabel  daran  er- 
innem  mag,  wie  poetiscb  sicb  dieses  Moment  verwertben 
Iftszt.  —  Sollte  man  scbon  bei  dem  dritton  Verse  des  Biiefii 
yuae  (andere  Lesart  guam)  legü  ex  illOj  Theseu,  tibi  Htarf 
mitio,  unde  tnam  xine  me  rela  tu/ere  roiem  anstoszen  wollen 
und  fragen:  icb  scbicke  dir  —  durcb  wen?  so  dftrfte  das 
nicbt  berecbtigt  sein.  Das  'gaae  oder  quam  legü  mitio  iHri 
liiore  usw.  braucbt  wol  nicbts  zu  bedeuten  ais  ein  doad  te  — w 
Sie  wird  die  Scbilderung  ibrer  Lage  in  der  kurzen  Frist, 
die  ibr  noeb  bleibt,  und  getrieben  der  Bitterkeit  ibres  Ge- 
fabls  Ausdruek  zu  geben,  ais  einen  Vorwurf  für  Tbeseus 
binterlassen,  selbst  fttr  den  unsicbem  Fail,  ob  der  Brief  ge- 
fonden  werden,  ob  er  an  Tbeseus  gelangen  wird. 


DIE  SQGSNANNTEN  OYIDISCHSN  HEBOIDBN.       GCXLVn 

Der  meiner  Heinun^  nach  ursprttngliche  Tfaeil  des  Brie* 
fes  Bcheint  Ansprueh  machen  zu  dttrfen,  dasz  man  dnige 
Unebenheiten  durch  Nachbessenmg  hebe.  So  V.  19.  20: 

nime  hoc,  nunc  ilhic,  et  utroque  sine  ordine  carro: 
aita  pnellares  tardat  harenapedes, 

Ich  meine: 

nnnc  hnc,  nunc  illnc,  et  utroque  sine  ordine  curro : 
nui  la  pnellares  tardat  harena  pedes. 

V.  65 — 68,  woduroh  ganz  wider  den  bisherigen  Styl  cÜö^ 
selbe  Saebe  dreimal  gesagt  erseheint,  aucb  die  Bezeiehnoiig 
puero  cogmta  terra  lovi  ais  ungehõrig  and  gesncbt  äuffftllt; 
darf  man  enteehieden  für  eingeschoben  halten.  V.  69  ist 
ei  pattr  et  iellus  die  richtige  Lesart,  nicht  at  pater  —.Ob 
man  V.  81.  82,  wie  gesagt,  nocb  hinzunebmen  will,  kann 
ftberlassen  bleiben.  Das  Elend  der  Verse  76 — 79  liegt 
offen.  In  den  nftebsten  der  Interpolation  zugeschriebenen 
Versen  klang  mir  die  Elision  guis  sett  an  haec  saevas  ty/ri* 
das  msula  habet?  V.  86  befremdlicb.  Viertel  sagt  mir, 
im  Ovidins  fnm  in  gangbarer  Weise  zu  sprechen)  wenigstens 
gebe  es  Elision  in  dieser  vorletzten  Sylbe  des  Pentameters 
nnr  zweimal,  und  beidemal  mit  e  im  Infinitiv:  Trist.  IV,  2, 
54  resistere  eguos.  Pant.  I,  8,  46  addere  eguos.  —  Derselbe 
bemerkt  mir  eine  Beltenheit  aus  dem  ursprflnglichen  Theile, 
Y.  27  ascendo:  vires  anhnus  dabat,  atgue  ita  läte:  eine  Elision 
in  der  ersten  KUrae  des  Dactylus  im  fttnften  Fusze  komme 
bei  Oy.  nur  in  den  Metamorphosen  vor,  und  zwar  blosz 
atque  ita  V,  214.  iile  ego  I,  757.  (ergo  ego  VII,  172.)  — 
Ich  will  der  Bemerkung  hier  nocb  einen  Platz  geben  dasz 
in  der  ersten  Hälfte  acht  Synalõphen  sind,  in  der  zweiten, 
die  sich  uqs  ais  Zusatz  aufgedrungen,  gieich  langen  sind 
drei  Synalõphen.  —  Wenn  ich  aber  dergleichen  nirht  un- 
werth  der  Anftthrung  halte  ais  Zugabe  dringenderer  Ver- 
dachtsgrttnde  aus  den  Sachen,  so  erinnere  ich  absichtlich, 
dasz  jene  dringenden  Verdachtsgrttnde  fBr  mich  die  ent- 
scheidenden  waren.  Ich  habe  diesen  Ariadnebrief  nach  lan- 
ger  Zeit  und  ohne  meine  frtthere  Entscheidung  im  Gedftcht- 
nisse  zu  haben  jetzt  wiedergelesen  und  bin  ganz  auf  das- 


CCXLVm      DIB  WOCKMäXKTEX  €fWtmBCaEM 


•elbe  Efgdmis  gtkommm.  Der  xweite  TheQ  des  Briefes 
iü  fort  md  fort  GeAhl  und  Vctvlud  beleidigimd :  er  ist 
seheofzlifh. 

9.  Sehr  ins  £ii^  geiogen  mflesoi  die  Zeüveriiiltnisse 
in  der  Deianira  gedatht  wetden»  der  nennten  Epistel 
(16S  Verse».  Man  musz  denken:  ais  das  Gerflcht  sieh  ye^ 
breitet,  Hercales  liebe  die  lole  (TgL  Meiam.  IX,  135— UO), 
hat  sie  dem  Hercules  das  giftige  Gewand  fibetselückt  Ais 
Ide  anfekommen  und  durch  ihie  fibermlltluge  Gegenwait 
das  GerAcbt  zur  Grewisheit  gemacht  und  die  Eifersaeht  nea 
anfgestachelty  schreibt  sie  diesen  Brief  uur  yoU  yon  den 
Grefllhl  ibm  Vorwfirfe  zu  machen;  der  Gedanke  der  au  er- 
wmrtenden  Wirkung  des  fibersendeten  Gewaades,  die  eine 
Wiedervereinigung  erhoffen  laszt,  ist  nicht  Yorhanden.  Jedra- 
(alls  zu  groszer  Bequemliehkeit  eines  zum  Ausdruck  feineier 
gemischter  Empfindungen  gänzlich  unbegabten  Autors.  Wfth- 
rend  des  Schreibens  kommt  die  Botsehaft,  nein  das  Gerfleht 
(145 j,  wir  woUen  also  sagen,  es  kommt  ihr  das  Gerfleht  la 
—  an  dessen  Wahrheit  sie  mit  ihrem  Bewusztseia  keinen 
Augenblick  zweifeln  kann  —  dasz  Hercules,  der  das  G^ 
wand  nun  angezogen,  uuter  den  Qnalen  desselben  zu  Grunde 
gehe.  Da  wendet  sich  Zom  und  Eifersucht  in  Klage  und 
Verzweiflung  über  ihre  That,  mit  der  Erwartung,  diese 
Rechtfertigung  werde  wol  anch  noch  tot  die  Augen  des 
lebenden  Hercules  kommen.  Was  wir  um  so  wenigw  be- 
denklich  findeu  wollen,  weil  allerdings  gerade  hier  schcm 
das  griechisclie  Drama  die  Zeitverhältnisse  poetisch  aqfU- 
lend  zusammengerlickt  hat.  Ob  man  überhaupt  fragen 
ddrfte,  warum  sie  den  Hercules  denn  auch  jetzt  noch  die 
ganze  Abkanzelung  will  genieszen  lassen,  weisz  ich  nioht 
Bei  dem  Yerfasser,  der  diese  vorliegende  schrieb/  darf  man 
es  gewis  nicht.  Ich  finde  keinen  einigermaszen  entsehd- 
denden  Grund,  dasz  der  ursprUngliche  Brief  nur  eben  bis 
zu  den  Worten  gegangen  133 — 136: 

Eurytidosque  loles  atque  Aonii  Alcidae 
tnrpfa  famoeus  corpora  iunget  Hymen. 


L 


DIB  80GBNANKTEN  OVIDISCHEK  HIOeOIDEH.  CCXLIX 

mens  fngit  admonitii,  frigusqae  peranbulat  artns, 
et  iaeet  in  gremio  laogui^^  facta  maaos, 

80  8ehr  dies  nach  einem  SoUusz  aussehen  kõnnte.  Die 
Uebeigangsyene,  munentlich  137.  138,  mflssen  ganz  und 
gar  ruiniert  sein  oder  die  ursprtkiglichen,  die  doch  nõthig 
waren,  dttrch  ansiimige  ersetzt. 

Gewis  ist,  diese  Epistel  der  Deianirft  ist  in  derganzen 
Sammlung  eine  der  widerwärtigsten,  eine  sohwer  geladene, 
jedes  Hauchs  Ton  Grazie,  jeder  wirklichen  Leidenschaft  ent^ 
behrende  —  es  ist  wol  das  richtige  Wort  —  Abkanzelung. 
Um  etwas  Einzelnes  zu  bertthren,  wamm  ist  sie^  denn  am 
Anfang  so  sehr  erstannt,  dasz  Hercules,"  den  keine  Gefalir 
besiegt,  von  der  Liebe  besiegt  worden,  ais  sei  dies  etwas 
ganz  Nenes,  w&hrend  sie  doeh  das  LeporeHoregister,  und 
aus  der  Zeit  ihrer  Ehe,  sehr  wol  inne  hat  und  es  aufroUt 
y.  49  ff.?  Aber  bei  alle  dem  kann  ich  nicht  glauben,  dasz 
die  ganze  Schilderung  des  Hercules  bei  der  Omphale,  wie 
sie  jetzt  hier  steht,  anders  ais  durch  Interpolation,  welche 
die  Anlage  noch  Ubertyrannte,  in  diese  Gestalt  gekommen 
sei  statt  des  ursprttnglichien  Fortgangs  64.  103.  104.  145  ff. 
So  absichtlich  und  im  prägnanten  Sinne  g>0QTixMg  wird  da 
auf  den  schon  vollen  Wagen  noch  alles  Schwerfälligste  hin- 
aufgeworfen,  der  Diomedes  mit  seinen  Pferden  sogar  zwei- 
mal,  67^  90.  Der  Cerberus,  der  doch  schon  oben  nicht  ver- 
gessen  war  (37),  kommt  auch  wieder  92.  Das  Schlangen- 
erdrttcken  in  der  Wiege  22,  hier  wieder  86.  Was  105  sagt, 
besagte  schon  84.  Dasz  der  Verlasser  dieses  Briefs  die  Er- 
zShlung  im  9.  Buche  der  Metamorphosen  gelesen  hat,  zeigt 
sich  wol,  aber  meist  in  angehafteten  Kleinigkeiten  des  Aus- 
dmcks,  so  dasz  die  Naohahmung  mehr  gemieden  ^Is  gesud^t 
soheint.  Im  Saohlichen  ist  wol  am  aufEiEdlendsten  der  Meleager 
in  der  Nachschrift,  V.  151,  verglichen  mit  Met.  IX,  150. 
Allein  die  Art  wie  in  der  Fartie,  die  wir  jetzt  bespreCiben, 
der  dreikopfige  Geryon  zusammen  mit  dem  dreikdpfigen 
Cerberus  genannt  wird,  91  ff.,  wie  gerade  hier  Busiris  und 
Antäos  berangezogen  werden,  69  ff.,  darf  man  wol  grõbli^he 
Nachahmung  nennen.  —  Y.  73  ist  Ars  am.  II,  21 9« 


CCL  DU  SOaSNAKNTEN  OVIDISCHEK 


:i;i''» 


Was  das  Postscriptum  betrifflt,  so  ist  Aer  ganse  Gledanke 
läppisch,  und  wo  mõglich  noch  Iftppischer  ist  die  Augfflhmiig, 
wie  sie  Brief  schreibend  mit  einem  Male  Strophen  dÜchtet 
Es  mag  wol  derselbe  sein^  der,  ala  er  von  Aafang  in  lor- 
niger  Leidenschaft  aufzutreten  hatte,  einhertappte  wie  tbk 
Bär,  der  jetzt,  da  ihm  so  etwas  vorschwdit  wie  Liebesweb, 
sich  wieder  nicht  zn  benehmen  weisz  und  aich  eine  ftnszere 
Formzierlicbkeit  anlegt,  ttbrigens  doeh  gltieh  wieder  in  die 
Thatsaehen  der  Mythologie  fftllt.  Und  es  mag  scben  sein, 
dass  gerade  ein  Stttck  wie  dieses  gar  sehr  den  BeifaU 
jener  rõmischen  yomehmen  Herren  gewinnen  konnte,  deren 
Gescbmack  Phyllidas  Hypsipylaa  vatum  ei  plorabUe  si  guid 
BO  sehr  in  Ehren  hielt.  Wir  woUen  sie  nicht  zu  hart  be- 
urtheilen.  Habeh  wir  uns  selbst  ja  mit  diesen  Heroiden  hin- 
reiehend  blamiert 

10.  Dasz  Phädra,  Paris  und  Helena  durch  und  durch 
Ton  Interpolationen  und  Erweiterungen  durchzogen  sind, 
scheint  offenbar.  Die  Erwägungen  im  einzelnen  und  die 
Herbeiführung  einiger  Sicherheit  wird  die  grõszten  Schwierig- 
keiten  haben,  auch  fttr  den  der  sich  mehr  zutrauen  darf  ais 
ich  und  der  in  der  Lage  ist  auf  diesem  Gebiete  anhaltender 
zu  verweilen.  Zur  Medea  will  ich  noch  ein  paar  Bemer- 
kungen  festhalten.    Medea  beginnt  die  zwõlfte  Epistel: 

At  tibi  Colchorum  —  memiiii  —  r^oa  vacari, 
ars  mea  cum  peteres  ut  tibi  ferret  opem. 

'leh  aher  habe  doch  für  dich  Zeit  gehabt*  —  also  sie  hat 
den  lason  zu  sich  entbieten  lassen  und  er  sich  entschnldigt 
mit  Oeschfiften.  Es  war  dies  geschehen,  naehdem  rtnige 
(169),  nicht  gar  lange  (188)  Zeit  nach  der  Hoehzeit  lasons 
vergangen  war.  Was  aber  verlangt  sie  da  von  ihm?  reJie 
torum  —  193.  Er  soil  Creusa  wieder  verstoszen  und  sie 
selbst  zurflcknehmen.  Das  ist  unsinnig.  Ob  es  ursprlingUeh 
ist?  Das  Frflhere  scheint  auf  diesen  Gedanken  nicht  gear- 
beitet.  Und  die  Beschaffenheit  der  Yerse  schon  ron  169 
fordert  die  gröszten  Bedenken  heraus.  Der  sehwSchlicbe 
Ausdruck  des  bloszen  non  mihi  grata  dies  und  das  schwieh- 


DIE  SOeBKAKKTEH  OVIDISCHEV  HIOKOIDBK.  CCLI 

liehe  Zarttekgehen  zu  dem  Nichtochlafenkonnen  nach  dem 
enei^schen  Torangegangenen  unum  non  potui  perdõmuisse 
virum  und  non  valeo  Jlammas  ejfugere  ipsa  meas  nebst  dem 
nachhinkend  kommeaden  Draohen  und  dem  ungeschickten 
Aosdrack  in  Y.  ITl^ffttlt  mir  jedesmal  mif.  Ebenso  nach 
dem  Beiwort  stuUae  das  Bchwftchliche  Beiwort  iniustis  auribus. 
Dann  die  Gliederung  des  fdr  sich  eintretenden  Pentameters 
178  nach  den  drei  zusammen  Terbundenen  Yersen  musz 
wenigstens  beachtet  werden  (vgl.  aher  Y.  62).  Höchst  auf- 
fallend  ist  dasz  sie  180  sagt  flebit  et  ardores  vmcet  adus  ta 
meos  in  reiner  unbesonnener  Yeigeszliehkeit,  ais  ob  sie 
schon  den  Plan  gefaszt  die  Braut  zu  verbrennen,  während 
sie  ja  noeh  gar  nicht  wdsz  welche  Art  des  Yerderbens  sie 
wählen  wird,  181.  207  S.  Sodann  die  Yerse  189.  190,  ais 
ob  sie  die  Kinder  blosz  deshalb  weil  sie  dem  lason  ähnlich 
sind  liebt  und  bemitleidet  und  vor  derWuth  der  Stiefmutter 
geschtttzt  wissen  mõehte.  Was  an  imd  für  sich  und  nach 
188  saeviet  in  partus  dira  noverca  meos  ganz  wunderlich 
und  unerwartet  isi.  V.  192  per  meritum  et  natos  pignora 
nostra  duos  doch  ganz  ungeschickt  nach  dem  eben  Voran- 
gegangenen,  ais  ob  die  nati  nun  erst  aufträten.  Y.  159 
adde  Jidem  dictis  auariliumque  refer,  Wenn  das  redde  torum 
1 93  unsinnig  ist,~  so  ist  dieser  Zusatz  'und  erf&lle  damit  das 
mir  gegebene  Yersprechen,  dasz  ich  deine  Frau  sein  solf 
wahrlieh  nicht  sinnig.  Y.  202:  wenn  er  ihr  das  goldene 
Fell  zurttckgibt;  dann  isfs  gut.  Ich  wdszte  nicht  dasz  der 
Torangehende  Bestand  des  Briefs  dem  Gleiches  böte,  nament- 
lich  auch  diesen  zuletzt  bemerkten  Punkten  Gleiches.  Und 
T<m  dem  allem  hat  eine  wiederholte  Betrachtung  nor  abge* 
zogen,  dasz  die  Yerse  187 — 190  auch  dem  nicht  gehõrem 
der  sie,  nachdmi  ihr  Zom  zu  einer  Hõbe  gelangt,  noeh  die 
Verae  von  180  an  sprechen  liesz,  sondem  wieder  eine 
Interpolation  fÜr  sich  sind.  Die  Worte  per  superos  oro 
osw.  schlieszen  sich  ersichtlich  an  186  nec  moror  ante  tuos 
procubuisse  pedes.  Und  dann  dasz  das  Adjectiv  iniustis 
unter  allen  Umständen  eher  verdorben  sein  wird,  z.  B.  statt 
infestis.  Aher  alles  Uebrige  musz  ich  immer  wieder  festhalten 


CCLn  DIB  SOOElf  AKIITEN  OVIDIBCHEIT  BBBOIDBK. 

und  halte,  wenn  man  das  Mdgliehste  zugibt,  fitar  dm  nr. 
gprflnglichen  Bchlu8z  Folgendes: 

163    serpentes  igitnr  potni  taurosqne  fureotes, 

anum  non  potui  perdomuisse  vimm?*) 
165    qaaeqne  fer«6  pepnli  doctis  medicatibiis  ignes, 

non  valeo  flammaa  effagere  ipsa  meas  ? 
ipsi  me  cantus  herbaeque  artesque  relinqaant: 

nii  dea,  nii  Hecates  sacra  potentis  agont. 
173    quoB  ego  senraTi  paelex  amplectitor  aitas, 

et  noBtri  fructus  illa  laboris  habet. 
175    forsitan  et,  stultae  dum  te  iactare  maritae 

quaeris  et  infestis  auribus  apta  loqoi, 
in  faciem  moresque  meos  nõva  erimina  fingas. 

rideat  et  vitiis  laeta  sit  illa  meis? 
181    dnm  ferrum  flammaeqne  aderont  sncosque  veneni, 

bostis  Medeae  nullos  inoltus  erit 
209    quo  feret  ira,  sequar.**)  facti  fortasae  pigebit. 

et  piget  infido  cousuluisse  viro. 
viderit  ista  deus  qui  nunc  mea  pectora  versat. 

nescio  quid  certe  mens  mea  maius  agit. 

In  dem  vorhergehenden  Theil  des  Briefes  sind  Inteipo- 
lationen  zuerst  V.  11.  12.    Ferner  53.  54  Bteht: 

quam  tibi  tunc  longe  regnom  dotale  Creusae 
et  socer  et  magni  nata  Creontis  erant! 

und  wieder  steht  103,  abschlieszend  die  zweite  An&flUung 
der  Gefahren,  welcfae  hier,  ganz  anders  wie  oben,  sehr  aof- 
fallend  nach  Met.  Vn,  1 34  gearbeitet  ist^  aucli  das  agpM  egB 
pallida  sedi,  dort  ipsa  quoque  .  .  palltdt^ 

dotis  opes  ubi  erant?  ubi  erat  tibi  regia  conianx 
quiqoe  maris  gemini  distinet  Isthmos  aquas? 

Beide  Distichen  zusammen  kõnnen  nicht  bestehen;  eines 
musz  weichen.  Und  vielleicht  deutet  ihre  sonderbare  Stel- 
lung  nocfa  auf  etwas  Weiteres.  Mit  der  grõsiten  Sicherheit 
sind  sodann  Y.  115 — 127  in  Gedanken  und  Styl  und  Roh- 
heit  der  Sache    barbariscb  und    ganz  aus  dem    bisberigen 


*)  Ygl.  Tib.  n,  I,  72  fixisse  puellas  gestit  et  attdaces  perämmuiu 
viros, 

**)  Vf^-  Sen.  Med,  942  ira  guo  duett  sequar. 


MB  SOGEIIANNTEN  OVIDISCHEN  HEBOIDSIf.  CCLUI 

Tone  henuagdhend.  Aber  schon  von  dem  Aosdruek  111 
frirginäas  Jkcta  ett  pereärini  praeda  latronü  mu8z  ieh  das 
sagen  and  das  Distichon  111.  112  auch  fttr  nioht  ursprQng^ 
lich  halten.  Solch  roher  Ausdruck  über  lason  ist  nicht  ge- 
geb6ii.  Bis  Y.  134  drückt  sie  sich  nicht  einmal  über  ihn 
xomig  aos.  Und  nur  die  genannten  Yerse  wftm  es,  nach 
welcben  man  das 

iussa  domo  cessi,  natis  oomitata  doobus 

et  qui  me  sequitur  semper  amore  tui 

y.  136  frappierend  finden  müszte.  Von  da  an^  wo  sie  an 
den  Punkt  gekommen,  dasz  er  nicht  nnr  sie  aus  seinem 
Hause  entfemt,  sondem  sich  mit  ein^  andem  vennählt  hat, 
und  unter  den  Bildern  der  ganz  kürzlich  vollzogenen  Hoch- 
zeit  erwacht  ifar  Zlorn  und  ihr  Rach^efühl. 

Der  erste  Autor  wie  die  Nacharbeiter  kennen  Ovidius 
wie  Seneca  gleich  gut  116  sie  egOy  sed  tecum,  däaceranda 
fui  ist  nach  dem  Yers  der  Amoren  UI,  1 4,  40  tunc  ego,  sed 
iecum^  mortuus  esse  velim.  Und  doch  ist  YieUeicht  hier  dem- 
jenigen^  dem  diese  wirklich  besonders  sohlechten  Yerse  ge- 
hõren/  etwas  begegnet,  was  vielleicht  dem  ursprtlngliohen 
Autor  nicht  begegnet  wäre.  121  heiszt  nemlich  (nach  MeL 
XY;  338  undarum  sparsas  Symplegadas  elisarum)  eompressos 
utinam  Symplegades  elisissent.  Nach  meiner  Reminiscenz 
(und  Yiertel  bestätigt  mir  dasz  sie  richtig  ist)  hat  der  ele- 
gische  Hexameter  weder  in  den  Heroiden  noch  im  Ovidius 
andere  Spondiaci  ais  mit  Nomen  proprium,  meist  griechischem. 
Das  virginitas  facta  est  peregrini  praeda  latronis  ist  nach 
Sen.  Med.  973  rapla  virginitas  redit.  Aber  auch  der  vor- 
hergehende  echte  Yers  110  proditus  est  genitor,  regnum  pa- 
triamque  reliqui,  munus  in  exilio  quodliiet  esse  tuli  ist  nach 
Sen.  Med,  493^  wie  schon  Burmann  angemerkt  hat,  poenam 
putabam,  munus,  ut  video,  est  Juga.  Ich  glaube  aber  dasz 
die  eigentliche  Lesart  war  munus  et  exilium  quodlibet  esse 
tuli.  Ygl.  noch  YQ,  168  dum  tua  sit  Dido,  quidlibet  esse 
Jeret.  —  Dasz  in  dem,  wie  mir  schien,  eingesetzten  Stück 
am  Schlusz  Y.  205  nach  Trist.  Y,  9,  20  ist  und  Y.  207  quos 
equidem  actutum  nach  Mel,  III,  557  quem  quidem  ego  actutum, 


CCUV  BIE  SOGKNAKMTEN  OVIDI8GHSH  HEMMDBE. 

ist  bei  den  Herausgebem  m  sehen.  Nadi  136  vor  den 
ui  subäo  nostrng  ügmen  cantatus  ad  mitrm  vemii  gtõflrt  Bisn 
8ehr  an.  Es  fehlt  dnrchaus  der  Gedanke:  'da  aber  kam 
deine  neue  Ehe.' 

Bei  Gelegenheit  des  ui  subito  xmw.f  wo  drei  Diatiebei 
zu  einem  syntaktisehen  Ganzen  verbimdea  mnd  und  aelbit 
das  Nachsatzverbum  erst  im  dritten  Distichon  kommt,  sei 
erinnert,  dasz  oben  V.  13,  wo  die  Fonn  der  Verbindiug 
zwar  immer  weniger  streng  w&re  and  daa  erste  Nachsatz- 
verbum schon  in  der  dritten  Zeile  eintrftte,  sie  aber  flber- 
haupt  wol  nicht  stattfindet,  sondem  hinter  boum  mit  stir- 
kerer  Interpunction ,  einem  Ausrofiingszeichen,  schon  abRh 
schlieszen  wäre.  Eine  Statistik  solcher  sechszeiligen  Ver- 
bindungen  wäre  sehr  wfinschenswerth.  Ich  finde  daaz  ieh 
einmal  aus  den  Amoren  die  Stellen  angemerkt,  und  ist  mir 
nicht  etwas  entgangen,  so  sind  es  nur  folgende:  I,  3,  7.  11, 
16,  33.  —  II,  9,  1.  n,  11,  1.    Ihr  Bau  ist  interessant 

Und  hiermit  schliesze  ich  diese  Betrachttingen.  Mdchte 
ein  schärfer  Blickender  weiter  gehen.  Mõge  aaeh  ein  jftn- 
gerer  Mann  uns  einen  Ovidius  sui  imitator  geben,  was  er 
allerdings  ist,  und  daneben  Pseudo-Ovidiorum  tmišatianet. 
Der  Unterschied  wttrde.schon  auch  da  in  die  Augen  springen. 


Berichtigungen. 

8.  XVI  Z.  U  fttr  3,  69  1.  4,  59. 

8.  XXYm  anten:  Jupiter  hat  mit  Unwetter  —  Ich  finde  dieses  BicM 
deutlich  genug  ausgedrückt  and  bitte  so  zu  lesen:  Jupiter  hat 
mit  Unwetter  die  Stadt  geschreckt,  er  hat  die  Yölker  geschreckt 
(fOrchten  gemacht),  es  möchte  eine  Deukalionische  Ueberschwem- 
mung  hereinbrechen.  „Sahen  wir  ja*'  oder  „und  so  sahen  wir*' 
oder  .jdenn  wir  sahen'*  den  Tiber  die  R^gia  und  den  Vestatempel 
bedrohen.  Wobei  auch  sehr  zu  beachten,  dass  offenbar  daa 
Hauptgewicht  gar  nicht  auf  die  Ueberschwemmung  fUlt,  sondem 
auf  die  Bedrohung  der  die  Grosse  und  den  Bestand  von  Bom  ver- 
bürgenden  Stätten. 

8.  XLI,  12  dur  Lied  1.  durch  Lied  auf  Lied. 

8.  CXLI,  9  Mäcius  1.  Trebatius. 

8.  CLXXXIV  Z.  15  V.  0.  1.  mir  st  nur. 

8.  CC  Z.  tl  V.  0.  1.  Wölk  st.  Völck. 

8.  CCIV  Z.  18  y.  u-  1.  excitari  und  refringit  st.  exercitari  und 
refingit. 

8.  9  unter  dem  Text:  urget.  urit.  1.  urget  Jul.  Scaliger.  urit. 

8.  46  hinzuzufügen  unter  dem  Text :  1 1  Ueberlieferung  flumen  et  regnata 
petam  Laconi. 


a.  HORATIUS  FLACCÜS. 


Q.  HORATII  FLACCI 

CARMINUM 

LIBER   PRIMÜ8. 
I. 

Maecenas  atavig  edite  regibus, 
o  et  praesidium  et  dulce  decus  meum, 
Runt  quos  cumculo  pulverem  Olympicum 
collegiöse  iuvat,  metaque  fervidis 

5     evitata  rotis  palmaque  nobilis 
terrarum  dominos  evehit  ad  deos: 
hunc,  gi  mobilium  turba  Quiritium 
certat  tergeminis  tollere  honoribus; 

illum,  si  proprio  condidit  horreo 
10    quidquid  de  Libycis  verritur  areis. 
gaudentem  patrios  findere  sarculo 
agros  Ättalicis  condicionibus 

numquam  demoveas,  ut  trabe  Cypria 
Myrtoum  pavidus  nauta  secet  mare. 
15    luctantem  Icariis  fluctibus  Afrieum 
mercator  metuens  otium  et  oppidi 

laudat  tuta  sui:  mex  reficit  rätis 
quassas;  indocilis  pauperiem  pati. 
est  qui  nec  veteris  pocula  Massici 
20    nec  partem  solido  demere  de  die 


18  tuta.   B    nach  Acidalius.   rura. 


I  Q.  UOIiATII  FLACCI 

Hpernit,  niine  vindi  uicnibra  sub  arbato 
Htratiifl,  nunc  ad  aquae  lene  caput  saerae. 
niult<>8  castra  iuvant  et  lituo  tubae 
pcrniixtu8  HonitiiA  t)ellaque  luatribus 

r>    detestata.    manet  8ub  love  frigido 
vcnator  tencrae  coniugi»  inniemor, 
Hcu  vi»a  est  catulifl  (^eira  fidelibiu^ 
tteu  ru])it  terete»  ^farsun  aper  plagas. 

ine  doetarum  hederae  praeinia  frontium 
'M)    A\H  luiscent  superig,  me  gelidum  nemus 
nyuiphammque  leves  cum  satyris  chori 
seceniunt  populo,  dum  neqne  tiblas 

Euterjje  coliibet  ncc  Polvlijninia 
Lesboum  refugit  tendere  barbiton. 
.''•5    quod  si  me  lyricis  vatibus  inseres, 
sublimi  feriam  sidera  vertie^. 


II. 

lam  aatis  terris  uivis  atque  dirae 
«grandi  nis  misit  pater  et  rubento 
dextera  flaeras  iaeulatus  arcis 
terruit  urbeni, 

5     terruit  gentis,  grave  ne  rediret 

saeculum  Pyrrbae  nõva  monstra  quc^tac, 
omne  cum  Proteu8  pecus  egit  altos 
vi^ere  montis. 

pii»eium  et  Aumma  genm  baenit  ulmo, 
10    nota  quae  sedcs  fuerat  columbis, 

as  dom.    8i. 


CARMINÜM  LIB.  I.  %  5 


;> 


et  superiecto  pavidae  natarunt 
aequore  dammae. 

vidimus  flavum  Tiberim  retortig 
litore  Etrusco  violenter  undis 
t5     ire  deiectum  monumenta  regis 
templaque  Vestae, 

Iliae  dum  se  nimium  querenti 
iactat  ultorem,  vagus  et  sinistra 
labitiir  ripa  love  non  probante  u- 
20    xoriiig  amniR. 

audiet  civis  acuisHe  fcrrum, 
quo  graves  Persae  melius  perirent, 
audiet  pugnas  vitio  parentum 
rara  iuveiitus. 

25    quem  vocet  divum  populus  ruentis 
imperi  rebus?  prece  qua  fatigent 
virgines  sanctae  minus  audientem 
carmina  Vestam? 

cui  dabit  partis  scelus  expiandi 
30    luppiter?  tandem  venias  precamur 
nube  candentis  humeros  amictus^ 
augur  Apollo: 

sive  tu  maviS;  Erycina  ridens, 
quam  locus  cireum  volat  et  Cupido : 
35    sive  neglectum  genus  et  nepotes 
respicis  auetor 

heu  nimis  longo  satiate  ludo, 
quem  iuvat  clamor  galeaeque  leves^ 
acer  et  Marsi  peditis  cruentum 
40    yoltus  in  hostem. 


4>  a  HORATII  FLACCI 

sire  mutata  iuvcnein  figura 
alcfl  in  tcrris  imitariS;  alinae 
filius  Maiae  patiens  voeari 
Caesaris  ultor, 

45    8eru8  in  caelum  redeas  diuque 
laetus  intersis  populo  Quiriui, 
neve  te  nogtris  vitiis  iniquum 
ocior  aura 

toUat.    hic  magnos  potius  triumphos, 
ro    liic  ame«  dici  pater  atque  princeps, 
neu  sinas  Medos  equitare  inultos 
te  duce,  Caesar. 


lam  satis  terris  nivis  atque  dirae 
grandinis  misit  pater  et  rubente 
dextera  sacras  iaeulatus  arces 
terruit  urbem. 

13    vidimus  fiavuni  Tiberim  retortis 
litore  Etrusco  violenter  undis 
ire  deiectum  monumenta  regis 
templaque  casta. 

25    quem  vocet  divum  populus  ruentis 
imperi  rebus?   prece  (lua  fatigent 
virgines  sanctae  minus  audientcm 
caimina  Vestam? 

•29    cui  dabit  partes  scelus  expiaudi     ■ 
luppiter?  tandem  venias  precamur 
luee  eandentes  umeros  amictus 
augur  Ai)<)llo; 

10  rästa.  Ycstao.      31  luce.   niibe. 


CARMINÜM  LIB.  I.  2\  3. 

3    sive  tu  niavis,  Erycina  ridens, 
quam  locus  circum  volat  et  Cupido: 
sive  ueglectum  genus  et  nepotes 
respicis  auctor. 

t    sive  mutata  iuvenem  figuxa 
ales  in  terris  imitariS;  almae 
filiuB  Maiae  patiens  vocari 
Caesaris  ultor, 

5    serus  in  coelum  rcdeas  diuque 
laetiis  intersis  populo  Quirini, 
neve  te  nostris  vitiis  iniquum 
ocior  aura 

9    toUat.    hic  magnos  potius  triumphoS; 
hic  ames  dici  pater  atque  princeps, 
neu  sinas  Medos  equitare  inultos 
arva  negata. 


III. 

Sic  te  diva  potens  Cypri, 
sic  fratres  Helenae^  lucida  sidera, 
ventorumque  regat  pater 
obstrictis  aliis  i>raeter  lapyga, 

5    navis;  quae  tibi  creditum 

debes  Vergilium!  finibus  Attieis 
reddas  ineolumem  precor 
'  et  serves  animae  ^midium  meae. 

illi  robur  et  aes  triplex 
10    eirca  peetus  erat,  qui  fragilem  truci 
conmisit  pelago  ratem 
primuS;  nec  timuit  praeeipitem  Africum 

52  arva  negata.  te  duce  Caesar. 


S  a  HORATII  FLICCI 

(Iceertantcm  aquilonibus, 
nec  tristCH  hyadas,  nec  rabiem  noti, 
15    (luo  noil  arbiter  Hadriae 

raaior,  tollere  »eu  ponere  volt  freta. 

quein  mortis  Hmiiit  gmänm, 
qui  siecis  ooiilis  monstra  natantia, 
qui  vidit  mare  tiirbidum  et 
20  infamis  !*copulos  Aeroceraunia  ? 

nequiqiuun  deuH  abgcndit 
prudens  Oeeano  dissooiabili 
terras,  »\  tameii  inpiae 
non  tangenda  rates  tran^iliimt  vada. 

25    audax  omuia  pcrpeti 

gens  hiimaua  niit  per  vetitum  in  nefas. 

audax  lapeti  genus 

ignem  fraude  maia  gentibus  intulit. 

post  igncni  aetheria  domo 
30    subdnctiini  macieä  et  nõva  febrinm 
terris  ineubuit  cohors, 
semotiqne  priuR  tarda  necessifas 

leti  corripuit  gradiim. 
expertus  vacuum  Daedalus  aera 
35    pennis*non  homini  datis; 

pemipit  Aeheronta  Hereuleiis  labor. 

nii  mortalibug  ardui  eet: 
eaelum  ipsum  petimus  stultitia,  neque 
per  nostrum  patimur  seelus 
40    iracunda  loveni  ponere  fnlmina. 


26  Yetitom  in  neflEts.  vetitum  nefas. 


CARHINIJM  LIB.  I.  4.  5. 
IV. 

Solvitur  aeriö  hiems  grata  vice  verie  et  favoni, 
trahuntque  siccas  machinac  carina»; 
ae  nequc  iam  gtabulis  gaudet  pecus  aut  arator  igni, 
nec  prata  canis  albicant  pruinis. 

r>    iam  Cytherea  choros  ducit  levis  inminente  luna, 
iunetaeque  nymphis  gratiae  decentes 
altemo  terram  quatiunt  pede,  dum  graves  cyelopum 
Volcanus  ardeuB  urget  officinas. 

nune  decet  aut  vindi  nitidum  caput  inpedire  myrto, 
10    aut  flore,  terrae  quem  ferunt  solutae; 

nunc  et  in  umbrosis  Fauno  dec^t  inmolare  lucis, 
0eu  poscat  agua  sive  malit  haedo. 

pallida  Mors  aequo  pulsat  pede  pauperum  tabemas 
regumque  turris,    o  beate  Sesti, 
15    vitae  summa  brevis  spem  nos  vetat  incohare  longam. 
iam  te  manet  nox  fabulaeque  manes, 

et  domus  exilis  Plutonia.  quo  simul  mearis, 
nec  regna  vini  sortiere  talis, 
nec  tenerum  Lycidan  mirabere,  quo  calet  inventus 
20    nunc  omnis  et  mox  virgines  tepebunt. 


V. 


Quis  muita  gracilis  te  puer  in  rosa 
perfusus  liquidis  urguet  odoribus 
grato,  Pyrrha,  sub  antro? 
cui  flavam  religas  comami 


5  levis.  VenuB.      S.  urget.  nrit.      16  manet.  prcmet 


10  Q.  KK^RATII  FLACa 

tk    niiiiplox  nunulitÜM?  keu  quotiens  fidem 
iiiiitatoNqiio  (lof)H  flobit  et  a^fiera 
iiiKiiN  iuM|norn  vontifl 
««iiiiiiilutur  inH«)lon}«. 

i\\\\  uuuo  lo  fnntur  oredulus  aurea, 
i«t    i|m  noiupor  >iuMi:un,  ficniper  amabflem 
(«potAl.  lUMioiuH  luirao 
(iillii%)^     luUori.  (piibuH 

tutoiuptiUti  uiiOH,    mo  tabula  sacer 
\  oli  Ml  juitiOM  indioHt  uvida 

I  '      ill>i|iiv|uhan0   polouti 
U^fvllMIOUtll   nuuMM  \loo. 


VI. 

iSoiihiMiN  Vtiiio  forliM  ot  koHtium 

^  tolm ,  Miioonii  oanuiuiM  niiti, 

iiiuiiii  roni  oiiin(|uo  fon»x  nnvibus  aut  equis 

lil  il  ON  !o  il  noo  jcoHHorit. 

&     iii»H,  A^M'i|i|Mi.  noipio  hueo  dicorOi  nec  grarein 
IN^lidiio  Nri>ninohHni  oodcro  uosciiy 
liro  oiirHiirt  (liipliriH  por  luaro  IJlixei, 
itiM'  Nao\  illil  PrlitpiM  doninm 

niimniiir,  tt*iiiioK  ^n*aiulia,  dum  pudor 
lü    iiibtillirtipio  1)1110  iiiUHa  potcns  vetat 
laihlt^H  o;;rop:ii  (-aoHarJM  ot  tunH 
rulpa  lU^ton^ro  iiij^^oni. 

i|uiH  Martoin  tunioa  toetuni  adamantina 
lÜKUu  HorlpHorit,  aut  pulvore  Troico 
\k  iilfcrum  Morioaeuy  aut  ope  Palladis 

Tydldoti  Huporis  parem? 

%  alitl  Puieratiufl.   alite. 


CARMIKUM  LIB.  1.  6.  7.  11 


no8  conviWa,  nos  proelia  virginum 
sectis  in  iuvenes  unguibus  aerium 
cantamus  vacui,  nos  deeet  Euhium 
>    plectro  ludere  Teio. 


VII. 

Laudabunt  alii  claram  Rhodon  aut  Mityleneu 
aut  Epheson  bimarisve  Corinthi 
moenia,  vel  Baccho  Thebas  vel  Apolline  Delphos 
insignis,  aut  Thessala  Tempe; 

•  Bunt  quibus  unum  opus  est  intactae  Falladis  urbem 
carmine  perpetuo  celebrare  et 

undique  decerptam  fronti  praeponere  olivam; 
phirimus  in  lunonis  honore 

aptum  dieet  equis  Argos  ditisque  Mycenas. 
I    me  neque  tarn  patiens  Laeedaemon 
nec  tam  Larisae  percussit  campus  opimae 
quam  domus  Albuneae  resonantis 

et  praoceps  Anio  ae  Tibumi  lucus  et  uda 

mobilibus  pomaria  rivis. 

albus  ut  obscuro  deterget  nubila  caelo 

•  saepe  notus  neque  parturit  imbris 

perpetuo,  sic  tu  sapiens  finire  memento 
tristitiam  vitaeque  labores 
molliy  PlancOy  mero,  seu  te  fulgentia  signis 
I    castra  tenent  seu  densa  tenebit 

Tiburis  umbra  tui.    Teueer  Salamina  patremque 
cnm  fugeret,  tamen  uda  Lyaeo 


t9.  20.  Ueberlicfenuig:  caatamus  vaeni  sire  qoid  urimor  non  prae- 
tcr  solitum  Icves. 


12  Q.  H0RAT1I  FLACa 

temjHira  i>4»pulea  fertur  vinxisse  corona, 
sic  trititi»  adfatiiH  amic^MK: 

25    'qiio  mm  ciiniqiie  feret  melior  fortuna  parente, 
ibimug,  o  gocii  comitesque. 
nii  defüperandiim  <Iivo  dnce  et  aavpice  Phoebo: 
certu8  enim  primiinit  Aih>I1o 

ambiguam  tellure  nõva  Salamina  futumn. 
^t    o  forte»  peioitujne  [lassi 

mecum  saefie  viri,  nunc  vino  pellite  curas: 
cran  ingcnR  iterabiinuB  aerjuor.* 


vir.  1. 


Laudabnnt  alii  claram  Bhodon  aut  Mitylenen 
aut  Plphenon  bimariBve  Corinthi 
moenia  vel  Bacho  Thebas  vel  ApoUine  Delphos 
infAgn&if  aut  The^sala  Tempe 

10. 12  me  domus  Albuneae  lesonantis 

et  praecepB  Anio  ae  Tiburiii  lucus  et  uda 
modilibu9  pomaria  rivis 


vir,  2. 

Indulgere  iuvat  diris  sub  peetore  curis? 
laeta  dei  solacia  quaere! 
14    albus  nt  obecuro  deterget  nubila  caelo 
Baepe  notus  neque  parturit  imbris 

21  dÜT*.    Teocro  und  Teocri.  —  Die  beiden  Yeme  .^bdolgere 
foaere^'  Eigftiuroiig  des  Heraosgebers. 


CARMINUM  LIB.  1.  7.  8.  9.  13 


perpetuO;  sic  tu  sapiens  finire  memento 
tristitiam  vnd  so  weiter  bis  surn  Schluss. 


VIII. 

Lydia,  dic,  per  omnis 

te  deos  oro,  Sybarin  cur  properes  amando 

perdere.    cur  apricum 

odit  et  campum  patiens  pulveris  atque  solis? 

b    cur  neque  militaris 

inter  aequalis  equitat,  Gallica  nec  lupatis 

temperat  ora  frenis? 

cur  timet  flavum  Tiberim  tangere?  cur  olivum 

sanguine  viperino 
)    cautius  vitat;  neque  iam  livida  gestat  armis 
bracchia;  saepe  disco, 
saepe  trans  finem  iaculo  nobilis  expedito? 

quid  latet  ut  marinae 

filium  dicunt  Thetidis  sub  lacrimDsa  Troiae 
►    funera,  ne  virilis 
cultus  in  caedem  et  Lycias  proriperet  eatervas? 


IX. 

Yides  ut  aita  st^t  nive  candidum 
Soracte,  nec  iam  sustineant  onus 
silvae  laborantes,  geluque 
flumina  constiterint  acuto? 

disflolve  frigus  ligna  super  foco 
large  reponens;  atque  benignius 


4  odit  et.   oderit 


1 1  VI.  H*>EATn  FlACa 


•'-:prme  •^^i^Aiimum  Sabina. 
•  Tnalianrhe.  menim  liiota. 


Ifermitte  dirU  eeteni:  qai  simal 
!0  j»travere  ventos  aequore  fenrido 

deproeliantU.  nec  cupre&si 
uec  vetere*  airitautur  omi. 

rjiiid  ait  fiitunim  eras  fuge  quaerere.  ei 
queu  sur»  dierum  cumque  dabit  luero 
15    adponC;  nec  dulcis  amores 
speme  puer  neque  tii  choreas. 

donec  vi  renti  canities  abest 
inorosa.    nune  et  eampus  et  areae 
lenenque  sub  ni»ctem  susuni 
^>    cnnpogita  repetantur  bora, 

nunc  et  latentis  proditnr  intimo 
^ratus  puellae  risus  ab  angulo 
pi^usque  dereiitum  lacertis 
aut  di^to  male  pertinaei. 


X. 

Wahrscheinlich  unvollstandig. 

Mereuri,  faeunde  nepos  Atlantis, 
qui  feros  cultus  hominum  receutum 
Toce  formaati  eatus  et  decorae 
more  palaestrae, 


CARMINUM  LIB.  L  10.  11.  15 


te  canam,  magni  lovis  et  deorum 
nuntium  curvaeque  lyrae  parenteni; 
callidum  quidquid  placuit  iocoso 
condere  furto. 

te  boves  olim  nisi  reddidisses 
)    per  dolum  amotas,  puerum  minaci 
voce  dum  terret,  viduug  pharetra 
risit  Apollo. 

quin  et  Atridas  duce  te  superbos 
Ilio  dives  Priamus  relieta 
j  Thessalosque  ignia  et  iniqua  Troiae 

castra  fefellit. 

tu  pias  laeti»  animas  reponis 
sedibus  virgaque  levem  coercea 
aurea  turbam,  superis  deorum 
9    gratus  et  iinis. 


XL 

Tu  ne  quaesieris  (seire  neias)  qneai  mihi,  quem  tibi 
finem  di  dederint,  Leuoonoe,  nec  Babylonios 
temptaris  numeros.    utilius,  quidquid  ent,  patil 
seu  pluris  hiemes  seu  tribuit  luppiter  ultimam 

5    quae  nune  oppositis  debilitat  pumicibus  mare 
Tyrrhenum.    sapias !  vina  liques  et  spatio  brevi 
spem  longam  reseces.    dum  loquimur,  fugerit  invida 
aetas:  carpe  diem,  quam  minimum  credula  postero. 

3  ntilias.   nt  melios. 


16 


a  HORATII  JfLAOOI 


xn. 

Quem  viriim  aut  heroa  lyra  vel  acri 
tibia  Bumicl  celebrare.  CIio? 
quem  deum?  euius  reeinct  iocosa 
nomen  imago 

h    aut  in  umbnMis  Helicouis  oris, 
aut  8U])er  Pindo,  gelidove  in  Haemo, 
unde  vocalem  temere  iiiüecutae 
Oq>hea  mlvae, 

arte  nintcnia  rapidos  iiiorantcm 
to    fluminum  lapsus  celeresque  ventos, 
blandum  cfauritas  fidibus  canoris 
ducere  quercus. 

(juid  prius  dicam  solitis  parentis 
laudibus,  qui  res  homiuum  ae  deorum, 
15    qui  mare  ae  terras  yariisque  muudum 
temperat  horis? 

unde  nii  maius  generatur  ipso 
nee  viget  qnioqoam  simile  aut  seeondum: 
proximog  illi  tamen  oecupaTit 
20    Fallas  hon(»re8, 

proeliis  audax.    neqae  te  silebo, 
Liber,  et  saevis  inimiea  Tirgo 
belnis,  nee  te,  metuende  certa 
Phoebe  sagitta. 

25    dicam  et  Alcideoi  puerosque  Ledae, 
hune  equisy  illum  superare  pugnis 
nobilem;  quonun.  aimul  alba  nautis 
stella  rofalait, 


CARMINTTM  LIB.  I.  12.  17 


defluit  saxis  agitatus  umor, 
)    concidiint  venti  fugiuntque  nubes, 
et  minaj;  quod  sic  voluere,  ponto 
unda  recumbit. 

Romulum  post  hos  prius,  au  quietum 
Pompili  reguum  memorem,  au  superbos 
»    Tarquini  fascis  dubito  au  Catonis 
uobile  letiun. 

Kegulum  et  Scauros  animaeque  magnae 
prodigiim  Paullum  superante  Poeuo 
gratus  insigni  referam  camena 
)    Fabriciumque. 

hune  et  incomptis  Curium  capillis 
utilem  bello  tulit  et  Camillum 
saueta  paupertas  et  avitus  arto 
eum  lare  fuudus. 

>  crescit  oeculto  velut  arbor  aevo 
fama  MarcelHs;  micat  iuter  omnis 
lulium  sidus  velut  inter  ignis 
luua  miuores. 

gentis  humauae  pater  atque  custos, 

>  orte  Saturno,  tibi  eura  magni 
Caesaris  fatis  data:  tu  sccuudo 
Caesare  regnes. 

iile  seu  Parthos  Latio  inminentis 
egerit  iusto  domitos  triumpho, 

>  sire  subiectos  Orieutis  orae 
Seras  et  Indos, 


43  sancta  und  arto  B.  saeva  und  apto.      46  MarceHis  Peerlk  Mar- 
celli. 

Lkhks,  Horatins.  ^ 


18  0.  HORATII  FLACCI 

te  minor  latum  reget  aequus  orbem;. 
tii  gravi  cumi  quaties  Olympum, 
tu  panim  castis  inimica  mittes 
60    fuimina  lucis. 


XII". 

Quem  virum  aut  heroa  lyra  vel  acri 
tibia  sumam  celebrare  Clio? 
quem  deum?  cuius  reeinet  ioeoga 
nomen  imago? 

13    quid  prius  dicam  solitis  parentis 

laudibus,  qui  res  hominum  ae  dcorum,. 

15    qui  mare  ae  terras  variisque  muudum 
temperat  horis? 

unde  nii  maius  generatur  ipso 
nee  viget  quiequam  simile  aut  seeundum:. 
proximos  illi  tamen  occupavit 
20    Pallas  honores, 

proeliis  audax.    neque  te  silebo, 
Liber,  et  saevis  inimica  virgo 
beluis;  nec  te,  metuende  eerta 
Phoebe  sagitta. 

25    dicam  et  Älciden  puerosque  Ledae^ 
hunc  equis,  illum  superare  pugnis 
nobilem:  quorum  simul  alba  nautis 
stella  refulsit, 

defluit  saxis  agitatus  umor, 
30    coneidunt  venti  fugiuntque  nubes, 
et  minax,  quod  gic  voluere;  ponto 
unda  recumbit. 


CARHINUM  LIB.  I.  \2\  13.  19 


> 


Romulum  post  Iios  prius  an  quietum 
Pompili  re^um  memorem  an  superbos 
Fabrici  fascis  dubito  an  Catonis 
nobile  letum. 


luuc  et  iucomptis  Gurium  capillig 
utilem  bello  tulit  et  Gamillum 
sancta  paupertas  et  avitas  arto 
cum  lare  fundus. 


erescit  occulto  velut  arbor  aevo 
fama  MarcelUs;  micat  inter  omnis 
lulium  sidus  velut  inter  ignis 
luna  minores. 


.     1/.  s.  ir. 


xin. 

Cum  tu,  Lydia,  Telephi 
cervicem  roseam,  lactea  Telephi 
laudas  bracchia,  vae  meum 
fervens  difficili  bile  tumet  iecur. 

»    tum  nec  mens  mihi  nec  color 
eerta  sede  manet;  umor  et  in  genas 
furtim  labitur,  arguens 
quam  lentis  penitus  macerer  ignibus. 


2* 


i*'  Q  IIORATII  TLACCI 

::r>»r.  sou  tihi  cnnilidrMA 

rarpuruut  uineros  ininodieae  niero 

:'"\:u\  sive  jmor  furciis 

iiiprossit  lueinnroin  «Icnte  Inhris  uotam. 

iioiu  si  me  natis  aiulias, 
<porcs  perpetiium  rtulcia  barbaro 
i:»     laoilentem  oscula  qiiae  Veiius 
4uinta  parte  mi  nektaris  iinbuit. 

tVIicoH  tor  et  ainplius 
«lium  iuriipta  tenet  copula  uee  malis 
<Uvol.siiM  qucriinoiiÜH 
•.»»    supreina  ritiiia  solvet  amor  die. 


K 


XIV. 

O  navis,  referent  iii  inare  te  novi 
Hiictus.    o  quid  a^'is?  fortiter  oeeupa 
portuni.    iioiine  vides  ut 
uiidum  renii^o  latiis 

et  maius  celeri  Haucius  Africo 
aiiteniiaeque  gemant  ae  sine  funibus 
vix  durare  earinae 
poHMiut  imperioHius 


iioquorV  iion  tibi  suut  integra  lintea, 
|M    iioii  (li  quog  iteriim  pressa  voc^s  malo. 
ipmiiiviH  Pontica  pinus, 
uil  vae  filia  nolnlis, 

\»4'.U'M  et  ^enus  et  nomen  inutile, 
lill  pictiN  timidus  narita  pupjnbus 
h    Illilt,    tu  liisi  ventis 
ilnbos  ludibrium;  care. 


CAEMINÜM  LIB.  I.  14.  15.  21 


nupcr  sollicitum  quae  mibi  taedium, 
nunc  desideriuni  curaque  noii  levis, 
interfusa  nitentis 
)    vitcs  aequora  Cycladas. 


XV. 

Vnecht.     Und  vielleicht  von  zwei  Verfassern^  nämlich  von  F.  21 
noch  dnrch  einen  andem  fortgesetzt. 

Pastor  eum  traheret  per  freta  navibus 
Idaeis  Helenen  perfidus  hospitam, 
ingrato  celeres  ohruit  otio 
ventos  ut  oaneret  fera 

•    Nereus  fata.    'maia  ducis  avi  domum, 
quam  multo  repetet  Graeeia  milite, 
coniurata  tuas  nimpere  nuptias 
et  regnum  Priami  vetus. 

eheu,  quantus  equis,  (luautus  adest  viris 
)    sudor!  quanta  moves  funera  Dardanae 
genti!  iam  galcam  Pallas  et  aegida 
cumisque  et  rabiem  parat. 

neciuiqtiam  Veneris  praesidio  ferox 
pectes  eaesariem  grataque  feminis 
»    inbelli  citbara  carmina  divides, 
nequiquam  tbalamo  gravis 

Ilastas  et  calami  spicula  Cnosü 
vitabis  strepitumque  et  eelerera  sequi 
Aiae^m:  tamen,  heu,  serus  adulteros 
)    crinis  pulvere  conliues. 

non  Laertiaden,  exitium  tuae 
gentiy  non  Pylium  Nestora  respieis? 


■•  ► 


v« 


a  UORATll  FLACGI 

:":i?n*  ■■.-.pnviili  re  S«laininins 

"'Umie.  vive  «'piis  o-^r  iniptMÜtnre  eqiiiM, 
ü'  n  LiirLri  pLrer.     Meri«>iieu  ^iioque 
2*  •M*r^.     eire  turit  te  ro|»oriro  atrox 


ihog:  ti:.  »'orvus  uti  vallis  in  altera 
\;>;itl  {»iirro  lupuni  jrramiiiis  inmemor, 
'ir.Minu  ^u^ios  mollis  anhclitii, 
\w\\  hiH   pi^llioitiis  tuae. 

imoiiTula  ilioin  profcrct  Ilio 
inAtrxniisiiuo  Phry^nim  classis  Aehillci; 
|H>sr  vortu?*  liienics  urot  Acliaicus 
ip\i<  lliaoas  «Iniuos.' 


XVI. 

0  niatro  piilchra  filia  pulchrior, 
\\\w\\\  rriininosis  nmique  voles  modum 
ponoM  iaiiibirt^  sive  flaiiuna 
Nivo  mari  libot  Iladriauo. 

»    tion  Iiil»rr  aoqnc,  non  adyti  quatit 
nioittoiii  Marcrddtuiii  incola  Pvtliina, 
iion  IHiulyiiionO;  mm  ;wi\U\ 
i|iii  ^niiiiiaiit  rorybaiites  aera, 

Irldlim  iit  imr,  quus  ncque  Noricns 
|u    ilolnrrri  iminIm  iiec  nmre  naufragiuu 
ii(M«  MiirviiN  i^MiiM  ncü  tremcndo 
|ii|i|iilor  ipMo  riiom  tunniltn. 

•10  p(M'HiMiM*iiN  JHt  \iTl»rssi'i-t  worden.      S  qui.   sic 


UARMINÜM  LIB.  I.  16.  17.  23 


fertur  Prometlieus  addere  principi 
liiiio  coactus  partieulam  undiquc 
15    de»ec'tam  et  insani  leonis 

virn  stoniacho  adposuisge  nostro. 

irae  Thyesten  exitio  jjravi 
stravere  et  altis  urbibus  ultimao 
stetere  caiwae  cur  perireut 
»>    funditus  inprimcretque  muri» 

hostile  aratrum  exercitus  insolens. 
eompesce  menteni:  me  quoque  pectoris 
temptavit  in  dulci  iuventa 
fervor  et  in  eeleres  iambog 

^    misit  fiireutem.    nime  ego  mitibus 
mutare  quaero  tristia,  dum  mihi 
fias  recantatis  amiea 
opprobriis  animunuiue  reddas. 


XVII. 

Velox  amoeuum  saepe  Lueretilem 
mutat  Lycaeo  Fauuus  et  igneam 
defendit  aestatem  capellis 
ipse  mein  pluviosque  ventos. 

5    inpuue  tutum  i>er  nemus  arbutos 
quaerunt  latentis  et  thyma  denae 
olentU  uxores  mariti, 
nee  Tindis  metuunt  eolubras 

nee  Martialis  Haediliae  lupos, 
0    atcumque  dulci,  Tyndari,  fistula 

4  ipse  Pt^tTlkamp.   usque. 


1-  •  *  II  :.Ar:i  fla-.ci 

".    "L.»:  "iL-üriT.  ■'-  -  rirrivs  Lea 
-''  i:  ISI   '•  '-L  •^.^'.    -  ■  ri*'!  •.•••p:a 
■"i  •■•   1*   11"   "^^  -■'  *  _i  ■"*-"■  ''•'  • 

-iT"-    :  n-rmi  ■  ''i.^f.z.i  ••'•rmi. 

.  •  ■    '. !  ^r i  1' •  M  •  M 'V  ' -illi:  :'uae 

■V  ":i''i  ri.i-.^i  VI   'siil" 
:••     7i«:i.'i'  /«.m:  v-;-nnim»['Le  Circeu. 

M*  ■u.'!'i'Cü.!i'*  {>»H.'ulii  Lesbii 
lii'tfs  >u-^  Muibnu  iico  Scmeleius 
"im  Miirto  oi»ufiunlet  Tliyoneu.s 
•«n'Oi\ij  iKV  inetiies  protcrvuni 

!•     >:i'Si'vvt;i  Cyniui,  ne  male  dispari 
iTioouthieutis  iniciat  manus 
et  soiuilnt  haerentem  coronam 
oriuilm?*  lunieritamque  vesteni. 


XVIII. 

NuIIhiii,  Vare,  siiera  nte  prius  sevcris  arborem 
dw^  Miito  solum  Tiburis  et  moenia  Catili. 
»*1\yU  iMunirt  nam  ilura  dcus  proposuit,  ncquc 
iuor\lm't)M  ttliter  ilifFugiunt  sollicitudincs. 

(I    K{\\\*  po8t  vina  gmvem  militiani  aut  i)auperieni  crepat? 
\[\\U  uou  to  potius,  Bacebe  pater,  tequc,  dcecus  Veinis? 
jio  uo  i|uw  niodiei  transiliat  munera  Liberi, 
(VntHuma  monet  cum  Lapithis  rixa  su|)er  niero 

ili>l»ollatu,  uionet  Sithoniis  non  levis  Eubius, 
IM    (UIU  fart  Atque  nefas  exig;uo  fine  libidinuni 


CARMINTM  LIB.  I.  18.  19.  25 

discernunt  avidi.    noii  ego  te,  candide  Bassareu, 
invitum  quatiam  nec  variis  obsita  frondibus 

sub  divum  rapiam.    saeva  tene  cum  Berecjutio 
eoniu  tynipana,  quae  subscquitur  caecus  anior  sui, 
et  tollena  vacuum  pius  nimio  gloria  verticem, 
arcanique  fides  prodiga,  perlucidior  vitro. 


XIX. 

Mater  saeva  cupidinum 
Thebanaeque  iubet  mc  Semeles  puer 
et  lasciva  Liceiitia 
finitis  auimum  rcddere  araoribus. 

•    urit  me  Glycerae  nitor 

splendcntis  Pario  marmore  purius; 

urit  grata  protenitas 

et  võitus  nimium  lubricus  adspici. 

in  mc  tota  ruens  Venus 
I    Cypnim  descruit,  nee  patitur  Scythas 
et  versis  auimosum  ecpiis 
Partlium  dicere,  ncc  quaerere  publica. 

hic  vivum  mihi  caespitem,  liic 
verbenas,  pucri,  ponite  turaque 
5    bimi  cum  patera  meri: 
mactata  veuict  lenior  hostia. 


12  quaerere  publica.   quae  nihil  attinent. 


26  a  HORATII  FLAGCl 

XX. 

Vnecht. 

Vile  potabis  modicis  Sabinum 
cantharift,  Graeca  quod  ego  ipse  testa 
conditum  levi,  datus  in  theatro 
cum  tibi  plausus, 

5    clare  Maeeenas  eques,  ut  paterni 
fluminis  ripae  simul  et  iocosa 
redderet  laudes  tibi  Vaticani 
montis  imago. 

Caeeubuin  et  praelo  domitam  Caleno 
10    tu  bibis  uvam:  mea  nec  Falernae 
temperant  vites  neque  Fonniani 
pocula  eolles. 


.   XXL 

ünvoüständig. 

Dianam  tenerae  dicite  virgines, 
intonsum,  pueri,  dicite  Cyntbium 
Latonamque  supremo 
dileetam  peiütus  lovi. 

5    vos  laetam  fluviis  et  nemorum  coma; 
quaeeumque  aut  gelido  prominet  Algido 
nigris  aut  Erymantbi 
süvis  aut  viridis  Cragi. 

vos  Tempe  totidem  tollite  laudibus 
40    natalemque,  mares;  Delon  ApoUinis, 
insignemque  pharetra 
fraternaque  umerum  lyra. 

hic  bellum  lacrimosum,  hie  miseram  famem 
pestemque  a  populo  et  prineipe  Caesare  in 


i 


CARMINUM  LIB.  I.  21.  22.  27 


::>    Persas  atque  Britaniios 
vestra  motiis  aget  prece. 


xxn. 

Integer  >  itae  scelerisque  purus 
non  eget  Mauris  iaculis  neque  arcu 
nec  venenatis  gravida  sagittis, 
Fnsce,  pharetra, 

5    sive  per  Syrtis  iter  aestuosas 
sive  facturus  per  inhospitalem 
Caucasum  vel  quac  loen  fabulosus 
lambit  Hydaspes. 

namque  mc  silva  lupus  in  Sabina, 
10        dum  moani  canto  Lalagcn  et  ultra 
terminum  curis  vagor  cxpeditis, 
fugit  inermem: 

quale  portentum  neque  militaris 
Daunias  latis  alit  aesculetis^ 
15        nec  lubae  tcllus  generat,  leonum 
anda  nutrix. 

pone  me  pigris  ubi  nulla  campis 
arbor  aestiva  reercatur  aura, 
quod  latus  mündi  nebidae  malusque 
20        luppiter  urguct; 

pone  sub  cumi  niniium  propiuqui  . 
solis,  in  terra  domibns  negata: 


2S  Q.  HORATIT  TLACCl 

duice  riileutem  Lalagen  amabo, 

ilulce  l'M|aeuteni. 


XXIII. 

Vita^  Linnuleo  me  siniilis,  Chli>e, 
quacreuti  pavidam  montibas  aviis 
matrcm  uon  sine  vano 
aiiranim  et  siluae  metu. 

5    nam  seu  m«ibilibiiä  vepris  inhomiit 
ad  ventiilil  foliis,  seu  virides  rabom 
dimovere  laeertae, 
et  conle  et  genibus  tremit. 

atqui  non  ego  te  tigris  nt  aspera 
10    Craetuliisve  leo  frangere  penequor. 
tandem  desine  matrem 
tempestiva  scqui  viro. 


XXIV. 

Quis  desiderio  sit  puder  aut  mõdus 
tam  cari  eapitis?  pniecipe  lugubris 
cantus;  ^lelpomene,  cui  liquidam  pater 
vocem  cum  citliara  dedit, 

5    crgo  Quintilium  peri)Ctuu8  sopor 
urguet?  cui  Pudor  et  lustitiae  soror, 
incorrupta  Fides,  nudaque  Veritas 
quando  ullum  inveniet  parem? 

multis  iile  bonis  ilebilis  occidit, 
10    nulli  flebilior  quam  tibi,  Vergili. 


5  vepris  Gogavius  und  B.    6  ad  vcntum  B  nach  Moretos.  adventas. 


CAKMINÜM  LIB.  I.  24.  25.  29 


) 


tu,  fniätra  piuS;  hea  non  ita  ereditum 
poscis  Quintilium  deos. 

qiiod  si  Threicio  blandius  Oi^pheo 
auditam  moderere  arboribus  fidem^ 
non  vanae  redeat  sanguis  ünagini, 
quam  virga  semel  horrida 


non  lenis  precibns  fata  recludere 
nigro  eonpulerit  Mercurius  gregi. 
durum:  sed  levius  fit  patientia 
)    quidquid  corrigere  est  nefas. 


XXV. 

Parcius  iunctas  qnatiunt  fenestras 
iactibus  crebris  iuvenes  protem, 
nec  tibi  somnog  adimant;  amatque 
ianua  limen. 

>    quae  priug  nulli  facilis  moTebas 
cardines,  audis  minus  et  minus  iam 
'me  tuo  lõngas  pereunte  noctis, 
Lydia,  dormis?* 


invieem  moechos  anus  arrogantis 
»    flebis  in  solo  \e\i&  angiportu, 
Thracio  bacchante  magis  sub  inter- 
lunia  vento 

cum  tibi  flagrans  amor  et  libido 
quae  solet  matres  furiare  equorum 
►    saeviet  circa  iecur  ulcerosum, 
non  sine  questu 


5  nulli  —  movebas.    multis  —  movebat 


30  U  B  OJLTE  FLäOCI 

laeia  (juod  ]iui»e^  moerm  vmone 
piudea:  ]iulta  niari^  ;miut  nrrrtfi. 
uriuuf  Irjtüdi»-  ili«ln^  s.iciil: 


«' 


L.MfM/^^V 


tmdaut  pr.cemf  in  mare  CrwJcniii 

üir::  Tirida:eu  Teireai  nnk«e 
nert^  ine»-'.»  Laiuiae  e-Tnuain, 


Küiplei  dald«:  nii  sine  te  mei 
14    pf»«^^aBt  Lon«:*re«:  hunc  fidibos  novi»^ 
bone  LesWn  sacnire  pleeti» 
teque  tua««jue  decet  sorore». 


.    1/.  JT.  //•. 


XXVII. 

NatiH  in  luum  laetitiae  scyphis 
pugiiare  Thracum  est.    tollite  barbamm 
morem  verecundumque  Baicchum 
aangiiineis  probibete  rixlB. 


CAKMINUM  LIB.  L  27.  28*.  31 


vino  et  luoemig  Meelus  acinaees 
inmane  quantum  discropat.    inpium 
lenite  cLimorem;  godalcfi, 
et  cuhito  remanete  presso. 

voltis  severi  me  quoqiie  sumere 
>    partem  Falemi?  dieat  Opuntiae 
frater  Megillae,  quo  beatiis 
volnere,  qua  pereat  sagitta. 

eessat  vol uutas?  non  alia  bibam 
mercede.    quae  te  eumque  domat  Venus, 
)    non  erubesoendis  adurit 
ignibus,  ingenuoquc  semper 

ani«)re  peccas.    quidquid  liabes,  age 
dcpone  tutis  auribus.    a  miser! 
(pianta  laborabas  cbarybdi, 
)    digne  puer  meliore  flamnia. 

quae  säga,  quis  te  solvere  Thessalis 
raagus  venenis,  quis  poterit  dous? 
vix  inligatum  te  triformi 
Pegasus  expediet  chimaera. 


ÄXVIII'  und  XXVIII^  gehm  ais  ein  einziges  Gedicht   Es  sind 
zweiy  das  erste  echt,  das  zweitc  unecht. 

xxvin». 

Te  maris  et  terrae  uumeroque  carentis  liarenae 
mensorem  cohibent,  Archyta, 
pulveris  exigui  prope  litus  pana  Matinum 
muneni;  neo  quiequam  tibi  prodest 

5    aetlierias  temptasse  domos  animoque  rotundum 
percurrisse  polum  morituro. 


32  Q.  nORATH  FLACCI 

occidit  et  Pelopis  genitor,  eonviva  deorum, 
Tithoiiusque  reniotiis  in  auras 

et  Io>  is  arcanis  Minos  admissus,  habentque 
10    Tartara  Panthoiden  iteniiu  Orco 

deniissuni,  quamvis  v\\\)eo  Troiana  refixo 
tempora  testatiis  iiihil  ultra 

ner^  o»  atquc  cutem  morti  eoncesserat  atrae, 
iudice  te  non  sordidus  auetor 
15    naturae  verique.    8ed  omnis  una  manet  nox 
et  calcauda  semel  via  leti. 

daut  alioH  furiae  torvo  spectaeula  Marti; 
exitio  est  avidura  mare  nautis; 
mixta  senuiu  ae  iuvenura  densentur  funera,  nullam 
20    fiacva  cnput  Proscri)ina  fugit. 


XXVIII^. 

Me  quoque  devexi  rapidus  comes  Orionis 
Illvricis  notus  obruit  undis. 
at  tu,  uauta,  vagae  ne  parce  malignus  harenae 
ossibus  et  capiti  inhumato 

25    partieulam  dare:  sic,  quodeumque  minabitur  eurus 
fluctibus  Hesperiis,  Venusinae 
plectantur  silvae  te  sospite,  multaque  merees 
uude  i)ote«t  tibi  defluat  aequo 

ab  love  Neptunoque  sacri  custode  Tarenti. 
30    nejrlegis  inuieritis  nocituram 

poHtmodo  te  natis  fraudem  eommittere?  fors  et 
debita  iura  ^icesque  superbae 


24  Wahrscheinlich,  wie  schon  vermuthet  ist ,  intumulato.      2S  Tiel- 
Icicht  petis  für  potes. 


CABMIXÜM  LIB.  I.  28*.  29.  30.  33 

te  maneant  ipsum:  precibus  non  linquar  inultis, 
teque  piacula  nulla  resolvent. 
^    quamquam  festinaS;  non  est  mõra  lõnga;  licebit 
iniecto  ter  pulvere  curras. 


XXIX. 

Icci;  beatis  nunc  Arabum  invides 
gazis  et  aerem  militiam  paras 
non  ante  devictis  Sabaeae 
regibus,  horribilique  Medo 

5    neetis  catcnas.    quae  tibi  virginum 
sponso  neeato  barbara  serviet? 
puer  quis  ex  aula  eapillis 
ad  cyathum  statuetur  unctis, 

doctus  sagittas  tendere  Sericas 
lü    areu  paterno?  quis  neget  arduis 
pronos  relabi  posse  rivos 
montibus  et  Tiberim  reverti, 

cuin  tu  coemptos  uudique  nobilis 
libros  Panaeti  Socraticam  et  domum 
15    mutare  loricis  Hiberis, 
pollicitus  meliora,  tendis? 


XXX. 

Vnecht. 

0  Venus  regina  Cnidi  Paphique, 
sperne  dilectam  Cypron  et  vocantis 
ture  te  multo  Glycerae  deeoram 
transfer  in  aedem. 

Liuiarf,  Uuratiiu.  ^ 


34  Q.  HORATII  FLACa 

5    femdu8  tecum  i)uer  et  solutiH 
gmtiae  zonis  properentqiie  nymphae 
et  panim  comis  sine  te  luventas 
Mercuriusque. 


XXXI. 

Quid  (ledieatiim  jioscit  ApoUinem 
vates?  quid  orat  dc  patera  noviini 
fundens  liquorein?  nou  opimae 
Sardiniae  setetes  feracis, 

n    non  aestiiosae  lata  Calabriae 

armenta,  non  aunim  aut  ebur  Indicum, 
non  rura  quae  Liris  (juieta 
niordet  aqua  .taciturnus  amnis. 

preniant  Calena  falce,  quibus  dedit 
10    Fortuna,  vitem,  dives  et  aureis 
mercator  cxsiccet  euluUi» 
vina  Syra  re])arata  mcree: 

dis  carus  ipsis,  quippe  ter  et  quater 
anno  revisens  aequor  Atlanticum 
15  inpune:  mc  pascunt  olivae, 

me  eichorea  levesque  malvae. 

frui  paratis  et  valido  mihi, 
Latoe,  dones  et,  precor,  integra 
eum  mente  nec  turpcm  senect^m 
20    degere  nec  cithara  carentem. 


5  lata  M.  grata. 


CARMIXUM  LIB.  I.  32.  33.  35 

XXXII. 

Dicse  5  Strophcn  werdeti  ffcrvõhnlich  ah  ein  voUslthidifjes  i^dicht 
angesehen.    Es  ist  bts  V.  12  echt ,  aher  nnvolhtäudiff .    Die 

folgende  Strophe  nnecht. 

Poscimur.    siquid  vaeui  sub  umbra 
lusimus  teciim  quocl  et  hunc  in  annum 
vivat  et  pluris,  age  dic  amoenuni, 
barbite,  carmen, 

Lesbio  primum  modulate  civi, 
qui  ferox  bello,  tamen  inter  arma 
8ive  iactatam  religarat  udo 
litore  navim, 

Liberum  et  niusas  Veneremque  et  illi 
semper  haerentem  puerum  canebat 
et  Lycum  nigris  oculis  nigroque 
erine  decorum. 


//.    S,    IV. 


0  decus  Phoebi  et  dapibus  supremi 
^grata  testudo  lovis,  o  laborum 
dulce  lenimen,  mihi  cumque  salve 
rite  vocanti. 


XXXIII. 

Albi,  ne  doleas  pius  nimio  roemor 
inmitis  Glycerae,  neu  miserabilis 
deeantes  elegos,  cur  tibi  iunior 
laesa  praeniteat  fide. 

insignem  tenui^fronte  Lycorida 
Cyri  torret  amor;  Cyrus  in  asperam 


3  amoenum.   Latinum.      15  mihi  cumque  jedonfalls  falscho  Ueber- 
lieferung.    S.  Commentar. 


;i6  U.  JIORATII  FLACCI 

(iecliiiat  Pholoen:  sed  prius  Ai)i)uli8 
iung:entur  eitpreae  lupis 

qtiam  turpi  Pholoe  i)eccct  adiiltero. 
10    sio  visum  Veiieri,  oui  i)laeet  iiii>arig 
fonnas  atque  aiümos  sub  iu^a  aeuea 
sacvo  mittere  cum  ioco. 

ipguiTi  me  nielior  cuiw  peteret  VemiH, 
grata  detinuit  conipede  Myrtale 
1^    libertiiia,  fretis  acrior  Hadriac 
curvantin  Calabros  sinus. 


XXXIV. 

Vnecht. 

Parciw  deorum  cultor  et  iiifretiuens, 
insanientid  dum  sapientiae 
consultuH  erro,  nnnc  retroreum 
vela  dare  atque  iterare  cursus 

r>    ('og4»r  relictos.    uam<j[ue  Diespiter, 
igui  eorusco  nubila  dividens 
plerumque,  per  purum  tonaiitis 
egit  equos  volucrcnique  currum, 

quo  bruta  tellus  et  vaga  fluraina, 
ii>    quo  Styx  et  invisi  horrida  Taenari 
sedes  Atlanteusque  fiuis 
eoncutitur.    valet  ima  summis 

mutare  et  iusigue  attenuat  deus, 
obscura  promeus;  liine  apieem  rapax 
15    Fortuna  eum  stridore  acuto 
sustulit,  liic  posuisse  gaudet. 


CARMINUM  LIB    I.  35.  37 


XXXV. 

0  di  va,  gratum  quae  regis  Anti  urn, 
praesens  vel  imo  tollere  de  gradu 
mortale  corpus  vel  superbos 
vertere  funeribus  triumphos. 

5    te  pauper  ambit.  sollicita  prece 
ruris  colonus,  te  dominam  aequoris 
quicumque  Bithyna  lacessit 
Carpathium  pelagus  carina. 

te  Dacus  asper,  te  profugi  Scythae 
f>    urbesque  gentesque  et  Latium  ferox 
regumque  matres  barbarorum  et 
purpiirei  metimnt  tyranni, 

iniurioso  ne  pede  pronias 
stantem  colutnnam,  neu  populus  frequens 
b    ad  arma  cessantis,  ad  arma 
concitet  imperiumque  frangat. 

te  semper  anteit  saeva  NeceeaitaS; 
elavos  trabalis  et  cuneos  manu 
gestans  aena,  nec  severus 
0    uncu9  abest  liquidumque  plumbum, 

te  Spes  et  albo  rara  Fides  colit 
velata  panno,  nec  comitem  abnegat^ 
utcumque  mutata  potentis 
veste  domos  inimica  linquis. 

5    at  volgus  infidum  et  meretrix  retro 
periura  cedit,  diffugiunt  cadis  " 
cum  faece  siceatis  amici, 
ferre  iugum  panter  dolosi. 


:^^  Q.  HORATII  KLACCI 

senes  iturinn  Caesarein  iii  ultimos 
:i>    orbis  Britannos  et  iuvemim  receiis 
exaiiicn  Eois  tiniendum 
l)artibu8  Oceaiioque  ruhro. 

elieu  cicatricuin  et  sccleris  pudet 
fratrunKjue.     qiiid  nos  dura  refugiiuus 
:iõ    aetas?  quid  iutactuni  nefasti 
liquinmsV  unde  manuni  iuveutiiü» 

metu  dcomm  coutiuuit?  quibus 
l)epereit  äris?  o  utiiiain  iiova 
incude  diffingas  retiisimi  in 
40    Massagetas  Arabasque  ferruui. 


XXXVI. 

Et  ture  et  fidibus  iuvat 

l)lacare  et  vituli  sanguiiie  debito 

eustodes  Numidae  deo8, 

(lui  nuiic  Hesperia  sospes  ab  ultima 

5    caris  muita  sodalibuS; 

nulli  plura  tamen  dividit  osoula 
quam  dulei  Lamiae,  memor 
actae  iion  alio  rege  puertiae 

mutataeque  siinul  togae. 
u^    Cressa  ne  careat  pulchra  dies  nota, 
neu  promptae  mõdus  amphorae, 
ueu  morcm  in  Salium  sit  rcquics  pedum, 

neu  multi  Damalis  meri 
Bassum  Tbreicia  vineat  amystide, 
1'»    neu  desint  epulis  rosac 

neu  nvax  apium  neu  bveve  lilium. 


13.  14  siud  nicht  richtig  überliefert.    Yielleicht  kat  fUr  Damabs  ein 
andcrer  Name  zu  stchu. 


CAUMINUM  LIB.  I.  86.  37.  39 


omnes  iu  Daraalin  putris 
deponent  oculos,  nec  Danialis  noro 
divelletur  adultero 
»)    lascivis  liederis  ambitiosior. 


XXXVII. 

Nunc  est  bibendum,  nunc  pede  libero 
pulsanda  tellus,  nune  saliaribos 
ornare  pulvinar  deorum 
tempus  erat  dapibus,  sodales. 

5    antehac  nefas  depromere  Caecubum 
cellis  avitiS;  dum  Gapitolio 
regina  dementis  minas 
funus  et  imperio  parabat 

contaminato  cum  grege  turpium 
0    opprobriorum^  quidlibet  inpotens 
sperare  fortunaque  dulci 
ebria.    sed  minuit  fiirorem 

vix  una  sospes  navis  ab  ignibus^ 
mentemque  lymphatam  Mareotico 
15    redegit  in  veros  timores 
Caesar  ab  Italia  volantem 

remis  adurguenS;  aceipiter  velut    • 
mollis  columbas  aut  leporem  eitus 
venator  in  eampis  nivalis 
so    Haemoniae,  daret  ut  eatenis 

fatale  monstrum,    quae  generosius 
perire  quaerens  nee  muliebriter 


19  opprobrionun  B.  morbo  Tirorum. 


4(1  Q   HORATIl  KLACCI  CARMIXUM  LIB   I.  37.  3«^ 

expavit  enscm  nec  latentis 
re  trepida  penetra^it  oras, 

2'f    ausa  et  iacentcm  viscre  regiam 
voltii  sereno,  fortin  et  asperas 
traetare  serpentes,  ut  atnim 
eorpore  conbiberet  venenum, 

deliberata  morte  ferocior: 
3(»    saevig  Libumis  scilicet  invidens 
privata  deduci  superbo 
non  huinilis  mulicr  triumpho. 


xxxvni. 


Persico8  odi,  puer,  apparatus; 
displicent  nexae  philyra  coronae; 
mitte  sectari,  rosa  quo  loconim 
gera  moretur. 

5    siniplici  myrto  nihil  adlabores: 
sedulum  curae  neque  te  ministnim 
dedecet  myrtus  neque  me  sub  arta 
vite  bibentem. 


24  Ueberlieferun^  classe  eita  reparavit  oras.    6  nach  Peerlk.  Üeber- 
lieferung  sedolus  curo  und  corae. 


Q.  HORATII  FLACCI 

CARMINUM 

LIBER  SECUNDUS. 
I. 

Motum  ex  Metello  eonsule  civicum 
bellique  causas  et  vitia  et  modos 
ludumque  Fortunae  gravisque 
prineipiim  amicitias  et  arma 

5    nondam  expiatis  uneta  eruoribuB, 
periculosae  plenum  opus  aleae, 
traetas  et  incedis  per  ignis 
suppositos  eineri  dologo. 

paullum  severae  musa  tragoediae 
10    desit  theatris:  mox  ubi  publioas 
res  ordinam,  grande  munus 
Cecropio  repetes  cothurno, 

• 

insigne  maestis  praesidium  reis 
et  consulentiy  Polio,  cariae, 
\b    cui  lanrus  aetemos  honores 
Delmatico  peperit  triumpho. 

iam  nune  minaei  murmure  comaum 
perstringis  auris,  iam  litoi  strepunt, 
iam  fulgor  armonim  fugaeis 
%)    terret  eqaoB  equitumque  võitus. 


42  Q.  UOUATII  FLACCI 

audire  maguos  iam  viileor  duccs 
non  indecoro  pulvere  sordidos, 
et  cuueta  terranim  siibaeta 
praeter  atrocem  aninuiin  Catonis. 

25    luno  et  deoruni  quisquis  aiuicior 
Afris  iiiulta  cesserat  inpotens 
tellure,  victorum  uei>otes 
rettulit  inferias  lugiirtliae. 

quis  non  Latino  sanguinc  inngiiior 
30    campus  Bcpulcris  inpia  proclia 
testatur  auditumque  Medi» 
Hesperiae  sonitum  ruinae? 

qui  gurges  aut  qiiae  flumina  lugubris 
ignara  belli?  quod  marc  Dauniae 
:r»    non  decoloravere  caedes? 
quae  earet  ora  eniore  nostro? 

sed  ne  relictis,  Musa  procax,  ioeis 
Ceae  retractes  munera  neniae, 
niecum  Dionaeo  sub  antro 
4<i    quaere  modos  leviore  pleetro. 


r. 

Nach  Ritschl  Rhein,  Mus.  ISõr,  S.  H34. 

Motum  cx  Metello  eonsule  eivicuiu 
bellique  causas  et  \itia  et  modos 
ludumque  Fortunae  gravisque 
principum  amicitias  et  arma 

nonduni  expiatis  tineta  cruoribus, 
periculosae  plenum  opus  aleae,     . 


5  tincta  mit  Bentley  statt  des  ttberlieferten  uneta. 


CAKMINUM  Lin.  11.  V.  2.  43 


tractas  et  incedis  per  ignis 
BuppositoB  cineri  doloso, 

13    insigne  maestis  praesidium  reis 
et  consulenti;  Polio,  curiae, 

15    eui  laurus  aetemos  honores 
Delmatico  peperit  triumpbo. 

iam  iiunc  miuaei  nmrmure  coniuum 
perstringis  auris,  iam  litui  strepuut, 
iam  fulgor  annorum  fiigacis 
a»    terret  equos  equitumque  yoltus. 

sudare  magnos  iam  video  duces 
non  indecoro  pulvere  sordidos, 
et  cuneta  terrarum  subaota 
praeter  atroeem  animum  Gatonis. 

29  quis  non  Latino  sanguine  pinguior 

30  campus  sepulekris  impia  proelia 
testatur  auditumque  Medis 
Hesperiae  sonitum  ruinae? 

sed  ne  relictis,  Musa  procax,  ioeis 
Geae  retraetes  munera  neniae, 
mecum  Dionaeo  sub  antro 
40    quaere  modog  leviore  plectro. 


IL 


Nullus  argento  color  est  avaris 
abdito  terris,  inimice  lamnae 
Crispe  Sallusti,  nisi  temperato 
splendeat  usu. 


21  sudare  video.  Ritschl.  Ueberlieferung  aodire  videor. 


44  Q.  HORATU  FLACCI 

n    vivet  extcnto  Proouleius  aevo 
notu8  in  fratres  animi  paterni; 
illum  aget  penna  metuente  solvi 
Fama  superstes. 

latius  rcgnes  avidiim  doniando 
10    gpiritum,  quam  8i  Lihyam  remotis 
GadibiiR  iungas  et  utcrqiie  Poenus 
serviat  uni. 

crescit  indulgens  sibi  dinis  hydropg, 
nec  sitim  pellit,  nisi  causa  morbi  . 
15    fugerit  venis  et  aquosus  albo 
corpore  languor. 

reddituin  Cyri  solio  Phrahaten 
dissidens  plebi  numeFO  beatorum 
eximit  yirtus  populumque  falsis  • 
20    de<locet  uti 

vocibus/  regnum  et  diadema  tutum 
deferens  uni  propriaraque  laurum, 
quisquis  ingentis  oculo  inretorto 
spectat  acervos. 


III. 

Aequam  memento  rebus  in  arduis 
servare  mentem  non  secus  in  bonis 
ab  insolenti  temperatam 
laetitia,  moriture  Delli, 

5    seu  maestuR  omni  tempore  vixem, 
seu  te  in  remoto  gramine  per  dies 
festos  reclinatum  bearis 
interiore  nota  Falerni. 


CARMIXUM  LIB.  II.  3.  4.  45 


quo  pinus  ingens  albaque  populus 
10    umbram  hospitalem  cousociare  amaut, 
errans  ubi  obliquo  laborat 
huipha  fugax  trepidare  rivo, 

huc  vina  et  ungueuta  et  nimium  brevis 
flores  amoenae  ferre  iube  rosae, 
15    duni  res  et  aetas  et  soronun 
fila  trium  patiuntur  atra. 

eedes  coemptis  saltibus  et  domo 
viilaque;  flavus  quam  Tiberis  lavit; 
cedes,  et  exstructis  in  altum 
20    di^itiis  potietur  heres. 

divesne  priseo  natus  ab  Inacko 
nii  intereat  an  pauper  et  infima 
de  gente  sub  divo  moreris, 
nctima  nii  miserantis  Orci. 

25    omnes  eodem  cogimur;  omnium 
versatur.  urna  serius  ocius 
sors  exitura  et  nos  in  aetemum 
exiliura  inpositura  cumbae. 


IV. 

Vnecht. 

Ne  sit  ancillae  tibi  amor  pudori, 
Xanthia  Phoceu.    prius  insolentem 
serva  Briseis  niveo  colore 
movit  Aebillem; 

5    movit  Aiacem  Telamono  natum 
forma  captivae  dominum  Tecmessae; 

Il  errans  ubi.  ramis  quid  oder  quod  oder  quo  et,  quoque. 


46  Q.  HOUATII  FLACCI 

arsit  Atridcs  medio  iii  triumpho 
virginc  rapta, 

barbarae  post(|iiani  cccidere  tiirmae 
1'»    ThcHsalo  victorc  et  ademptu»  Heotor 
tradidit  fessis  leviora  tolli 
Perjrama  Trrais. 

nescias  an  te  generum  beati 
Phyllidis  flavae  decorcnt  parentes; 
1'»    rcgrium  eerte  geniis,  et  penatis 
maeret  iniquos. 

crede  non  illam  tibi  dc  scelesta 
plcbe  dilectam,  neque  aic  fidelem, 
sic  liirro  aversam  potuisse  nasci 
20    matre  pudenda. 

bracchia  et  voltum  teretesque  snras 
integer  laudo:  fiige  suspioari 
cuius  ootavum  trepidavit  aetas 
claudere  liistrum. 


V. 

Nondiim  siibacta  ferre  iiigum  valet 
cervice,  nondiuu  inunia  eonparis 
aeqiiare  iiec  tauri  ruentis 
iil  venerem  tolerare  pondus. 

circa  vireiitis  cst  animus  tiiae 
oampos  iuvencac,  nime  fluviis  gravem 
solantis  aestuni,  nime  in  udo 
liidere  cuni  vitulis  salieto 


praegestientis.    tolle  cupidinem 
kj    inmitis  uvae:  iam  tibi  lividos 


;> 


CARMINUM  MR  Tl.  5.  6.  47 


distinguet  aiitunmus  racemos 
purpureo  varing  eolore. 

iam  te  sequetur:  ciirrit  enim  ferox 
aetas,  et  illi,  quos  tibi  dempserit, 
15    adponet  annos:  iam  proterva 
fronte  petet  Lalage  maritum. 

dilecta  quantum  non  Pholoe  fugax, 
iion  Chloris  albo  sic  umero  nitens 
ut  pura  noctiirno  renidet 
20  luna  mari,  Cnidiusve  Gyges: 

quem  si  puellarum  insereres  choro, 
mire  sagacis  falleret  hospites 
discrimen  obscurum  solutis 
crinihus  ambiguoque  voltu. 


VI. 

Septimi,  Gadis  aditure  mecum  et 
Cantabrum  indoctum  iuga  ferre  nostra  et 
barbaras  Syrtis,  ubi  Maura  semper 
aestuat  unda, 

5    Tibur  Argeo  positum  colono 
sit  meae  sedes  utinam  senectae, 
sit  mõdus  lasso  maris  et  vianim 
militiaeque. 

unde  si  parcae  prohibent  iniquae, 
10    dulee  pellitis  ovibus  Galaesi 
flumen  et  regnata  petam  Laconi 
nira  Phalantho. 

iile  terranim  mihi  praeter  omniš 
angulus  ridet,  ubi  non  Hymetto 


A>  Cl.  HORATII  FLACCl 

15    iiiclla  decedunt  viriilique  certat 
baca  Veiiafro; 

ver  ubi  lim^iii  te])idaiS4ue  praebet 
luppiter  brimias,  et  auiiciu»  Aulou 
fcrtilLs  Bacelio  uiinimuiii  Falcniis 
20    invidet  uvis. 

iile  te  inecuni  Iocuh  et  1>eatae 
postulaiit  arees,  ibi  tu  calentem 
debita  Hparges  lacrima  favillam 
vatb»  araici. 


Öeptimi,  Gades  aditure  mecum  et 
Cautabruiu  iiidoctum  iuga  ferre  nostra  et 
barbaras  Syrtis,  u))i  Maura  semper 
aestuat  unda: 

0    sit  modu8  lasso  maris  et  viaruni, 
it»    diilee  i)elliti8  ovibus  Galaesi 

flumeii  ut  regiiata  petaiii  et  Laconi 

nira  Phalantlio. 

illa  terraruui  uiihi  praeter  oiinies 
aiigulus  ridet,  ubi  iiou  Hymetto 
ir>    iiiella  decedunt  viridique  certat 
baea  Venafro; 

ver  ubi  longum  tei)idasque  praebet 
luppiter  brumas,  et  aniicus  Aulou 
fertilis  Baccho  miuimura  Falernis 
2^j    invidet  u\ia. 


CARMINUM  LIB.  U.  6.  7.  49 


iile  te  mecum  locus  et  beatae 
postulaut  arceS;  ibi  tu  calcntem 
(lebita  sparges  laorima  favillaiu 
vatis  amici. 


VII. 

0  saepe  mecum  tempus  iu  ultimum 
deducte  Bruto  militiae  duce, 
quis  te  redonavit  Quiritem 
dis  patriis  Italoque  caelo, 

5    Pompei,  meorum  prime  sodaiium? 
cum  quo  morantem  saepe  diem  mero 
fregi  coronatns  nitentis 
malobatliro  Syrio  capillos. 

tecum  Pkilippos  et  celerem  fugam 
10    sensi,  rclicta  uon  bene  parmuta, 
cum  fracta  virtus,  et  minaces 
turpe  solum  tetigere  mento. 

sed  me  per  liostis  Mercurius  celer 
deuso  paventem  sustulit  aere; 
15    te  rursus  in  beilum  >esorbens 
uuda  fretis  tulit  aestuosis. 

ergo  obligatam  redde  lovi  dapem 
longaqne  fessum  militia  latus 
depone  sub  lauru  mea,  nec 
20    parce  cadis  tibi  d^stinatis. 

oblivioso  levia  Massico 
ciboria  exple,  funde  capacibus 
unguenta  de  concliis.    quis  udo 
deproperare  apio  coronas 

Lbubs,  Uoiutittfl. 


50  Q.  HORATIl  FT.ACCI 

25    curatve  myrto?  quem  Venna  arbitrum 
dieet  bibendi?  non  ego  sanius 
bacchabor  Edonis:  recepto 
dulce  mihi  furere  est  amieo. 


VIIL 

Ulla  h\  iuris  tibi  peierati 
poena,  Barine,  nocuisset  umquam 
dentc  si  nigi'o  fieres  vel  uno 
turpior  ungui, 

5    erederem:  sed  tu  simul  obügasti 
perfidum  votis  caput,  enitescis 
pulchrior  multo  iuvenumque  prodis 
publica  ciira. 

expedit  matris  cineres  opertos 
10    fail  ere  et  toto  taciturna  noetis 
signa  eum  eaelo*  gelidaque  divos 
morte  carentis. 

ridet  hoo,  inquam,  Venus  ipsa,  rident 
complices  nymphae  ferus  et  Cupido, 
15    semper  ardeutis  aciiens  sagittas 
cote  cnienta. 

adde  qiiod  pubes  tibi  erescit  omnis 
servitus  ut  sit  nõva,  nee  priores 
inpiae  tectnm  dominae  relinquunt, 
2(»    saepe  minati. 

te  suis  matres  metiiunt  iuvencis, 
te  senes  parci,  miseraeque  nnper 


14  complices.    simplices.       IS  ut  sit.    erescit. 


CARMINÜM  LIB.  II.  8.  9.  51 


virgines  niiptae,  tua  ne  retardet 
aura  maritos. 


IX. 

Non  semper  imbres  nubibus  hispidos 
mauant  in  agros  aut  raare  Caspium 
vexant  inaequales  procellae 
usque,  nec  Arnieniis  in  ons, 

5    amice  Valgi,  stat  glacies  iners 
mensis  pcr  omnis  aut  aquilonibus 
querceta  Gargani  laborant 
et  foliis  viduantur  omi. 

tu  semper  urgues  flebilibus  modis 
0    Mysten  ademptum,  nec  tibi  v^spero 
surgente  decedunt  amores 
nec  rapidum  fugiente  solem. 

at  non  ter  aevo  functus  amabilem 
ploravit  omnis  Antilochum  senex 
5    annoSy  nec  inpubem  parentes 
Troilon  aut  Plirjgiae  sorores 

flevere  semper.    desine  mollium 
tandem  querellarum,  et  potius  nõva 
cantemus  Augusti  tropaea 
0    Caesaris  et  rigidum  Niphaten, 

Medumque  flumen  gentibus  additum 
victis  minores  volvere  vertices, 
intraque  praescriptum  Gelonos 
exiguis  equitare  campis. 


02  Q-  HORATII  FLA£€I 

X. 

KectiuH  vivcMy  Lif'iiiiy  neque  altuni 
m;iii|K3r  urgueiido  iiequcy  duiii  pn>cellai» 
raiituH  iiorrcH^riKy  iiiiiiiuiii  preuieudo 
litUH  iiiiqiium. 

5    uiireaiii  ({uiMquiH  iiiediocritatein 
dili^ity  tiitUH  raret  obHoieti 
HonlibuH  tvA*t\,  (;aret  iiividciida 
Hohritm  aula. 

HaepiuH  vciitiH  agitatur  iiigenM 
10    piiiHH;  (9t  cclHao  graviore  casu 
(locidimt  turroH,  foriuntquc  Hummos 
ful;rura  montiH. 

Hpcrat  iiifcrttiMy  mctuit  Hocuiidis 
aiterain  Hortciu  bcne  praeparatuiu 
lõ    p(M*tuH.    informiä  hicmes  roducit 
Iiippiter,  idom 

tiiibuukvot.    noil;  8i  maie  naiic,  ot  olim 
hIu  orit:  ipioudam  citharae  tacentem 
Hiim*itat  luuHaiu  ncque  som|>er  arcuni 
'!•*    toiidit  Apollo^ 

robiiA  Au^U8ti8  animoäus  atque 
fortis  adparo:  sapientcr  idem 
oontnibos  vento  niniiuiu  Becundo 
nir^da  vehi. 

XL 

Quid  beliiivsud  Cantaber  et  Sovtho^ 
Hirpiue  Quiuti.  iH>gitet,  horrida 


I  lAvrridA«    ILftdm. 


% 


CARMINÜM  LIB.  II.  10.  11.  12.  53 


divisus  ora,  lu  remittas 
quaerere,  ne  trepides  in  usum 

»    spondentis  aevi  pauca«  fugit  retro 
levis  iuventas  et  decor,  anda 
pelleute  lascivos  amores 
canitie  facilemque  somnum. 

iion  semper  idem  floribus  est  honor 
»    vernis,  neque  uno  luna  rubens  nitet 
voltu.    quid  aeternis  miRorem 
consiliis  animum  fatigas? 

cur  non  sub  aita  vel  platano  vel  hao 
pinu  iacentes  sic  temere  et  rosa 
»    cinetos  odorati  capillos, 
dum  licet,  Assyrioque  nardo 


potaraus  uncti?  dissipat  Euhius 
curas  edacis.    quis  puer  ocius 
restinguet  ardentis  f^alemi 
pMula  praetereunte  lympka? 


» 


quis  devium  seortum  eliciet  damo 
Lyden?  ebunia  dic  age  eum  lyra 
maturet,  incomptam  Lacaenae 
more  coraam  religata  nodum. 


XII. 

Nolis  lõnga  ferac  bella  Numantiae 
nec  durum  Hannibalem  nec  Siculum  mare 
Poeno  purpureum  sanguine  mollibus 
aptari  citharae  raodis, 


3  ora  tn.    obiecto.      5  spondentis.  poscentis.      15  cinctos.   canos. 


5  {  Q.  HORATII  FLACCl 

5    nec  saevoä  Lapitlia.s  et  nimiuin  mero 
Hvlaeura  clomitosve  Herculea  manu 
Telluri»  iuvenes,  unde  per  aethera 
fulgcnn  contremuit  domus 

Saturni  veteri»:  neve  pedestribug 
10    dici  canninibus  proelia  Caedaris. 
MaecenaB,  iubeas,  duetaque  per  vias 
regum  eolla  minacium. 

me  dulcis  df^minae  musa  Liermniae 
eantuH,  me  voluit  dicere  lueidum 
la    fulgentis  oculos  et  bene  mutuis 
fidum  peetus  amoribus, 

quam  nec  ferre  pedem  dedecuit  ebori» 
nec  eertare  ioco  nec  dare  bracebia 
liiVjiitem  nitidig  virginibus  sacro 
20    Dianae  celebris  die. 

num  tu  quae  tenuit  dives  Achaemenes 
permutare  velis  erine  Licymniae? 
aut  pinguis  Phrygiae  Mygdonias  opes, 
])lenas  aut  Arabum  domos, 


'20 


dum  flagrantia  detorquet  ad  oscula 
cervicem,  aut  facili  saevitia  negat 
quae  poscente  magis  gaudeat  eripi, 
interdum  rapere  occupat? 


XIII. 

Iile  et  nefasto  te  posuit  die 
quicumque  primum,  et  sacriiega  manu 


7  per  aethera.  periculum.    9  neve.  tuque.     tO  dici  carminibas.  diees 
historiis.    11  iabeas.  melios.    22.  23  gewöhnlich  in  umgekehiter  OrdDuo;- 


CARMINÜM  LIB.  II.  12.  13.  5ä 


produxit,  arbos,  in  nepotum  . 
pemiciem  opprobriumque  pagi; 

»    illum  et  parentifi  crediderim  »ui 
fregiflse  cervicem  et  penetralia 
sparsisse  noctumo  cruore 
hospitis;  iile  venena  Colclia 

et  quidquid  usquam  concipitur  nefas 
)    tractavit;  agro  qui  statuit  meo 
te  triste  lignum,  te  eadueum 
in  domini  eaput  inmerentis. 

quid  quigque  vitet  numquam  homini  satis 
cautum  est  in  horas.    navita  Bosporum 

>  Thynus  perhorreseit  neque  ultra 
caeca  timetve  aliunde  fata; 

miles  sagittas  et  celerem  fugam 
Partln;  catenas  Parthus  et  Italum 
robur;  sed  inprovisa  leti 
\    vis  rapuit  rapietque  gentis. 

quam  paene  furvae  regna  Proserpinae 
et  iudicantem  vidiraus  Aeacum 
sedesque  discretas  piorum  et 
Aeoliis  fidibus  querentem 

>  Sappho  puellis  de  popularibus, 
et  te  sonantem  plenius  aureo, 
Alcaee,  plectro  dura  navis, 
dura  fugae  mala^  dura  belli. 

utrumque  saero  digna  silentio 

>  mirantur  umbrae  dieere;  sed  magis 


15  Thynus  Lachm.  Poenus.      16  timetve  Lachm.  tiinet 


56  Q.  H«>RATn  FLACCI 

ini^nfias  et  exactos  tvranniHs 
dengum  umeris  bihit  aure  volgiifi. 

qiiid  minim,  ubi  illis  carminibns  stupens 
(lemittit  atras  belua  centiceps 
35    aurig  et  intorti  capillis 

eiimenidiim  reereantur  angues? 

quin  et  Prometheus  et  Pelopis  parens 
dulei  labonim  decipitur  sono, 
nec  curat  Orion  leones 
40    aut  timidcm  a<ritare  Iviicn^s. 


XIIP. 

Iile  et  nefasto  te  posuit  die 
quicumque  primum,  et  saerilega  manu 
produxit,  arbos,  in  nepotum 
pemieiem  opprobriumque  pagi; 

5    illum  et  parentis  crediderim  sui 
frepisse  cervieem  et  penetralia 
sparsisse  noctumo  eruore 
hospitis;  iile  venena  CJolcha 

et  quidquid  usquam  concipitur  nefas 
10    tractavit,  agro  qui  statuit  meo 
te  triste  lignum,  te  caducum 
in  domini  caput  inmerentis. 

21     quam  paene  furvae  regna  Proserpinae 
et  judicantem  vidimus  Aeacum 
sedesque  diseretas  piorum  et 
Aeoliis  fidibus  querentem 

25    Sappho  puellis  de  popularibus, 
et  te  sonantem  plenius  aureo, 


CARMINUM  LIB.  II.  13V  14.  57 


Alcaee,  plectro  clnra  navis, 
dura  fugae  maia,  diira  belli. 

13    quid  quisque  vitet  numqiiam  homini  satis 
cautum  est  in  horag.   navita  Bosponim 

15    Thynus  perhorrescit  neque  ultra 
caeca  timetve  aliundc  fata; 

iniles  sagittas  et  celerem  fugam 
Parthi;  catenas  Parthus  et  Italum 
robur;  sed  improvisa  leti 
20    vis  rapuit  rapietque  gentis. 


XIV. 

Eheii  fugaces,  Postume  Postume, 
labuntur  anni,  nec  pietas^  moram 
rugis  et  instanti  senectae 
adferet  indomitaeque  morti; 

5    non  8i  trecenis  quotquot  eiint  dies, 
amice,  places  inlacrimabilem 
Plutona  tauris,  qui  ter  amplum 
Geryonen  Tityonquc  tristi 

conpescit  unda,  scilicet  omnibus, 
10    quicumque  terrae  munere  vescimnr, 
enaviganda,  sive  reges 
sive  inopes  erimus  coloni. 

frustra  cruento  marte  carebimus 
fractisque  rauci  fluctibus  Hadriae, 
15    fru8tra  per  autumnos  nocentem 
corporibus  metuemus  austrum. 

visendus  ater  flumine  langiiido 
Cocytos  errans  et  Danai  genus 


5S  Q.  HORATII  FLACCl 

infame  clamnatimque  longi 
2f)    Sisyphus  Aeoliilcs  laboris. 

linquenda  tellus  et  doini»  et  placenA 
uxor^  neque  harum  quas  colis  arboruin 
te  praetcr  invisas  eupregsos 
ülla  brovem  dominum  sequetur. 

25    absiimet  beres  Caecuba  dignior 
sennata  centiim  clavibus  et  mero 
tiiigiict  pavimentum  superbo, 
pontiiicum  potiore  cenis. 


xIy^ 

Eheu  fugaees,  Postumc,  Postume, 
labuntiir  anni,  nec  pietas  morain 
rugis  et  instanti  senectae 
adferet  indomitaeque  morti: 

5    non  81  trecenis  quotquot  eunt  dieg, 
amice,  plaees  inlacrimabilem 
Plutona  tauris,  qui  ter  ampliim 
Genonen  Titj-onque  tristi 

eompescit  unda,  scilicet  oinnibus 
10    quicunque  terrae  munere  vescimur 
enaviganda,  Bive  reges 
nire  inopes  erimus  coloni. 

friistra  eruento  marte  earebimus 
fractisque  rauci  fluctibus  Hadriae, 
1'»    frustra  per  autumnos  nocentem 
ror])oribu8  raetuemus  austrum. 

21     linquenda  tellu8  et  domus  et  plaeeus 
uxor,  neque  harum,  quas  seris,  arborum 


CARMINÜM  LIB.  II.  \i\  15.  59 


te  praeter  invisas  cupressos 
ülla  brevem  dominum  sequetur. 


XV. 

Unecht. 

lam  pauca  aratro  iugera  regiae 
moles  relinquent,  undique  latius 
extenta  visentur  Lucrino 
Btagma  lacu^  platanusque  caelebs 

5    evincet  ulmos.    tum  violaria  et 
mjTtus  et  omnis  copia  narium 
spargent  olivetis  odorem 
fertilibus  domino  priori: 

tum  spissa  ramis  laurea  femdos 
10    excludet  ictus.    non  ita  Romuli 
praescriptum  et  intonsi  CatoniB 
auspiciis  veterumque  nonua. 

privatus  illis  eensus  erat  brevis, 
commune  magnum:  nuUa  decempedii 
15    metata  privatis  opaeam 
porticus  excipiebat  areton, 

nec  fortuitum  spernere  caespitem 
leges  sinebant;  õppida  publico 
sumptu  iubentes  et  deorum 
lUf    templa  novo  decorare  saxo. 


60  Q.  HORATII  FLACCl 


XVI. 

Otium  divos  rogat  in  patenti 
])renHU8  Aegaeo,  aimul  atra  nubes 
condidit  lunam  neque  certa  fulgent 
Hidera  iiautis, 

5    otium  bello  furiosa  Tbraee, 
otium  Medi  pharetra  decori, 
Clrogphe,  nou  gemmis  neque  puri)ura  ve- 
nale  neque  auro. 

non  enim  gazae  neque  c^^nsularig 
10    submovet  lictor  miseros  tumultus 
mentis  et  euras  laqueata  eiretim 
teeta  volantis. 

vivitur  parvo  bene  eui  patemum 
splendet  in  mensa  tenui  salinum 
15    nee  levis  somnos  timor  aut  cupido 
sordidus  aufert. 

quid  brevi  fortea  iaculaiAur  aevo 
muita?  quid  terras  alio  calentis 
Bole  mutamug?  patriae  quie  exsul 
2i)    8e  quoque  fugit? 

scandit  aerataa  vitiosa  navi« 
eura,  nee  turmas  equitum  relinquit, 
oeior  c^rvis  et  agente  nimbos 
ocior  euro. 

25    laetus  in  praesens  animus  quod  ultra  est 
oderit  curare  et  amara  lento 
temperet  risu:  nihil  est  ab  onmi 
parte  beatum. 


I 


CARMINUM  LIB.  II.  16.  16\  (^1 


abstulit  clarum  eita  mors  AchiUeni; 
30    lõnga  Tithonum  minult  senectug, 
et  mihi  forsan  tibi  quod  negarit 
porriget  boja. 

te  greges  eentum  Siculaeque  eircum 
mugiunt  vaeeae,  tibi  toUit  hinnitum 
35    apta  quadrigifl  equa,  te  bis  Afro 
murice  tinctae 

vestiunt  lanae:  mihi  parva  rura  et 
spiritum  Graiae  tenuem  eamenae 
parca  non  mendax  dedit  et  malignum 
40    spernere  volgus. 


xvr. 

Otium  divos  rogat  in  patenti 
preusus  Aegaeo,  sijnul  atra  nubes 
condidit  lunam  neque  eerta  fulgent 
gidera  nautis 


7  Grosphe,  non  gemmig  neque  purpura  ve- 
nale  neque  auro. 

non  enim  gazae  neque  eonsttlaris 
10    8ubDM9||t  Uctor  miseroB  tumultua 
mentia'fit  euras  laqueata  cireum 
teeta  volantis. 


62  Q.  HORATII  FLAOCI 

vivitur  parvo  bcne  oui  patcrnum 
splendet  in  nicnsa  tenui  salimim 
15    nec  levis  somnos  timor  aut  ciipido 
Hordidus  aufert. 

<iuid  brevi  fortes  iaeulannir  aevo 
muita?  (|uid  terras  alio  ealentis 
solc  mutanuis?  patriae  quis  exul 
20    se  ({uoque  fugit? 

25    laetus  in  prae^ens  animus  quod  ultra  est 
odcrit  eurarc  et  amara  lento 
teni]»eret  risu:  niliil  est  ab  omni 
parte  beatuni. 


XVII. 

Cur  me  querellis  exauimas  tuis? 
nec  dis  amicum  est  nee  mihi  te  prius 
obire,  Maecenas,  mearum 
grande  decus  columenque  rerum. 

h    a  te  meae  si  parteni  animae  rapit 
maturior  vis,  quid  moror  altera, 
nee  eanisaeque  nec  superstes 
integer?  iile  dies  utramque 

ducet  ruinam.    non  ego  perfiduni 
i«»    dixi  wicranientum :  ibimus,  ibimus. 
utcuni([ue  praecedes,  supremum 
carpere  iter  comites  parati. 

me  nec  <*himaerae  spiritns  igiieae, 
nec  sl  resurjrat  centimanus  Gvas, 
i'>    divellet  umquam:  sic  jwtenti 
lustitiae  placitumque  parcis. 


CARMINCM  LIB.  II.  17.  IV.  63 


seu  libra  seu  me  scorpios  «idspicit 
formidoloBus,  pars  violentior 
natalis  horae,  seu  tyraniuis 
f)    Hesperiae  capriconins  undae, 

iitnimque  nostrum  incredibili  modo 
consentit  astnim.    te  lovis  inpio 
tutela  Satumo  refulgens 
eripuit  volucrisqiie  fati 

5    tardavit  alas  cui  pojKilus  frequens 
laetum  theatris  ter  crepuit  sõnum: 
me  truncus  inlapsus  cerebro 
sustulerat,  nisi  Faunus  ictum 

dexti*a  levasset,  Mercurialium 

0    custos  vironim.    redderc  victimas 

aedemcjuc  votivam  memento: 

nos  humilem  fericmus  agnara. 


xvir. 

1     Cur  me  qucrcllis  exanimas  tuis? 
nec  dis  amicum  ost  nec  mihi  te  prius 
obirc,  Maeccuas,  mearum 
jj^raude  dccus  colnmenque  renim. 

1     utrumque  nostrum  incredibili  modo 
oonsentit  astrum.    te  lovis  inpio 
tutela  Saturno  refulgens 
eripuit  volucrisque  fati 

'Jt    tardavit  alas  cui  populus  frequens 
laetum  theatris  ter  crepuit  sõnum: 


25  cui  Lachm.   tum  oder  tnm  oder  t?». 


Hvl  a  HORATII  FLACCI 

uie  truncus  inlapgus  cerebro 
sustulerat,  nisi  Fauiius  ictum 

ilextra  levasset;  Mereurialium 

üo    fU8to8  virorum.    roddcrc  victiiiias 

Hödemque  võti  varn  memeuto: 

iu>8  humilem  ferieiiiuB  agnaui. 


XVIII. 

Non  ebur  neque  aureum 
inea  renidet  in  domo  lacuuar, 
uon  trabes  Hymettiae 
premunt  columiias  ultima  recisas 

õ    Africa,  uoque  Attali 

ignotus  heres  regiam  occupavi, 

uec  Laconicas  inihi 

trahuut  honeBtae  purpuras  clieutae. 

at  iides  et  ingeui 
10    beuigua  vena  est,  pauperemque  dives 
me  petit:  nihil  supra 
deos  laceBso  uec  potentem  amicum 

largiora  flagito, 
satis  beatus  unicis  Sabiiiig. 
15    truditur  dies  die, 

uovaeque  perguiit  iuterire  lunae. 

tu  Hceanda  marmora 
locas  8ub  ipguni  funus  et  sepulcri 
inmemor  struis  domos 
20    marisque  Baiis  ob8trei>eiiti8  urgues 

submovere  litora; 

parum  locuples  coutinenle  ripa. 


CARBfINüM  Lia  n.  18.  19.  65 


quid  quod  usqiie  proximos 
revellis  agri  terminos  et  ultra 

»    limitea  clientium 

salis  avarus?  pellitur  patemos 

in  sinu  ferens  dcos 

et  uxor  et  vir  sordidosque  natös. 

uuUa  certior  tamen 
)    rapacis  Orci  sede  destinata 
aula  divitem  manet 
emm.    quid  ultra  teiidis?  aequa  tellus 

pauperi  recluditur 
regumque  pueris,  nec  satelles  Orci 
>    callidum  Promethea 

rerexit  auro  captus.    hic  superbum 

Tan taluni  atque  Tantali 
genud  coercet,  hic  levare  functum 
pauperem  laboribus 
»    vocatus  atque  non  vocatus  audit. 


XIX. 

Bacchum  in  rcmotis  carmina  rupibus 
vidi  docentem,  crcdite  posteri, 
nymphasque  discentis  et.auris 
capripedum  satyronim  acutas. 

'    euhoc,  recenti  mens  trepidat  metu 
jdenoque  Baccbi  pectore  turbidum 
laetatur.    euboe,  i)arce  Liber, 
parce  gravi  metuende  thyrso. 

fas  perTica<*is  est  milii  tbyiadas 
)    vinique  fontem  lactis  et  uberis 

Lrhri,  Horatiu:!. 


66  a  HORATII  FLACCI 

cantare  rivos  atquc  truncis 
lapsa  cavis  itcrare  mella, 

fas  et  beatae  coniugis  additum 
stellis  houorem  tcctaque  Penthei 
ir>    digiecta  non  leni  ruiiia, 
Thracis  et  exitium  Lyeiir^ 

tii  flectis  amuis,  tu  mare  barbaruni; 
tu  separatis  uvidus  in  iugis 
iiodo  coerces  vipcrino 
2<)    Bistonidum  sine  fraude  crinis. 

tu,  cum  parentis  regiia  per  ardiium 
cohors  Gigantum  seanderet  inpia, 
Rhoetum  retorsisti  leonis 
ungiiibus  horribilique  maia: 

2:>    qiiamquam  chorcis  aptior  et  iocis 
liidoque  dictus  non  sat  idoneus 
pugnae  ferebaris;  sed  idem 
pjicw  eras  mediusque  belli. 

te  vidit  insons  Cerberus  aureo 
30    eornu  decorum  leniter  atterens 
caudam  et  recedentis  trilingui 
ore  pedes  tetipitque  erura. 


XX. 

Vnecht. 

Non  usitata  n6c  tenui  ferar 
penna  biforniis  per  liquidum  aethera 
vates,  neque  in  terris  morabor 
longius,  invidiaque  maior 


CARMINUM  LIB.  II.  19.  20.  67 


5    urbis  relinquam.    non  ego  pauperum 
sanguis  parentum,  non  ego  quem  vocaS; 
dilecte  Maecenas,  obibo, 
nec  Stygia  cohibebor  unda. 

iam  iam  residunt  eruribus  aspcrae 
10    põlles  et  album  mutor  in  alitem 
supeme  nascunturque  leves 
per  digitos  umeroaque  plumae. 

iam  Daedaleo  tutior  Icaro 
yisam  gementis  litora  Bospori 
15    Syrtisque  Gaetulas,  canorus 
alesy  Hyperboreosque  campos. 

me  Colchus  et  qui  diBsimulat  metum 
Marsae  cohortis  Dacus  et  ultimi 
noscent  Geloni,  me  peritus 
2')    discet  Hiber  Rhodanique  potor. 

absint  inani  funere  neniae 
luctusque  turpes  et  querimoniae; 
conpesce  clamorem  ae  sepulcri 
mitte  supervacuos  honores. 


13  tutior  B.   notior  und  ocior. 


5* 


Q.  HOEATII  FLACCI 

CARMINUM 

MBER  TERTIUS. 
I. 

Olli  profaiium  volgus  et  areeo. 
favcte  liugruis:  earniiua  nou  prius 
audita  musanim  sacerdos 
virgiuibiiB  puerisque  canto. 

5    Kegrum  timeudorum  iu  proprios  gregres, 
regcs  in  ipsos  imperium  est  lovis, 
clari  Giganteo  triumpho, 
cimeta  Bupercilio  movcutis. 

cst  ut  viro  vir  latius  ordiiiet 
lu    arbiista  sulcis,  hie  generosior 
desceudat  iu  campum  i)etitor, 
moribus  hie  meliorque  fama 

ciuiteudat,  illi  turba  elieutium 
sit  maior:  aequa  lege  ueeessitas 
i>    s?ortitur  insiguis  et  imos, 

t»mue  eai)ax  niovet  urua  uomeu. 

destrictus  eusis  eui  super  iupia 
eerviee  peudet^  uou  Sieulae  dapes 
dulecm  elaborabuut  saporeui, 
ao    Qou  avium  eithanieque  eautus 


a  HORATII  FLACCl  CARMINÜM  LIB.  III.  1.  G^ 

Bomnum  rcducent.    somnus  agrestiuin 
lenis  virorum  non  humilis  domos 
fastidit  umbrosamque  ripam, 
non  zephyris  ag:itata  Tempe. 

25    desiderantem  quod  satis  est  jieque 
tumultuosum  sollicitat  mare, 
nec  saeyus  arcturi  cadentis 
impetus  aut  orientis  haedi, 


M) 


non  verberat«ae  grandine  vineae 
fundusque  niendax,  arbore  nunc  aquas 
culpante,  nunc  torrentia  agros 
sidera,  nunc  hiemes  iniquas. 

contracta  pisces  aequora  sentiunt 
iactis  in  altum  molibus:  huc  vehens 
35    caementa.  demittit  redemptor 
eum  famulis  dominusque  terrao 

fastidiosus:  sed  timor  et  minae 
scandunt  eodem  quo  dominus,  neque 
decedit  aerata  triremi  et 
40    post  equitem  sedet  atra  cui*a. 

quod  si  dolentem  nec  Phrygius  lapis, 
nec  purpurarum  sidere  clarior 
delenit  usus,  nec  Falerna 
vitis  Achaemeniumque  costum, 

15    cur  invidendis  ppstibus  et  novo 
sublime  ritu  moliar  atrium? 
cur  valle  pennutera  Sabina 
divitias  operosiores? 

34  vehens.   frcquens. 


70  Q.  HORATII  FLACCr 


II. 


Angustam  aiiiice  pauperiem  imti 
rohustus  acri  miliria  jmer 
condiseat  et  Parthos  ferocis 
vexet  eques  mctueudus  hasta 

5    vitamque  sub  divo  et  trepidis  agat 
in  rebus,    illum  ex  moeuibus  hostieis 
matrona  bellantis  tyranni 
prospiciens  et  adulta  virgo 

suspiret:  eheu,  ne  rudis  agminum 
10    sponsus  lacessat-  regius  aspcrum 
tactu  leonem,  quem  eruenta 
per  medias  rapit  ira  eaedis. 

dulce  et  dccorum  est  pro  patria  mori: 
mors  et  fugaeem  persequitur  virum, 
15    nee  pareit  inbellis  iuventae 
poplitibus  timidoque  tergo. 

virtus  repulsae  nescia  sordidae 
intaminatis  fulget  honoribus, 
nee  sumit  aut  ponit  seeuris 
20    arbitrio  popularis  aurae. 

virtus  recludens  inmeritis  mori 
eaclum  uegata  temptat  iter  via, 
ooetusque  volgaris  et  udam 
si)ernit  hunuim  fugiente  penna. 

25    est  et  fideli  tuta  silentio 

merces:  vetabo,  qui  Cereris  saerum 
Yolgarit  arcanae,  sub  isdem 
sit  trabibus  fragilemve  mecuui 


CARMINÜM  LIB.  IIL  2.  2'.  71 


solvat  phaselon:  saepe  Diespiter 
^30    neglectus  incesto  addidit  integrum; 
raro  antecedentem  scelestum 
deseruit  pede  Poena  claudo. 


Angustam  amice  pauperiem  pati 
rohustus  acri  militia  puer 
condiscat  et  Parthos  ferocis 
rexet  eques  metuendus  hasta 

^    vitamque  sub  divo  et  trepidis  agat 
in  rebus,    illum  ex  moenibus  hosticis 
matrona  bellantis  tyranni 
prospiciens  et  adulta  virgo 

suspiret:  ehcu,  ne  rudis  agminum 
HO    sponsus  lacessat  regius  asperum 
tactu  leonem,  quem  cruenta 
per  medias  rapit  ira  eaedes. 

dulce  et  decorum  est  pro  patria  mori: 
mors  et  fugacem  persequitur  virum, 
15    nec  parcit  inbellis  iuventae 
poplitibus  timidove  tergo.    . 

:2i     virtus  recludens  immeritis  mori 
caelum  negata  tentat  iter  vita, 
coetusque  volgaris  et  udam 
spemit  humum  fugiente  penna. 


72  a  HORATII  FLACCI 

*    J\och  ehk  Versuch  mit  Bcnutziouj  einiger  wie  es  uhemen  kamn   roH 

hier  cerspreugter  Strophen  aus  der  3.  Odt\ 

Aiigii8tam  amice  pauperiem  pati 
robustus  acri  militia  i)iier 
condiseat  et  Parthos  ferocis 
vexet  eques  metueiulus  hasta 

:»    vitanique  siib  divo  et  trepidis  agat 
iu  rebus,    illum  ex  moeiiibus  hosticis 
matrana  bellantis  tvranni 
prospieicns  et  adulta  virgo 

siispiret:  eheii,  ne  rudis  agminum 
Ui    sponsus  laeessat  regius  asperum- 
tactu  Iconeni,  queni  crueuta 
I>er  medias  rapit  ira  caedes. 

in,  49  auruni  inrepertum  et  sic  melias  situm, 
cum  terra  cclat,  spemere  fortior 
quani  cogere  bumanos  in  usus 
onine  saerum  rapiente  dextra 

quicunque  mundo  terminus  obstitit 
hunc  tnngat  amiis,  Tisere  gestiens 
õoqua  parte  debaccbentur  igiie^, 
qua  nebulae  phniique  rore*. 

n.i3dulce  et  decorum  est  pro  patria  mori: 

mors  et  fugaeem  persequitur  vimm 
t5    nec  pardt  inbellis  iuveutae* 
poplitibus  timidove  tergo. 

It    virtos  recludens  immeritis  mori 
CAelum  negata  temptat  iter  via. 


"70 


CARMINÜM  LIB.  III.  2'.  3  io 


coetusque  volgaris  et  udara 
spernit  humum  fugiente  penna. 

III. 

lastum  et  tenaeem  propo^ti  virura 
non  eivium  ardor  prava  iubeutium, 
non  võitus  instantis  tyranni 
mente  quatit  solida,  neque  auster, 

5     dux  inquieti  turbidus  Hadriae, 

nec  fulminantis  magna  manus  lovis: 
si  fractus  inlabatur  orbis, 
inpavidum  ferient  ruinae. 

hac*  arte  Pollux  et  vagus  Hercules 
10    enisus  areis  attigit  igueas: 
quos  inter  Augustus  j*ecumbens 
purpureo  bibet  ore  neetar. 

hac  te  merentem,  Bacehe  pater,  tuae 
vexere  tigres  indocili  iugum 
15     eollo  trahentes,  hac  Quirinus 
Martis  equis  Acheronta  fugit, 

gratum  elocuta  consiliantibus 
lunone  divis:    'Ilion,  Ilion 
fatalis  ineestusque  iudex 
20    et  mulier  peregrina  vertit 

in  pulverem,  ex  quo  destituit  deos 
mercede  paota  Laomedon  piihi 
castaeque  damnatam  Minervae 
cum  populo  et  duee  fraudulento. 

25    iara  nec  Laeaenae  splendet  adulterae 
famosus  hospes,  nec  Priami  domus 


71  Q.    HORATII  FLACCI 

periuni  piig:Li«ad8  Aehivos 
IIeoti»reis  opibus  refringit, 

ii«»:iitrisque  iluctuin  seditionibiw 
Ä>    bollum  resedit:  pn»tinus  et  yravis 
iras  et  invisum  nepotem, 
Tnnoa  queui  peperit  sacenlos, 

Marti  redouabo.    illum  ego  hicidas 
iiüro  sodes.  diieere  uectaris 
:  >    5iiuH»s  et  adscribi  (|uieti8 
ordiuibus  patiar  deoruni. 

duiu  longus  inter  saeviat  Ilion 
Itonianique  pontus,  qualibet  exsules 
iil  parte  regnanto  beati; 
U»    iluiu  Priami  Paridisque  busto 

insultet  amieutum  et  ea  tules  ferae 
eelent  iuultae,  stet  Capitoliimi 
fulgens,  triuniphatisque  possit 
Roma  ferox  dare  iura  Medis. 

15    horrenda  läte  nomeu  iii  ultiinas 
oxtendat  oras,  qua  mediu8  liquor 
Hoeernit  Europen  ab  Afro, 
qua  tumidus  rigat  arva  NiluS; 

uurum  inrepertum  et  sie  meliiis  situni; 
titi    (5um  terra  celat,  speniere  fortior 
quam  eogere  liumanos  in  usus 
omno  sacrum  rapiente  dextra. 

quicuuique  mundo  terminus  obstitit^ 
Il  uue  tangat  armis,  visere  gestiens 
6/f    qim  parte  debacehentur  ignes, 
qua  nobulae  pluviique  rores. 


CARMINÜM  LIB.  III.  3.  3\  75 


sed  bellicosis  fata  Quiritibus 
hac  lege  dico,  ne  nimium  pii 
rebusquc  fidentes  avitae 
>o    teeta  velint  reparare  Troiae. 

Troiae  renascens  alite  lugubri 
fortuna  tristi  clade  iterabitur, 
ducente  victricis  eatervas 
coiiiuge  me  lovis  et  sorore. 

J5    ter  si  resurgat  murus  aeneus 
auetore  Plioebo,  ter  pereat  meis 
excisus  Argivis,  ter  uxor 
eapta  vimm  puerosque  ploret/ 

non  hoc  iocosae  eoixveniet  lyrae. 
0    quo,  musa,  tendis?  desine  pervicax 
referre  sermones  deorum  et 
magna  modis  tenuare  parvis. 


IIP. 

1     lustum  et  teuaeem  propositi  virum 
non  civium  ardor  prava  iubentium 
non  võitus  instantis  tyranni 
mente  quatit  solida,  neque  auster, 

5    dux  inquieti  turbidus  Hadriae, 

nee  fulminantis  magna  manus  lovis: 
si  fraetus  illabatur  orbis 
impavidum  ferient  ruinae. 

hac  arte  PoUux  et  vagus  Hercules 
.0    enisus  arcis  attigit  igneas: 
quos  inter  Augustus  recumbens 
purpureo  bibet  ore  nectar. 


76  a  HORATII  FLACCI 

liac  te  merentem,  Bacolie  patcr,  tuae 
vexere  tigres,  indocili  iiigiim 
15    eol  lo  traliente^,  liac  Quirinus 
Martis  equis  Aelierouta  fugit, 

{^ratiim  eloeiita  consiliantibus 
Imione  divis:  'Ilion,  Uion 
fatalis  ineestusque  iiidex 
20    et  mulier  peregrina  vei-tit 

in  pulverem,  ex  quo  destituit  deos 
mercede  pacta  Laomcdon  mihi 
CÄStaeque  damuatam  Minei*vae 
emu  jKjpulo  et  duce  frauduleuto. 

25    iam  nec  Lacaenae  spleiidet  adulterae 
famosus  liosii>es,  nec  Priami  domus 
pcriui-a  pugnaeis  Achivos 
Hectoreis  oinbus  refriiigit, 

no8trisque  ductum  seditioiiibus 
30    bclluin  resedit:  protinus  et  gravis 
iras  et  invictum  nepotem, 
Troica  quem  dedcrit  sacerdos, 

Marti  redonabo;  illum  ego  lueidas 
nierere  sedes,  dueere  nectaris 
35    siicos  et  adseribi  quietis 
ordinibus  patiar  deoruin. 

iliim  longus  iuter  saeviat  Ilion 
Romamque  pontus,  qualibet  exsules 
in  parte  regnanto  beati ; 
40    dum  Priauii  Paridisque  busto 


31  invictum.  invisam.      :r2  dcderit.   pcperit.      34  merere.  inire. 


CARMIXÜM  LIB.  III.  3\  4.  77 


insultet  armentum  et  eatulos  ferae 
celent  inultae,  stet  Capitolium 
fulgens  triumphatisque  possit, 
Roma  ferox  dare  iura  Medis/ 


IV. 

Descende  caelo  et  dic  age  tibia 
regina  longum  Calliope  raelos, 
seu  voce  nunc  mavis  acuta, 
seu  fidibus  citharaque  Phoebi. 

5    auditis  an  me  ludit  amabilis 
insania?  audire  et  videor  pios 
errarc  per  lueos,  amoenae 
quos  et  aquae  subeunt  et  aurae. 

21     vester,  camenae,  vester  in  arduos 
toUor  Sabinos,  seu  mihi  frigiduni 
Praeueste,  seu  Tibur  supinum, 
seu  liquidae  placuero  Baiae. 

9    me  fabulosae  Volture  in  Appulo 

10    altricis  extra  Urnina  devio 
ludo  fatigatumque  somno 
frondc  nõva  puerum  palumbes 

texcre,  mirum  quod  foret  omnibus, 
quicumque  celsae  nidum  Acherontiae 
15     saltuaque  Bantinos  et  arvuni 
pingne  tenent  huinilis  Forenti, 

ut  tuto  ab  atris  corpore  viperis 
dormirem  et  ursis,  ut  premerer  sacra 


10  limiua  devio.    limen  Apuliae,  ümina  Piilliae. 


78  Q.  HORATII  FLACCI 

lauroquc  oonlataque  niyrto, 
20    non  sine  dis  animosus  infans. 

25    vestris  araicum  fontibus  et  choris 
non  me  Philippis  versa  acies  retro^ 
devota  non  exstinxit  arbos, 
nec  Sieula  Palinunis  unda. 

utcumque  nieeum  vos  eritis,  liben» 
30    insanientem  navita  Bosporum 
temptabo  et  urentis  hareuas 
litoris  Assj  rii  viator, 

visam  Britannos  hospitibus  feros 
et  laetum  equino  sanguine  Concanum, 
35    visam  ])haretratos  Gelonos 

et  Seythicum  inviolatus  amnem. 

vos  Caesarem  altuni,  militia  simul 
fessas  eohortes  reddidit  oppidis, 
finire  quaerentem  labores 
4»    Pierio  recreatis  antro. 

vos  lene  consilium  et  datis  et  dato 
gaudetis  almae 


scimus  ut  impios 

43    l^tauas  immanemque  turmam 
fulmine  sustulerit  corusco 

45    qui  tenram  inertem,  qui  mare  temperat 
ventosum  et  umbras  regnaque  tristia 
divosque  mortalisque  turbas 
imperio  regit  unus  aequo. 

44  corusco  B.   caduco 


CARMINÜM  LIB.  III.  4.  7ft 


ma^um  illa  terrorem  intulerat  lovi 
fidens  iuventus  horrida  braechiis, 
fratresque  tendentes  opaco 
Pelion  inposuisse  Olympo. 

sed  quid  Typhoeus  et  validus  Mimas, 
aut  quid  minaoi  Porphyrion  statu, 
quid  Rhoetus  evolsisque  truncis 
Enceladus  iaculator  audax 

contra  sonautem  Palladis  aegida 
possent  ruentes?  hinc  avidus  stetit 
Voleanus,  hinc  matrona  luno  et 
numquam  uraeris  positurus  arcum, 

qui  rore  puro  Castaliae  lavit 
crinis  solutos,  qui  Lyciae  tenet 
dumeta  natalemque  silvam^ 
Delius  et  Patareus  AdoIIo. 

vis  consili  expers  mole  ruit  sua: 
vim  temperatam  di  quoque  provehunt 
in  maius;  idem  odere  viris 
omne  nefas  animo  moventis. 

testis  meanim  eentitnanus  Gyas 
sententiarum,  notus  et  integrae 
temptator  Orion  Dianae^ 
virginea  domitus  sagitta. 

iniecta  monstris  Terra  dolet  suis 
maeretque  partus  fulmine  luridum 
missos  ad  Orcum;  nec  peredit 
inpositam  eeler  ignis  Aetnam, 

incontinentis  nec  Tityi  iecur 
reliquit  ales,  nequitiae  additus 


S()  Q   IIORATn  FLACCI 

custos;  amatorem  treccntae 
so    Piritliouin  eoliibent  ciitenae. 


V. 

(.^aelo  ttniantcin  crcilitlimiis  loveni 
rcjjnare:  pracseiis  <livu.s  habebitur 
Augustus  adiectis  Britaunis 
impcrio  gravil)usque  Porsiö. 

■»    uiilesuc  Crassi  coiüuge  barliara 
turi)is  maritus  vixit  et  hostium 
(pro  (»uria  inversique  niores!) 
conscnuit  soecroruni  iii  annis 

sub  rege  Medo  Marsus  et  Appulus, 
10    anciliorum  et  nominis  et  togae 
oblitus  aeternaefpie  Vestae, 
•ineolunii  love  et  urbe  Roma? 

lioc  eaverat  mens  provida  Keguli 
(lisscntientis  (M)n(licionibus 
if)    foedis  et  exeniplo  trabcnti 
pernicieni  veniens  in  ae^  uni. 

81  non  perirot  inmiserabilis 
oai)tiva  pubes.    'signa  ego  Punicis 
atlfixa  debibris  et  anna 
20  mililibus  sine  caede*  dixit 

Merei)ta  vidi,  viili  ego  oiviuni 
rctorta  tcrgo  bracehia  libcro 
l)orta8que  non  cbuisas  et  arvo 
Marte  coli  i)opubita  nostro. 


17  l^  moint  perirent  imiir-o  abilos 


CARMINÜM  LIB.  III.  4.  7ft 


magmum  illa  terrorem  intulerat  lovi 
50    fidens  iuventus  horrida  bracehiis, 
fratresque  tendentes  opaco 
Pelion  inposuisse  Olympo. 

sed  quid  Typhoeus  et  validus  Mimas, 
aut  quid  minaoi  Porphyrion  statu, 
55     quid  Rhoetug  evolsisque  truncis 
Enceladus  iaculator  audax 

contra  sonautem  Palladis  acgida 
possent  ruentes?  liine  avidus  stetit 
Volcanus,  liine  matrona  luno  et 
6<)     numquam  umeris  positunis  areum, 

qui  rore  i)uro  Castaliae  lavit 
erinis  solutos,  qui  Lyeiae  tenet 
dumeta  natalemque  silvam, 
Deliiis  et  Patareu8  Annllo. 

<M    vis  consili  expers  mole  ruit  sua: 
vim  temperatam  di  quoque  proveluint 
in  maius;  idem  odere  viris 
omne  nefas  animo  moventis. 

testis  meanira  eentimanus  Gyas 
7»  sententiarum,  notus  et  integrae 

temptator  Orion  Dianae, 
virginea  domitus  sagitta. 

inieeta  monstris  Terra  dol(»t  suis 
maeretque  partus  fulmine  luriduin 
75    missos  ad  Oreum;  nec  peredit 
inpositam  eeler  ignis  Aetnam, 

incontinentis  nee  Titvi  ieeur 
reliquit  ales^  nequitiae  additus 


82  Q.  HORATII  FLAOCI 

quaiu  si  dientiim  lõnga  ncgotia 
diiudioata  lito  relinqueret, 
55    tendens  Venafranos  in  agros 
aut  Lacedacmonium  Tarentiim. 


Vas  hi<T  ais  W  und  VI-  ocgehcn^  Jciics  mil  fehUHdam  Schiuss* 
(iics  nui  fchktulem  Anfang.  gekt  gewöhnlich  ais  ein  zu 

sammaihäntjendes  Gedicht, 

VP. 

Dolicta  maioruni  heii  incritiis  lues^ 
Romane^  doiiec  templa  refeeeris 
aedisque  labentis  deoruni  et 
foeda  nijrro  simiilaera  fumo. 

h    dis  te  miuoreni  (iiiod  geris,  iniperas: 
hinc  omiie  i)rincii)iiinj,  liuc  refer  exitum: 
di  muita  ncglccti  dederunt 
Hesperiae  mahi  luctuoKae. 

iam  bis  Moiiaescs  et  Pacori  manus 
10    non  ausjücatos  contudit  inpetus 
nostroH  et  adiecis^^e  praodam 
torquibus  exiguis  renidet. 

paene  ocoupatam  neditiouibus 
delevit  urbem  Dacu«  et  Aethiops, 
!.•»    hic  classe  formidatus,  iile 
missilibue  melior  sagittis. 


1  heu  meritufi    inmeritus. 


4  • 


.y 


CARMINCM  LIB.  111.  6».  6«.  83 


VI  •^. 


fecunda  culpac  ^accula  uu])tias 
prinmm  inquinavcre  et  genii»  et  domos 
hoo  fonte  dcrivatu  elades 
)    in  patriaui  i)opuluinque  fluxit. 

mõtus  doceri  gaudet  lonieos 
Komana  virgo  et  fingitur  artibus 
iam  nunc  et  incet^toB  amores 
de  tenero  meditatur  iiugiü: 

)    mox  iuniores  cniaerit  adiilteros 
inter  mariti  vina,  neciiie  eligit 
cui  donet  iupemiissa  raptim 
gaudia  lunünihuH  remotis, 

8ed  iussa  corani  non  sine  coiu<eio 
>    Burgit  marito,  «cu  voeat  institor 
seu  navis  Hisjiauae  magister, 
dedeconiui  j»retiosiw  emi>tor. 

n(ui  his  iuventus  ort;i  parentibus 
infecit  aeciiior  sanguine  Punico, 
I    Pyrrbumque  et  ingentem  eecidit 
Antiochum  Hannibalem(tue  dirum; 

sed  rusticorum  mascula  militum 
proles,  Sabellis  doctu  ligonibiis 


22  Komana,   matura. 


84  Q.  HOBATII  FLACCl 

versare  glaebas  et  scvcrae 
40    matris  ad  arbitrium  recisos 

portare  fustis^  äol  ubi  niontium 
mutarct  uiiiY)ra*i  et  ing:i  demeret 
bobuA  fati<ratis,  amiciim 
tempus  agens  abeunte  eumi. 

45    damnosa  quid  U4)U  inminuit  dies? 
aetas  parentum  |>eior  äris  tulit 
nos  nequioreS;  mox  daturos 
progeniem  vitiosiorem. 


VIL 

Quid  iles,  Asterie,  quem  tibi  oandidi 
priuiti  restituent  vere  favonii 
Thyiia  meree  beatum, 
eonstantis  iuveneni  fide 

5    Gygen?  iile  notis  aetus  ad  Oricum 
post  insaiia  caprae  sidera  frigidas 
noetis  non  siue  multis 
insomnis  laerimis  agit 

atqui  soUieitae  mintius  hospitae, 
10    suspirarc  Chloen  et  miseram  tuis 
dicens  iguibus  uri, 
temptat  mille  vafer  modis. 

ut  Proetuni  mulier  periida  credulum 
falsis  in))ulerit  criminibus  nimis 
15    casto  Bellerophonti 
maturare  necem  refert; 

narrat  paene  datum  Pelea  Tartaro, 
Maguessam  üippolyten  dum  fugit  abstinens; 


lk: 


GARMIXUM  LIB.  III.  7.  8.  85 


et  peccare  docentis 
2«>    fallax  hiBtorias  movet. 

frustra:  nam  scopulis  surdior  Icari 
voces  audit  adhuc  integer.    at  tibi 
ne  vicinus  Enipeus 
pius  iusto  placeat  cave: 

25    quamvis  non  alius  flectere  equum  soiens 
aeque  conspicitur  gramine  Martio, 
nec  quisquam  oitus  aeque 
Tusco  denatat  alveo. 

priina  nocte  domum  claude  neque  in  vias 
90    sub  cantu  querulae  despice  tibiae, 
et  te  saepe  vocanti 
duram  difficilis  mane. 


VIIL 

Martiis  eaelebs  quid  agam  calendis, 
quid  velint  flores  et  acerra  turis 
plena  miraris  positusque  carbo  in 
caespite  vivo, 

5    docte  sermones  utriusque  linguae. 
voveram  dulcis  epulas  et  album 
Libero  caprum  prope  funeratus 
arboris  ictu. 

hic  dies  anno  redeunte  festus 
10    corticem  adstrietum  pice  dimovebit 
amphorae  fumum  bibere  institutae 
eonsule  Tullo. 


5  wahrscheinlich  ein  falscher  Vcrs. 


S6  a  HORATII  FLACCI 

sume,  Maecenag,  eyatho»  amici 
sospitis  centuniy  et  vigiles  lucernas 
15    perfer  in  lucem;  procnl  oniiiis  esto 
cura  futuri. 

mitte  eivilis  super  urbe  curas: 
oeciilit  Daoi  Cotisonis  agmen, 
Medus  infestus  sibi  luetuosis 
'10    dissidet  armiSy 

servit  Hispanae  vetus  hostis  orae 
Cantaber,  sera  domitus  eateua, 
iam  Scythae  laxo  meditantur  arcu 
cedere  eaiupis. 

25  neglegens  nequa  populus  laboret 

parce  privatus  nimium  eavere; 
dona  praesentis  cape  laetus  liorae: 
linque  severa. 


d 


IX. 

Donee  gratus  eram  tibi 

nec  quisquam  potior  braeehia  candidae 

c^rrici  iuvenis  dabat, 

Persarum  vigui  rege  beatior, 

5    Monec  non  alia  magis 

arsisti  ncquo  erat  Lydia  post  Chloen, 
raulti  Lydia  nominis 
Romaua  vigui  elarior  liia.* 


me  uunc  Thressa  Chloe  regit, 
10    dulcis  doeta  modos  et  eitharae  sciens, 


10  cura  futuri.    clamor  et  ira. 


CAKMINÜM  LIB.  IIL  9.  10.  87 


pro  qua  non  metuam  mori, 

81  parcent  aniroae  fata  superstiti. 

'me  torret  face  mutua 
Thurini  Calais  filiua  Omyti, 
15    pro  quo  bis  patiar  mori, 

si  parcent  puero  fata  superstiti/ 


quid  si  prisca  redit  Venus 
diduetosque  iiigo  cogit  aeneo? 
si  flava  exeutitur  Chloe, 
20    reiectaeque  patet  ianua  Lydiae? 

'quamqiiam  sidere  pulchrior 

iile  est,  tu  levior  cortic<j  et  inprobo 

iracundior  Hadria, 

teeum  virere  amem,  tecuni  obeam  libens/ 


X. 

Extremum  Taiiain  si  biberes,  Lyce 
saevo  nupta  viro,  me  tamen  asperas 
l)orrectum  ante  foris  obic^re  incolis 
plorares  aquilonibus. 

5    audis  quo  strepitu  ianua,  quo  nemus 
inter  pulchra  satum  teeta  remugiat 
ventis,  et  positas  ut  glaciet  nivis 
puro  numine  luppiter? 

ingratam  Veneri  pone  superbiam, 
10    ne  currente  retro  funis  eat  rota. 
non  te  Penelopen  difficilem  pro^^is 
Tyrrhenus  genuit  parens. 

o  quamvis  neque  te  munera  nec  preces 
nec  tinetus  viola  pallor  amantium 


88  Q.  HORATII  FLACCI 

t5    iiee  vir  Pieria  paelice  saueius 
curvat  supplicibus  tuis, 

parcas,  nec  rigida  mollirr  aesculo 
nec  Mauris  animum  mitior  anguibus. 
non  hoc  commeruit  liminis  aut  aquae 
20    caelestis  patiens  latus. 


XI. 

Mcrcuri  (nam  te  docilis  magistro 
movit  Amphion  lapides  canendo) 
tuque  testudo  resonarc  septem 
eallida  nervis, 

5    nec  loquax  olim  neque  grata,  nunc  et 
divitum  mensis  et  amica  templis, 
dic  modos,  Lyde  quibus  obstinatas 
adplieet  auris, 

quae  velut  latis  equa  trima  eampis 
10    ludit  exsultim  metuitque  tangi, 
nuptiarum  expers  et  adhuc  protervo 
cnida  marito. 

tu  potes  tigris  comitesque  silvas 
ducere  et  rivos  celeres  morari; 
15    cessit  inmanis  tibi  blandienti 
ianitor  aulae; 

Cerberus,  quamvis  furialo  eentum 
muniant  angues  eaput  eius  atque 
spiritus  taeter  sanicsquc  manet 
20  ore  trilingui. 

19  commeruit.  semper  erit. 


CARMINCM  LIB.  III.  II.  gÖ 


quin  et  Ixion  Tityosque  voltu 
risit  invito;  stetit  urna  paullum 
sicca,  dum  grato  Danai  puellas 
carmine  mulces. 

%  audiat  Lyde  scelus  atque  notas 

virginum  poenas  et  inaiie  lymphae 
dolium  ftindo  pereuntis  imo 
seraque  fata, 

quae  liiunt  poenas  etiam  sub  Orco. 
30    inpiae  nam  quid  potuere  maius? 
inpiae  sponsos  potuere  duro 
perdere  ferro. 

una  de  multis  face  nnptiali 
digna  periurum  fuit  in  parentem 
35    splendide  mendax  et  in  orane  virgo 
nobilis  aeviim, 

'surge'  quae  dixit  iuveni  marito, 
'surge,  ne  longus  tibi  somnus  unde 
non  times  detur:  socerum  et  scelestas 
40    faile  sorores, 

quae  velut  nactae  vitulos  leaenae 
singulos  eheu  lacerant:  ego  illis 
moUior  nec  te  feriam  neqüe  intra 
claustra  tenebo. 

45    me  pater  saevis  oneret  catenis, 
quod  viro  clemens  misero  peperci; 
me  vel  extremos  Numidanim  in  agros 
classe  releget. 


29  luant  poenas.  manent  culpas. 


90  Q.  KORATIl  FLACCI 

i  pedes  quo  te  rapiunt  et  aurae, 
50    (lum  favet  nox  et  Venus,  i  secundo 
omine  et  nostri  memorcm  sepulero 
scalpe  querellani.' 


XII. 

Misenirum  ost  iie([ue  amori  dare  ludum  iieque  dulci 
maia  vino  lavere  aut  exanimari  metuentis 
patruao  verbera  liiiguae. 

tibi  qualum  Cj  thereae  puer  ales,  tibi  t^las 
5    operosaeque  Minervae  studium  aufert,  Neobule, 
Liparaei  nitor  Hebri, 

siraul  imetos  Tiberinis  umeros  lavit  iu  uudis, 
eques  ipso  melior  Bellerophonte,  neque  pugno 
neque  segui  pede  victus; 

10    eatus  idem  per  apertum  fugientis  agitato 
grege  eervos  iaculari  et  celer  arto  latitantem 
fruticeto  exciperc  apnuu. 


XIII. 

0  fous  Baudusiae,  spleudidior  vitro, 
dulci  digue  mero  non  sine  floribus, 
eras  donaberis  haedo, 
Otti  frons  turgida  eomibus 

5    primis  et  Venerem  et  proelia  destinat. 
frustra:  uam  gelidos  infieiet  tibi 
rubro  sanguine  rivos 
lascivi  suboles  gregis. 

te  flagrantis  atrox  hora  eanieulae 
10    nescit  tangere,  tu  frigus  amabile 


r 


CARMINÜM  riB.  m.  12    13.  U.  91 


fessis  vomere  tauris 
praebes  et  peeori  vago. 

fies  nobilium  tu  quoque  fontium, 
me  dicento  cavis  inpositani  ilicem 
5    saxis;  unde  loquaces 
lymphae  desiliunt  tuae. 


XIV. 

Bis  y,  16  ech(  und  voUständig. 

Herculis  ritu  modo  dietus,  o  plebs, 
niorte  veiialeiu  petiisso  lauruin 
Gaesar  Hispana  repetit  penatis 
victor  ab  ora. 

b    unico  gaudens  mulier  marito 
prodeat  iustis  operata  diviH, 
et  soror  clari  ducis  et  decorae 
supplice  vitta 

virgiuum  matres  iuvenumque  nu[)er 
0    sospituui,  vosque  o  pueri  et  puellae 
haud  viruni  expertac,  male  et  ominatis 
parcite  verbis. 

hic  dies  vere  mihi  fcstus  atras 
eximet  euras:  ego  nee  tumultum 
5    nee  mori  pcr  virn  metuam  tenente 
Caesare  tcrras. 

i  pete  unguentum,  puer,  et  eoronas 
et  cadum  Marsi  memorem  duelli, 
Spartacum  siqua  potuit  vagantem 
)  fallere  testa. 


tO  Ueberlieferung  vos  o  pueri  et  puellae  iam  vinim  expertae  male 
ominatis  (und  nominatis)  parcite  verbis.  —  haud  gab  Pottier. 


92  Q.  IIORATII  FLACCI 

dio  et  argutiio  j)ropcret  Xcaerae 
murreum  iiodo  eohiberc  ennem, 
si  pcr  iiivisuni  inoni  ianitorem 
tiet,  abito. 

25  leuit  albesoens  aiiimos  eapillus 

litiiim  et  rixae  eupidos  protervae; 
noil  ego  boc  ferrem  ealidus  iuventa 
eonsule  Planeo. 


XV. 

Uxor  paiiperis  Ibyei, 

tandem  nequitiae  fige  modum  tuae 

famoftisque  laboribus ; 

maturo  [)ropior  desine  funeri 

5    inter  ludere  virgines 

et  stellis  nebulam  spargere  eandidig. 

non,  siquid  Pholoen  satis, 

et  te,  Chlori,  decet.    filia  rectius 

expugnat  iuvenum  domos, 
10    pulso  thyias  uti  concita  tympano. 
illam  cogit  amor  Nothi 
lascivac  similera  ludere  capreae: 

te  lauac  prope  nobilem 
tonsae  Luceriam,  non  eitharae  decent 
16    nec  flos  purpureas  rosae 

nec  poti  vetulam  faeee  tenus  cadi. 


x^^. 

Inclnsam  Daimen  turris  aenea 
robuBtaeque  fores  et  vigilum  canum 
trurtes^  excubiae  munierant  satia 
aoctumis  ab  adulteris, 


CABMINÜM  LIB.  III.  lõ.  16.  93 


5    si  non  Acrisium  \1rgiiiis  abditae 
cuBtodem  paviduin  luppiter  et  Venus 
risissent:  fore  enim  tutiun  iter  et  patens 
eonverso  iu  pretium  deo. 

aurum  per  medios  ire  satellites 
10    et  pen-uinperc  amat  saxa  potentius 
ictu  fulmineo:  concidit  auguris 
Argivi  domus,  ob  lucruiii 

demersa  exitio;  difiidit  urbium 
portas  vir  Macedo  et  subruit  aemulos 
15    reges  muneribus;  munera  iianum 
saevos  inlaqueant  duces. 

cresceiiteni  sequitur  eura  pecuniam 
maionimque  fames.    iure  perhorrui 
läte  C(m8pieuum  toUero  vertieem, 
20    Maecena^;  equitum  decus. 

quanto  quisque  sibi  plura  negaverit, 
ab  di8  plura  feret:  nii  eupientium 
nuduB  eastra  peto  et  transfuga  divitum 
partis  linquero  gestio, 

K5    contemptae  dominus  splendidior  rei 
quam  si  quidquid  arat  inpiger  Appulus 
oeeultare  meis  dicerer  liorreis, 
magnas  inter  opes  inops. 

purae  rivus  aquae  silvaque  iugcruni 
to    paueorum  et  segetis  eerta  fides  meae 
fulgentem  imperio  fertilis  Afrieae 
fallit  sorte  beatior. 

quamquam  nec  Calabrae  mella  ferunt  apeS; 
nec  Laestrygonia  Bacchus  in  itmpbora 


94  Q   UORATJI  FLACCl 

35    lanjrucscit  niilii.  nec  iiinguia  Gallicis 
crei?cunt  vellera  {laifcnis. 

inportiina  tainen  iiauperie<  abcst, 
ncc,  ?i  plura  velini.  tii  (lare  denegCB. 
contracto  iiicliiis  parva  eiiiiidine 
40    veotipilia  jiorri^^ni 

cjiiaiii  si  Mvpltiiiüs  re^'num  Alyattei 
canipis  criiitinaem.    inuha  ;»etentibu!i 
flojaiint  muita:  Ikmu;  ost.  ciii  «leus  obstulit 
paroa  ciuml  satis  e^^t  niami. 


xvr. 

Inclusani  Ihuiaeu  turris  aenea 
roliu^taeque  f«»res  nc-  vitnlum  canuni 
tri<tcs  exruliiao  muiiierant  sati? 
nf>fturiiis  ab  adiilteris. 

\*    auruni  |»er  inetli<»s  ire  satellites 
et  perrumnere  amat  saxa  potentiu? 
ictu  fulniinoi»:  (M«nciiiit  auguris 
Ar^'ivi  (lomus.  ob  hu-rum 

tleintTsa  exiti<i;  iUffiilit  urbium 
portas  vir  Jlaocdo  vx  subnüt  aemulos 
\\    re^es  muneribus;  niunera  iia\inni 
8aoros  illaqueant  iluees. 

crescens  at  se(|uitur  cura  pecunlam 
maittruniquo  fames.    iure  perhomii 
Ute  conspi(»uuin  toUere  verticoni, 
20    Macceiias,  equituiu  ilecu9. 

2  nec.  ei.      17  crescens  at    cn»centem. 


i 

% 


CARMIN^ÜM  LIB.  III.  16*.  17.  95 


15    contemtae  dominus  splcndidior  rei 
qiiani  si  quidqidd  erat  iinpi^cr  Appulus 
oc<!tultaro  mei»  dicerer  horreis, 
magnas  inter  oi)es  iuops, 

11     qiiam  h\  niygdcmiis  rcgnum  Alyattci 
carapiB  eontinueni.    muita  petentibus 
desunt  muita;  bene  est,  cui  deu8  obtulit 
parea  quod  satis  est  manu. 


XVII. 

Vttecht. 

Aeli  vetusto  nobilis  ab  Ijamo, 
quando  et  i)rioro.s  hine  Lamias  fcrunt 
denominatos  et  nepotuui 
per  memore«  genus  onuie  fastos 

5    anctorc  ab  illo  ducit  origincm, 
qui  Formiarum  moenia  dieitur 
prineeps  et  innantem  Maricae 
litoribus  tcnuisse  Lirini 

latc  tyranuus:  eras  foliin  nemuR 
0    multis  et  alga  litus  inutili 
demissii  tempcntas  ab  curc» 
Hteriiet,  aquac  nisi  fallit  augur 

aniiosa  cornix.    duni  poti»,  ariduin 
coupone  lignuiii :  eras  genium  mero . 
>     curabis  et  porco  bimciistri 
cum  famulis  operuin  solutis. 


XVIII. 

Faune  nympharuni  fugientum  amator, 
per  meos  finiš  et  aprica  rura 


96  ;q.  horatu  flacci 

leuis  incedas  abeasque  panis 
acquua  alumniS; 

5    si  tener  pleno  cadit  haedus  anno, 
larga  uec  desunt  Veucris  sodali 
vina  ci-aterae.    vetus  ara  multo 
fumat  odore, 

ludit  herboso  pecus  oiimc  campo, 
lu    cuin  tibi  nouae  redeuut  decembrcs; 
festus  iu  pratiö  vacat  otioso 
cum  bove  pagus. 

inter  audacis  lupus  crrat  agnos; 
gpargit  agrestis  tibi  silya  frondis; 
15  gaudet  invisaiu  pcpulisse  fossor 

ter  pede  terram. 


XIX  K 

A7A'*  und  Ä'IX^  nach  dcr  Uvherlieferung  ein  dmiges  chac  Lüeken 

zusammenhängendes  Gfdicht. 

Quantuni  distet  ab  Inaeho 

Codrus  pro  patria  non  tiinidus  mori, 

narras  et  genus  Aeaei 

et  pugnata  saera  bella  sub  Ilio: 

5    quo  Chium  pretio  cadum 

mercemur,  qais  aquam  temperet  ignibus, 
quo  prae1)ente  domum  et  quota 
Paelignis  caream  frigoribus,  taces. 


«.  s.  U\ 


t       '^ 


CARMINITM  LIB.  IIL  19*.  20.  97 

XIX  2. 


da  lunae  propere  novae, 
10    da  noctis  mediae,  da^  puer,  aiiguris 
Murenae:  tribus  aut  novem 
miscentur  cyathis  pocula  commodis. 

qui  musas  amat  inpariS; 
temos  ter  cyathos  attonitus  petet 
15    vates;  tris  proliibet  supra 

rixarum  metuens  tangere  gratia 

nudis  iuncta  sororibus. 

insanire  iuvat:  cur  Berecyntiae 
«     cessant  flamina  tibiae? 
20    cur  pendet  tacita  fistula  cum  lyra? 

parcentis  ego  dexteras 

odi:  sparge  rosas:  audiat  invidus 

dementem  strepitum  Lycus 

et  vicina  seni  non  babilis  Lyco. 

!5    spissa  te  nitidum  coma, 

puro  te  similem,  Telepbe,  vespero 

tempestiva  petit  Rhode; 

me  lentus  Glycerae  torret  amor  meae. 


XX. 

Vnecht. 

Non  vides  quanto  moveas  periclo, 
Pyrrbe,  Gaetulae  catulos  leaenae? 
dura  post  paullo  fugies  inaudax 
proelia  raptor, 

LsHBS,  Hontiiu. 


9S  a  HOIL\TII  FLACCI 

5    cum  per  obstantis  iuvenum  cater\*a8 
ibit  insignem  repetens  Nearehum, 
grande  certamen,  tibi  praeda  cedat, 
maior  an  illa. 

intcrim,  dum  tii  celeris  sagittas 
10    prorai»,  haec  dentis  acuit  timendos, 
arbiter  pugnae  posiiisse  nudo 
Rub  pede  palmam 

fertiir,  et  leni  recreare  vento 
sparglini  odoratis  umerum  capillig, 
15    qiialis  aut  Xireiis  fiiit  aut  aquosa 
raptus  ab  Ida. 


XXL 

0  nata  raecum  eonsule  Manlio, 
seu  tii  querellas  sive  geris  iocos 
seu  rixam  et  insanos  amores 
seu  facilem,  pia  testa,  somnum, 

5    quocumquo  lectum  nomine  Massieum 
servas,  raoveri  digna  bono  die, 
descende,  Corvino  iubente 
promere  languidiora  vina. 

non  iile,  quamquam  Soeraticis  madet 
10    semionibus,  te  neglegit  horridus. 
narratur  et  prisci  Catonis 
saepe  mero  incaluisse  virtus. 

tu  lene  tormentum  ingenio  admoves 
iderumque  duro;  tu  sapientiiim 


8  illa  Peerlk.  illi. 


^ 


CARMINÜM  LIB.  III.  21.  21^.  99 


15    curas  et  arcanum  iocoso 
consilium  retegis  Lyaeo; 

tu  spem  reducis  raentibus  anxiis 
virisque  et  addis  coruua  paupcri 
post  te  neque  iratos  trementi 
20    regum  apices  neque  militum  arma. 

te  Liber  et  si  laeta  aderit  Venus 
segnesque  nodum  solvere  gratiae 
vivaequc  producent  lucernae, 
dum  rediens  fugat  astra  Phoebus. 


xxr\ 

0  nata  meciim  consule  Manlio 
6    digna  et  moveri  testa  bono  die, 
descende,  Corvino  iubente 
promere  languidiora  vina. 

non  iile,  quamqiiam  Soeraticis  madet 
10    sermonibus,  te  neglegit  horridus. 
naiTatur  et  prisei  Catonis 
saepe  mero  incaluisso  virtus. 

tu  lene  tormentum  ingenio  admoves 
plerumque  duro;  tu  sapientium 
15    curas  et  arcanum  iocoso 
consilium  retegis  Lyaeo; 

tu  spem  reducis  mentibus  anxiis 
virisque  et  addis  cornua  pauperi 
post  te  neque  iratos  trementi 
20    regum  apices  neque  militum  arma. 


-♦ 


100  Q.  HOBATII  FLACCl 

tecum  libentor  laeta  aderit  Vcnus 
Begnesque  nodum  solvere  Gratiae: 
vivasque  produces  lucernas, 
dum  rediens  fugat  astra  Phoebus. 


XXII. 

Montium  custos  nemorumque  virgo, 
quae  laborantis  utero  puellas 
ter  vocata  audis  adiinisque  leto, 
diva  triformis, 

5    inminens  villae  tua  pinus  esto, 
quam  per  exactos  ego  laetus  annos 
verris  obliquum  meditantis  ictum 
sanguine  donem. 


xxm. 

Caelo  supinas  si  tuleris  manus 
nascente  luna,  rustica  Phidyle, 
si  ture  placaris  et  homa 
fruge  laris  avidaque  porca, 

5    nec  pestilentem  sentiet  Africum 
fecunda  vitis,  nec  sterilem  seges 
robiginem  aut  dulces  alumni 
pomifero  grare  tempus  anno. 

nam  quae  nivali  pascitur  Algido 
to    devota  quercus  intor  et  ilices 
aut  crescit  Albanis  in  herbis 
victima  pontifieum  securim 


21   te  Liber  et  si  laeta  aderit  Venus.      24  viyaeque  prodaoent 
Incernae. 


CARÄUNUM  LIB.  lU.  22.  23.  24  101 


cervice  tinguet:  te  niliil  attinet 
temptare  muita  caede  bidentium 
15    parvos  coronantem  mariiio 
rore  deos  fragilique  myrto. 

inmunis  aram  si  tetigit  manus, 
non  sumptuosa  blandior  hostia 
moUivit  aver808  penatis 
20  farre  pio  et  salicnte  mica. 


XXIV. 

Intactis  opulentior 

thesauris  Arabum  et  divitis  Indiae 

caementis  licet  occupes 

Tyrrhenum  omne  tuis  et  mare  linteis; 

5    si  figet  adamantinos 

summis  verticibus  dira  Necessitas 

clavos,  non  animum  metu, 

non  mortis  laqueis  expedies  caput. 

campestres  melius  Scytliae, 
10    quorum  plaustra  vagas  rite  trahunt  domos, 
vivunt  et  rigidi  Getae, 
inmetata  quibus  iugera  liberas 

fruges  et  Cererem  ferunt, 

nec  cultura  placet  longior  annua^ 


4  linteis.  ponticam,  publicum,  Apulicum.      5  figet.  figit 


102  a  HORATII  FLACCI 

15    dcfunctiimque  laboribus 

aequali  recreat  sorte  vicarius. 

illie  matre  earentibus 
pringnis  niulier  temperat  innooens, 
nec  (lotata  regit  virum 
2^>    coniunx,  iicc  nitido  Mit  adultero. 

dos  est  magna  parentium 

virtus  et  metiiens  alterius  viri 

eerto  focdere  castitas, 

et  peeoare  iiefas  aut  pretium  ost  niori. 

25     o  quisquis  vcdet  inpia.s 

caedis  et  rabiem  toUere  oivioam, 

si  quacret  patcr  urbium 

subscribi  Htatuis,  indomitam  audeat 

refreiiare  lieentiauK 
30    clarus  postgrenitis ;  quatenus,  heu  nefas, 
virtutem  incolumem  odimiis., 
sublatam  ex  oculis  quaerimus  invidi. 

quid  tristes  qiicrimoniae, 
si  iion  8ui)plicio  culpa  reciditur, 
35    quid  leges  sine  moribus 

vauae  proficiunt,  si  neque  fenidis 

pars  inclusa  caloribus 
mündi  nec  boreae  finitimum  latus 
durataeque  gelu  nives 
40    mercatorem  abigunt,  horrida  callidi 

vincunt  aequora  navitae, 

magnum  pauperies  opprobrium  iubet 


:)9  gclu  B.   solo. 


CARMINÜM  LIB.  III.  24.  25.  103 


quidvis  et  facere  et  pati, 
virtutisque  viani  deserit  arduae? 

45     vel  nos  in  Capitolium, 

qiio  clamor  vocat  et  turba  faventium, 
vel  nos  in  mare  proximum 
gemraas  et  lapides  aunim  et  inutile, 

summi  materiem  mali, 
50    mittamus,  scelerum  si  bene  paenitet. 
eradenda  cupidinis 
pravi  sunt  elementa  et  tenerae  nimis 

mentes  asperioribus 
formandae  studiis.    nescit  equo  rudis 
55    liaerere  ingenuus  puer 

venarique  timet,  ludere  doetior, 

scu  Graeco  iubeas  troeho 
seu  malis  vetita  legibus  alea, 
cum  periura  patris  fides 
60    consortem  soeium  fallat  et  liospitem, 

indignoque  pecuniam 

heredi  properet.    scilicet  inprobae 

ereseunt  divitiae:  tamen 

curtae  nescio  quid  semper  abest  rei. 


XXV. 

Quo  me,  Bacche,  rapis  tui 

plenum?  quae  nemora  aut  quos  agor  in  specus 

velox  mente  nõva?  quibus 

antris  cgregii  Caesaris  audiar 

5    aetemum  meditans  decus 

stellis  inserere  et  consilio  lo^ds? 


104  Q.  HOBATII  FLACCI 

dicam  insigne,  receus,  ailliuc 
indictum  ore  alio.    non  secus  in  iugis 

Edonis  stupet  euhias, 
10    Hebnim  prospiciens  et  nive  candidam 
Thracen  ae  pede  barbaro 
lustratam  Rhodopen,  ut  mihi  devio 

ripas  et  vaeuum  neiniis 
mirari  libet.    o  naiadum  potens 
15    baecliarumque  valentium 

proceras  manibus  vertere  fraxinos, 

nii  parvum  aut  humili  modo, 
nii  mortale  loqiiar.    dulee  periculum  est, 
0  Lenaee,  sequi  deum 
20    cingentem  viridi  tempora  pampino. 


XXVI. 

Vixi  puellis  nuper  idoneus 
et  militavi  non  sine  gloria: 
nime  anna  defunetumque  bello 
barbiton  liic  paries  habebit, 

5    laevum  marinae  qui  Veneris  latuB 
custodit.    hic,  bic  ponite  lucida 
funalia  et  veetis  et  arcus 
oppositis  foribus  minacis. 

0  quae  beatam  diva  tenes  Cyprum  et 
10    Memphin  carentem  Sithonia  nive, 
regina,  sublimi  flagello 
tange  Chloen  semel  arroganteml 


9  Edonis  B.   exsomnis. 


CARMINÜM  LIB.  III.  25.  26.  27.  105 

XXVII. 

Une  eht 


Inpios  parrae  recinentis  omen 
ducat  et  praegnans  canis  aut  ab  agro 
rava  decurrens  lupa  Lanuvino 
fetaque  volpes. 

5    rumpit  et  serpens  iter  institutum, 
si  per  obliquum  similis  sagittae 
terruit  mannos.    ego  cui  timebo 
providus  auspex, 

antequam  stantis  repetat  paludes 
0    ixnbrium  divina  avis  inmineutum, 
oscinem  corvum  prece  suscitabo 
solls  ab  ortu. 

ais  licet  felix  ubicumque  mavis, 
et  memor  nostri,  Galatea,  vivas; 
J    teque  iiec  laevus  vetat  ire  pieus 
nec  vaga  cornix. 

sed  vides  quanto  trepidet  tumultu 
pronus  Orion.    ego  quid  sit  ater 
Hadriae  novi  sinus  et  quid  albus 
)    peceet  iapyx. 

hostium  uxores  puerique  caecos 
sentiant  mõtus  orientis  austri  et 
aequoris  nigri  fremitum  et  tremeiitis 
verbere  ripas. 

>    sic  et  Europe  niveum  doloso 
eredidit  tauro  latus  et  scatentem 
beluis  pontum  mediasque  fraudes 
palluit  audax. 


lt)6  Q.  HORATII  FLACCr 

iiupcr  in  pratis  studiosa  flonun  et 
3<»    (Icbitae  nympliis  opifex  ooronae 
iiocte  snblustri  nibil  astra  praeter 
vidit  et  undas. 

([uae  sinuil  centum  tetigit  i)otentem 
oppidis  Cretcn,  ^pater  o  relictum 
35    filiae  noinen  pietasque'  dixit 
'victa  furore! 


unde  quo  veni?  levis  una  mors  est 
virginum  eulpae.    vigilansne  ploro 
turpe  conmissum,  an  vitiis  carentem 


40    ludit  imago 


vana,  quao  porta  fugiens  ebunia 
8omnium  ducit?  meliiisne  fluctus 
irc  i)er  longos  fuit,  an  reeontis 
earpcre  florcs? 

45    siqiiis  infamem  mibi  nune  iuvencum 
dedat  iratae,  laccrare  fcrro  et 
frangere  enitar  modo  multiim  amati 
comua  monstri. 

inpiidens  liqui  ])atrios  penates, 
50    inpudcns  Orcum  moror.    o  deorum 
siquis  hacc  audis,  utinam  inter  errem 
nuda  leones. 

antequam  tiirpis  macies  deeentis 
oecupet  maias,  teneraeque  sucus 
55    defluat  praedae,  speciosa  quaero 
pasocre  tigris. 

vilis  Europe,  pater  urguet  absens: 
quid  mori  cessas?  potes  hao  ab  onio 


CARMINÜM  LIB.  III.  27.  28.  107 


pendulum  zona  bene  te  secuta  e- 
[)    lidere  collum. 

sive  te  rüpes  et  acuta  leto 
saxa  delectant;  age  te  procellae 
crede  veloci,  nisi  erile  mavis 
carpere  pensum 

>  regius  sanguis,  dominaeque  tradi 
barbarae  paelex/    aderat  querenti 
perfidum  ridens  Veniis  et  remisso 

.  filius  arcu. 

mox  ubi  lusit  satis,  ^abstineto' 
)    dixit  Mrarum  calidaeque  rixae, 
cuiri  tibi  invisus  laceranda  reddet 
comua  tauni8. 

uxor  invicti  lovis  esse  nescis! 
mitte  singultus,  bene  ferre  magnam 

>  disce  fortunam:  tua  seotus  orbis 
nomina  ducet.' 


XXVIII. 

Festo  quid  potius  die 
Neptuni  faciam?  prome  reeonditum, 
Lyde,  strenua  Caecubum, 
munitaeque  adhibe  virn  sapientiae. 

•    inclinare  meridiem 

sentis,  ae  veluti  stet  volucris  dies 

parcis  deripere  horreo 

cessantem  Bibuli  consulis  amphoram. 

nos  cantabimus  inyicem 
)    Neptunum  et  vindis  Nereidum  comas: 


108  Q.  HORATII  FLACCI 

tu  curva  recines  lyra 

Latonam  et  celeris  spicula  Cynthiae, 

summo  carmine  quac  Cuidon 
fulgentisque  tenet  Cycladas  et  Paphon 
15    iunctis  visit  oloribus. 

dicetur  merita  Nox  quoque  iienia- 


XXIX. 

Tyrrhena  regum  progenies,  tibi 
non  ante  verso  lene  merum  cado 
cum  flore,  Maecenas,  rosarum  et 
pressa  tuis  balanus  capillis 

5    iamdudum  apud  me  est.    eripe  te  morae, 
ne  semper  udum  Tibur  et  Aesulae 
declive  contempleris  arvum  et 
Telegoiii  iuga  parricidae. 

fastidiosam  desere  copiam  et 
10    molem  propinquam  nubibus  arduis: 
omitte  mirari  beatae 
fumum  et  opes  strepitumque  Romae. 

plerumque  gratae  divitibus  vices 
mundaeque  parvo  sub  lare  paupenim 
15    eenae  sine  aulaeis  et  ostro 
sollicitam  explicucre  frontem. 

iam  clarus  occultum  Andromedae  pater 
ogtendit  ignem,  iam  procyon  furit 
et  stella  vesani  leonis 
20    soIe  dies  referente  siccos; 

iam  pastor  umbras  cum  gr^e  langoido 
rivumque  fessus  qoaerit  et  horridi 


*i*-i 


CARMINÜM  LIB.  III.  29.  109 


(lumeta  Silvani,  caretque 
ripa  vagis  taciturna  ventis. 

25    tu  civitatem  quis  deceat  status 
curas  et  urbi  soUicitus  times 
quid  Seres  et  regnata  Cyro 
Bactra  parent  Tanaisque  discors. 

prudens  futuri  temporis  exitum 
30    caliginosa  nocte  premit  deus, 
ridetque  si  mortalis  ultra 
fas  trepidat.    quod  adest  memento 

conponere  aequus:  cetera  fluminis 
ritu  feruntur,  nunc  medio  alveo 
)5    cum  pace  delabentis  Etruscum 
in  mare,  nunc  lapides  adesos 

Btirpisque  raptas  et  pecus  et  domos 
volventis  una,  non  sine  montium 
elamore  vieinaeque  silvae, 
10    cum  fera  diluvies  quietos 

inritat  amnis.    iile  potens  sui 
laetusque  deget,  cui  licet  in  diem 
dixisse  Mxi:'  eras  vel  atra 
nube  polum  pater  occupato 

L5    vel  sõle  puro;  non  tamen  inritum 
quodcumque  retro  est  efficiet  neque 
diffinget  infectumque  reddet 
quod  fugiens  semel  hora  vexit 

Fortuna,  saevg  laeta  negotio  et 
iO    ludum  insolentem  ludere  pertinax, 
transmutat  incertos  honores, 
nunc  mihi,  nunc  alH  benigna. 


110  Q.  HO&ATU  FLACCl 

laudo  manentcm :  ^i  cr:Icre<t  quatit 
penna?*.  re!*i:rno  quae  dedit  et  mea 
ü5    virtiite  me  iiivr>|vo  probamqiie 
paufierieni  sine  dote  quaero. 

non  est  meum,  m  niugiat  Afrieis 
maliui  pnicelliA,  ad  miseras  preeeg 
decurrere  et  võti»  paciHci, 
etf    ne  Cyjmae  Tyriaeque  merces 

addant  avaro  divitias  mari: 
dum  me  biremis  praesidio  scaphae 
tiitiim  per  Ae^raeos  tumultus 
unda  ferat  geniinu8(|ue  Pollux. 

XXX. 

Exegi  monumentum  aere  perennius 
regalique  situ  pyramidum  altius, 
quod  non  imber  edax,  non  aquilo  inpotens 
poBsit  diruere  aut  inuumerabilig 

5    annorum  geries  et  fuga  temponim. 
non  omnin  moriar,  multaque  pars  mei 
vitabit  Libitinam:  usque  ego  postera 
(Tescam  laude  recens,  dum  Capitolium 

Bcandet  cuui  tacita  virgine  pontifex. 
lü    dicÄr,  qua  violens  obstrepit  Aufidus 
et  qua  pauper  aquae  DaunuB  agrestium 
reguavit  populorum  ex  humili  potens, 

princeps  Aeolium  carmen  ad  Italos 
(leduxisse  modos.    sume  superbiam 
15    quaesitam  meritis  et  mihi  Delphiea 
lauro  cinge  volens,  Melpomene,  comam. 

t>2  dum.  tum.      <>l  unda  ferat.   aura  fcret. 


Q.  HORATII  FLACCI 

CARMINUM 

LIBER  QUARTÜS.  * 
I. 

Intermissa,  VenuS,  diu 

rursus  bella  moves?  parce  precor,  precor. 

non  8um  qualis  eram  bonae 

8ub  regno  Cinarae.    desine,  dulcium 

5    mater  saeva  cupidinum, 

circa  liistra  decem  flectere  mollibus 

iam  durum  imperiig;  abi 

quo  blandae  iuvenum  te  revocant  preces. 

tempestivius  in  domum 
10     Paulli  purpureis  ales  oloribus 
comissabere  Maximi, 
si  torrere  iecur  quaeris  idoneum: 

nanique  et  nobilis  et  decens 
et  pro  sollicitis  non  taeitus  reis 
t5    et  centum  puer  artium 

läte  signa  feret  militiae  tuae, 

et  quandoque  potentior 
largi  muneribus  riserit  aemuli, 
Albanos  prope  te  lacus 
20    ponet  marmoream  sub  trabe  citrea. 


112  Q.  HORATII  FLACCI 

illic  plurima  naribns 

(liices  tura,  IjTaquo  et  Berecyntia 

(lelectabere  tibia 

mixtis  carniinibiis  noii  sine  fistula; 

.25    illic  l)i8  piieri  die 

iiumeii  cum  teneris  virginibus  tuum 

laudantes  pede  candido 

in  niorem  Salium  ter  quatient  humum. 

Die  uec  femina  nee  puer 
3<)    iam,  nee  spes  animi  eredula  mutui, 
nee  certare  iuvat  mero, 
nee  vincire  novis  tempora  floribus.      * 

sed  eur,  beu,  Ligurine,  eur 
manat  rara  meas  lacrima  per  genas? 
35    eur  facunda  parum  deeoro 

inter  verl)a  cadit  lingua  silentio? 

nocturnis  ego  somniis 
iam  eaptum  teneo,  iam  volucrem  sequor 
te  per  gramina  Martii 
40    campi)  te  per  aquas^  dure^  yolubilis. 


IL 

Pindarum  quisquis  studet  aemulari, 
iile  eeratis  ope  Daedalea 
nititur  pennis,  vitreo  daturus 
nomina  ponto. 

5    monte  decurrens  velut  amnis,  imbres 
quem  super  notxis  aluere  ripas, 


2  iile  Peerlk.  lule. 


CARMINÜM  LIB.  IV.  2.  113 


fervet  inmensusque  ruit  profuudo 
Pindarus  ore, 

laiirea  donandus  Apollinari, 
10    seu  per  audacis  nõva  dithyrambos 
verba  devolvit  numerisque  fertur 
lege  solutis, 

seu  deos  regesve  canit,  decjrum 
sanguinem,  per  quos  cecidere  iusta 
15    morte  Centauri,  cecidit  tremendae 
flamma  chimaerae, 

sive  quos  Elea  domum  redueit 
paima  eaelestis  pugilemve  equumve 
dicit  et  centum  potiore  sigiiis 
20    munere  donat, 

flebili  sponsae  iuvenemve  raptum 
plorat,  et  viris  auiniumque  moresque 
aureos  cducit  in  astra  nigroqüe 
invidet  Orco. 

25    muita  Dircaeum  levat  aura  cvenum, 
tendit,  Antoni,  quotiens  in  altos 
nubium  traetus:  ego  apis  Matinae 
more  modoque, 

grata  carpentis  thyma  per  l^borem, 
30    phirimum  circa  nemu8  uvidique 
Tiburis  ripas  operosa  parvus 
carmina  fingo. 

concinet  maiore  poeta  i)lectro 
Caesarem,  quandoque  trahet  ferocis 


33  concinet  Lachm.   concines. 

Lkhrs,  Uoratins.  8 


114  a  HORATII  FLACCI 

35    per  sacruni  clivum  merita  decorus 
fronde  Syganibros: 

quo  niliil  maiu8  meliusve  terris 
fata  (lonaverc  boniqiie  divi 
ncc  dabuiit;  quamviB  rcdeant  in  aurum 
4»)    tempora  priscum: 

concinet  laetosque  dies  et  ii^bis 
])ubliciim  ludum  super  ini>etrato 
fortis  Augusti  reditu  forumquc 
litibus  orbum. 

45    tum  meae,  si  quid  loquor  audiendum, 
vocis  accedet  bona  pars,  et  *o  sol 
pulcher,  o  laudande*  oanam  reeepto 
Caesare  felix. 

tuque,  dum  proeedis,  io  Triumphe, 
50    non  semel  dicemus  „io  Triumphe" 
civitas  omuis,  dabimusque  divis 
tura  benignis. 

te  decem  tauri  totidemque  vaccae, 
me  tener  solvet  vitulus,  relieta 
55    matrc  qui  largis  iuvenescit  herbis 
in  mea  vnta, 

fronte  curvatos  imitatus  ignis 
tertium  lunae  referentis  ortum, 
qua  notam  duxit  niveus  videri, 
eo    cetera  fulvus. 


4t  concinet  Lachm.   concines. 


CARMIXÜM  LIB.  IV.  3.  4.  115 


IIL 


Quem  tu,  Melpomene,  semel 
nascentem  placido  lumine  yideris, 
illum  non  labor  Isthmius 
clarabit  pugilcm,  non  equus  inpiger 

5    curru  ducet  Achaico 

victorem,  neque  res  bellica  Deliis 

omatiim  foliis  ducem, 

quod  regum  tumidas  contuderit  minas, 

ostendet  Capitolio: 
10    sed  quae  Tibur  aquae  fertile  praefluont 
et  spissae  nemorum  comae 
fingent  Aeolio  carmine  nobilem. 

Romae,  principis  urbium, 
dignatur  suboles  inter  amabilis 
15    vatum  ponere  me  choros, 

et  iam  dente  minus  mordeor  invido. 

0  testudinis  aureae 

dulcem  quae  strepitum,  Pieri,  temperas, 
o  mutis  quoque  piscibus 
20    donatura  cycni,  si  libeat,  sõnum, 

totum  muneris  hoo  tui  est 

quod  monstror  digito  praetereuntium 

Romanae  fidicen  lyrae: 

quod  spiro  et  placeo,  si  placeo,  tuum  est. 


IV. 

Qualem  ministrum  fuiminis  alitem, 
cui  rex  deomm  regnum  in  avis  vagas 


s* 


116  Q.  HORATII  FL ACCI 

perinisit  cxpcrtus  fidelem 
luppiter  in  Ganymcde  flavo, 

5    olim  iuventas  et  ])atrius  vigor 
nido  lal)orimi  propulit  inscium, 
vernique  iam  iiimbiB  reniotis 
insolitos  docuere  nisus 

venti  paventem,  mox  in  ovilia 
10    demisit  hostem  vividus  impetus, 
nunc  in  reluctantis  dracones 
cgit  amor  dapis  atqiie  i)iignac ; 

qualenive  laetis  ca])rea  pascuis 
intenta  fulvac  matris  ai)  ubere 
15    non  ante  dcpulsum  leonem 
dentc  novo  peritura  vidit; 

videre  Raetis  bella  sub  Alpibus 
Dnisuni  gerentem  Vindeliei  [quibus 
nios  unde  deductus  per  omne 
20    tempus  Amazonia  secm*i 

dextras  obarmet,  quaerere  distuli, 
nec  seire  fas  est  oninia]  et  diu 
lateque  victriees  catervae 
consiliis  iuvenis  revietae 

25    sensere  quid  mens  rite,  quid  indoles 
nutrita  fi\ustis  sub  ])enetralibus 
posset;  (piid  Augusti  pateraus 
in  pueros  animus  Xcrones. 


15  non   antc.    iam   laete.  IS   L    ]  durchaus   unecht;    diirch 

dic  Conjcctur  vou  Jani  et   fOr  sed   schliesst  sich   et  diu   an   Vindeliei 
wolil  ilU. 


CARMINUM  LIB.  IV.  4.  117 


fortes  creantur  fortibus  et  bonis; 
30    est  in  iuvencis,  est  in  equis  patriim 
virtus,  neque  inbellem  feroces 
progenerant  aquilae  columbam; 

doctrina  sed  vim  promovet  insitani; 
rectique  cultus  pectora  roborant; 
35    utcumque  defecere  mores, 
dedecorant  bene  nata  culpae. 

quid  debeas,  o  Roma,  Neronibus, 
testis  Metaiirum  flumen  et  Hasdrubal 
devictus  et  pulcher  fugatis 
40    iile  dies  Latio  tenebris, 

qui  primus  aima  risit  adorea, 
dirus  per  urbis  Afer  ut  Italas 
ceu  flamma  per  taedas  vel  eunis 
per  Siculas  equitavit  undas. 

45    post  hoc  secundis  usque  laboribus 
Komana  pubes  erevit,  et  inpio 
vastata  Poenorum  tumultii 
fana  deos  habuere  rectos, 

dixitque  tandem  perfidus  Kannibal 
50    'eervi,  luporiim  praeda  rapacium, 
sectamur  ultro  quos  opimus 
fallere  et  effugcre  est  triumphus. 

gens,  quae  cremata  fortis  ab  Ilio 
iaetata  Tuscis  aequoribus  sacra 
55    natosque  maturosque  patres 
pertulit  Ausonias  ad  urbis, 

duris  ut  iiex  tonsa  bipennibus 
nigrae  feraci  frondis  in  Algido, 


118  Q.  nORATH  FLACCI 

per  (lamiia,  per  eacdis,  ab  ipso 
<u»    (lueit  opes  animiimque  fcrro. 

non  hydra  secto  corpore  firmior 
vinci  ilolentem  crevit  in  Herculem, 
monstrum ve  submisere  Colchi 
maius  Eehioniaeve  Thebao. 

t»5    merscs  profundo,  pulchrior  eminet; 
luetere,  muita  proruit  integnmi 
cum  laude  ^ictoremj  geretque 
proolia  (*oniu*ribus  loquemla. 

(^arthairiiü  iam  non  ego  nuntios 
70    mittam  superbos:  oceidit,  occidit 
spos  omnis  et  f^rtuna  nostri 
nonüuis  Hasdrubale  interempto. 

uil  riaudiae  non  perficiunt-  manus^ 
quas  et  benigno  numine  Tuppiter 
76    defeudit  et  curac  sagaces 
expediunt  per  aeuta  belli.* 


V. 

Divis  ortc  bonis,  optime  Romulae 
custog  gentis,  abe«  iam  nimiiun  diu: 
maturum  reditum  pollicitus  patrum 
sancto  concilio,  rcdi. 

h    lucem  reddo  tuac,  dux  bone,  ]>atriae: 
instar  vcris  enim  võitus  ubi  tuus 
adfulsit  populo,  gratior  it  dies 
et  soles  melius  nitent. 


65  eminet.  evenit  und  exiet. 


CARMINXntf  LIB.  IV.  5.  119 


ut  mater  iuvenem,  quem  notus  invido 
10    flatii  Carpathii  trans  maris  aequora 
cunctantem  spatio  longius  annuo 
(lulci  distinet  a  domo, 

votis  ominibusque  et  precibus  vocat, 
curvo  nec  faciem  litore  dimovet; 
15    sic  desideriis  icta  fidelibus 
(luaerit  i)atria  Caesarem. 

tiitus  bos  etenim  prata  perambulat, 
nutrit  rura  Ceres  almaque  Faustitas, 
pacatum  volitant  pcr  mare  na^itae, 
20    culpari  metuit  fides, 

nullis  polluitur  casta  domus  stiipris, 
mos  et  lex  maculosum  edomuit  nefas, 
laudantur  simili  prole  pueri)erae, 
culpam  poena  premit  comes. 

25    quis  Parthum  paveat,  quis  gelidum  Scythen, 
quis  Germania  quos  horrida  parturit 
fetus,  incolumi  Caesare?  quis  ferae 
bellum  curet  Hiberiae? 

condit  quisque  diem  collibus  in  suis, 
30    et  vitem  viduas  dueit  ad  arbores; 
hinc  ad  vina  redit  laetus  et  alteris 
te  mensis  adhibet  deum. 

te  muita  prece,  te  prosequitur  mero 
defuso  pateris,  et  laribus  tuum 
35    miscet  numen,  uti  Graecia  Castoris 
et  magni  memor  Herculis. 


17  prata  Faber.   rura. 


120  Q.  UORATII  FLACCI 

Mongas  o  utinam,  dux  bnnc,  ferias 
praestes  Ilcsperiac*  dicimiis  iiite.irro 
sicci  manc  (Iie,  dicimus  uvidi, 
40    cum  sol  Oceano  subcst. 


VI. 

Dive,  quem  proles  Xiobca  magrnao 
vindiccm  liiiij^iiae  Tityosipic  raptor 
sensit  et  Troiae  propc  victor  altae 
Plithius  Adülles, 

5    ceteris  maior,  til)i  miles  inpar, 
filius  quaiuvis  Tlietidis  marinae 
Dardaiias  turris  (piateret  tremeuda 
euspidc  pugnax. 

iile,  mordaci  veliit  icta  ferro 
10    pirnis  aut  inpulsa  cupressus  euro, 
procidit  latc  posuitque  eollum  in 
pulvere  Teucro. 

iile  non  inclusus  equo  Minervae 
sacra  mentito  male  feriatos 
15    Troas  et  laeta m  Priami  choreis 
falleret  aulani, 

sed  palam  captis  gravis,  heu  nefas  heu, 
nescios  fari  pueros  Acliivis 
ureret  flammis,  etiam  latentem 
20    niatris  in  alvo, 

ni  tuis  flexus  Venerisque  gratae 
vocibus  divum  pater  adnuisset 
rebus  Aeneae  potiore  duetos 
alite  niuros. 


CARMINUM  LIB.  IV.  6.  7.  121 


25    doctor  argutae  fidicen  Thaliae, 

Phoebe,  qui  Xantho  lävis  amne  crinis, 
Dauniae  defende  decus  Camenae, 
levis  Agyieu. 

spiritiim  Phoebus  mihi,  Phoebus  artem 
30    canninis  nomenque  dedit  poetae. 
virginum  primae  puerique  claris 
patribus  orti, 

Deliae  tutela  deae,  fugacis 
lyncas  et  eervos  cohibcntis  arcii, 
35    Lesbium  servate  pedem  meique 
pollicis  ictum, 

rite  Latonae  puerum  canentes, 
rite  crescentem  face  Noctilucam, 
prosperam  frugum  celeremque  pronos 
40    volvere  mensis. 

nupta  iam  diees  *^ego  dis  amiciim, 
saeculo  festas  referente  luces, 
reddidi  carmen  docilis  modorum 
vatis  Horati/ 


VII. 

Diffugere  nives,  redeunt  iam  gramina  campis 
arboribusque  comae; 
mutat  terra  viees,  et  decrescentia  ripas 
flumina  praetereunt; 

5    Gratia  eum  nympbis  geminisque  sororibua  audet 
dueere  nuda  choros. 

inmortalia  ne  speres  monet  annus  et  almum 
quae  rapit  hora  diem. 


122  Q   nORATIl  FLACCI 

frigora  uiiteseunt  zepliyrw,  ver  proterit  ae«tas 
lu    interitura  aimul 

pomifer  antumnus  fni^cs  cflFuderit,  et  iiiox 
bruma  recurrit  iner-*. 

(lamna  tamen  ccleres  reparant  eaelestia  lunae; 
noa  ubi  decidimus 
15    (luo  patcr  Aeneas,  quo  dives  Tullus  et  AucuS; 
pulvis  et  umbra  sumus. 

quis  seit  an  adieiaut  hodiernae  erastina  summae 
tempora  di  superi? 

euncta  manus  avidas  fugient  heredis;  amico 
20    (piae  dederis  animo. 

(Mim  semel  occidcris  et  de  te  splendida  Minog 
fecerit  arl)itria, 

mm,  Torciuate,  genus,  non  te  faeundia,  non  te 
restituet  jnetas. 

25    infernis  ueque  euim  tenebris  Diana  pudieum 
liberat  Hii)polytum, 

ncc  Letbaea  valet  Theseus  abrumpere  caro 
vincula  Piritboo. 


VIII. 

U/tecIti, 

Üonarem  pateras  grataque  ccunmodus, 
Censorine,  meis  aera  sodalibus, 
donarem  tripodas,  praemia  fortium 
Graiorum,  neque  tu  pessima  munerum 
5    fcrrcs,  divite  me  seilicet  artium 

(juas  aut  Parrbasius  protulit  aut  ScopaS; 

bie  saxo;  liquidis  iile  eoloribus 

soUors  nunc  bominem  ponere,  nunc  deum. 


CARMINÜM  LIB.  IV.  7.  8.  9.  123 


sed  non  haec  mihi  vis,  nec  tibi  talium 
10    res  est  aut  animus  delieiarum  egens. 
gaudes  carminibus;  carmina  possumus 
donare  et  pretium  dicere  muneris. 

non  incisa  notis  marmora  publicis, 
per  qiiae  spiritus  et  vita  redit  bonis 

15    post  mortem  ducibus,  non  celeres  fugae 
reiectaeque  retrorsum  Kannibalis  minae, 
non  incendia  Carthaginis  inpiae, 
eiiis  qui  domita  nomen  ab  Africa 
lucratus  rediit,  clarius  indicant 

20    laudes  quam  Calabrae  Pierides.    neque 
si  chartae  sileant  (luod  bene  feeeris, 
mercedem  tuleris.    qiiid  foret  Iliae 
Mavortisque  puer,  si  taciturnitas 
obstaret  meritis  invida  Romuli? 

25    ereptum  Stygiis  fiuctibus  Aeacura 
virtus  et  favor  et  lingua  potentium 
vatuni  divitibus  consecrat  insulis. 
dignum  laude  virum  Musa  vetat  mori, 
caelo  Musa  beat.    sic  lovis  interest 

30    optatis  epulis  inpiger  Hercules, 
clarum  Tvndaridae  sidus  ab  infimis 
quassas  eripiunt  aequoribus  rätis, 
ornatus  vindi  tempora  pampino 
Liber  võta  bonos  ducit  ad  exitus. 


IX.      • 

Ne  forte  eredas  interitura  quae 
longe  sonantem  natus  ad  Aufidum 
non  auto  volgatas  i)er  artis 
verba  loquor  soeianda  chordis; 

non,  si  priores  Maeonius  tenet 
sedes  Homerus,  Pindaricae  latent 


124  Q.  IIORATII  FLACCl 

Ceacquc  et  Alcaei  minaces 
Stesicliorique  graves  camenac; 

nec  siqiiid  olim  lusit  Anacreon, 
10    (lelevit  aetas;  spirat  adliuc  amor 
vivuntque  oonmissi  ealores 
Aeoliae  fidibiis  puellae. 

noil  sola  coniptos  arsit  adulteri 
criuis  et  auruni  vestibus  inlituni 
15    mirata  regalisque  cultus 
et  coniites  Helene  Lacacna; 

primusvc  Teucer  tela  Cydonio 
direxit  arcu;  non  semel  Ilios 
vexata;  non  pugnavit  ingens 
20    Idomeneus  Sthenelusve  sohis 

dicenda  musis  j)roelia;  non  ferox 
Hector  vel  acer  Deiphobus  gravis 
excepit  ictus  ])ro  pudicis 
eoniugibus  puerisquc  ])rimus. 

25    vixere  fortes  ante  Agamemnona 
niulti:  sed  omues  ülaorimabiles 
urguentur  ignotique  lõnga 
nocte,  carent  quia  yatc  sacro. 

l)aulliim  sei)ultae  distat  inertiae 
30    celata  virtus.    non  ego  te  meis 
chartis  inornatum  silcbo, 
totvc  tuos  patiar  labores 

inpune,  Lolli,  carpere  lividas  ' 
obliviones.    est  animus  tibi 
.%    rcrumque  prudens  et  seeundis 
tempori  bus  dubiisque  rectus, 


CARMINUM  LIB.  IV.  9.  9»>.  125 


vindex  avarae  fraudis  ef  abstinens 
ducentis  ad  se  cuncta  pecuniae, 
consulque  non  unius  anni; 
0    sed  quotiens  bonus  atque  fidus 

iudex  honestum  praetulit  utili, 
reieeit  alto  dona  nocentium 
voltu,  per  obstantis  catervas 
exi)licuit  sua  victor  arma. 

3    non  po8sidentem  muita  vocaveris 
recte  beatiun;  rectius  occupat 
nomcn  l)eati,  qiii  deorum 
munerilms  sapienter  uti 

duramque  callct  pauperiem  pati 
1)    peiusque  leto  flagitinm  timet, 
non  iile  pro  caris  amicis 
aut  patria  timidus  i)erire. 


Ne  forte  eredas  interitura,  quae 
longe  sonanteni  natus  ad  Aufidum 
non  ante  volgatas  per  artes 
verba  loquor  socianda  chordis, 

»    non,  si  priores  Maeonius  tenet 
sedes  Homerus,  Pindarieae  latent 
Ceaeque  et  Alcaei  minaees 
Stesichorique  graves  camenae; 

nec  siquid  olim  lusit  Anacreon, 
)    delevit  aetas;  spirat  adhuc  amor 
vivuntque  eommissi  calores 
Aeoliae  fidibus  puellae. 


:i^  Q.  UORATll  FLACCl 

-^        i^.-T  :  r-r^  .Mi:c  A.^amemnona 
21:."    *õL    nines  ilhioriinabiletj 

1  •  "7    "irif.:  tfiin  vatc  sacro. 

..  -liz:  sepiiltae  ilistat  inertiac 
.*•     .-«iii-j  T:r:*:>.    ii«>n  ego  te  meis 
•i-r-i  ■"  •niatum  silebo, 
-  ■  ^  pariar  laborcs 


■  -  J 


.:;»:uio.  Lolli,  carpere  lividas 
''irioues.    ost  animus  tibi 


1'  viiulex  avarae  fmiulis  et  abstineus 

N  vhiooutis  ail  s^e  ouncta  pecuniae 

s'  ronuiupio  priuleii!*  et  secuiidis 

üi  toiuporibus  dubiisque  rectus. 

4,^    uou  pos^identeni  muita  vocaveris 
rtvto  boatiim;  rectius  oceupat 
uoiuon  boati,  qui  deonim 
munoribiis  8;\pientcr  uti 

dununquo  callet  pauperiem  pati 
Ml    poiurtquo  loto  flagitium  timet, 
iion  illo  pri>  earis  amieis 
aut  patria  timidus  perire. 


X. 

()  onidolid  adhuc  et  Veneris  muneribus  poteus, 
hmpomtA  tuae  cum  veniet  poena  superbiae^ 

V  liowitt  Withof.  plnma. 


CARMINÜM  LIB.  IV.  10.  11.  l27 

et,  quae  nunc  umeris  involitant,  deciderint  comae, 
nunc  et  qui  color  est  puniceae  flore  prior  rosae, 

5    mutatus,  Ligurine,  in  faciem  verterit  hispidam^ 
diees  'heu',  quotiens  te  speculo  videris  alteruni; 
*quae  mens  est  hodie,  cur  eadem  non  puero  fuit, 
vel  cur  his  animis  incolumes  non  redeimt  genae?* 


XL 

Est  mihi  nonum  superantis  annum 
plenus  Albani  cadus,  est  in  horto, 
Phjili,  nectendis  apiiim  coronis, 
est  hederac  vis 

5    muita,  (j[ua  erinis  religata  fulges; 
ridet  argento  domus,  ara  castis 
vineta  verbenis  avet  inmolato 
spargier  agno; 

cuncta  festinat  manus,  huc  et  illuc 
10    cursitant  mixtae  pueris  puellae; 
sordidum  flammae  trepidant  rotantes 
vertice  fumum. 

ut  tamen  noris  quibus  advoceris 
gaudiis,  idus  tibi  sunt  agendae, 
15    qui  dies  mensem  Veneris  marinae 
findit  aprilem, 

iure  sollemnis  mibi  sanctiorque 
paene  natali  proprio,  quod  ex  hac 
luce  Maeeenas  meus  adfluentis 
20    ordinat  annos. 

Telepbum,  quem  tu  petis,  occupavit 
non  tuae  sortis  iuvenem  puella 


12S  Q.  HORATII  FLACCl 

(Uves  et  lasciva  tenetqiio  grata 
compcde  vinetuni. 

25    tcrret  anibustus  Phaethon  avaras 
spcs,  et  exemi)lum  grave  praebet  ales 
Pegasus  terrenum  equitcm  gravatus 
Bellerophontem, 

scm]>er  ut  te  digna  sequare  et  ultra 
3')    quani  li(*et  sperare  nefas  putando 
disparem  vites.    age  iam  meorum 
finiš  amorum 

(non  enim  posthae  alia  calebo 
feniina),  eondisce  mod<>s,  anianda 
35    voce  quos  reddas:  minuentur  atrae 
eanuine  curae. 


XI". 

Est  niihi  nouum  superantis  annum 
l)lenu8  Albani  eadus,  est  in  liorto, 
Pliylli,  neotendis  apium  coronis, 
est  hederae  vis 

5    muita,  qua  erines  religata  fulges; 
ridet  argento  domus,  ara  castis 
vineta  verbenis  avet  immolato 
si)argier  agno. 

21    Tele])buni,  quem  tu  petis,  occupavit 
non  tuae  sortis  iuvenem  puella 
dives  et  lasciva  tenetque  grata 
compede  vinetuni. 

25    terret  ambustus  Phaethon  avarus 
sl)es  et  exemplum  grave  praebet  ales 


CARMINÜM  LIB.  IV.  U»».  12.  129 


Pegasus  terrenum  equitem  gravatus 
Bellerophontem. 

13    ut  tamen  noris  qoibus  adyoceris 
gaudiis,  idus  tibi  sunt  agendae, 
qui  dies  mensem  Yeneris  marinae 
findit  Aprilem. 

17    iure  sollemnis  mihi  sanctiorque 
paene  natali  propriO;  quod  ex  häC' 
luce  Maeeenas  meus  adfluentes 
ordinat  annos. 


xn. 

lam  veris  comites,  quae  mare  temperant, 
inpellunt  animae  lintea  Tbraciae; 
iam  nec  prata  rigent,  nec  fluvii  strepunt 
Hiberna  nive  turgidi. 

5    nidum  ponit  Ityn  flebiliter  gemens 
infelix  avis  et  Ceeropiae  domus 
aeteraum  opprobrium,  quod  male  barbaras 
regum  est  uita  libidines, 

dicunt  in  tenero  gramine  pinguium 
10    custodes  ovium  carmina  fistula 

delectantque  deum  cui  pecus  et  nigri 
colles  Arcadiae  placent. 

adduxere  sitim  tempora,  Vergili. 
sed  pressum  Calibus  dueere  Xiberum 
15    si  gestis,  iuvenum  nobilium  cliens, 
nardo  vina  mereberis. 

nardi  parvus  onyx  eliciet  eadum, 
qui  nunc  Sulpiciis  accubat  horreiSy 

Lbrim,  Horatins. 


130  0.  HORATII  FLACCI 

8pes  donare  nõvas  largus  amaraque 
20    curarum  eluere  efficax. 

ad  quae  si  properas  gaudia,  cum  tua 
velox  merce  veni:  non  ego  te  meis 
inmunem  meditor  tinguere  poculis, 
plena  dives  ut  in  domo. 

25    venim  pone  mõras  et  studium  lucri, 
nigrorumque  memor  dum  licet  ignium 
misce  stultitiam  consilüs  brevem: 
duloe  est  desipere  in  loco. 


XIII. 

Audivere,  Lyee,  di  mea  võta,  di 
audivere,  Lyee:  fis  anus,  et  tamen 
vis  formosa  videri, 
ludisque  et  bibis  inpudens, 

5    et  cantu  tremulo  pota  Cupidinem 
lentum  sollicitas.    iile  virentis  et 
doctae  psallere  Ghiae 
pulchris  excubat  in  genis. 

inportunus  enim  transvolat  aridas 
10    quercus  et  refugit  te,  quia  luridi 
dentes  te,  quia  rugae 
turpant  et  capitis  nives. 

nec  Coae  refenint  iam  tibi  purpurae 
nee  cari  lapides  tempora  quae  semel 
15    nodis  condita  fastis 
inclusit  volucris  dies. 

quo  fugit  Venus,  heu,  qoove  color?  decens 
quo  mõtus?  quid  habes  illius,  illius, 


CARMINÜM  LIB.  IV.  13.  14.  131 


quae  spirabat  amores, 
20    quae  me  8urpuerat  mihi, 

felix  post  Cinarani;  notaque  et  artiuni 
gratarum  facies?  sed  Cinarae  breves 
annos  fata  dederunt, 
servatura  diu  parem 

25    cornicis  vetulae  temporibus  Lycen, 
possent  ut  iuvenes  visere  fervidi 
miilto  non  sine  risu 
dilapsam  in  cineres  facem. 


XIV. 

Quae  cura  patrum  quaeve  Quiritium 
plenis  honorum  muneribus  tuas, 
Auguste,  virtutes  in  aevum 
per  titulos  memoresque  fastos 

5    aetemet^  o  qua  sol  habitabilis 
inlustrat  oras  maxime  principum? 
quem  legis  expertes  Latinäe 
Vindelici  didicere  nuper, 

quid  Marte  posses.    milite  nam  tuo 
10    Drusus  Genaunos,  inplacidum  genus, 
Breunosque  velocis  et  arcis 
Älpibus  inpositas  tremendis 

deiecit  acer  pius  vice  simplici. 
maior  Neronum  mox  grave  proelium 
15    conmisit  inmanisque  Raetos 
auspiciis  pepulit  secundis, 

spectandus  in  eertamine  Martio 
devota  morti  pectora  liberae 


132  Q.  HOBATII  FLACCI 

quantis  fatigaret  ruiuis, 
20  indoniitas  propc  qualis  undas 

exercet  auster,  pleiadum  choro 
sciiidente  nubis,  inpiger  hostium 
vexare  turmas  et  frementcm 
mittere  equum  niedios  per  iguis. 

25    sic  taurifomiis  volvitur  Aufidus, 
(^ui  rcgna  Dauni  praefluit  Appuli, 
cum  saevit  horrendamque  cultis 
diluviem  meditatur  agris, 

ut  barbarorum  Claudius  agmina 
30    ferrata  vasto  dü-uit  inpetu 

primosque  et  extremos  motendo 
stravit  humum,  sine  clade  victor, 

te  eopias,  te  eonsilium  et  tuos 
praebent<5  divos.    nam  tibi  quo  die 
35    portus  Alexandrea  supplex 
et  yacuam  patefecit  aulam, 

fortuna  lustro  prospera  tertio 
belli  secundos  reddidit  exitus, 
laudemque  et  optatum  peraetis 
40    imperiis  decus  adrogavit. 

te  Cantabcr  non  ante  domabilis 
Medusque  et  Indus,  te  profugus  Seytlies 
miratur,  o  tutela  praesens 
Italiae  dominaeque  Romae. 

45    te  fontium  qui  celat  origines 

Nilusque  et  Ister,  te  rapidus  Tigris, 
te  beluosus  qui  remotis 
obstrepit  Oeeanus  Britannis, 


CARMINUM  LIB.  IV.  14.  lõ..  133 


te  non  paventis  funera  Galliae 
50    duraeque  tellus  audit  Hibcriae, 
te  caede  gaudentes  Svgandbri 
conpositis  venerantur  armis. 


XV. 

• 

Phoebus  volentem  proelia  me  loqui 
victas  et  urbig  increpuit  lyra, 
ne  parva  Tyrrhenum  per  aequor 
vela  darem.    tua,  Caesar,  aetas 

5    fruges  et  agris  rettulit  uberis, 
et  signa  nostro  restituit  lovi 
derepta  Parthorum  superbis 
postibus,  et  vacuum  duellis 

lanum  Quirini  clausit  et  ordinem 
10    rectum  evaganti  frena  licentiae 
iniecit  emovitque  culpas 
et  veteres  revocavit  artis, 

per  quas  Latinum  nomen  et  Italae 
crevere  vires  famaque  et  imperi 
15    porrecta  maiestas  ad  ortus 
solis  ab  Hesperio  cubili. 

custode  rerum  Caesare  non  furor 
civilis  aut  vis  exiget  otium, 
non  ira,  quae  procudit  ensis 
20    et  miseras  inimicat  urbis. 

non  qui  profundum  Danubium  bibunt 
edicta  rumpent  lulia,  non  Getae, 
non  Seres  infidive  Persae, 
non  Tanain  prope  flumen  orti. 


134  Q.  HORATII  FLACCl  LIB.  IV.  15. 

35    nosquG  et  profestis  lueibus  et  saeris 
inter  iocosi  munora  Liberi, 
eum  prole  matroiiisque  nostria 
ritc  (leos  prius  adjn-ecati, 

virtute  fuuetos  more  patriim  duces 
30    Lvdis  reinixto  earraiiie  tibiis 
Troiainque.  et  Aiichiseii  et  -alniae 
progeniem  Veneris  canenms. 


Q.  HORATII  FLACCI 

CARMEN  SAECULARE. 

Phoebe  silvarumque  potens  Diana, 
lucidum  caeli  decus;  o  colendi 
semper  et  culti,  date  quae  precamur 
tempore  sacro, 

5    quo  Sibyllini  monuere  versus 
virgines  leotas  puerosque  castos 
dis,  quibus  septem  placuere  coUeS;  • 
dicere  carmen. 

aline  Sol  curru  nitido  diem  qui 
10    promis  et  celas  aliusque  et  idem 
nasceris;  possis  nihil  urbe  Roma 
'  visere  maius. 

rite  maturos  aperire  partus 
lenis,  Ilithyia,  tuere  matres, 
15    sive  tu  Lucina  probas  vocari 
seu  Genitalis: 

diva;  produeas  subolem,  patrumque 
prosperes  decreta  super  iugandis 
feminis  prolisque  novae  feraci 
20    lege  marita, 

certus  undeuos  deciens  per  annos 
orbis  ut  cantus  referatque  ludos 


136  Q.  HOKATIl  FLACCI 

ter  die  claro  totiensque  grata 
noete  frequeiitis. 

25    vosque  veraces  cecinisse;  parcae, 

quod  semel  dictum  est  stabilisquQ  rerum 
terminus  servet,  bona  iam  peractis 
iungite  fata. 

fertilis  frugum  pecorisque  tellus 
30    gpicea  donet  Cererem  corona; 
nutriant  fetus  et  aquae  salubres 
et  lõvis  aurae. 

condito  mitis  placidusque  telo 
supplices  audi  pueroS;  Apollo; 
35    Biderum  regina  bieornis  audi 
Luna  puellas. 

Roma  si  vestrum  est  opus,  Iliaeque 
litus  Etruscum  tenuere  turmae, 
iussa  pars  mutare  laris  et  urbem 
40    sospite  cursuy 

cui  per  ardentem  sine  fraude  Troiam 
castus  Aeneas  patriae  superstes 
liberum  munivit  iter  daturus 
plura  relictis: 

45    di,  probos  mores  docilis  iuventae, 
di,  senectutis  placidae  quietem 
Romulae  genti  date  remque  prolemque 
et  deeus  omne; 

quaeque  vos  bobus  veneratur  albis 
50    clarus  Anchisae  Venerisque  sanguis, 
inpetret,  bellante  prior,  iacentem 
lenis  in  kostem. 


CARMBN  SAECÜLARE.  137 


iam  mari  terraque  manus  potentis 
Medus  Albanasque  timet  securis; 
55    iam  Scythae  responsa  petunt,  superbi 
nuper,  et  Indi. 

iam  Fides  et  Pax  et  Hpnos  Pudorque 
priscus  et  neglecta  redire  Virtus 
audet,  adparetque  beata  pleno 
60    Copia  cornu. 

augur  et  fulgente  decorus  arcu 
Phoebus  acceptusque  novem  camenis, 
qui  salutari  levat  arte  fessos 
corporis  ärtus, 

65    si  Palatinas  videt  aequus  aras, 
remque  Romanam  Latiumque  felix 
alterum  in  lustrum  meliusque  semper 
prorogat  aevum. 

•  •  • 

quaeque  Ayentinum  tenet  Älgidumque, 
70    quindecim  Diana  preces  virorum 
curat  et  votis  puerorum  amicas 
adplicat  auris. 

haec  lovem  sentire  deosque  eunetos 
spem  bonam  certamque  domum  reporto, 
75    doctus  et  Phoebj  chorus  et  Dianae 
dicere  laudes. 


Q.  HOBATII  FLACCI 

E  P  O  D  O  N 

LIBER. 
I. 

Ibis  Libuniis  inter  aita  naviiim, 

amice,  propugiiacula, 

päratus  omne  Caesaris  periculum 

subire,  Maccenas,  tuo. 
5    quid  nos?  quibus  te  vita  si  superstite 

iucunda,  si  contra,  gravis. 

utrumne  iussi  persequemiir  otium, 

non  dulcC;  ni  tccum  simul^ 

au  huiic  laborem,  inente  laturi  decet 
10    qua  ferre  non  mollis  viros? 

feremus  et  te  vel  per  Alpium  iuga 

inhospitalem  et  Caucasum, 

vel  oecidentis  usque  ad  ultimum  sinum 

forti  sequemur  pectore. 
15    roges  tuum  labore  quid  iuvem  meo 

inbellis  ae  firmus  parum. 

eomes  minore  sum  futurus  in  metu^ 

qui  maior  absentis  habet; 

ut  adsidens  inplumibus  pullis  avis 
20    serpentium  adlapsus  timet 

magis  relietis,  non,  ut  adsit,  auxili 

latura  pius  praesentibus. 

libenter  lioc  et  omne  militabitur 

bellum  in  tuae  spem  gratiae, 


EFODON  LIBER.  1.  2.  139 


25    uou  ut  iuvencis  iüligata  pluribus 

aratra  nitantur  mea, 

pecusve  Calabris  ante  sidus  fervidum 

Lucana  mutet  pascuis, 

iieque  ut  supini  villa  candens  Tusculi 
30    Circaea  tangat  moenia. 

satis  superque  me  benignitas  tua 

ditavit:  haud  paravero 

quod  aut  avarus  ut  Chremes  terra  premam, 

discinctus  aut  perdam  nepos. 


II. 

*Beatus  iile  qui  procul  iiegotiis, 

ut  prisea  gens  mortalium, 

paterna  rura  bobus  exercet  suis 

solutus  omni  fenore, 
5    neque  excitatur  classico  miles  truci, 

neque  liorret  iratum  mare, 

fonimque  vitat  et  superba  civium 

potentiorum  limina. 

ergo  aut  adulta  vitium  propagine 
10    aitas  maritat  populos, 

aut  in  reducta  valle  mugientium 

prospectat  errantis  greges, 

inutilisve  falce  ramos  amputans 

feliciores  inserit, 
15    aut  pressa  puris  mella  condit  amplioris; 

aut  tondet  infinnas  ovis: 

vel  cum  decorum  mitibus  pomis  caput 

Autumnus  agris  extulit, 

ut  gaudet  insitiva  decerpens  pyra, 
20    certantcm  et  uvam  puri)urae, 


29  supini  B.    supemi. 


140  Q-  HORATII  FL ACCI 

qua  muneretuv  te,  Priape,  et  te,  pater 

Silvane,  tutor  finium. 

libet  iacere  modo  sub  antiqua  ilice, 

modo  in  tenaci  gramine. 
25    labuntur  altis  interim  ripig  aquae, 

queruntur  in  süvis  aves, 

frondesque  lyraphis  obstrepunt  manantibus 

somnos  quod  imdtet  levis. 

at  cum  tonantis  annus  hibemus  lovis 
3<^    imbris  nivisque  conparat, 

aut  trudit  acris  hinc  et  hinc  muita  cane 

apros  in  obstantis  plagas, 

aut  amite  levi  rara  tendit  retia, 

turdis  edacibus  dolos, 
35    pavidumque  leporem  et  advenam  laqueo  gruem 

iucunda  eaptat  praemia. 

quis  uon  malarum,  quas  amor  cnras  habet; 

haec  inter  obliviscitur? 

quid  si  pudica  mulier  in  partem  iuvet 
40    domum  atque  dulcis  liberos, 

Silbina  x[ualis  aut  perusta  solibus 

pernicis  uxor  Appuli? 

sacrum  et  vetustis  exstruat  lignis  focum 

lassi  sub  adventum  viri, 
45    claudensque  textis  cratibus  laetum  pecus     - 

distenta  siecet  ubera, 

et  homa  dulci  vina  promens  dolio 

dapes  inemptas  adparet? 

nori  me  Lucrina  iuverint  conchvlia 
50    magisve  rhombus  aut  scari, 

si  quos  Eois  intonata  fluctibus 

hiems  ad  hoo  vertat  mare. 

non  Afra  avis  descendat  in  ventrem  meuro, 

noa  attagen  lonicus 
55    iucundior  quam  leota  de  pinguissimis 


27  frondesque  Marki,  fontesque.      39  quid  si  Haupt.    quod  si. 


• « 


EPODON  LIBER.  2.  3.  141 


oliva  ramis  arborum, 

aut  herba  lapathi  prata  amantis  et  gravi 

malvae  salubres  corpori, 

vel  agna  festis  caesa  terminalibus, 

vel  haedus  ereptus  lupo. 

has  inter  epulas  ut  iuvat  pastas  ovis 

videre  properantis  domum, 

videre  fessos  vomerem  inversum  boves 

collo  trahentis  languido, 

positosque  vernas,  ditis  examen  domus, 

circum  renidentis  laris/ 

haec  ubi  locutus  fenerator  AlfiuS; 

iam  iam  futurus  rusticus, 

omnem  redegit  idibus  peeuniam, 

quaerit  calendis  ponere. 


III. 

Parentis  olim  siquis  inpia  manu 

senile  guttur  fregerit, 

edit  cicutis  alium  nocentius. 

o  dura  messorum  ilia! 

quid  hoo  veneni  saevit  in  praecordiis? 

num  viperinus  his  cruor 

incoctus  herbis  me  fefellit,  an  maias 

Canidia  tractavit  dapes? 

ut  Argonautas  praeter  omnis  candidum 

Medea  mirata  est  ducem, 

ignota  tauris  inligaturum  iuga 

perunxit  hoc  lasonem; 

hoo  delibutis  uita  donis  paelieem 

serpente  fugit  alite. 

nec  tantus  umquam  siderum  insedit  vapor 

siticulosae  Appuliae, 

nec  munus  umeris  efficacis  Herculis 

inarsit  aestuosius. 


142  Q.  HORATII  FLACCI 

at  si  quid  iimquam  taie  concupiveris, 
20    iocose  Maecenas,  precor 

manum  puella  savio  opponat  tuo, 
extrenia  et  in  sponda  cubet. 


IV. 

Liipis  et  agnis  quanta  sortito  obtigit 

tecum  mihi  discordia  est, 

Hiberieis  peruste  fimibus  latus 

et  enira  diira  conipede. 
.'>    lieet  8uperbu8  ambuleB  pecunia, 

fortima  non  inutat  geiiiis. 

videsne,  saeram  metiente  te  viam 

ciim  bis  trium  ulnariini  toga, 

nt  ora  vei-tat  huc  et  huc  euntium 
10    liberrima  indignatio? 

^sectus  flagellis  hie  triumviralibus 

praeconis  ad  fastidium 

arat  Falerni  mille  fundi  iugera 

et  Appiam  mannis  terit, 
15    sedilibusque  magniis  in  primis  eques 

Othone  contempto  sedot. 

quid  attinet  tot  ora  navium  gravi 

rostrata  duei  pondere 

contra  latrones  atque  gervilem  manum^ 
20     hoo  hoc  tribuno  militum?* 


V. 

'At  0  deonim  qiiidquid  in  caelo  regit 
terras  et  humanum  genus, 
quid  iste  fert  tumultus?  et  quid  omnium 
võitus  in  unum  me  tnices? 
5    per  liberos  te,  si  vocata  partubus 


8  trium  C.  Barth.  ter. 


EPOBON  LIBER.  4.  5.  143 


Lucina  veris  adfuit, 

per  hoc  inane  purpurae  decus  precor, 

per  inprobaturum  haec  lovem, 

quid  ut  noverca  me  intueris  aut  uti 
10    petita  ferro  belua?* 

ut  haec  trementi  questug  ore  constitit 

insignibus  raptis  puer^ 

inpube  corpuB,  quale  pogset  inpia 

mollire  Thracum  pectora, 
15    Canidia  brevibus  inplicata  viperis 

crinis  et  incomptum  eaput 

iubet  sepulcris  caprificos  erutas, 

iubet  cupressus  funebris 

et  uneta  turpis  ova  ranae  sanguine 
20    plumamque  nocturaae  strigiB 

herbasque,  quas  IoIcob  atque  Hiberia 

mittit  venenorum  ferax, 

et  ossa  ab  ore  rapta  ieiunae  canis 

flammis  aduri  Colchicis. 
25    at  expedita  Sägana,  per  totam  domum 

spargens  Avemalis  aquas, 

horret  capillis  ut  marinus  asperis 

echinus  aut  Laurens  aper. 

abacta  nulla  Veia  conscientia 
30    ligonibus  duris  humum 

exhauriebat  ingemens  laboribus, 

quo  posset  infossus  puer 

longo  die  bis  terque  mutatae  dapis 

inemori  spectaculo, 
35    cum  promineret  ore  quantum  exstant  aqua 

suspensa  mento  corpora; 

exsucta  uti  medulla  et  aridum  iecur 

amoris  esset  poculum, 

interminato  cum  semel  fixae  cibo 
40    intabuissent  pupulae. 


28  Laurens  N.  Hdnsius.   cnrrens. 


144  a  HORATII  FLACCl 

non  defuissc  masculae  libidinis 

Arimineusem  Foliam 

et  otiosa  credidit  Keapolis 

et  omne  vicinura  oppidum, 
45    quae  sidera  excantata  voce  Thessala 

lunamque  eaelo  deripit. 

hic  inresectum  saeva  dente  livido 

Canidia  rodeiis  poUicem 

quid  dixit  aut  quid  tacuit?  'o  rebus  meis 
50    non  infideles  arbitrae, 

Nox  et  Diana,  quae  silentium  regis, 

arcana  cum  fiunt  sacra, 

nunc  nune  adeste,  nunc  in  hostilis  domos 

iram  atque  numeu  vertite. 
55    formidolosis  dum  latent  sil>i8  ferae 

dulci  sopore  languidae, 

senem,  quod  omnes  rideant,  adulterum 

latrent  Suburanae  canes 

nardo  perunctum,  quale  non  perfectius 
60    meae  laborarint  manus. 

quid  accidit?  cur  dira  barbarae  minus 

venena  Medeae  valent? 

(juibus  superbam  fugit  uita  paelicom, 

magni  Creontis  filiam, 
65    cum  palla,  tabo  munus  imbutum,  uovam 

inccndio  nuptam  abstulit. 

atqui  nec  berba  nee  latens  in  asperis 

radix  fefellit  me  loeis. 

indormit  unctis  oranium  cubilibus 
70    oblivione  paelicum. 

a!  a!  solutus  ambulat  venefieae 

scientioris  carmine. 

non  usitatis,  Vare,  potionibus, 

0  muita  fleturum  caput, 
75    ad  me  reeurres,  nec  vocata  meus  tua 

Marsis  redibit  vocibus. 

maius  parabo,  maius  infundam  tibi 


EPODON  LIBER.  b.  6.  145 


fastidienti  poculum, 

priusque  caelum  sidet  inferias  mari 
d()    tellure  porrecta  super, 

quam  non  amore  sic  meo  flagres  uti 

bitumen  atris  ignibus/ 

sub  haec  puer  iam  non  ut  ante  mollibus 

lenire  verbis  inpias, 
S5    sed  dubius  uude  rumperet  silentium 

misit  Tliyesteas  preces. 

Renena  maga  non  fas  nefasque,  non  valeni 

convertere  humanam  vicem. 

diris  agam  vos:  dira  detestatio 
90    nuUa  expiatur  victima. 

quin,  ubi  perire  iussus  exspiravero, 

noctumus  occurram  furor, 

petamque  võitus  umbra  curvis  unguibus, 

quae  viB  deorum  est  manium, 
D5    et  inquietis  adsidens  praecordiis 

])avore  somnos  auferam. 

vos  turba  vicatim  hinc  et  hinc  saxis  petens 

contundet  obscaenas  anus. 

post  insepulta  membra  different  lupi 
ioo    et  Esquilinae  alites, 

neque  hoc  parentes  heu  mihi  superstites 

effugerit  spectaculum/ 


VI. 

Quid  inmerentis  hospites  vexas  canis 
ignaMis  adversum  lupos? 
quin  huc  inanis,  si  potes,  vertis  minas? 
et  me  remorsurum  pete. 
5    nam  qualis  aut  Molossus  aut  fulvus  Lacon, 
amica  vis  pastoribus, 
agam  per  aitas  aure  sublata  niviS; 


ST  maga  non  Haupt.  magica. 

Lkhu,  Horaiiu.  ^0 


146  a  HORATII  FLACCI 

quaecumque  praeeedet  fcra. 

tu  eum  timenda  voc€  conplesti  nemus, 
10    proiectum  odoraris  cibum. 

cave,  cave:  namque  in  malog  aspcrrimus 

parata  tollo  cornua, 

qualis  Lycambae  spretuB  infido  gener^ 

aut  acer  hostis  Bupalo. 
15    an  81  quis  atro  dente  me  petiverit, 

inultus  ut  flebo  puer? 


VII. 

Quo,  quo  8celc8ti  niitis?  aut  cur  dexteris 

aptantur  enees  conditi? 

panimne  campis  atque  Neptuno  super 

fusum  est  Latini  sanguinis? 
5    non  ut  superbas  invidae  Carthaginis 

Romanus  arcis  ureret, 

intÄCtus  aut  Britannus  ut  deseenderet 

sacra  catenatus  via, 

sed  ut  secundum  võta  Parthorura  sua 
10    urbs  haec  periret  dextera. 

neque  hic  hipis  mos  nec  fuit  leonibus 

numquam  nisi  in  dispar  foris. 

furorne  eaecos  an  rajnt  vis  aerior 

an  culpa?  responsiira  date. 
15    tacent,  et  albu8  ora  pallor  infieit 

mentesque  perciilsae  stupent. 

sic  est:  acerba  fata  Romanos  agunt 

scelusque  fraternae  necis, 

ut  inmerontis  fluxit  in  terram  Remi 
20    saeer  nepotibus  criior. 


VIIL 

Rogare  longo  putidam  te  saecuilo 
viris  quid  enervet  meas? 


ErODON  LIBER.  7.  8.  9.  147 


cum  sit  tibi  deiis  ater  et  riigis  vetu» 

frontem  senectus  exaret, 
5    hietqiie  tiii-pis  inter  aridas  natis 

podex  vclut  crudae  bovis? 

sed  incitat  me  i>ectu8  et  mammae  putres, 

equina  qiiales  ubera, 

venterqiie  mollis  et  femur  tumentibus 
10    exile  saris  additum. 

esto  beata,  fiinus  atque  imagines 

du(^nt  triumphales  tuum; 

nec  sit  marita  quae  rotundioribus 

onusta  bacis  ambulet. 
15    quid  quod  libelli  stoici  inter  sericos 

iacere  pulvillos  amant? 

inlit^rati  num  minus  nervi  rigent? 

magisve  languet  fascinum? 

quod  nt  superbo  i)rovoce8  ab  inguine, 
20    ore  adlaborandum  est  tibi. 


IX. 

Quando  repostum  Caecubum  ad  festas  dapes 

victore  laetus  Caesare 

t«cum  sub  aita  (sic  lovi  gratum)  domo, 

beate  Maecenas,  bibam? 
5    sonante  mixtiim  tibiis  carmen  Ivra, 

hac  Dorium,  illis  barbanim  : 

ut  nuper,  aetus  cum  freto  Neptunius 

dux  fugit  ustis  navibus, 

minatus  urbi  vincla^  quae  detraxerat 
10    servis  amieus  perfidis. 

RomanuB  eheu  (posteri  negabitis) 

emancipatus  feminae 

fert  vallum  et  anna  miles  et  spadonibus 

servire  rugosis  potest, 


IS  magisve  Guietus.   minusvc.    Fehlt  etwae  nach  V.  14? 

10* 


148  a  HORATII  FLACCI 

\h    interquc  sigiia  turpe  militaria 

sol  adspicit  conopium. 

adliuc  frementis  verterunt  bis  mille  equos 

Galli  canentes  Caesarem, 

hostiliumque  uavium  portu  latent 
'io    puppes  ainistrorsum  citae. 

io  Triumplie,  tu  moraris  aureos 

currus  et  intactas  boves? 

io  Triumphe,  nee  lugurthino  ])arem 

bello  reportasti  dueem, 
25    neque  Africanum,  cui  super  Carthagiuein 

\irtus  sepulcruin  condidit. 

terra  marique  vietus  hostis  punico 

lugubre  inutabit  saguin. 

aut  iile  ceutum  nobileni  Cretam  urbibus 
30    rentis  iturus  non  suis, 

exercitatas  aut  petit  Syi^tis  noto, 

aut  fertur  incerto  mari. 

eapaciores  adfer  hue,  puer,  scyphos 

et  Chia  vina  aut  Lesbia, 
35  vel  quod  fluentem  nauseam  eoerceat 

metire  nobis  Caecubum. 

curam  metumque  Caesaris  rerum  iuvat 

dulci  Lvaeo  solvere. 


X. 

Maia  soluta  navis  exit  alite 

ferens  olentem  Maevium. 

ut  horridis  utrumque  verberes  latus, 

auster,  memento  fluctibus. 

niger  rudentis  eui-us  inverso  mari 

fractosque  remos  diflferat. 

insurgat  aquilo,  quantus  altis  montibus 

frangit  trementis  iliees. 


35.  36  Peerlk. 


EPODON  LIBER.  10.  11.  149 


nec  sidus  atra  nocte  amicum  adpareat, 

10    qua  tristis  Orion  cadit; 
quietiore  nee  feratur  aequore 
quam  Graia  victonim  manus, 
cum  Pallas  usta  vertit  iram  ab  Ilio 
in  inpiam  Aiacis  ratem. 

15    o  quantus  instat  navitis  sudor  tuis 
tibique  pallor  luteus, 
et  illa  non  virilis  eiulatio, 
preces  et  aversum  ad  lovem, 
lonius  udo  cum  remu^ens  sinus 

20    noto  carinara  mperit. 

opima  quod  si  praeda  curvo  litore 
porrecta  mergos  iuveris, 
libidinosus  inmolabitur  caper 
et  agna  Tempestatibus. 


XI. 

Petti,  nihil  me  sicut  antea  iuvat 
scribere  versiculos  amore  percussum  gravi, 
amore,  qui  me  praeter  omnis  expetit 
mollibus  in  pueris  aut  in  puellis  urere. 

5    hic  tertius  december,  ex  quo  destiti 
Inachia  furere,  süvis  honorem  deeutit. 
heu  me,  per  urbem,  nam  pudet  tanti  mali, 
fabula  quanta  fui!  conviviorum  ut  paenitet, 
in  quis  amantem  et  languor  et  silentium 

to    arguit  et  latere  petitus  imo  spiritus. 
'contrane  lucnim  nii  valere  candidum 
pauperis  ingenium'  querebar  adplorans  tibi, 
simul  calentis  inverecundus  deus 
fervidiore  mero  areana  promorat  loeo, 

15    'quod  si  meis  inaestuet  praeeordiis 

libera  bilis,  ut  haec  ingrata  ventis  dividat 
fomenta  võinus»  nii  malum  ievantia, 


150  Q   HORATII  FLACCl 

desinet  inparibus  certare  summotus  pudor/ 
ubi  haee  severus  te  palani  laudaveram, 

2<»    iii88U8  abire  domuni  ferebar  iiicerto  pede 
ad  non  amicos  heu  inihi  i)08ti8  et  heu 
liinina  dura^  quibu8  lunibos  et  infre^  latus. 
nunc  glorianti8  quamlibet  muliereulam 
vineere  niollitie  amor  Lveisei  me  tenet: 

25    unde  expedire  non  aniieoruni  queant 
libera  consilia  nec  contunieliae  graves, 
sed  alius  ardor  aut  puellae  candidae 
aut  teretis  pueri  lõngani  renodanti8  comam. 


XII. 

Quid  tibi  vis,  inulier  nigris  digni8sinia  barris? 

munera  quid  niihi,  quidve  tabellas 

mittis  nec  firmo  iureni  neque  naris  obesae? 

nanique  8agaciu8  unus  odoror, 
5    polypus  an  gravis  hirsutis  cubet  hircus  in  alis, 

quam  canis  acer  ubi  lateat  sus. 

qui  sudor  vietis  et  quam  maius  undique  membris 

crescit  odor,  cuni  pene  soluto 

iudomitam  properat  rabiem  sedare^  neque  illi 
10    iam  manet  umida  creta  colorque 

Btercore  fucatus  croeodili;  iamque  subando 

tenta  cubilia  tectaque  rumpit; 

vel  mea  cura  saevis  agitat  fastidia  yerbis: 

'Inaehia  langues  minus  ae  me; 
15    Inachiam  ter  noote  potes,  mibi  semper  ad  unum 

mollis  opus.  pereat  male  quae  te 

Lesbia  quaerenti  taurum  monstravit  inertem^ 

cum  mihi  Cous  adesset  AmyntaB, 

cuius  in  indomito  constantior  inguine  nerYus 
20    quam  nõva  collibus  arbor  inhaeret. 

muricibus  Tyriis  iteratae  vellera  lanae 

cm  properabantur?  tibi  nempe, 


EPODON  LXBER.  12    13.  14.  151 


ne  foret  aequalis  inter  conviva;  magis  quem 
diligeret  mulier  gua  quam  te. 
2õ    0  ego  noD  felix,  quam  tu  fugis  ut  payet  aerig 
agna  lupos  eapreaeque  leones/ 


XIII. 

Horrida  tempestas  caelom  contraxit,  et  imbres 
nivesque  deducunt  loveni:  nunc  mare  nunc  siluae 
Threieio  aquilone  sonant:  rapiamus^  amice, 
occasionem  de  die,  dumque  virent  genua 

5    et  decet,  obducta  solvatur  fronte  senectus. 
tu  vina  Torquato  move  congule  pressa  meo. 
cetera  mitte  loqui :  deug  haee  fortagse  benigna 
redueet  in  gedem  vice.  nunc  et  Aehaemenio 
perfundi  nardo  iuvat  et  fide  Cyllenea 

10    levare  dirig  peetora  gollicitudinibug, 

nobilig  ut  grandi  ceeinit  Centaurug  alumno: 
Mnvict€  mortalig  dea  nate  puer  Thetide, 
te  manet  Aggaraci  teliug;  quam  frigida  tardi 
findunt  Scamandri  flumina,  lubricug  et  Siraois; 

15    unde  tibi  reditum  eerto  gubtemine  parcae 
rupere,  nec  mater  domum  eaerula  te  revehet. 
illic  omne  malum  vino  cantuque  iQvato, 
deformig  aegrimoniae  duleibug  adloquiig. 


XIV. 

Mollig  inertia  eur  tantam  diflfuderit  imis 

oblivionem  gengibug, 

pocula  Lethaeog  ut  gi  dueentia  aomnog 

arent«  fauce  traxerim, 

candide  Maecenag,  occidig  gaepe  rogando: 

deug  deug  nani  me  vetat 

inceptog,  olim  promiggum  carmen,  iambog 


13  tardi  M.  parvi.  Peerlk   wollte  puri. 


152  Q-  HORATn  FT.ACa 

ad  nmbilicum  adducere. 

non  aliter  Samio  dicunt  arsiftse  Bathyllo 
10    Anacreonta  Teium, 

qui  persacpe  cava  tegtiidine  flevit  amorem 

non  elaboratum  ad  pedem. 

ureris  ipsc  miser:  quo  si  non  pulchrior  ignis 

accendit  obscgsam  Ilion, 
15    ^ude  sorte  tiia;  me  libertina  neque  uno 

contenta  Phryne  macerat. 


XV. 

Nox  erat  et  caelo  fulgebat  luna  sereno 
inter  minora  sidera, 

ciim  tn  magnorum  numen  laesura  deorum 
in  verba  lurabas  mea, 
5    artius  atque  hedera  procera  adstringitur  ilex 
lentig  adhaereng  bracchiis, 
dum  peeori  lupus 

et  nautis  infestus  Orion 

10    turbarit  hibemum  mare, 

intonsosque  agitarit  Apollinis  aura  eapillos, 

fore  hune  amorem  mutuum. 

0  dolitura  mea  multum  virtute  Neaera: 

nam  si  quid  in  Flaeco  viri  est, 
15    non  feret  adsiduas  potiori  te  dare  noetis, 

et  qimeret  iratus  parem: 

nec  semel  offensae  eedet  constantia  formae, 

si  certus  intrarit  dolor. 

et  tu,  quicuraque  es  felieior  atque  meo  nunc 
20    superbus  incedis  malo, 

sis  pecore  et  muita  dives  tcllure  liccbit, 

tibique  Pactolus  fluat, 


7  Ueberlieferung  dum  peeori  lupus  et  nautis  infestus  Orion  turbarit 
hibemum  mare. 


EPODON  LIBER.  15.  16.  153 


nec  te  Pythagorae  fallant  arcuna  renati, 
formaque  vincas  Nirea, 
25    eheu  translatog  alio  maerebis  amoree: 
ast  ego  vicissim  risero. 


XVI. 

Altera  iam  teritur  bellis  civilibus  aetas, 

suis  et  ipsa  Roma  viribus  niit. 

quam  neque  finitimi  valuenmt  perdere  Marsi 

minacis  aut  Etrusca  Porsenae  manus, 
5    aemula  nec  virtus  Capuae  nec  Spartacus  acer 

novisque  rebus  infidelis  AUobrox, 

nec  fera  caerulea  domuit  Germania  pube 

parentibusque  abominatus  Hannibal, 

inpia  perdemus  devoti  sanguinis  aetas, 
10    ferisque  rursus  occupabitur  solum. 

barbarus  heu  cineres  insistet  victor  et  urbem 

eques  sonante  verberabit  ungula, 

quaeciue  carent  ventis  et  solibus  ossa  Quirini 

(nefas  videre)  dissipabit  insolens. 
15    ferte  quod  expediat  communiter  aut  melior  pars 

malis  carere  quo  velit  laboribus. 

nulla  sit  hac  potior  sententia,  Phocaeonim 

velut  profugit  exsccrata  dvitas 

agros  atque  laris  patrios  habitandaque  fana 
20    apris  reliquit  et  rapacibus  hipis, 

ire  pedes  quocumquc  ferent,  quocuraque  per  undas 

notus  vocabit  aut  proter>'U8  Africus. 

sic  placet  au  melius  ([uis  habet  suadere?  secunda 

ratem  occupare  quid  moramur  alite? 
25    sed  iuremus  in  haec:  simul  imis  saxa  renarint 

vadis  levata,  ne  redire  sit  nefas; 

neu  conversa  domum  pigeat  dare  lintea,  quando 

Padus  Matina  laverit  cacumina, 


15  ferte.   forte.    16  (jiio  velit.   quaeritis. 


154  Q.  HORATII  FLACCI 

in  mare  seu  celsus  proeurrerit  Appenninus, 
30    novaque  monstra  iunxerit  libidine 

mirus  amor,  iuvet  ut  tigris  gubsidere  cervis 

adulteretur  et  eolumba  miluo, 

credula  nec  ravos  timeant  armenta  leoiies, 

ametque  salga  levis  hircus  aequora. 
3õ    haec  et  quae  poterunt  reditus  abgciudere  dulcig 

eamug  omnig  exsecrata  civitas, 

aut  pars  indocili  melior  grege;  mollis  et  exspes 

inoininata  perprimat  cubilia. 

vos,  quibus  est  virtus,  muliebreni  toUite  luctum 
41»    Etrusca  praeter  et  volate  litora. 

nos  manet  Oceanus  circumvagus:  arva,  beata 

petamus  arva  divites  et  insulas, 

reddit  ubi  Cererein  tellus  inarata  quotannis 

et  inputata  floret  usque  vinea, 
45    gerniinat  et  niimquam  fallentis  tenues  olivae, 

guamque  puUa  ficus  omat  arborem, 

mella  eava  manant  ex  ilice,  montibug  altig 

levis  erepante  lympha  desilit  pede. 

nulla  nocent  pecori  contagia;  nuUius  astri 
50    gregem  aegtuoga  torret  inpotentia. 

illic  iniuggae  veniunt  ad  mulctra  capellao, 

refertque  tenta  grex  amicus  ubera; 

nec  vespertinus  eircumgemit  ursus  ovile, 

neque  intumescit  aita  viperis  humug. 
55    pluraque  felices  mirabimur:  ut  neque  largis 

aquosus  eurus  arva  radat  imbribus, 

pinguia  nec  siccis  urantur  semina  glaebis, 

utrumque  rege  temperante  caelitum. 

non  huc  Argoo  contendit  remige  pinug, 
6ö    neque  inpudica  Colcbis  intulit  pedem; 

non  huc  Sidonii  torserunt  comua  nautae, 

laboriosa  nec  coliors  Ulixei. 

luppiter  illa  piae  secrevit  litora  genti, 

49.  50  stelien  gewdhnlich  ais  61.  62  (hinter  UUxei). 


EPODON  LIBER.  16.  17.  155 


ut  inquinavit  aere  tempus  aureum. 
65    dira  dehinc  ferro  duravit  saecula.  quorum 
piis  secunda,  vate  me,  datur  fuga. 


XVII. 

lam  iam  efficaci  do  manus  scientiae; 
supplex  et  oro  regna  per  Proserpinae, 
per  et  Dianae  non  movenda  numina, 
per  atque  libros  carminum  valentium 

5    refixa  caelo  devoeare  sidera, 

Canidia;  parce  vocibus  tandem  saeriS; 
eitumque  retro  solve,  solve  turbinem. 
movit  nepotem  Telepbus  Nereium 
in  quem  superbus  ordinarat  agmiiia 

10    Mysorum  et  in  quem  tela  acuta  torserat. 
uuxere  matres  Iliae  addictum  feris 
alitibus  atque  eanibus  bomicid^m  Hectorem, 
postquam  relictis  moeuibus  rex  proeidit 
lieu  pervicacis  ad  pedes  Acbillei. 

15    setosa  duris  exuere  pellibus 
laboriosi  remiges  Ulixei 
volente  Cirea  membra :  tune  mens  et  sõnus 
relapsus  atque  notus  in  võitus  bonor. 
dedi  satis  superque  poenarum  tibi, 

20    amata  nautis  multum  et  institoribus. 
fugit  iuventas,  et  verecundus  color 
reliquit  ora  pelle  amicta  lurida, 
tuis  capillus  albus  est  odoribus, 
nullum  a  labore  me  reelinat  otium; 

25    urguet  diem  nox  et  dies  noctem,  neque  est 
levare  tenta  spiritu  praecordia. 
ergo  uegatum  vincor  ut  eredam  miser, 
Sabella  peetus  inerepare  carmina, 
eaputque  Marsa  dissilire  nenia. 

30    quid  amplius  vis?  o  mare,  o  terra,  ardeo 

65  dira.   aere  and  acrea. 


156  Ci.  HORATH  FLACCI 

quantum  neque  atro  delibutus  Hercules 
Ne«8i  cniore  nee  Sieaim  fervida 
farens  in  Aetna  flamma;  tua,  donec  cinis 
iniurioms  aridiis  ventis  ferar, 

35    eal  et  veneniB  officina  Colchicis? 

qnae  finiš  aut  quod  me  manet  stipendium  ? 
effare:  iussas  cum  fide  poenas  luam^ 
päratus  expiare,  seu  poposceris 
eentum  iuveneos,  sive  mendaci  lyra 

40    voles  sonari,  tn  pudica,  tu  proba 
perambulabis  astra  sidus  aureum. 
infamis  Helenae  Castor  oifensus  vice, 
fraterque  magni  Castoris,  victi  i)reee 
adempta  vati  reddidere  lumina: 

45    et  tu,  potes  nam,  solve  me  dementia, 
o  nee  patemis  obsoleta  sordibus, 
neque  in  sepulcris  pauperum  pnidens  anus 
novendialis  dissipare  pulveres. 
tibi  hospitale  peetus  et  purae  manus, 

50    tuusque  venter  Pactumeius,  et  tuo 
cruore  rubros  obstetrix  pannos  lavit, 
utcumquc  fortis  exsilis  puerpera.    • 
'quid  obseratis  auribus  fundis  preces? 
non  saxa  nudis  surdiora  navitis 

55    Neptimus  alto  tundit  liibemus  salo. 
inultus  ut  tu  riseris  Cotyttia 
volgata,  saerum  liberi  Cupidinis, 
et  Esquilini  pontifex  venefici 
inpune  ut  urbem  noraine  inpleris  meo? 

fio    quid  proderat  ditasse  Paelignas  anus, 
velociusve  miscuisse  toxicum? 
sed  tardiora  fata  te  votis  manent ; 
ingrata  misero  vita  ducenda  est  in  hoc, 
novis  ut  usque  suppetas  laboribus. 

65    optat  quietem  Pelopis  infidi  pater. 


32.  34  tua  calct  B.  tu  (auch  tum)  eales  (auch  ctleoB). 


EPODON  LIBER.  17.  157 


egens  benignae  Tantalus  semper  dapis, 
optat  Prometheus  obligatus  aliti, 
optat  supremo  coUocare  Sisyphug 
in  monte  saxum:  sed  vetant  leges  lovis. 

7(»    voles  modo  altis  desilire  turribua, 
modo  ense  peetus  Norieo  recludere, 
frustraque  vincla  gutturi  neetes  tuo 
fastidiosa  tristis  aegiamonia. 
veetabor  umeris  tune  ego  inimieis  eques^ 

75    meaeque  terra  eedet  insolentiae. 
an  quae  movere  eereas  imagines; 
ut  ipge  nosti  euriosug,  et  polo 
deripere  lunam  voeibus  possim  meis, 
possim  crematOB  exeitare  mortuoS; 

80  desiderique  temperare  poeula, 

plorem  artis  ia  te  nii  agentis  exitus?" 


Q.  HORATII  FLACCI 

SATIRARUM 

LIBER  miMUS. 
I. 

Qui  fitj  MaecenaS;  nt  ncmo,  quam  sibi  sortem 
sen  ratio  dederit  seu  forg  obiecerit,  illa 
contentus  vivat,  laudet  diversa  sequentis? 
'o  fortunati  mercatores*  gravis  annis 

5    miles  ait  miilto  iam  fractus  membra  labore. 
contra  mereator,  navim  iactantibus  austris, 
'militia  est  potior.    quid  enim?  concurritur:  horae 
momento  eita  mors  venit  aut  victoria  laeta.' 
agricolam  laudat  iuris  legiimque  peritus, 

to    sub  galli  cantum  consultor  ubi  ostia  pulsat. 

iile,  datis  vadibus  qui  rure  extractus  in  iirbem  est, 
solos  felicis  viventis  claraat  in  urbe. 
cetera  de  genere  hoc,  adeo  sunt  muita,  loquaoem 
delassare  valent  Fabium.  ne  te  morer,  audi 

19  quo  rem  deducam.  si  quis  deus  'en  ego'  dicat 
Mam  faciam  quod  voltis:  eris  tu,  qui  modo  miles, 
mercator;  tu,  consultus  modo,  rusticus:  hine  vos, 
vos  hinc  mutatis  discedite  partibus.   eia. 

quid  statis?'  nolint.    atqui  licet  esse  beatis. 

20  quid  causae  est,  merito  quin  illis  luppiter  ambas 
iratus  buecas  inflet  neque  se  fore  posthac 

tara  facilem  dicat,  votis  ut  praebeat  aurem? 
praeterea,  ne  sie  ut  qui  iocularia  ridens 
percurram:  quamquam  ridentem  dicere  verum 


SATIRARUM  LIB.  1.  1.  159 

25    quid  vetat?  ut  pueris  olim  dant  crustula  blandi 
doctores,  element a  veliut  ut  discere  prima: 
sed  tamen  amoto  quaeramuB  seria  ludo. 
iile  gravem  duro  terram  qui  vertit  aratro^ 
perfidus  hic  caupo,  miles  nautaeque  per  omne 

30    audaces  mare  qui  currunt,  hac  mente  laborem 
sese  fcrre,  senes  ut  in  otia  tuta  recedant, 
aiunt,  cum  sibi  sint  congesta  cibaria:  sicut    • 
parvola  (nam  exemplo  est)  magni  fonnica  laboris 
ore  trahit  quodcumque  potest  atque  addit  acervo 

35    quem  struit,  haud  ignara  ae  non  incauta  futuri. 
quae,  gimul  inversum  contrigtat  aquarius  annuniy 
non  usquam  prorepit  et  illis  utitur  ante 
quaesitis  sapiens,  cum  te  neque  fervidus  aestus 
demoveat  lucro,  neque  biems,  ignis,  mare,  ferrum^ 

40    nii  obstet  tibi,  dura  ne  sit  te  ditior  alter. 
quid  iuvat  inmensum  te  argenti  pondus  et  auri 
furtim  defossa  timidum  deponere  terra? 
'quod,  si  conminuas,  vilem  redigatur  ad  assem/ 
at  ni  it  fit,  quid  habet  pulchri  constructus  acervus? 

45    milia  fnimenti  tua  triverit  area  centum, 

non  tuus  hoc  capiet  venter  pius  ae  meus:  ut  si 
reticulum  panis  venalis  inter  onusto 
forte  vehas  umero,  nihilo  pius  accipias  quam 
qui  nii  portarit.  vel  die  quid  referat  intra 

50    naturae  finiš  viventi,  iugera  eentum  an 

mille  aret?  'at  suave  est  ex  magno  tollere  acervo,* 
dum  ex  parvo  nobis  tantundem  haurire  relinquas, 
eur  tua  pius  laudes  eumeris  granaria  nostris? 
ut  tibi  si  sit  opus  liqnidi  non  amplius  uma 

55    vel  cyatho,  et  dicas  'magno  de  flumine  malim 
quam  ex  hoc  fonticulo  tantundem  sumere.'  eo  fit, 
plenior  ut  si  quos  delectet  copia  iusto, 
cum  ripa  simul  avolsos  ferat  Aufidus  acer. 
at  qui  tantuli  eget  quanto  est  opus,  is  neque  limo 

f>o    turbatam  haurit  aquam,' neque  vitam  amittit  in  undis. 
at  bona  pars  hominum  deeepta  cupidine  falso 


IbO  a  HORATII  FLACCI 

'uil  satis  est'  inquit;  'quia  taiiti  quautum  kabeas  sis.^ 
quid  facias  illi?  iubeas  miserum  esse,  libenter 
quatenus  id  facit:  ut  quidam  memoratiir  Athenis 

65    8ordidu8  ae  diveg,  populi  contemncre  voces 
sic  Bolitus,  'populus  me  sibilat;  at  mihi  plaudo 
ipse  domi,  simul  ae  nummos  contemplor  in  area.' 
Tantalus  a  labris  sitieiiB  fugientia  eaptat 
flumina  —  quid  rides?  mutato  nomine  de  te 

70    fabula  narratur :  eongestis  uudique  saeeis 
indonuis  inhians,  et  tamquam  pareere  sacris 
eogeris  aut  pietis  tamquam  gaudere  tabellis. 
iieseis  quo  valeat  nummus;  quem  praebeat  usum? 
panis  ematur,  olus,  vini  sextarius,  adde 

75    quis  bumana  sibi  doleat  natura  negatis. 

au  vigilare  metu  exanimem,  noetesque  diesque 
formidare  malos  fures,  iueendia,  servos, 
ne  te  eonpilent  fugientes,  hoe  iuvat?  horum 
semper  ego  optarim  pauperrimus  esse  bonorum. 

80    at  si  eondoluit  temptatum  frigore  corpus, 
aut  alius  easus  leeto  te  adfixit,  habes  qui 
adsideat;  fomenta  paret,  medieum  roget,  ut  te 
suscitet  ae  natis  reddat  earisque  propinquis? 
non  uxor  salvum  te  volt,  non  filius;  omnes 

85    vicini  oderunt,  noti,  pueri  atque  puellae. 
mirariS;  cum  tu  argento  post  omnia  ponas, 
si  nemo  praestet  quem  non  merearis  amorem? 
at  si  eognatos,  nuUo  natura  labore 
quos  tibi  dat,  retinere  velis  sen-areque  amieos/ 

IK)    infelix  operam  perdas,  ut  si  quis  asellum 
in  carapo  doeeat  parenteui  currere  frenis? 
deniquc  sit  finiš  quaerendi,  eumque  habeas  pius, 
pauperiem  metuas  minus,  et  finire  laborem 
incipias  parto  quod  avebas;  ne  facias  quod 

95    Ummidius  quidam.  non  lõnga  est  fabula.  dives 
ut  metiretur  nummos,  ita  sordidus  ut  se 
non  umquam  servo  meiius  vestiret,  ad  usque 
supremum  tempus  ne  se  penuria  vietus 


SATIRARUM  LIB.  I.  1.  2.  161 

opprimeret  metuebat.  at  hunc  liberta  securi 

100    divisit  medium,  fortissima  Tyndaridarum. 

'quid  mi  igitur  saades?  ut  yivam  Naeyius  aut  sic 
ut  Nomentanus?'  pergis  pugnantia  secum 
frontibus  adversis  conponere.  non  ego  avarum 
cum  veto  te  fieri,  vappam  iubeo  ae  nebulonem. 

105    est  inter  Tanain  quiddam  soeerumque  Viselli: 
est  mõdus  in  rebus,  sunt  eerti  denique  fineS; 
quos  ultra  citraque  nequit  eonsistere  reetum. 
illuc  unde  abii  redeo,  qui  nemo,  ut  avarus, 
se  probet  ae  potius  laudet  diversa  sequentis, 

110    quodque  aliena  capella  gerat  distentius  uber, 
tabescat,  iieque  se  maiori  pauperiorum 
turbae  comparet,  hunc  atque  hunc  superare  laboret. 
sic  festinanti  semper  locupletior  obstat, 
ut,  cum  carceribus  missos  rapit  ungula  currus, 

115    instat  equis  auriga  suos  vincentibus,  illum 
praeteritum  temnens  extremos  inter  euntem. 
inde  fit  ut  raro  qui  se  vixisse  beatum 
dicat  et  exactocontentus  tempore  vita 
cedat,  uti  conviva  satur,  reperire  queamus. 

120    iam  satis  est.   ue  me  Grispini  scrinia  lippi 
conpilasse  putes,  verbum  non  amplius  addam. 


II. 

Ambubaiarum  collegia,  pharmacopolae, 
uiendici,  mimae,  balatrones,  hoc  genus  omne 
maestum  ae  sollicitum  est  cantoris  morte  Tigelli. 
quippe  benignus  erat.  contra  hic,  ne  prodigus  esse 

5    dicatur  metuens,  inopi  dare  nolit  amico, 
frigus  quo  duramque  famem  propellere  possit. 
liunc  si  perconteris,  avi  cur  atque  parentis 
praeclaram  ingrata  stringat  maius  ingluvie  rem, 
omnia  couductis  coemens  obsonia  nummis, 

IM    sordidus  atque  animi  quod  parvi  nolit  haberi, 

Lrhba,  Horatius.  1 1 


t62  Q  HORATII  FLACCI 

respondet.    laudatur  ab  his,  culpatur  ab  illis. 
Fufidius  vappae  famam  timet  ae  nebulonis 

dives  agris,  dives  positis  in  fenore  nnmmis: 
quinas  hic  capiti  mercedes  exsecat,  atque 

15    quanto  perditior  quisque  est,  tanto  acrias  urguet; 
noinina  sectatiir,  modo  sumpta  veste  virili, 
8ub  patribus  duris  tironum.  'maxime'  quis  non 
'luppiter  exclamat,  simul  atque  audivit.  'at  in  se 
pro  quaestu  sumptiim  facit  hic/  vix  eredere  possis^ 

20    quam  sibi  non  sit  amicus,  ita  ut  pater  iile,  Terenti 
fabula  (iuem  miserum  gnato  vixisse  fugato 
inducit.    non  se  peius  eruciaverit  atque  hic. 
si  quis  nunc  quaerat  *^quo  res  haec  pertinet?*  illuc: 
dum  vitant  stulti  vitia,  in  contraria  currunt. 

25    Malthinus  tunicis  demissis  ambulat;  est  qui 
inguen  ad  obseaenum  subductis  usque  facetus. 
pastillolB  Rufillus  olet,  Gargoiüus  hircum. 
nii  medium  est.  sunt  qui  nolint  tetigisse  nisi  illas 
quarum  subsuta  talos  tegat  instita,  veste: 

ao    contra  alius  nullam  nisi  olenti  in  fornice  stantem. 
quidam  notus  homo  cum  exiret  fornice,  'macte 
virtute  esto'  inquit  sententia  dia  Catonis: 
*nam  simul  ae  vcnas  inflavit  taetra  libido, 
huc  iuvenes  aequum  est  descendere,  non  alienas 

a5    permolere  uxores.^  'nolim  laudarier  inquit 
*sic  me'  mirator  cunni  Cupiennius  albi. 
audire  est  operae  pretium,  procedere  recte 
qui  moeehis  rem  voltis,  ut  omni  parte  laborent, 
utque  illis  multo  corrupta  dolore  voluptas 

40    atque  haec  rara  cadat  dura  inter  saepe  pericla. 
hic  se  praecipitem  tecto  dedit;  iile  flagellis 
ad  mortem  caesus;  fugiens  hic  decidit  acrem 
praedonum  in  turbam;  dedit  hic  pro  corpore  nuramos; 
hunc  perminxerunt  calones;  quin  etiam  illud 


13  Haupt.     Aus  ars  p.  421.         38  moeehis  rem  M.  moechos  non. 
M.  weist  auf  die  Yerse  des  Ennias  bei  dem  Schol. 


8ATIRARÜM  LIB.  L  2.  i&i' 

45    accidit;  ut  cuidam  testig  caudamque  aalacem 
demeteret  ferrum.  'iure'  omnes :  Galba  negabat. 
tutior  at  quanto  merx  est  in  classe  secunda, 
libertinarum  dico:  Sallustius  in  quas 
non  minus  insanit  quam  qiii  moechatur.  at  hic  si^ 

to    (|ua  reSy  qua  ratio  suaderet,  quaque  modeste 
munifico  esse  licet,  vellet  bonus  atque  benignus 
esse,  daret  quantum  satis  esset,  nee  sibi  damno 
dedecorique  foret.    verum  hoc  se  amplectitur  uno, 
lioc  amat  et  laiidat,  ^matronam  nuUam  ego  tango/ 

55    ut  quondam  MarsaeuS;  amator  Originis  iile, 
qui  patrium  mimae  donat  fundumque  laremque, 
'nii  fuerit  mi'  inqtüt  'cum  uxoribus  umquam  alienis/ 
verum  est  cum  mimis,  est  cum  meretricibus;  unde 
fama  malum  gravius  quam  res  trahit.  an  tibi  abunde 

6')    personam  satis  est,  non  illud,  quidquid  ubique 
offieit,  cvitare?  bonam  deperdere  famam, 
rem  patris  oblimare,  malum  est  ubicumque.  quid  inter 
est  in  matrona,  ancilla  peecesne  togata? 
Villius  in  Fausta  Sullae  gener,  hoc  miser  uno 

65    nomine  deeeptus,  poenas  dedit  usque  superque 
quam  satis  est,  pugnis  caesus  ferroque  petitus, 
exclusus  fore,  cum  Longarenus  foret  intus. 
huic  si  mut^nis  verbis. maia  tanta  videnti 
diceret  haec  animus  'quid  vis  tibi?  numquid  ego  a  te 

70    magno  prognatum  deposco  consule  cunnum 
velatumque  stola,  mca  cum  conferbuit  ira?* 
(juid  responderet?  *  magno  patre  nata  puella  est.* 
at  quanto  meliora  monet  pugnantiaque  istis 
dives  õpis  natura  suae,  tu  si  modo  recte 

"5    dispensare  velis  ae  non  fugienda  petendis 
inmiscere.  tuo  vitio  rerumne  labores, 
nii  referre  putas?  quare,  ne  paeniteat  te 
desine  matronas  sectarier,  unde  laboris 
pius  haurire  mali  est  quam  ex  re  decerpere  fructus. 

80    nee  magis  huic,  inter  niveos  viridisque  lapillos 

sit  licet,  hoc,  Gerinthe,  tuo  tenerum  est  femur  aut  eru» 

11* 


lt>4  0.  HO&Ain  FLACCl 

rectius;  atque  etiam  melius  peraaepe  togatae  est. 
adde  buc  quod  mercem  sine  fucis  gestat;  aperte 
quod  venale  habet  ostendit;  nec  siquid  honesti  est 

85    iactat  habetque  palam^  quaerit  quo  turpia  celet. 
re^bus  hic  mos  est^  ubi  equos  mercantur:  opertos 
inspiciunt,  ne  si  facies,  ut  saepe,  decora 
molli  fuita  pede  est,  emptorem  inducat  hiantem, 
quod  pulchrae  elunes,  breve  quod  caput,  ardua  cerrix. 

90    hoc  illi  recte:  ne  corporis  optima  Lyncei 
contemplere  oculis,  Hypsaea  caecior  illa 
quae  maia  suut  spectes.  ^o  erus,  o  braechia!'  verum 
depugis,  nasuta,  bre\1  latere  ae  pede  longo  est 
matronae  praeter  faciem  nii  eeniere  possis, 

95    cetera,  ni  Catia  est,  demissa  veste  tegentis. 
si  interdicta  petes,  vallo  circumdata  (nam  te 
hoc  facit  insanum)  multae  tibi  tum  offieient  res. 
custodes,  lectiea,  ciuifiones,  parasitae, 
ad  talos  stola  demissa  et  circumdata  palla, 

100    plurima,  quae  invideant  pure  adparere  tibi  rem. 
altera,  nii  obstat;  Cois  tibi  paene  videre  est 
ut  nudam,  ne  ci:ure  malo,  ne  sit  pede  turpi; 
metiri  possis  oculo  latus.    an  tibi  mavis 
insidias  fieri  pretiumque  avellier  ante 

105    quam  mercem  ostendi?  'leporem  yenator  ut  aita 
in  nive  sectetur,  positum  sic  tangere  nolit* 
cantat,  et  adponit  'meus  est  amor  huic  similis:  nam 
transYolat  in  medio  posita  et  fugientia  captat.' 
hiscine  versiculis  speras  tibi  posse  dolores 

110    atque  aestus  curasque  gravis  e  pectore  tolli? 
nonne,  cupidinibus  statuat  natura  modum  quem, 
quid  lätura,  sibi  quid  sit  dolitura  negatum, 
quaerere  pius  prodest  et  inaue  abscindere  soldo? 
num,  tibi  cum  faueis  urit  sitis,  aurea  quaeris 

lift    pocula?  num  esuriens  (astidis  omnia  praeter 

payonem  rhombumque?  tument  tibi  cum  inguina^  num,  si 
ancilla  aut  vema  est  praesto  puer,  impetus  in  quem 
ocuitinuo  fiat^  malis  tentigine  rumpi? 


SATIRilRÜM  LIB.  I.  2.  3.  165 

non  ego:  namque  parabilem  amo  Venerem  facilemqoe. 

120    illam  *po8t  pauUo;  sed  pluris:  si  exierit  vir 

Gallis,  hane  Philodemus  ait  sibi  quae  neque  magno 
stet  pretio  neque  cunctetur,  cum  est  iussa  venire. 
candida  reetaque  sit;  munda  haetenus  ut  neque  lõnga 
nec  magis  alba  velit  quam  dat  natura  videri. 

125    haec  ubi  supposuit  dextro  corpiis  mihi  laeYum, 
nia  et  Egeria  est;  do  nomen  quodlibet  illi, 
nec  vereor  ne,  dum  futuo,  vir  rure  recurrat, 
ianua  frangatur,  latret  canis,  undique  magno 
pulsa  domus  strepitu  resonet,  vepallida  lecto 

130    desiliat  mulier;  miseram  se  conscia  clamet, 
cruribus  haec  metuat,  doti  deprensa,  egomet  mL 
discincta  tunica  fugiendum  est  ae  pede  nudo, 
ne  nummi  pereant  aut  püga  aut  denique  fama. 
deprendi  miserum  est:  Fabio  vel  iudice  vincam. 


IIL 

Omnibus  hoc  vitium  est  cantoribus,  inter  amieos 
ut  nunqnam  inducant  animum  cantare  rogati, 
iniussi  numquam  desistant.   Sardus  habebat 
iile  Tigellius  hoc.  Caesar,  qui  cogere  posset, 

5    si  peteret  per  amicitiam  patris  atque  suam,  non 
quicquam  proficeret;  si  conlibuisset,  ab  ovo 
usque  ad  maia  citaret  'io  bacchae',  modo  summa 
Yoce,  modo  hac,  resonat  quae  ehordis  quattuor  ima. 
nii  aequale  homini  fuit  illi:  saepe  velut  qui 

10    currebat  fugiens  hostem,  persaepe  velut  qui 
lunonis  sacra  ferret;  habebat  saepe  ducentos, 
saepe  decem  servos;  modo  reges  atque  tetrarchas, 
omnia  magna  loquens,  modo  'sit  mihi  mensa  tripes  et 
concha  salis  puri  et  toga  quae  defendere  frigus 

15    quamvis  crassa  queat;'  decies  centena  dedišses 
huic  parco;  paucis  oontento,  quinque  diebus 
nii  erat  in  loculis;  noctis  vigilabat  ad  ipsum 
mane,  diem  totum  stertebat;  nii  fuit  unquam 


Iö6  Q.  HORATn  FLACGI 

sic  inpar  sibi.  nune  aliquis  dieat  mihi  'quid  tu? 

20    niillaiie  habes  vitia?"  immo  aio:  et  fortasse  minora. 
Maenius  absentem  Novium  cum  carperet,  'heuB  tu 
quidam  ait,  Mgnoras  te  an  ut  ignotum  dare  nobis 
verba  putas?*  'egomet  mi  ignosco'  MaenioB  inquit. 
stultus  et  inprobus  hie  amor  est  dignusque  notari. 

25    eiim  tua  peirideas  oeulis  maia  Uppus  innnctis, 
cur  in  amieorum  vitiis  tam  cemis  aeutum 
quam  aut  aquila  aut  0er|)eii8  Epidaurius?  at  tibi  contra 
evenit,  inquirant  vitia  ut  tua  rursus  et  illi. 
iraoundior  est  ])aullo,  minus  aptus  acutig 

H'i    naribus  honmi  hominum;  rideri  possit  eo  quod 
rustieius  tonso  toga  defluit  et  male  laxos 
in  ]>ede  ealeeus  haeret:  at  est  bonus,  ut  melior  vir 
non  alius  qnisqnam,  at  tibi  amicus,  at  ingenium  ingens 
ineulto  lätet  hoc  sub  eorpore.  denique  te  ipsum 

2!b    coneute,  numqua  tibi  vitiorum  inseverit  olim 
natura  aut  etiam  eonsuetudo  maia:  namque 
neglectis  urenda  iilix  innascitur  agris. 
illuc  praerertamur,  amatorem  quod  amicae 
turpia  deeipiunt  caeeum  vitia,  aut  etiam  ipsa  haec 

40    delectant,  veluti  Balbinnm  polvpus  Hagnae. 
vellem  in  amicitia  sic  erraremns,  et  isti 
errori  nomen  rirtus  posuisset  honestnm. 
at  pater  ut  gnati,  sic  nos  debemus  amiei 
siquod  sit  vitium  non  fastidire.  strabonem 

45    adpellat  paetum  pater,  et  pnllum,  male  parvus 
si  cui  filius  est,  ut  abortivus  fiiit  olim 
Sisyphus;  hunc  Tarum  distortis  eruribus,  illum 
balbutit  scaurum,  pravis  fultum  male  talis, 
pareius  hic  vivit :  ftrugi  dicatur.    ineptus 

SO  et  iactantior  hie  paullo  est:  concinnus  amieis 
poatulat  ut  Tideatur.  at  est  truculentior  atque 
ploB  aeqno  liber:  simplex  fortisqne  habeatur. 
caldior  est:  acris  inter  numeretur.  opinor, 


20  aio.   alia. 


SATIRARUM  LIB.  I.  3.  167 

haec  res  et  iiingit,  iunctos  et  servat  amieos. 

55    at  nos  virtutes  ipsas  invertimus  atque 

sincerum  eupimus  vas  incru8tare.   probus  quis 
nobiscum  yiTit,  multum  demissus  homo  iile: 
tardo  et  eognomen  pingui  damns.  hic  fugit  omnis 
insidias  Hüllique  malo  latus  obdit  apertum, 

60    cum  genus  hoc  inter  vitae  versemur,  ubi  aeris 
invidia  atque  vigent  ubi  erimina:  pro  bene  sano 
ae  non  ineauto  fictum  astutumque  Yocamus. 
simplicior  quis  et  est  qualem  me  saepe  libenter 
obtulerim  tibi,  Maecenas,  ut  forte  legentem 

65    aut  tacitum  inpellat  quovis  sennone:  moleatuS; 
communi  sensu  plane  earet,  inquimus.  eheu 
quam  temere  in  nosmet  legem  sancimus  iniquam! 
nam  Titiis  nemo  sine  nascitur:  optimus  iile  est, 
qui  minimis  urguetur.  amicus  dulcis,  ut  aequum  est, 

70    cum  mea  conpenset  vitiis  bona,  pluribus  hiace, 
si  modo  plura  mihi  bona  sunt,  inclinet,  amari 
si  volet:  hae  lege  in  trutina  ponetur  eadem. 
qui  ne  tuberibus  propriis  offendat  amicnm 
postulat,  ignoscet  yerrucis  illins:  aequum  est 

75    peccatis  veniam  poseentem  reddere  rursus. 
denique,  quatenus  exoidi  penitus  vitium  irae, 
cetera  item  nequeunt  stultis  baerentia;  eur  non 
ponderibus  modulisque  suis  ratio  utitur,  ae  res 
ut  quaeque  est  ita  suppliciis  delicta  coereet? 

80    siquis  eum  servum,  patinam  qui  toUere  iussus 
semesos  piscis  tepidumque  ligurrierit  ius, 
in  eruce  suffigat,  Labeonc  insanior  inter 
sanos  dieatur.    quanto  hoc  furiosius  atque 
maius  peccatum  est!  pauUum  deliquit  amicus 

S5    (quod  nisi  concedas,  habeare  insuavis):  acerbus 
odisti  et  fugis  ut  Busonem  debitor  aeris, 
qui  nisi,  cum  tristes  misero  venere  ealendae, 
mercedem  aut  nummos  unde  unde  extricat,  amaras 


58  üeberlleferung  t>hne  Partikel.    B.  schob  ae  dn,  Hanpt  «t. 


168  Q.  HORATII  FI.ACCl 

porrecto  iugulo  historias  CAptivus  ut  audit. 

90    conminxit  lectiim  potus  mensave  catillum 
Euandri  manibug  tritum  deiecit:  ob  hane  rem, 
aut  positum  ante  mea  quia  puUum  in  part6  catini 
sustulit  esuriensy  minus  hoc  iucundus  amicus 
sit  mihi?  quid  faciam,  si  furtum  fecerit,  aut  gt 

96    prodiderit  conmissa  fide  sponsumve  negarit? 
quis  paria  esse  fere  placuit  peccata,  laborant, 
cum  ventiim  ad  vcrum  est:  sensus  moresque  repugnant^ 
atque  ipsa  utilitag,  iusti  prope  mater  et  aequi. 
cum  prorepsenint  primis  animalia  terris, 

100    mutum  et  turpe  pecus,  glandem  atque  cubilia  propter 
unguibus  et  pugnis,  dein  fustibus,  atque  ita  porro 
pugnabant  armis  quae  post  fabricaverat  usus; 
donec  verba,  quibus  voces  sensusque  notarent, 
nominaque  invenere:  dehinc  absistere  bello, 

105    õppida  coepenmt  munire,  et  ponere  leges, 
ne  quis  fur  esset,  neu  latro,  neu  quis  adulter. 
nam  fuit  ante  Helenam  eunnus  taeterrima  belli 
causa;  sed  ignotis  perierunt  mortibus  illi, 
quos  Venerera  ineertam  rapientes  more  ferarum 

110    viribus  editior  caedebat  ut  in  grege  taunis, 
iura  inventa  metu  iniusti  fateare  neoesse  est, 
tempora  si  fastosque  velis  evolvere  mündi, 
nec  natura  potist  iusto  secemere  iniquum, 
dividit  ut  bona  diversis,  fugienda  petendis, 

115    nec  vincet  ratio  hoc,  tantundem  ut  peccet  idemque 
qui  teneros  caulis  alieni  fregerit  horti 
et  qui  noetumus  sacra  divum  legerit.   adsit 
regula,  peccatis  quae  poenas  inroget  aequas, 
ne  scutica  dignum  horribili  sectere  flagello.* 

120    nam  ut  fenila  caedas  meritum  maiora  subire 
verbera  non  vereor,  cum  dicas  esse  paris  res 
furta  latrociniis  et  magnis  parva  mineris 
faice  recisurum  simili  te,  si  tibi  regnum 
permittant  homines.   si  dives,  qui  sapiens  est, 

125    et  sutor  bonus  et  solus  formosos  et  est  rex, 


SATIRARÜM  L1B«  J.  3.  4.  169 

our  optas  quod  babes?  'non  nosti  quid  pater'  inquit 
'Cbrysippas  dicat.  sapiens  crepidas  sibi  numquam 
nec  soleas  fecit:  8utor  tamen  est  sapiens/  qui? 
^ut  quamvis  tacet  Hermogenes,  cantor  tamen  atque 

130    optimus  est  modulator;  ut  Alfenus  vafer,  omni 
abiecto  instrumente  artis  olausaque  taberna, 
tonsor  erat;  sapiens  operis  sic  optimns  omnis 
est  opifex  soluS;  sic  rex.'  vellunt  tibi  barbam 
lasciyi  pneri;  quos  tn  nisi  fuste  coerces, 

t35    urgueris  turba  circum  te  stante,  miserque 
rumperis  et  latras,  magnorum  maxime  regum. 
ne  longum  faciam:  dum  tu  qnadrante  lavatom 
rex  ibis  neque  te  quisquam  stipator  ineptum 
praeter  Grispinum  seetabitur,  et  mihi  dulces 

t40    ignoscent,  siquid  peccaro  stultus^  amici, 
inque  vieem  illorum  patiar  delicta  libenter, 
privatusque  magis  vivam  te  rege  beatus. 


IV. 

Eupolis  atque  Cratinus  Aristophanesque  poetae 
atque  alii  quorum  comoedia  prisca  yirorum  est, 
siquis  erat  dignus  describi,  quod  maius  ae  fur, 
quod  moechus  foret  aut  sicarius  aut  alioqui 

5    famosuSy  muita  cum  libertate  notabant. 
hinc  omnis  pendet  Lucilius,  hosce  secutus, 
mutatis  tantum  pedibus  numerisque.    facetus, 
emunctae  naris,  durus  eonponere  versus, 
cum  flueret  lutulentus  erat  quod  toUere  vellea. 

10    nam  fuit  hoc  vitiosus:  in  hora  saepe  ducentos, 
ut  magnum,  versus  dictabat  stans  pede  in  uno; 
garrulus  atque  piger  scribendi  ferre  laborem, 
scribendi  reete;  nam  ut  multom,  nii  moror.   ecce 
Crispinus  nummo  me  provocat:  ^accipe,  si  vis, 

15    accipiam  tabulas:  detur  nobis  loeus,  hora, 

8  steht  gewöhnlich  binter   nt  magnum  —  10.  14  nummo   B. 

minimo. 


170  Q.  HORATIl  FLAGCI 

custodes;  vidoamufi  uter  pius  Bcribere  possit/ 
di  bene  fecerunt  inopis  me  quodque  pusilli 
finxerunt  animi,  raro  et  perpauca  loquentis: 
at  tu  eoiielusas  hireinis  folUbus  auras, 

20    usque  laborantis  dum  femim  molliat  ignis, 
ut  mavis,  imitare.    beatus  Fannius  ultro 
delatis  capsis  et  imagine,  cum  mea  nemo 
scripta  legat  volgo  recitare  timentis  ob  lianc  rem 
quod  sunt  quos  grenus  hoc  minime  iuvat,  utpote  pluris 

25    culpari  dignos.   quemvis  media  elige  turba: 
aut  ab  avaritia  aut  misera  ambitione  laborat. 
hic  nuptarum  insaiiit  amoribus,  hie  pueroruin; 
hunc  capit  argenti  splendor;  stupet  Albius  aere; 
hic  mutat  mercis  surgente  a  sõle  ad  eum  quo 

30    vespertina  tepet  regio,  quin  per  maia  praeeeps 
fertur  uti  pulvis  coUectus  turbine,  nequid 
summa  deperdat  metuens  aut  ampliet  ut  rem: 
omnes  hi  metuunt  versus,  odere  poetas, 
'foenum  habet  in  coniu,  longc  fuge:  dummodo  risum 

35    exeutiat  sibi,  non  hic  cuiquam  parcet  amieo; 
et  quodcumque  semel  ehartis  inleverit,  omnis 
gestiet  a  furno  redeuntis^  seire  lacuqne, 
et  pueros  et  anus/   agedum,  pauea  aceipe  contra. 
primum  ego  me  illorum,  dederim  quibus  eöse  poetis, 

40    excerpam  numero:  neque  enim  concludere  versum 
dixeris  esse  satis;  neque  siqui  scribat  uti  nos 
sermoni  propiora,  putes  hunc  esse  poetam. 
ingeuium  cui  sit,  cui  mens  divinior  atque  os 
magna  sonaturum,  des  nominis  huius  honorem. 

45    idcireo  quidam  comoedia  neene  poema 
esset  quaesivere,  quod  acer  spiritus  ae  vis 
nee  verbis  nec  rebus  inest,  nisi  quod  pede  certo 
diifert  sermoni  sermo  merus/'  'at  pater  ardens 
sae^it,  quod  meretriee  nepos  insanus  amica 

fiO    filius  uxorem  grandi  cum  dote  recuset, 

ebrins  et,  magnum  quod  dedecus,  ampulet  ante 
noctem  cum  facibus.'   numquid  Pomponius  istis 


SATIRARÜM  LIB.  I.  4.  171 

audiret  leviora,  pater  si  viveret?  ergo 

non  satis  est  puris  versum  perscribere  verbis, 

55    quem  si  dissolvas;  quivis  stomachetur  eodem 
quo  personatus  pacto  pater.   his,  ego  quae  uunc, 
olim  quae  scripsit  LueiliuS;  eripias  si 
tempora  certa  modosque  et  quod  prius  ordine  verbum  est 
posteriiis  facias,  praei)onens  iiltima  primis; 

60    non,  ut  si  solvas  'postquam  Discordia  taetra 
belli  ferratos  postis  portasque  refregit/ 
invenias  etiam  disieeti  membra  poetae. 
Imctenus  haee:  alias  iustum  sit  neene  poema. 
nunc  illud  tantum  quaeram,  meritone  tibi  sit 

05    suspeetum  genus  Iioc  scribendi.   Sulcius  aeer 
ambulat  et  Gaprius,  rauci  male  cumque  libellis, 
magnus  uterque  timor  latronibus:  at  bene  si  quis 
et  vivat  puris  manibus,  contemnat  utrumque. 
ut  sis  tu  similis  Gaeli  Birrique  latronuro, 

70    non  ego  sum  Capri  neque  Sulci:  eur  metuas  me? 
nulla  taberna  meos  habeat  neque  pila  libellos, 
quis  manus  insudet  volgi  Hermogenisque  Tigelli. 
nec  reeito  cuiquam  nisi  amicis,  idque  coaetus, 
non  ubivis  eoramve  quibuslibet    in  medio  qui 

75    seripta  foro  reeitent  sunt  multi  quique  lavantes: 
suave  locus  voei  resonat  eonolusus.   inanis 
hoo  iuvat,  liaud  illud  quaerentis,  num  sine  sensu, 
tempore  num  faciant  alieno.  ^laedere  gaudes' 
inquit,  'et  hoc  studio  pravos  facis/   unde  petitum 

80    hoc  in  me  iaeis?  est  auctor  quis  denique  eorum 
vixi  cum  quibus?  absentem  qui  rodit  amicum, 
qui  non  defendit  alio  eulpante,  solutos 
qui  captat  risus  hominum  famamque  dieacis, 
fingere  qui  non  visa  potest,  eonmissa  tacere 

S5    qui  nequit,  hie  niger  est,  hune  tu,  Romane,  eaveto. 
saepe  tribus  lectis  videas  eenare  quatemos, 
e  quibus  unus  amet  quavis  adspergere  eunctos 


79  pravoft.  pravus. 


1 72  a  HORATII  FLACCI 

praeter  eum  qui  praebet  aquam;  poet  hiinc  quoqoe  pohis^ 
condita  cum  verax  aperit  praeeordia  Liber. 

no    bic  tibi  comifi  et  iirbanus  liberque  videtar. 
infcHto  nigrin:  ego  hi  risi,  (|nod  ineptnis 
pastilloH  RiifilluH  olety  Gargonius  hireiim, 
lividuH  et  mordax  videor  tibi?  mentio  siqua 
de  Capit^)lini  furtin  iniecta  Petilli 

i^t    te  eoram  fuerit;  defendas  ut  tuus  est  mos: 
'me  CapitolinuH  convictore  usus  amicoque 
a  pueni  est,  caiigaque  mea  permulta  rogatus 
fccit,  et  incolumlH  laetor  quod  virit  in  urbe; 
Hed  tameii  admiror  quo  paeto  iudicium  illnd 

100    fugerit/   hie  nigrae  hucuh  lolliginlB,  haee  est 
acriigo  mcra:  quod  vitium  procul  afore  chartis, 
atque  animo  i^riuS;  ut  giquid  promittere  de  me 
poBHum  allud  vere,  promitto.   liberius  si 
dixero  quid,  Bi  forte  iocosiug;  hoc  mihi  iuris 

105    cum  venia  dabis.   insuevit  pater  optimus  boe  me^ 
ut  fugerem  exemplis  vitiomm  quaeque  notando. 
cum  me  hortarctur,  parce  frugaliter  atque 
viverem  uti  contentus  eo  quod  mi  ipse  parasset, 
^nonne  vides,  Albi  ut  male  vivat  filius,  utque 

110    Barus  inops?  magnum  documentum,  ne  patriam  rem 
perdere  quis  velit:*  a  turpi  meretricis  amore 
cum  deterreret,  *Scetani  dissimilig  sis:' 
ne  sequerer  moechas,  concessa  cum  Venere  uti 
posBcm,  'deprensi  non  bella  est  fama  Treboni' 

115    aiebat:  ^sapiens,  vitatu  quidque  petitu 

sit  melius,  causas  reddet  tibi.   mi  satis  est,  si 
traditum  ab  antiquis  morem  servare  tuamque, 
dum  custodis  eges,  vitam  famamque  tueri 
incolumem  possum :  simul  ae  duraverit  aetas 

120    membra  animumque  tuum,  nabis  sine  eortice/  dc  me 
formabat  puerum  dictis,  et  sive  iubebat 
ut  facerem  quid,  'babes  auctorem,  quo  faeias  hoc/ 
unum  ex  iudicibus  selectis  obiciebat, 
sive  vetabat,  'an  hoc  inhonestimi  et  inatile  fadu 


SATIRARUM  LIB.  L  4.  5.  173 

125    necne  sit;  addubites,  flagret  rumore  malo  cum 
hic  atque  iile?'  avidos  vicinum  funus  ut  aegros 
exanimat  mortisqae  metu  sibi  parcere  cogit, 
sic  teneros  animos  aliena  opprobria  saepe 
absterrent  vitiis.   ex  Iioc  ego  sanus  ab  illiS; 

130    pemiciem  quaecumque  ferunt,  medioeribuB  et  quis 
ignoscas  vitiis  teneor.    fortassis  et  istinc 
largiter  abstulerit  lõnga  aetaS;  liber  amicus, 
consilium  proprium.   neque  enim;  cum  lectulus  aut  me 
porticus  excepit,  desum  mihi.  ^rectius  hoc  est. 

135    hoc  faeiens  vivam  melius.   sic  dulcis  amicis 

oe<2urram.   hoc  quidam  non  belle:  numquid  ego  illi 
inprudens  olim  faciam  simile?'  haec  ego  mecum 
conpressis  agito  labris;  ubi  quid  datur  oti, 
inludo  chartis.    hoc  est  mediocribus*  illis 

140    ex  vitiis  unum :  cui  si  concedere  nolis, 
muita  poetarum  veniet  manuS;  auxilio  quae 
sit  mihi  (nam  multo  plures  sumus)  ae  veluti  te 
ludaei  cogemus  in  hane  concedere  turbam. 


V. 

Egressum  magna  me  accepit  Aricia  Roma 
hospitio  modico :  rhetor  comes  Heliodorus, 
Graecorum  longe  doctissimus:  inde  Forum  Appi, 
differtum  nautis,  cauponibus  atque  malignis. 

5    hoc  iter  ignavi  divisimus,  altius  ae  nos 

praecinctis  unum:  minus  est  gravis  Appia  tardis. 
hic  ego  propter  aquam,  quod  erat  deterrima,  ventri 
indico  bellum,  cenantis  haud  animo  aequo 
exspectans  comites.   iam  nox  inducere  terris 

10    umbras  et  eaelo  diflfundere  signa  parabat. 
tum  pueri  nautis,  pueris  convicia  nautae 
ingerere.  'huc  adpelle.    trecentos  inseris.    ohe 
iam  satis  est.'    dum  aes  exigitur,  dum  mula  ligatur, 
tota  abit  hora.   mali  culices  ranaeque  palustres 

15    avertunt  somnos.   absentem  ut  eantat  amicam 
muita  prolutus  vappa  nauta  atque  viator 


174  Q.  UOKATU  FLACCI 

certatim,  tandem  fessus  donnire  yiator 
incipit,  ae  missae  pastum  retinaeula  mulae 

nauta  piger  saxo  religat  stertitquc  supinuB. 
20    iamque  dies  aderat,  uil  cum  proeedere  lintrem 

sentimus;  donee  cerebrosus  prosilit  unus 

ae  mulae  nautaeque  caput  lumbosque  saligno 

fuste  dolat.    quarta  vix  demum  exponimur  hora. 

ora  manusque  tua  lavimus,  Feronia,  lympha. 
25    milia  tum  prausi  tria  repimus  atque  subimus 

inpositum  saxis  läte  eandentibuB  Anxur. 

Iiuc  venturus  erat  Maee^nas  optimus  atque 

CoeceiuS;  misni  magnis  de  rebus  uterque 

legati,  aversos  soliti  conponere  amicos. 
30    hic  oculis  ego  nigra  meis  coUyria  lippus 

iulinere.    interea  Maecenas  advenit  atque 

Coceeius  Capitoque  simul  Fonteius^  ad  unguem 

faetus  homo,  Antoni  non  ut  magis  alter  amicus. 

Fundos  Aufidio  Lusco  praetore  libenter 
:i5    linciuimus,  insani  ridentes  praemia  scribae, 

praetextam  et  latum  elavum  prunaeque  batillum. 

in  Mamurranmi  lassi  deindc  urbe  manemuS; 

Murena  praebente  domum,  Capitono  culiuam. 

postera  lux  oritiir  multo  gratissima:  namque 
40    Plotius  et  Varius  Sinuessae  Vergiliusque 

oceurrunt,  animae  quales  neque  candidiores 

terra  tulit  ue(iue  quis  me  sit  devinctior  alter. 

o  qui  conplexus  et  gaudia  quanta  fuerunt! 

nii  ego  eontulerim  iueundo  sanus  amico. 
45    proxima  Campano  ponti  quae  villula;  tectum 

praebuit;  et  parochi  quae  debent  ligna  salemque. 

liine  muli  Capuae  elitellas  tempore  ponunt. 
lusum  it  MaecenaB,  dormitum  ego  Vergiliusque: 
namque  pila  lippis  inimieum  et  ludere  erudis. 
50    hine  no8  Cocceii  reeipit  plenissima  villa, 

quae  super  est  Gaudi  eauponas.  nunc  mihi  paucis 
Sarmenti  scurrae  pugnam  Messique  Cicirri, 
musa,  velim  memores  et  quo  patre  natus  uterque 


SATIRARÜM  LIB.  I.  6.  175 

contulerit  litis.    Messi  clarum  genus  Osci; 

55    Sarmenti  domina  exstat:  ab  his  maioribus  orti 
ad  pugnam  venere.   prior  Sarmentus  'equi  te 
esse  feri  similem  dieo/   ridemus,  et  ipse 
Messius  ^accipio/  capiit  et  movet.  'o  tua  cornu 
ni  foret  exsecto  frons'  inquit,  ^quid  faceres,  cum 

60    sic  mutilus  minitaris?'  at  illi  foeda  cicatrix 
setosam  laevi  frontem  turpaverat  oris. 
Campanum  in  morbum,  in  faciem  pennulta  iocatus^ 
pastorem  saltaret  uti  Cyclopa  rogabat; 
nii  illi  larva  aut  tragicis  opus  esse  cothurnis. 

65    muita  Gicirrus  ad  haec.   donasset  iamne  catenam 
ex  voto  Laribus,  quaerebat:  seriba  quod  esset, 
nilo  deterius  dominae  ius  esse:    rogabat 
denique  cur  umquam  fugisset,  cui  satis  una 
farris  libra  foret,  graeili  sic  tamque  pusillo. 

70    prorsus  iueunde  cenam  producimus  illam. 

tendimus  hine  reeta  Beneventum ;  ubi  sedulus  hospes 
paene  maeros  arsit  dum  turdos  versat  in  igni. 
nam  vaga  per  veterem  dilapso  flamma  culinam 
Volcano  summum  properabat  lambere  tectum. 

15    convivas  avidos  cenam  servosque  timentis 

tum  rapere  atque  omnis  restinguere  velle  videres. 
incipit  ex  illo  montis  Appulia  notos 
ostentare  mihi,  quos  torret  Atabulus  et  quos 
numquam  erepsemus,  nisi  nos  vicina  Trivici 

80    villa  recepisset,  lacrimoso  non  sine  fumo, 
udos  cum  foliis  ramos  urente  camino. 
hic  ego  mendacem  stultissimus  usque  puellam 
ad  mediam  noctem  exspecto:  somnus  tamen  aufert 
intentum  Vcneri:  tum  inmundo  somnia  visu 

85    noctumam  vestem  maculant  ventremque  supinum. 
quattuor  hinc  rapimur  viginti  et  milia  raedis, 
mansuri  oppidulo,  quod  versu  dicere  non  est, 
signis  perätcile  est.    venit  vilissima  rerum 
hic  aqua;  sed  panis  longe  pulcherrimus,  ultra 

90    callidus  ut  soleat  umeris  portare  viator: 


V'  .. 


176  Q.  HORATII  FLACCl 

nam  Ganusi  lapidosus;  aquae  non  ditior  urna 
qui  locus  a  forti  Diomede  est  conditus  olim. 
flentibus  hinc  Vanus  discedit  maestus  amicis. 
inde  Rubos  fessi  pervenimus,  utpote  longum 

95    carpentes  iter  et  factum  corruptiua  imbri. 
postera  tempestas  melior,  via  peior  ad  usque 
Bari  moenia  piscosi.    dein  Gnatia  lymphis 
iratis  exstructa  dedit  risusque  iocosque, 
dum  flamma  sine  tura  liqueacere  limine  sacro 

lOü    persuadere  cupit.    eredat  ludaeus  Apella, 

non  ego.    namque  deos  didici  seeurum  agere  aeyum, 
nec  siquid  miri  faciat  natura,  deos  id 
tristis  ex  alto  eaeli  demittere  teeto. 
Brundisium  longae  finiš  chartaeqiie  viaeque. 

VI. 

Non  quia,  Maccenas,  Lydorum  quidquid  Etruseos 
incoluit  finiš,  nemo  generosior  est  te, 
nec  quod  avus  tibi  matemus  fuit  atque  paternus, 
olim  qui  magnis  legionibus  imperitarent, 

5    ut  plerique  solent,  naso  suspendis  adunco 
ignotos,  ut  me  libertino  patre  natum. 
cum  referre  negas  quali  sit  quisque  parente 
natus,  dum  ingenuus,  persuades  hoc  tibi  vere, 
ante  potestatem  Tulli  atque  ignobile  regnum 

10    multos  saepe  viros  nullis  maioribus  ortos 
et  vixisse  probos  amplis  et  honoribus  auetos: 
contra  Laevinum,  Valeri  genus,  unde  Superbus 
Tarquinius  regno  puisus  fugit,  unius  assis 
non  umquam  pretio  pluris  lieuisse,  notante 

15    iudiee  quo  nosti,  populo,  qui  stultus  honores 
saepe  dat  indignis  et  famae  servit  ineptus, 
qui  stupet  in  titulis  et  imaginibus.    quid  oportet 
nos  facere  a  volgo  longe  longeque  remotos? 
namque  esto,  populus  Laevino  raallet  honorem 

20    (juam  Decio  mandare  novo,  eensorque  moveret 
Appius,  ingenuo  si  non  essem  patre  natus: 


8ÄTIRARÜM  LIB.  I.  6.  177 

vel  meritO;  quoniam  in  propria  non  p6lle  quiessem. 

sed  fulgente  trahit  constrictos  gloria  curru 

non  minus  ignotos  generosis.    quo  tibi,  Tilli, 
25    aumere  depositum  clavum  fierique  tribuno? 

invidia  adcrevit,  privato  quae  minor  esset. 

nam  ut  quisque  insanus  higris  medium  inpediit  erus 

pellibus  et  latum  demisit  pectore  clavum, 

audit  continuo  ^quis  homo  hic  aut  quo  patre  natus?" 
30    ut  siqui  aegrotot  quo  morbo  Bamis,  haberi 

ut  cupiat  forraosus,  eat  quacumque,  puellis 

iniciat  curam  quaerendi  singula,  quali 

sit  facie,  sura,  quali  pede,  dente,  capillo; 

sic  qui  promittit,  civis,  urbem  sibi  curae, 
35    imperium  fore  et  Italiam,  delubra  deorum, 

quo  patre  sit  natus,  num  ignota  matre  inhonestufi, 

omnis  mortalis  curare  et  quaerere  eogit. 

*tune,  Syri,  Damae,  aut  Dionysi  filius,  audes 

deicere  e  saxo  civis  aut  tradere  Cadmo? 
40    at  Novius  coUega  gradu  post  me  scdet  uno: 

namque  est  iile,  pater  quod  erat  meus/    'hoc  tiW  Paallus 

et  Messalla  videris?  at  hic,  si  plostra  ducenta 

concurrantque  foro  tria  funora,  magna  sonabit 

cornua  quod  vincatque  tubas :  saltem  tenet  hoc  no»/ 
45    nunc  ad  me  redeo  libertino  patre  natum, 

qucm  rodunt  omnes  libertino  patre  natum, 

nunc  quia  sum  tibi,  Maeoenas,  eonvictor,.  at  olim 

quod  mihi  pareret  legio  Komana  tribuno. 

dissimile  hoc  illi  est;  quia  non,  ut  forsit  honorem 
50    iure  mihi  invideat  quivis,  ita  te  quoque  amicum^ 

praesertim  cautum  dignos  adsumere,  prava 

ambitione  procul.    felicem  dicere  non  hoc 

me  possim,  casu  quod  te  sortitus  amicum:  . 

nulla  etenim  mihi  te  fors  obtulit;  optimus  olim 
55    Vergilius,  post  hane  Vanus  dixere  quid  essem« 

ut  veni  coram,  singultim  pauca  locutus 

(infans  namque  pudor  prohibebat  plura  profari) 

non  ego  me  claro  natum  patre,  non  ego  c^rcum 

Lbhbs,  Horatins.  12 


178  U.  HüRATII  FLACOI 

me  Sfttureiano  vectari  rura  caballo, 

60    sed  quod  eram  narro.    respondes^  ut  tuus  est  mos^ 
pauea:  abee:  et  revoeag  nono  post  mense  iubesque 
esse  in  amicorum  numero.    magnum  hoc  ego  daco^ 
quod  plaeui  tibi,  qui  turpi  secernis  honestum^ 
non  patre  praeelaro,  sed  Tita  et  pectore  piuro. 

65    atqui  si  ritiis  mediocribus  ae  mea  paueis 
mendoga  est  natura,  alioqui  reeta,  velut  si 
einr^o  inspersos  reprendas  eorpore  naevos, 
si  neque  aTaritiam  neque  sordis  nee  maia  lastra 
obiciei  vere  quLsqiiam  mihi.  purus  et  insons, 

70    ut  me  collaudem,  si  et  vivo  carus  amicis, 
eausa  fiiit  pater  hiäk  qui  maero  pauper  agello 
noluit  in  Flari  lodura  me  minere,  Hui^i 
quo  pueri  magnis  e  centurionibus  orti^ 
laeTo  suspensi  loculos  tabulamque  iaeerto, 

75    ibant  octonis  referentes  idibus  aera: 

sed  puerum  est  ausus  Romam  portare,  doeendum 
artis  quas  doeeat  quiris  eques  atque  senator 
semet  prognatos.    vestern  servosque  sequeutis, 
in  magno  ut  popnlo,  siqui  vidisset.  avita 

80    ex  re  praeberi  sumptus  mihi  crederet  illos. 
ipse  mihi  cnstos  ineorruptissimus  omnis 
circum  doctores  aderat.    qnid  muita?  pudieum, 
qui  primus  virtutis  bonos,  senravit  ab  omm 
non  s<^»lam  facto,  verum  opprobrio  quoque  turpi: 

85    nee  timuit,  sibi  ne  vitio  quis  veneret,  olim 
si  praeco  parras  aut,  ut  fuit  ipse,  eoactor 
mercedes  se<iuerer;  neque  ego  essem  questud:  at  hoo  nunc 
laus  illi  debetur  et  a  me  gratia  maior. 
nii  me  [meniteat  sanum  patris  huius:  eoque 

90    non,  ut  magna  dolo  faetum  negat  esse  suo  pars, 
quod  non  ingenuos  habeat  clarosque  parentes, 
sic  me  defendam.    longe  mea  diserepat  istis 
et  Yox  et  ratio.    nam  si  natura  iuberet 
a  certis  anfiis  aevum  remeare  peractum, 
n    atque  alios  legere,  ad  fastum  qaoecomque  parentis 


SATIUARÜM  LIB.  I.  6.  179 

optaret  sibi  qiiisque,  meis  contentus  honestos 
fascibus  et  sellis  noUem  mihi  sumere,  demens 
iudicio  volgi,  saniis  fortasse  tuo,  qiiod 
nollem  onus  haud  umquam  solitus  portare  molestum. 

100    nam  mihi  continuo  maior  quaerenda  foret  res 
atque  salutaudi  plures;  dueemluset  unus 
et  eomes  alter,  uti  ne  solus  rusve  peregreve 
exirem;  plures  calones  atque  eaballi 
paseendi,  dueenda  petorrita.    nunc  mihi  eurto 

iü5    ire  licet  mulo  vel  si  libet  usque  Tarentum, 

mantica  cui  lumbos  onere  ulceret  atque  eques  armos; 
obiciet  nemo  sordis  mihi  quas  tibi,  Tilli, 
cum  Tiburte  via  praetorem  quinque  sequuntur 
te  pueri,  lasanum  portantes  oenophorumque. 

110    hoo  ego  commodius  quam  tu,  praeclare  senator, 
milibus  atque  aliis  vivo.    quacum(iue  libido  est, 
incedo  solus;  percontor  quauti  olus  ae  far;  • 
fallacem  circum  vespertinumque  pererro 
saepe  forum;  adsisto  divinis;  inde  domum  me 

115    ad  porri  et  ciceris  refero  laganique  eatinum. 
eena  ministratur  pueris  tribus,  et  lapis  albus 
pocula  cum  eyatho  duo  sustinet;  adstat  echinus 
vilis,  eum  patera  guttus,  Campana  supellex. 
deinde  eo  dormitum,  non  sollicitus,  mihi  quod  eras 

120    surgendum  sit  mane,  obeundus  Marsya,  qui  se 
voltum  ferre  negat  Novioruni  posse  minoris. 
ad  quartam  iaeeo:  post  hane  vagor  aut  ego  lecto 
aut  scripto  quod  me  taeitum  iuvet,    unguor  olivo, 
non  quo  fraudatis  inmundus  Natta  lucernis. 

125    ast  ubi  me  fessum  sol  acrior  ire  lavatum 
admonuit,  fugio  campum  lusumque  trigonem. 
pransus  non  avide,  quantum  interpellet  inani 
ventre  diem  durare,  domesticus  otior.    haec  est 
vita  solutorum  misera  ambitione  gravique; 

130    his  me  consolor  victurum  suayius  ae  si 

quaeetor  avus  pater  atcjue  meus  patruusque  fuisset. 

12* 


180  a  HORATn  FLAGCI 


VII. 

Progcripti  Regis  Rupili  pus  atqne  venenum 
hybrida  quo  pacto  sit  Pereius  uitus,  opinor 
omnibus  et  lippis  notum  et  tonsoribug  esse. 
Peraius  hic  perma^rna  iie«rotia  dives  liabebat 

5    ClazomeniS;  ctiam  liti«  cum  Rege  molestas, 

dunis  homo  atque  odio  (jui  posset  vineere  Regem, 
confidens  tumidusque,  adeo  sermonis  amari. 
Bisennas,  Barros  ut  equis  praeourreret  albis, 
moliri  exitium  postquam  nihil  inter  utrumque 

10    convenit.  hoc  etenim  sunt  omnes  iure  molesti, 
quo  forte»,  quibus  adversuna  bellum  incidit.    inter 
Hcctora  Priamiden,  animosum  atque  inter  Acbillem 
ira  fuit  capitalis,  ut  ultima  divideret  mors, 
non  aliam  ob  causam  nisi  quod  virtus  in  utroque 

15    summa  fuit:  duo  si  diseordia  vexet  inertis, 
aut  si  disparibus  bellum  ineidat,  ut  Diomedi 
cum  Lycio  Glauco,  discedat  pigrior,  ultro 
muncribus  missis.    Bruto  praetore  tonente 
ditera  Asiam,  Rupili  et  Persi  par  pugnat  uti  non 

20    conpositum  melius  cum  Bitho  Baccbius;    in  ius 
acres  procurrunt,  magnum  spectaculum  uterque. 
Persius  exponit  causam;  ridetur  ab  omni 
conventu;  laudat  Brutum  laudatque  cohortem, 
solem  Asiae  Brutum  adpellat  stellasque  salubris 

26    adpellat  comites,  cxcepto  Rege;  canem  illum, 
invisum  agricolis  sidus,  venisse;  ruebat 
flumen  ut  hibemum,  fertur  quo  rara  securis. 
tum  Praenestinus  salso  multoque  fluenti 
expressa  arbnsto  regerit  convicia,  durus 

30    vindemiator  et  invictus,  cui  saepe  viator 
cessisset  magna  conpellans  Yoce  cuoulum. 
at  Graecus,  postquam  est  Italo  perfusus  aceto, 


9  moliri  exitium.   ad  Regem  redeo. 


SATIRARUM  LIB.  I.  7.  8.  181 

Persius  exclamat  'per  magnos,  Brute,  deos  te 
oro,  qui  reges  consueris  toUere,  cur  non 
35    hunc  Regem  iugulas?  operum  hoc,  mihi  crede,  tuorum  est' 


VIII. 

Olim  truncus  eram  ficulnus,  inutile  lignaniy 
cum  faber,  incertus  seanmum  faceretne  Priapum, 
maluit  esse  deiim.    deus  inde  ego,  furum  aviumque 
maxima  formido:  nam  fures  dextra  coercet 

5    obscaenoque  niber  porrectus  ab  inguine  palus^ 
ast  inportunas  volucris  in  vertice  arundo. 
terret  fixa  vetatque  novis  considere  in  hortis. 
huc  prius  angustis  eiecta  eadavera  cellis 
conserviis  vili  portanda  locabat  in  arca; 

10    hoc  miserae  plebi  stabat  commune  sepulcrum, 
Pantolabo  scurrae  Nomentanoque  ncpoti. 
mille  pedes  in  fronte,  trecentos  cippus  in  agrum 
hic  dabat;  heredes  monumentum  ne  sequeretur. 
nunc  licet  Esquiliis  habitare  salubribus  atque 

15    aggere  in  aprico  spatiari  qua  modo  tristes 
albis  informem  spectabant  ossibus  agrum; 
cum  mibi  non  tantum  furesque  feraeque  suetae 
hunc  vexare  locum  curae  sunt  atque  labori, 
quantum  carminibus  quae  versant  atque  venenis 

20    humanos  animos:  has  nuUo  perdere  possum 

nec  prohibere  modo,  simul  ae  vaga  luna  decorum 
protulit  08,  quin  o&sa  legant  herbasque  nocentis. 
vidi  egomet  nigra  succinctam  vadere  palla 
Ganidiam,  pedibus  nudis  passoque  capillo, 

25    cum  Sägana  maiore  ululantem.    pallor  utrasque 
fecerat  horrendas  adspectu.    scalpere  terram 
unguibus  et  puUam  divellere  mordicus  agnam 
coeperunt:  cruor  in  fossam  confusus,  ut  inde 


15  qua  B.   quo. 


182  Q.  HORATII  FLACCI 

mallis  elicerent  animas  responsa  daturas. 

30    laiiea  et  offiiricj^  erat,  altera  eerea:  maior 
laiiea,  quao  jioenis  eou|)e8eeret  iiiferiorem; 
eerea  suppliciter  stabat  servilibus  utque 
iam  peritiira  modis.    Hoeaten  voeat  altera,  soevrini 
altera  Tisiphonen.     serpentes  atque  videres 

35    infernas  errare  eanis,  lunamqiie  rubenteni, 
110  foret  his  testii*,  post  iiiagHa  latere  sepulcra. 
luentior  at  siqiüd,  nienlis  caput  inquiner  albis 
eorvoruiiK  atque  iii  me  veniat  mietum  atque  caratum 
luliu8,  et  frajrilis  Pediatia,  furque  Voraiius. 

40    siiij^iila  quid  niemorem,  qiio  j)aeto  altema  loquentes 
iimbrae  ciim  Sägana  re84>nariiit  triste  et  acutnin, 
iit(iiie  lupi  barbam  variae  eum  dente  eolubrae 
abdideriiit  furtim  terris,  et  imagiiie  eerea 
largior  arserit  ignis,  et  iit  non  testis  inultus 

45    (d)riierim  voces  Fiiriarmii  et  facta  duarum? 
nam  displosa  scmat  (piautiim  vesicA,  i)ei)edi 
diftiiisa  iiato  iieus:  at  illae  eiirrere  in  urbem. 
Cauidiae  dentis,  altiim  Saganae  ealiendrum 
oxeidere,  atque  herbas  atque  ine«iitata  laeertis 

50    vincula,  eum  majiio  risuque  ioeoque  videres. 


IX. 

Il)am  forte  via  saera,  sieut  mous  est  mos, 
iicseio  quid  meditaiiü  iiugarum,  totus  in  illis, 
accurrit  quidam  notus  mihi  nomine  tantum, 
arrei)taque  manu  ^quid  agis,  dulcissime  renim?* 
^suaviter,  ut  nunc  est*  inquam,  'et  eupio  omnia  qaae  vis.' 
cuni  adsectiiretur,  'num  quid  ^is?'  oeeupo.    at  iile 
'noris  iios'  inquit;  'doeti  sumus.'    hic  ego  'pluris 
lioc'  iuquam  'mihi  eris.'    misere  discedere  quaerens^ 
ire  modo  oeius,  interdum  eonsistere,  in  aurem 


41  resonarint  B.  resonarent. 


SATIRARUM  LIB.  I.  9.  183 

10    dicere  nescio  qiiid  puero,  oum  sudor  ad  imos 
manaret  talo8.    'o  te,  Bolane,  cerebri 
felicem'  aiebam  tacitus,  cum  quidlibet  ilte 
garriret,  vicos,  urbein  laudaret.    ut  illi 
uil  respondebam,  'misere  cupis*  inquit  'abire: 

15    iaindudum  video:  sed  nii  agris:  usque  tenel)o; 

prosequar  hinc  quo  nunc  iter  est  tibi/    'nii  opus  est  te 
circumagi:  quendam  volo  visere  non  tibi  notum: 
trans  Tibcrim  longe  cubat  is,  prope  Gaesaris  hortos.' 
'nii  habeo  quod  agam  et  non  Bum  piger:  usque  sequarte.' 

20    demitto  auriculas,  ut  iniquae  mentis  asellus, 
cum  gravius  dorso  subüt  onus.    ineipit  Ule 
^H\  bene  me  novi,  non  Viscum  pluris  amicum; 
non  Varium  facies:  nam  quis  me  scribere  pluris 
aut  citius  i)0S8it  versus?  quis  membra  movere 

25    mollius?  invideat  quod  et  Hermogenes  ego  eanto.*  . 
interpellandi  locus  bic  erat:  'est  tibi  mater, 
cognati,  quis  te  salro  est  opus?*  'haud  mihi  quisquam. 
oninis  eonposui/    'felices!  nunc  ego  resto. 
confice:  namque  instat  fatum  mihi  triste,  Sabella 

30    (juod  puero  cccinit  di  vina  mota  anus  urna: 

hunc  neque  dira  venena,  iiec  hosticus  auferet  ensis, 
nec  laterum  dolor  aut  tussis,  nec  tarda  podagra: 
garrulus  hunc  quando  consumet  cumque:  loquacis. 
81  sapiat,  vitet,  simul  atque  adoleverit  aetas/ 

35    ventum  erat  ad  Vestae,  quarta  iam  parte  diei 
])raeterita,  et  casu  tunc  respondere  vadato 
debebat;  quod  ni  fecisset,  perdere  litem. 
'si  me  amas'  inquit,  'paullum  hic  ades/    'inteream,  si 
aut  valeo  stare  aut  non  civilia  iura: 

40    et  propero  quo  seis/    'dubius  sum,  quid  faciam'  inquit, 
'tcne  relinquam  an  rem/    'me,  ^odes/    'non  faciam'  iile 
et  praecedere  coepit.    ego,  ut  contendere  durum  est 
cum  victore,  sequor.    'Maecenas  quomodo  tecum?' 
hinc  repetit;  'paucorum  hominum  et  mentis  bene  sanae. 

45    nemo  dexterius  fortuna  est  usus.    haberes 
magnum  adiutorem,  possct  qui  ferre  secundas, 


184  Q.  HORATII  FLACCI 

hunc  hominem  velles  ed  tradere.    dispeream^  ni 

summosses  onmis/    ^non  isto  vivitur  illic 

quo  tu  rcre  modo:  domus  hac  nec  puHor  ülla  est^ 

50    nec  magis  his  aliena  matis;  nii  mi  officit  unquam 
ditior  hic  aut  est  quia  doctior;  est  lociis  uni 
cuique  suus/    'magnum  narras,  vix  credibile/    'atqui 
sic  habet/    'accendis  quare  cupiam  magis  illi 
proximus  esse.'    Welis  tantummodo:  quae  tua  yirtus, 

55    expugnabis;  et  est  qui  vinci  possit,  eoque 

difficilis  aditus  primos  habet/    ^haud  mibi  deero: 
muneribus  serves  corrumpam;  non,  hodie  si 
exclusus  fuero,  desistam;  tempora  quaeram; 
oecurram  in  triviis;  deducam.    nii  sine  magno 

60    vita  labore  dedit  mortalibus/    haec  dum  agrt,  ecce 
Fuscus  Aristius  occurrit,  mihi  carus  et  illum 
qui  pulchre  nosset.    consistimus.    ^unde  venis?*  et 
'quo  tendis?"  rogat  et  respondct.    vellere  coepi, 
et  prensare  manu  lentissima  bracchia,  nutans, 

65    distorquens  oculos,  ut  me  eriperet.    male  salsus 
ridens  dissimulare;  meum  iecur  urere  bilis. 
'certe  nescio  quid  secreto  vclle  loqui  te 
aicbas  mccum/    *^memini  bene,  sed  meliori 
tempore  dicam:  hodie  trice^ima  sabbata:  vin  tu 

70    curtis  ludaeis  oppedere?'  'nuUa  mihi'  iuquam 
'relligio  est/    'at  mi:  sum  paullo  infirmior,  unus 
multorum.    ignosces:  alias  loquar/    huneine  solem 
tam  nigrum  surrexe  mihi!  fugit  inprobus  ae  me 
sub  cultro  linquit.     casu  venit  obvius  illi 

75    adversarius  et  *^quo  tu  tur|)issime?'  magna 
inclamat  voee,  et  Uicet  antestari?'  ego  vero 
adpono  aurieulam.    rapit  in  ius:  clamor  utrimque, 
undique  concursus.    sjc  me  servavit  Apollo. 


k 


SATIRARÜM  LIB.  I.  10.  185 

X. 

Lucili,  quam  sis  mendosus^  teste  Gatone 
defensore  tao  pervincam,  qui  male  factos 
emendare  parat  versus,  hoc  lenius  iile, 
quo  melior  vir  et  est  longe  subtilior  illo, 
5  qui  multum  puer  et  loris  et  funibus  udis 

exhortatus,  ut  esset  opem  qui  ferre  poetis 
antiquis  posset  contra  fastidia  nostra, 
grammaticorum  equitum  doctissimus.    ut  redeam  iUue. 
Nempe  inconposiito  dixi  pede  currere  versus 
Lucili.    quis  tarn  Lucili  fautor  inepte  est, 
ut  non  hoc  fateatur?  at  idem,  quod  sale  multo 
urbem  defricuit,  charta  laudatur  eadeni. 
5    nee  tamen  hoc  tribuens  dederim  quoque  eetera:  nam  sie 
et  Laberi  mimos  ut  pulchra  poemata  mirer. 
ergo  non  satis  est  risu  diducere  rictum 
auditoris:  et  est  quaedam  tamen  hic  quoque  virtus: 
est  brevitate  opus,  ut  currat  sententia,  neu  se 
10    inpediat  verbis  lassas  onerantibus  auris; 

et  sermone  opus  est  modo  tristi,  saepe  iocoso, 
defendente  vioem  modo  rhetoris  atque  poetae, 
interdum  urbani,  parcentis  viribus  atque 
extenuantis  eas  consulto.    ridiculum  acri 
15    fortius  et  melius  magnas  plerumque  secat  res. 
illi,  scripta  quibus  comoedia  prisca  viris  est, 
hoc  stabant,  hoc  sunt  imitandi:  quos  neque  pulcher 
Hermogenes  umquäm  legit,  neque  simius  iste 
nii  praeter  Calvum  et  doctus  cantare  CatuUum. 
20    'at  magnum  fecit  quod  verbis  Graeca  Latinis 
miscuit/     0  seri  studiorum,  quine  putotis 
difficile  et  mirum,  Rhodio  quod  Pitholeonti 
contigit?  'at  sermo  lingua  concinnus  utraque 
suavior,  ut  Chio  nota  si  commixta  Falemi  est/ 


1 — 8  incl.  fehlen  in  einem  Theil  dor  Handschriften  und  werden  von 
den  Schol.  nicht  erklärt. 


186  a  HOAATU  FLAOa 

25    cum  versu8  facias.  te  i])suin  percontor,  an  et  cum 
dura  til)i  i>era;renda  rci  slt  eaiisa  Pctilli? 
scilicet  oblitog  patriaeque  jmtrigque  Latini, 
cimi  Pedius  caiisas  exsudet  Poplicola  atque 
Corvinus,  patriis  interniiscere  petita 

3(»    vorha  foris  malis,  Canasini  more  bilinguis? 

atque  ego  cum  Graecos  facerem,  iiatus  mare  eitra, 
versiculos,  vetuit  me  tali  roce  Quirinu», 
\)()M  mediam  noctem  vLsus,  cum  somnia  ver», 
Mil  gilvam  non  iigna  feras  insanius  ae  si 

35    magnas  Graeconim  malig  inplere  cateiras/ 

turgidus  Aljnuug  iugulat  dum  Memnona  dumque 
defingit  Rheni  luteum  caput,  haec  ego  ludo, 
quae  nequc  in  aede  «onent  certautia  iudice  Tarpa, 
nec  redeant  iteriim  atque  itenim  spectanda  theatrig. 

40    arguta  meretrice  potes  Davoque  Chremeta 
eludeiite  scnem  comis  garrire  libellos 
unus  vivorum,  Fundani;  Polio  reguni 
facta  canit  pede  ter  percusso;  forte  epos  acer 
ut  nemo  Vanus  ducit;  molle  atque  facetum 

45    Vergilio  adnuenmt  gaudentcs  nire  camenae: 
hoc  erat,  exi)erto  frustra  Varrone  Atacino 
atque  quibusdam  aliis  melius  quod  scribere  possem, 
inventore  minor;  neque  ego  illi  detrabere  ausim 
bacrentem  capiti  cum  muita  laude  coronam. 

50    at  dixi  fluore  hune  lutulentum,  saepe  ferentem 
l)lura  quidem  toUenda  relinquondis.    age,  quaeso; 
tu  nihil  in  magno  doctus  reprendis  Homero? 
uil  comis  tragici  mutat  Lucilius  Atti, 
non  ridct  versus  Enni  gravitate  minores, 

55    cum  dc  se  loquitur  non  ut  maiore  reprensis? 
(piid  vctat  et  nosmet  Lucili  scripta  legentis 
(juaerere,  num  ilHus,  nuni  rerum  dura  negarit 
versiculos  natura  magis  factos  et  euntis 
moiliuS;  ae  siquis  pedibus  quid  claudere  sonis, 

60    hoc  tantum  contentus,  amet  scripsisse  ducentos 
antc  cibuni  versus,  totidem  cenatus,  Etrusci 


SATIRARÜM  LIB.  I.  10.  187 

quale  fuit  Cassi  rapido  ferventius  amni 
ingeniuni;  capsis  quem  fama  est  esse  librisque 
ambustum  propriis.   fuerit  Lucilius,  inquam, 

65    comis  et  urbanus,  fuerit  limatior  idem 

quam  rudis  et  Graecis  intacti  carmiiiis  auctor 
quamque  poetarum  seniorum  turba:  sed  iile, 
si  foret  hoo  nostrum  fato  dilatus  in  aevum, 
detereret  sibi  muita,  recideret  omne  quod  ultra 

70    perfectum  traheretur,  et  in  versu  faciendo 
saepe  caput  scaberet,  rivos  et  roderet  unguis. 
saepe  stilum  vertas,  iterum  quae  dignia  legi  siut 
scripturus,  neque  te  ut  miietur  turba  labores, 
contentus  paucis  lectoribus.    an  tua  demens 

75    yilibus  in  ludis  dictari  carmina  roalis? 

non  ego:  nam  satis  est  equitem  mihi  plaudere,  ut  audax 
contemptis  aliis  explosa  Arbuscula  dixit. 
men  moveat  cimex  Pantilius,  aut  cruciet  quod 
vellicet  absentem  DemetriuS;  aut  quod  ineptus 

80    Fannius  Hermogenis  laedat  conviva  Tigelli? 
Plotius,  et  Vanus,  Maecenas,  Vergiiiusque, 
Valgius,  et  probet  haec  Octavius  optimus  atque 
Fuscus,  et  haec  utinam  Viscorum  laudet  uterque;. 
ambitione  relegata  te  dicere  possum, 

85    Polio,  te,  Messalla,  tuo  cum  fratre,  simulque 
vos,  Bibule  et  Servi,  simul  his  te,  candide  Furni, 
conpluris  alios,  doctos  ego  quos  et  amicos 
prudens  praetereo:  quibus  haec,  sunt  qualiacumque, 
arridere  velim,  doliturus,  si  placeant  spe 

90    deterius  nostra.    Demetri,  teque,  Tigelli, 
discipularum  inter  iubeo  plorare  eathedras. 
i  puer  atque  meo  eitus  haec  subscribe  libello. 


Q.  HORATII  FLACCI 

SATIRARUM 

LIBER  SECÜNDUS. 
I. 

Sunt  quibus  in  satira  videor  nimis  SLcer  et  ultra 
Icgem  tendere  opiis;  sine  nerris  altera  quidquid 
conposui  pars  esse  putat  simHisque  meorum 
mille  die  versus  deduci  posse.   Trebati, 

5    quid  faciam  praescribe.    ^quiescas.'   ne  faciam,  inquis^ 
omnino  versus?  'aio/    peream  male,  si  non 
optimum  erat:  verum  nequeo  dormire.  *ter  uneti 
transnanto  Tiberim,  somuo  quibus  est  opus  alto, 
iuriguumque  mero  sub  noctem  corpus  habento. 

10    aut  si  tantus  amor  seribendi  te  rai)it,  aude 
Caesaris  invicti  res  dieere,  muita  laborum 
praemia  laturus/   cupidum,  pater  optime,  vires 
deficiunt:  neque  enim  qui^^8  horrentia  pilis 
agmina  nee  fracta  pereuntis  cuspide  Gallos, 

15    aut  labentis  equo  describit  volnera  Parthi. 
'attamen  et  iustum  poteras  et  scribere  fortem, 
Seipiadam  ut  sapiens  Lucilius/   haud  mihi  deero, 
cum  res  ipsa  feret:  nisi  dcxtro  tempore,  Flacci 
verba  per  attentam  non  ibunt  Caesaris  aurem, 

20    cui  male  si  palpere,  recalcitrat  undique  tutus. 
'quanto  rectius  hoc  quam  tristi  laedere  versu 
Pantolabum  scurram  Nomentanumque  nepotem, 
cum  sibi  quisque  timet,  quamquam  est  intaetus,  et  odit,* 
quid  faciam?  saltat  Milonius,  ut  semel  icto 


SATIRARÜM  LIB.  II.  1.  189 

25    accessit  fervor  capiti  numerusque  lucemis; 
Castor  gaudet  equis,  ovo  prognatus  eodem 
pugnis:  quot  capitum  vivunt,  totidem  Btudiorum 
milia.   me  pedibus  delectat  claudere  verba 
Lucili  ritu,  nostrum  melioris  utroque. 

30    iile  velut  fidis  arcana  aodalibus  olim 

credebat  libris,  neque  si  male  cesserat  usquam 
decurrens  aliO;  neque  si  bene:  quo  fit  ut  omnis 
votiva  pateat  veluti  deseripta  tabella' 
vita  senis.   sequor  bunc,  Lucanus  an  Appulus  anceps: 

35    nam  Venusinus  arat  finem  sub  utrumque  colonuS; 
missus  ad  hoc,  pulsis,  vetus  est  ut  fama,  Sabellis, 
quo  ne  per  vacuum  Romano  incurreret  hostis, 
sive  quod  Appula  gens  seu  quod  Lucania  bellum 
ineuteret  violeuta.   sed  bic  stilus  baud  petet  ultro 

40    quemquam  animantem  et  me  vehiti  custodiet  ensis 
vagina  teetus:  quem  eur  destringere  coner 
tutus  ab  infestis  latronibus?  o  pater  et  rex 
luppiter,  ut  pereat  positum  robigine  telum, 
nec  quisquam  noceat  cupido  mihi  pacis!  at  iile, 

45    qui  me  commorit  (melius  non  tangcre,  clamo), 
flebit  et  insignis  tota  cautabitur  urbe. 
Cervius  iratus  leges  minitatur  et  uruam, 
Canidia  Albuti  quibus  est  inimica  venenum, 
grande  malum  Turius,  siquid  se  iudice  certes. 

50    ut  quo  quisque  valet  suspectos  terreat,  utque 
imperet  hoc  natura  potens,  sic  coUige  mecum. 
dente  lupus,  cornu  taunis  petit,  unde  nisi  intus 
monstratum?  Scaevae  vivacem  erede  nepoti 
matrem;  nii  faciet  sceleris  pia  dextra;  nimirum 

55    ut  neque  calce  lupus  quemquam  neque  dente  petit  bos: 
sed  maia  tollet  anum  vitiato  meile  cicuta. 
ne  longum  faciam:  seu  me  tranquilla  senectus 
exspectat,  seu  mors  atris  cireumvolat  alis, 
dives,  inops;  Romae  seu  fors  ita  iusserit  exsul, 


53  nimirum  M.  mirum. 


190  Q.  HORATIl  FLACCl 

60    quisquis  erit  vitae  scribam  color.   *o  puer  ut  sis 
Vitalis  nietuo  et  maiorum  nequis  amicus 
frigore  te  feriat/    quid?  cum  est  Liicilius  augus 
[rimus  in  lume  operis  conponere  earmina  morem. 
detrahere  et  pellem,  nitidus  qua  quisque  per  ora 

66    cedcret,  iiitrorsum  turpis,  num  Laelius  et  qui 
duxit  ab  oppressa  meritum  Carthagine  nomen, 
ingenio  offensi  aut  laeso  doluere  Metello 
famosisque  Lujio  c6o])erto  versibus?  atqui 
primores  populi  an-ipuit  populumque  tributim, 

70    scilicet  uni  ae<iuu8  virtuti  atque  eius  amicis. 

quin  ubi  se  a  volgo  et  scaena  in  secreta  remorant 
virtus  Scii)iadae  et  mitis  sapientia  Laeli, 
nugari  cum  illo  et  discincti  ludere,  donee 
decoqueretur  olus,  soliti.    quidquid  surn  ego,  quamvis 

75    infra  Lucili  cenaum  ingeniumque,  tamen  me 
cum  magnis  vixisse  invita  fatebitur  usque 
invidia,  et  fragili  quaerens  inliderc  dentem, 
oflfendet  solido,  nisi  quid  tu,  docte  Trebati, 
dissentis.  'equidem  niliil  hinc  diffingere  possum. 

80    sed  tamen  ut  mõnitus  oaveas,  ne  forte  negoti 
ineutiat  tibi  quid  sanctanim  inseitia  legum. 
si  maia  condiderit  in  quem  quis  cannina,  ius  est 
iudiciumque/    esto,  siquis  maia:  sed  bona  siquis 
iudice  condiderit  laudatus  Caesare?  siquis 
85    opprobriis  dignum  latraverit,  integer  ipse? 
'solventur  risu  tabulae,  tu  missus  abibis.' 


Quae  virtus  et  quanta,  boni,  sit  vi  vere  panro 

(nee  meus  hie  sermo  est,  sed  quae  praecepit  Ofelhis 

rusticus,  abnormis  sapiens  crassaque  Jfinerva) 

discite,  non  inter  laneis  mensasque  nitentis, 

cum  stupet  insanis  acies  fulgoribus  et  eum 

adclinis  falsis  animus  meliora  recusat, 

verum  hie  inpransi  mecum  disquirite.  'cur  boc?* 


SATIRARUM  LIB.  II.  2.  191 

dicaiD;  8i  potero.  male  verum  examinat  omnis 
corruptüs  iudex.   leporem  sectatus  equove 

10    lassus  ab  indomito  vel  cum  Komana  fatigat 
militia  adsuetum  graecari  seu  pila  velox, 

molliter  austerum  studio  fallente  laborem; 
seu  te  discug  agit  (pete  cedentem  aera  disco); 
cum  labor  extuderit  fastidia,  siccus,  inanis 

15    gpenie  cibum  vilem;  nisi  Hymettia  mella  Falerno 
ne  biberis  diluta.    foris  est  promud^  et  atrum 
defendens  piscis  kiemat  mare:  cum  sale  panis 
latrantem  stomachum  bene  leniet.   unde  putas  aut 
qui  partum?  non  in  caro  nidore  voluptas 

20    summa,  sed  in  te  ipso  est   tu  pulmentaria  quaere 
sudando:  pinguem  vitiis  albumque  neque  ostrea 
nec  scarus  aut  poterit  peregrina  iuvare  lagois. 
vix  tamen  eripiam,  posito  pavone  velis  quin 
hoc  potius  quam  gallina  tergere  palatum, 

25    corruptüs  vanis  rerum;  quia  veneat  auro 
rara  avis  et  picta  pandat  spectacula  cauda: 
tamquam  ad  rem  attineat  quicquam.   num  vesceris  ista 
quam  laudas  pluma?  cocto  num  adest  bonor  idem? 
came  tamen,  quamvis  distat  nihil,  bac  magis,  illa 

29*   cur  delectaris  multo  minus?  an  temere?  atqui 

30    inparibus  formis  deceptum  te  patet:   esto, 

unde  datum  sentis,  lupus  hic  Tiberinus  an  alto 

captus  hiet,  pontisne  inter  iactatus  an  amnis 

ostia  sub  Tusci?  laudas,  insane,  trilibrem 

mullum,  in  singula  quem  minuas  pulmenta  necesse  est. 

35    ducit  te  species,  video,    quo  pertinet  ergo 
proceros  odisse  lupos?  quia  scilicet  illis 
maiorem  natura  modum  dedit,  his  breve  pondus, 
ieiunus  raro  stomachus  volgaria  temnit. 
'porrectum  magno  magnum  q)eotare  catino 

40    vellem'  ait  Harpyiis  gula  digna  rapacibus.    at  vos 

10  81.  cum.  29»  Dass  hier  ein  Vers  fehle  saU  M.  Er  tersuchte 
delector;  pulchri  quid  habet  lunonius  ales.  Ich  hab6  es  etwas  anders 
Tersucht. 


192  Q.  HORATn  FLACCl 

praesentes,  austri,  coquite  honim  obsonia  qaamquam 
putet  aper  rhombugquerec^ng,  maia  copia  quando 
aegrum  sollicitat  gtomachuni;  cum  rapiila  plenus 
atque  acidas  mavolt  inulag.    necdum  omuis  abacta 

45    pauperies  epulia  regum:  nam  vilibus  ovig 

iiigrisque  est  oleis  liodie  locus.    haud  ita  pridem 
Galloni  praeconis  erat  acipensere  meiiga 
infamis.    quid?  tum  rhombos  minus  aequora  alebant? 
tutus  erat  rhombus,  tutoque  ciconia  nido, 

50    donec  vos  auctor  docuit  i)raetorius.    ergo 
siquis  nuuc  mergos  guavis  edixerit  assos, 
parcbit  pravi  docilig  Romana  iuveutus. 
gordidug  a  tenui  victu  distabit,  Ofcllo 
iudice.    nam  frugtra  vitium  ^itaverig  illud, 

55    si  te  alio  pravum  detorseris.    Avidienus, 

cui  eanis  ex  vero  duetum  cognomen  adhaeret, 
quinqucnnig  olcas  cgt  et  silvestria  corna, 
ae  nisi  mutatum  parcit  defundere  vinum,  et 
cuiu»  odorcm  olei  nequeas  perferre,  licebit 

60    iile  repotia  natalig  aliosve  dierum 

fegtos  albatug  celebret,  cornu  ipse  bilibri 

caulibug  ingtillat,  veteris  non  parcus  aeeti. 

quali  igitur  vietu  gapiens  utctur,  et  horum 

utnmi  imitabitur?  bae  urguet  lupug,  bac  e^niS;  aiunt. 

65    mundus  erit,  qua  non  offendat  sordibus,  atque 
in  neutram  partem  cultus  raiger.    hic  neque  servis, 
Albuti  genis  exemplo,  dum  munia  didit 
gaevug  ent;  nec  gic  ut  simplex  Naovius  unctam 
convivis  praebebit  aquam:  vitium  hoo  quoque  magnum. 

70    aceipe  luinc,  vietus  tenuig  qiiae  quantaque  seeum 
adfcrat.    in  primig  valoas  bene.    nam  variae  res 
ut  noceant  liomini,  eredas,  memor  illius  escae, 
quae  gimplex  olim  tibi  sederit:  at  simul  agsis 
miscuerig  elixa,  simul  conchylia  turdig, 

75    dulcia  ge  in  bilem  vertent,  stomachoque  tumultum 
lenta  feret  pituita.    vides  ut  pallidus  omnis 
eena  desurgat  dubia?  quin  corpug  onugtum 


SATIRARUM  LIB.  II.  2.  193 

hesternis  vitiis  animiim  quoque  praegravat  una 

atque  adfigit  humo  divinae  particulam  aurae. 
JO    alter,  ubi  dicto  citius  curata  aopori 

membra  dedit,  yegetus  praescripta  ad  munia  surgit. 

hic  tamen  ad  melius  poterit  transcurrere  quondam; 

sive  diem  festum  rediens  advexerit  annas, 

seü  recreare  volet  tenuatum  corpus,  ubique 
fö    accedent  anni,  et  tractari  mollius  aetas 

inbecilla  volet:  tibi  quidnam  accedet  ad  istam, 

quam  puer  et  validus  praesumis,  mollitiem,  seu 

dura  valetudo  inciderit,  seu  tarda  senectus? 

rancidum  aprum  antiqui  laudabant,  non  quia  nasus 
90    illis  nullus  erat,  sed,  credo,  hac  mente,  quod  hospes 

tardius  adveniens  vitiatum  commodius  quam 
integrum  edax  dominus  consumeret.    hos  utinam  inter 

heroas  natnm  tellus  me  prima  tulisset. 

das  aliquid  famae,  quae  carmine  gratior  aurem 
95    occupet  humanam?  grandes  rhombi  patinaeque 

grande  feinint  una  cum  damno  dedecus:  adde 

iratum  patruum,  vicinos,  te  tibi  iniquum 
et  frustra  mortis  cupidum,  cum  deerit  egenti 
as,  laquei  i)retium.    *iure*  inquit  'Trausius  istis 
00    iurgatur  verbis:  ego  vectigalia  magna 

divitiasque  habeo  tribus  amplas  regibus/  ergo 
quod  superat  non  est  melius  quo  insumere  possis? 
cur  eget  indignus  quisquam,  te  divite?  quare 
templa  ruunt  antiqua  deum?  cur,  inprobe,  carae 
05    non  aliquid  patriae  tanto  emetiris  acervo? 
uni  nimirum  recte  tibi  semper  erunt  res, 
0  magnus  postbac  inimicis  risus,    uteme 
ad  casus  dubios  fidet  sibi  certius?  liic  qui 
pluribus  adsuerit  mentem  corpusque  superbum, 
110    an  qui  contentus  parve  mentuensque  futuri 
in  pace,  ut  sapiens,  aptarit  idonea  bello? 
quo  magi«  his  eredas,  puer  hunc  ego  parvus  Ofellum 
integris  opibus  novi  non  latius  usum 
quam  nunc  accisis.    videaa  metato  in  agello 

Lkhks,  Horaiiiu.  1^ 


194  0.  HORATII  PLACCI 

115    cum  pecore  et  gnaris  foitem  mercede  colonom, 

'noil  ego'  narrantem  'temere  edi  liice  profesta 

quicquam  praeter  olus  famoeae  cum  pede  pernae. 

ae  mihi  seu  longum  post  tempos  venerat  hospee, 

sive  operum  yacuo  ^ratus  oonviva  per  imbrem 
«0    vicinus,  bene  erat  non  piseibus  urbe  petitis, 

sed  pullo  atque  haedo.    tum  pensilis  uva  seeundas 

et  nux  omabat  mensas  cum  duplice  ficu. 

post  hoo  ludus  erat  culpa  potare  magistra; 

ae  veuerata  Ceres,  ita  culmo  surgeret  alto, 
125    explicuit  vino  eontractae  seria  frontis. 

saeviat  atque  novos  moveat  Fortuna  tumnltns; 

quantum  hine  inminuet?  quanto  aut  ego  parcins  aut  yo9, 

0  pueri,  nituistis,  ut  huc  novus  incola  yenit? 

nam  propriao  telluris  enim  natura  neque  illum 
130    nec  me  nec  quemquam  statuit:  nos  expulit  üle; 

illum  aut  nequities  aut  vafri  inseitia  iuris, 

postremum  expellet  certe  vivacior  beres. 

nune  ager  Umbreni  sub  nomine,  nuper  Ofelli 

dietus,  erit  nulli  prAprius,  sed  cedit  in  usnm 
135    nunc  mihi,  nune  alii.    quoeirea  vivite  fortes, 

fortiaciue  adversis  opponite  peetora  rebus/ 


III. 

'Si  raro  8cribe}<,  ut  toto  non  quater  anno 
membranam  poseas,  seriptorum  quaeque  retexens, 
iratus  tibi  (^uod  vini  somni([ue  benignus 
nii  digniim  sermone  eanay,  quid  fiet?  at  ipsis 

5    Saturnalibu8  huc  fugisti  sobrius.     ergo 

dic  ali(|uid  dignum  proraissis.     incipe.     nii  est 
culpantur  fnistra  ealarai,  inmeritU8<iue  laborat 
iratis  natus  paries  dis  atque  poetis. 
atqui  võitus  erat  muita  et  praeclara  minantis, 

10    si  vacuum  tepido  eepisset  villula  tecto. 

quorsum  ])ertinuit  stipare  Platona  Menandro? 
Eupolin,  Archilochum,  comites  educere  tantos? 


SATIRARUM  LIB.  H.  3.  195 

invidiam  placare  paras  virtute  relicta? 
contemnere,  miser.    vitanda  est  inproba  Siren 

15    desidia,  aut  quidquid  vita  meliore  parasti 

ponendum  aequo  animo/    di  te,  Damasippe,  deaeque 
verum  ob  consilium  donent  tonsore.    sed  unde 
tarn  bene  me  nosti?  ^postquam  omnis  res  mea  lannm 
ad  medium  fracta  est,  aliena  negotia  curo, 

20    excussus  propriis.    olim  nam  quaerere  amabani; 
quo  vafer  iile  pedes  lavisset  Sisyphus  aere, 
quid  sculptum  infabre,  quid  fusum  durius  esset; 
callidus  huic  signo  ponebam  milia  centum; 
bortos  egregriasque  domoe  mercarier  unus 

25    cum  lucro  noram;  unde  frequentia  Mercuriale 
inposuere  mihi  cognomen  compita/    novi, 
et  miror  morbi  purgatum  te  illius.    'atqui 
emovit  veterem  mire  novus,  ut  solet,  in  cor 
traiecto  lateris  miseri  capitisve  dolore; 

30    ut  lethargicus  hic,  cum  fit  pugil  et  medicum  urgaet.' 
dum  ne  (juid  simile  huic,  esto  ut  libet.    ^o  bone,  ne  te 
frustrere:  insanis  et  tu  stultique  prope  omnes, 
siquid  Stertinius  veri  crepat,  unde  ego  mira 
descripsi  docilis  praecepta  haec,  tempore  quo  me 

35    solatus  iussit  sapientem  pascere  barbam 
atque  a  Fabricio  non  tristem  ponte  reverti. 
nam,  male  re  gesta,  cum  veli  cm  mittere  operto 
me  capite  in  flumen,  dexter  stetit  et  "cave  faxis 
te  quicquam  indignum:  pndor'  inquit  '^te  maius  angit^ 

40    insanos  qui  inter  vereare  insanus  haberi. 

primum  nam  inquiram  quid  sit  furere:  hoc  si  ent  in  te 
solo,  nii  verbi,  pereas  quin  fortiter,  addam. 
quem  maia  stultitia  et  quemcumque  inscitia  veri 
caecum  agit,  insanum  Chrysippi  porticus  et  grex 

45    autumat,    baee  populos,  haec  magnos  formula  rege8> 
excepto  sapiente,  tenet.    nunc  accipe,  quare 
desipiant  omnes  aeque  ae  tu,  qui  tibi  nomen 
insano  poouere.    velut  silvis,  ubi  passim 
palantis  error  certo  de  tramite  pellit, 

13* 


-.  -    :—■-■*    "■  —    -       - -~    "• :-   y- r.    imLH-  inriijuf- 

--   -    z,  -^•^..  iz-    -.J.      -  <.■  -ir:"!-   iil*. 

_    --     --    -.    r.    -IL   —..—:.      -r^  rei.'^  iniun. 
^  .".-^^   ':".        :l    ^-■^.-     -   *j::-':r:Ä   ir  iniK 

^'-•^.iL     '  '..•;:.    -~  : ^.'.^r^Trmif  iiniif 

■-^1-     -   r.  "   -  ..-   '-^r*-      ■  ii.n--^  i' •iit*^?! 

•  ..—  -_  ..  — -  r^»*--^      ••il"""'»»         •■    IT 

-I  .,.  ,  ^.  ...._.  .»      •  ••  .      -.1-.  *A«..'.  _U     ^     1_  1_1* 

**.....  .-  .  .^  ....  -Ä-^».!  -        '        .     1  ■     .. 

*.  ■•    -t       V   ■ -.     :     y-'"         ::    '1    :■<■   si*> .    Äl.c"   Ol^lTJe 
:    •.    -^     "J     ^J>    -:L~:Z:      H- _  -    i-lf     ■ilTZ-i*: 

-:^:  i:.-:r.  i_  -i     i~»    n  •!    %ii_i-  e:.  eum  v.ilei,  arhor. 
>-.  rL-.Alf  :*rc:  f-rerr  .zjsi.i^  -.-<'..      zlzza  r.^ene  sani. 

:>    jar:i:*jLs  niil:  •  .-r.-^  ■ -_i.  -^^t.  niii  orede.  PerilH 
dtoiaiins  ii::->i  n  i^il::-sz:  :\r*«:rli»ere  passis, 
:»a.l:nf  a:.;".e  :-.-j*^  ..""'•e*'  i»np*>nere,  quisquis 
Auilun*>ne  liiAla  azi  arjturl  {•ailet  auiore. 
i)uis4)iii$  iuw.rla  ir!*rlve  «uperitirione 

*)    aut  alio  menns  m.^rb-i  calet:  bue  propius  me, 
dum  iloetH)  insanire  omnis.  y*^  ordine  adite. 
daiula  est  eliebori  muhu  pa»  maxima  avaris: 
ueM*io  au  Anricvram  ratio  illis  destiiiet  omnem. 


&T  boaesta  mater.  amica  sororJ    Ueberlieferuog  amica  mater,  ho- 
neata  soror.      65  esto.    EtwA  heus  taV 


SATIRARÜM  LIB.  II.  3.  197 

heredes  Staberi  sumraam  incidere  sepulcro, 

85    ni  sic  fecissent,  gladiatorum  dare  centum 

damnati  populo  paria  atque  epuliim  arbitrio  Arri, 
frumenti  quantum  metit  Africa.    'sive  ego  prave, 
seu  recte  hoc  volui,  ne  sis  patruus  mihi:^  credo 
hoc  Staberi  prudentem  animum  vidisse.    'quid  ergo 

90    gensit,  cum  summam  patrimoni  insculpere  saxo 
heredes  voluit?^  quoad  vixit,  credidit  ingens 
pauperiem  vitium  et  eavit  nibil  acrius,  ut,  si 
forte  minus  locuples  ano  quadrante  perisset; 
ipse  videretur  sibi  nequior.    omnis  enim  res, 

95    virtus,  fama,  decus,  diyina  humanaque  pulchris 
divitiis  parent;  quas  qui  construxerit,  iile 
clarus  erit,  fortis,  iustus.    ^^sapiensne?'  etiam,  et  rex 
et  quidquid  volet.    hoc,  vehiti  vu^ute  päratum, 
speravit  magnae  laudi  fore.    quid  simile  isti 

100    Graecus  Aristippus?  qui  servos  proicere  aurum 
in  media  iussit  Libya,  quia  tardius  irent 
propter  onus  segnes.    uter  est  insanior  horum? 
nii  agit  exemplum,  litem  quod  lite  resolvit. 
siquis  eihat  citharas,  emptas  conportet  in  unum, 

105    nec  studio  eitharae  nee  musae  deditus  ulli, 
si  sealpra  et  formas  non  sutor,  nautica  yela 
aversus  mercaturis,  delirus  et  amens 
undique  dicatur  merito.    qui  diserepat  istis 
qui  nummos  aurumque  recondit,  nescius  uti 

110    conpositis  metuensque  velut  contingere  sacrum? 
siquis  ad  ingentem  frumenti  semper  acervum 
porreetus  vigilet  cum  longo  fuste,  neque  illinc 
audeat  esuriens  dominus  contingere  granum, 
ae  potius  foliis  pareus  vescatur  amaris; 

115    si  positis  intus  Chii  veterisque  Falerni 

mille  cadis,  nihil  est,  tercentum  milibus,  aore 
potet  acetum;  age,  si  et  stramentis  incubet  udis 
octoginta  annos  natus,  cui  stragula  vestis, 


117  udis  Horkel.    onde-octojpnta. 


198  Q-  UORATII  FLACCI 

hlattarum  ae  tinearum  epulae^  piitredcat  iii  arca: 
120    niminim  insauuB  paucis  yideatur,  eo  quod 

maxima  pars  Iiominum  morbo  iactatur  eodem. 

filius  aut  etiam  haec  libertus  ut  ebibat  heres, 

dis  inimice  senex,  custodis?  ue  tibi  desit? 

quautulum  eiiim  summae  eurtabit  quisque  dieruniy 
125    unguere  si  caulis  oleo  meliore  caputque 

coeperis  iiii)exa  foedum  porrigine?  quare, 

si  quidvis  satis  est,  periuras,  surripis,  aufers 

undique?  tun  saiius?  populum  si  caedere  saxis 

incipias  servosque  tuo  quos  aere  pararis, 
130    insanum  te  omnes  pueri  clameutqae  puellae: 

cum  laqueo  uxorem  iuterimis  matremque  veneiio, 

incolumi  capite  es?  quid  euim?  ueque  ta  hoe  faeis  Aigis, 

nec  ferro  ut  demens  genetricem  occidis  Orestea. 

au  tu  reris  eum  occisa  iusauisse  parente, 
135    ae  nou  aute  uialis  demeutem  aetum  Furiia  quam 

in  matris  iugulo  ferrum  t^pefecit  jujutum? 

quin,  ex  quo  est  häbitus  raale  tutae  mentis  Orestes, 

nii  saue  feeit,  quod  tu  reprendere  possis: 

non  Pyladen  ferro  violare  aususve  sororem  est 
140    ElectraiU;  tantum  maledicit  utrique  voeando 

hane  Furiam,  hune  aliud,  iussit  quod  spleiidida  bilig. 

paui)er  Opimius  argenti  positi  intus  et  auri 

qui  Veientanum  festis  potare  diebus 

Gampaua  solitus  trulla  vappamque  profestis, 
145    quoudam  lethargo  grandi  est  oppressus^  ut  heres 

iam  circum  loeulos  et  clavis  laetus  ovausque 

curreret.    hune  medicus  multum  celer  atque  iidelis 

excitat  koe  paeto:  mensam  poni  iubet  atque 

effundi  saecos  nummorum,  accedere  pluris 
150    ad  numerandum:  hominem  sic  erigit.    addit  et  Ulud, 

"^ni  tua  custodis,  avHdus  iam  Iiaee  auferet  heres.' 

'men  vivo?'  'ut  vivas  igitur,  vigila.  hoc  age.'   'quid  vis?* 

^deficient  inopem  venae  te,  ni  cibus  atque 

ingens  accedit  stomaeho  fuitum  ruenti. 
155    tu  cessas?  agedum,  sume  boc  ptisaiiarium  oryzae.' 


SATIKARUM  LIB.  II.  3.  199 

'quanti  emptae?"parvo.'  'quanti  ergo?"octii88ibus/   eheu. 
quid  refert,  morbo  an  fartig  pereamve  rapinis?'  — 
'quisnam  igitur  sanus?'  qui  non  stultus.    'quid  ayarug?* 
stuItuB  et  insanus.    'quid,  siquis  non  sit  avaruBy 

160    continuo  sanus?'  minime.    'cur,  stoic^?'  dicam. 
Qon  esi  cardiacus  (Craterum  dixisse  putato) 
liic  aeger:  recte  est  igitur  surgetque?  negabit. 

quod  latuB  aut  renes  morbo  temptantur  aeuto. 
non  est  periurus  neque  gordiduB.    inmolet  aequis 

165    hic  porcum  laribus.    verum  ambitiosus  et  audax. 
uariget  Anticyram.    quid  enim  differt,  barathrone 
dones  quidquid  habes  an  numquam  utare  paratis? 
Servius  Oppidius  Ganusi  duo  praedia,  dives 
antiquo  censu,  natis  divisse  duobus 

170    fertur  et  hoc  moiiens  pueris  dixisse  vooatis 
ad  lectum  'postquam  te  talos,  Aule,  nucesque 
ferre  sinu  laxo,  donare  et  ludere  vidi, 
te,  Tiberi,  numerare,  cavis  abscuudere  tristem, 
extimui,  ne  vos  ageret  vesania  diseors, 

175    tu  Nomentanura,  tu  ne  sequerere  Cicutam. 
quare  per  divos  oratus  uterque  penatiS; 
tu  eave  ne  minuas,  tu  ne  maius  facias  id 
quod  satis  esse  putat  pater  et  natura  coercet. 
])raeterea  ne  vos  titillet  gloria,  iure 

180    iurando  obstringam  ambo:  uter  aedilis  fueritre 
vestrum  praetor,  isMntestarbilis  et  sac^  esto. 
iu  cicere  atque  faba  bona  tu  perdasque  lupiniS; 
latus  ut  in  ci  reo  spatiere  et  aeneus  ut  stes, 
nudus  agris,  nudus  nummiS;  insane,  patemis? 

185    scilicet  ut  plausus  quos  fert  Agrippa  feras  tu, 
astuta  ingenuum  volpes  imitata  leonem/  — 
ne  quis  humasse  velit  Aiacem,  Atrida,  vetas  our? 
'rex  surn/    nii  ultra  quaero  plebeius.    'et  aequam 
rem  imperito,  ae  si  eui  videor  non  iustus,  inalto 

190    dicere  quod  sentit  permitto/     maxime  regum. 


163  Haupt.   Kr  ist  aus  Epist.  I,  6,  28. 


200  a  HORAxn  ^xacci 

di  tibi  dent  capta  classem  deducere  Troia. 
ergo  consulere  et  mox  respondere  licebit? 
'consule.'    cur  Aiax  hero8  ab  Achille  secimdug 
putescit,  totiens  servatis  elarus  Achivis? 

195    gaudeat  ut  populus  Priami  Priamasque  inhamato, 
per  quem  tot  iuvenes  patrio  caruere  sepulcro? 
'mille  ovium  insanus  morti  dedit,  inclutum  Ulixen 
et  Menelanm  una  mecum  se  oceidere  clamans/ 
tu  cum  pro  vitula  statuis  dulcem  Aulide  uatam 

200    ante  aras  spargisque  mõla  caput,  inprobe,  salsa, 

reetum  animi  servas?  quorsum?  insanus  quid  enim  Aiax 
fecit,  cum  stravit  ferro  pecus?  abstinuit  vim 
uxore  et  gnato :  maia  muita  precatus  Atridis 
non  iile  aut  Teucnim  aut  ipsum  violavit  Ulixen. 

205    S^enim  ego  ut  haerentis  adverso  litore  navis 
eriperem  prudens  placavi  saiiguine  divos/ 
nempe  tuo,  furiose.    'meo,  sed  non  furiosus/  — 
*qui  species  alias  veri  cerebrique  tumultu 
permixtas  capiet,  conmotus  habebitur,  atque 

210    stultitiane  erret  nilülum  distabit  au  ira. 
Aiax  cum  inmeritos  occidit  desipit  aguos: 
cum  prudcus  scelus  ob  titulos  admittis  inanis^ 
stas  auimo,  et  purum  est  vitio  tibi,  cimi  tumidum  est  cor? 
siquis  lectica  nitidam  gestare  amet  agnam, 

215    huic  vestem,  ut  gnatao,  paret  ancillas,  paret  aurum, 
Rufam  aut  Posillam  adpellet  fortique  marito 
destinet  uxorcm,  interdicto  huic  omne  adimat  ius 
praetor,  et  ad  sanos  abeat  tutela  propinquos. 
quid?  siquis  gnatam  pro  muta  devovet  agua, 

220    integer  est  animi?  nc  dixeris.    ergo  ubi  prava 
stultitia,  hic  simima  est  insania:  qui  sceleratus, 
et  furiosus  ent:  quem  cepit  vitrea  fama, 
hunc  circumtonuit  gaudcns  Bellona  cruentis.  — 
nunc  age  luxuriam  et  Nomentanum  arripe  mecum  : 

225    vincet  enim  stultos  ratio  insanire  nepotes. 


20S  cerebrique  Hõrk  ei.   scelerisqiie. 


SATIRARUM  LIB.  II.  3.  201 

hic  simul  accepit  patrimoni  mille  talenta, 
edicit,  piscator  uti,  pomarius,  auceps, 
unguentarius  ae  Tusci  turba  inpia  vici, 
ciim  scurris  fartor,  eiim  Velabro  omne  macellum 

230    raane  domum  veniant.    qui  cum  venere  frequentes, 
verba  facit  leno:  'quidquid  mihi,  quidquid  et  horum 
cuiciue  domi  est,  id  crede  tuum  et  vel  nunc  pete  vel  citw/ 
accipe  (luid  contra  iuvenis  responderit  aequus. 
'in  nive  Lucana  dormis  ocreatus,  ut  aprum 

235    cenem  ego.    tu  piscis  hibemo  ex  aequore  venis, 
segnis  ego,  indignus  qui  tautum  possideam.    aufer. 
sume  tibi  dccieus.    tibi  tantundem.    tibi  triplex; 
unde  uxor  media  currit  de  noote  vocata.' 
filius  Aesopi  detractam  ex  aure  Metellae, 

240    scilieet  ut  dociens  solidum  absorberet,  aceto 
diluit  insignem  bacam:  qui  sanior  ae  si 
illud  idem  iu  rapidum  flumeu  iaceretve  cloacam? 
Quinti  progenies  Arri,  par  nobile  fratnim, 
nequitia  et  nugis,  i)ravorum  et  amoro  gemellum, 

245    luscinias  soliti  inpenso  prandere  coemptas, 

quorsum  abeant?  sanin  creta,  an  earbone  notati? 
aedifieare  casas,  plostello  adiungere  muris, 
ludere  par  inpar,  e<iuitare  in  arundine  lõnga 
siquem  delectet  barbatum,  amentia  verset. 

25^)    si  puerilius  his  ratio  esse  evineet  amare, 

nec  (juioqiuim  difterre,  utrumne  in  pulvere,  trimus 
quale  prius,  hulas  opus,  an  meretricis  amore 
sollicitus  plores,  quaero,  faeiasne  quod  olim 
mutatus  Polemo?  ponas  insignia  morbi, 

255    fasciolas,  cubital,  focalia,  potus  ut  iile 
dicitur  ex  eollo  furtim  carpsisse  coronas, 
postquam  est  inpransi  correptus  voee  magistri? 
porrigis  irato  puero  cum  [joma,  recusat. 
'sume,  catelle/    negat.    si  non  des,  optet.    amator 

260    exclusus  qui  distat,  agit  ubi  secum,  eat  an  non, 
quo  reditunis  erat  non  arcessitus,  et  haeret 
invisis  foribus?  *ne  nunc,  cum  me  vocat  ultro, 


202  a  HORATII  FLACCI 

accedam?  an  potius  mediter  finire  dolores? 
exclusit;  revocat.    redeam?  non,  si  obsecret.'    ecce 

286    servus  non  paullo  sapicntior:  'o  ere,  quae  res 

nee  modum  habet  neque  eousilium,  ratione  modoque 
tractari  non  volt.    in  amore  haec  sant  maia,  bellum, 
pax  rursum:  haec  siquis  tempestatis  i)rope  ritu 
mobilia  et  caeea  fluitantia  sorte  laboret 

270    reddere  certa  sibi,  niliilo  pius  explicet  ae  si 
insanire  paret  certa  ratione  modoque/ 
(piid?  cum  Picenis  excerpens  semina  i>omis 
gaudes,  si  cameram  percusti  forte,  penes  te  es? 
quid?  cum  balba  feris  annoso  verba  palato, 

275    aedificante  casas  qui  sanior?    adde  cruorem 

stultitiae,  atque  ignem  gladio  scrutare  modo,  in  quem 
Hellade  percussa  Marias  cum  praecipitat  se, 
cerritus  fuit?  an  conmotae  crimine  mentis 
absolves  hominem  et  sceleris  damnabis  eandem, 

280    ex  more  inponens  non  nata  vocabala  rebas? 
libertinas  erat,  qai  circam  compita  siccus 
laatis  maue  senex  manibas  currebat  et  ^anum 
(qaid  tam  magnam?'  addens)  'anam  me  surpite  morti: 
dis  etenim  facile  est'  orabat;  sanus  utrisque 

285    auribas  atqne  oculis :  mentem,  nisi  litigiosus, 

exciperet  dominas,  cum  venderet.    hoc  qaoque  Yolgas 
Chrj^sippas  ponit  fecanda  in  gente  Meneni. 
^lappiter,  ingentis  qai  das  adimisqae  dolores,' 
mater  ait  paeri  mensis  iam  qainqae  cabantis, 

290    'frigida  si  puerani  qaartana  reliqaerit,  illo 
mane  die,  qao  ta  indicis  ieiania,  nadas 
ia  Tiberi  stabit/    casus  medicasve  levarit 
aegram  ex  praecipiti:  mater  delira  necabit 
in  gelida  fixam  ripa,  febrimqae  redacet. 

295    qaone  malo  mentem  concassa?  timore  deorum." 
haec  mihi  Stertinias,  sapientam  octavas,  amico 
amia  dedit,  posthao  ne  cx>npellarer  inultus. 


276  in  quem  Franke    inqaam.       280  non  nata  Horkel.    cognata. 


SATIRARUM  LIB.  U.  3.  4.  203 

dixerit  insauum  qui  mC;  totidem  audiot  atqae 
respicere  ignoto  digcet  pendentia  tergo/ 

900    stoice^  post  damnum  sic  vendas  omnia  pluris, 

quam  me  stullitiam,  quoniam  non  est  genus  unum, 
insanire  putas?  ego  nam  videor  mihi  sanus. 
'quid?  caput  abscissum  manibus  cum  portat  Agaue 
gnati  infelicis,  sibi  tuin  furiosa  videtur?* 

306    stultum  me  fateor  (liceat  eoncedere  veris) 

atque  etiam  insanum:  tantum  hoc  edissere,  quo  me 
aegrotare  putes  animi  vitio.    'accipe.    primum 
aedifieas,  hoc  est  longos  imitaris,  ab  imo 
ad  summum  totus  moduli  bipedalis:  et  idem 

310    corpore  maiorem  rides  Turbonis  in  armis 

spiritum  et  ineessum:  qui  ridiculus  minus  illo? 
an  quodcumque  fadt  Maecenas,  te  quoque  renim  est, 
tantum  dissimilem,  et  tanto  certare  minorem? 
absentis  ranae  pullis  vituli  pede  pressis, 

315    unus  ubi  effugit^.  matri  denarrat,  ut  ingens 
belua  cognatos  eliserit.    illa  rogare 
quantane,  num  tantum,  sufflans  se,  magna  fuisset 
'maior  dimidio/    'num  tantum?'  cum  magis  atque 
se  magis  inflaret,  'non,  si  te  ruperis'  inquit, 

320    'par  eris.'    liaec  a  te  non  multum  abludit  imago, 
adde  poematü  nunc,  hoc  est,  oleum  adde  oamino; 
quae  siquis  sanus  fecit,  sanus  faeis  et  tu. 
non  dico  horrendam  rabiem/    iam  desine.    'eultum 
maiorem  censu/    teneas,  Damasippe,  tuis  te, 

325    'mille  puellarum,  puerorum  mille  furores/ 
0  maior  tandem  parcas  insane  minori. 


IV. 

Ur.ilc  et  quo  Catius?  'non  est  mihi  tempus  aventi 
ponere  signa  noris  praeceptis,  qualia  vincent 
Pythagoran  Anytique  reum  doctumque  Platona/ 
peccatum  fateor,  cum  te  sic  tempore  laevo 
interpellarim.   sed  des  veniam  bonus  oro. 


204  Q.  HORATII  FLACCl 

quodgi  interciderit  tibi  nunc  aliquid,  repetes  mox, 
sive  e«t  naturae  hoc  sive  artig,  mirus  utroque. 
*quin  id  erat  curae,  quo  pacto  cuncta  tenerem, 
utpote  res  tennis,  tenui  sermone  peractas.' 

10    ede  hominis  nomen,  simul  et,  Romanus  an  hospes. 
'ipga  memor  praecepta  canani,  cela})itur  auctor. 
lõnga  quibus  facies  ovis  erit,  illa  memento, 
ut  siici  meliori»  et  ut  magis  alba  rotimdis, 
ponere:  namque  marem  cohibent  callosa  vitellum. 

15    caule  suburbano  qui  siccis  crevit  in  agris 
dulcior:  inriguo  nihil  est  elutius  horto. 
si  vespertinus  subito  te  oppresserit  hospes, 
ne  gallina  malum  responset  dura  palato^ 
doctus  eris  vivam  musto  mersare  Falerno: 

20    hoc  teneram  faciet.   pratensibus  optima  fungis 
natiira  est,  aliis  male  creditiir.   iile  salubris 
aestates  peraget,  qui  nigris  prandia  moris 
finiet,  aute  gravem  qiiac  legerit  arbore  solem. 
Aufidius  forti  miscebat  mella  Falerno: 

25    mendose;  quoniam  vacuis  eonmittere  venis 
nii  nisi  lene  decet:  leni  praecordia  mulso 
prolueris  melius.   si  dura  morabitur  alvus, 
mitulus  et  viles  pellent  obstantia  conchae 
et  lapathi  brevis  herba,  sed  albo  non  sine  Coo. 

30    lubrica  nascentes  inpleut  conchylia  lunae: 

sed  non  omne  mare  est  generosae  fertile  testae: 
murice  Baiano  melior  Liicrina  j)eloris, 
ostrea  Circeiis,  Miseno  oriuntur  echini, 
pectinibus  patulis  iactat  se  molle  Tarentum. 

35    nec  sibi  cenanim  (|uivis  temere  arroget  artem, 
non  prius  exacta  tenui  ratione  saporum. 
nec  satis  est  cara  piscis  averrere  mensa 
ignarum  quibus  est  ius  aptius  et  quibus  assis 
languidus  iu  eubitum  iam  se  conviva  reponet 

40    Umber  et  iligna  nutritus  glande  rotundas 


19  musto  B.    £s  soil  auch  haben  ed.  Witeberg.  1598.  misto. 


SATIRARÜM  LIB.  II.  4.  205 

curvat  aper  lancis  caraem  vitantis  inertem: 

nam  Laurens  maius  est,  ulvis  et  arundiue  pinguis. 

\inea  submittit  capreas  non  semper  edulis. 

fecundae  leporis  sapiens.sectabitur  armos. 
45    piseibus  atque  avibus  quae  natura  et  foret  aetaS; 

ante  meum  nulli  patuit  quaesita  palatum. 

sunt  quorum  ingenium  noTa  tautum  crustula  promit 

nequaquam  satis  in  re  una  consumere  curam; 

ut  siquis  solum  hoc,  maia  ne  sint  vina;  laboret, 
50    quali  perfundat  piseis  securus  olivo. 

Massica  si  eaelo  suppones  vina  sereno^ 

nocturna  siquid  eraasi  est  tenuabitur  aüni; 

et  deeedet  odor  nerris  inimieus:  at  illa 

integrum  perdunt  lino  yitiata  saporem. 
55    Surrentina  vafer  qui  miseet  faece  Falerna 

vina,  eolumbino  limum  bene  colligit  ovo, 

quatenus  ima  petit  volvens  aliena  vitellus. 

tõstis  mareentem  squillis  recreabis  et  Äfra 

potorem  cochlea:  nan>  lactuca  innatat  acri 
60    post  vinum  stomaeho;  perna  magis  ae  magis  hiilis 

flagitat  inmorsus  refiei,  quin  omnia  malit 

quaecumque  inmundis  fervont  adlata  popinis. 

est  operae  pretium  duplicis  pernoscere  iuris 

naturam.    simplex  e  dulci  eonstat  olivo, 
65    quod  pingui  miscere  mero  muriaque  decebit 

non  alia  quam  qua  Byzantia  putuit  orea.   • 

lioc  ubi  confusum  seetis  inferbuit  berbis 

Corycioque  croco  sparsum  stetit,  insuper  addes 

pressa  Venafranae  quod  biica  remisit  olivae. . 
"70    Pieenis  eedunt  pomis  Tiburtia  suco: 

nam  facie  praestant.    venucula  convenit  ollis: 

rectius  Albanam  fumo  duraveris  uvam. 

hane  ego  cum  malis,  ego  faecem  primus  et.  alleC; 

primus  et  invenior  piper  album  eum  sale  nigro 
75    incretum  puris  cireumposuisse  catillis. 

inmane  est  vitium  dare  milia  terna  m^cello 

angustoque  .vagos  piseis  urguere  eatino. 


206  Q   HORATU  FLAGCI 

magna  movct  stomacho  fastidia^  sen  puer  unctis 
tractavit  calicem  manibus,  dum  fnista  ligurrit, 

80    give  gravin  veteri  creterrae  limus  adfaaesit. 
vilibug  in  Hcopis,  in  mappis,  in  scobe  quantuB 
conristit  sumptiis?  neglectis^  flagitium  ingens. 
ten  lapides  varios  lutulenta  radere  paima, 
et  Tyrias  dare  circum  inlota  toralia  vestis, 

86    oblitum  quanto  euram  sumptiimque  minorem 
haec  habeant,  tant«  reprendi  iustius  illis 
quae  nisi  divitibus  nequeant  contingere  mensis?' 
docte  Cati,  i)er  amicitiam  divosque  rogatus 
ducere  me  auditum  perges  quocnmque  memento. 

90    nam  quamvis  memori  referas  mihi  pectore  cuneta, 
non  tamen  interpres  tantundem  iuveris.   adde 
voltum  habitumque  hominis,  qnem  tii  yidisse  beatos 
non  ma^^ni  pendis,  quia  contigit:  at  mihi  cura 
non  mediocris  inest,  fontes  iit  adire  remotos 

96    atque  liaiirire  queaiu  vitae  praecepta  beatae. 


V. 

Hoc  quoque,  Tiresia,  praeter  narrata  petenti 
responde,  quibiis  amissas  reparare  queara  res 
artibus  atque  modis.    quid  ridös?  *^iamne  doloso 
non  satis  est  Ithacam  revehi  patriosque  penatis 

6    aspieere?'  o  nulli  quicquam  mentite,  vides  ut 

nudus  inopsque  domum  redeam,  te  vate;  ueque  illic 
aut  apotheca  proeis  intacta  est  aut  pecus.   atqui 
et  genus  et  \drtu8,  nisi  cum  re,  vilior  alga  est. 
'quando  pauperiem  missis  ambagibus  horres, 

10    accipe  qua  ratione  queas  ditescere.    turdus 
sive  aliud  privum  dabitur  tibi,  devolet  illuc, 
res  ubi  magna  nitet,  domino  sene:  dulcia  poma 
et  quoseumque  feret  cultus  tibi  fundus  honores, 
ante  larem  gustet  .venerabilior  lare  dives: 

16    qui  quamvis  periurus  erit,  sine  gente,  cruentas 


SATIRARÜM  LIB.  H.  5.  207 

sanguine  fraterno,  fugitivus^  ne  tamen  illi 
tu  comes  exterior,  si  postulet,  ire  recuses/ 
utne  tegam  spurco  Damae  latus?  haud  ita  Troiae 
me  gessi,  certans  semper  melioribus.  'ei^o 

20    pauper  eris/   fortem  hoc  animum  tolerare  iubebo: 
et  quondam  maiora  tuli.  tu  protinus  unde 
divitias  aerisque  ruam  dic  augur  acervos. 
'dixi  equidem  et  dico.    captes  astutus  ubique 
testamenta  senum,  neu,  si  vafer  unus  et  alter 

25    insidiatorem  praeroso  fugerit  hamo, 

aut  spem  deponas  aut  ai*tem  iniusus  omittas. 
magna  minorve  foro  si  res  eertabitur  olim, 
vivet  uter  locuples  sine  gnatis,  inprobus,  ultro 
qui  meliorem  audax  voeet  in  ius,  illius  esto 

3<)    defensor:  fama  civem  eausaque  priorem 

sperne,  domi  si  gnatus  erit  fecundave  coniunx« 
"Quinte/'  puta,  aut  "Publi"  (gaudent  praenomine  moUes 
auriculae),  ^^tibi  rae  virtus  tua  fecit  amicum: 
ius  anceps  no  vi,  causas  defendere  possum: 

35    eripiet  quivis  oculos  citius  mihi  quam  te 

contemptum  cassa  nuce  pauperet:  haec  mea  cura  est, 
nequid  tu  perdas,  neu  sis  iocus/'   ire  domum  atque 
pelliculam  curare  iube;  fi  cognitor  ipse, 
pcrsta  atque  obdura,  sen  rubra  canicula  findet 

40    inf antis  statuas,  seu  pingui  tentus  omaso 
Furius  hibernas  eana  nive  conspuet  Alpis. 
"nonne  vides'^  aliquis  cubito  stantem  prope  tangens 
inquiet,  "ut  patiens,  ut  amicis  aptus,  ut  aeer?^^ 
plures  adnabunt  thunni,  et  eetaria  crescent. 

45    si  cui  i)raeterea  validus  male  filius  in  re 
praeclara  sublatus  aletur,  ne  manifestum 
caelibis  obsequium  nudet  te,  leniter  in  spem 
adrepe  officiosus,  ut  et  scribare  secundus 
heres  et,  siquis  casus  puerum  egerit  Orco, 

50    in  vaeuum  venias:  perraro  haec  alea  fallit. 
qui  testamentum  tradet  tibi  cumque  legendum, 
abnuere  et  tabulas  a  te  removere  memento, 


20S  Q-  HORATII  FLACCI 

sic  tamen  ut  limis  rapias,  quid  prima  secundo 
cera  velit  versu;  solus,  multisne  eoheres, 

&5    veloci  percurre  oeulo.    ])1erumrjue  recoctus 
scriba  ex  quinquõviro  oon'um  deludet  hiantem, 
captatorque  dabit  risus  Nasica  Coraiio.' 
num  furis  an  ])rudeii8  ludis  me  obscura  canendo? 
'o  Laertiade,  quidquid  dicaui  aut  ent  aut  non: 

60    divinare  etenim  magnus  mihi  douat  Apollo.' 
quid  tamen  ista  velit  sibi  fabula,  si  licet,  ede. 
'tempore,  quo  iuvenis  Parthis  horrendus,  ab  alto 
demissum  genus  Aenea^  tellure  marique 
magnus  ent,  forti  nubet  j>rocera  Corano 

65    filia  Nasicae,  metueutis  reddere  soldum. 

tum  gener  hoc  faeiet:  tabulas  socero  dabit  atque 
ut  legat  orabit;  multum  Nasica  negatas 
accipiet  taudem  et  tacitus  leget,  invcnietque 
nii  sibi  legatum  praeter  plorare  suisque. 

70    illud  ad  haec  iubeo:  mulier  si  forte  dolosa 
libertusve  senem  delirum  temperet,  illis 
accedaä  soeius;  landes,  lauderis  ut  absens. 
adiuvat  hoc  quoque ;  sed  vineit  longe  prius  ipsum 
expugnare  caput.    scribet  maia  eannina  veeors: 

75    lamlato,    scortator  erit:  cave  te  roget;  ultro 
Pcnelopam  facilis  i)Otiori  trade/    ])utasne, 
perduci  poterit  tarn  frugi  tamque  pudica, 
quam  nequiere  proci  recto  depellcre  eursu? 
Senit  enim  magnum  donandi  parca  iuventuS; 

80    nec  tantum  Veneris  quantum  studioaa  culinae. 
sie  tibi  Peneloi)e  frngi  est :  qnae  si  semel  uno 
de  scne  gustarit  teeum  partita  lucellum, 
ut  eanis  a  corio  numquam  absterrcbitur  uneto. 
me  sene  quod  dicam  factum  est.   anus  in])roba  Thebis 

85    ex  testamento  sic  est  elata:  eadaver 

unetum  oleo  largo  nudis  umeris  tnlit  heres, 
scilicet  elabi  si  posset  mortua;  credo, 
quod  nimium  institerat  viventi.    cautus  adito, 
neu  desis  operae,  neve  inmoderatus  abundes; 


8ATIBARÜM  LIB.  II.  5.  6.  209 

99    difficilem  et  morosum  offendes  garrulus:  ultra 
noli  et  iam  sileas.    Davus  sis  comicus  atque 
stes  capite  obstipO;  multum  similis  metuenti. 
obsequio  grassare;  mõne,  si  increbuit  aura, 
eautus  uti  velot  carum  caput;  extrahe  turba 

95    oppositis  umeris;  aurem  substringe  loquaci. 
inportuuus  amat  laudari:  donec  'ohe  iam!' 
ad  caelum  manibus  sublatis  dixerit,  urgue  et 
erescentem  tumidis  infla  sermonibus  utrem. 
cum  te  servitio  longo  euraque  levarit, 

00    et  eertum  vigilans,  Quartae  esto  partis  Ulixes, 
audieris,  heres,  ^ergo  nune  Dama  sodalis 
nusquam  est?  unde  mibi  tarn  fortem  tamque  fidelem?' 
sparge  subinde  et  si  paullum  potes  illacrimare. 
gaudia  pertendes  voltu  celare.    sepulcrum 

05    permisBum  arbitrio  sine  sordibus  exstrue.    funus 
egregie  factum  laudet  vieinia.    siquis 
forte  eoberedum  senior  male  tussiet^  huie  tu 
dic,  ex  parte  tua  seu  fundi  sive  domus  sit 
emptor,  gaudentem  nummo  te  addicere.    sed  me 

10    imperiosa  trahit  Proserpina:  vive  valeque. 


VI. 

Hoc  erat  in  rotis:  mõdus  agri  non  ita  magnus, 

hortus  ubi  et  teeto  vicinus  iugis  aquae  fons 

et  paullum  silvae  super  his  foret    auctius  atque 

di  melius  fecere.    bene  est.    nii  amplius  oro, 

Maia  nate,  nisi  ut  propria  haec  mihi  munera  faxis. 

si  neque  maiorem  feci  ratione  maia  rem, 

nec  surn  facturus  vitio  culpave  minorem, 

si  veneror  stultus  niliil  horum,  'o  si  angulus  iile 

proximus  accedat,  qui  nunc  denormat  agellum! 


90  ultra  noli  et  iam  sileas.  ultro  und  ultra  non  etiam  sileas.  S. 
oben  bei  der  Verechleifung  XXIL  104.  105  Ueberlieferung  illacrimar. 
est  und  prodentem  (fUr  pertendes). 

Lkhba,  Hontias.  -   ^^ 


210  0.  HOBATU  FLACCl 

10    0  si  urnam  argenti  fors  quae  mihi  monstret,  nt  ilü, 
thesauro  invento  qui  mercennarius  agrum 
illum  ipsum  mercatus  aravit,  dives  amico 
Hercule!^  si  quod  adest  gratum  iuvat,  hae  preee  te  cnro: 
pingue  pecus  domino  facias  et  cetera  praeter 

15    ingenium,  utque  sõles  custos  mihi  maximos  adris. 
ergo  ubi  me  in  montis  et  in  arcem  ex  urbe  removii 
quid  prius  inlustrem  satiris  musaque  pedestri? 
nec  maia  me  ambitio  perdit  nec  plmnbeus  auster 
autumnusque  gravis,  Libitinae  quaestug  acerbae. 

20    Matutine  pater,  seu  lane  libentius  audiS; 

ande  homines  operum  primos  vitaeque  labores 
instituunt  (sie  dis  placitam),  tu  carminis  esto 
principium.   Romae  sponsorem  me  rapis:  ^eia, 
ne  prior  officio  quisqoam  respondeat^  urgue/ 

25    sive  aquilo  radit  terraS;  seu  bruma  nivalem 
interiore  diem  gyro  trahit,  ire  necesse  est, 
postmodo  quod  mi  obsit  clare  certumque  loeato 
luctandum  iu  turba  et  faeienda  iniuria  tardis. 
'quid  tibi  vis,  insane,  et  quam  rem  agis  inprobng?'  ni^et 

30    iratis  precibus:  ^tu  puises  omne  quod  obstat, 
ad  Maecenatem  memori  si  mente  recurras.' 
hoc  iuvat  et  melli  est,  non  mentiar.    at  simul  atras 
yentum  est  Esquilias,  aliena  negotia  contum 
per  caput  et  circa  saliunt  latus.   'ante  secundam 

35    Roscius  orabat  sibi  adesses  ad  Puteal  eras. 
de  re  communi  scribae  magna  atque  nõva  te 
orabant  hodie  meminisses;  Quinte^  reverti. 
inprimat  his,  cura,  Maecenas  signa  tabellis.^ 
dixeris,  experiar:  ^si  vis,  potes'  addit  et  instat. 

40    septimus  octavo  propior  iam  fugerit  annus, 
ex  quo  Maecenas  me  coepit  habere  suorum 
in  numero,  dumtaxat  ad  hoc,  quem  tollere  raeda 
vellet  iter  faciens,  et  cui  concredere  nugas 


29  So  B.,  quam  ren  aus  Ck)QJectur.    Sonst  schwankt  die  Ueber- 
liefenmg  zwischen  quid  vis  und  quid  tibi  vis,  aachmit  zerstOrtem  Yend 


SATIBABUlf  UB.  IL  6.  21 1 

hoc  genusy  'hora  quota  eet?  Thraex  est  Gallma  Syro  par? 
45    matutina  parum  cantos  him  frigora  mordent:' 

et  quae  rimosa  bene  deponuntor  in  aure. 

per  totum  hoc  tempuB  8ubiecti(»r  in  diem  et  horam 

invidiae  noster.    hidos  spectaveiit  una, 

luserit  in  campo:  ^Fortunae  filios'  omnes. 
50    frigidus  a  röstris  manat  per  compita  mmor: 

quicumque  Qbvius  est,  me  consulit:  'o  bone  (nam  te 

gcirc;  deos  quoniam  propius  contingis^  oportetX 

numquid  de  Dacis  audisti?'  nii  equidem.   'ut  ta 

semper  eris  derisor/    at  omnes  di  exagitent  me, 
55    gi  qnicquam.   ^quid?  militibug  promissa  Triqnetra 

praedia  Gaesar,  an  est  Itala  tellure  datarus?' 

iurantem  me  seire  nihil  mirantur  nt  anum 

scilieet  egregii  mortalem  altique  silenti. 

porgitur  haec  inter  misero  lux,  non  sine  votis: 
60    0  rus,  quando  ego  te  aspiciam,  quandoque  licebit 

nunc  veterum  libris^  nunc  somno  et  inertibas  horis 

dacere  sollicitae  iucunda  oblivia  vitae? 

0  quando  faba  Pythagorae  cognata  simulque 

uneta  satis  pingui  ponentur  oluscula  lardo? 
65    0  noctes  eenaeque  deum,  quibos  ipse  meiqae 

ante  larem  proprium  vescor  vemasqae  procacis 

pasco  libatis  dapibus,  cum,  ut  cuique  libido  est^ 

siccat  inaequalis  calices  conviva  solutus 

legibus  insanis,  seu  quis  eapit  acria  fortis 
70    poeula,  seu  modicis  uvescit  laetius.    ergo 

sermo  oritur,  non  de  villis  domibusve  ali^s, 

nec  male  necne  Lepos  saltet;  sed  quod  magis  ad  nos 

pertinet  et  nescire  malum  est  agitamus,  utrumne 

divitiis  homines  an  sint  virtute  beati, 
75    quidve  ad  amicitias,  usus  rectumne,  trahat  nos, 

et  quae  sit  natura  boni  sununumque  quid  eius. 

Cervius  haec  inter  vicinus  garrit  anilis 

ex  re  fabellas.    siquis  nam  laadat  Arelli 


59  porgitur  Lachm.  perditur. 

14* 


212  a  HORATII  FLACCl 

gollicitaB  i^arus  opes,  sic  incipit,  'olim 

80    rusticus  urbanum  murem  mus  paupere  fertur 
accepisse  cavo,  veterem  vetus  hospes  amicum, 
asper  et  attentus  quaesitis,  ut  tamen  artum 
solveret  hospitiis  animum.    quid  muita?  neque  iile 
sepositi  ciceris  nec  longae  invidit  avenae, 

S5    aridum  et  ore  ferens  aeinum  semesaque  lardi 
frusta  dedit,  eupiens  vana  fastidia  eena 
vineere  tangentis  male  singula  dente  superbo, 
cum  pater  ipse  domus  palea  porreetus  in  homa 
esset  ador  loliumque,  dapis  meliora  relinquens. 

90    tandem  urbanus  ad  hune  ''quid  te  iuvat"  inquit,  ''amice, 
praerupti  nemoris  patientem  vivere  dorso? 
vis  tu  liomines  urbemque  feris  praeponere  silvis? 
earpe  viam,  mihi  erede,  eomes;  terrestria  quando 
mortalis  animas  vivunt  sortita^  neque  uUa  est 

95    aut  magno  aut  parvo  leti  fuga:  quo^  bone,  eirca, 
dum  lieet,  in  rebus  iueundis  vive  beatus, 
vive  memor,  quam  sis  aevi  brevis."    haec  ubi  dicta 
agrestem  pepulere,  domo  levis  exsilit:  inde 
ambo  propositum  peragunt  iter,  urbis  aventes 

100    moenia  noetumi  subrepere.    iamque  tenebat 
nox  medium  eaeli  spatium,  eum  ponit  uterque 
in  loeuplete  domo  vestigia,  rubro  ubi  eoeeo 
tineta  super  leetos  eanderet  vestis  ebumoS; 
multaque  de  magna  superessent  fereula  eena, 

i(^    quae  proeul  cxstruetis  inerant  hestema  eanistris. 
ergo  ubi  purpurea  porrectum  in  veste  locavit 
agrestem,  veluti  sueeinetus  eursitat  hospes, 
continuatque  dapes,  nec  non  vemiliter  ipsis 
fungitur  officiis,  praelambens  omne  quod  adfert. 

110    iile  cubans  gaudet  mutata  sorte  bonisque 

rebus  agit  laetum  couvivam,  eum  subito  ingens 
valvarum  strepitus  leetis  excussit  utrumque. 
currere  per  totum  pavidi  conclave,  magisque 
exanimes  trepidare,  simul  domus  aita  Molossis 

115    personuit  eanibus.    tum  rusticus  ''haud  mihi  viia 


SATIRARÜM  LIB.  II.  9.1.  213 

est  opus  hac"  ait  et  "valeas:  me  siira  cayusque 
tutus  ab  insidiis  tenui  solabitur  ervo " 


VII. 

'lamdudum  auBCulto  et  cupiens  tibi  dieere  servus 
pauca  reformido.'  Davusne?  'ita,  DavuS;  amieum 
mancipium  domino  et  frugi  quod  sit  satis,  hoo  est; 
ut  vitale  putes/    agC;  libertate  deeembri; 
5    quando  ita  maioreB  voluerant,  utere,  narra. 
^pars  hominnm  vitiis  gaudet  constanter  et  urguet 
propositum,  pars  muita  natat,  modo  reeta  capessenS; 
interdum  pravis  obnoxia.    saepe  notatus 
cum  tribus  anellis,  modo  laeva  Priscus  inani, 

10    vixit  inaequaliS;  clavum  ut  mutaret  in  horaS; 
aedibus  ex  magnis  subito  se  conderet^  unde 
mundior  exiret  vix  libertinus  honeste, 
iam  moechus  Romae,  iam  mallet  doctus  Athenis 
vivere,  Vertumnis  quotquot  sunt  natus  iniquis. 

15    scurra  Yolanerius,  postquam  illi  iusta  eheragra 
contudit  articulos,  qui  pro  se  tolleret  atque 
mitteret  in  phimum  taloS;  mercede  diuma 
conductum  pavit;  quanto  eonstantior  isdem 
in  vitiis,  tanto  levius  miser  ae  prior  iile, 

20    qui  iam  contento,  iam  laxo  fune  laborat.' 

non  diees  hodie  quorsum  haee  tarn  putida  tendant, 
furcifer?  *ad  te,  inquam.'  quo  pactO;  pessime?  'laudas 
fortunam  et  mores  antiquae  plebis,  et  idem, 
siquis  ad  illa  deus  subito  te  agat,  usque  reeuseS; 

25    aut  quia  non  sentis  quod  elamas  reetius  esse, 
aut  quia  non  firmus  reetum  defendis  et  haeres 
nequiquam  caeno  cupiens  evellere  plantam. 
Romae  ms  optas,  absentem  rusticus  urbem 
tollis  ad  astra  levis,    si  nusquam  es  forte  vocatus 

30    ad  eenam,  laudas  securum  olus  ae,  velut  usquam 
vinetus  eas,  ita  te  felicem  dicis  amasque 
quod  nusquam  tibi  sit  potandum.   iusserit  ad  se 


214  a  fiORATU  FLACCI 

Maecenas  gerum  dub  lumina  priina  venire 
conrivam:  ''nemon  oleum  fert  ocius?  eoquis 

35    audit?"  cum  magno  blateras  clamore  fugisque. 
MulviuB  et  scurrae  tibi  non  referenda  precati 
discedunt.   "etenim  fateor  me"  dixerit  iile 
'^duci  Tentre  levem,  nasum  uidore  8upin(Nr, 
inbecilluBy  iners;  siquid  vis,  adde,  popino. 

40    tu  cum  sis  quod  ego  et  fortassie  nequioF;  oltro 
insectere  velut  melior,  verbisque  decoris 
obvolyas  vitium?"  quid;  si  me  stultior  ipso 
quingentis  empto  drachmis  deprenderis?  aufer 
me  Toltu  terrere;  manum  stomacbumque  teneto, 

45    dum  quae  Grispini  docuit  me  ianitor  edo. 
te  coniunx  aliena  eapit,  meretricula  Davum. 
peccat  uter  nostrum  cruee  dignius?  acris  ubi  me 
natura  intendit,  sub  clara  nuda  lucema 
qoaecumque  excepit  turgentis  verbera  caudae, 

50    clunibus  aut  agitavit  equum  lasciva  supinum, 
dimittit  neque  famosum  neque  soUicitum  ne 
ditior  aut  formae  melioris  meiat  eodem. 
tu  cum  proiectis  insignibus,  anulo  equestri 
Romanoque  häbitu,  prodis  ex  iudice  Dama 

55    turpis,  odoratum  caput  obscurante  lacema, 
non  es  quod  simulas?  metuens  induceris  atque 
altercante  libidinibus  tremis  ossa  parore. 
quid  refert,  uri  virgis  ferroque  necari 
auctoratus  eas,  an  turpi  clausus  in  arca, 

60    quo  te  demisit  peccati  conscia  erilis, 

contractum  genibus  tangas  caput?  estne  marito 
matronae  peccantis  in  ambo  iusta  potestas? 
in  corruptorem  vel  iustior.    illa  tamen  se 
non  häbitu  mutatve  loco,  peccatve  superne, 

65  cum  te  formidct  mulier  neque  eredat  amanti. 

ibis  sub  furcam  prudens,  dominoque  furenti 
committes  rem  omnem  et  vitam  et  cum  corpore  famam. 


63—65  Kirchner  (qu.  Hor.  63). 


.  8ATIRA&(JM  LIB.  IL  7.  215 

evasti.    credo,  metaes  doetusque  cavebis: 
quaeres,  quandõ  iterum  paveas  iterumque  pdrire 

70    poBsis,  o  totiens  seryus.    quae  belua  ruptis, 
cum  semel  effugit,  reddit  se  prava  catenis? 
"'non  8um  moechuB"'  ais :  neque  ego,  hercule,  for,  ubi  vasa 
praetereo  sapiens  argentea.    tolle  periclum, 
iam  vaga  prosiliet  frenis  natura  remotis. 

75    tune  mihi  dominus,  rerum  imperiis  hominumqae 
tot  tantisque  minor,  quem  ter  vindicta  quaterque 
inposita  haud  umquam  misera  fonnidine  priret? 
adde  super,  dietis  quod  non  levius  valeat:  nam, 
sire  Yicariufi  est  qui  servo  paret,  uti  mos 

)0    Tester  ait,  seu  conservus,  tibi  quid  surn  ego?  nempe 
tu,  mihi  qui  imperitas,  alus  servis  miser  atque 
dueeris  ut  nervis  alienis  mobile  lignum. 
quisnam  igitur  liber?  sapiens,  sibi  qui  imperiosus, 
quem  neque  pauperies  neque  mors  neque  vincula  terrent, 

^    responsare  cupidinibus,  contemnere  honores 
fortis,  et  in  se  ipso  totus  teres  atque  rotuudus, 
extemi  nequid  valeat  per  leve  morari, 
in  quem  manca  ruit  semper  fortuna.    potesne 
ex  his  ut  proprium  quid  noscere?  quinque  talenta 

N)    poscit  te  mulier,  vexat  foribusque  repulsum 
perfundit  gelida,  rursus  vocat.    eripe  turpi 
colla  iugo,  "liber,  liber  surn"  dic  age.    non  quis: 
urguet  enim  dominus  mentem  non  lenis  et  acris 
subiectat  lasso  stimulos  versatque  negantem. 

)5    vel  cum  Pausiaea  torpes,  insane,  tabella, 

qui  peccas  minus  atque  ego,  cum  Fulvi  Rutubaeque 
aut  Placideiani  contento  poplite  miror 
proelia  rubrica  picta  aut  carbone,  velut  si 
re  vera  pugnent,  feriant,  vitentque  moventes 

10    anna  viri?  nequam  et  cessator  Davus:  at  ipse 
subtilis  veterum  iudex  et  callidus  audis, 
nii  ego,  si  ducor  libo  fumante:  tibi  ingens 
virtuB  atque  animus  cenis  responsat  opimis? 
obsequium  ventris  mihi  pemiciosius  est  cur? 


.216  Q.  HORATII  FLACCl 

iOI    tergo  plector  enim.    qui  tu  impunitior  illa, 
quae  parvo  8umi  nequeunt,  obsonia  captas? 
nempe  inamarescunt  epulae  sine  fine  petitae, 
iniusique  pedes  vitiosum  ferre  recusant 
corpus.    an  hic  peccat,  sub  noctem  qui  puer  uvam 

110    furtiva  mutat  strigili?  qui  praedia  vendit, 

nii  servile  gulae  parens  habet?  adde  quod  idem 
non  horam  tecum  esse  potes,  non  otia  recte 
ponere,  teque  ipsum  vitas  fugitivus  et  erro, 
iam  vino  quaerens,  iam  somno  fallere  euram; 

115    frustra:  nam  comes  atra  premit  sequiturque  fugacem/ 
unde  mihi  lapidem?  'quorsum  est  opus?'  unde  sagittas? 
'aut  insanit  homo  aut  versus  facit/  ocius  hinc  te 
ni  rapis,  accedes  opera  agro  nona  Sabino. 

VIII. 
Ut  Nasidieni  iuvit  te  eena  beati? 
nam  mihi  convivam  quaerenti  dictus  here  illic 
de  medio  potare  die.   'sic  ut  mihi  numquam 
in  vita  fuerit  melius.'    dic,  si  grave  non  est, 
5    quae  prima  iratum  ventrem  placaverit  esca. 
Mn  primis  Lucanus  aper:  leni  fuit  austro 
captus,  ut  aiebat  cenae  pater:  acria  circum 
rapula,  lactucae,  radiees,  qualia  lassum 
pervellunt  stomachum,  siser,  allee,  faecula  Goa. 

10    his  ubi  sublatis  puer  alte  cinetus  acemam 
gausape  purpureo  mensam  pertersit,  et  alter 
sublegit  quodcumque  iaceret  inutile  quodque 
posset  cenantis  oflFendere,  ut  Attica  virgo 
cum  sacris  Cereris  procedit  fuscus  Hydaspes 

15    Caecuba  vina  ferens,  Alcon  Ghium  maris  expers. 
hic  erus  "Albanum,  Maecenas,  sive  Falemum 
te  magis  adpositis  delectat,  habemus  utrumque: 
divitias  miseras!"  sed  qiüs  cenantibus  una, 
Fundani,  pulchre  fuerit  tibi,  nosse  laboro. 

20    'summus  ego,  et  prope  me  Viscus  Thurinus,  et  infra^ 
si  memini,  Vanus,  cum  Servilio  Balatrone 


SATIRABUM  LIB.  Il*  8.  '217 

Vibidius,  quas  Maecenas  adduxerat  umbras. 
Nomentanus  erat  super  ipsum,  Porcius  infra, 
ridiculus  totas  simul  absorbere  placentas. 

25    NomentanuB  ad  hoc,  qui,  siquid  forte  lateret, 
indice  monstraret  digito:  nam  cetera  turba, 
nos;  inquam,  cenamus  avis,  conchylia;  pisciS; 
longe  dissimilem  noto  celantia  sucum; 
ut  vel  continuo  patult,  cum  passeris  atque 

30    ingustata  mihi  porrexerat  ilia  rhombi. 

post  hoc  me  docuit  melimela  rubere  minorem 
ad  lunam  delecta:  quid  hoc  intersit,  ab  ipso 
audieris  melius.   tum  Yibidius  Balatroni 
''nos  nisi  damnose  bibimus,  moriemur  inulti;^ 

35    et  calices  poscit  maiores.    vertere  pallor 
tum  paroehi  faeiem  nii  sic  metuentis  ut  aeris 
potores,  vel  quod  maledicunt  liberius,  vel 
fervida  quod  subtile  exsurdant  vina  palatum, 
invertunt  Allifanis  vinaria  tota 

40    Yibidius  Balatroque,  secutis  omnibus;  imi 
convivae  lecti  nihilum  nocuere  lagoenis. 
adfertur  squillas  inter  murena  natantis 
in  patina  porrecta.   sub  hoc  enis  "haec  gravida''  inquit 
"eapta  est,  deterior  post  partum  came  futura. 

45    his  mixtum  ius  est:  oleo,  quod  prima  Venafri 
pressit  cella;  garo  de  sueis  piscis  Hiberi; 
vino  quinquenni,  verum  citra  mare  nato, 
dum  coquitur  (cocto  Ghium  sic  convenit  ut  non 
hoc  magis  ullum  aliud);  pipere  albo,  non  sine  aceto 

50    quod  Methymnaeam  vitio  mutaverit  uvam. 
erucas  vindis,  i  nuias  ego  primus  amaras 
monstravi  incoquere;  inlotos  Curtillus  echinos, 
ut  melius  muria  quod  testa  marina  remittat/' 
interea  suspensa  gravis  aulaea  minas 

55    in  patinam  fecere,  trahentia  pulveris  atri 
quantum  non  aquilo  Campanis  excitat  agris. 
nos  maius  veriti,  postquam  nihil  esse  pericli 
sensimus,  erigimur:  Rufus  posito  capite,  nt  si 


218  <^  HORATO  FLACCI 

filiuB  inmataruB  obbsety  flere.   quis  esset 
(to    finiš,  ni  sapiens  sie  Nomentanus  amieum 

tolleret  '^heu,  Fortuna,  quis  e»t  erudelior  in  nos 
te  deu8?  ut  semper  gaudes  inludere  rebus 
humanis."  Yariiis  mappa  conpeseere  risum 
yix  poterat.    Balatro,  suspendens  omnia  naso, 
65    "'faaee  est  condicio  vivendi''  aiebat,  '^eoque 
responsura  tuo  numquam  est  par  fama  labori, 
tene,  ut  ego  accipiar  laute,  torquerier  omni 
soUicitudine  districtum,  ne  panis  adustus, 
ne  male  conditum  ius  adponatur,  ut  omnes 
70    praecincti  recte  pueri  comptiqne  ministrent? 
adde  hos  praeterea  casus,  aulaea  ruant  si; 
ut  modo,  si  ])atinam  pede  lapsus  frangat  agaso. 
sed  convivatoris  uti  ducis  ingenium  res 
adversae  nudare  solent,  celare  secundae/' 
75    Nasidienus  ad  haec  ''tibi  di  quaecumque  preeeris 
commoda  dent ;  ita  vir  bonus  es  convivaque  oomis : 
et  soleas  poseit    tum  in  leeto  quoque  rideres 
stridere  secreta  di^isos  aure  susurros/ 
uullos  his  mallem  ludos  speetasse:  sed  illa 
80    redde  age  quae  deinceps  risistL   'Yibidius  dum 
quaerit  de  pueris,  num  sit  quoque  fracta  lagoena, 
(|uod  sibi  poscenti  non  dantur  pocula,  dumque 
ridetur  fictis  rerum,  Balatrone  secundo, 
NasidienO;  redis  mutatae  frontis,  ut  arte 
85    emendaturus  fortunam.    deinde  seeuti 
mazonomo  pueri  magno  discerpta  ferentes 
niembra  gruis,  sparsi  sale  multo  non  sine  farre, 
pinguibus  et  ficis  pastum  ieeur  anseris  albae, 
et  leporum  avolsos,  ut  multo  suavius,  armos, 
90    quam  si  cum  lumbis  quis  edit    tum  pectore  adusto 
vidimus  et  merulas  poni  et  sine  elune  palumbia, 
suavis  res,  si  non  causas  narraret  earum  et 
naturas  dominus:  quem  nos  sic  fugimus  ulti 
nt  nihil  omnino  gustaremus,  velut  illis 
Ganidia  adflasset,  peior  serpentibus  Afris.' 


» 


.  » 


Q.  HOEATII  FLACCI 

EPISTULARUM 

LIBER  PRIMUS. 
I. 

Prima  dicte  mihi,  summa  dicende  camena, 
spectatum  satis  et  donatum  iam  rude  quaeriS; 
Maecenas,  itermn  antiqua  me  inoludere  ludo. 
non  eadem  est  aetas,  non  mens.    Veianius,  armis 
5    Herculis  ad  postem  fixis,  lätet  abditus  agro, 
ne  populum  extrema  totiens  exoret  arena. 
est  mihi  purgatam  erebro  qui  personet  aurem 
'solve  senescentem  mature  sanus  equum,  ne 
peecet  ad  extremum  ridendus  et  ilia  ducat/ 

to    nunc  itaque  et  versus  et  cet^ra  ludicra  pono: 

quid  yerum  atque  deeens,  euro  et  rogo  et  omnis  in  hoc 

surn: 
condo  et  conpono  quae  mox  depromere  possim. 
ae  ne  forte  roges  quo  me  duee,  quo  lare  tuter: 
nuUius  addictus  iurare  in  verba  magistri, 

15    quo  me  cumque  rapit  tempestas,  deferor  hospes. 
nunc  agilis  fio  et  mersor  civilibus  undis, 
yirtutis  rerae  custos  rigidusque  satelles, 
nunc  in  Aristippi  furtim  praecepta  relabor 
et  mihi  res,  non  me  rebus  subiungere  eonor. 

20    ut  nox  lõnga  quibus  mentitur  amica,  diesque 
lõnga  videtur  opus  debentibus,  ut  piger  annus 
pupillis  quos  dura  premit  custodia  matrum, 
sic  mihi  tarda  fluunt  ingrataque  tempora  quae  spem 
consiliumque  morantur  agendi  gnaviter  id  quod 


220  Q.  HORATU  FLACCl 

26    aeque  pauperibus  prodest,  locupletibus  aeque, 
aeque  neglectum  pueris  senibusque  noc^bit. 
restat  ut  his  ego  me  ipse  regam  solerque  elementis. 
non  possis  oculo  quantum  contendere  Lynceus, 
non  tamen  idcireo  contemnas  lippus  inungui; 

30    nec,  quia  desperes  invicti  membra  Glyconis, 
nodosa  corpus  nolis  prohibere  eheragra. 
est  quadam  prodire  tenuS;  si  non  datur  ultra, 
fervet  avaritia  miseroque  cupidine  peetus: 
sunt  verba  et  voces  quibus  hunc  lenire  dolorem 

35    possis  et  magnani  morbi  deponere  partem. 
laudis  amore  tumes:  sunt  certa  piaeula  quae  te 
ter  pure  lecto  poterunt  recreare  libello. 
inviduS;  iraennduS;  iners^  vinosus,  amator: 
nemo  adeo  ferus  est  ut  non  miteseere  possit, 

40    si  modo  eulturae  patientem  commodet  aurem. 
virtus  est  vitium  fugere,  et  sapientia  prima 
stultitia  caruisse.    vides,  quae  maxima  credis 
esse  maia;  exiguum  censum  turpemque  repulsam^ 
quanto  devites  animi  eapitisque  labore: 

45    inpiger  extremos  curris  mercator  ad  Indos, 

per  maro  pauperiem  fugiens,  per  saxa,  per  ignis: 
ne  cures  ea,  quae  stulte  miraris  et  optas, 
discere  et  audire  et  meliori  credere  non  vis? 
quis  eireum  pagos  et  circum  eompita  pugnax 

50    magna  eoronari  contemnat  Olympia,  eui  spes, 
cui  sit  condicio  dulcis  sine  pulvere  palmae? 
vilius  argentum  est  auro,  virtutibus  aurum. 
'o  cives,  cives,  quaerenda  pecunia  primum  est; 
virtus  post  nummos:'  faaee  lanus  summus  ab  imo 

55    prodocet,  haec  recinunt  iuvenes  dictata  senesque. 
laevo  suspensi  loculos  tabulamque  lacerto. 
est  animus  tibi;  sunt  mores;  est  lingua  fidesque, 
sed  quadringentis  sex  septem  milia  desunt: 
plebs  eris,    at  pueri  ludentes  'rex  eris'  ainnt. 


56  schien  schon  mehreren  onecbt,  aus  Sai  I,  6, 74. 


EPISTULARÜM  LIB.  I.  1.  221 

60    'si  recte  facies/    [hic  murus  aeneus  esto, 

nii  conscire  sibi,  nuUa  pallescere  culpa. 
Roscia,  dic  sodes,  melior  lex  an  puerorum  est 
neuia,  quae  regnum  recte  facientibus  oflFert, 
et  maribus  Curiis  et  decantata  Camillis? 

65    isne  tibi  melius  suadet  qui,  rem  facias,  rem, 
si  possiS;  recte,  si  non,  quocumque  modo  rem, 
ut  propius  spectes  lacrimosa  poemata  Pupi, 
an  qui  Fortunae  te  responsare  superbae 
liberum  et  erectum  praesens  hortatur  et  aptat? 

70    quod  si  me  populus  Romanus  forte  roget,  cur 
non  ut  porticibus  sic  iudiciis  fruar  isdem, 
nec  sequar  aut  fugiam  quae  diligit  ipse  vel  odit, 
olim  quod  volpes  aegroto  cauta  leoni 
respondit  referam:  ^quia  me  vestigia  terrent, 

75    omnia  te  adversum  spectantia,  nulla  retrorsum/ 

belua  multorum  es  capitum.    nam  quid  sequar  aut  quem? 
pars  hominum  gestit  conducere  publica;  sunt  qui 
crustis  et  pomis  viduas  venentur  avaras 
excipiantque  senes  quos  in  vivaria  mittant; 

80    multis  occulto  crescit  res  fenore.    verum 
esto  aliis  alios  rebus  studiisque  teneri: 
idem  eadem  possunt  horam  durare  probantes? 
^nullus  in  orbe  sinus  Baiis  praelucet  amoenis' 
si  dixit  diveS;  lacus  et  mare  sentit  amorem 

85    festinantis  eri:  cui  si  vitiosa  libido 

fecerit  auspicium,  eras  ferramenta  Teanum 
toUetis,  fabri.    leetus  genialis  in  aula  est: 
nii  ait  esse  priuS;  melius  nii  caelibe  vita: 
si  non  est,  iurat  bene  solis  esse  maritis. 

90    quo  teneam  võitus  mutantem  Protea  nodo? 
quid  pauper?  ride:  mutat  cenacula,  lectos, 
balnea;  tonsores,  couducto  navigio  aeque 
nauseat  ae  locuples  quem  ducit  priva  triremis. 
si  euratus  inaequali  tonsore  capillos 


60.  61  Yon  si  recte  facies  ao  fOr  unecht  erklärt  von  M. 


222  Q-  HOBAin  FLAGCI 

95    occurro,  rides;  si  forte  subucula  pexae 

trita  subest  tunicae  vel  si  toga  dissidet  inpar, 
rides.    quid,  mea  eum  pngnat  sententia  secum 
quod  petiit  spemit,  repetit  qnod  nuper  omisi^ 
aestuat  et  vitae  disconvenit  ordine  toto, 

100    diruit,  aedificat,  mutat  quadrata  rotundis? 

insanire  putas  sollemnia  me  neque  rides, 
nec  medici  credis  nec  coratoris  egere 
a  praetore  dati,  rerum  tatela  mearum 
cum  sis  et  prave  seetum  stomactaeris  ob  ungnem 

105    de  te  pendentis,  te  respicientis  amici? 

ad  summam,  sapiens  uno  minor  est  love,  diyos, 
liber,  honoratnS;  pulcher,  rex  denique  regum, 
praecipue  sanus,  nisi  cnm  pituita  molesta  est. 


II. 

Troiani  belli  scriptorem,  Maxime  Lolli, 

dum  tu  declamas  Romae,  Praeneste  relegi: 

qui  quid  sit  pulchrum,  quid  turpe,  qaid  utile,  quid  noiii 

planius  ae  melius  Chrysippo  et  Crantore  dieit. 

5    eur  ita  crediderim,  nisi  quid  te  detinet,  audi. 
fabula,  qua  Paridis  propter  narratur  amorem 
Graecia  Barbariae  lento  coUisa  duello, 
stultorum  regiim  et  populorum  continet  aestus. 
Antenor  censet  belli  praecidere  causam. 

10    quid  Paris?  ut  salvus  regnet  vivatque  beatus, 
cogi  posse  negat.    Nestor  couponere  litis 
inter  Peliden  festinat  et  inter  Atriden: 
hunc  amor,  ira  quidem  communiter  urit  utmmqae. 
quidquid  delirant  reges,  plectuntur  Achivi. 

15    seditione,  dolis,  scelere  atque  libidine  et  ira 
Iliaeos  intra  muros  peeeatur  et  extra. 
rursus  quid  virtus  et  quid  sapientia  possit, 
utile  proposuit  nobis  exemplar  Ulixen^ 
qui  domitor  Troiae  multorum  providus  urbis 


EPISTULARÜM  LIB.  I.  2.  223 

20    et  mores  bominum  inspexit,  latumque  per  aequor, 
dum  Bibi,  dum  sociis  reditum  parat;  aspera  mulla 
pertulit;  adyersis  rerum  inmersabilis  undis. 
Sirenum  voces  et  Circae  pocula  noBti: 
quae  si  cum  socüb  BtultuB  cupiduBque  bibisset, 

25    sub  domina  meretrice  fuisBet  turpiB  et  excon 
vixisset  caniB  inmunduB  vel  amica  luto  sub. 
noB  numerns  sumus  et  fruges  consumere  nati, 
sponsi  Penelopae  nebulones,  Alcinoique 
in  cute  curanda  pius  aequo  operata  iuventus, 

90    cui  pulchrum  fuit  in  medios  dormire  dies  et 
ad  Btrepitum  citbarae  cessantem  ducere  somnum. 
ut  iugulent  homineni;  surgunt  de  nocte  latrones: 
ut  te  ipsum  seryes,  non  expergisceris  ?  atqui 
si  noles  sanus,  curres  hydropicus;  et  ni 

35    posces  ante  diem  librum  cum  lumine,  si  non 
intendes  animum  studiis  et  rebus  honestiS; 
invidia  vel  amore  vigil  torquebere.    nam  cur 
quae  laedunt  oculum  festinas  demere,  siquid 
est  animum,  differs  curandi  tempus  in  annum? 

40    dimidium  facti  qui  coepit  habet:  sapere  aude: 
incipe.   qui  recte  vivendi  prorogat  horam, 
rustieus  exspectat  dum  defluat  amnis:  at  iile 
labitur  et  labetur  in  omne  volubilis  aevum. 
quaeritur  argentum  puerisque  beata  creandis 

45    uxor  et  incultae  pacantur  vomere  silvae. 

quod  satis  est  cui  contingit,  nihil  amplius  optet 
non  domus  et  fundus,  non  aeris  acerrus  et  auri 
aegroto  domini  deduxit  corpore  febris, 
non  animo  curas:  valeat  possessor  oportet, 

50    si  conportatis  rebus  bene  cogitat  uti. 

qui  cupit  aut  metuit,  iuvat  illum  sic  domus  et  res 
ut  lippum  pictae  tabulae,  fomenta  podagram, 
auriculas  citbarae  coUecta  sorde  dolentis. 
sincerum  est  nisi  yas,  quodcumque  infundis  acescit. 


31  cessantem  B.  ceBsatani. 


224  <i.  HORATU  FLACCI 

55    8peme  voluptates:  nocet  empta  dolore  voluptas. 

semper  avarus  eget:  certum  yoto  pete  finem. 

invidus  alterius  macrescit  rebus  opimis: 

invidia  Siculi  non  invenere  tyranni 

maius  tormentum.  qui  non  moderabitur  irae, 
Go    infectum  yolet  esse,  dolor  quod  suaserit  et  mens, 

dum  poenas  odio  per  virn  festinat  inulto. 

ira  furor  brevis  est:  animum  rege;  qui  nisi  paret; 

imperat:  hunc  frenis,  liunc  tu  conpesce  catena. 

fingit  equum  tenera  docilem  eervice  magister 
65    ire  yiam  qua  monstret  eques:  venaticus,  ex  quo 

tempore  cervinam  pellem  latravit  in  aula, 

militat  in  süvis  catuluS;  nunc  adhibe  puro 

pectore  verba  puer,  nunc  te  melioribus  oflfer. 

quo  semel  est  imbuta  recens,  servabit  odorem 
70    testa  diu.  quod  si  cessas  aut  strenuus  anteis, 

nec  tardum  opperior  nec  praecedentibus  insto* 


III. 

luli  Flore,  quibus  terrarum  militet  oris 

Claudius  Augusti  privignus,  seire  laboro. 

Thracane  vos  Hebrusque  nivali  compede  vinetus, 

an  freta  vicinas  inter  currentia  turris, 
5    an  pingues  Asiae  campi  coUesque  morantur? 

quid  studiosa  cohors  operum  struit?  hoc  quoque  curo. 

quis  sibi  res  gestas  Augusti  scribere  sumit? 

bella  quis  et  paees  longum  diffundit  in  aevum? 

quid  Titius,  Romana  brevi  venturus  in  ora? 
10    Pindarici  fontis  qui  non  expalluit  haustuS; 

fastidire  laeus  et  rivos  ausus  apertos. 

ut  valet?  ut  meminit  nostri?  fidibusne  Latinis 

Thebanos  aptare  modos  studet  auspice  musa, 

an  tragica  desaevit  et  ampuUatur  in  arte? 
15    quid  mihi  Celsus  agit?  mõnitus  multumque  monendus, 

privatas  ut  quaerat  opes  et  tangere  vitet 


EPISTÜLARÜM  LIB.  I.  4.  225 

scripta,  Palatinus  quaecumque  recepit  Apollo^ 
ne,  si  forte  suas  repetitum  venerit  olim 
grex  avium  plumaa,  moveat  cornicula  risuni 

20    furtivis  nudata  coloribus.    ipse  quid  audes? 

quae  circum volitas  agilis  thyma?  non  tibi  parYum 
iügenium,  non  incultum  est  et  turpiter  hirtum. 
seu  linguam  causis  acuis;  seu  civica  iura 
respondere  paras,  seu  condis  amabile  carmen, 

25    prima  feres  hederae  victricis  praemia:  quod  si 
frigida  eurarum  fomenta  relinquere  posseS; 
quo  te  caelestis  sapientia  duceret,  ires. 
hoo  opus,  hoc  studium  parvi  properemus  et  ampli; 
si  patriae  volumus,  si  nobis  vivere  cari. 

30    debes  hoc  etiam  rescribere,  sit  tibi  eurae 
quantae  conveniat  Munatius.  an  male  sarta 
gratia  nequiquam  coit?  an  rescinditur  et  vos 
seu  calidus  sanguis  seu  rerum  inscitia  vexat 
indomita  cervice  feros?  ubicumque  loeorum 

35    vivitis,  indigni  fratemum  rumpere  foedus, 
pascitur  in  vestrum  reditum  votiva  iuvenca. 


IV. 

Albi,  nostrorum  sermonum  candide  iudex, 
quid  nunc  te  dicam  facere  in  regione  Pedana? 
scribere  quod  Cassi  Parmensis  opuseula  vineat, 
an  tacitum  silvas  inter  reptare  salubris, 

5    eurantem  quidquid  dignum  sapiente  bonoque  est? 
non  tu  corpus  eras  sine  peetore:  di  tibi  formam, 
di  tibi  divitias  dederunt  artemque  fruendi. 
quid  voveat  dulci  nutricula  maius  alumno, 
qui  sapere  et  fari  possit  quae  sentiat,  et  eui 

lü    gratia,  fama,  valetutlo  contingat  abunde, 
et  muudus  victus,  non  defieiente  crumena? 


32  an,  dann  et.    Ueberlieferung  et,  dann  at  und  ae. 

15 
Lehrs,  Uontiuf. 


226  Q.  HORATII  FLACCI 

inter  spem  curamque,  timores  inter  et  iras 
omnem  crede  diem  tibi  diluxisse  supremum: 
grata  superveniet  quae  non  sperabitur  hora. 
15    me  pinguem  et  nitidum  bene  curata  cute  vises, 
cum  ridere  voles,  Epicuri  de  grege  porcum. 


V. 

Si  potes  Arehiacis  conviva  recumbere  lectis 
nec  modica  cenare  times  olus  omne  patella, 
supremo  te  sõle  domi;  Torquate;  manebo. 
vina  bibes  iterum  Tauro  diffusa  palustris 
5    inter  Mintumas  Sinuessanumque  Petrinum. 
si  melius  qiiid  habes,  areesse;  vel  imperium  fer* 
iamdudum  splendet  focus  et  tibi  munda  supellex. 
mitte  levis  spes  et  certamiua  divitiarum 
et  Moschi  causam:  eras  nato  Caesare  festus 

10    dat  veniam  somnumque  dies;  inpune  lieebit 
festivam  sermone  benigno  tendere  noctem, 
quo  mihi  fortunam,  si  non  conceditur  iiti? 
pareus  ob  heredis  curam  nimiumque  severus 
adsidet  insano.   potare  et  spargere  flores 

15    incipiam  patiarque  vel  inconsultus  haberi. 
quid  non  ebrietas  designat?  operta  recludit, 
spes  iubet  esse  ratas,  ad  proelia  trudit  inertem, 
sollicitis  animis  onus  eximit,  addocet  artis. 
fecundi  calices  quem  non  fecere  disertum? 

20    contracta  quem  non  in  paupertate  solutum? 
haec  ego  procurare  et  idoneus  imperor  et  non 
invitus,  ne  turpe  toral,  ne  sordida  mappa 
corruget  naris,  ne  non  et  cantharus  et  lanx 
ostendat  tibi  te,  ne  fidos  inter  amicos 

25    sit  qui  dicta  foras  eliminet,  ut  coeat  par 
iungaturque  pari.    Butram  tibi  Septiciumque 
et  nisi  eena  prior  potiorque  puella  Sabinum 
detinet  adsumam.   locus  est  et  pluribus  umbris: 


EPISTULARÜM  LIB.  I.  5.  6.  227 

sed  nimis  arta  premunt  olidae  convivia  caprae. 
^    tu  quotus  esse  velis  rescribe  et  rebus  omissis 
atria  servantem  postico  faile  clientem. 


VI. 

Nii  admirari  prope  res  est  una,  Numici, 
solaque  quae  possit  faeere  et  servare  beatum. 
hunc  solem  et  stellas  et  decedentia  certis 
tempora  momentis  sunt  qui  formidine  nuUa 
5    -imbuti  8i)ectent.   quid  censes  mimera  terrae? 
quid  maris  extremos  Arabas  ditantis  et  Indos? 
ludicraque  et  plausus  et  amici  dona  Quiritis? 
quo  spectanda  modO;  quo  sensu  credis  et  ore? 
qui  timet  his  adversa,  fere  miratur  eodem 

10    quo  cupiens  paeto:  pavor  est  utrobique  molestus, 
inprovisa  simul  species  extemat  utrumque. 
gaudeat  an  doleat,  cupiat  metuatne,  quid  ad  rem^ 
si,  quidquid  vidit  melius  peiusque  sua  spe, 
defixis  oculis  animoque  et  corpore  torpet? 

15    insani  sapiens  nomen  ferat,  aequus  iniqui, 
ultra  quam  satis  est  virtutem  si  petat  ipsam. 
i  nunc,  argentum  et  marmor  vetus  aeraque  et  artis^ 
suspice,  eum  gemmis  Tyrios  mirare  colores; 
gaude  quod  spectant  oculi  te  mille  loquentem; 

20    navus  mane  forum  et  vespertinus  pete  tectum, 
ne  pius  frumenti  dotalibus  emetat  agris 
Mutus  et  (indignum,  qui  sit  peioribus  ortus!) 
hic  tibi  sit  potius  quam  tu  mirabilis  illi. 
quidquid  sub  terra  est;  in  apricum  proferet  aetas^ 

25  defodiet  condetque  nitentia.  eum  bene  notum 
portieus  Agrippae  et  via  te  conspexerit  Appi, 
ire  tamen  restat  Numa  quo  devenit  et  Ancus. 
si  latus  aut  renes  morbo  temptantur  acuto, 


7  que  et.   quid.      11  externat  Jacobs.   exterret  nndexercet.    22  qtü 
B.    quod. 

15* 


i 


228  ^  HüRATH  FLACa 

quaere  fugam  morbi.   vis  recte  vi  vere  (quis  non?): 

30    8i  virtus  hoc  una  potest  dare,  fortis  omissis 
hoc  age  deliciis.   virtutem  verba  putas  et 
lucum  ligna:  cave  ne  portus  occupet  alter, 
ne  Cibyratica,  ne  Bithyna  negotia  perdas; 
mille  talenta  rotundentur,  totidem  altera/  porro  et 

35    tertia  succedant,  et  quae  pars  quadret  acervum. 
scilicet  uxorem  cum  dot«  fidemque  et  amicos 
et  genus  et  formam  regina  Peeunia  donat, 
ae  bene  nummatum  deeorat  Suadela  Venusque. 
mancipiis  locuples  eget  aeris  Cappadocum  rex: 

40    ne  fueris  hic  tu.   chlamydes  LucuUuS;  ut  aiunt, 
8i  posset  centum  seenae  praebere  rogatus, 
^qui  possiun  tot?'  ait:  ^tamen  et  quaeram  et  quot  habebo 
mittam.'    post  paullo  scribit  sibi  milia  quinque 
esse  domi  chlamydum;  partem  vel  tolleret  omnis. 

45    exilis  domus  est  ubi  non  et  muita  supersunt 
et  dominum  fallunt  et  prosunt  furibus.   ergo 
si  res  sola  potest  facere  et  servare  beatum, 
boe  primus  repetas  opuS;  hoc  postremus  omittas. 
si  fortunatum  species  et  gratia  praestat, 

50    mercemur  servum  qui  dictet  nomina,  laevum 
qui  fodieet  latus  et  cogat  trans  pondera  dextram 
porrigere:  'hic  multum  in  Fabia  valet,  iile  Velina; 
cui  libet  hic  fascis  dabit  eripietque  curule 
cui  volet  inportunus  ebur/  frater,  pater  adde; 

55    ut  cuique  est  aetas,  ita  quemque  facetus  adopta. 
si  bene  qui  cenat  bene  vivit,  lueet,  eamus 
quo  ducit  gula,  piscemur,  venemur,  ut  olim 
Gargilius,  qui  mane  plagas,  venabula,  servos, 
diifertum  transire  forum  campumque  iubebat, 

60    unus  ut  e  multis  populo  spectante  referret 

emptum  mulus  aprum.   erudi  tumidique  lavemur, 
quid  deceat  quid  non  obliti,  Gaerite  eera 
digni,  remigium  vitiosum  Ithacensis  Ulixi, 


59  campumque  B.  populumque.    S.  Comment&r. 


1 


EPI8TÜLARÜM  LIB.  I.  6.  7.  229 

ciii  potior  patria  fuit  interdicta  voluptas. 
65    si,  Mimnermus  uti  censet,  sine  amore  iocisque 
nii  est  iucundum,  vivas  in  amore  iocisque. 
vive,  vale.   siquid  novisti  rectius  istis, 
candidus  imperti;  si  non,  his  utere  mecum. 


VII- 

Quinque  dies  tibi  poUicitus  me  rure  futurum, 
sextilem  totum  mendax  desideror.   atqui, 
si  me  vivere  vis  sanom  recteque  valentem, 
quam  mihi  das  aegro,  dabis  aegrotare  timenti^ 
5    Maecenas,  veniam,  dum  ficus  prima  calorque 
designatorem  decorat  lietoribus  atris, 
dum  pueris  omnis  pater  et  matercula  pallet, 
officiosaque  sedulitas  et  opella  forensis 
adducit  febris  et  testamenta  resignat 

10    quod  si  bruma  nivis  Albanis  inlinet  agris, 
ad  mare  descendet  vates  tuus  et  sibi  parcet 
contractusque  leget:  te,  dulcis  amice,  reviset 
cum  zephyris;  si  concedes,  et  hirundine  prima. 
non  quo  more  pyris  vesci  Galaber  iubet  hospes 

15    tu  me  fecisti  locupletem.  'vescere  sodes.' 

'iam  satis  est'  'at  tu  quantum  vis  tolle.'  'benigne/ 
'non  invisa  feres  pueris  munuscula  parvis.' 
'tam  teneor  dono  quam  si  dimittar  onustus.' 
'ut  libet:  haec  porcis  hodie  comedenda  relinques.' 

20    prodigus  et  stultus  donat  quae  spemit  et  odit: 
haec  seges  ingratos  tulit  et  feret  omnibus  annis, 
vir  bonus  et  sapiens  dignis  ait  esse  päratus: 
nec  tamen  ignorat  quid  distent  aera  lupinis. 
dignum  praestabo  me  etiam  pro  laude  merentis. 

25    quod  si  me  noles  usquam  discedere,  reddes 
forte  latus,  nlgros  angusta  fronte  capillos, 
reddes  dulce  loqui,  reddes  ridere  decorum  et 
inter  vina  fugam  Cinarae  maerere  protervae. 


Lf     > 


230  Q.  HORATU  FLACOI 

forte  per  angustam  tenuis  nitedula  rimam 

30    repserat  in  cumeram  frumenti,  pastaque  rursus 
ire  foras  pleno  tendebat  corpore  frustra. 
cui  muBtela  procul  *8i  vis*  ait  ^effugere  istinc, 
macra  cavum  repetes  artum,  quem  macra  subisti.' 
hac  ego  si  conpellor  imagine,  cuncta  resigno; 

35    nec  somnum  plebis  laudo  satur  altilium,  nec 
otia  divitiis  Arabum  liberrima  muto. 
saepe  verecundum  laudasti,  rexque  paterque 
audisti  coram,  nec  verbo  parcius  absens: 
inspice  si  possiim  donata  reponere  laetus. 

40    haud  male  Telemaehus,  proles  patientis  Ulixi, 
'non  est  aptus  equis  Ithace  locus,  ut  neque  planis 
porrectus  spatiis  nec  multae  prodigus  herbae: 
AtridC;  magis  apta  tibi  tua  dona  relinquam/ 
parvum  parra  decent:  mihi  iam  non  regia  Roma^ 

45    sed  vacnum  Tibur  placet  aut  inbelle  Tarentum. 
strenuus  et  fortis  causisque  Philippus  agendis 
claniS;  ab  officiis  ootavam  oirciter  horam 
dum  redit  atque  foro  nimium  distare  Carinas 
iam  grandis  natu  queritur,  conspexit,  ut  aiunt, 

ho    adrasum  quendam  vacua  tonsoris  in  umbra 
cultello  proprios  purgantem  leniter  unguis. 
'Demetri'  (puer  hic  non.laeve  iussa  Philippi 
accipiebat),  'abi,  quaere  et  refer,  unde  domo,  quis, 
cuius  fortunae,  quo  sit  patre  quove  patrono/ 

55    it  redit  et  narrat,  Volteium  nomine  Menam, 
praeconem,  tenui  censu,  sine  crimine  natum, 
et  properare  loco  et  cessare  et  quaerere  et  uti, 
gaudentem  parvisque  sodalibus  et  lare  certo 
et  ludis  et  post  decisa  negotia  campo. 

60    'scitari  libet  ex  ipso  quodcumque  refers:  die 
ad  cenam  veniat/    non  sane  credere  Mena, 
mirari  secum  tacitus.    quid  muita?  ^benigne* 
respondet.    'noget  iile  mihi?"  'negat  inprobus  et  te 


29  nitedula  B.    volpecula. 


EPISTULAKÜM  LIB.  L  7.  231 

neglegit  aut  horret.'    Volteium  mane  Philippus 

65    villa  yendentem  tunicato  scruta  popello 
occupat  et  salvere  iubet  prior,    iile  Philippo 
exeusare  laborem  et  mercennaria  Tincla^ 
qiiod  non  mane  domum  yenisset,  denique  quod  non 
providisset  eum.    ^sic  ignorisse  putato 

70    me  tibi;  si  cenag  hodie  meeum/    ^ut  libet'    ^ergo 
post  uonam  venies:  nunc  i,  rem  strenuus  auge/ 
ut  ventmn  ad  cenam  est,  dicenda  tacenda  locutus 
tandem  dormitum  dimittitur.    hic  ubi  saepe 
oceultmn  visus  decurrere  piseis  ad  hamum, 

75    mane  cliens  et  iam  certus  conviva,  iubetur 
rura  suburbana  indictis  comes  ire  Latinis. 
inpositus  mannis  arvum  eaelumque  Sabinum 
non  cessat  laudare.    videt  ridetque  Philippus, 
et  sibi  dum  requiem,  dum  risus  undique  quaerit; 

so    dum  septem  donat  sestertia,  mutua  septem 
promittity  persuadet  uti  mercetur  agellum. 
mercatur.    ne  te  longis  ambagibus  ultra 
quam  satis  est  morer,  ex  nitido  fit  rusticus  atque 
sulcos  et  vineta  erepat  mera,  praeparat  ulmos; 

S5    inmoritur  studiis  et  amore  senescit  habendi. 
verum  ubi  oves  furto,  morbo  periere  capellae, 
spem  mentita  seges,  bos  est  euectus  arando; 
offensus  damnis  media  de  noote  caballum 
arripit  iratusque  Philippi  tendit  ad  aedis. 

^0    quem  simul  aspexit  scabrum  intonsumque  PhilippuS; 
'durus'  ait,  ^Voltei,  nimis  attentusque  videris 
esse  mihi/    '^pol  me  miserum,  patrone,  vocares, 
si  velles'  inquit  'verum  mihi  ponere  nomen. 
quod  te  per  genium  dextramque  deosque  penatis 

^    obsecro  et  obtestor,  vitae  me  redde  priori/ 
qui  semel  aspexit  quantum  dimissa  petitis 
praestent;  mature  redeat  repetatque  relicta. 
metiri  se  quemque  suo  modulo  ae  pQde  verum  est* 


232  Q.  HORATIl  FLACa 


VIII. 


Celso  gaudere  et  bene  rem  gerere  Albinovano 
musa  rögata  refer,  comiti  scribaeque  Neronis. 
81  qaaeret  quid  agam,  dic  muita  et  pulehra  minantem 
yiyere  nec  recte  nec  soaviter:  haud  quia  grando 

5    contuderit  vitis  oleamve  momorderit  aestus^ 
nec  quia  longinquis  armentum  aegrotet  in  agris; 
sed  quia  mente  minus  validus  quam  corpore  toto 
nii  audire  velim,  nii  discere,  quod  levet  aegrum; 
fidis  offendar  medicis,  irascar  amiciS; 

10    cur  me  funesto  properent  arcere  veterno; 

quae  nocuere  sequar,  fugiam  quae  profore  eredam ; 
Romae  Tibur  amem  ventogus,  Tibure  Romam. 
post  haecy  ut  valeat,  quo  pacto  rem  gerat  et  se, 
ut  placeat  iuveni  percontare  utque  cohorti. 

15    si  dieet  'reete/  primum  gaudere,  subinde 
praeceptum  auriculis  hoo  instillare  memento: 
ut  tu  fortunam,  sic  nos  te,  Celse,  feremus. 


IX. 


Septimius,  Claudi,  nimirum  intellegit  unus, 
quanti  me  facias.  nam  cum  rogat  et  preee  eogit 
scilicet  ut  tibi  se  laudare  et  tradere  coner, 

dignum  mente  domoque  legentis  honesta  Neronis, 

5    munere  cum  fungi  propioris  censet  amici, 
(luid  possim  videt  ae  novit  me  valdius  ipso. 
muita  quidem  dixi,  cur  excusatus  abirem; 
sed  timui  mea  ne  finxisse  minora  putarer, 
dissimulator  õpis  propriae,  milii  commodus  uni. 

10    sic  ego,  maioris  fugiens  opprobria  culpae, 
frontis  ad  urbanae.  descendi  praemia.    quod  si 

4  Gruppe. 


EPISTOLARÜM  LIB.  I.  8.  9.  10.  233 

depositum  laudas  ob  amici  iussa  pudorem, 
scribe  tui  gregis  hunc  et  fortem  crede  bonumque. 


X. 

Urbis  amatorem  Fuscum  salvere  iubemus 

ruris  amatores.    bac  in  re  scilicet  una 

multum  dissimiles,  at  cetera  pene  gemelli; 

fratemis  animig  quidquid  negat  alter  et  alter, 
5    adnuimus  panter  vetuli  notique  eolumbi. 

tu  nidum  seiras,  ego  laudo  ruris  amoeni 

rivos  et  musco  circumlita  saxa  nemusque. 

quid  quaeris?  vivo  et  regno,  simul  ista  reliqni 

quae  yos  ad  caelum  effertis  rumore  seeundo, 
10    utque  sacerdotis  fugitivus  liba  reeuso, 

pane  egeo  iam  mellitis  potiore  placentis. 

vi  vere  naturae  si  convenienter  oportet 

ponendaeque  domo  quaerenda  est  area  primum, 

novistine  locum  potiorem  rure  beato? 
15    est  ubi  pius  tepeant  hiemes,  ubi  gratior  aura 

leniat  et  rabiem  canis  et  momenta  leonis, 

cum  semel  accepit  solem  furibundus  acutum? 

est  ubi  divellat  somnos  minus  invida  eura? 

deterius  Libyeis  olet  aut  nitet  herba  lapillis? 
20    purior  in  vieis  aqua  tendit  rumpere  plumbum, 

quam  quae  per  pronum  trepidat  cum  murmure  rivmn? 

uempe  inter  varias  nutritur  silva  columnaS; 

laudaturque  domus  longos  quae  prospicit  agros. 

naturam  expellas  furca,  tamen  usque  recurret 
25    et  maia  perrumpet  furtim  fastidia  vietrix. 

non  qui  Sidonio  contendere  callidus  ostro 

neseit  Aquinatem  potantia  vellera  fucum, 

certius  accipiet  damnum  propiusve  medulliS; 

quam  qui  non  poterit  vero  distinguere  falsum. 
30    quem  res  pius  nimio  delectavere  secundae, 

mutatae  quatient.   siquid  mirabere,  pones 


234  ^  HORATU  FLAOd 

invitus.  fuge  magna:  licet  sub  paupere  tecto 

reges  et  regum  vita  praecurrere  amicos. 

cenruB  equum  pagna  melior  communibus  herbis 
35    pellebat^  donec  miiior  in  certamine  longo 

inploravit  opes  hominis  frenumque  recepit. 

sed  postquam  victor  victo  discessit  ab  hoste, 

non  equitem  dorso;  non  frenum  depulit  ore. 

81C  qui  pauperiem  veritus  potiore  metallis 
40    libertate  caret,  dominum  vehit  inprobus  atque 

serviet  aetemum,  quia  parvo  nesciet  uti. 

cui  non  conveniet  sua  res,  ut  ealceus  olini; 

si  pede  maior  erit,  subvertet,  si  minoi*;  uret 

laetus  sorte  tua  vives  sapienter^  Aristi, 
45    nec  me  dimittes  ineastigatum,  ubi  plura 

cogere  quam  satis  est  ae  non  eeasare  >idebor. 

imperat  aut  servit  eollecta  peeunia  cuique, 

tortum  digna  sequi  potius  quam  dueere  funem. 

haee  tibi  dietabam  post  fanum  putre  Vacunae; 
50    excepto  quod  non  simul  esses  eetera  laetus. 


XI. 

Quid  tibi  visa  Chios,  Bullati;  notaque  Lesbos, 
quid  eoncinna  Samos,  quid  Groesi  regia  SardiS; 
Smyma  quid  et  Colophon?  maiora  minorane  fama? 
eunetane  prae  campo  et  Tiberino  flumine  sordent, 

5    an  venit  in  votum  Attalicis  ex  urbibus  una? 
an  Lebedum  laudas  odio  maris  atque  viarum? 
'seis  Lebedus  quid  sit.  Gabiis  desertior  atque 
Fidenis  vicus:  tamen  illic  vivere  vellem, 
oblitusque  meorum^  obliriscendus  et  illis, 

10    Neptunum  procul  e  terra  spectare  furentem.* 
sed  neque  qui  Capua  Romam  ])etity  imbre  lutoque 


37  Tictor  victo  hat  nach  Bentley  Editio  Cadomeusis  1480.    victor 
violens  und  violens  victor. 


EPISTüLARÜM  LIB.  I.  10.  11.  235 

adspersuS;  volet  in  eaupona  vivere;  nec  qui 

frigus  collegit,  furiiog  et  balnea  laudat 

ut  fortunatam  plene  praestantia  vitam; 
15    nec  si  te  validus  iaotaverit  auster  in  alto, 

idcireo  uavem  trans  Aegaeum  mare  vendas. 

ineolumi  Rhodos  et  Mytilene  pulcbra  facit  quod 

paenula  solstitio^  campestre  nivalibus  auriS; 

per  brumam  Tiberis,  sextili  mense  camiuug. 
2(1    dum  licet  ae  voltum  gervat  Fortuna  benignum, 

Romae  laudetur  Samos  et  Chios  et  Bhodos  abseng. 

tu  quamcumque  deus  tibi  fortunaverit  horam 

grata  gume  manu,  neu  duleia  differ  in  annum; 

ut  quocumque  loco  fueris  vixigge  libenter 
25    te  dicas.  nam  si  ratio  et  prudentia  eurag; 

non  loeus  effusi  läte  maris  arbiter  aufert, 

caelum,  non  animum,  mutant  qui  trans  mare  eurrunt 

strenua  nos  exercet  inertia,  navibus  atque 

quadrigis  petimus  bene  vivere.  quod  petis,  hic  est, 
30    est  Ulubris,  animus  si  te  non  deficit  aequus. 


XP. 

Quid  tibi  visa  Chios,  Bullati,  notaque  Lesbos, 
quid  coneinna  Samos,  quid  Groesi  regia  Sardis, 
Smyrna  quid  et  Colophon?  maiora  minorane  fama? 
cunctane  prae  campo  et  Tiberino  flumine  sordent 

5  au  venit  in  votum  Attalicis  ex  urbilhis  una? 

6  an  Lebedum  laudas  odio  maris  atque  viarum? 
n    ineolumi  Rhodos  et  Mitjiene  pulchra  facit  quod 

paenula  solstitio,  campestre  nivalibus  auris, 

per  brumam  Tiberis,  sextili  mense  eaminus. 
22    tu  (j[uamcuinque  deus  tibi  fortunaverit  horam 

grata  suine  manu  neu  duleia  differ  in  annum; 

ut  quocumque  loco  fueris  vixisse  libenter 
25    te  dicas  sapiens.  ratio  et  prudentia  curas, 

non  locus  et  fusi  läte  maris  arbiter  aufert  : 


25  sapiens.   nam  si.       26  et  fusi.    effusi. 


236  Q.  HORAXn  FLAOCI 

eaelum,  non  animum  mutant  qui  trans  mare  cairunt. 
Btfenua  no8  exercet  inertia,  naTibus  atqne 
quadrigis  petimus  bene  virere.  qnod  petis  hic  est, 
30    est  Vlubris,  animus  si  te  non  deficit  aeqnns. 


XII. 

FructibuB  Agrippae  Siculis,  qnos  colligis,  Icci, 
gi  recte  frueris,  non  est  ut  copia  maior 
ab  love  donari  possit  tibi.  tolle  querellas: 
pauper  enim  non  est  eui  remm  suppetit  usns. 

5    si  ventri  bene,  si  lateri  est  pedibasqne  tuiS;  nii 
divitiae  poterunt  regales  addere  maius, 
si  forte  in  medio  positorum  abstemius  herbis 
vivis  et  urtica,  sic  vives  protinus  ut  te 
confestim  liquidus  Fortunae  rivus  inauret^ 

10    vel  quia  naturam  mutare  pecunia  nescit^ 
rel  quia  cuncta  putas  una  virtute  minora. 
miramuF;  si  Democriti  pecus  edit  agellos 
cultaque^  dum  peregre  est  animns  sine  corpore  velox; 
cum  tu  inter  scabiem  tantam  et  contagia  lucri 

15    nii  parvum  sapias  et  adhuc  sublimia  cures, 

quae  mare  conpescant  causae,  quid  temperet  annuro, 
stellae  sponte  sua  iussaene  vagentur  et  errent, 
quid  premat  obscurum  lunae^  quid  proferat  orbem, 
quid  velit  et  possit  rerum  Concordia  discors, 

20    Empedocles  an  Stertinium  deliret  acumen. 
verum  sen  piscis  seu  porrum  et  caepe  trucidas, 
utere  Pompeio  Grospho,  et;  siquid  petet,  ultro 
defer:  nii  Grosphus  nisi  verum  orabit  et  aequum. 
vilis  amicorum  est  annona,  bonis  ubi  quid  deest. 

25    ne  tamen  ignores  quo  sit  Romana  loco  res, 
Cantaber  Agrippae,  Claudi  virtute  Neronis 
Armenius  cecidit;  ius  imperiumque  Phraates 
Caesaris  accepit  genibus  minor;  aurea  fruges 
Italiae  pleno  defundit  Copia  eomu. 


EPISTÜLARÜM  LIB.  I.  12.  13.  14.  237 


XIII. 


Ut  proficiflcentem  docui  te  saepe  diuque, 
Augusto  reddes  signata  yolumina,  Vini, 
si  validus,  si  laetus  erit,  si  denique  poscet; 
ne  studio  nostri  pecces,  odiumque  libellis 

5    sedulus  inportes  opera  vehemente  minister, 
si  te  forte  meae  gravis  uret  sarcina  chartae; 
abicito  potius  quam  quo  perferre  iuberis 
clitellas  ferus  inpingas  Asinaeque  paternum 
cognomen  vertas  in  risum  et  fabula  fias. 

10    viribus  uteris  per  clivoS;  flumina;  lamas, 
victor  propositi  simul  ae  perveneris  illuc, 
sie  positum  serrabis  onus,  ne  forte  sub  ala 
fasciculum  portes  librorum  ut  rustieus  aguum, 
ut  vinosa  glomus  furtivae  Pyrrliia  lanae, 

15    ut  cum  pilleolo  soleas  conviva  tribulis. 
ne  Yolgo  narres  te  sudansse  ferendo 
carmina  quae  possint  oculos  aurisque  morari 
Caesaris,  oratus  muita  preee,  nitere  porro. 
vade,  vale:  cave  ne  titubes  mandataque  frangas. 


XIV. 

Vilice  silvarum  et  mihi  me  reddentis  agelli, 
quem  tu  fastidis  habitatum  quinque  focis  et 
quinque  bonos  solitum  Yariam  dimittere  patres, 
certemus,  spinas  animone  ego  fortius  an  tu 

5    evellas  agro,  et  melior  sit  Horatius  an  res. 
me  quamvis  Lamiae  pietas  et  cura  moratur^ 
fratrera  maerentis,  rapto  de  fratre  dolentis 
insolabiliter,  tamen  istue  mens  animusque 
fert  et  amat  spatiis  obstautia  rumpere  claustra. 

10    rure  ego  viventem,  tu  dieis  in  urbe  beatum. 
cui  placet  alterius,  sua  nimirum  est  odio  sors. 
stultus  uterque  locum  inmeritum  causatur  inique 


238  Q.  HOBATII  FLACCI 

in  culpa  est  animus,  qui  m  non  effugit  umquam. 
tu  mediastinus  tacita  prece  rura  petebas, 

15    nunc  urbem  et  ludos  et  balnea  vilicus  optas: 
me  constare  mihi  seis  et  discedere  tristem^ 
qiiandocumque  trahunt  invisa  negotia  Romam. 
non  eadem  miramur:  eo  disconvenit  inter 
meque  et  te.  nam  quae  deserta  et  inhospita  tesqua 

20    eredis,  amoena  vocat  meeum  qui  sentit^  et  odit 
quae  tu  pulchra  putas.  fomix  tibi  et  uneta  popina 
incutiunt  urbis  desiderium,  video,  et  quod 
anguIuB  iste  feret  piper  et  tus  ocius  uva, 
nec  vicina  subest  vinum  praebere  taberna 

25    quae  possit  tibi,  nec  meretrix  tibicina,  cuiug 

ad  strepitum  salias  terrae  gravis,  et  tamen  urgues 
iam  pridem  non  tacta  ligonibus  arva  bovemque 
disiunctum  curas  et  strictis  frondibus  exples. 
addit  opus  pigro  rivus,  si  decidit  imber, 

ao    muita  mole  docendus  aprico  parcere  prato. 

nunc  age,  quid  nostrum  concentum  dividat,  audi. 
quem  tenues  decuere  togae  nitidique  capilli, 
quem  seis  inmunem  Cinarae  placuisse  rapaci, 
quem  bibulum  liquidi  media  de  luce  Falemi, 

35    eena  brevis  iuvat  et  prope  rivum  somnus  in  herba. 
nec  lusisse  pudet,  sed  non  incidere  ludum. 
non  istic  obliquo  oculo  mea  commoda  quisquam 
limat,  non  odio  obscuro  morsuque  venenat: 
rident  vicini  glaebas  et  saxa  moventem. 

40    cum  servis  urbana  diaria  rodere  mavis? 

horum  tu  in  numerum  voto  mis:  invidet  usum 
lignorum  et  pecoris  tibi  calo  argutus  et  horti. 
optat  ephippia  bos  piger,  optat  arare  caballus. 
quam  scit  uterque,  libens,  censebo,  exerceat  artem. 


XIV^ 

Vilice  silvarum  et  mihi  me  reddentis  agelli, 
quem  tu  fastidis  habitatum  quinque  foeis  et 


EPISTULARÜM  LIB.  L  14.  239 

quinque  bonos  solitum  Variam  dimittere  patres, 

certemus,  spinas  animone  ego  fortius  an  tu 

5    evellas  agro 

5*   ....    et  melior  sit  Hõratius  an  res, 

me  quamvis  Lamiae  pietas  et  cura  moratur 

fratrem  maerentis,  rupto  de  fratre  dolentis 

insolabiliter,  tamen  istuc  mens  animusque 
9    fert  et  amat  spatiis  obstantia  rumpere  claustra. 
14    tu  mediastinus  tacita  prece  nira  petebas, 

nunc  urbem  et  ludos  et  balnea  vilicus  optas. 
is    non  eadem  miramur,  eo  disconvenit  inter 

meque  et  te:  nam  quae  deserta  et  inhospita  tesqua 
20    credis,  amoena  vocat  mecum  qui  sentit,  et  odit 

quae  tu  i)ulchra  putas.  fornix  tibi  et  uneta  popina 

incutiunt  urbis  desiderium,  video,  et  quod 

angulus  iste  feret  piper  et  tus  ocius  uva, 

ncc  vicina  subest  vinum  praebere  tabema 
25    quae  possit  tibi,  nec  meretrix  tibicina,  cuius 

ad  strepitum  salias  terme  gravis,  et  tamen  urges 

iam  pridem  non  taota  ligonibus  arva  bovemque 
28    disiunctum  euras  et  sti-ictis  frondibus  exples. 
16    me  constare  mihi  seis  et  diseedere  tristem, 

quandocumque  trahunt  invisa  negotia  Romam. 
32    quem  tenues  deeuere  togae  nitidique  capilli, 

quem  seis  inmunem  Cinarae  ])lacui88e  rapaci, 

quem  bibulum  liquidi  media  de  luce  Falerni, 
35    eena  brevis  iuvat  et  prope  rivum  somnus  in  herba. 
37    non  istic  obliquo  oculo  mea  eommoda  quisquam 

limat,  non  odio  obseuro  morsuque  venenat : 

rident  vicini  glaebas  et  saxa  moventem. 
40    cum  servis  urbana  diaria  rodere  mavis? 

horum  tu  in  numerum  voto  mis;  invidet  usum 

lignorum  et  pecoris  tibi  ealo  argutus  et  horti. 

optat  ephippia  bos  piger,  optat  arare  caballus,  « 


240  Q.  HORATII  FLACCl 

XV. 

Quae  sit  hiems  Yeliae,  quod  caelum,  Vala,  Salerai, 
1*  quaerere  ab  experto  iam  mi  est  opus;  est  opuB  illud, 
quorum  hominuin  regio  et  qualis  via.  nam  mihi  Baias 
Musa  supervacuas  Antonius  et  magis  illis 
me  faeit  invisum;  gelida  eum  perluor  unda 
5    per  medium  frigus.    Bane  murteta  relinqui, 
dietaque  cessantem  nenis  elidere  morbum 
sulfura  contemni,  vicus  gemit,  invidus  aegriS; 
qui  caput  et  stomachum  supponere  fontibus  audent 
Clusinis  Gabiosque  petunt  et  frigida  rura. 

to    mutandus  loeus  est  et  deversoria  nota 

praeteragendus  equus.  'quo  tendis?  non  mihi  Cumas 
est  iter  aut  Baias'  laeva  stomachosus  habena 
dieet  eques,  certum  nitens  iter.    edere  perge, 
maior  utrum  populura  frumenti  copia  pascat; 

15    collectosne  bibant  imbris  puteosne  perenuis 
iugis  aquae.    nam  vina  nihil  moror  illius  orae. 
rure  meo  possum  quidvis  perferre  patique; 
ad  mare  cum  veni,  generosum  et  lene  requiro, 
quod  curas  abigat,  quod  cum  spe  divite  mauet 

20    in  venas  animumque  meum,  quod  verba  ministret, 
quod  me  Lucanao  iuvenem  commendet  amicae. 
tractus  uter  pluris  lepores,  uter  educet  apros, 
utra  magis  piscis  et  echinos  aequora  celent; 
pinguis  ut  inde  domum  possim  Phaeaxque  reverti, 

25    scribero  te  nobis,  tibi  nos  adcredere  par  est. 
Maenius,  ut  rebus  matemis  atque  paternis 
fortiter  absumptis  urbanus  coepit  haberi, 
Bcurra  vaguS;  non  qui  certum  praesaepe  teueret, 
inpransus  non  qui  cirem  dignosceret  hoste; 

30    quaelibet  in  quemvis  opprobria  fingere  saevus,  — 

pemicies  et  tempestas  barathrumque  macelli,  — 
quidquid  quaesierat,  ventri  donarat  avaro, 


1'  Zosatz  des  Herausgebers.     4  magis.  tamen.      13  certum  u  s.  w. 
aed  equis  frenato  est  auris  in  ore.     . 


KPISTÜLARÜM  LIB.  1.  15,  16.  241 

hic  ubi  nequitiae  fautoribus  et  timidis  nii 
aut  paullum  abstulerat,  patinas  cenabat  omasi, 

3õ    yilis  et  agninae^  tribus  ursis  quod  satis  esset; 
scilicet  ut  ventres  lamna  eandente  nepotom 
diceret  urendos  corrector  Bestias,   idem 
quidquid  erat  nactus  praedae  maioris,  ubi  omne 
verterat  in  fumum  et  cinereni;  'non  hercule  miror 

40    aiebat;  'si  qui  comedunt  bona,  eum  sit  obeso 
nii  melius  turdo,  nii  voIva  pulchrius  ampla/ 
nimirum  hic  ego  sum.  nam  tuta  et  parvola  laudo^ 
eum  res  deficiunt^  satis  inter  vilia  fortis: 
verum  ubi  quid  melius  contingit  et  unctiuS;  idem 

45    V08  sapere  et  solos  aio  bene  vivere,  quorum 
conspicitur  nitidis  fundata  pecunia  villis. 


XVI. 

Ne  perconteris  fundus  meus^  optime  Quinti; 
arvo  pascat  enim  an  bacis  opiüentet  olivae, 
pomisne  an  pratis  an  amicta  vitibus  ulmo, 
scribetur  tibi  forma  loquaciter  et  situs  agri. 

5    continui  montes,  ni  dissocientur  opaca 

valle;  sed  ut  veniens  dextrum  latus  aspiciat  sol^ 
laevum  decedens  cumi  fugiente  vaporet. 
temperiem  laades,  quid,  si  rubicunda  benignae 
coma  vepres  et  pruna  ferant?  si  quercus  et  ilex 

10    muita  fruge  pecus,  muita  dominum  iuvet  umbra? 
dicas  adductum  propius  frondere  Tarentum, 
fons  etiam  rivo  dare  nomen  idoneus;  ut  nec 
frigidior  Thracam  nec  purior  ambiat  Hebrus, 
infirmo  capiti  fluit  utilis,  utilis  alvo. 

15    hae  lat^brae  dulces  et,  iam  si  credis,  amoenae, 
incolumem  tibi  me  praestant  septembribus  horis. 
tu  recte  vivis,  si  curas  esse  quod  audis, 
iactamus  iam  pridem  omnis  te  Koma  beatum: 


7  decedens  B.  discedens  und  desrceadens. 

Lrhbs,  UorftUuii.  ^^ 


242  a  HOBATU  FLACCI 

sed  vereor  ne  cui  de  te  pius  quam  tibi  eredas, 

20    neve  putes  alium  sapiente  bonoque  beatum, 
neu,  si  te  populus  sanum  reeteque  valentem 
dictitet;  occultam  febrem  sub  tempus  edeadi 
dissimules,  donec  manibus  tremor  ineidat  unetis. 
stultorum  incurata  pudor  maius  ulcera  eelat 

25    siquis  bella  tibi  terra  pugnata  marique 
dicat  et  his  verbis  vacuas  permulceat  auris, 
'tene  magis  salvum  populus  velit  an  populum  tu, 
servet  in  ambiguo  qui  consulit  et  tibi  et  urbi 
luppiter/  Augusti  laudes  agnoscere  possis: 

30    cur  pateris  sapiens  emendatusque  voeari? 

respondesue  tuo,  dic  sodes,  nomine?  'nempe 
vir  bonus  et  prudens  dici  delector  ego  ae  tu/ 
qui  dedit  hoo  hodie,  eras,  si  volet,  auferet,  ut  si 
detulerit  faseis  indigno,  detrahet  idem. 

35    'pone,  meum  est'  inquit:  pono  taeitusque  reeedo. 
idem  si  elamet  furem,  neget  esse  pudieum, 
^coutendat  laqueo  eollum  pressisse  patemum; 
üiordear  opprobriis  falsis  mutemque  eolores? 
falsus  honor  iuvat  et  mendax  infamia  terret 

40    quem  nisi  mendosum  et  medieaudum  ?  vir  bonus  est  quis  ? 
'qui  consulta  patrum,  qui  leges  iuraque  servat, 
quo  multae  magnaeque  seoantur  iudice  Utes, 
quo  res  sponsore  et  quo  eausae  teste  tenentur/ 
sed  videt  hunc  omnis  domus  et  vicinia  tota 

45    introrsus  turpem,  speeiosum  pelle  deeora. 
'nec  furtum  feei  nec  fugi'  si  mihi  dicit 
servus,  'habes  pretium,  loris  nou  ureris'  aio. 
*non  hominem  occidi/    non  pasces  in  eruee  corvos. 
'surn  bonus  et  frugi/  renuit  negitatque  Sabellus.' 

50    eautus  enim  metuit  foveam  lupus  accipiterque 
suspeetos  laqueos  et  opertum  miluus  hamum. 
oderunt  peceare  boni  virtutis  amore. 
tu  nihil  admittes  in  te  formidine  poenae: 


30  cur.   cum.       35  tristisque. 


EPISTÜLARÜM  LIB.  L  16.  17.  243 

sit  spes  fallendi;  miscebis  sacra  profanis. 

55    nam  de  mille  fabae  modiis  cum  surripis  nnuni; 
damnum  est,  non  facinus,  mihi  pacto  lenius  iato. 
vir  bonus,  omne  forum  quem  spectat  et  omne  tribunal^ 
quandocumque  deos  vel  porco  vel  bove  plaeat, 
*Iane  patei^  clare,  clare  cum  dixit  'Apollo/ 

60    labra  movet  metuens  audiri  'pulchra  Laverna; 
da  miili  fallere^  da  iusto  sanctoque  videri, 
noctem  peccatis  et  fraudibus  obice  nubem.' 
qui  melior  servo,  qui  liberior  sit  avarus, 
in  triviis  fixum  cum  se  demittit  ob  assem, 

65    non  video,  nam  qui  cupiet,  metuet  quoque:  porro 
qui  metuens  vivet,  liber  mihi  non  erit  umquam. 
.  perdidit  anna,  locum  virtutis  deseruit,  qui 
semper  in  augenda  festinat  et  obruitur  re. 

vendere  cum  possis  captivum,  occidere  noli: 

70  serviet  utiliter:  sine  pascat  durus  aretque, 

naviget  ae  mediis  biemet  mercator  in  undis, 
annouae  prosit,  portet  frumenta  penusque. 
vir  bonus  et  sapiens  audebit  dicere  'Pentheu, 
reetor  Thebarum,  quid  me  perferre  patique 

75    indignum  coges?*  'adimam  bona/  'nempe  pecus,  rem, 
lectos,  argentum.  tõllas  licet/  'in  manicis  et 
compedibus  saevo  te  sub  custode  tenebo.* 
Mpse  deus,  simul  atque  volam,  me  solvet."  opinor 
hoc  sentit,  'moriar.'  mors  ultima  linea  renim  est. 


xvn. 

Quamvis,  Scaeva,  satis  per  te  tibi  consulis,  et  seis 
quo  tandem  pacto  deceat  maioribus  uti, 
disee,  docendus  adhuc  quae  censet  amiculus,  ut  si 
caecus  iter  monstrare  velit:  tamen  aspice  si  quid 
et  nos  quod  cures  proprium  fecisse  loquamur. 
si  te  grata  quies  et  primam  somnus  in  horam 
delectat;  si  te  pulvis  strepitusque  rotarum, 

16* 


244  <au  HORAin  FLACCI 

si  laedit  caaponm,  Ferentinmii  ire  inbebo. 
nmm  neqae  diritilMS  eontmgunt  gandim  solia» 

IM    nec  Tixit  male  qid  natas  marienMiae  fefeUh. 
si  prodene  tais  panlloqne  bemgnius  ipsum 
te  tractare  Toles.  aeeedes  neciis  ad  onetam. 
'si  pranderet  olus  patienter,  r^bos  ati 
nollet  Aristippiis.'  'si  seiret  itgibas  uti, 

\o    fastidiret  olus  qiii  me  notat'    utrios  homm 
Terba  probes  et  &da  doee,  Td  ionior  andi 
cur  sit  Aristippi  potior  sententia.    namqae 
mordaeem  cjnicam  sic  eludebat,  nt  aiant. 
'sciirror  ego  ipse  mihi,  popido  ta:  rectius  hoc  et 

20    splendidios  multo  est.  eqaos  at  me  portet,  alat  rex, 
officiam  (ario:  ta  poeds  TÜia  renmi, 
dante  minor,  qoamvis  fers  te  nnlliiis  ^entem/ 
omnis  Aristippam  deeuit  color  et  stetus  et  res, 
temptantem  maiora,  fere  praesentibns  aeqaom. 

is    contra,  qaon  daplid  paane  patientia  relat 
mirabory  vitae  via  si  conTersa  decebit 
alter  purpuream  non  exspectalrit  amietuni, 
quidlibet  indutns  eelebemma  per  loea  vadet 
personamqae  feret  non  infondnnos  ntramqne: 

3»i    alter  Müeti  textam  cane  peins  et  angui 
Wtabit  chlamydem,  morietnr  frigore,  si  non 
rettuleris  pannonL  refer  et  sine  rirat  ineptns. 
res  gerere^  et  eaptos  ostendere  riribus  hostis, 
attingit  solium  loris  et  eaelea$tia  temptat. 

35    prineipibus  placuisse  viris  non  ultima  laos  est. 
non  caivis  homini  contingit  adire  Corinthom. 
sedity  qui  timoit  ne  non  succederet:  esto. 
quid?  qoi  peirenit  fecitae  Tiriliter?  atqui 
hie  esty  ant  nuäquam,  quod  quaerimns.  hie  onns  horrel, 

40    ut  panis  animis  et  parro  corpore  maius: 

hie  subit  et  perfert    aut  rirtus  nomen  inane  est^ 
aut  decus  et  pretinm  recte  petit  experiens  vir. 
coram  n^  sua  de  paupertate  tacentes 
pius  poscente  ferent  distat  sumasne  pudenter 


k. 


EPISTÜLAEUM  LIB.  L  17.  17'.  245 

45    an  rapias:  atqui  rerum  caput  hoc  erat,  hic  fons. 
'indotata  mihi  soror  est^  paupercula  mater, 
et  fundus  nec  vendibilis  neo  pascere  firmas' 
qui  dicity  damat  Mctum  date.'  suecinit  alter 
'et  mibi  dividuo  findetur  munere  quadra.' 

50    sed  tacitus  pasci  ai  posset  coryus,  haberet 
pius  dapis  et  rixae  multo  minus  invidiaeque. 
Brundisium  comes  aut  Surrentum  ductus  amoenom 
qui  queritur  salebras  et  acerbum  frigus  et  imbrisi 
aut  cistam  effiractam  et  subducta  viatica  plorat, 

55    nota  refert  meretricis  aeumina,  saepe  catellam 
saepe  periscelidem  raptam  sibi  flentiS;  uti  mox 
nulla  fides  damnis  verisque  doloribus  adsit. 
nec  semel  inrisus  triviis  attollere  curat 
fracto  crure  planum.  licet  illi  plurima  manet 

60    laerima,  per  sanctum  iuratus  dicat  Osirim 
'credite,  non  ludo:  crudeles,  tollite  claudum:' 
'quaere  peregrinum'  vieinia  rauca  reclamat 


XVII\ 

1    Quamvis,  Scaeva,  satis  per  te  tibi  consulis  et  stas^ 

3    disce,  docendus  adbuc  quae  eenset  amioulus,  ut  si 
caecus  iter  monstrare  velit:  tamen  adspice  si  quid 

5    et  nos  quod  cures  proprium  fecisse  loquamur. 
si  te  grata  quies  et  primam  somnus  in  boram 
delectat,  si  te  pulvis  strepitusque  rotarum, 
si  laedit  caupona,  Ferentinum  ire  jubebo: 
nam  neque  divitibus  contingunt  gaudia  soliSy 

10    nec  yixit  male  qui  natus  moriensque  fefellit. 
si  prodesse  tuis  pauUoque  benignius  ipsum 
te  tractare  voles,  accedes  siccus  adunctum. 
'si  pranderet  olus  patienter,  regibus  uti 
nollet  Aristippus.'  'si  seiret  regibus  uti^ 

15    fastidiret  olus  qui  me  notat/  utrius  borum 


1  et  stas.  et  seis. 


246  Q.  HORATII  FLAGOl 

verba  probes  ot  facte  doce,  vel  iunior  audi 
cur  sit  Aristippi  potior  sententia.  namque 
niordacem  cynicum  sic  eludcbat,  ut  aiunt^ 
'scurror  ego  ipse  mihi,  populo  tu:  rectius  hoo  et 

20    splendidius  raulto  est.    equus  ut  me  portet;  alat  rex, 
officium  facio;  tu  poscis  vilia  renim, 
dante  rainor,  quamvis  fere  te  nuUius  egentem/ 
omnis  Aristippum  decuit  color  et  status  et  res, 
tentantem  maiora,  fere  praesentibus  aeqaum; 

25    contra  quem  duplici  panno  patientia  velat, 
mirabor  vitae  via  si  conversa  decebit. 
aher  purpuream  non  exspectabit  amictoni; 
quidlibet  indutus  celeberriraa  per  loca  vadet 
personamque  feret  non  inconcinnus  utramque: 

30    alter  Mileti  textam  cane  pejus  et  angui 
vitabit  chlaraydem,  morietur  frigore,  si  non 
rettuleris  pannum,  refer  et  sine  vivat  ineptus. 

36    non  cuivis  homini  eontingit  adire  Corinthum. 


XVIII. 

Si  bene  te  novi,  metues,  liberrinie  Lolli, 
scurrantis  speciem  praebere,  professus  amicum. 
ut  matrona  meretrici  dispar  erit  atque 
discolor,  infido  scurrae  dist^ibit  amicus. 
5    est  huic  diversum  vitio  vitium  prope  maius, 
asperitas  agrestis  et  inconeinna  gravisque, 
(luae  se  commendat  tonsa  cute,  dentibus  atris, 
(luni  volt  libertas  dici  mera  veraque  virtus. 
virtus  est  me<lium  vitiomm  et  utrimque  reductum. 

10    alter  in  obsequium  pius  aequo  pronus,  et  imi 
derisor  lecti,  sic  nutum  divitis  horret, 
sic  iterat  voces  et  verba  c^dentia  toUit, 
ut  puerum  saevo  eredas  dictata  magistro 
reddere  vel  partis  mimum  tractare  secundas: 

15    alter  rixatur  de  lana  saepe  caprina; 


I 


EPISTULARÜM  LIB.  I.  17.  18.  247 

propUgaat  nugis  armatus:  'scilicet  nt  non 
sit  mihi  prima  fides  et  vere  quod  placet  nt  non 
acriter  elatrem?  pretium  aetas  altera  sordet.' 
ambigitur  quid  enim?  Castor  sciat  an  Dolichos  pius; 

20    Brundigium  Minuci  melius  via  ducat  an  Appi. 
quem  damnosa  Veniis,  quem  praeceps  alea  nndat, 
gloria  quem  supra  viris  et  vestit  et  unguit; 
quem  tenet  argenti  sitis  inportuna  famesque, 
(j[uem  paupertatis  pudor  et  fuga,  dives  amicuS; 

25    saepe  deeem  vitiis  instructior,  odit  et  horret; 
aut,  gi  non  odit,  regit  ae  veluti  pia  mater 
pius  quam  se  sapere  et  virtutibus  esse  priorem 
volt  et  ait  prope  vera:  'meae  (contendere  noli) 
stultitiam  patiuntur  opes:  tibi  parrola  res  est 

30    arta  decet  sanum  comitem  toga:  desine  mecum 
certare.'    Eutrapelus  cuicumque  nocere  volebat, 
vestimenta  dabat  pretiosa:  'beatus  enim  iam 
eum  pulchris  tunicis  sumet  nõva  consilia  et  spes^ 
dormiet  in  lucem,  scorto  postponet  honestum 

35    officium,  nummos  alienos  pascet,  ad  imum 

Thraex  erit  aut  olitoris  aget  mercede  caballum/ 

72    non  ancilla  tuum  ieeur  uleeret  ülla  pueire 
intra  marmoreum  venerandi  limen  amici, 
ne  dominus  pueri  pulchri  grataeve  puellae 
munere  te  caro  beet  aut  incommodus  angat. 

37    areanum  neque  tu  scrutAberis  illius  umquam, 
eommissumque  teges  et  vino  tortus  et  ira. 
nec  tua  laudabis  studia  aut  aliena  reprendes, 

40    nec,  cum  venari  volet  iile,  poomata  panges, 
gratia  sic  fratrum  geminorum,  Amphionis  atque 
Zethi,  dissiluit,  donee  suspecta  severo 
eonticuit  lyra.    fratemis  cessisse  putatur 
moribus  Amphion:  tu  cede  potentis  amici 

45     lenibus  imperiis,  quotiensque  educet  in  agros 
Aetolis  onerata  plagis  iumenta  canesque. 


4  grataeve.   caraeve.      75  caro.    grato. 


248  ^  UORATn  FLACa 

surge  et  inhumanae  senium  depone  eamenaei 
eenee  ut  panter  pulmenta  laboribus  ^npta: 
Romanis  soUemne  viris  opus,  utile  famae 

50    vitaeque  et  m^nbris:  praesertim  cum  valeas  et 
vel  cursu  superare  eanem  vel  viribus  aprum 
possis.   adde,  virilia  quod  speciosius  anna 
non  est  qui  tractet:  seis  quo  damore  coronae 
proelia  sustineas  campestria;  denique  aaeyam 

hb    militam  puer  et  Cantabrica  bella  tulidti 

sub  duce  qui  templis  Parthorum  signa  refigit 
nunc,  et  siquid  abest  Italis  adiudicat  armis, 
ae  ne  te  retrahas  et  inexcusabilis  absis, 
quamris  nii  extra  numerum  feeisse  modumque 

eo  euras,  interdum  nugaris  xure  patemo : 

partitur  lintris  exercitus,  Actia  pugna 
te  duce  per  pueros  hostili  more  refertur, 
adversarius  est  frater,  laeus  Hadria,  donee 
alterutrum  velox  viotoria  fronde  coronet 

89    oderunt  hilarem  tristes  tristemque  iocosi, 
sedatum  celeres,  agilem  gnavumque  remissi, 
potores  Lbibuli  media  de  nocte  Falerni 
oderunt]  porrecta  n^antem  pocula,  quamvis 
nocturnos  iures  te  formidare  tepores. 

65    consentire  suis  studiis  qui  crediderit  te, 
fautor  utroque  tuum  laudabit  poUice  ludum. 
protinus  ut  moneam  (siquid  monitoris  eges  tu), 
quid  de  quoque  viro  et  cui  dieas,  saepe  videto. 
percontatorem  fugito:  nam  garrulus  idem  est, 

70    nec  retinent  patulae  commissa  fideliter  aures, 
et  semel  emissum  volat  inrevocabile  verbum. 

76    qualem  commendes  etiam  atque  etiam  aspice,  ne  mox 
incutiant  aliena  tibi  peceata  pudorem. 
fallimur  et  quondam  non  dignum  tradimus:  ei^o 
quem  sua  culpa  premet,  deceptus  omitte  tueri, 

so    ut  penitus  notum  si  temptent  erimina,  serves 


91  [  j  M.  V.  72  -  75  sind  versetzt  nach  oben  hinter  36. 


EPISTULARÜH  LIB.  1.  18.  19.  249 

tuterisque  tuo  fidentem  praesidio:  qui 
dente  Theonino  cum  cireumroditur,  eoquid 
ad  te  post  paiülo  ventura  pericula  sentig? 
nam  tua  rea  agitur,  paries  oum  proximus  ardet, 

85    et  neglecta  solent  incendia  sumere  viris. 
dulcis  inexpertig  cnltura  potentis  amici: 
expertuB  metuit  tu,  dum  tua  navis  in  alio  est, 
hoc  age,  ne  mutata  retrorsum  te  ferat  aura. 

14    deme  supercilio  nub^n :  plerumque  modestuB 

95    occupat  obseuri  speciem,  tacitumus  acerbi. 
inter  cuneta  leges  et  perccmtabere  doctos, 
qua  ratione  queas  traducere  leniter  aevum, 
ne  te  semper  inops  agitet  vexetque  cupido, 
ne  pavor  et  rerum  mediocriter  utilium  speB: 

100    virtutem  doctrina  paret  naturane  doneti 

quid  minuat  curaB,  quid  te  tibi  reddat  amicuiD) 
quid  pure  tranquillet,  honos  au  dulce  lucellum 
an  secretum  iter  et  fallentis  semita  vitae. 
me  quotieng  reficit  gelidus  Digentia  rivuB, 

105    quem  Mandela  bibit,  rugosus  frigore  pagug^ 
quid  Bentire  putag,  quid  credis,  amice,  precari? 
^sit  mibi  quod  nunc  est,  etiam  minus,  et  mihi  vivam 
quod  superest  aevi,  siquid  superesse  Tolunt  di: 
sit  bona  librorum  et  provisae  frugis  in  annum 

110    copia,  neu  fluitem  dubiae  spe  pendulus  horae. 
sed  satis  est  orare  lovem  quae  ponit  et  aufert: 
det  vitam,  det  opes:  aequum  mi  animum  ipse  parabo. 


XIX, 

Prisco  si  eredisy  Maecenas  docte,  Cratino, 
nulla  placere  diu  nec  vivere  carmina  possunt, 
quae  scribuntur  aquae  potoribus.  ut  male  siccos 
ascripsit  Liber  satyris  faunisque  poetas: 


V.  S9~-93  sind  versetzt  oben  nach  V.  64.      3  skcos.    sanos. 


250  Q.  HORATH  FLACCI 

5    ^ina  lyrae  dulces  oluerunt  mane  eamenae: 
laudibus  arguitur  vini  vinosus  HomeruB: 
Enniiis  ipse  pater  namquam  nisi  potus  ad  anna 
prosiluit  dieenda.  'forum  Patealqne  Libonis 
mandabo  sicciS;  adimam  cantare  sereris/ 

10    hoc  simul  edixi  et  non  eessavere  poetae 
nocturno  certare  mero,  putere  diurno. 
quid?  siquis  voltu  torvo  fenis  et  pede  nudo 
exi^aeque  togae  simulet  textore  Catxineni; 
virtutemne  repraesentet  moresque  Catonis? 

15    nipit  larbitam  Timagenis  aemula  lingua, 
diini  8tudet  urbanus  tenditque  disertus  haberi. 
decipit  exemplar  vitiis  imitabile.  quod  »i 
])allerem  casii,  biberent  exsangue  cuminum. 
o  imitatores,  servum  pecus,  ut  mihi  saepe 

20    bilem,  saepe  locum  regtri  movere  tumultug! 
libera  per  vaeuum  posui  vestigia  princeps^ 
noil  aliena  meo  pressi  pede.    qui  sibi  fidit, 
dux  regit  examen.    Parios  ego  primus  iambos 
ostendi  Latio^  numeros  animosque  seentus 

25    Arehiloclii,  non  res  et  agentia  verba  Lyeamben. 
ae  ne  mc  foliis  ideo  brevioribus  ornes, 
quod  timui  mutare  modos  et  carminis  artem, 
temperat  Archilochi  musam  pede  mascula  Sappho, 
temperat  Alcaeus,  sed  rebus  et  ordine  dispar 

30    nec  socerum  quaerit  quem  versibus  oblinat  atris, 
nee  sponsae  laqueum  famoso  carmine  neetit. 
hunc  ego  non  alii  dictum  prius  ore  Latino 
volgavi  fidicen.  iuvat  inmemorata  ferentem 
ingenuis  oculisque  legi  manibusque  teneri. 

35    seire  velis,  mea  cur  ingratus  opascula  lector 

laudet  ametque  domi,  premat  extra  limen  iniquus: 
non  ego  ventosae  plebis  suflFragia  venor 
inpensis  cenarum  et  tritae  munere  vestis; 


5  lyrae.  fere.        10  edixi  et.   edixi  und  edixit.      32  Ueberlieferung 
hunc  ego  non  alio  dictum  prius  ore  Lalinas  u.  Latinis. 


EPISTÜLAKÜM.  LIR  L   19.  20.  251 

non  ego  nobilimn  scriptonun  auditor  et  ultor 
40    grammaticas  ambire  tribus  et  pulpita  dignor.  ^ 

hinc  illae  lacrimae.  ^spissis  indigna  theatris 

scripta  pudet  reeitare  et  nugis  addere  pondus' 

si  dixi;  'rides'  ait  *et  lovis  auribus  ista 

seiras:  fidis  enim  manare  poetica.meüa 
45    te  solum,  tibi  pulcher/  ad  haec  ego  naribus  uti 

formido  et,  luctantis  acuto  ne  secer  ungui, 

'displicet  iste  loeus'  clamo,  et  diludia  posco. 

ludus  enim  genuit  trepidum  certamen  et  iram, 

ira  trueis  inimicitias  et  funebre  bellum. 


XX. 

Vertumnum  lanumque,  liber,  spectare  videris, 
scilicet  ut  prostes  Sosiorum  pumice  mundus. 
odisti  clavis  et  grata  sigilla  pudico, 
paueis  ostendi  gemis  et  communia  laudas, 

5    non  ita  nutritus.  fuge  quo  descendere  gestis. 
non  erit  emisso  reditus  tibi.  'quid  miser  egi? 
quid  yolui?'  diees,  ubi  quid  te  laeserit;  et  seis 
in  breve  te  cogi,  cum  plenus  languet  amator. 
quod  si  non  odio  peccantis  desipit  augur, 

10    cariis  eris  Romae,  donec  te  deseret  aetas : 
contrectatus  ubi  manibus  sordescere  volgi 
coeperis,  aut  tineas  pasces  taeitumus  inertis 
aut  fugies  Uticam  aut  vinetus  mitteris  Ilerdam. 
ridebit  monitor  non  exauditus,  ut  iile 

15    qui  male  parentem  in  nipis  protrusit  asellum 
iratus:  quis  enim  invitum  servare  laboret? 
hoc  quoque  te  manet,  ut  pueros  elementa  docentem 
occupet  extremis  in  vieis  balba  senectus. 
cum  tibi  sol  tepidus  pluris  admoverit  auris, 

20  me  libertino  natum  patre,  et  in  tenui  re, 
maiores  pennas  nido  extendisse  loqueris, 
ut  quantum  generi  demas,  virtutibus  addas; 


2&2  a  HOBATll  FLAOCI  KPISTÜLARnf  LIB.  L  20. 

me  primis  urbiB  belli  plaeoine  domiqne; 
eorporiB  eziguiy  praecmmm,  solibiig  mptmn, 
5    iiasei  eelerem^  tunen  nt  placabilk  estem. 
forte  memn  aquis  te  peroontmbitnr  mevmOi 
me  qoater  imdenos  ■euit  inplevisse  decembris, 
eollegam  Lepidnm  qno  daxit  LoUitis  anno. 


Q.  HORATII  FLACCI 

EPISTÜLARUM 

LIBKR  SECÜNDUS. 
I. 

Cum  tot  sustineas  et  tanta  negotia  solus, 
res  Italag  armis  tuteris;  moribus  ornes, 
legibus  emendes,  in  publica  commoda  peoceni; 
si  longo  sermoue  morer  tua  tempora,  Caesar. 

5    Romulus  et  Liber  pater  et  cum  Gastore  PoUuX; 
poBt  ingentia  facta  deormn  in  templa  reoepti, 
dum  terras  hominmnque  colunt  genus,  aspera  bellm 
conponunt;  agros  adsignant,  õppida  conduut, 
ploravere  suis  non  respondere  favorem 

10    speratum  meritis.  diram  qui  contudit  hydram 
notaque  fatali  portenta  labore  subegit, 
conperit  invidiam  supremo  fine  domari. 
urit  enim  fulgore  suo,  qui  praegravat  artis 
infra  se  positas:  extinctus  amabitur  idem. 

15    praesenti  tibi  maturos  largimur  honores 
iurandasque  tuum  per  numen  ponimus  aras, 
nii  oriturum  alias,  uil  ortum  taie  fatentes. 
sed  tuus  hie  populus,  sapiens  et  iustus  in  uno 
te  nostris  dueibus,  te  Grais  anteferendo, 

20    cetera  nequaquam  simili  ratione  modoque 
aestimat,  et  nisi  quae  terris  semota  suisque 
temporibus  defuneta  videt,  fastidit  et  odit, 
sic  fautor  veterum;  ut  tabulas  peccare  vetantis 
quas  bis  quinque  viri  sanxerunt,  foedera  regum 

25    vel  Gabiis  vel  eum  rigidis  aequata  SabiniS; 


254  Q.  HOBATII  FLACCI 

pontificain  libros^  annosa  voiumina  vatuni 
dictitet  Albano  musas  iu  monte  locutas. 
i$i,  qiiia  Graiomm  dunt  antiquissima  quaeque 
iscripta  vel  optima,  Romani  {lensantur  eadem 
M    s4*npton?!»  tnitina,  nou  est  qiiod  muita  loqoamar: 
uil  intra  e:^  olea^  uil  extra  eist  in  nuee  duri, 
veuimus  ad  ^«pininm  fortonae,  pingimos  atque 
pisallimuH  et  Itictamur  AchiTis  docthis  unctia 
«i  m^liora  dies,  ut  yiua,  poemata  reddit, 
%    sciri?  velim,  cIiartLs  pretium  quotiLS  arruget  annus, 
scriptor  ubtiiuc  anu^>«»  eentum  qui  decidit^  inter 
pert'ect»»s  veteres^iue  referri  debet  an  inter 
vilis  atque  uovoe?  excludat  iurgia  finiš. 
*ost  vetus  atque  probus,  eentum  qui  pertieit  annoB.^ 
-H)    quid?  qui  deperiit  minor  uno  menae  vel  anno, 
inter  ((uos  referendus  erit?  veteresne  ptietas^ 
an  quos  et  praesens  et  ]>ostera  respnat  aetas? 
Uste  quidem  veteres  inter  ponetur  honeste, 
qui  vel  mense  brevi  vel  toto  est  innior  anno/ 
4^    utor  permisso;  caudaeque  pilos  ut  equinae 

paullatim  vello  et  demo  unimiy  demo  et  item  unum^ 
dum  cadat  elusus  ratione  ruentis  acervi 
qui  redit  in  fastos  et  virtutem  aestimat  annis 
miraturque  nihil  nisi  quod  Libitina  saeravit. 
50    Ennius  et  sapiens  et  fortis  et  alter  Homerus, 
ut  eritici  dicunt,  leviter  curare  videtur 
quo  promissa  cadant  et  somnia  Pythagorea? 
Naevius  in  manibus  non  est  et  mentibus  haeret 
paene  recens?  adeo  sanetum  est  vetus  omne  poema. 
55    ambigitur  quotiens,  uter  utro  sit  prior,  aufert 

Paeuvius  docti  famam  senis,  Accius  alti: 
M*   quantus  sit  Dossennus  edacibus  in  parasitis 
dicitur,  Afrani  toga  convenisse  Menandro, 
Plautus  ad  exemplar  Siculi  properare  Epieharmi, 
vineere  Caecilius  gravitate,  Terentius  arte. 


56*  steht  gewöhnlich  ais  173. 


EPISTÜLARÜM  LIB.  JI.  1.  255 

60    ho8  ediscit  et  hos  arto  stipata  theatro 

spectat  Roma  potens;  habet  hos  numeratque  poetas 
ad  nostrum  tempus  Livi  scriptoris  ab  aevo. 
interdum  volgus  rectum  videt:  est  ubi  peccat. 
si  veteres  ita  miratur  laudatque  poetaS; 

t;5    ut  nihil  anteferat,  nihil  illis  conparet,  errat. 
qni  quaedam  nimis  antique,  qui  pleraque  dure 
dicere  credit  eos,  ignave  muita  fatetur, 
et  sapit  et  mecum  facit  et  love  iudicat  aequo. 
non  equidem  insector  delendave  carmina  Livi 

70    esse  reor,  memini  (juae  plagosum  mihi  parve 
Orbilium  dictare:  sed  emendata  videri 
pulchraque  et  exactis  minimum  distantia  miror. 
inter  quae  verbum  emicuit  si  forte  decorum, 
si  versus  paullo  concinnior  unus  et  alter, 

75    iniuste  totum  ducit  venditque  poema. 

indignor  quiequam  repreudi,  nou  (juia  erasse 
conpositum  inlepideve  putetur,  sed  quia  nuper, 
nec  veiiiam  antiquis,  sed  honorem  et  praemia  posci. 
recte  necne  crocum  floresque  perambulet  Attae 

bo    fabula  si  dubitem,  elament  periisse  pudorem 
cuncti  paene  patres,  ea  cum  reprendere  coner 
quae  gravis  Aesopus,  quae  doctus  Koscius  egit ; 
vel  quia  nii  rectum,  nisi  quod  placuit  sibi,  ducunt, 
vel  quia  turpe  putant  parere  minoribus,  et  quae 

85    inberbi  didicere,  senes  perdenda  fateri. 

iam  saliare  Numae  carmen  qui  laudat,  et  illud, 
quod  mecum  ignorat,  solus  volt  seire  videri, 
ingeniis  non  iile  favet  plauditque  sepultis, 
nostra  sed  inpugnat,  nos  nostraque  lividus  odit. 

90    quod  si  tarn  Graecis  novitas  invisa  fuisset 

quam  nobis,  quid  nunc  esset  vetus?  aut  quid  haberet 
quod  legeret  tereretque  viritim  publicus  usus? 
ut  primum  positis  nugari  Graecia  bellis 
coepit  et  in  lusum  fortuna  labier  aequa. 


66  qui-qui.   si-si.      94  lusum.    yitiuTn. 


256  Q.  HOBATll  FLAGCI 

05    nunc  athletarum  studüg;  nunc  arsit  equorum, 

marmoris  aut  eboris  fabros  aut  aeris  amavit, 

suspendit  picta  voltum  mentemque  tabella, 

nunc  tibicinibuS;  nunc  est  gavisa  tragoedis; 

sub  nutrice  puella  velut  si  luderet  infauB. 
100  quod  cupide  petiit;  mature  plena  reliquit. 

quid  placet  aut  odio  est;  quod  non  mutabile  eredas? 

hoc  paces  habuere  bonae  ventique  secundi. 

Bomae  dulce  diu  fuit  et  soUemne  reclusa 

mane  domo  vi^are,  clienti  promere  iura, 
i(K)    cautos  nominibus  reetis  expendere  nummos^ 

maiores  audirC;  minori  dicere,  per  quae 

crescere  rea  posset;  minui  damnosa  libido. 

mutavit  meutem  populus  levis  et  calet  uno 

scribendi  studio;  pueri  patresque  severi 
11 )    fronde  comas  vincti  cenant  et  carmina  dictant 

ipse  egO;  qui  nullos  me  adfirmo  scribere  versus, 

invenior  Parthis  mendacior  et  prius  orto 

sõle  vigil  calamum  et  chartas  et  scrinia  posco. 

navem  agere  ignarus  navis  timet;  abrotonum  a^gro 
115    non  audet  nisi  qui  didieit  dare:  quod  medicorum  est 

promittunt  medici,  tractant  fabrilia  fabri: 

scribimus  indocti  doctique  poomata  passim. 

hic  error  tamen  et  levis  haec  insania  quantas 

virtutes  babeat  sic  collige.  vatis  avarus 
120    non  temere  est  animus:  versus  amat,  boc  studet  unum, 

dctrimenta;  fugas  servorumy  incendia  ridet, 

non  fraudem  socio  puerove  incogitat  üllam 

])upillO;  Wvit  siliquis  et  pane  secundo; 

militiae  quamquam  piger  et  malus;  utilis  urbi; 
125    si  das  hoc,  parvis  quoque  rebus  magna  iuvari. 

os  tenerum  pueri  balbumque  poeta  figurat, 

torquet  ab  obscaenis  iam  nunc  sermonibus  aurem, 

mox  etiam  peetus  praeceptis  format  amicis, 

asperitatis  et  invidiae  corrector  et  irae, 
130    recte  facta  refert,  orientia  tempora  notis 

iustruit  exemplis;  inopem  solatur  et  aegrum. 


EPISTÜLARUM  LIB.  II.  l.  257 

oastis  cum  pueris  ignara  puella  mariti 

disceret  uude  preces,  vatem  ni  musa  dedisset? 

poscit  opem  chorus  et  praesentia  numina  sentit; 
135    caelestifl  inplorat  aquas  docta  ])rece  blandus; 

avertit  morbos,  metuenda  pericula  pellit, 

impetrat  et  paeem  et  loeupletem  frugibus  annum. 

carmiue  di  superi  placantur;  canuine  manes. 

agricolae  prisci,  fortea  parvoque  beati, 
140    condita  post  frumenta  levantes  tempore  festo 

corpus  et  ipsuDi  animum  spe  finiš  dura  ferentem 

cum  soeiis  operum  pueris  et  coniuge  fida, 

Tellurem  porco,  Silvanuin  laete  piabant, 

floribus  et  viuo  Genium  memorem  brevis  aevi. 
145    Fescennina  per  hune  iuveiita  licentia  morem 

versibus  alternis  opprobria  rustica  fudit, 

libertasque  reciirrentis  accepta  per  annos 

lusit  amabiliter,  donec  iam  saevus  apertam 

in  rabiem  eoepit  yerti  ioeus  et  per  honestas 
150    ire  domos  inpune  minax.  doluere  cruento 

dente  lacessiti,  fuit  intactis  quoque  cura 

eondicione  super  eommuni,  quin  etiam  lex 

poenaque  lata,  malo  quae  nollet  carmine  quemquam 

deseribi.  vertere  mõduni;  formidine  fustis 
155    ad  beue  dieendum  deleetandumque  redaeti. 

Graecia  eapta  ferum  victorem  cepit  et  artis 

intulit  agresti  Latio.    sic  horridus  iile 

defluxit  numerus  Satumius  et  grave  virus 

munditiae  pepulere:  sed  in  longum  tamen  aevum 
160    manserunt  hodieque  manent  vestigia  ruris. 

serus  enim  Graeeis  admovit  aeumina  ehartiS; 

et  post  Punica  bella  quietus  quaerere  eoepit, 

quid  Sophocles  et  Thespis  et  Aeschylus  utile  ferrent. 

temptavit  quoque  iam  si  digne  vertere  posset, 
165    et  plaeuit  sibi  natura  sublimis  et  acer: 

nam  spirat  tragieum  satis  et  felieiter  audet; 


164  iam.  rem. 

Lrhrs,  Hontioa.  ^  * 


258  Q-  HORATII  FLACCl 

ged  turpem  putat  inscite  metiütque  lituram. 
creditur,  ex  medio  qiiia  res  arcessit,  haberc 
sudoris  minimuni;  sed  habet  comoedia  tanto 

170    {)lus  oneris,  quanto  veniae  minus,  aspice,  Plautiis 
qiio  pacto  partis  tutetiir  amantis  ephebi, 
ut  patris  attenti,  lenonis  ut  insidiosi, 
((uam  non  adstricto  percurrat  pulpita  socco. 

175    gestit  enim  nummiim  in  loculos  demittere,  post  hoc 
secunis  cadat  an  recto  stet  fabula  talo. 
quem  tiilit  ad  scaenam  ventoso  gloria  cumi, 
exanimat  lentus  spectator,  sedulus  inflat: 
sic  leve,  sic  parvum  est,  animum  quod  laudis  avanim 

ISO    subniit  aut  reficit.    valeat  res  ludicra,  si  me 
paima  negata  macrum,  donata  redueit  opimum. 
saepe  etiam  audacem  fugat  hoc  terretque  poetam, 
quod  numero  plures,  virtute  et  honore  minores, 
indocti  stolidique  et  dcpugnare  parati 

185    si  discordet  eques,  media  inter  carmina  poscimt 
aut  ursum  aut  pugiles :  his  nara  plebecula  gaudet. 
verum  equitis  quoque  iam  migravit  ab  aure  voluptas 
omnis  ad  incertos  oculos  et  gaudia  vana. 
quattuor  aut  pluris  aulaea  premuntur  in  horas, 

190    dum  fugiunt  equitum  turmae  peditumque  catervae; 
mox  trahitur  manibus  regum  fortuna  retortis, 
esseda  festinant,  pilenta,  petorrita,  naves, 
captivum  portatur  ebur,  captiva  Corinthus. 
si  foret  in  terris,  rideret  Democritus,  seu 

\%    diversum  confusa  genus  panthera  camelo 
sive  elephas  albus  volgi  converteret  ora; 
spectaret  populum  ludis  attentius  ipsis 
ut  sibi  praebentem  nimio  spectacula  plura; 
scriptores  autem  narrare  putaret  asello 

200    fabellam  surdo.  nam  quae  pervincere  voees 
evaluere  sõnum,  referunt  quem  nostra  theatra? 


173  quantus  sitDossennus  edacibus  inparasilis  ist  oben  nach  \.hC> 
gesetzt. 


^ 


EPISTÜLARÜM  LIB.  II.  l.  259 

Garganum  mugire  putes  nemus  aut  mare  Tuscum, 
tanto  cum  strepitu  ludi  spectantur  et  artes 
divitiaeque  peregrinae:  qiiibus  oblitus  actor 

205    cum  stetit  in  scaena,  concurrit  dextera  laevae. 
dixit  adhuc  aliquid?  nii  sane.  quid  piacet  ergo? 
lana  Tarentino  violas  imitata  veneno. 
ae  ne  forte  putes  me,  quae  facere  ipse  recusem, 
cum  recte  tractent  alii,  laudare  maligne; 

216    iile  per  extentum  funem  mihi  posse  videtur 
ire  poeta,  meum  qui  peetus  inaniter  angit, 
inritat,  mulcet,  falsis  terroribus  inplet, 
ut  magus,  et  modo  me  Thebis,  modo  ponit  Athenis. 
verum  age  et  his,  qui  se  lectori  credere  malunt 

215    quam  spectatoris  fastidia  feiTe  superbi, 

curam  redde  brevem,  si  munus  Apolline  dignum 
vis  conplere  libris  et  vatibus  addere  calcar, 
ut  studio  maiore  i)etant  Helicona  virentem. 
muita  quidem  nobis  facimus  maia  saepe  poetae 

220    (ut  vineta  egomet  caedam  mea),  cum  tibi  libnim 
sollicito  damus  aut  fesso;  cum  laedimur,  unum 
siquis  amicorum  est  ausus  reprendere  versum; 
cum  loca  iam  recitata  revolvimus  inrevocati; 
cum  lamentamur,  non  adparere  labores 

225    nostros  et  tenui  deducta  poemata  filo; 

cum  speramus  eo  rem  venturam  ut,  simul  atque 
carmina  rescieris  nos  fingere,  commodus  ultro 
arcessas  et  egere  vetes  et  scribere  cogas: 
sed  tamen  est  operae  pretium  cognoscere,  qualis 

230    aedituos  habeat  belli  spectata  doraique 
virtus,  indigno  non  committ^nda  poetae. 
gratus  Alexandro  regi  magno  fuit  iile 
Choerilus,  incultis  qui  versibus  et  male  natis 
rettulit  acceptos,  regale  nomisma,  Philippos. 

235    sed  veluti  tractata  notam  labemque  remittunt 
atramenta,  fere  scriptores  carmine  foedo 
splendida  facta  linunt.  idem  rex  iile,  poema 
qui  tam  ridiculum  tam  care  prodigus  emit, 


260  Q   HORATII  FLACCI 

edicto  vetuit  nequia  se  praeter  Apellen 

240    pingeret  aut  alius  Lysippo  duceret  aera 
fortis  Alexandri  voltum  simulantia.  quod  si 
iudicium  subtile  videndis  artibus  illud 
ad  libros  et  ad  haec  musaruni  dona  vocares, 
Boeotum  in  crasso  iurares  aere  natum. 

215    at  neque  dedecorant  tua  de  ae  iudieia  atque 
munera,  quae  muita  dantis  cum  laude  tulenint; 
dilecti  tibi  Vergilius  Variusque  poetae, 
nec  luagis  expressi  võitus  per  aenea  signa, 
<iuam  i)er  vatis  opus  mores  animique  virorum 

250    clarorum  adparent.    nee  sermones  ego  mallem 
repentis  ])er  humum  quam  res  conponere  gestas^ 
terrarumque  situs  et  flumina  dieere  et  arcis 
montibus  inpositas  et  barbara  regna,  tuisque 
auspieüs  totum  confecta  duella  per  orbem, 

255    claustraque  custodem  pacis  cohibentia  lanum, 
et  formidatam  Partbis  te  principe  Romam, 
sl  quantum  cuperem,  possem  quoque:  sed  neque  parvum 
carmen  inaiestas  recipit  tua^  nec  meus  audet 
rem  temptare  pudor  quam  vires  ferre  recusent 

260    sedulitas  autem^  stulte  quem  diligit,  urguet, 
praecipue  cum  se  numeris  commendat  et  arte: 
discit  enim  citius  meminitque  libentius  illud 
quod  quis  deridet  quam  quod  probat  et  veneratur. 
nii  moror  oflicium  quod  me  gravat ;  ae  neque  ficto 

265    in  peius  voltu  proponi  cereus  usquam, 
nec  prave  factis  decorari  versibus  opto, 
ne  rubeam  pingui  donatus  munere  et  una 
cum  scriptore  meo  capsa  porrectus  operta 
deferar  in  vicum  vendentem  tus  et  odores 

270    et  piper  et  quidquid  chartis  amicitur  ineptis. 


EPISTÜLARÜM  LIB.  II.  2.  261 


IL 


Flore,  bono  claroque  fidelis  amice  Neroni, 
siquis  forte  velit  puerum  tibi  vendere  natum 
Tibure  vel  Gabiis  et  teeum  sic  agat,  *hic  et 
eandidus  et  talos  a  vertice  pulcher  ad  imos 
5    fiet  eritque  tuus  nummorum  milibus  octo, 
verna  ministeriis  ad  nutus  aptus  erilis, 
litterulis  Graecis  imbutus:  idoneus  arti 
cuilibet  argilla  quidvis  imitabitur  uda, 
quin  etiam  canet  indoctum  sed  dulce  bibenti. 

10    muita  fidem  promissa  levant,  ubi  plenius  aequo 
laudat  venalis  qui  volt  extrudere  mercis : 
res  urguet  me  nulla:  meo  surn  pauper  iu  aere. 
nemo  hoo  mangonum  faceret  tibi:  non  temere  a  me 
quivis  ferret  idem.    semel  hic  cessavit  et,  ut  fit, 

15    in  scalis  latuit  metuens  pendentis  habenae/ 

15'   gic  si  quod  satis  est  sapienti  dicat  aperte, 
des  nummos,  excepta  nihil  te  si  fuga  laedit, 
iile  ferat  pretium  poenae  securus,  opinor. 
pnidens  emisti  vitiosum;  dicta  tibi  est  lex: 
insequeris  tamen  hune  et  üte  moraris  iniqua? 

20    dixi  me  pigrum  proficiscenti  tibi,  dixi 

talibus  offieiis  prope  mancum,  ne  mea  saevus 

iurgares  ad  te  quod  epistula  nulla  rediret. 

quid  tum  profeci,  mecum  facientia  iura 

si  tamen  attemptas?  quereris  super  hoo  etiam,  quod 

25    exspectata  tibi  non  mittam  carmina  mendax. 
Luculli  miles  eollecta  viatica  multis 
aerumnis,  lassus  dum  noctu  stertit,  ad  assem 
perdiderat:  post  hoo  vehemens  lupus,  et  sibi  et  hosti 
iratus  pariter,  ieiunis  dentibus  acer, 

30    praesidium  regale  loco  deiecit,  ut  aiunt, 
summe  munito  et  multanim  divite  rerum. 
clarus  ob  id  faetum  donis  omatur  honestis, 


15'  Zusatz  des  Herausgebers. 


262  Q.  UORATIl  FLACCI 

siccii>it  et  bis  deiia  super  sestertia  nummum. 
forte  sub  hoe  tempus  castellum  evertere  i)raetor 

:^b    ncseio  quod  cujüens  hortari  coepit  eundein 

verbis  c^uae  timido  quoque  jiosseut  addere  mentem: 
M,  bonc,  quo  ^-irtus  tua  te  voeat,  i  pede  fausto, 
jntindia  laturus  meritorum  praemia.  quid  stas?' 
post  baee  iile  eatus,  quantumvis  rusticus,  'ibit, 

40    i])it  eo  quo  vis  qui  zonaui  perdidit'  inquit. 
Romae  nutriri  niihi  contigit  at(pie  doeeri 
iratus  Grais  quantum  iiocuisset  Aebilles. 
adieeere  bonae  paullo  pius  artis  Äthenae, 
seilieet  ut  vellem  eurvo  dignoscere  rectuin 

4'.    atque  inter  silvas  Academi  (piaerere  verum. 
dura  sed  emovere  loco  me  tempora  grato, 
eivilisque  rudem  belli  tulit  aestus  in  anna 
Caesaris  Augusti  non  responsura  laeertis. 
unde  simul  primum  me  dimisere  Philii)i)i, 

5()    decisis  humilcm  pennis  ino])em(iue  patemi 
et  laris  et  fundi,  paupertas  inpulit  audax 
ut  versus  facerem:  sed  quod  non  desit  habentem 
quae  poterunt  umquam  satis  expurgare  cieutae, 
ni  nielius  dormire  putem  quam  scribere  versus? 

^5    singula  de  nobis  anni  praedantur  euntes; 
eripuere  iocos,  Venerem,  con^ivia,  ludum; 
tendunt  extorquere  poemata:  quid  faeiam  vis? 
denique  non  omnes  eadem  mirantur  amantquc. 
eannine  tu  gaudes,  hic  deleetatur  iambis, 

€0    iile  Bioneis  semioiübus  et  sale  nigro. 

tres  mihi  convivae  prope  dissentire  videntur, 
poscentes  vario  multum  diversa  palato. 
quid  deni,  quid  non  dem?  rennis  quod  tu,  iubet  alt^r; 
quod  ])et{s,  id  sane  est  invisum  acidumque  duobus. 

65    praetcr  cetera  me  Romaene  poemata  censes 
scribere  posse  inter  tot  euras  totque  labores? 
hic  sponsum  voeat,  hic  auditum  scripta  relictis 
omnibus  offieüs:  cubat  hic  in  coUe  Quirini, 
hic  extremo  in  Aventino,  visendus  uterque: 


EPISTÜLARÜM  LIB.  II.  2.  263 

70    intervalla  vides  haud  sane  commoda.    verum 
purae  sunt  plateae,  nihil  ut  meditantibus  obstet. 
nempe  instat  calidus  mulis  gerulisque  redemptor, 
torquet  nunc  lapidem  nunc  ingens  machina  tignum, 
tristia  robustis  luctantur  fiinera  plaustris, 
75    liac  rabiosa  fugit  eauis,  hac  lutulenta  ruit  sus: 
i  nunc  et  versus  tecum  meditare  eanoros. 
scriptorum  chorus  omnis  amat  nemus  et  fugit  urbis, 
rite  eliens  Bacchi  somno  gaudentis  et  umbra: 
tu  me  inter  strepitus  nocturnos  atque  diurnos 
80    vis  canere  et  contracta  sequi  vestigia  vatum? 

ingenium,  sibi  quod  vaeuas  desumpsit  Athenas 
et  studiis  annos  septem  dedit  insenuitque 
libris  et  curis,  statua  taciturnius  exit 
plerumque  et  risu  populum  quatit:  hic  ego  rerum 
S5  fluetibus  in  mediis  et  tempestatibus  urbis 

verba  lyrae  motura  sõnum  coneetere  digner? 
frater  erat  Romae  consulti  rhetor,  uterque 
87^   alterius  laudum  sic  admirator  ut  alter 
alterius  sermone  meros  audiret  honoreS; 
Crassus  ut  hic  illi,  foret  huic  ut  Mucius  iile. 
90     qui  minus  argutos  vexat  furor  iste  poetas? 
carmina  conpono,  hic  elegos.  mirabile  visu 
eaelatumque  novem  musis  opus!  aspice  primum, 
quanto  cum  fastU;  quanto  molimine  circum 
spectemus  vacuam  Romanis  vatibus  aedem: 
95    mox  etiam,  si  forte  vaeaS;  sequere  et  procul  audi, 
quid  ferat  et  qua  re  sibi  nectat  uterque  coronam. 
caedimur  et  totidem  plagis  consumimus  hostem 
lento  Samnites  ad  lumina  prima  duello. 
discedo  Alcaeus  puncto  illius;  iile  meo  quis? 
100    quis  nisi  Callimachus?  si  pius  adposcere  visuS; 
fit  Mimnermus  et  optivo  cognomine  crescit. 


70  haud  sane  Froelich.   humane.      72  nempe  instat.   Festinat. 
87.  87'  ergänzt   von  Mein.  Ueberlieferung  rhetor  ut  alter  alterius 
sermone.      89  Crassus  B.  Gracchus. 


264  Q.  HORATTI  FLACCI 

muita  fero,  ut  plaocm  genus  inritabile  vatuniy 
ciim  scribo  et  supplex  populi  siiffragia  capto: 
idem,  finitis  studiis  et  mente  recepta, 

105    obturem  patiilas  inpime  legentibus  auris. 

ridentur  maia  qui  conponunt  carmina;  verum 
gaudent  scribentes  et  se  venerantur  et  ultro, 
ai  taceas,  laudant  quidquid  acripsere  beati. 
at  qui  legitimum  cnpiet  fecisse  poema, 

110    cum  tabulis  animum  c^nsoris  sumet  honesti; 
audebit,  quaecumcpie  parum  splendoris  babebunt 
et  sine  pondere  erunt  et  bonore  indigna  ferentur, 
verba  movere  loco,  quamvis  invita  recedant 
et  versentur  adbuc  intra  penetralia  Vestae; 

115    obscurata  diu  populo  bonus  eniet  atque 
proferet  in  lucem  gpeciosa  voeabula  rerum, 
quae  priscis  memorata  Catonibus  atque  Cethegis 
nunc  situs  informis  premit  et  deserta  vetustas; 
adsciscet  nõva  quae  genitor  produxerit  usus. 

120    vemens  et  liquidus  puroque  simillimus  amni 
fundet  opes  Latiumque  beabit  liivito  lingua. 
luxuriantia  conpescet,  nimis  aspera  sano 
levabit  eultu,  virtute  carentia  tollet, 
ludentis  speciem  dabit  et  torciuebitur  ut  qui 

125    nunc  Satynim,  nunc  agrestem  Cyclopa  movetur. 
praetulerim  scriptor  delinis  inersque  videri, 
dum  mea  delectent  maia  me  vel  denique  fallant^ 
quam  sapere  et  ringi?  fuit  haud  ignobilis  Argis^ 
qui  se  credebat  miros  audire  tragoedos 

130    in  vacuo  laetus  sessor  plausorque  theatro; 
cetera  qui  vitae  sorvaret  munia  recto 
more,  bonus  sane  vicinus,  amabilis  hospes, 
comis  in  uxorem,  posset  qui  ignoscere  servis 
et  signo  laeso  non  insanire  lagoenae, 

135    posset  qui  rupem  et  puteum  vitare  patentem. 
hic  ubi  cognatorum  opibus  eurisque  refectus 
expulit  elleboro  morbum  bilemque  meraco, 
et  redit  ad  sese,  ^pol  me  occidistis,  amici, 


EriSTüLARüM  LIB.  II.  2.  265 

non  servastis*  ait,  'cui  sic  extorta  voluptas 

140    et  demptus  per  virn  mentis  gratissimus  error/ 
nimirum  sapere  est  abiectis  utile  nugis, 
et  tempestivum  pueris  concedere  ludum, 
ae  non  verba  sequi  fidibus  modulanda  Latinis, 
aed  verae  numerosque  modosque  ediscere  vitae. 

145    quocirca  mecum  loquor  haec  tacitusque  reeordor: 
si  tibi  nulla  sitim  finiret  copia  lymphae, 
narrares  mediciB:  quod  quanto  plura  parasti, 
tanto  plura  cupis,  nulline  faterier  audes? 
si  võinus  tibi  monstrata  radice  vel  herba 

150    non  fieret  levius,  fugeres  radice  vel  herba 
proficiente  nihil  curarier:  audieras,  eui 
rem  di  donarent,  illi  decedere  pravam 
stultitiam,  et  cum  sis  nihilo  sapientior  ex  quo 
plenior  es,  tamen  uteris  monitoribus  isdem? 

155    at  si  divitiae  pnidentem  reddere  possent, 

si  cupidum  timidumque  minus  te,  nempe  ruberes, 
viveret  in  terris  te  siquis  avarior  uno. 
si  proprium  est  quod  quis  libra  mercatus  et  aere  est, 
quaedam,  si  eredis  consultis,  mancipat  usus; 

160    qui  te  paseit  ager,  tuus  est,  et  vilicus  Orbi,         * 
cum  segetes  oceat  tibi  mox  frumenta  daturas, 
te  dominum  sentit.    das  nummos,  accipis  uvam, 
puUos,  ova,  cadum  temeti.   nempe  modo  usus 
pauUatim  mercaris  agrum,  fortasse  trecentis 

ifö    aut  etiam  supra  nummonim  milibus  emptum. 
quid  refcrt,  vivas  numerato  nuper  an  olim? 
emptor  Arieini  quondam  Veientis  et  arvi 
emptum  eenat  olus,  quamvis  aliter  putat;  emptis 
sub  noctem  gelidam  lignis  calefactat  aenum: 

170    sed  vocat  usque  suum  qua  populus  adsita  certis 
limitibus  vicina  refigit  iurgia  tamquam 
sit  proprium  quicquam,  puncto  quod  mobilis  horae 
nunc  preee  nunc  pretio,  nunc  vi,  nunc  morte  suprema 


ir>3  usus.  isto. 


266  Q.  UORATIl  FLACCI 

permutet  dominos  et  eedat  in  altera  iura. 

175    sic  quia  perpetiius  nulli  datur  usus  et  heres 
heredem  alterius  vclut  unda  supervenit  undam^ 
quid  vici  prosunt  aut  horrea?  quidve  Calabris 
saltibus  adiecti  Lucani^  si  metit  Oreus 
prandia  cum  parvis  non  exorabilis  auro? 

180  gemmas,  marmor,  ebur,  Tyrrliena  sigrilla,  tabellas, 

argentum,  vestis  Gaetulo  murice  tinctas, 
sunt  qui  non  habeant,  est  qui  non  curat  habere. 
cur  alter  fratrum  eessare  et  ludere  et  ungui 
l)raeferat  Herodis  palmetis  pinguibus,  alter 

185    dives  et  inportimus  ad  umbram  lucis  ab  ortu 
silvestrem  flammis  et  ferro  mitiget  agrum, 
scit  Genius,  natale  comes  qui  temperat  astrum, 
naturae  deus  humanae  mortalis,  in  unum 
quodque  caput  voltu  mutabilis,  albus  et  ater. 

190    utar  et  ex  modico  quantum  res  poseet  acervo 

tollam  ego,  nee  metuam  riuid  de  me  iudieet  heres, 
quod  non  plura  datis  invenerit:  et  tamen  idem 
seire  volam,  quantum  siroplox  hilarisque  nepoti 
discrepet  et  quantum  diseordet  parcus  araro. 

195    distat  enim,  spargas  tua  prodigus  an  neque  sumptum 
invitus  facias  neque  plura  parare  labores, 
ae  potius,  puer  ut  festis  quinquatribus  olim, 
exiguo  gratoque  fruaris  tempore  raptim. 
pauperies  inmunda  proeul  precor  absit:  ego  utrum 

200    nave  ferar  magna  an  parva,  ferar  imus  et  idem. 
non  agimur  tumidis  velis  aquilone  seeundo, 
non  tamen  adversis  aetatem  dueimus  austris, 
viribus,  ingenio,  specie,  virtute,  loco,  re 
extremi  primorum,  extremis  usque  priores. 

205    non  es  avarus:  abi.   quid?  eetera  iam  simul  isto 
eum  vitio  fugere?  caret  tibi  peetus  inaiii 
ambitione?  caret  mortis  formidine  et  ira? 


101  tollam  ego  nec.  tollam  nec.      199  precor  B.  domus  u.  auderes 
(s.  Coramentar). 


EPISTULARÜM  LIB.  II.  2  267 

soinnia,  terrores  magicoS;  miracula,  sägas, 
nocturnos  lemures  portentaque  Thessala  rides? 

210    natalis  grate  numeras?  ignoscis  amicis? 
lenior  et  melior  fis  accedente  senecta?  — 
quid  te  exempta  levat  spinis  de  pluribus  una? 

vivere  si  recte  nescis,  decede  peritis. 
lusisti  satis;  edisti  satis  atque  bibisti: 

215    tempus  abire  tibi  est,  ne  potum  largius  aequo 
rideat  et  pulset  lasciva  decentius  aetas. 


Q.  HORATII  FLACCI 

DE  ARTE  POETICA 

LIBER. 

Humano  eapiti  cervicem  pictor  equinam 
iungere  si  velit  et  vanas  inducere  formas, 
undique  coUatis  membris  ut  turpiter  atruin 
desinat  in  piseem  mulier  formosa  supernC; 
5    gpectatum  admissi  risum  teneatis  amici? 
credite,  Pisones,  isti  tabulae  fore  librum 
permisilem,  cuius  velut  aegri  somnia  vanae 
fingentur  species,  ut  uec  pes  nec  caput  uni 
reddatur  formae.   pictoribus  atque  poetis 

10    quidlibet  audendi  semper  fuit  aequa  potestas. 

scimuS;  et  haue  veniam  petimusque  damusque  vicissim; 
sed  non  ut  plaeidis  coeant  inmitia,  non  ut 
serpentes  avibus  geminentur,  tigribus  agni. 
inceptis  gravibus  plenimque  et  magna  professis 

15    purpureus,  läte  qui  splendeat,  unus  et  alter 
adsuitur  pannus,  cum  lueus  et  ara  Dianae 
et  properantis  aquae  per  amoenos  ambitus  agros, 
aut  flumen  Rhenuni;  aut  pluvius  describitur  arcus. 
sed  nune  non  erat  his  locus.   et  fortasse  cupressum 

20    seis  simulare:  quid  hoe,  si  fractis  enatat  exspes 
navibus,  aere  dato  qui  pingitur?  amphora  coepit 
institui:  eun-ente  rota  eur  urceus  exit? 
denique  sit  quidvis,  simplex  dumtaxat  et  unum. 
maxima  pars  vatum,  pater  et  iuvenes  patre  digni^ 

25    decipimur  specie  recti:  brevis  esse  laboro, 
obseurus  fio;  sectantem  levia  nervi 


2  formas  B.   plumas. 


DE  ARTE  POETICA  LIBER.  269 

deficiunt  animique:  profesBus  grandia  turget; 
serpit  humi  tutus  nimium  timidusque  procellae; 
qui  rariare  cupit  rem  prodigialiter  unam, 

30    delphinum  süvis  adpingit,  fluctibus  aprum. 
in  vitium  ducit  culpae  fuga,  si  caret  arte. 
Aemilium  circa  ludum  faber  unus  et  unguis 
exprimet  et  mollis  imitabitur  aere  capillos, 

33* 

infelix  operis  summa;  quia  ponere  totum 

36  nesciet.  hunc  ego  me,  siquid  conponere  curem, 
non  magis  esse  velim  quam  naso  vivere  praro, 
speetandum  nigris  oculis  nigroque  capillo. 

136    nee  sie  incipies,  ut  scriptor  cyclius  olim, 
'fortunam  Priarai  cantabo  et  nobile  bellum/ 
quid  dignum  tanto  feret  hie  promissor  hiatu? 
parturiunt  montes,  nascetur  ridiculus  mus. 

140    quanto  rectius  hic  qui  nii  molitur  inepte, 

'^dic  mihi,  musa,  virum,  captae  post  moenia  Troiae 
qui  mores  hominum  multorum  vidit  et  urbis.' 
non  fumum  ex  fulgore,  sed  ex  fumo  dare  lucem 
cogitat,  ut  speciosa  dehinc  miraeula  promat, 
145    Antiphaten  Scyllamque  et  cum  Cyclope  Charybdin. 
nec  reditum  Diomedis  ab  interitu  Meleagri, 
nee  gemino  bellum  Troianum  orditur  ab  ovo: 
semper  ad  eventum  festinat  et  in  medias  rea 
non  secus  ae  notas  auditorem  rapit,  et  quae 
150    desperat  tractata  nitescere  posse,  relinquit, 
atque  ita  mentitur,  sie  veris  falsa  remiscet, 
primo  ne  medium,  medio  ne  discrepet  imum. 

38    sumite  materiam  vestriS;  qui  seribitis,  aequam 
viribus,  et  Tersate  diu,  quid  ferre  recusent, 

40    quid  valeant  umeri.   cui  leota  potenter  erit  res, 
nec  facundia  deseret  hunc  nec  lucidus  ordo. 
ordinis  haec  virtus  erit  et  venus,  aut  ego  fallor, 
ut  iam  nunc  dicat  iaro  nune  debentia  dici, 


33'  etwa  alter  oder  iile  anfangend. 


270  Q.  JlORATll  FLACCI 

pleraquc  difTerat  et  praeseiis  in  tempus  omittat. 

•15    in  verbis  etiam  tenuis  cautiigque  serendis, 

hoc  ainet;  hoo  gpemat  promissi  carminis  auetor. 
dixeris  egre«rie,  notum  si  callida  verbum 
reddiderit  iunctura  novura.    si  forte  neeesse  est 
indiciis  monstrare  recentibus  abdita  rerum, 

50    fingere  cinetutis  non  exaudita  Cethegis 

continget,  «labiturque  lieentia  sumpta  jmdentcr, 
et  nõva  fictaciue  nuper  habebunt  verba  fidem,  si 

52' 


firaeco  fonte  cadent,  jiarce  detorta.   (|uid  autem 
Caecilio  Plautoque  dabit  Romanus  ademptum 

55    Vergilio  Vario([ue?  ego  cur,  adquirere  ])auca 
si  i)0S8um,  invideor?  cum  lingiia  Catonis  et  Enni 
scimonem  ])atriuni  ditaverit  et  nõva  renim 
nomina  i>rotulerit.  lieuit  semperque  licebit 
signatum  praesente  nota  i)rocudere  numnium. 

60    ut  silvac  foliis  privos  mutantur  in  annos, 

oo'   ut  nõva  succrescunt  novus  et  decor  enitet  illis, 
prinia  eadunt,  ita  verborum  vetus  interit  aetas, 
et  iuvenum  ritu  florent  modo  nata  vigentque. 
debemur  morti  nos  nostraque:  sive  receptus 
terra  Neptunus  classis  aciuilonibus  arcet, 

05    regis  opus,  sterilisve  palus  prius  aptaque  remis 
vicinas  urbis  alit  et  gravo  sentit  aratrum, 
seu  cursuni  mutavit  iniciuum  frugibus  amnis 
doctus  iter  melius:  mortalia  facta  peribunt, 
nedum  sernionura  stet  honos  et  gratia  vivax. 

70    muita  renaseentur  quae  iam  eeeidere,  oadentque 
((uae  nunc  sunt  in  lionore  voeabula,  si  volet  usus, 
quem  penes  arbitrium  est  et  ius  et  norma  loqucndi. 
res  gestae  regumque  ducumque  et  tristia  bella 
quo  scribi  i)ossent  numero,  monstravit  Homerus. 

75    versibus  inpariter  iunctis  querimonia  primum, 

4H  Hamraerstcin.  52'  Der  Schlnss  etwa  aut  si.  50  nummum 
Luisinus.  nomen.  00  privos  B.  pronos.  60*  Herausgeber.  65  palus 
prius  B.  (liu  palus. 


DE  ARTE  rOETICA  LIBER.  271 

post  etiam  inclusa  est  võti  sententia  compos. 

quis  tamen  exiguos  elegos  emiserit  auctor, 

grammatici  certant,  et  adhiic  sub  iudice  lis  est. 

Archilochum  proprio  rabies  armavit  iambo. 
80    hunc  socci  cepere  pedem  graudesque  cothurni, 

altemis  aptum  sermonibus  et  popularis 

vincenteni  strepitus  et  natum  rebus  agendis. 

musa  dedit  fidibus  divos  puerosque  deorum 

et  pugilem  victoreni  et  equum  certamine  primum 
85    et  iuvenum  curas  et  libera  vina  referre. 

diseriptas  servare  vices  openimque  colores 

eur  ego  si  nequeo  igiioroque  poeta  salutor? 

cur  nescire  pudens  prave  quam  discelre  malo? 

versibus  exponi  ti^agicis  res  comica  non  volt: 
90    indignatur  item  privatis  ae  prope  socco 

dignis  camiinibus  narrari  eena  Thyestae. 

singiila  quaeque  loeum  teneant  sortita  decentem. 

interdum  tamen  et  vocem  comoedia  tollit, 

iratusque  CUreraes  tumido  delitigat  ore; 
95    et  tragicus  plerumque  dolet  sermone  pedestri 

Telephus  et  Peleus,  cum  pauper  et  exul  uterque 

proicit  ampullas  et  sesquipedalia  verba, 

si  eurat  cor  spectantis  tetigisse  querella. 

non  satis  est  pulehra  esse  poemata:  duleia  sunto 
too    et  quocuraque  volent  animum  auditoris  agunto. 

ut  ridentibus  arrident,  ita  flentibus  adflent 

humani  võitus,    si  vis  me  flere,  dolendum  est 

primum  ipsi  tibi:  tunc  tua  me  infortunia  laedent, 

Teleplie  vel  Peleu:  male  si  mandata  loqueris, 
105    aut  dormitabo  aut  ridebo.  tristia  maestum 

voltum  verba  decent,  iratiim  plena  miuarum, 

ludentem  lasciva,  severum  seria  dietu. 

format  enim  natura  prius  nos  intus  ad  omnem 

fortunarum  häbitum;  iuvat  aut  inpellit  ad  iram, 
110    aut  ad  liumum  maerore  gravi  deducit  et  angit: 


92  Ribbeck. 


272  Q.  HORATII  FLACCI 

post  ofFert  animi  mõtus  interprete  lingua. 
si  dicentis  erunt  fortuiüs  absoua  dicta, 
Romani  tollent  eqtütesque  patresque  cachinnum. 
intererit  multum  diMisue  loquatur  au  heroS; 

115    miaturusue  seuex  an  adhuc  florente  iuventa 
fervidus,  et  matrona  potens  an  sedula  nutrix, 
mercatome  vagus  cultorne  virentis  agelli, 
Colchus  an  Assyrius,  Thebis  nutritus  an  Argis. 
aut  famam  sequere  aut  sibi  convenientia  finge. 

120    seriptor  Homereum  si  forte  reponis  Aehillem; 
inpiger,  iraeundus,  inexorabilis,  acer 
iura  neget  sibi  nata^  nibil  non  arroget  armis, 
sit  Medea  ferox  invictaque,  flebilis  Ino, 
jierfidus  Ixiou,  lo  vaga,  tristis  Orestes. 

125    siquid  inexpertum  scaenae  committis  et  audes 
personam  formare  novam,  servetur  ad  imum 
qualis  ab  incepto  processerit,  et  sibi  coustet. 
difficile  est  proprie  communia  dieere;  tuque 
rectius  Iliacum  carmen  deducis  in  aetus, 

130    quam  si  proferres  ignota  indictaque  primus. 
publica  materies  privati  iuris  erit,  si 

non  circa  vilem  patulumque  moraberis  drbem, 
nec  verbum  verbo  curabis  reddere  fidus 
interpres,  .nec  desilies  imitator  in  artum, 

135  unde  pedem  proferre  pudor  vetet  aut  operis  lex. 

153    tu  quid  ego  et  populus  meeum  desideret  audi: 
si  plausoris  eges  aulaea  manentis  et  usque 

155    sessuri;  donec  cantor  Vos  plaudite'  dicat, 
aetatis  cuiusque  notandi  sunt  tibi  mores, 
mobilibusque  decor  maturis  dandus  et  annis, 
reddere  qui  voces  iam  scit  puer  et  pede  eerto 
signat  humum,  gestit  paribus  coUudere  et  iram 

160    eolligit  ae  ponit  temere  et  mutatur  in  horas. 
inberbus  iuvenis,  tandem  eustode  remoto, 


113  equitesque  patresque  B.  cquites  peditesque.   Die  Verse  136  bis 
152  siud  obeu  hingesetzt  nach  V.  37.    Homereum  B.   honoratum. 


DE  ARTE  POETICA  LIBER.  273 

gaudet  equis  canibusque  et  apriei  gramine  campi; 

cereos  in  vitium  flecti,  monitoribus  asper^ 

utilium  tardus  proyisor;  prodigus  aeriS; 
165    sublimis  cupidusque  et  amata  relinquere  pernix. 

conversis  studiis  aetas  anirausque  virilis 

quaerit  opes  et  amieitiaS;  inservit  honori, 

commisisse  eavet  quod  mox  mutare  laboret. 

muita  senem  eircumveniunt  iucommoda;  vel  quod 
170    quaerit  et  inventis  miser  abstinet  ae  tiinet  uti^ 

vel  quod  res  omnis  timide  gelideque  ministrat, 

dilator,  spe  lentus,  iners  pavidusque  futuri; 

diffieilis;  queruluS;  laudator  temporis  aeti 

se  puero,  eastigator  eensorque  minorum. 
175  muita  ferunt  anni  venieutes  commoda  seeum^ 

muita  reeedentes  adimunt:  ne  forte  seniles 
mandentur  iuveni  partes  pueroque  virites. 

semper  in  adiunetis  aevoque  niorabimur  a])tis. 

aut  agitur  res  in  scaenis  aut  actn  refertur. 
ISO    segnius  inritant  animos  demissa  per  aurem 

quam  quae  sunt  oculis  subiecta  fidelibus  et  quae 

ipse  sibi  tradit  spectator.    non  tamen  intus 

digna  geri  promes  in  scaenam,  multaque  tolles 

ex  oculis  quae  mox  narret  faeundia  praesenS; 
1S5    ne  pueros  coram  populo  Medea  trueidet, 

aut  humana  palam  coquat  exta  nefarius  Ätreus, 

aut  in  avem  Procne  vertatur,  Cadmus  in  anguem. 

quodeumque  ostendis  mibi  sic,  incredulus  odi. 

neve  minor  neu  sit  quinto  produetior  aetu 
100    fabula  quae  posei  volt  et  speetata  reponi. 

nec  deus  intersit,  nisi  dignus  vindice  nodus 

ineiderit:  nec  quarta  loqui  persena  laboret. 

actoris  partis  chorus  officiumque  tirile 

defendat;  neu  quid  medius  intercinat  aetus 
195    quod  non  proposito  conducat  et  haereat  apte. 

iile  bonis  faveatque  et  consilietur  amic-e; 


172  lentus.   pavidus  B.   longus,   avidus. 

LsnM.  Hontius.  1^ 


274  Q.  HORATH  FLACCI 

et  re^t  iiatos,  et  amet  pacare  tmnent», 

iile  dapes  laadet  mensae  brerifl,  iile  salabrem 

iogtitiam  legesque  et  apertis  otia  portis. 

200    iile  tegat  cmnmiiwa,  deosque  precetnr  et  oret 
ut  redeat  miserig^  abeat  fortnna  snperbis. 
tibia  non  nt  nunc  oriehaleo  yincta  tobaeqae 
aemala,  sed  tentiiB  simplexque  foramine  paaeo 
adspirare  et  adesse  choris  erat  atilis  atque 

205    nondum  spissa  nimis  conplere  sedilia  flato: 
quo  8ane  populus  numerabilis,  utpote  paima, 
et  frngi  castusque  verecundu8^|ue  coibat. 
postquam  coepit  agros  extendere  vietor  et  urbia 
latior  amplecti  murus  vinoque  diurno 

210    placari  Genius  festis  inpune  diebuS; 

accessit  numerisque  modisque  licentia  maior. 

indoetus  quid  enim  saperet  liberque  laborum, 
rusticus  urbano  confusuS;  turpis  bonesto? 
sic  priscae  motumque  et  luxuriem  addidit  arti 

215    tibicen  traxitque  vagus  per  pulpita  vestern; 
sic  etiam  fidibus  voces  crevere  severis, 
et  tulit  eloquium  insolitum  facundia  praeceps, 
utiliumque  sagax  rerum  et  divina  futuri 
sortilegis  non  discrepuit  sententia  Delpbis. 

220    carmine  qui  tragico  vilem  eertavit  ob  hireum, 
mox  etiam  agrestis  satyros  nudavit  et  asper 
incoluroi  gravitate  iocum  temptavit  eo  quod 
iniecebris  erat  et  grata  novitate  morandus 
spectator  functusque  sacris  et  potus  et  exlex. 

225    verum  ita  risoreS;  ita  commendare  dicaeis 
conveniet  satyros,  ita  vertere  seria  ludo, 
ne  quicumque  deus,  quicumque  adbibebitur  beros, 
regali  conspectus  in  auro  nuper  et  ostro> 
migret  in  obseuras  bumili  sermone  tabemas, 

2:^0    aut,  dum  vitat  bumum,  nubis  et  inania  eaptet 
effutire  levis  indigna  tragoedia  versus, 


212  und  213  Paldaraus. 


DE  ARTE  rOETICA  Ll^ER.  275 

ut  festis  matrona  moveri  iussa  diebus^ 
intererit  satyris  paullum  pudibunda  protervis: 
non  ego  inornata  et  dominantia  nomina  solum 

235    verbaque,  Pisones,  satyrorum  scriptor  amabo^ 
nec  sic  enitar  tragico  diflferre  colori, 
ut  nihil  intersit  Davusne  loquatur  et  audax 
Pythias  emuncto  lucrata  Simone  talentum, 
an  custos  famulusque  dei  Silenus  alumni. 

210    ex  noto  fictum  carmen  sequar^  ut  sibi  quivis 
gperet  idem,  sudet  multum  frustraque  laboret 
ausus  idem:  tantum  series  iuncturaque  poUet, 
tantum  de  medio  sumptis  accedit  honoris. 
süvis  deducti  caveant,  me  iudice^  fauni 

215    ne  velut  innati  triviis  ae  paene  forenses 

aut  nimium  teneris  iuvenentur  versibus  umquani; 
aut  inmunda  crepent  ignominiosaque  dicta: 
offenduntur  enim  quibus  est  equus  et  pater  et  res, 
nec,  siquid  fricti  ciceris  probat  et  nucis  emptor, 

250    aequis  accipiunt  animis  donantve  corona. 
syllaba  lõnga  brevi  subiecta  yocatur  iambus^ 
pes  eitus;  unde  etiam  trimetris  accrescere  iussit 
nomen  iambeis,  cum  senos  redderet  ictus 
primus  ad  extremum  similis  sibi:  non  ita  pridem, 

255    tardior  ut  paullo  graViorque  veniret  ad  auris^ 
spondeos  stabilis  in  iura  patema  recepit 
commodus  et  patiens,  non  ut  de  sede  seeunda 
cederet  aut  quarta  socialiter.    hic  et  in  Acci 
nobilibus  trimetris  apparet  rarus,  et  Enni 

260    in  scaenam  missos  cum  magno  pondere  versus 
aut  operae  celeris  nimium  euraque  carentis 
aut  ignoratae  premit  artis  erimine  turpi. 
non  quivis  videt  inmodulata  poemata  iudex; 
et  data  Romanis  venia  est  indigna  poetis. 

265    idcircone  vager  seribamque  licenter?  an  omnis 
yisuros  pecoata  putem  mea?  tutus  et  intra 
spem  veniae  cautus  vitavi  denique  culpam, 
non  laudem  merui.  vos  exemplaria  Graeca 

18* 


276  a  HORATII  FLACa 

noctuma  versate  mann^  versate  diama. 
270    at  vestri  proavi  Plautinos  et  numeros  et 
laudavere  sales,  nimium  patienter  utramque, 
ne  dicam  stulte,  mirati,  si  modo  ego  et  vos 
scimus  inurbanum  lepido  seponere  dieto, 
legitimumque  sonam  digitis  callemiig  et  aure. 

275    ignotum  tragicae  genns  invenisse  eamenae 
dicitur  et  plauBtris  vexisse  poemata  Thespis 

quae  canerent  agerentque  perancti  faeeibos  onu 
post  hunc  personae  pallaeque  repertor  honestae 
Aeschylus  et  modicis  instravit  pulpita  tignis 

280    et  docuit  magnumque  loqui  nitique  cothumo. 
successit  vetus  his  comoedia,  non  sine  muita 
laude:  sed  in  vitium  libertas  excidit  et  virn 
dignam  lege  regi:  lex  est  accepta,  ehorusque 
turpiter  obticuit  sublato  iure  nocendi. 

2S5    nii  intemptatum  nostri  liquere  poetae^ 

nec  minimum  meruere  decus  vestigia  Graeca 
ausi  deserere  et  eelebrare  domestica  facta, 
yel  qui  praetextas  vel  qui  docuere  togatas. 
nec  virtute  foret  clarisve  potentius  armis 

290    quam  lingua  Latium,  si  non  offenderet  unum 
quemque  poetarum  limae  labor  et  mõra.  vos^  o 
Pompilius  sanguis,  carmen  reprendlt^  quod  non 
muita  dies  et  muita  litura  coereuit  atque 
praesectum  deciens  non  castigavit  ad  unguem. 

2%    ingenium  misera  quia  fortunatius  arte 
eredit  et  excludit  sanos  Helicone  poetas 
Democritus,  bona  pars  non  unguis  ponere  curat| 
non  barbam;  secreta  petit  loca,  balnea  vitat. 
nanciscetur  enim  pretium  nomenque  poetae^ 

3^0    si  tribus  Anticyris  caput  insanabile  numquam 
tonsori  Lieino  commiserit.    o  ego  laevus^ 
qui  purgor  bilem  sub  vemi  temporis  horam. 
non  alius  faceret  meliora  poemata.  verum 
nii  tanti  est.   ergo  fungar  vice  cotis^  acutum 

305    reddere  quae  ferrum  valet,  exsors  ipsa  secandi; 


DE    ARTE  POETICA  LIBER.  277 

miinuB  et  officium,  nii  scribens  ipse,  docebo,^ 
unde  parentur  opes^  quid  alat  fonnetque  poetam, 
quid  deceat,  quid  non,  quo  virtus,  quo  ferat  error. 

333    aut  prodesse  volunt,  aut  delectare  poetae, 
aut  simul  et  iucunda  et  idonea  dicere  vitae. 

335    quidquid  praecipies,  esto  brevis,  ut  cito  dicta 
percipiant  animi  dociles  teneantque  fideles. 

omne  supervacuum  pleno  de  pectore  manat. 
ficta  voluptatis  causa  sint  proxima  veris, 
ne  quodcumque  volet  poscat  sibi  fabula  credi, 

340    neu  pransae  Lamiae  vivum  puerum  extrahat  alvo. 
centuriae  seniorum  agitant  expertia  frugis, 
celsi  praetereunt  austera  poemata  Ramnes: 
omne  tulit  punctum  qui  miscuit  utile  dulci^ 
lectorem  delectando  pariterque  monendo. 

345    hic  meret  aera  liber  Sosiis,  hic  et  mare  transit 
et  longura  noto  scriptori  prorogat  aevum. 

309  scribendi  recte  sapere  est  et  principium  et  fons. 

310  rem  tibi  Socraticae  poterunt  ostendere  chartae; 
verbaque  provisam  rem  non  invita  sequentur. 
qui  didicit  patriae  quid  debeat  et  quid  amicis^ 

quo  sit  amore  parens,  quo  frater  amandus  et  hospes, 

quod  sit  conscripti,  quod  iudicis  officium,  quae 
315    partes  in  bellum  missi  ducis,  iile  profecto 

reddere  personae  seit  convenientia  cuique. 

respicere  exemplar  vitae  morumque  iubebo 

doctum  imitatorem  et  vivas  hinc  ducere  voces. 

interdum  speciosa  locis  morataque  recte 
320    fabula  nullius  veneris,  sine  pondere  et  arte, 

valdius  oblectat  populum  meliusque  moratur 

quam  versus  inopes  rerum  nugaeque  canorae. 

Grais  ingenium,  Grais  dedit  ore  rotundo 

musa  loqui,  praeter  laudem  nullius  avaris. 
325    Romani  pueri  longis  rationibus  assem 

discunt  in  partis  centum  diducere.   'dicat 

filius  Albini^  si  de  quineunce  remota  est 

uncia,  quid  superat?  poterat  dixisse'  'triens:'  'eu. 


27S  a  HORATH  FLACCI 

rem  poteris  gervare  tuam.   redit  uncia,  quid  fit?' 

.190    'flemis.'  an,  haec  animos  aerngo  et  cura  peculi 
cam  semel  imbuerit,  speramus  carmina  fingi 
po88e  linenda  cedro  et  levi  seiranda  cupresso? 

347    gunt  delicta  tamen  qoibus  ignovisse  velimus: 

nam  neque  chorda  sõnum  reddit  qnem  volt  manns  et  meiis, 
poscentique  gravem  persaepe  remittit  acutum, 

350    nec  semper  feriet  quodcumque  minabitur  arcug. 
verum  ubi  plura  nitent  in  carmine,  non  ego  paucis 
offendar  maculig^  quas  aut  incuria  fudit, 
aut  humana  parum  cavit  natura.    quid  ergo  est? 
ut  scriptor  si  peecat  idem  librarius  usque, 

355    quamvis  est  mõnitus^  venia  caret,  ut  citharoedus 
ridetur,  chorda  qui  semper  oberrat  eadem, 
sic  mihi,  qui  multum  cessat,  fit  Choerilus  iile, 
quem  bis  terve  bonum  cum  risu  miror;  et  idem 
indignor  quandoque  bonus  dormitat  Homerus. 

3(;o    verum  operi  longo  fas  est  obrepere  somnum, 
ut  pictura  poesis:  ent  quae,  si  propius  stes, 
te  capiat  magis,  et  quaedam,  si  longius  abstes; 
haec  amat  obscurum,  volet  haec  $\xh  luce  videri, 
haec  placuit  semel,  haec  deciens  repetita  placebit, 

365    iudicis  argutum  quae  non  formidat  acumen; 
0  maior  iuvenum,  quamvis  et  voce  patema 
fingeris  ad  rectum  et  per  te  sapis,  hoc  tibi  dietum 
tolle  memor,  certis  medium  et  tolerabile  rebus 
recte  concedi:  consultus  iuris  et  actor 

370    causarum  mediocris  abest  virtute  diserti 

Messallae,  nec  scit  quantum  Cascellius  Aulus, 
sed  tamen  in  pretio  est:  mediocribus  esse  poetis 
non  homines,  non  di,  non  concessere  columnae. 
ut  gratas  inter  mensas  symphonia  discors 

375    et  crassum  unguentum  et  Sardo  cum  meile  papaver 
offendunt,  poterat  duci  quia  eena  sine  istis, 


333—346  sind  oben  hingesetzt  nach  308.       364.  365   sonst  in  nm- 
gekehrter  Ordnung. 


DE  ARTE  POETICA  LIBER.  279 

sie  animis  natum  inventumque  poema  iuvandiS; 
ai  pauUum  sumino  decessit,  vergit  ad  imum. 
ludere  qui  nescit,  campestribus  abstinet  armiS; 

:^    indoctusquc  pilae  discive  trochive  quiescit, 
ne  spissae  risum  tollant  inpime  coronae: 
qui  nescit  versus,  tamen  audet  fingere.  quidni? 
liber  et  ingenuus,  praesertim  ceusus  equestrem 
summam  nummorum,  vitioque  remotus  ab  omni. 

385    tu  nihil  invita  diees  faciesve  Minerva: 

id  tibi  iudicium  est,  ea  mens.  siquid  tamen  olim 
seripseris,  in  Maeci  deseendat  iudicis  auris 
et  patris  et  nostras,  nouumque  prematur  in  annuni; 
membranis  intus  positis:  delere  lieebit 

390    quod  non  edideris;  nescit  vox  missa  reverti. 
silvestris  homines  saeer  interpresque  deorum 
caedibus  et  victu  foedo  deterruit  Orpheus, 
dictus  ob  hoo  lenire  tigris  rabidosque  leones. 
dictus  et  Amphion,  Thebanae  conditor  arcis, 

305    saxa  movere  sono  testudinis  et  prece  blanda 
dueere  quo  vellet.  fuit  haec  sapientia  quondam, 
publica  privatis  secernere,  sacra  profanis, 
concubitu  prohibere  vago,  dare  iura  raaritis, 
õppida  moliri,  leges  incidere  ligno. 

400    sie  honor  et  nomen  divinis  vatibus  atque 
carminibus  venit  post  hos  insignis  Homerus 
Tyrtaeusque  maris  animos  in  Martia  bella 
versibus  exacuit:  dictae  per  carmina  sortes, 
et  vitae  monstrata  via  est,  et  gratia  regum 

40:>    Pieriis  temptata  modis,  ludusque  repertus, 
et  longorum  operura  finiš ;  ne  forte  pudori 
sit  tibi  musa  lyrae  sollers  et  eantor  Apollo, 
natura  fieret  laudabile  carmen  an  arte, 
quaesitum  est.  ego  nec  studium  sine  divite  vena, 

410    nec  rude  quid  possit  video  ingenium:  alterius  sie 
altera  poseit  opem  res  et  eoniurat  amiee. 
qui  studet  optatam  eursu  eontingere  metam, 
muita  tulit  feeitque  puer;  sudavit  et  alsit. 


280  .  Q.  HORAXn  FLAOCl 

abstinuit  Venere  et  nno;  qui  Pythia  cantat 

415    tibioen,  didicit  prius  extimuitque  magistrum. 
nec  satis  est  dixisse  'ego  mira  poemata  pango: 
occupet  extremum  scabies:  mihi  turpe  relinqui, 
et  quod  non  didiei  sane  nescire  fateri/ 
ut  l)raeco,  ad  mercis  turbani  qui  eogit  emendas, 

42»    adsentatores  iubet  ad  lucrum  ire  poeta 
(lives  agris;  dives  positis  in  fenore  nummis. 
si  vero  est,*  unetum  qui  recte  ponere  possit, 
et  spondere  levi  pro  paupere,  et  eripere  artis 
litibus  implicitum ;  mirabor,  si  sciet  inter 

425   noscere  mendacem  verumque  beatus  amicum. 
tu  seu  donaris  seu  quid  donare  voles  cui, 
nolito  ad  versus  tibi  factos  ducere  plenum 
laetitiae:  clamabit  enim  'pulchre,  bene,  recte/ 
pallescet  super  his,  etiam  stillabit  amicis 

430    ex  oculis  rorem,  saliet,  tundet  pede  terram. 
ut  qui  conducti  plorant  in  funere,  dicunt 
et  faciunt  prope  plura  dolentibus  ex  animO;  sic 
derisor  vero  pius  laudatore  movetur. 
reges  dicuntur  multis  urguere  culuUis 

435    et  torquere  mero  quem  perspexisse  laborant, 
an  sit  amicitia  dignus :  si  carmina  ooudes, 
numquam  te  f  ai  lant  animi  sub  volpe  latentes. 
Quintilio  siquid  recitares,  'corrige  sodes 
hoc  aiebat  ^et  hoo/  melius  te  posse  negares 

440    bis  terque  expertum  frustra,  delcre  iubebat 
et  male  formatos  incudi  reddere  versus. 
si  defendere  dcHctum  quam  vertere  malles, 
uuUum  ultra  verbum  aut  operam  insumebat  inanem, 
quin  sine  rivali  teque  et  tua  solus  amares. 

445    vir  bonus  et  prudens  vereus  reprendet  inertis, 
culpabit  duros,  incomptis  adlinet  atrum 
transverso  ealamo  signum,  ambitiosa  reeidet 
ornamenta,  parum  claris  lucem  dare  coget, 
arguet  ambigue  dictum,  mutanda  notabit, 

450    fiet  Aristarchus:  non  dieet  *^cur  ego  amicum 


% 


DE  ARTE  rOETICA  LIBER.  281 

oflFendam  in  nugis?*  hae  nugae  seria  ducent 

in  maia  derisum  semel  exceptumque  sinistre. 

ut  maia  quem  scabies  aut  morbus  regius  urguet 

aut  fanaticus  error  et  iracunda  Diamt, 
455    vesanum  tetigisse  timent  fugiuntque  poetam 

qui  sapiunt :  agitant  pueri  incautique  sequuntdr. 

hic  dum  sublimis  versus  ructatur  et  errat, 

si  veluti  merulis  intentus  decidit  auceps 

in  puteum  foveamve,  licet  'succumte'  longum 
460    clamet  'io  cives/  non  sit  qui  tollere  curet. 

si  curet  quis  opem  ferre  et  demittere  funem, 

'qui  seis  an  prudens  huc  se  proiecerit  atque 

servari  nolitV'  dicam,  Siculique  poetae 

narrabo  interitum.  deus  inmortalis  haberi 
465    dum  cupit  Empedocles,  ardentem  frigidus  Aetnam 

insiluit.  sit  ius  lieeatque  perire  poetis. 
invitum  qui  servat;  idem  facit  occidenti. 

nec  semel  hoo  fecit,  nee  si  retractus  erit|  iam 

fiet  homo  et  ponet  famosae  mortis  amorem. 
470    nec  satis  adparet  cur  versus  factitet;  utrum 

minxerit  in  patrios  cineres,  an  triste  bidental 

moverit  incestus:  certe  furit,  ae  velut  ursus, 

obiectos  caveae  valuit  si  frangere  clathros^ 

indoctum  doctumque  fugat  recitator  acerbus; 
475    quem  vero  arripuit,  tenet  occiditque  legendo, 

non  missura  cutem,  nisi  plena  eruoris,  hirudo. 


467  Ribbeck. 


t 


L 

r 

( 


Itpi-^  T  r.  J    B.  Him«H!sv-i  '.-  l.*;p:ij 


j' 

'i 


Dmck  Ton  J.  B.  HmtCHFKLn  in  Leipzif? 


f 


u 


^ 


.*.    • 


,   ♦•.