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600071 064N
V..
r- • "^. i
Q. HORATIUS FLACCUS.
MIT VORZUGSWEISER RCCKSICHT
AÜP DIE ÜNECHTEN STELLEX ÜND GEDICHTE
H E K A U S G E G E H E N
V(»N
K. LEHRS,
mOFERPOK IN KÕN-IOPBEKO.
Streuua nos exercet inertia
Hor. Vs^Ut, I. 11. :3.
LMPZIG,
F. C. W. VOGEL.
1S69.
V-
e. Ss
Q. HORATIUS FLACCUS.
MIT VOEZUGSWEISER RÜCKSICHT
AüP DIE ÜNECHTEN STELLEN UND GEDICHTE
H E U A U S Ü E G E B E N
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K. LEHR8, p^'> 7:.^^
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mOFKBSOll IN KÕNI08BEKQ. \^' •- V .^
Strenua nos exercet inertia
Hor. Epist. I, II, 2».
LEIPZIG,
F. C. W. VOGEL.
1869.
V-
■e. .3&
.' f
^ r
MEINEN FKEUNDEN
RUDOLPH SKRZECZKA
UND
C. F. WILHELM MÜLLER
ZÜGEEI6NET.
1
VORREDE.
Und ist es cndlich dir gclungen,
Und bist du vom Gefülil durchdnmgen,
Was fruchtbiir ist allein ist wahr:
Du prüfst das allgoraeine Walten:
Es wird nach seiner Weise sclialten:
Gesflle dich der kleinsten Schaar.
Dasö der gesunde Meuschenverstand sich zu richten habe
naeli der Ueberlieferung, nicht die Ueberlieferung ilir ürtheil
zu crwarten habe aiis dem gesunden Menschenverstande, nach
dieser Norm ist zwar von jeher in der Kritik in ziemlicher
Breite gehandelt worden, und breiter wol nirgend, aus
alter lieber Gewohnheit und pädagogischer Herzensangst,
ais im Horaz. Dass aber solche menschliche Schwachheit
formulirt wird ais die reehte Weisheit, das geschah wol
erst in neuerer Zeit. Die Erscheinungen, welche daraus
hervorgingen, konnten nicht anders sich gestalten ais er-
heitemd. Und so sind sie denn aueh, jene Kleinbllrger der
Ueberlieferung, wenn sie ihre trockene Ueberlieferung mit
der vomehm gemachten Etikette 'Methode' (denn Schema-
tismus ist es ja oder Schablone) untor grossem WiehtigthuU;
auch wol, wenn's trifft, unter charlatanischem Ausruf ais
Universalmittel von Händ zu Händ vertreiben. Und in der
VI VORREDE.
Gebrauchsanweisung lieat man unterstrichen 'objective Kritik'.
Die es nicht giebt. Jede Kritik, sobald sie Hbcr das Händ-
werk hinausgeht, sobald sie ihren rechtmässigen Ehrennamen
desürtheilens verdient, ist natlirlich subjectiv. Ein gescheites
Subject maobt gescheite Kritik — was nicht dasselbe ist
mit irrthurasloger — , und umgekehrt. Und ein jedes Pro-
blem verlangt seine eigene Lösung: fllr jeden einzelnen Fail
ist der Weg zu fiuden, zu ahnen, der zum Ziele führt, die
Richtung, in der cr liegen moehte, die Mittcl, welche dureh
Berg und Wald die ilm verdecken hindurchfllhren. Sich
fort und fort iunerhalb der Berge nach rechts und links
herumdrehen, ais gäbe es da liinten nichts weiter, während
das Ziel und die Aussicht draussen liegt^ wie fniehtbar und
unterhaltend das ist, kann man in den Horazausgaben lemen.
Unangenehm ist es freilich, dass man zu dem würdigen Per-
gamen das Beste erst selbst mitbringen soil : aber es ist nicht
anders: sogar den Geschmack. Auf den sie unter deni
Namen der ästhetischen Grftnde — nun es muss ausgedrüekt
werden wie es sich giebt — eine ganz besondere Pique
haben. Das w[ire! Ein jeder Kunstkenner und Kunstkri-
tiker thufs: der Gemäldebeurtheiler, der Archäolog: und
wir, denen die edle Aufgabe geworden, die Kunstwerke des
menschlichen Worts zu deuten und einzureihen, wir sollten
mit dem Armuthszeugniss vor ein Publicum treten, das Schil-
ler und Goethe hinter sich hat, und uns bei Kunstwerken
das Kriterium des G^schmacks versagen!
Die bisher geschilderte Erscheinung, welche augenblick-
lich nicht unberührt bleiben konnte, wird in dieser Art, ais
grundsätzliche, sich baid verziehen. Sie ist ein kttnstlichcs
Product. Demohngeachtet wird das Widerstreben aus den
bekannten natQrlichen Neigungen und Abneigungen der Men-
VORREDK. VII
schen auch im Horaz fortdauern. Aber es bewegt sich doch,
und wird fortfahren sich zu bewegen.
'Accidit etiam litteratis hominibus ut ea quibus a puerili
aetate adsueverunt omni erroris suspicione exclnsa pro veris
habeant. Insigne exemplum praebent earmina Horatii, quae
omni tem])ore lectitata explicamnS; laudamus, admiramur
tanta erediilitate , nt etiam ad claram lueem caecutiamus.
coepit tamen soporem istum excutere vir aeuti iudicii, P.
Hofman Peerlkamp, quamquam iile mea sententia nunc lon-
gius quam par erat, nunc non eo usque quo oportebat pro-
gressus/ Was diese Worte Gottfried Hermannis enthalten
(de primo carmine Horatii), dass wir auf der Grundlage des
Peerlkampsclien Gedankens eine neue Ausgabe brauchen,
ist bisher niclit in Erfüllung gegangen. Wie viel weiter
würden ^vir aber sein, wenn an Meineke, dessen kurzem
Kommentar wir auch in dieser Richtung nicht weniges ver-
danken, die Forderung eiuer neuen Ausgabe herangetreten
wäre. Wie sehr hatte ich darauf gehoflft! Dass ich mich
bestimmt sehe zu einer solchen Ausgabe des Horaz, in der,
wenn auch nicht mehr allein, doch immer ganz besonders
die Oden ins Auge zu fassen sind, da mederholt sich mir die
Erfahrung, welche ich schon einmal in einer Vorrede auszu-
sprechen hatte, dass wir zu unsem Bttchern durch Schicksal
kommen. Denn wie sehr mein Herz und Sinn von jeher an
den Satiren und Episteln hing, so wenig habe ich eine
gleiche Stellung gegen die Oden gewinnen kõnnen. Zu wel-
chen Horaz ja auch gar nicht aus zwingender Anlage, son-
dern durch Umstände kam. Es wäre ja auch schlimm, wenn
wir von einem ganzen Strom herrlichster Lyrik umgeben,
ausheimischer und einheimischer, nicht Urtheil und Empfin-
dung für wahre Lyrik berichtigt hatten! Aber Horaz ist doch
immer Horaz, den wir hinreicheud zu beurthcilen die Mittel
VIII VORREDE.
liahen und dem wir aucli in den Qden iiocli ciniges ahspre-
cheu mnssen, was hinausgeht über dasjeiiige; was allerdiugs
der gTõsseste Theil unserer Athetesen triflft, das Unsinnige
und Absurde, das Lappisclie und Blõdsiunige. Icli bin zu
der Erkenntniss der Sachlage nieht von den Oden herge-
kommen, sondem von einigen Episteln, die ieh in ihrer je-
tzigen Gestalt durchaus nieht verstelien konnte, die ich in
früheren Jahren, da ich Episteln erklärte, jedesmal über-
schlug, weil ich mir nieht zu helfen ^Tusstc, bis ieh denn
endlich einmal mich angeregt fand in solcher Trügheit nieht
zu verharren.
So ging ieh denn auch ais ich zuerst, was im Jahre
1863 gesehab, õflFentlich über Horaz sprach, von den Epi-
steln aus. Einige Oden berührte ich auch damals sehon,
manehe andere 1864 und 1867. In den Satiren sind mei-
ner Ueberzeugung nach nur einige wenige interi)olirte Verse,
in den Epoden einer.
Die Aufgabe, welehe ich mir allein gestellt habe, ist die
Untersuehung über den Best and des horazischen Textes.
Sie ist die erste und ist, darauf muss ich hier wie in allen
ähnliehen Fällen besteben, unabhängig und muss unabhän-
gig gebalten werden, wenn man nieht der Unbefangenheit
des Bliekes und der Empfindung Eintrag thun will, von einer
andem Aufgabe, welehe die spätere ist, die G^ehichte des
Textes. Gewiss eine anziehende Aufgabe und, wie schwierig
auch, jedenfalls des Versuches werth. Da sich diese Unter-
suehung, was überall zu sehr yemaehlässigt ist, hier vor-
zugsweise auf diejenigen Schieksale zu richten haben wird,
welchen die Texte in den allerfrühesten Stadien ihres Ein-
tritts und ihrer Verbreitung in die Oeffentlichkeit nach den
damaligen Umständen ausgesetzt sein konnten, so wird wcl
auch hier die Ueberlieferung nieht das Beste geben, sondem
VORREDE. IX
(ler Scharfblick und die Umsicht eines alles, was in Frage
kommen muss, erspähenden und verbindenden Geistes.
Ueber mein Vorgehen in Betreff der Echtheit und Unecht-
heit habe ich nichts weiter zu sagen. Nur tiber mein Ver-
halten in denjenigen Stellen, in denen ich meine dass nur
eine Entstellung, entstanden durch Verderbung eines oder
mehrerer Worte, vorliege. Es sind an dem Horaz doch meh-
rere Manner von dem bedeutendsten Conjeeturtalent be-
schäftigt gewesen. Sie sind vielfach geseheitert und sie haben
gemeint sich wider ihr sonstiges Genie behelfen zu müssen.
Und naeh mehreren hat ein Mann wie Meineke^ dem ja
auch in diesem Punkt jedermann das Hõchste zutraut, sich
an einer ganzen Zahl von Stellen veranlasst gefunden, durch
ein Zeichen zu erkennen zu geben, dass er die Stelle für
verdorben halten musse, eine Conjectur aber nicht zu finden
wisse. Diese Vorgänge schienen mir hinreichende Berech*
tigung zu dem Glauben zu gewähren, dass überhaupt mit
einer Herstellung aus Buchstabenverderbung noch viel õfter
nicht durchzukommen sei ais man bisher sich dazu ent-
schlossen: dass der Fail viel õfter vorliege, dass die Ver-
derbung durch verloren gegangene und schlecht ausgefttllte
Worte, ja mitunter Zeilen, entstanden sei. Hienach bin ich
mit Entschiedenheit verfahren.
Mit Ribbeck freue ich mich darin in Uebereinstimmung
mich zu finden, dass wir beide den schönen Bentleyschen Les-
arten, die in den Winkel gestellt waren, ihren gebührenden
Platz gegeben. Wirklich ist es zu verwundeni, wie viele
der gewõhnlicheft Horazherausgeber mit ihm umgehen ais
treibe er Spielereien dieser Mann mit dem göttlichen Dä-
monium, dem aus seinem Haupte die bewaffneten Gedanken
entsprangen, wie Minerva dem Jupiter.
X VOKKEDE.
Die interpolirten Strophen und Verse sind ein^rückt,
Lacken durch Punkte angezeigt. Gediclite, die einer grGsseru
Umgestaltung bedfirftig erscbienen, sind zuer^t in ihrer her-
kõromlicben Gestalt abgedruckt, binterher in der veränderten
unter derselben Nommer, also z. B. etwa II, dann II'. Wenn
was nach gewõbnlicber Ansicbt ein Gedicht ist uns in zwei
zu trennen scbien, ist dies bezeicbnet durch z. B. YI*, VP.
Nur bei denjenigen Lesarten des Textes, welcbe gar keiner
Ueberlieferung entsprechen, ist die Ueberliefenmg darunter
angegeben und der Urbeber der aufgenommenen Textesworte.
Wobei B Bentley und M Meineke bedeutet. Wo kein Name
stebt rühren sie von mir her: so weit ich weiss. Etwaiges
Nicbtwissen — natürlicb stelle icb biemit jedem Berecbtig-
ten sein Eigentbum zurück — zu entschuldigen habe icb
wol nicbt. Wenigstens um eine Verpflicbtung anzuerkennen,
Yon der Horazlitteratur^ der ganzen oder der meisten, Kennt-
niss zu nehmen, dazu gehören jedenfalls ganz andere An-
sicbten über die Aufgaben des Lebens ais ich sie nun ein-
mai habe. Icb habe mir ein beiteres Sprttchlein von Goethe
ttber die Deutschen Zeitschriften schon längst auf meinen
Fail übertragen:
Wer hatte auf aUe Horatiana Acht,
Morgens, Mittag, Abeud und Mittemacht,
Der wär* um alle seine Zeit gebracht,
Hatte weder Stunde noch Tag noch Nacht,
Und wär* ums ganze Jahr gebracht :
Das hatt' ich ihm gar sehr verdachtl
■%
Die Verschleifung bei Horaz.*)
1. Bei Behandlung cler Horazischen Verschleifungen
darf man, und es wird zweckmäszig und übersiohtlich sein
dies zu thun, die Oden und Briefe einerseits zusammen be
handeln, abgesondert die Satiren. Ich will hier einiges über
die Horazischen Verschleifungen aufschreiben, und zwar wie
es für die Oden und die Briefe mit Einschlusz der ars poe-
Uca geltend ist, deren Synaluphen ich tibersehe. Für die
zweite Silbe der Verschleifung darf man keine für unanstõszi-
ger gebraucht ansprechen ais et und est^ jenes natttrlich noch*
viel häufiger ais dieses erscheinend, und man darf sich ge-
faszt machen beide in manchen Fällen häufig oder auch
ai lein angewendet zu finden, wo andere Silben Bedenken
hättea. Dann folgen Präpositionen, einzeln oder in Zusam-
mensetzungen, nebst dem untrennbaren in privativum. Dann
erst nominale und verbale Stämme, pronominale nebst Par-
tikelstämmen. Diese Unterscheidung der Stämme ist bei der
lateinischen Verschleifung sehr \yichtig. Die funfzehn Gedichte
z. B. des vierten Buches enthalten überhaupt 48 Verschlei-
fungen, wobei wir das Vindelici et A, 18 ais vermuthlich
richtig mitzählen, das voltu et einiger 9, 43 ais ganz und
gar unwahrscheinlich weglassen. Darunter sind nun auszer
13 mit que et noch 6 andere mit et, also 19, mit est 5,
mit Präpositionen 16, mit nominalen und verbalen Stäm-
men (eingeschlossen 2 und zwar ausländische Propria, de-
nen, wie die Vergleichung der Beispiele an die Händ zu
*) Zuerst im Jahre 1963 in Fleckeisens Jahrbüchern. Dortige Ver-
zählungen jetzt beriehtigt mitUntersttttzung vod Julias Schultz, dessen
Schrift de prosodia satiricorum Romanorum capita duo, de muta cum
liquida et de Bynaloephe Regim. 1864 fur die von mir nur in zweiter
Reihe herbeigezogenen Satiren zur Ergänzung dient.
Lehrs, Horatias. A
Il VEaSCHLElFUXCi.
geben Bcheint, da» Ohr auch in diesem Faile groiüzere Frei-
heit gab) S, und endlich ein net/ue enim. Bei der Verteilung
der letzten ClasRcn in die einzelnen Oden findet liin und
wieder Zufall Rtatt. Bisweilen wieder eigrcntllmliche Aus-
gleichung. Auf einiges Mitspiclen des Zufolls musz man
überliaupt in diesem Bereich der lateiuiscben Wortv^erschlei-
fung gefaszt sein und starren Scheniatismus nicht envarten :
z. B. wenn, um bei Horatius zu bleiben, in den Briefen hin
und wieder in 20 — 30 Versen jedc Synaluphc ausbleibt, wie
f^pist. 1 7, 33—54, I 10, 56-70, II 2, 35— G3, II 1, 141 —
175. 226—244. 253—270, selbst in den Satiren doeh wenig-
stens I 4, 44—56, II 5, 61 — 80 mit nur einer einzigen Syn-
aluphe tandem H in V. 6S. Doeh zurück zu jeneni vierten
Buche der Oden. Das Pindarum tjuisquis — hat 60 Versemit
4 Synalõphen, was ein ungemein gcringes Verhaltnis ist filr
ein 80 langes Gedicht (worüber später). Wenn darunter drei
Versobleifungen sind mit Nominalstamm , so ist dies wieder
ein ganz ungewöhnlicb hohes, ieh glaube in keiner einzigen
Ode sonst erscheinendes Verhältnis. Aber freilich sind sie
in Art sehr gemildert: ptigilemre equumre 18, moresque \
mireos 22, ego apis Matinae Tt fdic vierte ist nigroque \ in-
videt 23). Wie viel wcniger wiegen diese ais z. B. in II 1
(Motum ex Motetlo — ), vierzig Versen mit 7 Vcrsehleifungen,
die drei hieher gehörigen : principum amiciiias 4, phnum opiis
aleae 6, atrocem animiim 24.
2. Ehe wir weitergehn, stebc liier noeh etwas überdie
Bchon erwähnte Verschleifung que et. Ganz hcrvorst^cbend
ist dieselbe im vierten Buche der Oden : unter den funfzehn
Gedichten dieses Buches sind mchrere, wft das que et be-
sonders beliebt ist. Die erste Ode (40 Versc) enthält drei
Synalõphen: \%namque etnobtlis, 22 f//raeqtte et JJereci/ntiae,
dann noeh 35 decoro \ inter—. In der fdnften Ode C40 Verse)
zwei: 13 ominibusque et precibus. 22 maeulosum edomuit.
In der neunten V. 7 Ceaeque et A/caei, und ausserdem in
dem 52 Verse haltenden Gedicht ante Ägamemnona 25 und
das ganz zweifelhafte vultu et 43. In dem dreizehnten Ge-
dicht (28 Verse) drei Synalõphen: 4 ludisqne et bitm\ 21 no-
VER8CHLE1FÜNG. UI
ta^ue et artium : dann 28 dilapsam hi cinerem, Ferner das
vierzehnte enthält 52 Verse mit 6 Verschleifungen , davon 4
ütt que et: 24 mit tere equum, 33 eonsitüim e^, 31 primosque
et ewtremosy 39 laudemque et optaium^ 42 Medv^que et InduSy
46 NUusque et Ister. Das funfzehnte (32 Verse) V. 10 rectum
evaganti\ W famaque et imperi , 25 nosque et profest/s, 31
Trotamque et Änchisen,
So steht in den Oden des yierten Buchs dieses que et
dreizehnraal, während es in den drei ersten Büchem hoeh-
stens siebenmal vorkommt, zweimal im dritten: 6, 35 Pyr-
rhumque et ingentem und 21,18 viresque et addis^ im zweiten
Buche gar nicht, im ersten Buche zweimal eclit: 32, 9 TV
neremque et illi^ 35, 10 gentesque et Lativm, und zweimal
vermutlieh unecht in dem Pastor eum traheret — (15)^
nemlich V. 12 currusque et rabiem und V. 18 strepitumque
et ceierem.*) Noch sei bemerkt dasz im cannen saecuhre
(76 Verse) von sieben Synalöphen zwei sind mit que et:
V. 11 aliusque et idem^ Al reinque prolemque \ et decus — .
Man wird sagefi dürfcn dasz in den Jahren, in denen
die Oden des vierten Buches entstanden, Horatius zu der
Anwendung von que et eine gi'ö8sere Neigung hatte. Und
wer bemerkt dasz dieses que et auszerdem aufFallend häufig
ist in der ars poetica, aber nur in der erstern kleinem Hälfte
bis V. 214, wird beiläufig es vielleicht nicht unwahrsehein-
lich finden, dasz an dieser Partie der ars. p. Horatius in den-
selben Jahren arbeitete. Vielleicht hieng jenes wenigstens
för das vierte Buch der Oden zusammen mit der in demsel-
ben noch etwas gesteigerten und noch ausnahmsloser befolg-
ten Neigung — so wird man sich etwa ausdrücken kõnnen
*) DaruDter ein regtimque ductunque et tristia hella, was doch
schwerlich ein etwas feinererMund wenigstens hören liesz regumque du-
cumquet, und mehrere Beispiele, wo durch solche Annahme Verse ohne
Caesur entstehen. Denn es scheint in der That noch nicht ganz über-
fiüssig immer wieder einmal daran zu crinnern dasz man durch den —
endHch ganz abzuschaffenden — NamenElision sich nicht die Vorstel-
lung tiber die Sache verwirren lasse. Ov. Jmor. I, 6, 57 aut ego tarn
ferroqne ignique paratior ipse. Und mit Interpunction : Vergilio Vq-
rioque? ego cur acquirere pauca —
A 2
IV VERSCHLEIFUNG.
ohne zii wciiig oder zu viel zu sagen — zur Anwendung
einer mäszigeu Zabl und zur Anwendung iiamentlieh auch
der milderen Verselileifungen. Und qito et ist wol von allen
dic mildeste: das qvf* selbst unter denen mit kurz e in er-
ftter Silbe besondcrs leicbt und oft zugolassen: und et^
von dem vorber und 8i>ätcr.
3. Kaeb diesen Vorbemcrkungen will icb nun aber was
icb über dio Verscbleifungen bei Horatius zu sagen gedenke
80 darstellen, da&z icb sein längstes Gedicbt, Aie ars poetica,
zugrunde lege, welcbes sicb in seinen maszvoU gebaltenen
Verscbleifungen sebr geeignet erwcist von ibm auszugeben.
A. Also zuerst ein Wort tiber die Anzabl. Die 476 Verse
enthalten 100 Synalöpben, also nahczu auf 5 Verse 6ine.
Die ars p, tritt biermit ganz wobl in die Reibe der übrigen
groszen Episteln, ja aucb groszen und gröszern Oden. Von
den übrigen 22 Episteln geben die acbt näcbst gröszten fol-
gende Verbältniszablen der Verscbleifungen, wol)ei wir durch
einen oben angesetzten Stricb die Zabl mit einem Brucb aus-
drücken woUen.
I 2 (71 Verse) 6' (das beiszt also auf je 6' Verse
6ine Verscbleifung). I 16 (73 V.) 6'. II 2 (216 V.) 6. I
7 (98 V.) 5'. 118 (111 V.) 5'. II 1 (270 V.) 5'. I 1
(107 V.) 4'. 1 6 (68 V.) 4'. Nun tretcn aber dieselben Zab-
len ganz tiberwiegend in den groszen und gröszern Oden,
scbon von etwa 40 Versen an, der ersten drei Bücber auf. Wenn
man eineDebnbarkeit innerbalb eines Bereicbes wie der obigen
Zablen ganz natürlicb finden wird, so wird man sicb aucb
nicbt wundeni, wenn in einem acbtzigzeiligen oder vierund-
eecbzigzeiligen Gedicbt (III A DesceiiJe caelo — 29 Tf/rrhena
reginn — ) die genaue Zäblung nur 3' ergibt , tlbrigens mit
ziemlicber Annäberung zu 4. — Diese Zablen sind keine zu-
fälligen. Sie drücken den Maszstab für Obr und Empfindung
des Horatius aus, den er für die gröszern Gedicbte nicbt
nur duldete, sondern für angemessen biclt. Für die gröszern —
sei es dasž ibm erscbion, ein lang fortgehendes Gedicbt rõ-
miscben Muudes obne alle oder nabezu obne alle Verscbloi-
fung macbe den Eindruck der Aflfectation, sei es dasz er für
VERSCHLEIFUNG. V
den Ernst und das Gewicht des Inhalts, wie er den längem
Gedichten doch wol meistentheils eigen sein wird, den glat-
ten Schliflf nicht angemessen fand, der einem kleinern car-
men amabile anstand oder einfer Studie. Dennoch auch un-
ter den Oden kleinern Umfangs erscheinen jene Zahlen noch
häufig genug, ja er hat in einigen, wiewol wenigen, eine
noch gröszere Anzahl Verschleifungen zugelassen, z. B. so
dasz die Verhältniszalil ist 2' und einmal, wie wir sehen
werden, 1'.*) Allein nun gibt es eine ganze Anzahl Oden,
welche nach einer andem Richtung hin gearbeitet sind; ja
es gibt eine Zahl Oden von 16, 20, 30 Versen teils ohne
alle Verschleifung, teils mit 6iner oder zwei und bisweilen
ganz milden Verschleifungen. Ohne Verschleifung I 4 Sol-
ritur acris hiems — , 5 Quis muita gracilis — , 14 0 navis reje-
rent, Mit iiner sehe man I 8 Lydia dic — , 9 VUIes ut aita
— , XZCtim tu Lydia Telephi — , 18 NuUam Vare sacra
— , sehr interessant in Beziehung auf die Verschleifung zu
vergleichen mit Catullus c, 30. Auch die beiden andem in
diesem Metrum bei Horatius von 8 Zeilen habeji das eine
IH gar keine, das andere IV 10 6ine Verechleifung {LigU"
rine in), Femer 25 Parcius iimctas — ,31 Quid dedicatum —
(aurum aut V. 6), 37 Nujic est bibendum — (attsa et V. 25),
II 8 Vila si iun\ — , 10 Rectius vives — (nur neque altum V.
1), III 10 Extremum Tanain — , 19 Quantum distet ab Inacho
— , IV 7 Diffugere nives — (blosz ein neque enim V. 25).
Mit zwei Verächleifungen II 5 (1 — 16) Nondum suhacta — ,
14 Ekeu fugaces — . Wenn bei groszen Oden die Verschlei-
fungen gegen die vorbin angegebenen Normen aufFallend ge-
ring werden, wie im vierten Buche in Pindarum quisquis —
♦) Das 0 nata mecum — , nicht unversehrt und also schwer zu beurr
teile n, wird unter allen Umständen wol keine hõhere Ziffer aufzuweisen
habenals2'; diesthunauch die freilich auch nicht sicher zu beurteilenden
Dianam tenerae — I 21 und Parcus deorum — 134. Sicher ist Exegi
momimentum — , wovon sogleich. — II 3 Aequam memento — 3'. —
In der im Text zunächst folgenden Aufzählung sind ein paar Gedidite
mit anfgez&hlt, die nicht võUig in Ordüuflg sind, solche jedoch diewahr-
scheinhch in dem Punkte, worauf es uns ankommt, nicht wesenthch
anders waren.
VI VER8CHLEIFUN0.
60 Verse — 15, in Qualem minütrum — 76 Verse — 12', mit
Erwägung namentlich aucli ihres Inhalts, ebenso IV 5 Divü
orte bonis — mit zwei und IV 6 Dive quem proles — mit
nur 6iner Verschleifung auf *40 Verse — und was jetzt ais
carmen saeculare vorliegt entliält auf 76 Verse 7 Versehlei-
fungen, darunter 5 mit qtie und est — dann also darf man
sieb die Frage vorlegen , ob Horatius damit einen Fortschritt
gemacht oder ob er nacbgegeben einer Verzärtelung der
Zeit und des Ohrs, di^ übrigens, wie wir uns zu erin-
nern niebt unterlasseu woUen, auch bei den griechiscben
Alexandrinern in die Versbildung eindrang. SoUten jene
Oden damit gewonnen haben? Wenn er ganz im Gegentheil
in einer Ode kleineu Umfangs begann:
Exegi monumentum aere perennius
regalique situ pyramidum altius,
quod non Imber edax, non aquilo iupotcns
possit diruere aut innumerabilis
und in jedom Verse dieser Anfangsstropbe eine Verscblei-
fung zuliesz, nicht einmal ganz milde, und dieses ganz gewis
seinem Bewustsein oder seiner Empfindung niebt unbemerkt
blieb, wenn erhier jene glatte.Politur nicht zuliesz oder nicht
erstrebte, angemessen dem kräftigen und römisch bewusten
Inhalt, 80 mõchte mandieslobenswertherfinden. So hat das
Gedichtcben auf seiue 16 Verse 7 Verschleifungen erhalten.
Auch werde ich ihm wol nichts unrichtiges unterlegen,
wenn ich bemerke, wie in dem Donec graivs eram tibi — ,
welches auf seine 24 Verse 6 Verschleifungen hat, fünf da-
von sich zusammendrängeu in die letzteu 6 Verse:
si flava excutitur Chloe
reiectaeque patet ianua Lydiae?
quamquam sidere pulcrior
iile est, tu leWor cortice et inprobo
iracundior Hadria,
tecum vivere amem, tecuin obeam libens,
d. h. von da an wo das Gedicht leideuschaftlich wird. Viel-
leieht darf man etwas ähnliches anwenden auf II 7 0 saepe
mecum — , vielleicht auch auf IV 3 Quem tu Melpovienesemel
— . Doch mõchte ich das hier so sicher nicht sagen — denn
VEKSCilLKlFÜNG. VU
man darf nicbt vergessen, man soil os vielmelir durch Be-
obachtung wissen, wie sehr auch Zufälle špielen — ais in
jenem so bestimmt gegliederten und mit unverkennbarer
Liebe ausgearbeiteten Donee gratus eram tibi — . Freilich
nabm er gewis ais Verscbleifuugen nicht die ersten besteu
sich darbietenden ; aber dergleichen ganz aufzugeben für
eine gleichmässige Glätte mõcbte nicht ais das weisere
erscbeineu; und, wenn man etwa an Aequam memento — 3'
— schon Anstosz zu nehmen begann^ ais Verwõhnung. Nun
wieder im Gegenteil ist es gewis kein Zufall, wenn das
sechzebnte Gedicht in den Epoden Altera tarn teritur —
mit wechselnden Hexametern und ganz reinen lamben
in den 33 Hexametern nicbt eine einzige Verschleifung
haty und auch in den lamben nur fünf Verschleifiingen zu-
gelassen sind, deren drei in qi/e. Dies jedooh wie epod.
13 scheint sich ais metrisches Schaustück darzustelleu;
wie auch die Spondiaci zeigen 7 (V. 17. 29j, welche dem
Horatius da, wo er sich selbst schreibt, so fremdartig sind
und hier gar gebildet in jener gezierten Art mit griechischen
Wõrtem und dem berüchtigt gewordenen Apenninus. (S. d^n
Anhang tlber die versus spondiaci,) Und ich meinesteils
würde dies besser verstehen ais warum eine Ode von dem
Tou des Nunc nst bibendum — in ihren wenn auch nur 32
Zeilen keine andere Verschleifung hat ais ein ausa et (V.
25), und ähnlich einige andere der oben genannten, welche
nicht in die Classo griecliischer Studien oder Spielereien fal-
Icn, wenn nicht auch hier Horatius gerade römisch politischen
Inhalt verwendet hatte. Bei einem Gedicht wie dieser 16.
Epode also mag es doch leicht geschehen sein dasz es man-
chem noch gar nicht altväterischen, aber vaterländischen Sinn
widerstand, dasz es manchen bedünkte der altromische Most
sei fUr solche neumodische SchlUuche nicht ^ manchen auch
von denjenigen, die gar nicht an allen Freiheiten des Luci-
lius in versü faciendo ein für allemal festzuhalten ge-
dachten und solche schalkhafte Erinnerung an seine Un-
ebenheiten verstanden und beifällig lasen. Und 'das Ge-
dicht ist nicht ura des Inhalts willen gemacht' — der Ein-
vm VERSCHLEIFÜNC4.
(Iruck verbleibt doch; und wenn das einem Nullam Vm*e
sacra — gar nichts schadet, so kann es verdrieszen bei ei-
nem 8ieh römisch und innerlich anstellenden Inhalt. Um
weiter auf die Verschleifungen insbesondere zu kommen , so
verfuhr Horatius ein andennal bei einem nur auf die Form
gearbeiteten Gedicht ganz anders, ais er nemlich das J//>e-
rarum esi componierte, das gar keihen andern Zweck und
Urspnmg haben kann ais die Form, und bei demer gänz
genau gewust haben musz was er that, das er ganz zu sei-
ner Zufriedenheit in der Form machen muste oder gar nicht.
Dieses kleine Gedicht nun hat auf seine zwölf Verse sieben
Verschleifungen. Diesc klangen ihm doch also auch gut,
natttrlich diese wie 6r sie machte und wie der Nationalmund
eines"gebildeten Roraers sie sprach. Was solleh wir also
sagen? Horatius hatte die Ueberzeugung von einer Verban-
nung der römischen Verschleifungen in den griechischen
Dichtungsformen nicht, gewis die Ueberzeugung von der Not-
wendigkeit und Angemessenheit einer Regelung für die neuen
Formen und fttr die neue Zeit. Er dichtete nach zwei Rich-
tungen hin: ais grieehische Nachahmung, ais Studie, ais
Studie auch zur Schmeidigung der Sprache nach jener die
Verschleifung ausschlieszenden Richtung mit voller Berechti-
gung. Aber der Reiz der Glätte und Eleganz ward ihm ge-
fährlich, und hatte er schon in den Dichtungen älterer Zeit
ihm hin und wieder nachgegeben an bedenklicher Stelle, so
gab er diesem Reiz noch um ein mehreres nach , ais er
nach einer Reihe dazwischen liegender Jahre in dieses
Gebiet noch einraal wider seinen Willen einkehren muste
und die sonstigeu Reize, welche ihn zu dieser Gattung
gezogen, hinter ihm lagen. Und es lag in der römi-
• schen Luft ein Keim, der jene Atmosphäre entwickelte* —
auch innnserer Literatur wissen wir davon zu sagen — in wel-
cher alles von weichem Wohllaut träuft. Die römischen Muster-
verse dieser Richtung, die Persius aufgestellt, 1 , 93 sind be-
kannt: eine Verschleifung bieten sie auch nicht; die dem
Romantiker des Tiberius, dem Julius Montanus ^der auszer-
õrdentlich gem Sonnenauf- und untergänge anbrachte' änge-
VEKSClILEIFrNG. IX
hCrigen Verse bei Seneca ep. 122 sind in derselben Form
geschmolzen. Auf dic griechisch lyrisehcn Formen sind wol
die oben hesprochcnen Vorgänge des Horatius nicht ohne
Einflusz gewesen , wenn z. B. Statius ein Sapphisches
Gedicht (IV 7) in 56 Verscn mit zwei Versclileifnngen
bildete , ein Alcäisches in 60 Versen (IV 2) gleichfalls mit
zwei, dem gemäsz 135 Hendekasyllaben mit 5 Vergchlei-
fungen (II 7), 190 mit 8 (IV 3), 55 mit 2 (IV 9),
sanfter, vielmehr fast sämtlichen sanftester Art, dasz eine
Sehilderung eines reiszenden Wassers IV 3 , durch welche
an einer Stelle gehänfte Verschleifungen herbeigeftthrt sind,
so aussieht: 76 et nnnc ilfe ego tnrhidus, 79 qui terras rapere
et rotare siiras.
Von den Epistel n haben wir auszer der ars p, die acht
nSclist grGszten besprochen. Es bleiben 14, deren längsto
50 Verse hat (die <5ino Epistel 17 von 62 Versen ist ein
Wahn^, diekürzeste 13. Ohne allo Versehleifung ist keine.
Üebrigens wäre, was sio in Betreflf der Anzahl der Ver-
schleifungen aufweisen, unter ilmen nicht weiter nach Um-
fang zn verteilen. Es bieten noch 5 die oben besprochenen
Verhilltniszahlen 4 bis 6\ drei sogar 3' und 2'. Aber 6 bie-
ten eine geringere Anzahl Verschleifungen, und es scheint
nicht zufRllig, wenn die Epistel 3 an die jungen litterari-
schen Freunde auf 36 Verse nur zwei Verschleifungen hat,
oder die an Vinias, natllrlich fdr Augustus beigelegte, auf
18 Verse ebenso zwei, oder das Si potes Ari^hhcis — auf
32 Verse 3, und zwar drei et, Dic andem sind nach den Verhält-
niszahlen: 17 Quamris "Scaeva — 32 oder 33 V. die ich allein
für den echten Bestand halten kann — 10'. Und 10 Prisco
si crcdis — 49 V. — 9'. Und 10 Vrbis amaforem — 50 V. — 8'.
Es kominen Sonderbarkeiten vor. In 10 hören die Ver-
schleifungen bei V. 34 auf bis auf 6ine die nach 45 kommt
Hingegen in 19 ist keine Versehleifung bis V.38, in den ttbrig-
bleibenden 1 1 Versen 5, von denen freilich 4 et, Solche Zu-
fälligkeiten der Verteilung habe ich sohon oben bertthrt.
Es kõnnen auch in der 2iahl tlberhaupt Zufälle mitgespielt
haben: fllr Horatius raõchte ich doch vielmehr sagen —
X VEKSCHLKIFUNO.
nach dem was dio Durelimudtcrung bei ikm, ieli sage bei
ihm, an die Händ zu geben scheint — eine Laune einmal
etwas geputzter, gleicbsam auf eineni farbigeu Briefbogen
zu sehreibcn, die mir in keineni der obigen Beispiele unan-
gemessen erscheinen wttrde.
Doch genug. Von dieseni Versucb aus der Statistik der
Zahlen einen Sinn herauszulesen kann ieb nicbt fortgeben
ohne urn Verzeihung zu bitten. Ganz vollzogen kaun er
niemals werden, da der Verschleifungen Bescliaffenbeit, die
man inimer sogleicb ins einzelne nicht wol vcrbinden kann,
immer docb aucb auf deu Zahlenwertb influiert. Zu Art
und Besehaflfenheit der angewendeten Verscbleifungen geben
wir jetzt.
B. In jenen 476 Versen der ars p. sind 32 , in deneu
die zweite Silbe der Verschleifung gebildet ist durch e/, 16
mit est (V. 99 esse), 25 mit einzelner oder zusammengesetz-
ter Präposition und in privativum, woinit 73 von den hun-
dert Verscbleifungen , welche die ars p. tlberbaupt entbält,
absorbiert siud,
Deninächst bcmerken wir vier Beisi)iele mit einsilbiger
Partikel, \\(tm\\it\\ aut (18. 105. 119. 443): dasz alle in der
ätelle der Penthemimeres stelien ist Zufall.
Es bieiben dieFälle, wo die zweite Silbe Stamm eines
zwei- oder mehrsilbigcn Wortes ist (auszer natürlich Prä-
position). Darunter zuerst 5 mit Pronomina, und zwar drei
(55. 272. 416) mit etjo^ welcbes, wie man sieb bei einiger
DichterleetUre leicht überzeugt, zu Verscbleifungen in seinen
beiden Sflben mit am leicbtesten rerwendbar ist. Auszer-
dem primum ipsi tihi 103. poterat quia eena sine isfis 376.
Dann folgende mit pronominalen Adverbien: aUjue ita men-
titur 151, verum ita Hsores 225. rej^um ubi plura nitentSbL
nullum ultra verbum 443. Ferncr einmal etiam : pes eitus unde
etiam 252. Dasz unter den mit Nominal- und Verbalstämmeu
gebildeten in der ars p. mit nur zwei Ausnabmen kein Beispiel
ist, in dem die erste Silbe der Verschleifung nicbt in m aus-
gienge, dabei ist Zufall ; aber die llberwiegende Neigung, auf
welcbe dies deutet, wird kein Zufall sein, sondern wird sicb
VERSCHLEÜ^ÜNG. XI
auch sonst bestätigen. Weiter kein Zufall ist dasz uuter den
beiden abweichenden daseine einen Infiuitivus iu -re hat (423
eripere artis)^ den man in Verschleifung häufig triflft; das
letzte Beispiel ist cur ego amicum 450.
Nach diesem allem bleibt uoch ein in der ars p, einzig
stehendes Beispiel : pnmum ipsi tibi, lunc tua me infortunia
laedent 103. Meineke bemerkt zu carm, I 16, 8, wo Peerl-
kamp emendieren wollte 7ion Liber aeque, non si acuta, dies
kõnne nicht gebilligt werden : denn ^onosyllabas roces prae-
ter pronomina te et me (carm, II 3, ^seu te in roinoto. e])od. 5,
9 quid ut noverca me intueris) Horatius in lyricis nunquam
eliäit.' Da die Epodeu mit genommen sind, so wäre noeh
an das iam iam efjicaci do manus scientiae 17, 1 zu erin-
nern. Uebrigens triflft diese Bemerkung einen wichtigen Punkt.
Horatius hat in Oden, Epoden und Briefen überhaupt mit
groszer Sparsamkeit die erste Silbe der Verschleifung aus
einsUbigem Wort gebildet. Also in Oden und Epoden auszer
den genannten drei Stellen noch carrn, III 29, 5 iam dudiim
apud. me est, 55 virtute me int^olvo. — In den Briefen also
jenes tua me infortunia laedent in der ars p., femer 11,3
me includere, 27 ut his ego me ipse regam^ 75 omnia te ad-
versuinj I 2, 33 ut te ipsum serves, I 7, 24 me etiam, II 1, 111
me adfirmo, II 2, 79 me ijiter, 138 ////? oceidistis, 212 quid te
exempta. Hiezukommt mil 18, 112 aequum mi animum ipse
parabo (zweites Beispiel vor Ktlrze); tui 12, 14 cum tu in-
ter seabiem, 1 14, 41 horum tu in numeruni] qui II 2, 133.
Alles Pronominalfonn, und in der That in seltener Anwen-
dung. So wie man aber einen Blick in die Satiren wirft, sieht
68 ganz anders aus. Jenes si: si et vivo I, 6, 70, age siet stra-
mentis II 3, 117, hoc si erit in te II 3, 41, si obsecret 264,
« acceperis 67, si interdicta I 2, 96, si exierit I 2, 120,*/ iiicre-
buit llhj^Z, Und auszerdem zweimal osi, wobeiNominalstamm
erseheint, o si anguius, o si umam 116, 8. 10. 7i/: at ni id
fii — ich bemerke dasz ich aus den Satiren meist nicht
Vollständigkeit beabsichtige — I 1, 44; cww, tum, dum,
num, Präp. cum, iam, aber auch quam, nam. Ja Substantiva,
rem II 2, 27. II 3, 189. re II 4, 48. di II 6 54. Auch-,vw//i,
XII VERSCHLEIFUNd.
z. B. tpudquid surn eifo II 1, 74, ///// quid surn ego II 7, 80.
— Dasz ttbrigens in den Beispielen aus Oden nur zwei, in
den Briefen nur ein Beispiel ist, in dem die zweite Silbe
ein einsilbiges Wort ist, das honim tu in numerum ep. I 14',
41 und sen te in remoto carm. Il 3, 6 und iam dudum apud
me est III 29, 5, ist eine nicht zufällige Sparsamkeit, der
gegenttber wieder gleich ein Blick in den Satiren bietet z. B.
at ni id ft I I, 44. du?n ex parvo 52. quam e*v 56. dmn
aes 15, 13. si et r/rö 16, 70. nani tU 27. se a roUjo II 1,
71. se in II, 75. iam haec attferet II 3, 151. neque tu hoc
facis 132. — Uebrigens auch melirere einsilbige in demsel-
ben Verse nU fuerit mi'inquit citm ita^oribus umqtiam afienis
I 2, 57. Auf die vervvendeten Stämme wird man merken.
C. Reden wir denn bei dieser Gelegenbeit tiberhaupt
von den Versen die mehr ais 6ine Verschleifung enthalten.
Verse mit zwei Versehleifungen sind in der am p, folgende
10, von denen 7 mit einem ei: 214 */c priscac motnmque et
luivuriem addidit arii. 234 fiofi ego inornata et domimmtia
nomina solum, 272 fie dicam stulte mirati^ si modo ego et
vos. 309 serihendi recte sapere est et principium et f ons, 318
doctum imitatm^em et vivas hinc ditcere voces. 375 et eras-
surn unguentum et Sardo cum meife papaver, 423 et spon-
dere levi pro paupere et eripere artis, Die drei andern sind :
103 primum ipsi tibi, tunc tua me infortiinia faedent, 410
nee rude quid possit video ingmiium : alterius sic, 443 nui-
lum ultra verbum aut operam insumebnt inanem. In den üb-
rigen Episteln gibt es Hexameter mit zwei Versehleifungen
29, darunter J4 in denen et spielt, und 5 mit est: II 2, 183
cur alter frutrum cessare et Ivdere ei migui. 11,48 discere
et audjre et meliori eredere non vis. 6, 17 « nunc, argentum
et marmor teetus aeraque et arfes, 14, 19 meque ei te, nam
quae deserla et inhospita tesqua. 8, 1 Celso gaudere et bene
rem gerei^e Albinovano. 15, 2 quorum hominum regio et qua-
lis via, 42 nimirum hic ego surn, nam tuta et parvola taudo.
2, 15 scelere aique libidine et ira, 12, 17 cum tu inter sca^
biem tantam et contagia lucri. 17, 54 aut cistam effractam
et subducta viatica plorat, H, 42 lignorum et pecoris tibi
VERSCHLEIFUNG- XIU
calo argutus. II 1, 78 nec veniam antiquis, sed hoiiorem et
praem/a posci, 214 rerum age et his. 1 6, 34 mitte talenta
rotundejitur, totidem altera, porro et. II 1 , 31 nii intra est
oleam^ iiil extra est in nuce duri. II 2, 64 quod petis idsane
est invisum addumque duobtis, 1 2, 54 sincerum est nisi vas,
quodcumque infttndis acescit. 7, 12 vt ventum ad cenam est,
98 metiri se quemque suo inodulo ae pede verum est. Die üb-
rigen sind I 1, 3 Maecenas, iterum antiquo me includere ludo.
27 restat, ut his ego me ipse regam solerque eleme7itis. II 1,
182 saepe etiam audacem fugat hoo terretque poetam. I 6, 52
porrigere^ hic multum in Fabia valet. 7, 86 verum tibi oves.
18, 112 aequum mi animum ipse parabo. II 1, 111 ipse ego
qui nullos me adftrmo. II 2, 99 discedo Alcaeus piincto Hiius.
112 ef sine pondere erunt et honore indigna ferentur, 13
nemo hoo mangonvm faceret tibi, non temere a me.
In den Oden sind einunddreiszig Verse mit zwei Ver
sclileifungen : darunter funfzehn, in welchen wenigstens
die 6ine mit einem et, aiich est, gebildet ist. I 32, 9 Libe-
rum et Musas Venere?nque et illi. 34, 13 mu tare et insignem
attenuat. II 3, 13 huc vina et ungucnta et nimium breves. 27
exitura et nos in aeternum \ exilium inpositura. 6, 2 Cantabrum
indoctum juga ferre nostra ei. III 2, 13 dulce et decorum
est. 3, 49 aurum iupepertum et. 4,6 insania ? audire et vi-
deor. 6, 28 primum inquinavere et. 9, 22 iile est, tu lerior
cortice et inprobo. 12, 1 miserfirum est neque amori. 29, 5
iam dudum äpud me est. IV 3, 24 quod spiro et placeo
si placeo tuum est. 4, 52 f altere et effugere est trium-
phug. 12, 28 dulce est desipere in loco. Die übrigen sind
I 15, 25 sive opus est imperitare equis. 33, \\ foinnas atque
animos sub iuga aenea. 16, 21 kostile aratrum exercitus in-
m
solens. 24, 8 quando ullum inveniet parem. 34, 4 vela dare
atque iterare cursus. II 3, 10 umbram hospitalem consociare
amant. III 4, 49 magnum illä terrorem intulerat lovi. 9, 24
tecum vivere amem, tecum obeam libens. 16, 1 fore enim tu-
tum iter. 21, 13 tu lene tormentum ingenio admoves. 21, 20
regum apices neque militum arma. 24, 4 (?) Tyrrhenum omne
tuis et mare Apulicum. 24, 31 virtutem mcolumem odimus.
XIV VE&SCHLEIFÜSC;.
25, 8 indictum ore alio. 30, 7 Lihithmm usquc ego. 12, 12
frutireio exciprre aprum,
Von mebr ais zwei Verschleifung^n in demselben Veree
entbalten Oden und Briefe zasammen sieben Beispiele : carm.
121, \A peifiemque a populo et prinripe Caesare in. a.p. 443
nullum ultra rerbum aut operam insumebat inanem. ep. I 7,
57 et properare loeo et cessare et quaercre et utt. 11,11
quid rerum atque decens curo et rogo et omnh in hac stum.
I IS, 76 qualem commendes etiam atque etiam adspiee*) II 1,
114 narim agere ignaru^s naris timet. abrotonum aegro. Und
der einzige merkwürdige mit vier Versehleifungen : epist.
II 1 , 46 pauffatim reffo et demo unum^ demo et item
umim, oder wie wenigstens zu Persius Zeit (s. 6, 5S) auch
schon in Exemplaren stand, demo etiam unum.
Nun aber nebme man aucb hier die Satiren dagegen.
Wie jenen Vers 13, 20 nuffane kabes ritiaf immo alia et
fortasse minora. Und in dereelben: 33 non alius qui^quam
at tihi amicus, at ingenium ingens, 39 turpia decipiunt cae-
cum ritia aut etiam ipsa haec. 87 mereedem aut nummos
unde unde extricat amaras. 1 1 1 iura inrenta metu iniusti
fateare necesse est. Da ist man wirklicb in einer andern
Welt nnd wird stark an die Komödie erinnert und an ihre
bigweilen kettenbaften Vereebleifungen. Es mQssen aber
aucb noch die Verse mit nur zwei Vereebleifungen hinzuge-
nommen werden, in einem (demselben) Gedicbt von 142
*} Vielleicht ist die beilautige Bemerkung hier nicht ungeeignct, dass
von den vier Versen , in denen Lucretins sich fttnf Versehleifungen er-
lanbt hat d 2:^4. II 213. III 689. IV 1200), die drei letzten etiam atque
etiam entbalten. Aneb sonst mehrfacb, wo sich die Synalõphen steigem.
So dio zwei Verse im zweiten Bncbe, welche vier Synalõphen entbalten
(377. 1064), haben ^eicbfalls ein etiam atque etiam. Ks ist sein helieb-
ter Versanfang (Jnare etiam atque etiam — . Diese Bemerkungen zu ma-
cben wird mir leicht, weil mir eine vollständige nach meinen hier ange-
wendeten Rubriken geordnete Sammlung der Lnkrezischen Versehleifun-
gen aus den Händen eines jnngen Mannes Namens Rud. Wõlk vorliegt
Es ist schade, dass wir kein Institut haben, in welcbem solche nützliche
Sammlnngen zum Druck gelangen konnen.
VERSCHLEIFUNG. XV
Versen, in Zahl und Art: 22 quUlam ait ignoras te an ut
ignotum dare nabis, 27 qnam aut aquila aut serpens Epi-
daurius, 92 aut positum ante mea quia pullum in parte ca-
tini, 97 cum rentuvi ad veruni est, 98 atqueipsa utilitas. 100
mutum et turpe pecus glandeni atque cubilia propter, 115 nec
rincet ratio koe tantundem ut peccet idemque, 131 abiecto
instntmento artis, Gewis ist in den Satiren die Bebandlung
nicht eine ganz gleichartige. Die Motive dieser Abstufun-
gen mõgen oft recht feine nach Ton und Stimmung sein.
Die romischen Dichter der Augusteischen Zeit besaszen je-
denfalls in der manigfaltig abgestuften Bebandlung der Syn-
alõphe ein auszerordentlicb wertbvolles Kunstmittel, um so
wertbvoller bei der unaussprechlicben Armut ibrer poetiscben
Kunstmittel gegentlber den griechiscben, die gewis Manner
wie Horatius^ und Ovidius oft bis ins innerste empfanden.
D. Hiernäcbst nocb eine Bemerkung zu et und est, Sie
erscheinen auszerordentlicb überwiegend da wo eine Ver-
scbleifung in der letzten Silbe eines Verses zugelassen ist.
In den Oden ist est selten, und et bäufig, dagegen est
in den Briefen bäufig, natürlicb da im Hexameter ein
neuer Anfang mit et docb nur zu den Seltenbeiten gebören
kann, bingegen in jener Verkntipfung der Verse innerbalb
der lyriscben Stropbe Horatius etwas gesucbt bat. Er wtirde
sonst jenes et nicht so bäufig angewendet baben, so bäufig
dasz wir uns nicbt wundern dasz aucb die Nacbabmer es
annabmen. Jene Verkntipfung kann aucb durcb den Mund
nocb besser unterstützt werden, wenn dies et durcb Posi-
tionslänge mit einem anfangenden Consonanten des zusam-
mengeknöpften Verses sicb gezogen spricbt. So sind aucb
sämmtlicbe Fälle mit Ausnabme vermutlicb nur eines einzigen
wirklich von Horatius gescbriebenen : II 13, 22 sedesque di-
scriptas piorum et \ Aeoliis Jidibus querentem, In unserem
so genannten Horatius sind auszerdem nocb zwei Beispiele :
I 7, 9 carmine perpetuo ce/ebrare et \ undique decerptam, eine
aucb von Hermann für unecbt gebaltene Stelle, und III 27,
22 sentiant mõtus orientis Austri et \ aequoris in der Europa,
die sicber nicbt von Horatius ist, deren Verfasser aber diese
XVI VERSCHLEIFUNO.
EigciitUmlichkcit geflisscutlieb iiacliabmt. £r Iiat solches
schlicszeude et in seiiien 76 Verseii nocli zweiinal : 29 nuper
in prat/s studiosa Jlorum et \ debitac, 46 dedat iratac lace-
rare ferro et \ frantjere. Er alimte iiach , man darf es wol
uenuen eine Liebliaberei des noratiua, der es docb III 20
in 60 Versen viefmal anzuwenden sich nicbt scbeute, und
II 6, 1. 2 zweimal iu unmittelbar bintereinander folgendeii
Versen, wenn er auch auszerdem es iu kcinem einzelneu
Gedicbte mebr ais oinmal bat. Die Silbe vor et lang bat
er (das unecbte Austri und sacro et lasen wiv cbcn) III 1,
39 triremi et, 3, 69 luno et^ 29, 49 negotio et, Spätcr war
ibm dieses et fremd gewordcn, und in den Gedicbten des
viertcn Buebes komnit es nicbt vor, wol aber eine Verknüj)!'-
ung dureb das, wie mieb dünkt, nocb auffallendere in: IV
6, 11 procidit läte posnilijue vollum in \ piil vere, Dies ///
auszerdem III 8, 3 plena miraris positi/sfjue carho in \
caespite. Und in zwei Beispielen im erstcn Bueb 21, 14
pcstemfjue a populo et principe Caesare in und 35, 39
vicude diffmgus retusum in \ Massntjetas, Endlieb könnte man
zu dieser Verknüpfung nocb zieben I 19, 13 hic viruni niihi
caespitem^ hic \ verl/enas. Eine Partikel also bat Horatius
auszer ei nicbt gebraucbt.*) Meineke bat II 8, 3 vorge-
scblugen dente si niyro fieres rel t/no aut \ turpior ungui,
Dazu Avlirde man sicb, glaubc icb, wenn man tibrigcus die
Aenderung für cntsprecliend und nõtig bielte, entscblie-
szen konnen. Wenigstens ist aut diejenige einsilbigc Par-
tikel welcbe, näcbst et, Horatius zui- sonstigen Verscblcifung
innerbalb des Verscs in Bricfen und Oden nocb am bäufig-
sten gebraucbt bat, mit Einseblusz zwcier Beispiele in den
Epoden acbtzebnmal. Auszerdem kommen nocb so gebraucbt
vor, wenn icb cben Oden, Epoden und Briefe zusammen-
nebme, ae, an, ut^ o epod. 17 30 ö mare o terra ardeo,
Ausserdem hic haec usw., hinc, hic, huc. Und es epist, I 1,
76 belua multorum es capitum. In den Satiren kommen wol
*) Prudentius cathem. VIII 2i» lactnt hortatu levis ohsequella nt
mulceat ärtus.
VERSCHLEIFÜNG. XVU
nur dazufl/, id (ni id fit) und it: lusum it Maecenas I 5,48. —
Doch vvas noch weiter die Schluszsilbe des Verses betriftt, so
liest horae ae III 8, 27 iiiemand mehr, und es hat aucli al-
les gegen sicli der Vorscblag Horkels III 14, 10 vos o pueri
et puellae ae \ iam virum expei^iae, Auch das dasz die Ver-
sehleifung des ae zu gefäbrlich ist, von der in den Oden
nur 6in Beispiel ist III 4, 78 nequitiae additus, und ebenso
nur eines in den Briefen I 6, 26 portieus Agrippae et via te,
Wesbalb es dem Horatius um so näber lag die bappigen
Esquilinae alites epod. 5, 100 lieber mit Hiatus vorzufübren:
obgleicb er in den Epoden nocb zweiraal unt^r mildemden
Umständen scbrieb sitieuiosae Apuliae 3, 16 und urnvere
matres Iliae addietum feris 17, 11. — In den Satiren fol-
gende: quid cavsae est l \, 20. quae invideant I 2, 100. sttU-
titiae atque II 3, 276. dve est naturae hoc II 4, 7. quartae
esto partis Vlixes II 5, 100. nec longae invidit avenae II 6,
84. Damae aut I 6, 38. Seipiadae et II. 1, 72. togatae est
(Scblusz) I 2, 82. — Die Beispiele des am Scblusse ver-
schliffenen et in den Episteln, eingescblossen ars p. , sind
I 7, 27 reddes ridere deeorum et. Und in der Länge I 6,
34 porro et. In den Satiren aucb nur II 2, 58 vinum et, II
8, 92 carum et, und II 5, 97 urgue et,
Die Beispiele der Vörscbleifung in Scbluszsilbe mit est
sind in den Oden I 3, 37 ardui est. II 16, 25 animus quod
ultra est. IV 3, 24 tutim est und 21 tui est: wo der Paral-
lelisnius mebr dafUr spricbt ais dagegen, dasz es niebt auf
eine gänzlicbe Vemicbtung des selbständigen est abgeseben
war durcb ein absicbtlicb erass gesprocbenes tuist. Das
tuumst bleibt docb ebenso wie die äbnlicben bier wie bei
Ovidius und andem, von tuumst bis adulteriumst, jedenfalls
eine Verscbleifung, da es ja niemandes Meinung ist einen Laut
darzustellen wie das deutscbe 'umsf. Solcbe Zusammen-
sebreibung tuumst oder tuumjt usw. ist und war (bisweilen
nocb compendiõser tuuft) eine ortbograpbiscbe Sitte. Und
90 konnte sie mõglieberweise aucb nur ais solcbe von eini-
gen angenommen werden eben so in yocaliscb auslautenden
Wõrtern, um so mebr da nicbts so bäufig zu scbreiben kam
Lehra, Honttos. B
XVIII VERi»UILElFUN<5.
uIh ein Bolches esi und niebts unzweideutiger war ais solche
Aiis;ranice in ast, ist, ost, dic niemals etwas anderes sein
konnten ais Formen entstanden durcb ein est, währcnd z. B.
das unendlicli seltnerc es, das tiberdies doch das Ausselicn
von selbständigeu Redeteilen und Casusendungen erhalteu
konnte, retulas u. a., angefangen von tas, weniger dazu ein-
lud. Welobes Gefflbl ist es wol- eigcntlieb, welcbes aueh
diejenigon Manner, welcbe die Sitta angenommen das st zu-
sammenzuscbreiben, doch niclit sicb entsclilieszcn Ifiszt zum
tf, sondern dann den Apostroph einzufUbreii ?*) Wcnn Ho-
ratius die Verscbleifung der langen Silbe im vierten Buebe
fast ganz mied, so konnte er doob gcrade ein est sicb er-
lauben, wie ein et in (juoil sp/ro et p/acno und wabrsebein-
licb ein zweites Mai in Vindelki ^^ 4, 21 und selbst das ci/r
Jartmda parum ihcoro \ inter rerba cadit litujuu silentio 1, 35.
leb verniag dic Ueberzeugung von der Notwendigkeit des
tuist bei Horatius mit jener Sicberhcit, wie sie Laobniann
anfstellte, nicht zu gcwinnen.
In den Briefen wie Satircn ist dies esi binreicbend häu-
fig, in der ars p, viennal; darunter zweimal in Lange (quif
ergo est, relinqui est), in den übrigen Briefen zebnmal {sa--
pienle bonoqne ost 14,5 verdient vielleicht angemerkt zu
werden), darunter einmal in Länge in aula est I i, 87 in
derjenigen Epistel in welcber dies Scblusz-rv^ viermal vor-
kommt, wäbrend es sonst in keiner niebr ais einmal stcbt.
Man siebt, es berrscbcn bier, wie niebt zu verwundem, Zu-
♦) Bei Blanc italiän. Grammatik S. 97 lese icli folgendcs, was zu meiner
Annahme orthographischer Sitte sclir in Analogie stehcn würde; 'gli kann
durchaus nur vor i apostropljirt worden .... Li Boccaccio, Giov.
Villani und anderen Alton tindet man zwar häiitig gV aUn\ gV
occhiy gV ambasciadori, allcin das ist Fehler der neueren HcTausgeber;
die Alten scbricbcn ylaltri, fjlocchi und verlieszen sich darauf dasz nie-
mand falsch lescn würdc; beim Abdruck dor Ilandschriftcn hütte man
das aber in gli altri usw. aufiösen sollen'. — Ich meiuc, die Frage tui
est oder tuist bei Horaz und diesen gebildoten Dichtfrn ist gar keine
Frage der Aussprache sondornder Ortbographie, der Schrcibegewohnbeit
und Scbrribebequemlichkeit.
k
VERSC^HLEIFUNG. XIX
falligkeiten iu der Verteilung. Wie in den Satiren auch.
Doch wttrde Horatius vielleicht zwei hintercinander folgende
Verae mit Schlusz-e*/, wie sat. I 3, 68. 69 , in deu Episteln
nioht zugelassen babeu. Es haben die Satiren Uberbaupt 52
Beispiele mit diesem est — denn in der Rei8el)escbreibung
lasse ich mir meinen Glauben an den epischen Scblusz char-
taeque viaeque nicbt rauben — r, darunter 7 in der Länge.
Sie baben nun aber auszer ei und ejit nocb penf*s te es II 3,
39. cruciaverit atque hic I 2, 22 , II, 50 jugera centuia an,
und öinmal ein Substantiv atque os I 4, 43. Aber dies zur
Malerei, um den Mund voll zu nebmen : hufenium cui s/t, cui
meiis divinior atque os \ magna sonaturum — . Nacb dem allem
wäre es vielleicht gar nicbt so aiiflfallcnd, dasz man in einer
feinem Gattung, am Scblusz des Pentameters, in welcbem
et durch die Gliederung des lateiniscben Disticbon von selbst
wegfiel und wegfielen die milden ersten Silben que, wenn
nicbt einnial ein neque, und ve und das infinitive -re im
Pentameter mit zweisilbigeni Ausgang aucb fii8t ganz und
gar — dasz man sicb uur das est erlaubte, ob mit der In-
tention tst ost recbt absicbtlicb verbunden zu sprecben, oder
möglicbst auseinander gebalten, mochte so sicbcr nicbt
sein. Vielleicht jenes eben so wenig ais penes tes.
E. Die obige Bemerkung tiber das seltene Vorkommen
des ae in Episteln und Oden hängt mit der andem zusam-
men, dasz alle lange Vocale in erster Silbe zur Verschlei-
fung ungemein selten angewendet sind mit Ausnahme des o^
welches ein böchst merkwürdiges Uebergewicbt bat. In den
Briefen, eingescblossen ars p.^ sind — abgerecbnet die
oben genannten einsilbigen wie, te, mU tu, qui — lange erste
Silben in Verscblcifung (auch jene am Versscblusz mitgezählt)
in o 53
dagegen in / 3 {ars p, 417 relinqui est. 456 pueri incau-
lique. ep. I 6, 5 tateri est)
in a 0 (I 1 , 87 in aula est, I 6 , 24 sub terra est.
I 14, 3 in vulpa est, II 1, 31 nii intra esty
nii eurtra est. Il 2, 200 magna an parra)
B2
VERSCHLEIFCNO.
in ^ 2 «I 12, 13 peregre est, II 2, 64 sane esL)
iu 04? 1 il 6, 24 porticus Agrippae et).
In den Oden, gleichfalls da? me und te abgereclinet, übrigens
echtes und unechted gezahlt:
in 0 45
in / S (I 17, 11 rf musa rordi est. I 34, 10 da^
auffiillendste invisi hornda, III 1, 39
friremi et, III 4, 65 vts cmmli ejtpers.
12, 11 iaciilari et. 27 y 22 Austri et IV
3, 21 //// est. IV 4, 21 das wahrechein-
lich richtige Vindelici et)
in fl l (II 16, 25 animus quod ultra ent)
in e 0
in ae 1 {nequitiae additus III 4, TS)
In den Satiren hat man cinige 40 i (darunter das tantuli
eget in der zweiten Sin)e des DactylusJ, einige 20 a, wäh-
rend, wenn ich reclit gezälilt, etwa 65 o. In e recte est II 3
232, recte hoc ebd. 88, pure apparere 12, 100, m re una
II 4, 48. Und das bislier (auszcr tu) ausgeblicbene u — denn
mit voltu et ist der Stello IV 9, 43 niclits geholfen — findet
sicb ein , wenn auch nur in vigilare metu ejcanimem I 1 76,
lura hiventa metu viiusti 13, 111, cornu ipse bilibri 112,61
— Auch in den Epoden ist kein u. Dem Horatius sebie-
nen diese u oflFenbar dictu gravia^ peiyessu aspera, *) — Bei
Gelegenbeit jeues überwiegenden o will ieb bemerken dasz
in dem Verzeicbnis der vcrkürzten Schlusz-ö im Substantiv
bei Corssen Ausspr. I 344 fehlt, was für die allmähliche
Entwicklung nicht glciebgültig ist, dasz doeh bei Horatius
ein mentiö vorkommt sat, I 4, 93, und das Foliö auch schon
bei ihm, zweimal in den Satiren und selbst in den Oden
einmal II 1, 14, und das sartagö auch schon bei Persius 1,
80, nicht erst bei Juvenalis. Daran zu denken wenigstens,
dasz man hier mit dem Buchstaben zu thun hat, der jenen
♦) Bei Lucretius nur (n&ch Woelk) I,C77 ahiiu aut aditu. III, 49
eanspcctu ex, 946 in offensu est. IV., 741 casu atque, II, 8S tu animo.
VERSCHLEIFÜNG. XXI
Keim zur Verktirzung in sich trug, kann man sich nicht
erwehren.
F, Das Uebergewicht der Verschleifungen in der Arsis ist
in der ars p. auszerordentlich grosz. In altera brevi dactyli
folgende : ?ion ego inornata 234, cur ego amicum 450, st modo
ego et vos 21'2,coUudere et iram 159, sine pondere et arte 320, et
spondere levi pro paupere et eripere artis 423. Auch hier spielt
et wieder seine Rolle. So in den übrigen Briefen: II 1, 214
rerum age et A/V, 72 pulcraque et exactis^ 252 dicere et arcesj
267 donatus rnunere et una, II 2, 28 et sibi et hosti, 183 lu-
dere et ungui, 207 for^midine et ira. I 6, 17 aeraque et artes,
I 1, 11 e^ rogo et omnis in koe sunij 48 discere et audireet,
69 liberum et erectum. I 2, 15 libidine et ira. Il , bl quae-
rere et uti, 95 obsecro et obtestor. 14, 21 fotmix tibi et
uneta popina. 16, 28 et tibi' et urbi. 20,20 natum patre et
in tenui re. Und auszer diesen nur: 112, 112 ^r sine pon-
dere erunt, I 6, 65 sine amore ioeisque, 10, 33 praecvrrere
apiicos^ 7, 86 verum ubi oves, Hienach möclite das regium
opusy welches Meineke ar* p. 65 wttnscbte, doch wol nicht
dringend genug sein. (Ausonius Mos. 290 las regis opus.) Aus
den Satiren wären ähnlich, \\\Q\iis\&i(th,integrum edaw II 2, 92,
rancidum aprum ebd. 89. Die Satiren weisen auch hier einen
sehr verschiedenenCharaeterauf. Unter dengegen funfzigBei-
spielen welche sie cnthalten ist die vorherrschende Anwen-
dung im fünften Fusz auch dort bemerkbar und dem zu-
nächst im ersten, sonst aber trotz dem nicht seltenen Auf-
treten auch in ihnen des Infinitivs ist doch die Anwendung
von kurz e in der ersten Silbe, wenn sie es auch einmal
in ciner einzelnen Satire ist wie 18. II 8 , doch im ganzen
nicht die überwiegendo, sondem erreicht nicht voll dii Hälfte
der Beispiele. Auszer andem Vocalen (z. B. lunea et effi-
gies, aequora aiebant, peccati conscia erilis, maxima avis) er-
scheint -um wiederholt, wovon einige Beispiele oben. Noch
einige seien: ptisanarium oryzae^ inclutum Vlixen^ magnum
spectaculum ufrumque, nec modum habet. Auch -em namque
parabiiem amo^ in diem et horam. Das et ais zweite Silbe
ist tiberraschend selten, wol nur eben in in diem et horam.
XXII VERSCHLEIFLNO.
ianea et efftgies, liia K Egcria est, a/ftfmm et huic, spintum
et incpssum, wogcgen nun also Präposition, andere Partikel,
plaudere ut audxix^ nescio an^ occupo, ui Uh, und bäufig no-
minale und varbale Stamnie. Das amicos in componcre ami"
eos, quaerere amebam, contenmere honores, non sine aceto,
auuto equestri u. a., man sebe nur die sebon im Verlauf vor-
gekommenen. Das pronominale quam ex hoc fonticulo tan-
twidem sumere, eo ft mag bergeschrieben werden wegen
der dazwiscben tretenden Interpunetion. Wie occupo, at iile.
Lange Silben scbeinen die Briefe docb zu geben in
Verbal-c^, curo- et rogo et omnis in hoc surn , und obsecro et
obtestor. Doeb lasse ieb es dabin gestellt, da Haupt anders
urteilt in der bekannten Untcrsucbung observationes criticae
S. 18, wo er dieseBeispiele bereits aufgeführt so wie die in den
Satiren vorkommenden : occupo, at iile , anulo equestri^ at qui
tanluli cijct, — Bei Corssen I 345 bätte das diligb aus dem
Scherz des Mäcenas ni te visceribus meisy Horati, pius iam
diligo, tu tuum sodalem — eine Stelle verdient. — Die
Beispiele der Verscbleifung in lang / der ersten Silbe in
den Satiren sind ^ielleicbt um eines zu vermebren, wenn
man einige Wabrscheinlicbkeit fände in dem Versueb, die
unerkläxlicbe Stelle II 5, 90 difpcilem et morosum offendes
garrulusultro (oder ultf^a) \ nonetiam sileas so zu sobreiben : dif-
ficilemet morosum offendes garrulus : ultra \ no li et iam sileas,
in dem Sinne eines Vorder- und Nacbsatzea verbunden: 'wirst
du Anstosz geben:- gleich böre auf/ Oder besser verstan-
den sage: 'i/ltra noh! '
VERSrS 8P0NDIACI. XXIH
Anhang zu I, 3 A.
Ucber die versus spondiaci der Rõmer. Von Anton Viertel.
Autzug aus desscQ Abhandlung über diesen Gegenstand in Fleckeisens
Jalirbüchern 1862 S. 801 ff.
Spondeische Verse hat Horaz, wenn man von dem
bedenklichen Vers mtntnm qui servat idem facii occidenti der
«• p. 467 absiebt, uur vier: Od. I. 28, 21 (wenn echt). Epod.
xm, 9. XVI, 17, 29. Wie sie sich denn tiberhaupt bei la-
teinisclien Dichtern selten finden. Wäbrend die homerisehen
Oediclite 1 558 spoud. Verse enthalten , (durcbachnittlich
kommt auf 18 Verse ein Spondeus — s. Arthur Lvdwich de
hexametrh poetamm Graecorum spondiacis. Halis typis
Orphanotrophei 1866 — ), hat die ganze rõmische Literatur
von (Enniiis) Lucrez l)is auf Claudian kaum ttber 220 auf-
xiiweisen. Lucrez hat 30, Cicero 2, Catull verhältniszmäszig
am meiöten. In dem epitha/anumn, das aus 408 Versen be-
üteht, sind nicht weniger ais 30, so dasz auf je 14 Verse
einer kommt, die ele^ischen 6edit?hte enthalten 12; nächst
Catull hat sein Naehahmer, der Dichter der Ciris, die ver-
hältniszmäszig grõszte Zahl, unter 38 Versen einen, im
Ganzen 14. Tibull liat keinen, Properz 7, Vergil 32, davon
einen doppelt III, 12 und VIII, 679, in der A^n. 26, inden
Eklogen 3, in den Georgieis 5. Ovid in den Met, 39 (unter
285 einen), in den FasL 10, in dejiAmor.2y in den übrigen
Gedichten keinen ; die Verfasser der Heroiden 5, Manilius
6 oder 5, Persius keinen, Petronius einen, Lucan 14, Silius
6, Valerius Flaccus einen, Statius 7, (6in der Tkebais, nur
einen in den ASifoflp) , Juvenal 33 (unter 113 einen), Martial
14, die Catalecta Vergiliana einen, die Sulpicia, Avian, Cal-
pumius, Nemesian keinen, Serenus einen, Ausonius 23, Rh-
tilius 3, Claudian 6, der Dichter des Aetna 1, Cato in der
Lifdia 3.
Zwei Spondeen hinter einander hat die lat. Literatur
nicht, Catull hat im Epith. einmal drei aufeiuander folgen
lassen.
XXIV VERSU8 SPONDIACI.
Nur von sehr wenigen Verscn läszt sich die Behauptung^
aufstellcn , dass der Dicliter mit dem spond. xVusgang einen
Sinnes- oder einen Gemütliöeindruek hat liervorbringen wol-
len. Dahiu geliort des Ennius Vcrs dono ducUe doque volen-
tibus cum magnts dis Ann. 207, welclien Sclilusz Vergil 2 Mai
wiederholt hat; Catull epUh, 34 und viellciclit 24., Vcrg. Eclog,
4, 49, der sich in der Gris 39S wiederfindet , Aen, II, 68-
VII, 634. Georg. II, 5. Melir derartige Verse hat Ovid Mct.
VI, 247. VII, 5S1. I, 732. XIII, 684. III, 669. V, 265,
VI, 69. VII, 114. Vielleicht auch V, 165. Unter allen
übrigen Versen konn te man höelistens noch Lucan I, 329
hierher ziehen.
Ungesueht erscheint der spondeisohe Ausgang nur in
den Verscn des Lucrez und in der Mchrzahl der Verse des
Juvenal, sowie in einem und dem andeni der tlbrigen Dich-
ter; die Spondeen im fUnften Fusz sind von denselben ange-
nommen, >vie sie der Sinn am Sclilusz des Verses an
die Händ gab.
Catull hat zuerst die spondeischen Verse zur Anwendung
gebracht, um durcli Unterbrechung des gewõhnlichen Rhyth-
mus einen gewisscn Ohrenkitzel auszuüben. Diesem Zwccke
entsprechen auch die zum Schlusz gewählten Worte. Es
sind dies bei Catull an 11 Stellen griechische Worte
meist mit von Natur langen Vocalcn oder Diphthongen. Dasz
derartige Verse mit griechischen Wortcii am Schlusz schon
bei den Dichtern der republikanischen Zcit sehr in der Mode
waren, beweist Ciceros Spott ad Alt, VII, 2. Brundisium ve-
nimus VII Kai Dec, usi tua fdtcitate narigandi; ita helle
nobts
flavit ab Epiro lenissimus Onchesmites,
kuna onovõeia^ovta sicui voles zwv reioregcüv pro tuo rendita^
Auch Persius I, 95 spottet tiber die, qui claudc7*c sic rer-
surn didicerunt: et costam longo suhdiurhnus Apennmo. Und
auch Petron hat vielleicht nicht unabsiclitlich seinem sclnvül-
Btigen Philosophen Eumolpus 269 einen Spondeus in den
Mund gelegt (aita petit gradiens juga nobilh Apenmm ) —
Cicero selbst hat seine beiden spond. Verse mit Oriona ge-
VERSUS SPONDIACI. XXV
8chlo8sen, Horatius (oder Pseudohoratius) I, 28, 21 Orionis;
epod. 13, 9 Cyllenea, ib, 16, 17 Phocaeorum, einmal den la-
teinischen Eigennamen Apenninus epod, 16, 29.; Vergil hat
17 Verse mit griecli. Worten geschlossen, 2 mit lat. Eigen-
namen. Der Vers des Helviug Cinna sclilieszt mit cristaUus.
Propert. hat unt^r 7 Versen 6 mit griech. Worten, Ovid 31, 4
mit lat. Eigennamen ; unter den 5 spond. Versen der Heroiden
endigen 4 auf griech. Eigennamen, in der Ciris 9, bei Lucan 10
und einer auf Apenninus. Der Vers des Valer Fi. endigt auf
Orithyia; Silius hat 3 mai griech. Worte, 2 Mai Apenninus.
Manilius hat 2, Statius 6 griech., auszerdem Surrentinum.
Juvenal hat 1 1 griech. Worte und 5 röm. Eigennamen , Mart.
4 griech., 8 lat. Eigennamen; Ausonius 7 lat., 5 griech.,
Claudian hat unter 6 Versen 5 mit griech. Eigennamen, Ru-
tilius hat Orioni und Apenninus.
Uebrigens wurde dasselbe Wort wiederholt zum Aus-
gang des Spondeus benutzt und ein Dichter entlehnte es vom
andern. So findet sich centaurea 3 Mai bei Lucret. Verg.
Georg. IV, 270 und Lucan., der Eigename Centauri 3 Mai bei
Ovid und Luc; Ori on 10 Mai bei Cic, Verg., Hor., Luc,
Man., C/r., Rut., Claud. Orithyia 9 Mai bei Verg., Prop.,
Ov., Vai. Fl., Stat., Amphilrile 8 Mai bei Cat., Ov., Cir.,
Claud., Hellespontus 8 Mai bei Cat., Ov., Luc, Sil., Man.,
Cir. u. 8. w.
Den Schlusz bildet meist ein viersilbiges, seltner eiu
dreisilbiges Wort; ausnahmsweise Bildungen sind die Aus-
gänge cum magnis dis bei Ennius und Verg. und ad cemun
st bei Juven. ; zweisilbige Worte am Schlusz finden sich nicht.
XXVI ZL OI>E I. I.
(Jd I. 1 Maecenas ata^is —
*Jeder }iat«eine figenen Xeigungen , denener seiner Natur
^eoiä^iz na^ligelit und in denen er sieh trritz Mühen sogar be-
glOc'kt fülilt. Jeneii zieht und beglfickt Olympischer Sieg
und Huhin, die^u I^Vh^te Ebrenstellen des State, den un-
gemen^ine KeichtliQnier, einen andern Sicberbeit und Musze
auf dcin väterlicben Landgfitcben u. s. w. Micb beglückt
der Gedanke an zu erwerbenden Dicbtemibm: micb zieht
aiH zu ineiner Beacbäftiping es fort aus dem Getriebe
der Welt liin in die Friscbe der Wälder, wo icb den Rei-
ircn und Gesängen der Satjrn und Xympben und der Mu-
Kik der MuRcn liorcben darf. Und wenn du micb danacb,
MäcenaHy unter die lyrischen Dicbter einreiben willst, (mir
untcr den lyrisclien Dicbter einen Platz einräumen erilist,
ly/Qiretv), so werdc icb glauben, das allerbr^cbste Glück er-
reicbt zu baben/ — Dies alles ist vollkoramen in der Ord-
nung des Gedankens und in der Ordnung der Latiuität,
bis auf ein in der eben gegebenen Parapbrase verbebl-
tes Wortcben des tiberlieferten Textes, nemlicb das */ im
V. '42, IJemerken will icb gleicb nocb, dasz mit dem zwei-
ten gleicliHam parallclen Teil des Gedicbtes: me dqctarum
hederap prarmia frontium dis miscent superis — das beim
Eintreten des ersten Teils angewendcte dominos evehit
ad deos absicbtlicli aucb im Ausdruck wieder aufgenom-
men ist. —
Ferner nun das seceimunt populo konnte man vielleicbt
verstebeu vvollcn — denn es würde das wol beiszen kon-
non — nietapborisch: *meine poetiscben Neigungen scbeiden
micli veni Volk, d. li. beben micb d^irüber empor, macben
niicli zu etwas bessercm.' — AUein das stört den recbten
Gedankengang. —
Und fllr das av, worauf wir nun kommen, ist aucb da-
mit njcbts gevvonncn. Man erbielte: 'Mein Um^ang mit
Satyrn und Nympben erbebt micb ttber das Volk, wenn mir
die Musen gUnstig sind.' Und was thut dieser Umgang
Zl ODE I, 1. XXVII
sonst? Und wenn er nichts thut, wozu wird cr erwähnt?
Kurz das ist eine von jenen Verbindungen, bei denen ea
sogleicb finster wird vor dem Geist. — Uebrigens verlangt
der Gedankengang, dasz er mit dem nie gelidum nemus ete,
«eine Beschäftigung, seine Neigung angebe. — Mit
dem si kann ieh nicht fertig werden : icli muss es für falsch
halten. Der Sinn fordert cum^ oder noch besser dum: *Meine
Beschäftigung und Neigung ftthrt mich voin Lcbensgewübl
hinweg in den Wald zu Satyrn und Nymphenreigen, wäh-
rend auch (wobei denn auch) die Musen nicht verschmäben
(non refugit) — mich al80 nicht ais einen unwtirdigen, un-
eingeweihten betrachtend— ilire Musik ertönen zu lassen . —
Will vielleicht jemand lieber cm\ so wtirde ich dagegen we-
nig einzuwenden haben.
Quod si heiszt, was es ursprünglich heiszt, und was
es haufig heiszt: wenn nun also, wenn demnach. — • Das
heiszt es z. B. Epist. I 7, 25 und 10; (dasselbe ywörf eben-
daselbst V. 94: quod te per genium et«.): Verner Ep, I 19,
17. II 1, 90. Orf. I 24, 13 (wo für den gleichmäszigen
Ton des Gedichts quodM — non viel besser scheint ais
quid si — ? num — ?) und III 1, 41 (wenn nun also.) —
Sollte vielleicht si dem Bestreben verdankt werden, den
Horaz bescheiden zu machen? Was er nur in so fern ist
ais er seine Gabe der Muse verdankt: ttbrigens aber in den
Büchem der Oden, für welche er diese Einleitungsode schrieb,
ist er der Muse sich sehr bewuszt und commandiert sie : de-
scende coelo ete, —
Bis auf jenes si musz ich meinerseits alles in dem Ge-
dicht in der besten Ordnung finden : soweit es einen Ein-
flusz auf Zusammenhang und Yerständnis hat. — Für den
Stil bcfremdet mich allerdings das hmic^ V. 7, mit seinem
knappen Eintreten mit hinzuzurechnendem Verbum aus dem
vorigen: währendmau ein neues Verbum erwarteu würde. Ich*
bin sehr gcneigt zu glaubeu, dasz in dieser Gegend 4 Zei-
len ausgefallen seien; ob zusammenhängende 4 erst hinter
toUere honoHbns oder in andrer Art, bleibt natUrlich un-
gewis.
XXVIII Zü OPE T, 2.
Od, I, 2 lam satis terris —
Es trifl't sicli giit dasz gleich dieses zweiteGcdichteinent-
scliicdenes Bcispicl vor das Aiigc stellt, in welcliem Umfang,
bis zu wclcliem Gradc Interpolation und Verderbung gelien.
Dasz clie zweitc und dritteStroplie, termi t gentes — , ptsciiim
et summa geniis uneelit sind , ebenso die fUnfte und sechste,
lliae dum se, aiidiet cives, cndlich die zehnte, und zwar mit
Einsclilusz des von Pecrlkamp gegen Guietus Meinung bei-
behaltencn ersten Vcrses heu nimh longo satiate Uido falsch
sind, darin musz ich Pecrlkamp, in mehreren derselben naeh
Guietus Vorgang, durchaus beistimmen. Auch darf ich
grösztentlieils in dcn Gründen ihm folgcn. Das tibrige auszer
den genannten Strophcn musz ieli anders behandeln ais er.
Ich finde auszer ilinen weitere interpolirte Verseanzunehmen
keinen Anlasz: wohl aber Anlasz mich zu wundern "wie er
den Schluszvers te diice Caesar unangefochten konnte vor-
tibergehen lassen. Also zuerst zur zweiten und zur dritten,
auch von Buttmann und Meineke venvorfenen Strophe. Eine
Tibertiberschwemmung in der Stadt Rom, cin übrigens, wenn
auch nicht immer in gleichem Grade und unter gleichem
Unwetter, nicht seltenes Ereignis, schreckt nicht nur die
Stadt oder nächste Gegend, sondern gleich „die Völ-
ker", und zwar befürchten sie gleich davon eine Deu-
kalionische Wasserflut. Und diese Befürchtung ist hicr aus-
gesprochen und geschildert, ehe noch überhaupt die Ueber-
schwemmung erwähnt ist, was erst V. 9 geschieht. Und
es entsteht ein unmoglicher Antiklimax wie dieser: Jupi-
ter hat mit Unwetter die Stadt geschreckt und die Völ-
ker, es möchte eine Deukalionische Uebersch>vemmung her-
cinbrechen. „Sahen wir ja" oder „und so sahen wir" oder
„denn wir sahen" den Tiber die Regia und den Vestatem-
pel bedrohen. — Auch ist die Schildcrung derDeukalionischen
Flut in gesuchten und kleinlichen Zttgen, nicht, wie Butt-
mann sagt, empfindsam, sondern läppisch und abgeschmackt.
Die Fische wohnen auf den Ulmen, wo sonst die
Tauben wohnten. Warum denn? Schwimmen sie nicht
ZU ODE I, 2. XXIX
nach wie vor in ihrem Wässer-Element ? Und die
furchtsamen dammae schwimmen in dem Meer. Wie es auch
mit ihrer Schwimmkunst beschaflfen sein mag, sie werden
es wol uicht weit bringen. natari autem in diluvio et in
Ula räpina potcst? sagt Seneca (die Stelle ist von Peerlkanip
angeführt, Quaest. nat III, 27) in Beziehung auf das Ovi-
dische nat Inpus inter oves , fulvos vehit u?ida leones {Met, I
304), und nennt das sehr gut pvenles ineptias. Wie ist es
denn aber mit der Schwimmkunst der dammae beschaflfen?
Sie müssen vorzugsweise zum Schwimmen unfähig sein. Denn
um das unmõgliche zu schiidern sagt Claudian in Prob.
Olf/br. cons. 169 Ante dabunt hiemes Nilum (etwa inolamT)^
per Jlumina dammae errabunt glacieque nitjer damnabitur
Indus. —
Also diese dammae schwimmen snperiecto aequore, sie
schwimmen, und sie schwimmen gar in dem über sie ge-
worfenen Meer, sie schwimmen unter dem Meer. Was ein
vemünftiger Mensch nennt: sie ertranken in dem sie über-
iSutenden Meer. Diejenigen, die alles erklären, sagen: das
fuperievlo gehe nicht auf die dammae^ sondern es ist allge-
mein zu fassen : in dem über das Land geworfenen (omnia
iam iegente Orelli). Peerlkamp sagt sehr richtig : so kõnne
man nicht verst^hen; das heiszt nemlich ein vemünftiger
Leser, der einen vemtinftigen Stylistcn zu lesen voraussetzt,
kann und wird et superievto pavidae natarunt aequore dam-
mae nicht anders verstehen ais dammis superiecto. — Aber
nun auch die vorangehende Strophe: sie ftirchteten dasz
wiederkehre das Zeitalter der Pyrrha, das sich über neue
Ungeheuerlichkeiten beklagte. Oder: über die neue Unge-
heuerlichkeit der Ueberschwemmung. Denn monstra steht
auch in der Bedeutung des Singulars z. B. Ov. Met. V, 216,
459. Und nõva monstra selbst soXI, 391. (monstri novitate
XII, 175). — Sie beklagten sich, „klagten" über die grosze
herankoramende ungeheuerliche Wasserflut? Welcher matte
und nichtssagende Ausdruck für die Situation!
Femer nun Proteus omne pecus egit a/tos nisere montes,
Omne pecus soil also heiszen seine ganze Herde, seine ganze
xxx ZU ODE I, 2.
Robbenlicerdc, die er täglich aus Land trieb, wie aus der
Odysnee bekannt. Was boII denn die gaiize Heerde? Seine
Heerde wird verlangt: ^seine ganzc Heerde'' ist nicbt nur
nichts ziir Sache thueiid, sondern ungehõrig und stõrcnd. —
Orelil Hagt : omne peats dichtm est tit Sat. 1 , 5, 2 omne olus
^omnis «jpnens hehias marinas! AUc Arten von Seeimgethümen,
deren Ileiniath und woliliger Aufenthalt das Wasser ist,
treibt er ans Land. Wie das? — Uebrigens kõnnten die
l)eiden Strophen vicl besser sein, sie kõnnten sogar vortreff-
lich sein : wcnn dessclbcn Inhalts, nittszten sic wegen ihrer
verkehrten Stcllung und des entstehenden oben angegebenen
Antiklimax für eingesdioben gelten.*)
Ueber die fünfte Strophe Tliae dum se ist nur das zu
sagcn notwendig, dasz das love non probante uxorius am-
nis gie ganz siclicr ais unecht kennzciehnet , da dies im
Widernprucli steht damit, dasz Jupiter ja offenbar Unwetter
und Flut zur Strafe absiclitlich sendet, also mit soleher Ue-
berseliwemmung gar sebr cinverstanden ist. Dasz der
ervvaebsenc oder uncrwachsenc Scbüler, welchcr siob mit
einer mythcdogiscben Erweiterung ttber den Tiberis StofF
schaflfte, eine Stropbe zu bauen, sicli oberfläcblicb an das
obige terrmt bielt und nun gemeint bat: 'Tiberis, der aus
Galantcrie fdr seinc Frau ttber die Intentfoneu des Zeus
♦) Sondcrbar ist es, dasz bei Ovid, der sich naeh seinem auch soust
biswcileii frei gogcbeueu Hange mit der Beschreibung der Dcukalioni-
Bchcu Flut eine Spielerei gomacht hat von Seneka oben ganz giit cha-
racterisirt, dennoch die Verse mit der (Jlme 295. 0 lUe supra scyetes
aut mcrsne cutmina villae Navif/ftt , hic summa piscem deprendit in
ubno aucb nicht ursi>rünglich scheinen. Der hic ira Gegensatz scheint
ein Schwimraender sein zu miissen, der wunderlicb bei dem gleich wie-
der folgenden Fifjilnr in vindi, wo der Scbiifende fortgesctzt wird, da-
zwisrhen kommt. Man möcbte für ftic verlangen cf. Aber selbst dann
fragt man noeh: I/fe supra sefjetes navigat — was ist denn (hs ande-
res ais das unmittelbar vorher gesagte ducit remos uhi HHpcr araral.
Das auf den Vert. der Ilorazverse die Deukalionische Flut des Ovid von
Einriusz war, möchte man nach einigen Anzeichen glauben dürfen. Und
80 ist auch wol die Ulme früher in die Ovidische Beschreibung geptlanzt
worden ais in die Horaziscbe.
ZU ODE I, 2. XXXI
hinaus beinah Ernst gemacht hatte mit der ZerstOning, da
Jupiter nur schrecken wollte*^ kann sein. Dasz niclit nur
ein Scholiast C terrori htssii htppiter populvm non perire)
solclies allen Sinn und vemtinftigen möglichen Gedanken-
gang auf den Kopf stellende Zeug befriedigt annimmt, son-
deni auch neuere Interpreten, das kann leider auch sein.
Denn es ist. — Nun aiso zAir nächsten Strophe^ Audient —
Was werden also die spärlich heranwachsenden Kinder,
wenn sie zum verständnisfäliigen Alter gekommen sein wer-
den, über dieGeneration ihrer Elteni hõren? Dasz die Bür-
ger die Schwerter geschärft haben, durch welche vielmehr
die Parther hätten urakommen sollen, und Sehlachten. Dasz
beidemal der Haui>tbegriflF ausbleibt, 'Sclilachten gegen
einander geftthrf, nachdem cben auch vorher nur ungenau
gesagt war, die Bürger haben die Sehwert<3r geschliffen,
nicht gegen einander geschliflfen, das zeigt cinen Mensehen,
der was er sagen wollte nicht in seinen Vers zu bringen
verstand. Da wir dadurch ganz sichcr sind, keine Horazi-
sche Strophe zu hal)en, brauchten wir nicht einmal mehr
zu fragen, welchen Zusamnienhang sie denn habe, über den
allerdings durch Wendung oder Partikel ein Anzeichen na-
tttrlich erscheinen dürfte. Die Meinung des Interpolators
kann doch wol nur gewesen sein : Und in der That haben
wir durch die Versündigung der Bürgerkriege solchc Strafc
verdient.
Nach Entfemung der bisherigen unechten Strophen wird
noch ein Fehler sichtbar, den der ursi)rttngliche Text, —
auf leicht erklärliche Weise, — angenonimen. Es schlie-
szen zwei Strophen unmittelbar hintereinander mit ternplaque.
Vestae Mn^ carmma Vestarn, Was man ais unmoglich
empfindet. Ichhabe das erstemal ge^chnehcn templar/tie castn.
V. 33. 34. 31. Die Schilderung der Venus mit ihrer
gewohnten Umgebung und in ilirer gewohnten Personlich-
keit {ridens: qnam loctis circum volat et Cupido) auch hier,
wo sie nicht gerade ais LiebesgOttin , sondern ais Stamm-
mutter, herbeikommt, die Not zu wenden, darf nichts auf-
fallendes haben. S. pop. Aufs. S. 138.
XXXII ZU ODE I, 2.
Ja es kann vielleicht die Lieblichkeit ihrer gewohnten Elr-
öcheinung die Iloffnung auf das Entweichen der Trauer so-
gleich um so niehr bestärken. AUein um so melir entsteht
die Frago: waruiu soil Apollo kommen V. 31 nube candeniü
umeros amivtus ( Icli habe dies nie verstehen kõnnen. Die
Götter kouimen iu Wolken gehüllt, um sich unsichtbar zu
machen. Das lieiszt: dies ist eines von den Mitteln, welche
sie dazu anwenden kõnnen. Wie kann Horaz dem Apollo
vorschreiben , ob er siehtbar oder unsichtbar kommen soil?
Ob erkennbar oder unerkennbar? Und wenn unsichtbar,
welches Mittels er sich dazu bedienen soil ? Wie wenn ihm
beliebte, auch unter fenider Gestalt zu kommen, wie es so-
gleich von Merkur vorausgesetzt wird dasz er wol in der
Gestalt des Augustus vcrborgen sein könnte? — Es giebt
noch einen Fail, dasz die Götter sich in Wolken hüllen,
den ich qnaest, op, S. 240 bemerkt, zu Hes. op. 225 riiqa
iaaa/iuvrj y.avLOv avOgionoiai q^egovaa, nemlich wenn sie
trauem. Und wie sollte Horaz sagen; Komme endlich,
Apollo, in Trauer gehüllt? Auch das kann ich nicht glau-
ben. Er hat ihm auch das nicht vorzuschreiben : und es
wäre traurig ominös und paszte nicht zu der folgenden hei-
teren Beschreibung der Venus , die wir wol am Platze fin-
den. Auch hier möchten wir einen Zug von Apollos heite-
rer und herrlicher Glanz-Erscheinung. Ich habe geschrieben
tuce candentis ttmercs amtctus,
V. 37 — Mars freut sich an Lärm, an glatten Helmen
und an dem kUhnen BIick eines mit festem Fusze gegen
den blutigen Feind dastehenden Soldaten. Dies ist der
nattirlicho und schöne Sinn, der sich bei den Worten der
Phantasie darstellt. Sonderbar dasz Peerlkamp das ausdrucks-
YoMe peditis nicht empiSndet, sondemfragt: warum nicht mi-
litis] das eben nur der Autor nicht habe in den Vers brin-
gen kõnnen ! „Der blutige Feind" verstehe ich coUectiv und
sehe eine feststehende Fussmiliz, welche feststehenden Fu-
szes einem Feindesheer gegenüber ktihn entgegengerichteten
Blickes seinen Angriff erwartet, oder auch des Zeichens zum
eigenen geschlossenen Angriff harrt. Cruentvs hostis ist *der
ZV ODE I, 2. XXXIII
voUer Blut ist, nielit aber augenblicklich , soudorn weil er
diesor seiner Natur naeh inimerfort blutigen Kricg sucht uud
suehte, weil blutigcr Krieg ihm bebagt, wie wenn Mars oder
aueb Hannibal sanguineus heiszt, Verg. Aett. XII, 322, Ov.
Rem. am. 153. Sil. Ital. I, 40. Oder Acbilles, und der Krieg
Belbst, cruefUus : Cw tamen illeferox belloqui* c>*uentior tpso
Vivü ailhuc operis Jiostri populator AchUles Ov. Met, XII,
591. (quem cruenia per medias f^pil ira caedes Od. III, 2, 11.)
Wie durcbaus unpassend nun ftlr die Situation des p^^-
diiU bier, denBentley natürlicb wobl verstand, der Maurujt
pedejf sei; da die Mauren keine Fuszsoldaten siud, sonderu
Seiter, und nacb Neiguug und Bewaffnung ^ielmebr zuni
Scbwännen geeignet ais zuin Fest«teben, bat Beutley glän-
zend naebgewiesen, ebenso dasz nicbts passender ais Marsi
peditisj was Fal>er vennutet batte. Natürlicb sind gegen
Bentley bübscbe Dinge vorgebraebt, z. B. da«z docb aueb
ein Reit^r eiu Fus/soldat sei, wenn er eben kein Pferd bat,
und was der Puerilia mebr sind. Denn es vei*stebt sicb dasz
die Herausgeber ibren kosakiscben Fuszsoldaten festbalten
mttssen. Ganz unbedenklicb , wenn die Stropbe von Horaz
ist, sebreibt man Marsf: wabrsebeinlicb tbut man Reebt aueb
flann so zu scbreiben wenn sie nicbt von Horaz ist: docb
das läszt sicb nicbt ganz sicber bebaupten, bat aueb kein
Interesse mebr. Ist sie denn nun aber von Horaz, trotzdem
dar*z sie an sicb anständig erscbeint und koineswegs in so
lumpigem Aufzng ais die frttberen falscben Strophen? lith
8toBze docb jedesmal dabei an. Es ist mir jedesmal, icli
musz scbon den Ausdruck ge))raucbeu, in welcben meine
Empfindung sicb mir umgesetzt bat, ais wenn Jemand sicb
nmtwillig den Teufel an die Wand mait. Peerlkamp will
ja wol dasselbe wenn er sagt: Haec aliena sunt et animum
u re proposita nimia abducunt. Diwerar Iloratius Martew
ium esse satiatum bellis, Nunc idem laudaret amorem Mar*
tis erga hellad Scbade dasz das laudai^tj wie leider nur
zu oft bei Peerlkamp, wieder nebenbei scblägt. Warum musz
es denn notbwendig ais Lob gesagt sein? — lob bätte nacb
meiner Art folgendes zu sagen. Mära bat sioh bisber um
Lehm. H«ntiiu. C
XXXIV ZV ODE I, 2. X
(iie Runier nicht gekllmmert. Dies niit dem ausdrflcklichcn
j.neffterivm genus'' weiszt darauf hin dasz Horaz in dieseni
Augenblick von ihm aU Kricgsgott abstrahirt, ihn niir ais
wolilwollenden Stammgott deiikt, dcr ja eben kommen soil
um dem innem Blutvergieszen ein Ende zu niachen, uni
Frieden zu bringen. Und in diesem Augoubliok ihn gerade
an seine Kriegsgelüste zu erinnern, ihm den Spiegel seiner
Kriegsfreude vorzuhalten, in dem er sich geffillt, das wäre
doeh verkehrt.
WoUte man verstehen safiattf für sat/ahis „oder magat
du auf deine veniachläftsigten Nachkommen rftekBichtigen,
Stanimvater, weil du nun endlich durch aoh nur zu lange
Kriege gesättigt bist", so entliält da« nebentretende quem
iiivat — gleich wieder die Trostlosigkeit der Hoffnung voll-
kommen zur Unzcit.
V. 52. Endlich nuisz ich nun den letzten Vers, der
Überliefert ist, te duce Caesar, fttr unmoglich erklSren. Dasz
er den Merkur, zu dem er drei Strophen gesprochen — denn
es ist durchaus nicht anders — plötzlieh Caesar nennt, ist
ganz unvernttnftig. Natllrlich habe ich auch hier nichts,
wenn nur der Caesar entfemt wird, gegen eine andere pas-
sende Aendening. Ich habe aiigenommen, dasz der ganze
Vers verlõscht war und dumra ersetzt wurde. Ich habe arva
negata geschrieben.
Od. I, 3. Sie te diva potens Cypn —
V. 17. Es wird wol kein Irrthum sein, dieStrophe quem
mortis timvit gradum fflr unhonizisch zu halt^n. Dasz der
erste Sehiffer gerade in die jetzigen näehst besehiflften Ge-
genden gesetzt wird hat allerdings etwas befremdendes. Für
mich ist der Hauptgrund dasz das quem mortis thnuit gra-
dum, Velchen Schritt (Anschritt Orelli) des Tõdes fllrchtete
der — gewiss gerade an dieser Stelle (viel weniger z. B, in
ciner Sehlacht) auch dem Ausdruck nach gesucht, doch wol
deutlich auch im Klang und Laut die Naehahmuug verrftth
von V. 33 leti corripuit gradum,
26. gens kumana rait per retitum nefas, Mit Reeht wird
ZU ()1>K I, 4. XXXV
an vetUum tifffas Anstosz genommen. retitum ist fttr nefas ein
ganz unpassend mattes Wort. Ich habe Oudendor|)8 per
vetitum in nefas geschricben.
Od. I, 4. Solvitur acris liiems —
V. 5 ist überliefert iam Cijtherm choros ducü Ventu im-
minente Imia. Gegeu Bentleys Benierkuug dasz nie zusam-
men Kvd^igtia l/i<pQodhr], Cytherea Venus gesagt worden,
bringt Meineke die Stelle aus Musaeus de Herone V. 38
aXa ahi Kvx^iQsiav ihza-AOiUvi^ *A(pQodhi]v. Allein dies ist
gegen die Hiatusgesetze des Musaeus: s. Wernicke zu Try-
phiodor, weleher, ohne Zweifel richtig, vorschlug llaoKOfifvr^
fiaaiXeiay. Hier scLreibt sich für Venus sehr leieht ieahy
sieh leieht im Tanze schwingend^ wie Nt/mphanimque leves
chari I, 1, 31. Das soustige Gerede (ich habe leider kein
anderes Wort) bei den Auslegern, woniit Cytherea Venus be-
wiesen werden soil, oder ihre Stelleu wie Arnob. p, 143
nnmqind ex pelagi spuma, nt eo) Coeli genitaUbvs aviputatis,
Cytherehe Venens concretum coaluisse vandorein (deutlich
sich beziehend auf Hes. Theog. 190 ff.) hat Meineke niit Recht
der Erwähnung nicht werth gehalten. Die Stelle eines spä-
ten grammatischen Kompilators, welche Peerlkamp anführt
^EjtiOera ^AtpQodixrig. Xqvgtj. KwXiag. OtXo^uidrig, Kv^iqeia
beweiszt für ein nothwendig zusammen Yorkommendes ^AtpQO-
õttt] Kv&dQBia 80 viel ais folgendes im schol. zu II. K. 26S
KvSfjQa 6i vrjtjog trjg Aaxujrixtjg, r^ ka^ngiZg Ti^iarai^Aq^o-
öitri. dib xai Kv&fQeta Inid-etiyjog fi x^Bog.
V. 7 ist eine doppelte Ueberlieferung dum gvavU Cyclo-
pum Volcantis ardem urit officinas und visit (woraus auch
das ganz nnbrauchbare ussit geworden war) qffcinas. Bentley
erklärt das urit offivinas für nnmöglich. Denn vrere cami-
num kõnne man zwar sagen , ojjicinam urere heisze die Werk-
statt in Brand setzen, sie verbrennen. Vielleicht liesze sich
doch annehmen, wenn man sagen darf , auch nach Bentley rich-
tig sagen darf, wa«bei Propertius steht II, 1, 54 Colchis lolci-^
ach urit ahena focis sie brennt die Kessel, d. h. sie hitxt
ale mit omgebendem oder untergelegtem Feuer, 00 wftre
C2
XXXVI z; OI»K I. 4.
au<rh (Iciikbiir zu ^agoii; Volmtnts unt qfficiffoji er setzt dic
WcrkHtatt in Hitze, er hitzt die Werkstatt niit darin aiige-
zUiidctein Fcucr. AHcin da8 hOlfe uns nieht. Denii es kõniite,
dic8 vorauftgesetzt, wol hoiszeii: wfihreud Volkan seiue Werk-
Htrttt hitzt, nicht aher wahrend Volkau die Werkstatt der C} -
klopen hitzt. Deiin das thun imd thateii ehe er kain die
Cyklopen. Will man nieht uuvcrnünftig yerdrechselte Aus-
dnicksweisc schaften, so ist das nieht auders. Also koninien
wir aiif rtsit. Was Bentlcy aufgenoninien. AUein das ist
erstaiinlicli matt gesagt, dasz Yolkan die Cyklopen nur re-
vidiren geht: es muszte dem Horaz ebenso nähe liegen,
vielmehr das ansdrucksvolle urt/ct zu schreiben, ais es uns
nähe licgt (Jul. Scaliger that es) wenigstens aus uHi gleirh
oin urgcf zu emendii-cn. Wogegen uns, wenn es sonst das
ausdru<*ksvolle und treffeude ist, wahrlieh dadurch kein An-
Htand entstehen soil, dasz <lie Uebcrlieferung es uns in urii
verschrieben oder verschlimmert bringt. Doeh es konirat
noch das ardens in lictrachtung. Verstand Bentley, wie es
scheint, ardenn in sinnlicher Bedeutuug, somuszich sein ardens
Pijtä auch dadureh fUr uuzulüssig erklären. Die Herausgeber
seheinen auch sonst so zu verstehen und vergleiehen Clau-
dian epifjr. XXII de ch/amt/de et frenh T, II, p. 690 Lem-
nia non sempei* supple.r ardefitis adibat (nemlich Achilles
Mutter) Antra det nafo ga/eam facttira comaniem und Stat.
silv, 3, 1 , 1 33 nec maior ah antris Lemniacis Jiragor est^ uM
fnmmeus aegida vaolat Mulciher. Die Erklärung ^Jlammis
relncens scheint auch fUr das ardens bei Claudian riehtig
zu sein. Aher so, Jlammeus oder ardens^ kann er nur ge-
nannt werden, wenn man ihn sich, wie es an beiden Stellen
der Fail ist, selbstthätig au seinem Feuer sitzend und von
ihm glühend beleuchtet denkt.
Zu r/>// paszt das nieht. Aber wie paszt es zu nrget?
Oleiehfalls nioht. Ich verstohe ardens 'eifrig,' wie Vergil.
Aett. XII, 731 (li perfidus ensis FrangUur m medioque ai*-
dentem desvrit ivtu, Ich glaube dasz Horaz ardens urget
ganz sorglos schrieb, dasz ihm der Oedanke, bei Volkan,
der eiu Uott ist, weleher mit Feuer arbeitet; kõnne mit dem
Zü ODK 1, 4. XXXYU
Beiwort ardens eine Zweideutigkeit entstelien gar nicht kam
oder nicht anfocht, da eben nur der eine Sinn in dem Vol^
canvx Cyclopum officinas ardens uryet verständiger Weise
sich darbietet. Dasz Volkan in Nächten die Werkstatt der
C}'klopen besuclit, urn sie besonders zur Arbeit auziifeuem,
beniht doch wol darauf dasz Naclits tiber dem feuerspeien-
den Orte, wo man sich die Werkstatt dachte, ein Feuer-
sehein lag, der Tags natürlich schwindet. Wie es von der
aeoIiB(*hen Insel Hiera oder Volkausinsel bescbrieben wird
von Kallias bei dem Scholiasten des Äpollonius Bhodiufl
III; 41: vvutioQ fiiv oiv navta jä negi ttjv igyaaiav rov
&eov yivofitva nuxXCiq drjlovtai, fxed'^ fj^igav di Ix ttjg
xogvqtfjg H&ev f^ (p^6§ avir^Oiv äoTceQ viq)og vneQxeijLievov
ogatai. Und Horaz wird sich wol auch gerade diese Insel
gedacht haben, die uns auch Vergil ja (Aen. 8, 415 flf.) ais
die Werkstatt der Cyklopen beschrieben in einer Seene, wo
Volkan zu ihnen vom Olymp herabsteigt und sie treibt zu
einer neuen und zu beschleunigenden Arbeit: wo ea dann
mit dem gewaltigen Arbeiten erst recht losgeht. Dasz Vol-
kan in den ersten Frühlingsnächten besonders gcrn zu der
Werkstatt der Cyklopen auf die Erde geht, (denn auch das
musz zum Tollen Verständnis der Horazischen Stelle änge-
nommen werden, auch Volkan s nächtliche Abwesenheit vom
Olym]) musz durch den Frühling motivirt sein), schlosz
sich entweder daran dasz der Gang vom Olymp auf die
<lann liebliche Erde, ebenso wie seiner Frau, ihm einladend
JBt, oder daran dasz man in jener Zeit bei klarem Frühlings-
himmel die Feucrscheine besonders hell zu sehen glaubte. Mit
solchen Deutungen, im Frühling schmieden die Cyklopen die
Blitze, welche lupiter sich zum Gebrauch im Sommer und
Herbst bei Seite legt, woUe man uns doch verschonen. Mit
Holchen Ntichtemheiten verkümmere man uns nicht das Ver-
«tftndnis und den Genusz derjenigen wirklich schõnen und gra-
ziõsen Horazischen Gedichte, in welchen er ein ihm wahres
und tiefes Geföhl zum Ausdruck bringt, vor allem sein
Frühlingsgefthl.
V. 1 6. Die üeberlieferung ist lam te premet nox fa^
rtirynmvM 4mI^'':^ no^inim e*t Q*od ririsi emis ei mmnes et
fvMm /'>j. lia Pfrr«iü* Lier dic fnhuloe maies nnchse-
i^j»r'/rlieri . »•• :-a? er sie nieL: Dur jelesea ««^ndem auch
riT**^rifleL. i/nd \u fnhuiae manes , w«« Meineke ihn bezeieh-
mrt^, He^ri ai**'? iler Fehler nieht. Aber da jedcnfalls in dem
Wortf: faifuliif die Ni^iiti^keit «ler w/rnnr* aas^drfiekt liest,
flki \9i\Arx fbi/u ni''ht «Ulsz ihnen ein premfre. ein Fe^thalten,
rine YAiHTin^ zu^e^i^-hrieben wird. Und ila« premere ist es
WHtf ick fiir fal^rii lialteu mu$z. Sebreibe ieb manet (wie IL
IS; '^1. I. 2^. \h\ ifo ii^t alles in Ordnunir. fahyfae maaes
ii«;%eic'biu:t «ic ais aii^yri^ä za^/^a. ener^el"j?e. fabula wird
irenaiint def*-cn iranze Existenz nnr noch im Munde der
I>eutc iMt, wahreud er selbst sich dim-h keine Realität des
Wirkens niehr geltend inacken kann. Wie allerdingrs ja auch
von alten Leiiteu^ welehe die Jugend auf ikr Thun keinen
KinfluHZ melir ^ovinuen läszt, in jener Stelle Ter. Hecyr,
4, •), 14 nos iam Jahuta sumus senex atque anus.
T, 0. ScTiberift Vario —
Uic vicrtc Strophe 13 — quis Martem tuniva (nack Peeri-
kunip auch vdu Meineke venvorfen) ist unmõglich. Es kOn-
neu liier niclit nocb einmal Beispiele bocbepiscber und tra-
Kwcber Stoffe, welclie iii der zweiten Stropbe absolvirt wareo,
und nudideni aueb scbou die gauze angelegte Periode zu
ihroni Ziclpuukt (ni(!bt dieb und Augustus vermag icb zu
silisen) gcfübrt wordeu, naebbinken. Das wäre selbst dann
niclit niõglicb wenu die lieispiele in dervierten Stropbe eine
Stei^onmg gc^^cii die frllbern entbielten. Nacbdem liias mit
deiii Manieu Acbillcs und Odyssee und Pelopidengeseblecbt
Konannt wnrdcn, den Mcriones zu bringen (von dem er
iiuch niclitM zu sagen weisz und der aueb an und filr sieb
Hclum zwisoliüu Mars, Pallas und Diomedes sonderbar eintritt)
duM ist gar lAppiscb.
Sobr kõmiseb ist alicr der Uberlieferte Scblusz nos con-
vivin^ nos proelia virginum sfriciis in iurenes unguibus aerium
vantamus vavui stre quid urimur, non praeter solitum
ZU ÜDE, I, 6. 7. XXXIX
ieves: wie er nämlich dem Agrippa eingesteht, wenn er
zwar ein Liebesdichter sei, oder vielmehr, wie im Gedanken-
gange liegt, wenn seine Anfgabe zwar sei ein Liebesdichter zu
sein, 80 dichte er doch aucL seine Liebesgediehte oft oline ver-
liebtzu sein, und jedenfalls soUe Agrippa deshalb ihm nicht ffir
einen ungewöhnlichen Suitier halten. Wie wenn ein Schulmei-
ster, der es niebt hatte lassen können, einige leichtfertige Ge-
dichte in Druck zu geben, sich bei seinem Herm Schulrath ent-
schuldigtei er mõebte deshalb ron seiner Solidität nicht
schlechter denken. — leh glaube, dasz fast alles nach vacuiyer-
lõscht war. Ich habe geschrieben cantamus vacui: me decei
Euhium plectro ludere Teio, Vacui in der Eutfemung von
Staatsgeschäften, iu Dichtermusze: wie I, 32, 1.
Od. I, 7* Laudabunt alii —
Dasz Anfang und Schlusz dicses Gedichts nicht zusam-
menstimmen; ist schon mehrmals bemerkt. Der zweite Theil
besagt: *Man musz der Trauer nicht nachgeben, es wird
ja auch wieder besser werdeu; man musz seine Trauer er-
heitem und die Hoflfnung neu beleben durch den Wein!
That es ja so auch Teuc^r, wie die Mythe erzählt, in trau-
rigst scheinender Lage.' — Was hat dieser Inhalt zu thun
mit dem Anfang bis V. 15? Dieses in einem Theil der
Handsehriften und meist noch in den Ausgaben ais eines
gehende Gedicht sind zwei Gedichte, von denen aber das
erste den Schlusz (nach V. 14 mobilibus pomaria rivis) ver-
loren hat, das zweite den Anfang, Für diesen fehlen wcl
zwei Verse, z. B. :
Indulgere iuvat diris sttb pectorfi ciiris ?
Laeta dei solacia quaero!
Das Gedicht auch mit dem aus dem Mythus hergenom-
menen Ausgang ist sehr ähulich dem dreizehnten Epodus.
Im 27. Verse hat überdem gegen die vor ihm allgemeine Les-
art: nii desperandum Teucro duce et auspice leucro Bent-
ley vortrefflich gesprochen, und Teucro duce et auapice Phoe-
XL ZU ÜDE I, '•
bo empfohlen, auch mit der liemerkung, da^z auB einer Er-
klärung in den öeholien diescLesart hervorgehe. Sie wird
jetzt aucli au« mehreren Handscliriften iiael)ge>viesen. Würde
eie diiH auch nicht uud liättcu die Scholiasten keine Spnr,
das wäre gaiiz gleicligildg: 8chon auch alleiu deszhalb weil
nii despera/idum T^ucro duve et auspice Teuero: vertus enim
promisit Apollo — gegeu alle Logik ist: was natürlich
Bentley auch berührt. Ich glaube aber, dasz mit dieser Les-
art (die auch Meineke aufgeuoinmen) das ursprängliche noch
nicht hergestellt ist. Mich beleidigt jedesmal und macht den
Eindruck einer uiizeitigeuBravadein dieser Lage vor seinen Ge-
nossen und vor sich selbst dieBerufung auf sich: ich glaube es
hat an Stelle von Teuero vor duce ein Adjectiv zu stehn : magno
duce et uuspiee Phoebo, oder fdo, oder divo, Stand mayno
oder fdo duce, so ist Teuero nelleicht hineingekommen dureh
falsches Verständnis, indem einer matj/io duee verkehrt ais
Teuero glossierte. Oder wenn nicht, so ist es hineingekom-
men, wie es auch statt Phoebo sich eingeschlichen, durch
Schreibfehler im Vorschweben des Teueer, — Mir sagt fUeo
am meisten zu. Sodann: Es ist kein andrer, ais eben der
unfehlbare Apollo, von dem ich das Versprechen habe, dasz
in neuem Lande ein Doppel-Salamis entstehen werde.
Doch wir haben nun ttber das erste Gedicht Laudabunt
ütii ete. zu sprechen. 'Andre mögen Rhodos oder Mitylene,
Ephesos, Korinth, Theben, Delphi, Tempe, Athen, Argos,
Mycenä preisen: auf mich hat keiner von allen diesen Or-
ten einen so tiberwältigenden Eindruck gemacht, alsTibur.'
Ja! das steht aber nicht da! sondern: auf mich hat
weder Lacedämon noch Larissa einen so Uberwältigenden
Eindruck gemacht ais Tibur.' Das ist ja wider den noth-
wendigsten Verstand. Sollten auch nach dem 'mich' wie-
der Namen genannt werden , so muszten es doch vor allen
vorhei^ehenden sich hervorhebendo sein , und dem ent8i)re-
chen doch wahrlich Lacedämon und gar Larissa nicht; mid
auch noch einen sprachlichen Ausdruck dieser Hervorhebung
würde man kaum vermissen dürfen, etwa: mich hat selbst
das ruhmvolle Athen nicht, noch das herrlichc Tempe so tiber-
ZU ODE I, 7. XLI
raseht ais — denn diese oder solche zwei Namen wür-
den hieher gehõren. —
Aber sclion vorher V. 5 — 9, welche Sonderbarkeiten
betreffen uns da! *Einige haben kein anderes Geschäft
ais durch Lied auf Lied Athen zn loben — so nemlicb
perpetuo carmine zu erklären 'Lied auf Lied', was ohne
Zweifel angeht, lassen wir den Versen zu gute kommen.
Denn verstebt man ein zusammenhängendes langes Epos,
oder nur ein Gedicht, das gar kein Ende nimmt, so
drängt sich immer gleich ein unwesentlicher, den natür-
lich ervvarteten Fortschritt störender Beigedanke auf. Also:
'Einige haben kein anderes Geschäft ais durch Lied Athen
zu loben und sich — insofem sich nemlich Athens Lob aus
allen Sphären her, aus Krieg, Kunst, Wissenschaft seinen
Stoff zu nehmen hat — einen von allen Seiten her ge-
pflftckten Olivenkranz zu erwerbeu/ AUein da der Oli-
venkranz nicht allgemein den Dichterkranz andeutet, son-
dem gerade den in Attika erworbenen, so wrd er ebeu
nicht von tll)erall gepflückt : und der hier stehende Ausdruck,
unwiasentlich verdreht oder absichtlich verdrechselt, kann
Horaz unter keinen Umständen zugeschrieben werden, Wir
>vürden also die Conjectur des Erasmus, welche aus diesem
richtigen Gefühl hervorgegangen ist, aufnehmen: undique
decerptae frondi praeponere oliram, wenn dem. Gedicht da-
mit aufgeholfen wäre!
Nun aber gar plurimus in lunonis honorem oülgy honore !
Wir hatten bisher doch immer: der eine singt dieseu Ort,
der andre jenen: nun wird ein andrer Begriff, ein andres
Ziel hervorgekehrt : Sver recht ausftthrlich ist in der Ehre
^der luno, oder recht wiederholt die luno ehren will, der
besingt Argos und Mycenä\ Oder: *Sehr viele besingen zu
Ehren der luno ete/, was jedoch die Sache cbenso wenig
erlaubt, und die Latinität gar nicht ; wie G. Hermann zeigt,
de primo carmine Horati p. 8, wo Beispiele, wie die von
Orelil mit einem ^quomodOy guaeso, explicabunf eingeftthrten,
plurimus mit einem Substantiv enthaltenden : plurimtis ofeaster,
plurimus aeger moritur vigilando usw. längst ais unpassend
XLII ZU UDE I, 7. ». 9.
abgewiesen siud. Kurz: das ^zii Ehren der luno' ist ein
uiiaussteLlicher Quergedanke. Dabci habe icli von den Epi-
tlietiS; welclie noch mebr verwirren, noch gar nieht gespro-
chen! — leh sebe uur: es sind bier Fetzen eiues Horazischen
Gedicbtcs, das gauz uuverstiiudig mit Geographie interpoliert
wordeu war:
Laudabunl alti vlaram RItodon aul MUi^hmen
aut Epheson bhiiarlavv Corinthi
moetüa, vel Bacvho Tlwbas rel ApolUno Delphos
f/isiiffiis, aut Thessala Tempe,
Me flomus Albunrae resotumtts
et praevepa Anio ae Tibtirni lucus et udu
mobilibus poniaria rivis
Dio vier ersten Zoilen bat eben eiuer erweitert, welcber
meinte; Athen dürfe docb wol nicht fehleu und eiiiige an-
dere bekanute Orte aucb nicbt, die nuu eine gauz krause
Sammlung sind. —
Die Orte der vier ersten Zeileu siud Orte von gemeiu*
samem lubalt: durcb Natursebõnbeit und historiscbe Erinne-
rungen woblbekanute und vielgenannte , und vielbesuchte
Orte; Gegeusatz: das au Natursebõnbeit für micb mit allen
wetteiferude, stiile und iu seiner Stiile zu Poesie begeistemde
Tibur. Denn das wird wol, nacb andeni Horaziscben Stel-
len, in dem verloreuen ausgesprocben gewesen sein.
I, 8. Lvdia, die —
Die Ueberlieferung in V. 4 eur apricum oderit campum
ist unmöglieb. *Sage warum du eilst ibu durcb Liebe zu verder-
ben, warum er den Canipus meide. — * Natürlicb aus Liebe.
Das ist ja scbon beantwortet. Mit cur apricum gebt schon
die Keibe der direeten Fragen an wie sie fortgesetzt wird.
leb babe gescbrieben eur aprinnn odit et campum — f
Od. I, 9. Vides ut aita ~
Von der dritten Stropbe permitte divis cetera sagt Mei-
neke: ^Haec siquis paullo attentius legat nec dulci verbo-
71/ m sono se decipi patiatur perinepte dieta esse infeUeget,
Tota enim seiitentia eo redit^ ut tempestas postquam detonuerit
ZU ÜDE I, 9. XLIII
detonuisse dicatu>\ Die Strophe enthält doch etwas mehr:
Svenn die Götter die von ihnen erregteu Stürme besäuftigt
liaben (worin denn wol eingeschlossen liegt: was sie docli
immer wieder thun), finden auch alsbald alle diejenigen,
die unter jenen Stttrmeu gelitten, ihre Ruhe wieder.' An
das Yorige augeschlossen lieiszt das also: 'sielie scliou ist
es Wiiiter geworden: lass' ims der bösen Jahreszeit durch
Trinkeubegegnen. Alles übrige überlasse deiiGöttern: weleho
ja nach der bösen Zeit au eh wieder gute gebeii, wo auch
wir dann uicht mehr zu leiden haben !* Dies mOchte angehn.
Es geht aher gar nicht an in Verbindung mit dem folgen-
den: 'frage nicht was der morgende Tag bringen wird, son-
deru geniesze den heutigen : denn die bösen Tage kommen
dennoeh/ Und da dieses mit den vorigen Strophen unverein-
bare Thema sich oflfenbar bis zmn Schlusz ais das beabsich-
tigte Thema des Gedichtes ausweist, so ist die drifrte Stroi)he
dennoch falsch. Nach dem Fortschritt, welchen die dritt^
Strophe gab, war das Hauptgewicht gelegt auf den Winter
ais bõse Jahreszeit, die man einigermaszen durch denWein
vertreiben musse, bis die Götter wieder die gute Zeit geben.
Nach dem dagegen, was die vierte Strophe aufnlmmt und
fortführt, ist der Winter angenommen ais eine willkommue
Gelegenheit zum Genieszen, die man auf das schnellste er-
greifen musse, wie, unbekttmmert was der morgende Tag
noch gestatten werde, einen jeden Tag, der den Genusz ge-
stattet, ausnutzen. Und ror allem die Jalire der Jugend,
so lange die Zeit des Alters, der mancher Genusz versagt
ist, noch nicht kam. — Also ist die dritte Strophe, wie ge-
sagt, falsch. Sie musz entfemt werden. AUein sie hat eine
riehtige Strophe verdrängt, die folgenden Inhalt hatte. * Was
stehst du? lasz dir sagen (man denke sich einen beliebigen
Anfang wie audi monentcjn : ne mõra sit u. s. w.) : lasz auch
drauszen die Natur selbst dich erinnem, wie auch die schöne
Zeit des Menschenlebens, die Jugend, nicht besteht und vom
Winter ttberkommen wird.'
Mir hat ein Uebergang der Art hier stets nöthig ge-
Bchieuea. Ohne den Anlasz, dasz der Jüngling nicht schnell
XLIV ZU ODE I, 10. II.
genug sieh entfernt, ist C:* auffallend, dasz er gemde an den
Jttngliiig und so nachdrlicklicli sieh mit seineii Leliren wen-
det, vou welclieni man docli der Natur gemäsz voraussetzen
darf, — ieh mõclite fast sagen aucli dem Namen gemäsz, den
er ilim gegeben — dasz er zii den scliõnen Dingen von
selbst sehr geneigt iöt. Dasz der Alte oder Aeltere aber so
treibt: es kaun gar niclit schnell genug sein, kein Augcnblick
istzu verlieren, mit Aleäisch-Anakreontisclier Nachdrücklich-
keit, dazu musz ein augenblieklicher Anlasz gegeben sein. Je
kleinev dieser ist, desto schõner ist die Genuszstimmung des
Alten charakterisirt. — Uebrigens sagte ieh eine Strophe,
weil eine voUkommen was nõthig ist fassen kann.
Od. I, tO Merciiri facunde —
Die vierte Strophe quiu et Atridas ist ganz unmõglieh.
Diese Lcistung des Merkurius dasz er den Priamus heimlich
vor den Wäehtem der Grieclien zum Zelte des Achilles führte,
gehört zn seinen alltaglichen und kcann unmõglieh ais eine
Steigerung eintreten naeh dem Stüekchen, womit er einen
Gott getäuscht. — Uebrigens sind vielleicht dureh diese
falsche Strophe einige richtige vcrdrängt. Jedenfalls ist diese
comprcsse Hei-zählung zu dürftig, und wenn es, wie der
Scholiast sagt, Nachahmung eines Alcäushymnus auf Hermes
war , sieher ein zu dtirftiger Auszug, ais dasz man nieht ge-
rechten Verdaelit haben dttrfte, so sei das Lobgedieht auf
Merkurius, das Horaz beabsiehtigte, nicht beschaffen gewe-
sen, wenn es vollständig war. Moglich ist aueh dasz es
nieht in der ilitte gefüUt, sondern hinter der letzton Strophe
fortgesetzt war oder fortgesetzt werden soUte. Vielteieht
dasz dort nun eine bestimmte den Hermes verherrlichende
Fabel aus der Henneslegende ausfflhrlicher eintrat oder
eintreten soil te.
Od. L 1 1 Tu ne qiiaesieris —
Im dritteu Verse ist die Ueberlieferung ut melius quid-
quid ent pati, so dasz ut melius wäre gleich quanto melius,
Da so nieht gesproehen wird, musz es geändert werden.
Ieh habe fUr ut melius geschrieben utilius 'fõrderiicher .
ZU ODE I; 12. XLV
Daaz dieses gut und poetiscli ist; dafUr wird es docb nicht
nõthig sein Beis])iele beizuschreiben.
Od* I, 12. Quein virum aut heroa —
*Sei's dasz Augustus die drohenden Parther besiegt lia-
ben wirdj sei es dasz die fernen Serer und Inder, so wird
er, nur gcringer ais du lujnter, den Erdkreis regieren.'
V. 53. Es scheiut wirklich ais ob an diesem Unsinn nocb
keiu Anstosz genommen worden. Unmõglieh ist das aus ei-
nem einigermaszen klaren Kopfe gekommen (einem unklareu
magOde III, 5 Anfjxng vorgeschwebt haben), am wenigsten
aus einem ganz klaren wie Horatius. Wohl bemerkt worden
ist das unmittelbar vorhergehendo tu secundo Caesare rajties,
welcUes im Widerspruch steht mit V. 18 unde nii maiwt
generatur ipso nec viifet qnidquam simile aut secujidum, im
Widerspruch, oder falls dies tu secundo Caesare reijnes ohne
alle Beziehung auf jenes Vorangegangene geschrieben wor-
den, eine Nachlässigkeit des Styls verrietbe, welche wieder
einem Horaz sebr fremd wäre. Buttmann hat angenom-
men, secundo stche hier in prägnanter Bedeutung: auf
das erste unmittelbar in der Reihe folgend, so dasz kein
bemerkbarer Zwischenraum bleibt. Und er sieht nun diesen
Gedanken, den er scliõn findet: Dir, lupiter, ist die Sorge
flir Augustus durcli das Fatum übertragen: woblan, in der
Beibe der Gotter unmittelbar binter dir ist ja — dessen icb
obenbei Er^väbnung deinerHobeitzugedenkenbatteCV. 18) —
eineStelle leer: so setze in diese Stelle den Augustus. — tSebõn
wäre das? Nein scbeusslicb wäre es: alle andeni Gotter
mit einem Scblage berabgcsetzt und abgesetzt gegen den
Augustus. Was Horaz aucb in Beziebung auf Augustus ais
Gott gesUndigt hat, diesen Grad von Impietät weise man
doch nachi Die drei letzten Strophen sind ni^bt von Horaz
und siud ein elendes Machwerk. So steht es mit den äcblusz-
fitrophen dieses Gediebtes ; gehen wir zum Anfang. Welchen
Mann oder Heros oder Gott nimmst du zu feiern, Klio?
weBsen Name wird Eebo nacbtonen, sei's auf dem Pindus
oder Hftmus? Wen soil te icb eher preisend nennenals den
XLVI Zl' ODE 1, 12.
lupiter? Die Sonderbarkeit des Uebergangs von dem ,>du"
zu dem „icli^* bemcrkte Bernays und schlä^ vor, mit dem
quid priiis dicavi die iluse redend und dem Uoratius aut-
wortend zu verstehcn. Was allerdings gogleioh die Folge
hatte, dasz er die Strophe Reipihim — insigni referam Ca-
mena für eingeschoben erklaren muszte. Dagegen kõnnte
ieh nichts haben. Aber ich habe gegen seine Annahme
gonst sehr viel.
Mich beleidigt in dem Munde der Muse, die selbsteine
Göttin ist, das era])hatigiche du 'auch di eh werde ich nicht
verschweigen, Liber/
Sodann aber: man vergegenwärtige sieh doeh die Situ-
ation. Die Muse sitzt auf dem Hämus oder Pindus oder
Helikon — und zwischen Rom und einem jener Berge geht
das Gespräeh vor sich. Horaz richtet nach dem Hämus seine
Anfrage und von dort aus spricht die Muse an ihu — oben-
ein beginnend in einem ziemlich bequemen Oespräohston : was
Hollte ich eher sagen ? — die lange Antwort. Dies musz ich
fflr unmoglich erklaren. Wenn Horaz fragt Quem vmim aut
heroa lyra vel acri tihia sumis celebrare Clio? so musz erdie
ihn inspirirende Muse in seiner nächsten Nähe denken oder
in sich selbst. — Die zweite und dritte Strophe, hübsch an
sich, können nicht hieher gehören. Fragt Horaz die Muse
in sich selber an: wen meine Muse nimmst du zu feiem?
dann ist auch der Uebergang in die erste Person wenigstens
nicht so schroflF. Es wäre also zu denken: in Tibur oder.
sonst in einem freien Platze — denn Echo \vird seinen 6e»
sang nachtönen — ftthlt er die Regimg zum Dichteu, föhlt
er die Muse in sich sich regen. Wer Klio wird es sein?
(sumofi wflrde ich vorziehn). Doch es versteht sich jai wol
von selbst dasz ich keinen eher zu singen habe ais vor
allen lupiter. — Und doch, und obgleich Statius schon die
zweite Person fand, wieTheb. 1,41 zeigt Quem prius heroutn
Cfio dabis, dennoch taucht miv immer die Frage auf, ob
Horaz nicht geschrieben sumamf Ich kõnnte leicht glauben
dasz ein früher und gelehrter Poet, der den Horaz der Pin-
darischeu Stiile mehr annähem wollte, die zweite Person
t-< •
r
7
ZU ODE I, 12. XLVII
hineingebracht und vielleicht dadurch auch den Anlasz gab
zur Einfühning der zweiten und dritten Strophe.
Gregen die Stroplien qttul prim bis recumbit lassen sicli,
glaube icli, keine baltbareu Einwendungen macheu. Die
Verse 13—18 sind aucb schun und nicht gewõbnlich aus-
gedrückt^ die ttbrigen allerdings schwunglos und gewobn-
lieb. Intereasanter gefaszt ist die näcbste Stropbe, wo-
mit von den Heroen auf die bis^toriöcben Manner, und zwar
die Römiscben, llbergcgangen wird: deren Menge ibm ao
grosz entgegentritt dasz er nicbt weisz wo er anfangen soil.
Eine Wendung, mit der [Ibrigens auf eine cbrouologische
Folge sogleich verzicbtet ist. Die Stropbe Roinubitn schlieszt
«icb an die vorigen ohne Anstosz an, uur musz man eine
Verderbuug in dem Tavquini annehmen, was wol unter allen
Umstanden nicht ursprünglich ist. Nichts musz icb für un-
glUeklicber balten ais Buttmanns Yertbeidigung, dasz in dieser
BeibeTarquiniussui^erbusschr woblstebe. DennfreilicbmitJK-
perbf Tarquhii faxces gRY Giweii andem Tarquinius bezeichnet zu
wfthnen ais den allgemein durcb dasBeiwort sttperhus unter-
Bchiedenen, dasz Horaz so ungesebickt oder verkebrt gewesen,
auf diese Seite ist Buttniann niclit getrcten. Dasz aber Horaz
um die bõchste Stufe des Römiscben Kõnigthums zu bezeicb-
nen denjenigen genannt, der es ruinirt, und zwar nicbt etwa
duTch überspannte docb rubmvolle Thaten nacb auszen
niinirt, sondem durcb Nicbtachtung der Recbte im inneni,
das und was es sonst ist werdeu Buttmanns erpreszte Be-
grüudungen uns wabrlicb nicbt glaublicb macben. Wir brau-
chen einen Mann von auerkannten Rumertbaten oder ROmer-
charakter. Die superbi fasces zwiscben zwei Kunigen und
Cato scbeineu nicbts natürlicber zu erfordem ais einen jener
stolzen Vertreter der Republik, einen jener alten, cbarakter-
festen republikaniseben Consuln. Ein Brutus, zugleicb Grfln-
der der Republik, würde vortrefllicb passen. Da bätten
wir ddui Btatt des zufällig verlomen oder durcb Einwirkung
de» superbus noben den beiden Kõnigen absichtlicb und un-
Terständig verdrängten Namens zu scbreiben lunios fasces.
Und dagegen hatte icb meinerseits ein diplomatisches Be-
XLVIII zr OI>E I, 12.
(leiikeu aucb nicht. leh habe aber ciu andcres, dasz Horaz
iicbeii dem uubedeuklicbcn Cato aucb nocb sollte zugleicbdie
Bruti •renannt babeu, nomlicb in einem Gedicbte, das pinz
ausdrücklicli dcm Augustus unter die Augen zu komnieu
berccbnet war. Daber gebe icb einen andeni Gaug. Gerade
die beiden folgenden Stn>i»ben siud mehrfacb för unecht ge-
balten. Nun idubz icb gcdteben, dasz mir die GrUnde nielit
zwingend scbeiiien bis auf einen. Ueber die Enväbnung
der Scaun und namentlicb zwiscben lieyulvs und Pmillnx
und lauter Alten, wäbrcnd jene alten Zeiten keinen SiHmrus
aufwcisen, kann icb nicbt fort. Also wird die Stropbc Re-
fiubtm bis Fabrichanqiio niebt ursprünglicb sein. Dann dttr-
fen wir fttr Tarquini selireiben Fahvici, der dort aucb gauz
wobl paszt.*) Wabrend mir wenigsteus ein gleich passender
Mann mit bineinpas^sendeni Namen nicbt zu Gebote steht.
Vielleiebt erlialte icb ibn tou einem andeni. Maximi (wie-
wol Fabius Maximus ein stolzer Cousul war) will mir niebt
gefallen, aus einigen Gründen. Erst nacb der Verder-
bung iu Fuhricf wäre diese Stropbe gemacbt.**) Die folgende
Stroplie babe icb beibebalten, vielleiebt mit Unrecbt. Xur
biibe icb Bentleys Vorscbläge mncta puupertas (für saeva,
notbwendig allerdings nicbt) und arto fttr apto aufgenommen.
Natttrlicb der Ausfall einer ecbten Stropbe vorber musz
dann augenommen werden. Allein ausgofallene 8trophen
miissen ja aucb angenommen werden, wenn die jetzigen bei<
den unecbt sind. Nacb nur zwei genannten Namen aus
*) Im Boethius ams. II cnnn. 7 stcht Uhi nuiu: fidelis ossa F^bri-
rii(so) tnanentf quid Brutus rUfidus aut Cato? I>asK dies nicht geschri*'-
ben ist olme Erinnerang an unserGedicht, ist wol klar. Dasz er auch
den Brutus darin gefunden , bleibt natürlich docb ungcwisz. (In dem
Gedicht des Boethius kommen die Wörter suptrbus ond ärtus (ao)
auch Tor.)
**) Vor Quintilian bekanntlich: desson Bcmerkuug IX, 3, IS nur
Terstanden werden kann, wenn er sich die Interpunction so dachte;
Fahrknumque , hum et incomptis Curhim capiÜis utiltm Mto. . UtUt ei
Vamillwn saeva paupcrtas. —
ZV ODE I, 12. 15. XLIX
der ganzen republikaniscben Zeit konnte er unmöglich gleicli
auf die MarccUer kommen.
V. 46. Marcellis für das überlieferte Marcelli rtihrt von
Peerlkamp her und ist notbwendig. Auch von Meineke und
Haupt aufgenommen.
Diese zwõlfte Ode bietet die schwierigste aller Aufgaben
im Horaz. Was vorliegt ist voli Unmõglicbkeiten durcb. und
durch. Dies ist ganz und gar ausgemacbt und kann dagegen
nichts zugelassen werden. Im tibrigen aber si quid novisti ree-
tiiis ist/s candidusimperti:\\e\[e\ciitSi}XQ\i sinon, hisutereinecum.
I, 15 Pastor cum traheret —
^Dasz dieses Gedicbt von V. 21 an mit seiner zufällig
zusammmengeworfenen Heldenaufzählung , beginnend mit
Nestor, dem unpassendsten, der hier eintreten konnte, den
Achilles entweder ganz auslassend oder ihn so kopflos ein-
ftthrend wie in der letzten Strophe gescbieht, mit den lächer-
licben prosaiseben AusdrUeken non Nestora respicis? Meno^
nen quoque nosces, nicht von Horatius ist, versteht sieh von
von selbst. Aber ob die Partie bis V. 20 äcbt sein kann,
musz aueb sehr zweifelbaft orscbeinen. Das ganz unmoti-
virte Hereinbrecben des Nereus, der den Winden gebietet:
*8eid einmal stiil, damit ich reden kann — lag doch dieMo-
tivirung durch seinen Enkel Achilles und den bevorstehen-
den Kummer seiner Tochter so nähe — : ohne alle Indivi-
dualisirung sei es des Locals sei es der feraeren Angaben,
diese Fehler gerade, und so auflfallend, scheinen nicht die
Horazischen. Immer aber will mir es scheinen dasz, wenn
gleich schon die Verse bis 20 nicht von Horatius sind, die
viel dümmere Fortsetzung von V. 21 dennoch wieder von
einer andem Händ herrtlhrt.'
So schrieb ich tiber dieses Gedicbt im Jahre 1864 (Fleck-
eisen Jhb. 1864 Heft 3 S. 173). Jetzt kann wer es bedarf
die Anstõszigkeiten und besonders die zufällige Zusammen-
wttrfelung der Helden einzeln ausgeführt lesen, und zwar
von keinem geringein Manne ais 0. Jahn, im Hermes vom
Jahre 1868 (III. 2 S. 184). Ich will von ihm die Bemer-
Lehrs, lionittiuf. D
1. ZU ODE I, 15.
kung hierher setzen , dasz naraeutlicli auch das Fehlen des
Philoktet, der dem Paris die tõdtlicbe Wimde beibrachte, und
<le8 Menelaus befremdet. — Zu den Worten über Aias S. 185
erlaube ich mir die Bemerkung, dasz zwischen Aias dem
Telamonier und Paris ein ZusammentreflFen bei der Leieho
des Acbilles erzäblt wurd, bei dem es dem Paris recht
schlimm erging, Quint. III, 330. Es bleibt aber besteben
dasz bier unter Aiaa: celer sequl vernünftiger Weise nur
der Lokrer verstaudeu werden kann, der 'OiXriot; taxvg
^4ut(;. — Dasz 0. Jabn jenen Aufsatz scbrieb unbewuszt des-
sen, was ich in demselben Sinne über das Gedicht gesagt
hatte, das kann mir nur angenehm sein und kanu meiner
Sache bei den Zaghaften und Urtheilsbefangenen nur zu
gute kommen. Jedoch die Folgerung, welche er nach Dar-
legung der vor keiner Entschuldigung Stich haltenden Misere
ausspricht, musz ich dem «lusgezeichneten Manne bestreiten.
Er schreibt: 'Wie dem auch sei, wir werden annehmen
mtissen, dasz Horaz Grttnde hatte oder zu haben glaubte,
auch weniger gelungene Versuche dem Publicum nicht vor-
zuenthalten. Vielleicht machte er Studien durch selbstän-
dige Bearbeitung mythologischer Partien aus Griechischen
Lyrikem, ehe er den Versuch machte, solche DarsteUungen
seinen eigenen Oden wie im dritten Buch einzuverleiben .
Dasz Horaz auch weniger gelungene Versuche aufnahm, das
glaube ich allerdings: denn sonst hatte ich noch manches
Gedicht geringeren Ranges nicht unangefochten lassen kõn-
nen : ich hatte vielmehr den Wegen Peerlkamps oder Grup-
pes nachgehen müssen. Er konnte immer noch auf seine
neue, schõpferische und patriotische Thätigkeit ais Rõmi-
Bcher Nachahmer Altgriechischer lyrischer Formen hinwei-
sen. Er durfte auch dichten, wie ich oben einmal mich
ausgedrtickt, *als griechische Nachahmuug, ais Studie, ais
Studie auch zur Schmeidigung derSprache . Und dazu kommt
für die Zulassung von Gedichten zweiten oder überhaupt
geringeren Ranges, um bei dieser Gelegenheit hierauf et-
was einzugehen, noch zweierlei. Sollte Horaz es bei den
Satiren nicht gewuszt haben, dasz sie nicht alle auf glei-
ZU UDE 1, 15. LI
cher Stufe stehen ? soUte er wol selbst die zweite Satire für
gleich gutgehaltenhaben ais z.B. dieachte, olirn truncus eram,
oder die neunte, den Litteraten? Gewisz nicht Aber es
war ihm begegnet^ was allen Dichtern, ganz gleich gelingt
nicht jedesy und er that was sie alle thaten, er liesz nicht
nur Gedichte des ersten Ranges bekannt werden. Eben so
bei den Oden. Und ich denke darfiber wird keine Uneinig-
keit bestehen. Wer von uns wird denn, um ein namhaf-
teres zu nennen, das carmen saeculare für ein Gedicht ersten
Ranges Horazischer Oden halten? Ob aber auch nur zwei-
ten, das ist fraglicli. Wir kommen uoch auf etwas anderes.
Horaz hat einige Oden auf Ordre gemacht und gerade diese
konnte er auch der Oeffentlichkeit nicht entziehen. Und
gerade diese, da sein Herz nicht dabei war oder sie zu der
hohen Gattung gehoren muszten, für welche er sich selbst
ja ungeeignet wusztC; gelangen ihm am wenigsten. Die Stat«-
oden des vierten Buches auf IHberius und Augustus gehõren
dahiU; und ich mõchte es dem Horaz zutrauen , dasz er von
ihrer wahren Beschaflfenheit eine Einsicht hatte. Neben die
Ordre konnte wol auch in den Verbältnissen , in denen er
nun einmal war, ein Gebot der Hõflichkeit treten: und da
konnten die Folgen für die Poesie ähnliche werden. So
erscheint mir die Ode an Polio II, 1 . Aber es konnte auch
kommen, dasz bei einem oder dem andem Gedicht irgend eine
RQcksicht ihm selbst den ganz freien Blick benahm. Yiel-
leicht bei dem carmen j?aertf/ar«eingehobenes patriotischesund
{>ersõnliche8 GefOhl tiber die Aufgabe, wie es sich Ode IV, 6
ausspricht So viel über Gedichte geringeren Ranges. Aber hier
bandelt es sich nicht um ein solches, das in irgend eine der
genannten Kategorien fallen konnte. Es bandelt sich nicht
um einen weniger gelungenenVersuch, sondem um eine ab-
surde Schttlerarbeit. Und wir wissen es ganz bestimmt dasz
Horaz dieentscheidendsteGründe hatte, solche Schülerarbeiten
nicht aufzunehmen: er, welcher eine neidische Opposition
sich gegenflber wuszte, er, welcher die Fahrlässigkeit der
Rõmischen Poeten geiszelte und der sich ob seiner eigenen
Unverschftmtheit; ais er z. B. die ars poetica schrieb^ wol
D2
Lil Z\j ODE I, 15.
bätte das Gesicht verhüUen mü^sen; wenn er selbst dem
Rumischeu Publicuin so etwas geboteu hatte wie diesesGe-
dicbt. — Dasz Horaz vielerlei Uebuiigstudieii gemacbt, die
auf seinen Tafeln und Papiercu nteben blieben oder wegge-
wiselit wurden, versteht sieb von selbst; dasz er auch Grie-
cbischen mythologiseheii Ötoflf zu dieseu Uebimgen genom-
men bezweifle ich niebt ; aber dasz er selbst solche Uebungs-
stficke aufgeuommeu; musz ich für das unglaublichste erklären
was wir anuehmeu können. Während es doch wahrlich
nichts glaubwiirdigeres giebt ais dasz Kaehahmungeu auf
deu Kamen des Iloraz gesetzt wurdeii; dasz auch unter die
Horaziscben Gedichte, wofCir es doch auch sonst au auer-
kauuteu Beispieieu nicht fehlt, nachgeahmte Stücke gekoiu-
men siud. Wir würden uuter alleu Umständeu dahiu gedräugt
werdeu zu sagen, nicht Horaz selbst hat dieses Uebungs-
stück jemals in seine Werke anfgenommen, sondem man
fand es nach seinem Tõde uuter seinen Papieren und uu-
verständige Freunde reihten es eiu. Gruppe hat eineu sol-
cheu -Vorgang bei den Ausgabeu der Horazischen Werke
oder Oden nach seinem Tõde angcnommen. Und ich bin
gar nicht abgeneigt, dies von einzelnen Strophen, die gut
oder gar schon genug sind um Horazisch zu sein, anzuneh-
men. Aber von uuserem Gedicht behaupte ich, Horaz habe
solches Zeug ais die letzten Strophen von Y. 21 auch zur
Uebung niemals geniacht, es iniiszte denn sein ais ein Knabe,
also doch zu einer Zeit, wo er in der Mythologie noch
el)en so unwissend gewesen wäre ais in einer von ihm zu-
erst eingeftthrten Griechischen Versform frühreif. Ich habe
auch bei diesem Gedicht das äuszerste gethan, indem ich
ttber den ersten Theil; der äuszerst bedenklich ist, mich so
vorsichtig ausgedrückt ais ich gethan. An dem ersten Theil
bis V. 16 nimmt Jahu keineu Anstosz: weitergehend wird
jedoch der 'mllkürlich herbeigeftthrten Situation gedacht.
Das wäre also was ich ais Mangel aller Motivirung und
Localisirung bezeichuet. Ich musz auch jetzt festhalten
was ich Uber die erste Partie gesagt ais sehr bedenklich,
aber, wie es scheine, gegen die folgende sich doch abhebend.
Zü ODE 1, 15. 16. 17. 19. 20. LIII
Indem ich, um einen Abschlusz zu haben; tlie Verse 16 — 20,
wo gchon die Zufäiligkeit der Heroenauswahl kõnnte auzu-
^ehen scheinen, noch zu dem früheni Theile zog, erklärte
ich mir den Sinu also: vergebens wirst du im Gemach blei-
ben um zu meiden die Gefahren, die deiner Pbantasie er-
scheinen werden, die Speere und Pfeile und das Schlacht-
geräusch und jenen fuszschnellen Ajax, der sogar das -^
bei einem Feigling wie du noch allein tröstliche — Ent-
fliehen unmöglich macht. — Horaz freilich schrieb auch das
nicht, benannte auch sehwerlich die vor Troja gehandhab-
ten Pfetle Knosische. Aber er schrieb auch nicht das ge-
schmacklose, vielleicht abgeschmackte: schon jetzt setzt Pal-
las ihren Helm, ihre Aegis und ihre Wuth in Bereitscliaft.
Od. I, 16 Omatre pulchra —
Die Ueberlieferung non acula si (jeminant Con/bantes aera
und sie. Es wird erfordert qui, Dies habe ich gesclirieben.
Od. I, 17 Velox amoenum ~-
V. 4. Die Ueberlieferung usque, was wider den Sinn
ist. Ich habe Peerlkamps fpse aufgenommen.
Od. I, 19 Mater saeva cupidinum —
V. 12 musz ich das überlieferte nec quae nihil attinent
für Unsinn halten. Ich habe geschrieben nec quaerere publica.
Od. I, 20 Vile potabis —
Peerlkamp sagt : ' Ego pro rarmmr svholustico haheo. Thema
fuit: Horathis MaecenateminmtanSj metro Sapphico^ Sehrwahr,
mag der Scholar die Aufgabe, die er so dürftig IGste, erhalten
oder sich selbst gestellt haben. In der letzten Strophe V. 10
ist die Ueberlieferung theils tu bfbis utjanij theils tu bibes uvam.
Soil es einigermaszen verstandlichen Verstand haben, so
musz der Verfasser geschrieben haben bibis. Bei mir wirst
du nur geringen Sabiner trinken. Du freilich trinkst (bist
gewõhnt zu trinken) feine Weine, dergleichen in meine
Beeher nicht kommen. Was bibes sein sollte ist unverständ-
LIV ZU ODE I, 20. 21. 22.
lieh. Dõderleins tum bibes noch unverständlicher. Hat er
aber bibis mit dem verlängerten bh geschrieben, so liegt
darin auch ein sieheres Zcichen niclit Horaziseher Händ. Was
den Sabinerweiii betrifft, so ineint Meineke, der tibrigens
auch nicht au das Gedicht (verzeihen mir die Mu»en die Be-
nennung!) glaubt, der sci sehr paasend, weil Mäcenas viel am
Fieber litt und nach Galen der Sabinerwein Fiebernden ^^s^-
ben wurde. de sai, ridu voh XVI p. 648 Lips. x«iof xi]v ^Ixa-
).lav 6 atovog aa/iJyog, ov xai öidoaai rolg Tzvqirxovoiy,
Allein wenn das die Meinung war, wanim heiszt der wobl-
tbätige Wein ohne weiteres vile? Wanim entsehuldigt er
sieh in der dritten Stropbe tiber das vile Sabinum, das er
reichen werde, damit, dasz bei ihm kein feiner Wein zu
erwarten sei? Das stimmt alles gar nicht. Uebrigens kOnnte
die erste Strophe mehr so aussehen ais hatte der Verfasser
Wein vom eignen Gute des Horaz verstanden: vergessend
dasz jener anyu/tis feret pipe?* et tvs ociusuva ep. I, 14, 23.
Warum er gerade au jenem Tagc eine Flasche schleehten
Weins selbst versiegelt hat, welcher Dienst damit dem
Wein oder dem Mäcenas geschah, ob das klar ist, weisz ich
nicht. Aber klar ist, dasz die modici cantkari das aller-
grOszte Befremden niit Recht erregt haben. Orelli*s Recht-
fertigung wird die Sache auf eine heitere Weise vorffthren:
"E/ii^eiov modicis consulto videtur delectum, quia, ut exemplis
demofistravit Uofman Peerlkamp, contharm, porulum atisatvm
maius , multibibis potissimum piaccbat!
()d. I, 21 Dianam tenerae —
Musz doch jedenfalls am Schlusz einer Strophe beraubt
sein über Diana.
Od. I, 22 Integer vitae —
In dieser Ode können nur die beiden ersten schõnen
Strophen von Horaz sein, und sind es wahrscheinlich. Im fol-
genden hat man (Peerlkamp und Meineke) die vierte Strophe
quafe portenttim — herausgeworfen, die allerdings lächerlich
gräulich ist. Aber was ist denn damit viel gewonnen? Dasz
Zü ODE I; 22. 26. 26. LV
mit den beiden letzten Strophen der Faden ganz abreiszt ist
doch unleugbar. Alle Uebergänge oder Uebergangspartikeln,
die man versuchea wird, werden eine Lächerlichkeit an den
Tag legen. Etwa: und wie kein Wolf bo wird auch kein
Kiima mich abhalten Lalage zu besingen. Wie isfg denn
aber^mit der dritten Strophe? Dasz sie im höchsten Grade
das Bedenken herausfordert mit dem Abfall des Tõns gegen
die ersten, darauf darf man besteben. Ich habe nicht um-
bin gekonnty mich manchmal mit einerFiction zu vergnttgen.
Wenn es denkbar wäre dasz der Schalk Fuscus Aristius,
wie wir ihn aus der neunten Satire leibhaftig kennen^ yon
Horatius eine Ode mit dem Anfang dieser drei Strophen er-
hielt, wenn er nach dem feierlich mvsteriõsen Ton der ersten
beiden, in welchen die Phantasie in die afrikanischen und
asiatischen Wüsten und WiUlnisse versetzt war mit ihren
Lõwen und Tigem und Hyänen, wenn er da auf den trivia-
len Wolf und den wohlbekanuten Sabinerald gerathen
wäre, und die Nonchalance , womit das Ereignis von beiden
Seiten vor sich geht, oder von Seiten des Wolfs könnte man
fast sagen die prompte Höflichkeit, mit welcher er, unge-
legen kommend, sich empfiehlt, hatte er sich da nicht ver-
aniaszt sehen kõnnen, die parodische vierte Strophe hinzu-
zusetzen : 'ihr müszt aber deshalb doch von diesem Wolf
nicht falsch urtheilen: dieser Wolf das war kein gewõhn-
licher Wolf, das war ein Wolf der tiber den Löwen geht?'
Od. I, 25 Parcius iunctas —
V, 5 iafiua — quae jmus multum füciUs movebai cardi-^
nes, audi'. — Es ist ja doch von einer Sprõden die Rede,
die dafttr uun gestraft wird dasz sie die Liebhaber nicht
leicht einliesz. Die Ueberlieferung ist unmöglich richtig. Ich
habe geschrieben quae prnts nulli facilh movebas cardinesyaudis.
— Aber amatque ianua Umen wird wol auch nicht richtig sein,
Od. I, 26 Musis amicus —
Offenbar nur Einleitungsstrophen. Nur erst die Auffor-
derung an die Muse, wozu das übrige, der eigentliche Gegen-
LVI ZU ODE I, 26, 28.
stand fehlt. Unten Ode 32 Fosc/mur ist merkwürdiger Weise
noeh einmal derselbe Fail, dasz vorhanden ist nur der An-
fang eines Gedichtes, welcher die Aufforderung an die Lyra
enthält. Will jemand freilich sagen: Horaz kounte nimmer
solche drei Stroplien ais ein Gedicht veröffentlichen, aber
ein stoflFarmer Nachahmer konnte schon solch ein Uebungs-
Btück macben und meinen da« sei schon ein Gedicht, so
läszt sich dagegen nichts sicheres sagen. Aus Beschaffen-
heit und Form wird sich nichts beibringen lassen, warum
sie nicht von Horaz sein sollen. Etwas anzumerkendes ist
wol das : dir, Muse, und deinen Schwestern ziemt ea — , nicht
etvva mit bestimmtem Namen einer der Mušen: dir, Klio,
und deinen Schwestern. — Allein es ist doeh so gesagt Od.
III 10, 15 tres prohibet supra rixarum metuens tangere
Ghratia nudis iuncta sororibiis. Od. IV 7, 5 Gratia cum Nfffn^
phis geminisque sororibus audel ducere nuda choros,
Od. I, 28 Archytasode.
Zur Erinnerung an die verwunderlichen Erklärungen,
mit welchen man das Verständnis dieser Archytasode hat
erzwingen woUen, will ich folgende Worte Meinekes her-
setzen ausdemPhilologusV. (1850 S. 171). Wo ernochdarauf
hinwies dasz statt des tiberlieferten aetnas domos (was 'von
einem Luftschiffer richtig gesagt wäre') V. 5.nach allemSprach-
gebrauch von Horaz aethenas mttsse geschrieben sein. Was
wir natürlich auch aufgenommen. Meinekes Worte also
sind: 'Bekanntlich ist in jüngster Zeit die dialogische Form
in umfangreichen Abhandlungen wieder behauptet worden.
Ohne mich auf eiuo Widerlegung dieser Ansicht- in allen
ihren unlogischen Streif- und Querztlgen einzulassen, will ich
an ihre Vertreter nur die Frage richten, wie sie den Dich-
ter gegen denVorwurf einer durchund durchunkUnstlerischen,
aller Concinnität ermangelnden Composition in Schutz neh-
men wollen? Wie Horaz die dialogische Composition einer
Ode behandelt, hat er im neunten Gedicht des dritten Buchs
gezeigt. Wie will man es fenier mit den Gesetzen einer
vemtinftigen Interpretation vereinigen, wenn die Worte pul-
ZC ODE I, 2Ä. LVII
rer/s ea^iguf cohibent te munera den Sinn haben sollcn,
Archytas liege lüer unbeerdigt, und nicht vielmehr den,
dasz Archytas, der mit seinem Geist die Welt umfaszt habe,
jetzt auf den engen Raum eines winzigen Grabes beschränkt
sei? Die Unhaltbarkeit jencr Erklärung zeigen ja deutlich
genug die folgenden Beispiele von der unabwendbaren Noth-
wendigkeit des Tõdes. Und niin gar te iudJce im Miinde
des Archytas! Wer sich so auf das Urtheil eines anderen
beruft, wie hier Archytas thun wttrde, der kann das nnr,
wenn dieser andere, also hier der Schiffer, sein Urtheil ttber
die Sache, um die es sich bandelt, also hier über die Weis-
heit des Pythagoras, wirklich ausgesprochen hat. Und das
hatte Archytas in seinen Schriften gethan. Die Erklärung
'wie selbst du, ein ungebildeter Schiffer, zugeben wirst' ist
durehaus willkürlich und verleiht dem Ausdruck eine Fär-
bung, die mit dem Gebrauch unvereinbar ist.* —
Dieser hier bertthrte und alle anderen Versuche, welche
mit einem Beiwort zu charakterisiren schwer wäre, hat aus-
führlich in ihrcr Nichtigkeit und Unmoglichkeit nachgewie-
sen B. G. Weiske 'über die achtundzwanzigste Ode im ersten
Buche des Horaz* in Jahns Jahrbüchern Bd. XII, 1 (1830)
S. 349 — 362 : mit einer geduldigcn Mühwaltung, bei welcher
sich mir wenigstens, der ich also wol weniger optimistische
Ansichten über Belehrung haben miisz, stets die Frage auf-
drängt: fttr wen? Doch hat Weiske auch eine eigcne An-
sicht aufgestellt: und Meineke spricht sich in der Ausgabe
dahin aus, ttber Sinn und Composition dieses Gedichtes
schienen ihm alle im Irrthum zu sein, die früher oder in
neuerer Zeit einer anderen Ansicht gefolgt wären ais der
von Weiske aufgestellten. Ein merkwürdiges Wort, auf wel-
ches wir fuszen, dasz auch Meineke alle Erklärungen ver-
werflich findet. Der einen, die er glaubt annehmen zu kõnnen,
haben wir nün nachzufragen. 'Es spricht ein Schiffbrttchiger,
— an das Kalabrische Ufer Ausgeworfener. — Der Schatten
redet den unfem im Grabe ruhenden Archytas an, durch
sein und andrer Beispiel sich trostend wegen des Tõ-
des, und zuletzt bittet er irgend einen etwa Vorbeischif-
LVm Zü ODE I, 28.
feudeu um Bestattung seiner Gebeine\ Ich bin nun iu der
übeln Lage, auch das bestreiteu zu mttssen. Wir erhielteu
folgende Situation: ein eben an das Ufer geworfener Leich-
nam, ueben welcheni sein eigner Scbatten stebt (man sagt
woi lieber, er nmscbwebt ibn: mir kommt der schwebende
declarairende Scbatten noeb komiscber vor) und redet. Da-
bei kann dieser Scbatten nocb lesen: denn er bat eben
vom Grabe abgelesen, dasz dies Grab den Arcbytas birgt.
Neben diesen Gründen, welcbe ich für ganz entscbeidend
balten musz, wäre es kaum nocb nOtbig, anderes, was aucb
jedenfalls verwunderlich erscbeinen musz, zu erwäbnen, ich
mcine wio dieser Verunglückte sicb, obne alle Vorbereitung,
die wir erhalten hätten, eben auch ais einen philosopbiscb
gebildeten Mann erweist, der eben berausgeworfen augen-
blicklicb in groszer Seelenrube und man darf wirklich sagen
ais ob gar niclits vorgefallen wäre sicb philosopbiscb trõstet,
Docb dies mag gelten oder uicht: es gilt aber: die oben
genannte Situation, welcbe dabei nöthig ist und dem Hora-
tius nimmer zugemuthet werden kann, ist auch gegen diese
Auslegung entscbeiJend. Es bleibt nur tibrig, wohin der
ganze Anfang führt : Horatius stellt die Betrachtung an (fin-
giert sie anzustellen) im Erscbauen des in der Kähe seiner
Heimath befindlichen und ihm wahrscheinlieb selbst bekanu-
ten unscheinbaren Grabcs des Arcbvtas : 'auch du, der durcb
alle Welten gescliweift, wirst hier in dem kleinen Grabe,
in wenig Erde festgehalten/ Und fort l)is V. 20. Denn
zur Verdüelitigung der Strophe 17 — 20 ist wol kein hinrei-
chender Grund, und der Schlusz mlt Proserpina eindringlicher
nnd gesteigerter.
Den Hiatus captti i/i/ntmalo würde Meineke wol heute
nicht mehr ais Horazisch vcrtlieidigen. Peerlkamp vennu-
thete intumulato (Heroid. 2, 136). Und, inich dünkt, über
diesen Hiatus wird es sebr fraglich bleiben ob man ilm selbst
dem Nachahmer beimessen darf, der in demselben Versmasze
ein Gedicht (V. 21—36) sicb zur Aufgabe stellte. Denn für
ein selbständiges Gedicht baite ich es, nicht für eine Fort-
setzung des yorhergehenden. Der Inhalt ist auch nicht zwei-
Zü ODE I, 28. 29. 30. LIX
feihaft, man lese uiir genau was die latoinischen Worte be-
sagen. Der Nachahmer stellte sich das dumine Schulthema
(80 dumm und nicbt dUnimer ais wir so viele aus der pro-
saisclienRbetorik kennen) : eines in den nördlicben Gegenden
des Adriatiscben Meers im Sturm ertninkenen, dann dort an
das Ufergeworfenen Leicbnam bittet einen vorttberfabrenden,
naeh Tarent zum Waareneinkauf scbiflfenden Seefabrer, ein
wenig auzubalten und ibn mit Staub zu bestreuen. Wofür
er ibm denn mit den dort aus ailer Ilerren Ländem einge-
kauflen reicblicben Waaren eine vom Sturm unbescbädigte
Rttekkebr vorzugsweise an den gefäbrlicben Südküsten Ita-
lienS; den Galabriscbeu wUnscbt, damit jene Waare ibm un-
gefährdet und rubig- — wie auf nibigem Wasser beim-
fliesze. — Me quoque 'micb wie so viele andere.* Bei dem
etwas uugescbickten und übertriebenen unde põiest kann
man selbst bei diesem Nacbabmer frageu ob es ricbtig ist,
ob es nicbt beiszen mttsse u?u/e pelis.
Od. I, 29 Icci beatis —
V. 16 Orelli sagt zu polUciUis mcltora: ^Exciilere vide^
tnr ex ironia. Dies ist ein sebr riebtiges Gefübl, wenn polli-
cilus meliora in dem Sinne verstanden wird des deutscben:
du battest doeb besseres versprocben: wie das wol ein
Lebrer zum Scbüler sagt, Aber pollicitus ist (ein etwas
starkeres) professus und meliora xgdrno was den Vorrang
hat, das Uebergewicbt (Hauptstelle Ov. Met, VIII, 475;.
Meiior Ventis Od. I 33, 13 boher stebend im Range. Ver-
steht man also das pollicitus meliora etwa gleicb professus
maiora, altiorOj so fällt der Anstosz weg. — Die Frage kebrt
mir yon Zeit zu Zeit wieder, ob Horaz gescbrieben, cum tu
coemptos undique nobilis libros Paiiaeti socralicam ei domum
mulare loricis Iliberis sollicitus meliora temnis. Natttriich
meliora in demselben Sinu. Der Abscblusz meliora temnis
wird etwas scblagender.
Od. I, 30 0 Venus ragina —
Venus mit allen jugendlicben Göttern (eingescblossen
LX ZU ODE I, 30. :U,
Merkurius, der das Mildcheii auch besuchen soil) begieb dich
in das Hau8 der Glyeera, welche dich mit vielem Weihrauch
herbeiruft. Punktum.
Od. I, 31 Quid dedicatum —
V. 5 noH aestuoisae yrata Calabriae armenta — ist die
Ueberlieferung. Für das natUrlich falsche grata schlägt Mei-
neke vor lata nach auiolia Tilaif^ aiyioy. Man kanu sicli
mit dem anfangs auffallenden Ausdruck sebr befreunden.
Ich habe es aufgenomraen. Die diplomatische Grewähr ist frei-
lich nicht grosz , da iala wol nielit ein bloszer Schreibfehler
aus einem mit allen Buchstabeu erhaltenen grata ist. Ist
es das nicht, dann ist die diplomatische Gewähr nicht gro-
szer ais wenn man das ganze ursprünglicheWort ais ausge-
fallen, unleserlich geworden voraussetzt, welches gewesen
sein konute spissa.
V. 9 — 16. ^Tertiam (juarfamqiie stropham omms genens
inepliis repletas f/ui eiecit Peerlkampius egrpgium Horath
carmen restiluit' Meiueke. Das Gedicht erhält dann einen
anderu Charakter, wird ein compresses Gebet. Für die Un-
ftehtheit der vierten 8trophe musz ich raich sogleich erklä-
ren: denn diese verräth sich leicht. Denn, wie Peerlkamp
sagt ^haec prosam oruUonem referunt etnimis a vero abhorretj
tot itinera quotannis facta^ etiam si mare Atlanticum ora
eccidentali Manritanme hic Jinias. Et vide quae sibi oppo^
nantur: habeant ulii vinum Calenum, inercator bibat eao aureis
pociiiis, eijo ednm olivas, cichoream et malvas! Wozu noch
zu f Ilgen wäre, dasz das tftare Atfanticttm, unter allen Um-
Btänden nach Westen ftihrend, unpa^seud ist zu dem vor-
hergehenden, wo der grosze Kaufmann bezeichnet ist durch
seine Reisen nach dem Osten. Die dritte Strophe scheint
mir einen andern Tou, hõher und gewählter, zu haben und
wäre vielleicht, wenn auch sie unächt, von einem andern
Autor herrührend, ais derjenige, der dann noch die folgende
Strophe hinzugesetzt. Vielleicht könnte sie ais ächt verthei-
digt werden. Ich nehme die Lesarten Calenarn fttr Calena
und reparanda für reparata an, beide nicht nothwendig, aher
Zi: OD£ I; 31. LXI
beide sehr cmpfelilenswertli, jene von Bentley, diese von
Peerlkamp lierrührend (reparäda, wie er sagt). 'Mõge wem
09 gegeben ist sicli selbst die schõnsten Weiue in Italien
baueu und möge der reiehe Kaufmanu aaf seineu immer
wiederkelireuden Handelsreisen sich immer wieder gegen
seine eingekaufteu kostbaren Syrisehen Waareu die kostbar-
steu auiiländischeu Weiue eiutauscheu.' Deun dieser Siun
— im groszen — bietet sich mir dar. Das letzte ist nun
80 ausgedrilckt: 'möge der reiehe Kaufmanu aus goldenen
Humpen Weiue austrinken, die er durcli seine Syrisehen
Waareu sich immer wieder und wieder wird ersetzen kön-
nen/ Halteu wir nun die Strophe fllr ächt mit Weglassung,
worauf zu bestehen, der folgenden, so erhalteu wir hinter
einander: vina Syra reparandu merce. Frui pa rätis
u. 8. w. Das konnte unbeabsichtigt sein. Da indesz das
repnranda Avie ein recht absichtlich gewähltes Wort aus-
sieht und in seineu Theileu dem , der es schrieb, wol recht
bewoszt gewesen, so möchte man es eher fllr Absicht neh-
men. Die nun auch wieder so übel nicht erscheint. Ich will
gar keine solche — immer wieder durch neuen Erwerb herbei-
zuf ührende — repmnilio : mihi frui puratis dones. Es kärne nun
noch auf denGedankeuzusammenhang mit dem vorangehenden
au. Dasz durch die rura quae Liris (/uieta mordet aqua
taciturttus amnis nach' den vorher genannten Arten des
Besitzes vorzugsweise der.Besitz weinreicher Gefilde be-
zeichnet werden sollte — wenu auch, wie mir scheint, zu-
gleich mit Andeutung der Anmuth der Gegend — wird nicht
zu leugnen sein. Plinius III, 5, 59 naeh Erwähnung des
Liris : IJinc feltjc Ula Campania ; ah hoc sinu incipiunt tuti'
feri coiies et temulentia nobilis suco per omnes terras
ificluto atque (ut veteres dixet^e) suinmum Liberi patris cuin
Cerere certamen, Ilinc Setini et Caecubi protenduntvr agri; his
iunyuntur Falenii, Caleni. Also: ich bitte nicht um die
reiehen Getreidesaten Sardiniens, nicht um die groszen
Heerden Galabriens, nicht um Gold und Elfenbein aus In-
dien, nicht um die reiehen Weingefilde Gampaniens. Mõgen
andre den Besitz und den Genusz der hochgepriesensten in-
LXII ZU 0D£ I^ 31. 32.
ländischen und ausländischen Weine haben. DaBz gicb an
die Erwäbnung des Weinlandes noch der Gedanke des tt{>-
pigen und kostspieligen Lebensgenusses knQpft, der gerade
in dem Weine seine Hõbe sucbt, scbeint mir docb so tibel
nicbt} und aucb niebt die nocb einilieszende neue Steigenmg,
dasz cr bei nelen reicben Leuten mit immer neuer Unrube
verbunden ist. — Icb babe geglaubt diese Strophe beibe-
balten zu müssen oder zu kõnnen : vielleicbt mit Unrecbt.
Od. I, 32 Poscimur —
Poscimur: eine gaugbare Redeweise: jetzt ist es an
uns, kann man es von uns erwarten, einzutreten, zu zeigen
was vnr rermõgen. Ist uns je sebon ein Lied gelungen,
das uns Dauer verspreoben darf, mein Barbiton, so ist es
jetzt unsere Sacbe, bei dieser freudigen Gelegenbeit, bei Ge-
legenheit dieses freudigen Ereignisses, das unsern Freund
betroffen, mit einem trcflflichen Liede einzutreten, so gewäbre
mir jetzt ein solches, du Barbiton, das du ja sebon von dei-
nem ersten Urheber her gewöhnt bist in allen Lagen des
Lebens erheitemd und verscbönernd einzutreten. Dean jetzt
unser Mäeenas bat sieb eine berrlicbe Braut erworben usw.
So nämlicb mit bestimmter Erwähnung des Freundes und
der jetzigen G^legenbeit — wie ieb der Verdeutlichung we-
gen etwa passendes angedeutet — muszte es fortgeben. Dasz
68 eine freudige Gelegenheit, die gemeint, darauf sebeint
alles zu fdbren, sebon das t^acut Itisimus: aueh, dtLnkt micb,
dasz eine Liebesangelegenbeit, wofilr wenigstens die zweite
und dritte Strophe besonders ]>assend seheinen. Nun wäre
das alles, wohin der Gaug durchaus zieht, ganz in Ordnung,
wenn niebt das durebaus unpassende und unerträgliehe La-
iinutn stände. Dies musz ieb durebaus für falseh halten.
Ieb habe amoenum gesehrieben. Und; was sieb naeh dem
gesagten von selbst versteht, musz ieb das Gedicbt für un-
voUständig halten. Es ist eben nur die Einleitung vorhan-
den. Wie man diese Strophen ftlr etwas anderes halten
kann ais fttr eine blose Einleitung bleibt mir ganz yerbor-
gen. Ob zu dieser Einleitung auch noch die Strophe o deciu
ZU ODE I, 32. LXIU
— , von welcher ich noch nicht gesprochen, von Horaz her-
rührt, oder ob sie von einer andern Händ unpassend hinzu-
gefUgt, das bliebe noch zu fragen.
Ich musz das letzte glauben. Alles was er dem Barbiton
zu sagen hat. ist in den drei ersten Strophen erschõpfend,
treffend för den Fail und geistreich gesagt. Ein neuer
und obenein — wie soil ich sagen — viel allgemeiner und
salopper gehaltener Anruf an das Barbiton scheint gar nicht
zu erwarten. So würde man wol auch urtheilen milssen;
wenn dieser Anruf in verständlichem Latein ausgedrflckt
wäre. Ueber das cumque, das niemand versteht, welches
heiszen mQszte, was niemand belegt, 'zu jeder Zeit, bei jeder
Gelegenheit' ist mehrfach gesprochen worden. Bentleys
allerdings von ihm selbst hinreichend ais miszfäUig bezeich-
netes cuique und Lachmanns lenirnefi medicum {Lucrel.p, 288)
sind Versuche der Verzweiflung. Aber was ist denn salve
J/lihi? Heiszt denn salve mihi sei mir günstig? — Ich denke
doch und sehe doch nur dasz mihi salve heiszt, auch ais feier-
liche Formel: sei mir gegrtiszt, d, h. nimm von mir den
Pietätsgrusz salve an. Dies mihi cumque salve kann doch
auch der Verfasser dieser Strophe nicht geschrieben haben.
Soil ich etwas vorschlagen was dieser Verfasser doch ge-
schrieben haben konnte, so sei es:
o decus PItoebi et dapibus supremi
yraia lestudo lovis, o deorum
dulce lefiimen mihi lua^que ^ salve
riie vocanli.
'wenn ich dich in der Noth wie eine Gottheit verehrend
herbeirufe'. rexque^ lea^que, noxque^ hixque (Od. Met. IX, 760)
haben bekanntlich s(^ar die besten Dichter gesagt. —
Uebrigens mag hier, wo zwischen unserm Poscimur —
und dem vorhergehenden Gedicht gar keine Aehnlichkeit
des Inhaltes ist, darauf aufm^rksam gemacht 'werden, dasz
dieses vorhergehende in der ersten Zeile hat poscit Dasz
auch bei Anordnug der Horazischen Oden diese jetzt õfter
besproehene Wortgleichheit ttber den Zufall hinauogefat, da-
LXIV ZU ODE I, U. 3õ.
von wird man sich tiberzeugeu. Interesdaut ist aucli der
Gegensatz: I 26, 1 tvist itiam und 27, 1 laetitiae.
Od. I, 34 Parciis deoriim —
Ein Mann, der sich gelieilt von der Epikureisclien Phi-
losophie bekennt, der schlieszt damit die Fortuna zu feieru,
welche in der Epikureisclien Philosophie bekanntlich alles
ist? fortuna gubenia?is : Lucr.5, 108. Ein Mann, der an Jupiter
glaubte und an einen Wagen des Jupiter, durcb desseu Faliren
er alles bis in die Unterwelt erscbüttert, der nennt sich un-
gläubig bisher und nun erst gläubig geworden, da Jupiter
mit diesem Wagen auch einmal tiber den klaren Hinimel,
anstatt, wie er sonst glaubte, nur tiber den wolkigen gefah-
rcu ist? Ein Mann, der nunmehr zum festen und religiosen
Glauben an die Gõtter gekommen ist, an Jupiter obenan,
der verehrt nicht die absichtsvollen, vorsehungsvollen Pläne
des Jupiter, sondem seine durch die Fortuna repräsentirte,
nach Belieben spielende Willkürmacht?
Ein unklarerer Gedankenvvirrwarr ist nie erhört wor-
*
den. Uebrigens auch ais Epikureer warum ist er so viel
dtimmer geworden und aus vernünftigem Epikureer ein un-
vernünftiger, — ais damals da er bei einer ihm unerklärli-
chen Naturerscheinung sagte: namque deos didici securum
ayere aevum, nec st quid miri faciat natura deos id t ristis
cx alto coeli dcmittere tecto Sat. I 5, 103.
Wer nicht annimmt dasz Horatius in den Perioden wenn
er Oden dichtete zeitweise von Geistesverdunkelung befallen
wurde, der kann auch diese Ode ihm nicht beilegen.
Od. I, 35 O di va gratum quae regis Antium —
An diesem Gedicht sind verschiedene Zweifel laut ge-
worden, auch bis zur Ausscheidung oder Umstellung von
Strophen. Hier bin ich nun einmal in der Lage, die
Vertheidigung zu tibemehmen. Die Berechtigung augenblick-
lich bei der ersten, zweiten Lectüre an einem und dem an-
dem Punkte zu stutzen, nicht alsbald glatt hinttberziischrei-
ZU ÜDE I, 35. LXV
ten, ist anzuerkennen. AUein das ist noch kein Beweis,
das ist auch kein Fehler: das darf Dichtern, die auf küh-
ner Höhe sich bewegen, — deiiken wir doch au Pindar, wo
wir stets darauf gefaszt sind, — zugestanden werden. Auf
80 kahner Hõhe geht nun Horatius gewõhulich nicht. Aber
uieiner Ueberzeugung nach ist er gerade in dieser Ode tiber
sich selbst hinausgeschritteu, wie iu dem gauzen des Ge-
dichtesy das sich hiuaushebt über die guomische RegioU; um
der leidigeu politisch rhetorischen Pathetik gar nicht zu ge-
denken, so in der kühnen Abgerissenheit und Ueberraschung
der Gedanken, namentlich zweiraal, beim Auftreten der
Necesfitas und bei dem Eintreten des patriotischen Schlus-
ses V. 29. Dem angemessen ist die^Ktihnheit der Phantasie,
aus welcher die plastischen Bilder gestaltet sind. Es ist eine
wahrhaft prachtvoUe und energische Plastik, in welcher die
gegen den Tj-rannen anbrechende Revolution geschildert
wird, ^vie ein kllHner Ftihrer die Denk- und Ehrensäule um-
stürzt und auf dieses Zeichen und Vorgang das herangesam-
melte Volk mit wildera Ruf zu den Waffen auch die Zaudern-
den und Bedenklichen zur Theilnahme anreizend ansteckt."
Ich musz es aufrichtig sagen: wie man hier ein einziges
Wort, eine einzige Sylbe miszversteben kõnne oder ändem,
wenn man sich dem natttrlichen Zuge der durch die Um-
stände, die Worte und Sylben angeregten Gedanken und
lUlder tiberläszt, ist mir unbegreiflich , wie man columnam
irgend anders verstehen könne ais eben gesagt, wie man
das cessantes beanstanden kõnne. Was ich allerdings gegen
Bentley sagen musz und sein cursantes, gegen den aber aller-
dings noch einiges andere zu sagende auch gilt. Schön und
verständlich ist die Schilderung in der sechsten Strophe, wie
die bisher reiche — in Sammet und Seide prangcnde For-
tuna des hohen Hauses sich plõtzlich in die dflrftige Fortuna
mit dürftigem Kleide verwandelt und auszieht Es ist die
Fortuna der Familie, die nicht an das Haus gebannt ist,
sondem an die Familie. Eine reiche Familie, in deren
mächtigem Hause bisher reiches, von Schmeichlem und Mit-
genieszenden getheiltes Leben waltete, verarmt» musz aus-
L«kra, Uonliu. £
LXVI ZU OÜE I, 35.
wandern (ins Exil vielleicht) aus dem reichen Palast und
die vermeintlicheu Freunde verlassen sie. An die Stelle der
Familie setzt Horaz die Fortuna der Familie: dieses lange
Zeit freundliche Glllck (amica forluna) yerwandelt sich plötz-
lich in ein unfreundliches (inimica) : in dem Palast heimisch
bisher wandert es hinaus : reieli prunkeud bisher ist es nun
plõtzlich in dtirftigem Bettelkleide. Dieselbe Fortuna ist die^,
gerade auf diese Weise und in ihrer Natur der Wandelbar-
keit, der plõtzlichen Wandelbarkeit proteusartig dargestellt.
Es hleibt fast etwas mvstisch Befremdliches in der Figur
wie in ihrem Wesen. Aber diese Figur wie der ganze aus-
ziehende Zug wären in der That werth ünd geeignet einen
Maler zu einem Bilde anzuregen. Ja aueh die Revolutious-
Bcene fordert sebon zu einem Bilde auf. Und ein drittes
Bild, ein ganzes Volk mit seinem Cäsar vor ihr anflehend,
stcllte sie scblieszlieb in ihrer Hohcit dar. — Also die bis-
herigen Hausfreunde und Sclimarotzer der Familie zieben
nicht mit : sie fiuden Vorwände sich zu entziehen : mit zieht
die Hoffnung und die Treue, die, wie man weisz, über-
haupt eine selteno Erscheinung ist, sie, welche ais candida
animu jeden Aufputz und Farbenaufputz verschmäht, nur den
weiszen und den einfaehsten Mantel trägt. Das bedeutet
pannus (eine riUs vestis, trita braucht sie nicht zu sein). Die
Stelle aus Horaz, wo es von dem Mantel des Diogenes ge-
sagt ist, im Gegensatz ein feines Kleid, epist. I, 17, 32, ist
bekannt: alter Mileli textam cant* peius et angui vitabit
chlamydem , morietur frigore si non reltuleris pannum, Auch
das abnegat ist trefflich : denn auch daran hat man Anstoss
genommen : nicht etwa zu verstehen se abnegat, sondem das
ganz natttrliche comitem te abnegat. Wenn die arme Fortuna
auszieht, so sagen alle übrigen alsbald: wir bedanken uns
dafür in deiner Begleitung zu gehen, an dir einen Weg-
gcsellen zu haben, dessen wir uns nur zu schämen hättcu,
malam fortunam comitem abnegant, nur Spes et Fides illam
comitem non abnegant. Es wäre noch ein Wort über die
rara Fides zu sageu. Ich weisz kaum ob es nöthig ist zu
8agen, es sei ein Verschwimmen der Personific«tion mit dem
ZU ODE I, 35. LXVU
Begriff oder der Sache. Ich weisz nicht ob dieses auch nur
80 Btark i8t ais in deu Stellen I, 24, 6 Ergo Quintüium
perpetuus sopor Urget? cui pudor et iustitiae soror, incor^
ruptajides^ nudaque teritas quando ullum inveniet parem?
Und I, 18, 16 saeva tene cum berecyntio Comu tf/mpanoy
quae subsequitur caeeus amor sui, Et tollens vacuum pius
nimio glxma verticem Arcanique fides prodiga, perlucidior
vitro. Ich nehme das rara Fides wie rara Occasio bei Au-
sonius epigr. XII „wi simulacrum Oceasionis": Surn dea, quae
rara et paucis Occasio nota , also eine Göttin, die sich selten
unter den Menschen sehen lässt.'^)
Das Schwierigste ist die Strophe 17 — 20, Bedeutung
und Darstellung der Necessitas, Ais- was tritt sie auf ? Ich
kann nicht umhin zu sagen: auch hier, wenn man die Worte
auf sich ohue weiteres wirken läszt, wird man sogleich die
Vorstellung haben: ais ein Scherge. Das wird wol zuerst
dadurch herbeigeführt, dasz die Fortuna von Anfang an so
sehr ais Macht, ais Herriu auftritt, dasz der Gedanke, sie
nun plõtzlich ais eine Dienerin zu denken, ais eine Dienerin
des Fatums, denn das Fatum soil nun Necessitas nach
Einigen sein, durchaus fem liegt. Und es ist nichts ge-
than, diesen Gedanken uns näher zu bringen. Vielmehr
zweitens sind auch die Insignien und Werkzeuge, welche
sie trägt, nicht dahin leitend; im Gegentheil. Diese sind
zunächst in den clavi trabales und cunei Symbole der Ver-
festigung: aber mit den Worten nec severus uncus abest liqui^
dumque plumbum erwarten wir durch die Sprachwendung
schon nicht nur eine adäquate Aufzählung von noch ein
Paar Werkzeugen der Verfestigung, sondern etwas anderes,
am natürlichsten in Steigerung, durch die Wendung schon,
aber ganz schlagend durch das severus. Wenn mit dem
uncus auch nichts anderes ais nur eine Klammer gemeint
ist neben Nagel und Keil, wie sie der Maurer braucht, wa-
*) Sonderbar, dasz Martial LXXV III alle dr ei eben genannte Hora-
zische Stellen vorschwebend hatte ais er scbrieb: Ibis litoreas, Macer,
Salonas, Ibit rara fides amorque reed Et secum comitem trahet
pudorem.
£2
LXVIU Zü ODK I, 35. 37.
rum hei^^zt die Klammer gerade sevems? nieht aber „die
starke^' oder dergleichen: gondem mit diesem auf mora-
lisches, menschliches deutenden Epitheton. Den uncus blos
ais Mauerklammer hier severvs zu nennen, das liat, ieh he-
haupte dies dreist, gar kcinen Sinn: demjenigen , der dem
nattirlichen Zuge der Worte folgt, wird es auch gar nicbt
in den Sinn kommen. Sondern er wird den uncus, womit
der Leichnam geschleppt wird, verstehen, und dann unter
Uquidum piumbum — sefs ein Werkzeug der Tortur — oder,
wozu icb viel mehr neige, das liqwdum piumbum, mit dem
die vincuia, die Ketten, verluthet werden. Also wir baben
einen unerbittlichen und aueb zu grausamster Strafausftlbrung
ausgerttsteten Schergen. Ein solcher Seberge ist römisch
gedacht, und so sebreitet er võran, ein Lietor. Ais Zeicben
ibrer Macbt und böcbster Gewalt, welcbe stets streng, oft
strafausfübrend zu walten bat, geht der Fortuna der Lietor
Neeessitas võran. Das will icb nicbt bestimmt bebaupten,
aber mir scbwebt es immer vor, dasz auf Haken und Ketten
hier Horattus verfiel in x\nscblusz au die eben gescbilderte
Seene des durcb den Volksaufstand gestürzten Tyrannen,
dessen femeres Scbieks^l sein wird und uns nocb durcb
diese Worte angedeutet vor die Pbantasie tritt, mit dem
unnts gescbleift oder in Ketten gescbmiedet zu werden.
In einem solcben Gedicbt darf man auf Kttbnbeiten in
der Spracbe gefaszt sein. Dabin recbne icb das mortale
corpus, V. 3, ungewöbnlicb angewendet, &vrjTbv aaiina, einen
sterblicben Leib, für hominem mortalem. Und das amici
ferre iugum pariter dolosi V. 28 : ad iugum pariter ferendum
dohsi wenn es gilt das Jocb mitzutragen voller binterlistiger
Ausflttcbte.
Od. I, 37 Nunc est bibendum —
V. 10 contaminato cum grege tiirpium morbo virorum,
— Dasz Horaz die unangenebme Sacbe, nicbt zufrieden mit
dem contaminatus und turpis, nocb einmal mit morbo gollte
ausgedrtickt baben, dasz er sein binreicbend bezeichnetes
turpium nocb selbst soUte erklärt baben durcb das morbo,
ZU ODE I, 35. 37. LXiX
und dazu mit einem im ersten Fusze gesetzten und zum
Kachdruck herausfordernden morbo, das haben ausgezeich-
nete Manner sich nicht wollen aufreden laszen. Sie empfair-
den geschmacklog starkes Auftragen und Btylifltisches Unge-
schick oder Unschicklichkeit. Vielleicht ist morbo Glossem :
turpiuniy nämlicli * morbo turpium, erklärte einer. Und es
hiesz ursprtinglich contamhmto cum grege turpium audax (oder
procaa;) virorum. Bentley freilich findet auch das vtrorum
anstdszig. 'Virorum nomine, nisi fallory non dignaretur
Eunuchos: qui semhnri potius vel femhiae vei monstra dicendi
erant, hoc saltem m loco , cum eos exsecraretur et contemtui
haberet! Nun ich weisz doch nicht : sie war so wahnsinnig
(dementis ruinas), dasz sie wagte dreist oder muthvvilUg
herausfordernd zu sein, nicht etwa umgeben von tapferen
energischen Männem, sondem inmitten einer unzttchtigen
Sehaar schimpflicher Manner. Bei Aufnahme einer passen-
den Lesart habe ich Bentley die Ehre geben wollen und
habe sein Opprobrwrum geschrieben: welches zu dem cow*
tärnina tus und iurpis, die allerdings zunächst ihre kõrper-
liche Beschaffenheit kennzeichnen sollen, noch den voUen
Ausdruck moralischer Indignation hinzubringt.
.14 mentemque bjmphatam Mareotico redegit tn veros
timores^ 'ihren Geist, der voll ihres sttssen Weines sich in
phantastischen Bildem der Hofifnung erging, brachte er zu-
röck in die Wirklichkeit der Furcht*, oder in die Furcht,
die eine wirkliche, und nicht wie ihre Hoflfnung eine phan-
tastische war. Wenn der Mareotische ohog xalkiatog ira ein-
zelnen so beschrieben wird (Athen. I, 59 S. 33.) ^leuxog
teyag xai fidvg,evTvvov<:, evavaõorog, kerttoc xeqiaXrjg ov x«^-
ixvov^evogy so ist das ein rechter Frauenwein, ein recht
verftlhrerischer Wein för eine Frau: und das Gehirn einer
zechenden Frau anzugreifen wird er schon vermocht haben.
24 nec latentis ciogse eita reparavit oras, Peerlkamp sagt :
^Ciasse, dicunt, pro una nave, Viri doeti de eo saepe egerunt^
ut ad Lucan. VIII, 575. Frontin. IV, 7. Florum I, 18.
Sueton. Caesar 39. Hoe ita sit in aliis poetarum locis^
quamquam de multis haud immerito dubitari possit: hoc loco
LXX ZV ODE If 37.
ea signifivalio admitti non reete põiest. PauUo enim ante
Cieopairae rix una natis fuit sospes de magna classe.
Nunc eadem non bene diceretur eita ei asse Aegypti iiite-
riora petere, Xeque oras repararit pro adiit Latinum
est. Ingeniose Bent leius penetravit, idque ejtemplis aptis-
sitnis eommendat, quibus alia addere possim^ r. r. Flori III,
22 de Sertorio\ Hier musz man jedem Worte beistimmen,
bis auf (las eine, dasz non reete und non bene gesagt ist
fflr da» was 'unmOglicb' ist. Ja noch mebr : aucb wenn wir
keine Flotte hätten, sondem ein Schiff, was wir erreiehen
kOnnten indem wir ftir classe schrieben puppe ^ wäre eben
80 wenig geholfen. Wo sollte sie denn hinfabren mit dem
scbnellen {cifns obenein, was noeh ganz etwas anderesist
ais velox) Schiff?
Seben wir aucb in den Text, so bat August sie an ibre
Küste getrieben: mit V. 31 sind wir auf Aegjptiscbem Boden
und es heiszt nun weiter mit sebr deutlicber Beziebung auf
bistoriscbe Ueberlieferungen : bier liatt^ sie zwei Wege, den
Ketten, die Augustus ibr drobte, zu entgeben : entweder sieb
den Tod zu geben — dies versucbte sie, es ward ibr aber
das Sebwert entriszen (Plut. Anton. 79) — oder um den Preis
der Aufgabe ibrer Kõnigswfirde in verborgene Gegei^ien
sicb zurttckzuziebn. Dies verscbmäbte sie nacb Horaz: —
der in diesem Punkte anders spriebt ais die Historiker, eben-
80 wie da, wo er sie nur mit wenigen Scbiffen von Actium
entkommen läszt — aber die Sacbe, der Gedanke an laien-
tes oras ist von den Historikem bezeugt, nur, wie gesagt,
dasz nacb diesen sie denVersucb wirklicb maebte: praepa-
rata in Oceanumfuga Flor. IV, 8. ustaataaig elg tijv Iqv^qülv
%^äXaaaav Dio 51, 6. e^co Kazoixeiy anoq^vyovaa dovXeiav
nai TtolepLOy Plut. Anton, 69. Sie woUte in das rotbe Meer
gelangen: indem sie nacb Einigen ibre Scbiffe ttber den
Istbmus von Suez zu zieben begann (Plut. Anton. 69?, nacb
Andem (Dio 51, 7) im Arabiscbon Meerbusen zu diesem
Zwecke Scbiffe erbaute. Jeder Versucb der Art erforderte
Umstände undZeit: und es kann dabei von classe eita oder
nuvis eita nicbt die Kede sein. Icb kaun nicbt anders
ZV ODE \ 37. LXXI
glauben ala dasz liier wieder schlecbte AusMlung^ einer
Lücke ist. £s läszt sicb vielerlei Passendes ausdenken.
Ich habe gescbrieben ;*e trepida penetravit oras. Denn was
das penelravit aubetrifft, so bat aacb davon Peerlkamp ganz
ricbtig gesagty dasz Bentleys Beispiele dafür sebr passend
sind: man sebe sic ja nacb. — Meinekes Vorscblag über
deu Vers 'de quo niliH adhuc prolatum est quod probari
possii ist solUcitare pnravif oras i. e, non instituit mteriqres
regni partes ad beiliim renovondum insUgare^ Allein dies bat
gegen sicb, dasz es ja keine Grosztbat ist , keiu Beweis von
Energie, den Versucb, die innern Võlker zum Kriege auf-
zuregeu, nicbt zu macben. Sodann dasz ein zu unange
nebm klingender Vers entstebt solUcitare | paravit \ oras,
Kein gleicb gebildeter Vers ist in den Horaziscben Alcäiscben
Stropben Yorbanden. Der äbnlicbste ist II, 1, 36 quae caret
ora criiore nostro : gewisz aucb kcin guter Vers — übrigens
in einer von Ritsebl aus audeni Gründen fttr verdäcbtig
erklärten Stropbe: — docb um vieles nocb beszer ais der
imsrige, weil der erste Tbeil nocb Wortabscbnitte bildet,
welcbe den Einscbnitt niebt so stark ins Obr fallen laszen
ais wenn das einbeitlicbe Wort gerade dabinter die erste
Mõglicbkeit eines Halts gewäbrt ; und ein guter Leser wird
gewisz in jeuem Verse die früber gegebene Mõglicbkeit wol
benutzen, durcb einen recbt bõrbarcn Halt binter quae. Alle
übrigen Verse, die überbaupt binter der fünften Silbe einen
Ualt babeu, sind ganz anders, sei es durcb den Sinn, sei es
rbytbmiscb gegliedert. (Im zweiten Tbeil meistens Wortab-
sebnitt bei der Hebung in der siebenten Silbe.) Da sie mif
Torliegen, so will icb sie sämmtlicb, aucb die mit Synalöpbe
an der Stelle, bersetzen : und zwar nacb der Reibenfolge der
Oden, weitre Unterscbeidung bei der überbaupt kleinen Zabl
der Einsicbt des Lesers überlassend.
I, 9, 7 0 Thaiiarche mernm diota, 10, 12 luppiter ipse
ruens iumullu. In der zwar zweifelbaften 26, 12 teque tuas-
que decet sorores. 35, 36 Uquimusf unde manum iuventus.
— II, 1, 24 praeler atrocfim anvnum Catonis, 36 jenes quae
varet ora cruore iwstro. 3, 8 interiore nota Falenii, 7, 24
LXXII Zü ODE I, 38. II, 1.
deproperarc apio coronäs. 13, 9 hospitiSy iile venena Colcha,
16 caeca timefve ai hind e f ata, 17, 8 (von Horaz oder nicht)
mteger^ iile dies utrumqve. — III, 2, 32 deseruit pede poena
ctando (vielleicht malerisch). 29, 32 fas trepidat: quod adest
memento, — IV, 4, 76 expediunt per acuta helli. 9, 9 Ste-
sichorique graves Camenae.
Od* I, 38 Persicos odi —
V. 6 siinplici mifrto nihil adlabores sedulus curo, Ich
kann dies nicht für riclitig lialten, Meinekes Vcrsucli es
zu rechtfertigen ist wol kttnstlich. 'Sollte es veixlorben sein
80 sei das beste Peerlkamps Vorsclilag sedulus curae, Dies
seheint mir aucli.
Od. II, 1 Motiim ex Metello —
Diese Ode ist von Ritschl behandelt worden im Rhein.
Mus. 1 850 S. 628 flf., trefflich wio sich versteht und sehr entscbie-
den gegen den 'tief eingefressenen Rost des Scbulvorur-
theils von der intacten Ueberlieferung Horazischer Poesien .
In unserem Gedicht bat er drei Strophen für unecbt erklärt,
die Antte(paulium sm>erae—), die siebente (Tuno etdeorum — )
und die vorletzte. Was nun zunäcbst die vorletzte betriflft,
80 ist alles, was er sagt^ voUkommen unwiderleglicb, was
er sagt von der pedantiscben niehtssagenden Aufzäblung,
Yon der Logik und scharfsinnigen Unterscbeidung, wonach
das Wasser eingetbeilt wird in 1) Strudel, 2) Flüsse, 3)
Meere und 4) Kustun, alles eben so treflfend und sicber
ais in der bumoristiscben Energie des Tones erquicklich.
Ais Zugabe macht er dann die Bemerkung, dass die über-
wiegende Ueberlieferung für qui gurges (gegen quis gurges)
ist, und wenn der Urheber der Stropbe qui gurges geschrie-
ben baben sollte, dasz dies verrätberiseb sei, man muge
ein solches qui fttr qualis nebmen woUen oder es nacb dem
Spracbgebraucb des Horaz selbst und des bier in Betracbt
kommenden Literaturkreises messen, die nur quis in allen
solcben Fragen kennen. Wir batten soeben aucb nocb bei
Zü ODE II, 1. LXXIII
Ode I, 37 auf den nicht unbedenklichcn Bau des Verses
quae caret ora cruore nostro anfmerksam zu machen. Auch
für die Strophe Ivno et deorum — weiss ich, je melir ich
mich damit beschäftige, um so weniger zu phtidiren. Dasz
alle die Opfer, welche den Staat dem Untergang nähe
brachten, wie die näehflte Strophe augführt, nur sollten ihren
Grund haben in einem Racheopfcr fllr einen Jugurtha (Horaz
weisz sonst ganz andere Grflnde beizubringen) — allerdings,
>vie ^esagt, je mehr ich versuche es zu überdenken, desto
unhaltbarer erschien es mir. Dabei aber habe ich dann die
Frage aufzuwerfen, ob der plõtzliche Uebergang nach praeter
atrocem animum Catonis — auf quh non lalino sangume pm*
(fuior — nicht einen Zwischengedanken vermissen lasse,
wie den: und Uberhaupt mit welchen traurigen Opfem war
es uns bestimmt diese Unterjochungen zu erkaufenf Das
liegt ja freilich auch in dei' Strophe quis non — implicirt :
aber die Frage ob nicht ein schroflFer Uebergang entstehe,
wird man, hoflfe ich, nicht unberechtigt finden. Auch viel-
leicht nicht die andere: ob, wenn die traurigen Opfer von
Btlrgerzwietraeht und Bürgerblut nur in einer Strophe be-
handelt sind, dann das Abbrechen mit sed ne — nicht zu
rasch käme. Die Nenia, die jetzt abgebrochen wird, hat
dann nur eine Strophe eingenommen. Ich würde also ge-
neigt sein, anzunehmen, wozu ich auch au einigen andeni
StellcB gedrängt worden bin, dasz die nicht echte Strophe
luno et deorum — eine Parallelstrophe zu einer echten
Horazischen Strophe sei, welche durch jene verdrängt wor-
den. Aber eine Vertheidigung der dritten Strophe mochte
ich versuchen auf folgende Art. ♦) Das Beiwort severa zu
tragoedm ist gerade deshalb, weil eine Tragodie nie anders
ais emst sein kann, ein charakteristisches, ihre eigenthümliche
und hohe Natur kurz bezeichnendes. Ebenso kann sie unter
*) Eine Umstellung derselben nach der folgenden, um den Namen
Polio nicht so spät zu bringen, wenn es fttr nöthig erachtet wird, hatte
kein Bedenken. In Ode lY, 2 steht jetzt, nachdem das lule entfemt
ist, der Name des Angeredeten in V. 2B.
LXXIV ZU ODE II, l.
deu Diclituugsarten vorzugsweise grandis hciszen: wenn du
dein Geschichtwerk voUeudet hast, wirst du zu deiner er-
habeneu poetischen Aufgabe oder Leistung zurtickkeliren.
Dasz aucli ais Poet Polio sich gerade in der ernsten und
erhabenen Sphäre bewege, dae auszudrttckeu tragen diese
Epitheta bei. Also gegentiber den sonstigen Dichtungsarten
wird die Tragödiendichtung ais ^grande mvmis eharakteri-
sirt, nicbt gegenüber der Gcschicbtscbreibung.
'Mõge die Muse der strengen Tragödie sich auf kurze
Zeit dem Theater entzieben soUte es wirklich so bedenk-
licb sein dies zu versteheu: Meine tragischeDiebterbegabuug',
und dräugt sich nicbt der Begriff, dasz seine Muse gemeint
sei, wodurcb sogleich aucb der B^riff von Musa sich modi-
ficirt, wie von selbst ein durch den Zusammenhang, indem
hier immerfort von ihm und zu ihm gesprochen wird?
Ebenso mochte ich glauben, dass die Geschichtschrei-
bung, wenn sie der Poesie entgegengesetzt wird, könne be-
zeichnet werden ais xa^ l^oxrjv publicas res behandelnd,
Statsangelegenheiten , die Vorgänge des Stats, der Diplo-
matie, während der tragische Poet behandelt xar l^oxr^v
Charaktere im tragischen Conflict, und gõttliches Schicksal.
Ais Greschichtschreiber, heiszt es also, ordnet er die Stats-
angelegenheiten, d. h. es wird das rohe Material durch seine
statsmännische Behandlung Ordnung gewinnen. Indem
ein Ausdruck gewählt wird, den man vom praktischeu
Statsmanne eben so sagen kõnnte, kommt diese Yorstellung
hinein. Dasz so das publicas res ordinans 'überaus prosaisch'
sei, möchte ich mit Ritschl nicht sagen: dass es immer noch
prosaisch sei, dagegen will ich nicht streiten. Indessen —
und hier ist nun der Punkt, auf welchem mir Einstimmung
von Ritschl ganz auszerordentlich erwttnscht sein würde —
ist die erste Strophe dieses Gedichtes nicht prosaisch? die
erste sehr, die zweite um ein kleines weniger? Ist es nicht
die vierte? Man denke bei der ersten, man denke bei der
tierten an Pindar, an irgend ein Fragment eines Griechischen
Lyrikers, und man empfindet förmlich auch hier einen Schreck
vor Romischer Poesie. Und daran muss man sich bei
Zü ODE II, 1. 3. 4. LXXV
Horaz doch auch gewohaea. Man mass sicli gewõhneu; den p o e -
tischen Maszstab fftr ihnnicht zuhoch zustellenund mitunter
auf bedeatenden Abfall gefaszt zu sein. In diesem Gedicht,
wie ich glaube (vgl.zul, 15) durch Riicksicbten der Hõflichkeit
abgepreszt sind die ersten vierStropben ohne Plastik, obneGe-
fttblsausdracky obne Gedanken. Erst mit der fttnften Strophe
kommt etwas von Plastik binein; die iu dem Glanzpunkt
des ganzen Gedichtes, dem empfundenen und gedacbten
Wort ttber Cato, gipfelt. — In V. 20 gibt bekanntlicb die
Ueberlieferung das unmoglicbe audire magnos fam videor
dvces (Reminiscenz aus Od. III, 4, 6). Bitscbl gab seine
Conjectur sudare video, Nacb ibm hat man erfunden anteire.
Also Horaz hatte nõtbig, ein grosses Geschicbtswerk abzu-
warten, um die Feldherren vorangeben, ich will noeh eine
Concession maehen, voranschreiten zu sehen! Natürlich hat
Ritschl auch V. 5 Bentleys tincta für vncta geschrieben.
Od. II, 3 Aequum memento —
V. 9 ff. quo pinus rngeiis albaque popuius umbram hos^pt"
talent consociare amant ramis? guid oblique labõrat lympha
fugax trepidare rivo? huc — So lautet mit diesen Frage-
zeichen, deren Wunderlichkeit Meineke und Haupt gewiss
empfanden ais sie sich dazu entschlossen, die Strophe bei
ihnen und Andem. Die Ueberlieferung hat statt quo auch
qiut, und variirt sehr in quid (so auch 2 Blandinii), mit
quod, quo und noch anderem. Mir ist auch das nachschlep-
pende ramis immer storend. Ich habe geschrieben: quo
pinus ingens albaque populus umbram hospitalem consociare
amanty errans ubi obliquo laborat lympha fugax trepidare rivOj
huc — (dahin, eo — III, 1, 34. ' Epod. XVI, 59.)
Od. II, 4 Ne sit ancillae —
«Cl
Sehäme dich nicht eine Sklavin zu lieben: auchAchill,
Ajax, Agamemnon haben ob ihrer Schönheit Sklavinnen ge-
liebt, Briseis, Tekmessa, Eassandra. Ja> wird man sagen,
aber das waren Konigstöchter. Vielleicht dasz auch die
LXXVI ZU ODE II, 4.
Eltern deiner Phyllis liocligestellte Lcute sind, welche dir
zur Ehre gereiehen: jedenfalls hat sie tiber Verlust dcs
königlichen Geschlechts und über Unbill der Penaten zu
traueni/
Wie? Gleich von kõniglichem Geschlecht muss sie sein?
Jedenfalls docli von kõniglichem? Und über Unbill der
Penaten hat nicht nur der zu klagen, den sie aus kõnig-
lichem Hausc nicht vor Unbill schützen, sondem ein jeder,
der aus freiem Hause zum Sklaveu wird. Und warum kann
er denn nicht wissen, wer ihre Eltern seien? Kann er sie
nicht fragen? Für diesen Punkt mttssen wir also die An-
nahme machen, dass der unwahrscheinlichste Fail vorausge-
setzt und ganz implicite uns heraus zu ahnen überlassen
wird: sie sei ais kleines Kind etwa geraubt, so dass sie
selbst ihre Eltern nicht kennt. Grade in eine solche hat er
sich verlicbt.
Doch wie? Eben war sie königlichen Geschlechts und
nun mit einem Mai : *glaul>e, dasz sie nicht aus der verwor-
fenen Plebs und von ciner unkeuscheu Mutter stammt/ Wie
soil sich denn diese rückgängige Bewegung an das Vorige
anschlieszen? Der bloszo starre Imperativus crede sagt uns
darUber nichts: und doch hätten wir das allergrõszte Recht
zu erwarten: *wie, du glaubst nicht an das kõnigliche Ge-
schlecht? Nun so darfst du doch dessen versichert sein,
dass —\ Wir hätten, sage ich, das allergrõszte Recht zu
er>varten, dasz irgendwie so etwas im Ausdruck — und
wäre es selbst nur durch eine Partikel — zur Erscheinung
käme. —
'Und schõn finde ich sie auch: und du kannst mir
glauben, dasz ich das aus Ueberzeugung sage, nicht etwa,
wozu bei mir, der ich bereits das vierzigste Jahr hinter mir
habe, kein Verdacht ist, weil sie mir Concessionen ge-
macht hat.*
Warum muss denn so emstlich versichert werden, dasz
sie schõn gefunden wird? Man hatte nach der vierten
Strophe, angeschlossen an die Trojanischen Sklavinnen, die
wegen ihrer Schõnheit geliebt wurden (niveo colore — forma).
Zü ODE II, 4. LXXVU
glauben soUen, dasz sie ungewõhnlich schõn gewesen und
dasz eben ihre königliche Schõnlieit zu der Ueberzeugung
vcrleitete, dasz sie konigliclien Geblüts sei. Wenn das nicht
aus dem Eindruck ihrer kõniglichen SchOnheit geschlossen
war, woraus denn? Nun, aus ihrer Tugend. Die soil ja
aber nur dafür gut sagen, dasz ihre Mutter keine Hure
war. — Kurz : icb komme aus diesen Cirkeln und Unklar-
heiten nicht heraus. Und — was damit zusammenhängt —
ich weisz nicht, was Ernst, was Spasz ist: während ich
doch wohl glaube, för den Horazischen Humor sonst em-
pfänglich zu sein. Es thäte nemlich noth, jeder einzelnen
Strophe beizuschreiben : dies soil Ernst, dies soil Spasz sein.
Denn allerdings die ersten Strophen, der Vergleich der
anciiia mit jenen heroischen Königstochtem sieht nach Spott
aus. Aber gewisz ftir die beiden letzten Verse hõrt jedes
Zeichen dafür auf, — nachdem in der ^ierten die obigen
uncrträglichen Wunderlichkeiten das Fortschreiten hemmten,^
freilich auch schon die dritte Stroj)he hier zur Unzeit kam,
welche man, wenn man tiberhaupt sonst meinen kõnnte, ein
Horazisches Product Tor sich zu haben, vielleicht entfer-
nen mttsste.
Einige Herausgeber wissen es mit tiberraschender Fein-
ftthligkeit ganz genau: schön musse die ancilla wirklich ge-
wesen seinr sonst verliere das Gedicht alle Anmuth: aber
alles Uebrige sei ironisch. Die vorletzte Strophe besage, dass
sie untreu und habsüchtig war.
Ich mõchte eigcntlich glauben, dasz der Verfasser das
Gedicht ernst gemeint und dasz die humoristische Färbung
seiner Ungeschicklichkeit verdankt wird : dasz er z. B. nicht
fühlte, dasz der Vergleich mit den heroischen Königstochtem
komisch ist, wenn er nicht himioristisch sein soil. Dooh
sicher kann man das nicht wissen. — Eben hatte ich dieses
niedergeschrieben, ais mir Westphals Paraphrase (humoristi-
sche Lyrik des classischen Alterthums, 1868. S. lOt) in die
Hände fiel: aus dem Grossen gemacht wie sie ist bestätigt
sie für mich durch scheinbar kleine, aber sehr wesentliche
Aenderungen wie sie sich ohne Zweifel bewusztlos ihm ein-
LXXVIU ZU ODE II, 4. 5. 6.
gestellt, dasz icli die Ungefttgigkeiten des Originals recht
gesehen. leb setze scine Paraphrase her.
Schäm' dich nicht, dasz deine Sklavin dir dein Herz gefesselt hältl
Von der blonden Magd Briseis ward besiegt Achill, der Held;
Seiner Magd Tekmessa Schönheit rtthrte den Telamoniden ;
Die gefangeue Kassandra schlug in Fesseln den Atriden,
Ais die Reihen der Barbaren müde sanken in denStaub,
Ais nach Hektors Tod die Feste Trojas ward der Flammen Raub.
Traun! du wirst mit einem edlen Schwiegervater noch beglückt!
Kann es nicht ein fürstlich Haus sein, dem dasSchicksal sieentrückt?
Glaube nicht, dass sie die Tochter einer niedem Mutter sei;
Nein, sie stammt nicht aus dem Pöbel, die dich liebt so herzlich treu !
Welche Wange! welche Wade! welche Miene! welch ein Haar!
Aher sei nicht eifersüchtig, denn ich bin jetzt vierzig Jahr.
Od. II, 5 nondum siibacta - —
Dasz die beiden letzten Strophen ganz fremdartig sind
mu8z sich doch wol von selbst verstehen.
Od. II, 6 Septimi —
Dasz diese Ode, selbst wenn der indoctus Cantaher iuga
ferre nostra in Zweifel laszen sollte, gesebrieben sein musz,
ehe Horatius sein Sabinutn batte, ist unzweifelbaft. Es
heiszt also : 'Septimus, der du mir geäuszert, wobin aueb
immer, aucb in die femsten Gegenden, icb micb zu wenden
Lust bätte, du wollest dicb von mir nicbt trennen, Tibur
mõge mir der Sitz ftir mein Alter sein und meine Wobnung
(domiis), wenn icb ermtidet sein werde von Meer und
Wegen und Kriegsdienst. Sollten aber die feindlicben Par-
een dies versagen, so will icb von Tibur nach Tarent gehen,
wo es noch schuner ist und der lieblicbste Winkel auf der
Erde den ich kenne\ — Ein jeder musz sich doch sagen
dasz in der zweiten Strophe steht: 'o mõchte für meine
alten Tage, wenn ich — mttde geworden, Tibur das Asyl
sein!' Wie kann er denn aber gleich mit dem Alter ins
Haus fallen? Es würde doch verlangt werden: Tibur ist
ein Ort, an dem ich jetzt weilen mochte (oder weile) und
ZU ODE U, 6. LXXIX
noch in meinem hohen Alter weilen mõchte. Es bleibt also
bei dieser unbefriedigenden Strophe anzumerken, dasz dotnus
auf bloszer Coiyectur beruht, gegen die, wenn durch sie dem
Sinne genügt würde, allerdings nicbts einzuwenden wäre.
Die Ueberlieferung ist mõdus. Nun aber der Fortschritt, wie
er oben ganz richtig und nicht übertrieben angegeben wor-
den, ist lächerlich. Wer hindert ihn gleich nach Tarent zu
gehen? Warum musz er erst warten, dasz die Parcen ihn
von Tibur wegtreiben, um an diesen schonsten, ihm lieb-
liehsten Ort zu gehen, die Parcen die ja dann wahr-
lieh nicht iniquae sein würden, sondem ihm einen groszen
Liebesdienst erweisen? Es musz nach der ersten Strophe
eine grosze Zerstoning Vbrgegangen sein. Es war dort ent-
weder eine Anzahl Verse verloren gegangen, die dann aus-
gefüllt wurde durch die jetzige zweite Strophe nebst dem
ersten Verse der dritten. Oder wir haben eine unverstän-
digc Erweiterung aus etwa Folgendem :
Septimi, Gades aditure mecum et
Cautabnim iudoctum iuga ferre nostra et
barbaras syrtis, ubi Maura semper
aestuat unda :
sit moduB lasso maris et viarum,
dulce pellitis ovibus Galaesi
flumeii nt regnata petam et Laconi
rura Phalantho.
Das Ganze mit dem sehr schönen und zarten Schlusz ist
von merkwürdig ergreifender Stimmung ftir den jungen Ho-
ratius und ist tiberhaupt äuszerst merkwürdig. Horatius
machte also damals Oden, und indem er sich hier vates
nennt — wie er doch ais Satirendichter nicht sich nennen
würde — zeigt er dasz Odendichtung damals vor seiner
Seele stand, und ais diejenige Dichtung vor seiner Seele
stand, die er in der gewünschten Musze fortzutreiben sich
vorstellt. Es scheint, wir haben hier wieder einen Fail, wie
die Dinge und Conflicte in den menschlichen Gemtithem an-
ders gehen ais in den Tabellen. Es scheint doch dasz man
sagen musz: Horatius hat in der näclisten Zeit ais er nach
liXXX Zü ODE U, 6. 7. 8.
Bom zurückgekehrt war gleich lyrisclie Gedichte gemacht.
Es war ihm sein eigentliches, durch sein Genie ihm ange-
wiesenes Feld der Satire, jedenfalls in seiner Bedeutung
wenigstens, noch uieht zuin Bewusztsein gekommeu. Theils
war seine Stimmung damais eine traurig selinsttchtige, theils
mochte der Gedanke ais persönliclier Angreifer wie Lucilius
hervorzutreten dem noch unbedeutenden und schutzlosen
sicli kaum ais eine Mö^lichkeit vorstellen; vielleicht ent-
schied sich dieser Gedanke plõtzlich, und es war damit sein
satirisches Talent in die fr^ie Bahn gebracht, ais er, mit
Mäeenas bekannt geworden, das Geftthl einer Stellung und
einer Sicherheit gewann. Da regte sich denn mäehtig der
Flügelschlag seines satirischen Genius, und die Odendichtung
trat zunäehst in den Hintergrund.
Od. II, 7 0 saepe mecum —
In V. 11, 12 ist noch ein Fehler, für den noch keine
annehmbare Heilung gefunden. Sie berühren den schimpf-
lichen Boden mit dem Kinn, d. h. sie fielen getroflfen wäh-
rend des Fliehens, scheint wol ganz unanstöszig. Aber das
blosze Adjectiv minaces scheint doch gar nicht möglich.
Od. II, 8 Ulla si dims —
V. 3 dente si nigj*o fieres vel uno twyior vngui, Gewisz
musz, worauf auch Meineke weist, uno auch schon zu dente
verstandon werden, und macht dies jede Aenderung un-
nöthig.
V. 14 simplices Nymphae scheint mir unrichtig. Ich bin
viel mit den Nymphen umgegangen, wovon ich schon in
den populären Aufsätzen kein HehI gemacht. Ich habe sie
nicht simpiices gefunden. Ich glaube Horaz hat geschrieben
eotnplices.
V. 17 Ueberlieferung adde quod pubes tibi crescitomnis,
setmtus crescit nõva. Unsinn. Oflfenbar durch Versehen des
Schreibers wiederholtes eresciL Ich habe das zweitemal
dafttr ut sit geschrieben.
Zü ODE 11^ 10. U. LXXXl
Od. II, 10 Rectiuö vives —
Man wtinacht den letzten Vers weg; der scliou Gesagtes
wiederholt und den rorangehenden Schlusz mit dem an-
schaulichen Beispiel yon Apollo abschwächt.
Od. Il, 11 Quid bellicosus —
In dieser Ode miisz feststehen Folgendes ais ganz un-
möglich von Horaz herrührend. a) Vom Scythen, um ihn
wegen weiter Entfernung ais gefahrlos zu bezeichnen, zu
sagen : er ist durch das Adriatische Meer getrennt — wie
Griechenland, die lUyrische Ktiste , — ist lächerlich. b) Zu
sagen : Masz dicb durch Sorgen nioht unentschlossen zurttck-
halten das Leben zu nützen, welches weniges verlangt'
ist unsinnig. Es wird erfordert : SvelcheS) ja doch nur
weniges bietef. c) Nach der zweiten Strophe: fugit
retro levis wvmtas u. s. w. ist es unmoglich, dasz er und
Hirpinius mit einemmale ais Greise erscheinen: rosa canos
odorcUi capiUos. Diese drei Punkte lassen keine Mäkelei
zu. Sie mtissen auf das allerontscliiedenste behauptet wer-
den. Sie sind auch von Peerlkamp bemerkt. Welcher noch
eine Anzahl anderer Aeuszerungen macht und das Gedicht
für unhorazisch erklärt. Icli kann ttber die andem Punkte
nicht 80 entschieden sein: und lieszen sich die obigen drei
Punkte durch Conjecturen heben, so wtirde ich nicht wagen
es dem Horaz abzusprechen. Die beiden ersten Punkte zu-
nächst sind freilich von der Art, dasz man sie kaum einem
halbwegs verstandesfähigen Menschen zutrauen darf: und
fordem dadurch vielleicht um so mehr zur Aenderung; her-
aus. Die Aenderung des canos wäre leicht, nämlich in
cinctos oder vinctos, (Sogar vinculum steht so Senec.
Med. 70 praecingens roseo tempora vinculo, Dieselbe Strophe
hat vorgeschwebt bei Seneca HippoL 394 sie temere
iaciae coUa perfundant cotnae). Für ne (oder neü)
trepides in usum poscentis aevi pauca klänge praebentis
pauea prosaisch , aber beszer praebentis aevi parca. Oder
sponckntis? Man kõnnte sagen: spondere ihut das Leben nicht
pauca y sondem gar nichts. Indessen, meine ieh» es kõnne
L«kn, Honiins. F
1.XXXI1 Äü ODE U, 11. IX
auch sebr wol verHtanden werden : in seltenen Fftllen giebt
das Leben auf unsere Anfirage spondesne hoc? die Ant-
wort spondeo. Die angewõhnlicbe Constniction ne trepides
in usum — 'sei nicht ängstlicb beranzugehen scbeint mir
zwar durcb die Stelie, welche Meineke ais Parallele bei
bringt, nicht gerecblfertigt : Oed. Tyr, 980 tiq xol fujgog
fiij q)o^ov vviiig>€v/iata. Das wäre mir paraliel wenn es
hiesze: gehe dreist an die Ehe mit der Mutter. Dennoeh
aber sollte ich glauben, dasz es auch von Horaz kõnnte ge-
wagt sein. Aber das hilft noeh alles nichtS; so lange nicht
der Scythes Hadria divtsus obiecto weggeschafft ist. Ich habe
geschrieben — natttrlich ais irgend einen Versuch — horrida
divisus ora (dadurch, dasz er in der horrida ora wohut von
uns doch weit getrennt) tu remUtas quaerere, — Bekannt
Od. I, 26, 4 qu/s sub arcto rex gelidne metuatur orae. I, 12,
55 subiectos orientts orae Seras et Indos. — *Dii* — tlber-
lasz es andem.
Od. II, 12 Nolis lõnga ferae —
V. 6 unde pet^iculum fulgens contremuit domus Saturni
veteris. Sollte das Horaz wirklich geschrieben habeu ? Man
sagt contremuit stehe mit dem Accusativus wio Verg. Aen.
3 , 648 sonitumgue pedum vocemque tremisco (des Cyklopen).
Sen. ep, 65. extr, fortes simus adversus fortuita. nnn
contremiscamus iniurias, non volnera^ non vincuhy nun
egestatem. Aber man sollte doch auch sagen: es sei immer
auffallend, wenn ein zusammenstehendes coelum contremuit
nicht heiszen soil: 'der Himmel erdrõhnte' {coelum tonitru
contremit z. B. sehr bekannt aus Cic. or. 3, 39). Soil dem
aber nicht so sein, dasz dann wenigstens nicht gesagt ist
Telluris iuvenes^ quos coelum contremfiity sondern: 'die Gi-
ganten, von denen aus der Himmel vor Gefahr erzitterte .
Würde das nicht eine gesuchte Ausdrucksweise sein aus
einer Rhetorik, welche dem Horaz nicht zuzumuthen?
Sodann aber den beigebrachten Beispielon mit dem Accu-
sativ gegenttber mUszte auch angemerkt werden, dasz peri-
eulum contremisco mit jenen nicht paraliel ist. In jenen ist
ZU ODE II, 12. LXXXIII
der Gegenstand im Accusativ genannt, vor oder von dem,
eben weil er gefährlicli und fühlbar ist, man erzittert.
Und 80 sind wenigstens auch die andem Beispiele bei
Forcelliui: Justin 32, 4 cum Hannibalem Romano tananiem
bello Italia carUremuü (hinreichend mit absichtlicher Rheto-
rik gesprocben). Stai Theb, IX, 535 Illam (quet^cum) nu-
tantem nemus et mons ipse treniiscit^ quu tellure cadat, quo»
obruat ofdme Silvas, Hieron. m Jesaiam 1,10, 4 semper
sibi impefidentem manum dom/ni pertremiscant, So die vie-
len Beispiele v6n tremo und tremendus. Alles Obige zu-
sammengenommen musz icli den Anstoss, den ich jedesmal
nehme an
Talluris iuvenes, uude perieuium
fulgens contremuit domus
Saturni veteris
ftir gereebtfertigt haiten. Ich glaube, dasz pcriculuvi schlechte
Ergänzung einer Lücke am Versende ist und habe geschrie-
ben unde per aethera, Die aetheria domus (I, 3, 29). In
dereelben Sache cum parentis reyna per arduum cohors Gp'
ijantum scanderet impia II, 19, 21.
V. 10 geht nun die Ueberlieferung also weiter:
Saturni veteris: tuque pedestrihus
diees historiis proelia Caesaris,
Maeeenas, melius duetaque per vias
regum colla minaciutn,
Musa pedestris 'Verse, die auf der Erde geheu, keiueu
hohen Flug nehmen sagt Horaz von seinen Satiren, Sat. II,
6, 16 ergo ubi me in montis et in areeni ex urbe removi,
quid prius illustrem sa tiris musaque pedestri? Und ganz eben-
80 von Versen, die den gowöhnlichen tragischen Flug ab-
legen, an der anderen Stelle A, p. 95 et tragicus plerumque
dolet sermone pedestri Telephus aut Peieus. Und hier soUte
es Horaz schon in dem Sinne gesagt haben: in Prosa ge-
schrieben? Sodann ist ja der angefangene Gedanke ohne
Abschlusz, der sich doch deutlich genug dafain anliesz: so
wenig du ron mir, von meiner weichen Cithara die hõchsten
Geschichtsthemata der alten Zeit verlangen darfst oder die
F2
LXXXIV Zö ODB U, 12.
hõchsten mythischen Themata, ebeu bo wenig diee neueste
Thema dor Kriegsthaten und Triumphe des Augustus , das
an Hoheit mit jenen alten sich miszt. Denu mich hat zu
gajaz andern Themen die Muse bestimmt. — Endlich wcr
erklärt tugufi? Was ist das fär ein Uebergang mit que,
welches gleicb wäre einem immo tuf Ist das mõglich?
Nimmermebr. Hier waren tbeils uur vereinzelte Bucbstaben-
spuren ttbrig geblieben, tbeils Worte verlõscbt, und beides
ward verkebrt ausgefüllt. Icb babe versucbt was icb in den
Text gesetzt und was den nothwendigeu Sinu enthält:
neve pedestnhus
ilici caf*minibus proeUn (aesaris,
Maecenasj iubeas
V. 13 'Den süszen Gesang der Grebieterin Licjrmnia*.
dondna ist die ebrfurcbtsvolle Bezeicbnung der bocbsteben-
den Frau, wobei sicb bier einmisebt, dasz ais Gemalin des
Mftcenas, sein es G^bieters (Patrons), sie auch selbst dem
Horatius ais seine Gebieterin dastebt. Wie von der Gõttin
bei Frop. IV, % 31 Ergo hic Musarum et SHeni patris imago
Fictilis et calamiy Pan Tegeaee, tuij Et Veneris dominae
volucres, mea turba, columbae Tingunt Gorgoneo punica
rostra lacu.
V. 21 flf ist die Ueberlieferung :
num tu quae tenuit dives Achaemenes
aul pinguü Phrygiac Mt/gdonias opes
permutare velis erine Liq/^mniae
plenas aut Arabum domas?
dum (^oder cumj Jlagrantia detörquel ad oscula
cervicem
Und zwar herrscbt iu den Ausgaben vor (z. B. aucb bei
Bentley und Meineke) eben diese Interpunction mit dem
Fragezeicben nacb domos. Das ist aber docb ganz unmõg-
lich. 'Mõchtest du das Perserreicb eintauschen woUen oder
die Scbätze Arabiens für das Haar der Licymnia; wenn sie
mit dir Küsse tauscht' ? Entweder 'fttr das Haar oder 'für
die Küsse' war zu sagen, aber nicbt beides confus. Setzt
man hinter Licymniae das Fragezeicben und verbindet dann
ZU ODE II, 12. 13. LXXXV
plenas aut Arabum domo9 dum — »o entsteht : 'mõchtest du
das Pereerreich oder die fruchtbaren Phrj-gierfluren ein-
tauschen für das Haar der Licymnia ? oder die Reiclithttme^
Arabiens (eintauschen) wenn sie deinen Küssen entgegen-
kommt oder mit nur scheinbarer Sprödigkeit sie sich ent-
reiszen läszt'? Wie diese Seene mit dem Weehseln der
Eüsse eine Steigerung • ist gegen dasAnscbauen des Haares,
auch ausfQbrlich ausgemalt gegenttber dem einfach gesagten
erine ^ 80 ist es ganz notbwendig^ dasz auch die einzu-
tauscbenden Schfttze in demselben Verbältnisz ausgedrüekt
seien. Es kann nicbt dem einfaehen crinis gegenüber gleich-
sam ein Doppelgebot steben, der ausgefübrten Seene der
Kiisse ein einfacbes : es kann nicbt in der Sache ein Elimax^
in den einzutauscbenden Gegenständen ein Antiklimax sein.
Dagegen mit Umsetzung eines Verses erbalten wir das be-
friedigende :
num tu guae tennit tiives Achaemenes
permutare veUs erine Liejjmniaei
aut pinguis Phrygiae Mygdonias open
plenas aut Arabum donios
dum fltKjranlia detorquet oseula cet*vicem u. s. w.
Od. II, 1 3 üle et nefasto ~
Dasz bier die drei letzten Stropben Zosatz sind , darauf
ist bereits von mebreren aufmerksam gemacbt, und es unter-
liegt keinem Zweifel. Es tritt etwas völlig Fremdartiges
ein. Wenn aber Gruppe nuu das ganze Gedicht sein lässt
Stropbe 2, 3, 6, 7, so feblt ihm belebender Gedanke und
Fortgang. Icb glaube annebmen zu mttssen, dasz auch eine
Versetzung der ecbten Stropben vorgegangen, deren ricbtige
Folge ist: 1. 2 (iilum) 3 (et quidquid) 6 (quam paene) 7
(Sappho) 4 (quid quisque) 5 (miles). Zur Weglassung end-
lich der ersten Stropbe, obgleicb es dem Gedicbt gewisz
gut tb&te, baben wir docb, wie icb glaube, kein Recbt.
Od. II, 14 Eheu fugaces ~
Wenn man die Stropbe visendus ater — V. 17 für ecbt
LXXXVI 2U O0E Uy 14. 15.
halten woUte, so mttazte man Aie umstelleu hiuter iinguefida
t9ÜU9, — Denn nachdem \vir bereits so gründlich in der
Unterwelt verweilt, ist es jedesmal anstõszig nocb ciu-
mal in das Leben uns zurückgeftthrt zu seben. Allein
die falscbe Stellung , welcbe sio erbalten, kann aucb darauf
binweisen, dasz sie ein unecbter Zusatz ist. Und dafttr ent-
flcheide ich niich durcbaus. Der krass mytbologiscbe Ton
will zu dem sanfteren, weicberen Ton der bislierigen Stro-
pben niebt passen, der mit litiquefida tellus gleieb \neder
empfonden wird. Die zusammengepreszte Mytbologie in der
genannten Stropbe ist nocb um so auffallender, da wir das
Mytbologiscbe^ bescbeiden angebracht, scbon in der zweiten
und dritten Stropbe batten, ja mit der compescens unda otn-
mbtis enaviyanda docb eigentlicb scbon dassel1>e wie mit dem
visendus Cocytus. —
Aber icb kann nicbt umbin aucb die letzte Stroplie für
unecbt zu baltcn. Wo war denn eine Andeutung, dasz
Postumus ein Mann sei, der kärg undsparsam, wenn nicbt
geizig, seines Vermögens nicbt geniesze? Ja der voran-
gebende Vers scbeint docb auf die Pflege eines Gartens zu
deuten. Und dazu kommt der übertriebene Ausdruck in
der Stropbe:
Die bundert Scblüssel, mit deneu der Wein verwabrt
wird, der Wein, der nocb besser ist ais der Wein der
Priesterscbmäuse. Scbwerlicb aucb bätte Horaz ricbtigeres
Gefübl den Erben gerade diymor genannt, um ibn gleieb in
einer Wirtbscbaft in entgegengesetzter Ricbtung zu scbildern,
die docb nicbt diyna, aucb nacb Horaziscbem Sinne nicbt
digna ist
Das Ergebnisz ist: die vier ersten Stropben mit der
secbsten sind ecbt und sebr bübscb. Der ecbte Scblusz ist
dann verloren. Statt seiner baben sicb zwei unecbte Stro-
pben, die fOnfte und die letzte, eingedrängt.
Od, II, 15 lam pauca aratro —
Hier baben wir ein Capitel Antiquitäten, Aufzäblung
Ton Einzelbeiten. Und ein belebender Gedanke für Kopf
Xü OüB U, 15, LXXXVU
oder Gemüth, eine Gnome, eine Hahnung, eine Warnung
i8t in dem ganzen Gedicht gar keine. Ich müszte es fiir
unhorazisch halten — wie auch Peerlhamp thut — aueh
wenn der Ausdruck besser wäre ais er denn doch wirklich
ist. Allein der Ausdnick ist schwerfällig. und sonderbar un-
gelenk: denn die Ungelenkigkeit scheint viel mehr ais die
Affectation die Sonderbarkeiten herbeigeführt zu haben.
Im einzelneu, ob moles treflfend ftir die Stelle ist, wo es
niebt auf die Hõbe der Gebäude, sondern auf die Ausdeh-
nung der Anbauten und Anlagen ankommt, ob stagna be-
zeicbnend genug gewählt ist fQr die piscinae, mag dahinge-
stellt bleiben. Befremdend darf wol auch V. 14 cammune
Mas Gesamtvennögen erscheinen.
Aber sonderbar ist doch gewisz 'alle Fülle fdr die
Nase', Lateinisch omnis copia narmm^ und sonderbar gewisz
violaria et myrtus et omnis copia tianum spargent olivetis (die
nicht mehr vorhanden sind) odonnn fertilibus domino priori:
man mag rioietis für Dativ nehmen oder, wie auch gemeint
worden, ftir Ablativ. In den beiden letzten Strophen aber
ist ein unausstehliclier und unverstehlicher unlogischer Zick-
zack und Duroheinandei*ziehen von dem, was die Ahnuth
nicht erlaubte und was das Gesetz nicht erlaubte, was es
nicht erlaubte und was es gebot. Und von dem, was der
bescheidene Sinu nicht erlaubte, ist gar keine Rede. Aber
freilich das wäre schon ein Gedanke oder Empfindung, de-
reu eben das Gedicht baar ist.
Mehrere Haudschrifteu haben dies Gedicht au das
Yorige angeschlossen : während doch wenigstens in einer
Aehnlichkeit des Inhalts hier gar keine Veranlassung dazu
vorhanden war. Sollte vielleicht darin noch eine Spur sein,
dasz es ursprünglich nicht in der Reihe der Horazischen
Gedichte stand, sondern nebenbei gescluieben, und sich zu-
fällig länger ais manche andere Nebenschreibung so er-
hielt? — Es scheint dasz man von den unechten Anfangs-
versen der zelniten Satire glaubeu dtirfe, sie seien ursprüng-
LXXXVIIl Kü ODE II, l»i.
Kell beigeschrieben gewesen und seien, dadureh kenntlich,
in einen Theil der Abschriften gar nicht aiifgenommen wor-
den, während sie in einen andern Theil kanien. Dasz heute
unsere ältesten Handschriften, wie man uns sagt, gie nieht
enthalten ist ein Zufall. Denn jene vorztlgrlichen Verse wer-
den doch nicht erst nach dem aoht^n oder neuuten Jahr-
hundert entstanden sein sollen.
Od. IL 1 6 Otiimi divos rogat —
Das otium, welches die Thraker und die Meder erstrebeu,
hier zu bcgreifen und mit dem otiumj welches der Sturmer-
faszte auf der See erbittet, iu Uebereinstimmung zu setzen.
daran werden alle Versuche scheitem. Die Verse 5 und (>
sind AusffiUung einer Ltlcke, die nach der ersten Strophe
entstanden war. AUein der Ausfall betrug nicht blosz zwei
Verse, wie der Ausfüllende annahm. sondem wenigstens eine
Strophe und zwei Verse. Denn der Sinn welcher verlangt
wird läszt sich in zwei Verse zusammengefaszt nicht denken.
Dieser Sinn ist aber: Mer mercator^ wcnn er auf der See
von öefahr drohendem Sturm ergriflfen wird, bittet die Götter
imi die Gewährung des othim^ demier sich, diesmal errettet,
hingeben wolle. Allein kaum ist cr entronnen, so geht er
wiedcr an die negotia und föhrt fort zu erwerben. Und nie
kommt er zum otium. Denn dies ist ein inneres, durch
keine Schätze zu erkaufendes, nur durch innere Genltgsani-
keit zu erwerbendes Gut.* Es schlieszt das Gedicht mit
V. 28. In den beiden letzten Strophen soil Horatius dcra
GrosphuB sagen: Mu bist ein sehr reicher Mann, hast aber
keine innem Eigenschaften ; ich besitze wenig, habe aber
Gtenie und Charakter.' Es ist mir nicht bekannt, dasz Ho-
TStiiis ein Bolcher Grobian gewesen. Auch ist der Gedauke
'dem einen sind Güter von dicser Art vcrlieheu, dem andern
▼on jener Art* nicht derselbe mit jenem *auch das höchste
Glflck hat stets eine Schattenseite , ftlr welchen Achilles
und Tithonus noch passende Beispiele sein kõnnten, so dasz
die beiden Verse Qber diese, fflr sich genommen, wie mich
I
Zü ODE II, 16. 17* LXXXIX
dünkt, iioch echt scheinen kõnnten. Worauf man dann mit
V. 31 in eine unerwartete und bodenlose Grube fällt. 'Der
herrliche Achilles muszte früh sterben, der schone von der
Gtöttin erwählte Tithouus in langem Alter dahin siecken.
Und 80 wird auch die Zeit vielleicht zwischen unger beider
Giitem noch einmal einen Tausch eintreten lassen. Jetzt
hast du Reichthum und keine geistigen Gaben, ich Armut
und Geist/ Weitere Verrenkungen, mit denen man versueht
wieder in die Hõbe und ans Tageslicht zu gelangen, sind
HO unnatürlich wie erfolglos. — Noch musz die Strophe
scandit aeratas — wegen der läeherlicheu Reiterschwadronen
— eine Schar reitet auch nicht schneller ais ein einzelner —
entfernt werden. Der Verfasser, die schõne Strophe III 1
nachahmend, scheint dort, wie es auch Neueren begegnet,
statt des erzbeschlagenen Schnellseglers, einer priva triremis
epist. I 1, 95, ein KriegsschiflF, gar mit SchiflFsschnabel, ver-
standen zu haben, wodurch Thorheit entsteht.
Od. II, 17 Ciir me querellis —
Zu einem sichern Entschlusz tiber dieses Gedicht zu
kommen wird schwer sein, auszer zu dem, dasz es in dieser
Gestalt nicht aus Horaz Händen gekommen. Ehisz 'das
ridikttle Pathos der Strophe me nec Ckrmaerae des Horaz
ganz unwttrdig sei', wie Meineke sagt, das nachzuempfinden
musz verlangt werden. Meineke ist auch nicht abgeneigt,
auch die folgenden Strophen bis zu Ende mit Feerlkamp f(tr
unecht zu halten. Dann wäre also das Gedicht rait den
drei ersten Strophen abgeschlossen. Das scheint wenig be-
fnedigend. Mich will bedünken dasz auch die Strophe
ducet ruinam — an einer Unbestimmtheit des Ausdrucks
leidet und an einem forcirten Wesen, wie es dem Hoi-az,
wo es persõnliche und Hcrzensverhältnisse gilt, nicht eigen
ist. Dasz femer die Sti'ophe sen h'bra - auch nicht Horazisch
aussieht mit ihrer gehäuften astrologischen Gelehrsamkcit,
bei der man gar nichts denken kann. Das hat Persius ganz
anders gemacht in der allerdings von der unsrigen nicht
xc Zl* OI>K II, 17. 18. 19. *i'>.
iinnbhäiigigeu Stelie V^ 45, welche nur beweisen kõnnte,
(Ihsz enhveder uiisere Stelle iiach Persius gemacht oder
unscre Iiiterpolatioii sckon älter ais Persius ist. Meine
Meinung ist, wciin man nicht das Ganze für falsch balten
will, dasz echt seion die erste Stroplie und die drei letzten :
dasz das Gediclit gese1irie1)en sei ais nach der Krankheit
Mäcenas doch wieder gesund geworden war und jm Tbeater
eine Freudenbezeugung übcr seine Genesung enipfangen
batte: dasz Horaz mit seinem nos hiimilem foriemus agnaw
meint sein Opfer für die Genesung des Mäcenas. Laobmanns
cui y. 25 fUr cum ])aszt uns dazu trefflicb.
Od. II, 18 Non ebnr neque aureuin —
In dem Metrum unseres Gediebtes, aueb niit ein Paar
Anklängen an den Sinu und Ausdruck, ist des Prudentius
ttpUoyus verfaszt, S. 306 Obb. Nos cilos iambicos sacramns et
rotatiies trochueos beiszt es V. 7. Es sind 34 Verse und
ganz deutlicb zweizeilige Stropben.
0(1. II, 19 Bacchum in reuiotis —
Dies wie das äbnlicbe Gedicbt III, 25 Quo me Bacvhe
rupis tui plenum? sind scbwaebe und durcb Patbos, dem
man das Gemaebte gar sebr anfüblt, unangenebme Gedicbte.
Od II, 20 Non UBitata ncc teniii femr —
Es ist ibm niebt genug ein Sebwan zu werden, sondeni
ein Sebwan von niebt gewõbnliebem , besonders starkem
Flügell In einen soleben Sebwan verwandelt wird er ein
^zweigestalter Diebter fliegen. Denn jeder andere Dicbter
hat nur in einer Gestalt existirt, er in zwei Gestalten. 'Icb
werde ein zweigestalter Dicbter durcb die Luft fliegen ist
doeh einigermaszen sonderbar. Also: icb werde fliegen und
•werde niebt Ifinger auf der Erde weilen. Würde er denn
idaa wmn er gewöbulich stflrbe? Niebt werde icb alsSohn
ZU Ol>E II, 20. UI; 1. XO!
armer Eltern, uicht ich ais der, den dii mich nennst; soU
heissen — und ist fast komisch ausgedrückt — nicht alg
Horatios sterben uud in der Unterwelt bieiben, wie es doch
den andem Menschen begegnet ais das was sie sind und
wie sie heissen zu sterben. Und aiso Horatius stirbt nicbt
ais Horatius. Ais was denn? Und er wird ja erst recht
ais Honitius bekannt sein. Dic Saehe war und was ver-
ständig zu sagen war: er stirbt gar nicht. — Bald.werde
ich tlber alle Võlker ais sangreicher Vogel duhin fliegen.
Und es wird mich kennen lemen der Kolcher — Wie?
woran werden sie denn den fliegenden Schwan ais Horatius
erkenneu? Oder wÄhrend er da oben fliegt wird er dabei
«eine Gredichte declamiron? Und wie? die Daker und Kol-
cher haben die schou von Horaz gehört? und freuen sich
da oben von dem Dichter besucht zu werden, in dessen
Oden sie so schlecht behaudelt sind? — Und der erCahrene
Iberer wird mich lemen, oder studiren (Prop. IH, 5, 25).
Das heiszt doch wirklich: er wird meine Gedichte lemen.
Eine vielleicht fttr schön gehaltene Confusion zwischen dem
Schwan-Horatius und dem Gedichtbuch-Horatius. Und all
das Zeug soil von Horatius sein? Es ekelt mich wirklich
an zu verweilen uud zu fragen, um wie viel schlechter mit
der bereits von mehreren herausgeworfenen Strophe iam iam
— die Sache wird. Wohl aber ist darauf aufmerksam zu
machen, dass, wenn sie wegfällt, und mit ihr der albus ahs,
in dem Gedichte jede Andeutung fehlt dasz vom Schwan
die Rede ist.
Das Gedicht ist ein ))e8onders unglücklicher Versuch,
naoh Art des Schlussgedichts im dritten Buch ein paralleles
selbstlobendes Gedicht zu machen; sehr wahrscheinlich wird
man glauben dOrfen, dasz, wie es jetzt steht, es von dem
Verfasser ais paralleles Schlussgedicht für das zweite Buch
auch gedacht war.
Od. III, 1 Odi profanum volgus —
Meineke sagt von dieser ersten Strophe, er hatte sie
von den Qbrigen absondern soUen, denn es scheine unzwei-
XCU ZU ODE III, I.
•
felhaft dasz sie das Proumiiun bätte sein sullen nicht niir
fOr das erste Gedicfat, sondern auch fQr die folgenden in
demselben Metrum geschriebenen. Aber wanim denn? paszt
sic dem Sinne nach zum ersten Gredicbte nicbt, so kann sie
aueh nicht allgemeines Motto sein. Denn das Motto niQszte
fflr alle Gedichte passend sein, für welche es bestimmt ist
Paszt sie aber dem Sinne nach, so ist das erste Gedicht
wohl emst und bedeutsam genng, um eine hervorhebende
Anfangstropbe zu haben. Was es sonst Bedenkliches haben
mag fttr antike Sitte, eine Strophe solehen Inhalts und
Schwunges nicht künstlerisch verwoben zu sehn, sondem
ais abgesondertes Motto für sechs Gedichte, will ich benihen
lassen. Denn es giebt gegen Meinekes Meinung noch ent-
schcidende Grttnde. Diese Annahme hat nämlich gegen sich
den Schlusz der dritten Ode non hoc iocosae conveniet lyrae
und den Anfang der vierten Descetide caelo. Wer hier
ais ein Ton den Musen bevollmäehtigter, von den Musen
ausgestatteter Verkünder ihrer Weisheit auftritt, kann weder
sagen, er sei eigentlich fdr so emste Dinge kein Organ
noch kann er die Muse erst herbeirufen, ja sich noch wun-
dem wenn sie ihn schnell erhõi*t. Sodann: was doch ohne
Zweifel der Hauptanstosz für die Vereinigung der Strophe
mit dem ersten Gedicht ist, das trennt sie auch von den
übrigen. Zwar kommt etwas, was die Jungfrauen angeht,
in der sechsten Ode, und in dieser allein, vor (21 flf.), aber
wahrlich so ausgedrückt, wie man zu den Jungfrauen selbst
gar nicht si)rechen kõnnte, sondern zu ihren die Schuld
tragenden Mttttem. Hiernach ist es gar nicht mehr nõthig
zu urgiren, dasz auch — etwa mit Ausnahme des zweiten
— Ton und Art dieser Gedichte nicht an pueri gerichtet ist.
Nur das eine sei bertthrt. Die fragende Form am Schlusz
des ersten Gedichtes quod st dolentem . . . cur invidendis
postibus et noro sublime riiu moiiar a triumf cur raile per-
mutein Sabina divitias operosiores? paszt diese etwa für ein
Knabenpublicum ? So spricht man vor eineni erfahrenen
Publicum, mit welchem man tiberlegt. Aber tiberhaupt die-
ser Frageton ist kein Lehrton, kein überl^ener Lehrton
ZV OI)£ UI; 1. XCIII
wie ihn das Auftreteu in jener Strophe ankttndigt. Dies
darf gesagt werden, weil es wahr ist; zur Abweisung der
ersten Strophe wäre es nicht mehr nõthig. Das sohõnste
Verständniss übrigens gibt die Annahme dasz HoratiuB die
Bchluszfragen an sich selbst gerichtet spricht Das Gedicht entr
hält in groBsen Zttgen die Hauptsätze seiner durch Betracb-
tung der umgebenden Bestrebungen nur befestigten Lebens-
weisheit, zunäebst recapitulirt für sich selbst. Die Sätze sind:
Auch die hõchsten menschlichen Machthaber stehen doch
onter der Gewalt des lupiter^ der allein der allmächtige ist
(5—8). Unbestrittener Hauptsatz^ kurz und kräftig in 6iner
Strophe hingestellt.
Was Menschen anbetrifft, so mõgeu innerhalb des Be-
reichs menschlicher Verhältnisse Abstufungen in Stellung
und Ansehen immerhin stattfinden ; allein diese Unterschiede
sind eitel: der Tod erfasst alle gleichmäszig (2 Strophen,
9—16).
Schuldbewusztsein, auch in hõchsten Verhältnissen, ver-
hindert jeden noch so rafiinirten Lebensgenusz, ja die noth-
wendigste Lebenserquickung, den ruhigen Schlaf, der da-
gegen die niedere Hütte und die Ländlichkeit aufsucht
(ebenfalls 2 Strophen, 17—24).
Genügsamkeit in Lebensgeuusz und Lebensbedürfnissen
sehützt vor den Gefahren des Meeres und vor den Un-
sicherheiten und Sorgen groszer Landbebauung (2 Strophen,
25—32).
Dagegen die groszen BedUrfnisse des Luxus steigern
sich fort und fort und suchen im Ueberdrusz Abwechselun"
gen und Ortsveränderungen; allein gewisz wird man durch
Ortsveränderung Furcht und Besorgnis nicht los, sie folgen
zu jedem Orte nach (2 Strophen, 33—40).
Also —
Nach diesem Gange ist mir die Erwähnung des Ueber-
dnisses des Reichen, der aus Ueberdrusz an seiner Land-
Tilla ins Meer baut, võUig treffend und wesentlich. Dem
zweiten Bedenken, das Meineke für die Verwerfung der
Strophen 33—40 stimmte, Icann man weniger dreist entgegen-
XOIV ZV 01>E Iil, l.
treten. Demungeachtet sollte es denn wirklicli so auflFallend
sein, wenn Horatius, indem er von jenen Öeebauten ais
einer Ungelieuerlichkeit zu sprechen denkt, sich des Aus-
dnicks bedient; Men Fisehen wird das Meer zu eug, und
mit einem kleinen Schritt weiter : 'sie fUhleu das Meer ver-
engt* ? An der i)aralleleu Stelle epist. I 1 , 83 fühlt das
Meer : ^nuilus tn orbe sinus Baiis praelucet amoenis sl (Uxit
dives, iaciis et mare sentit amoi^etn festinantis eri. Und so
eben beschuldigte der Baum die Witterung. Ich finde da-
gegen AnBtosz an dem frequens, 'Häufig, vielfacli' läszt der
Untemehmer die Baustflcke liei-ab*: das scheint mir unmäszig
prosaisch und unerträglieli ftir den welcber alles nächst Fol-
gende, wie mir scheint, ungeraeiii schon und poetisch ^re-
dacht und gesagt hat. Wie sohõn ist minae : die imminenth,
Ein huc i^^ehens scheint mir wol passend: 'hieher schafft er
— wohin ftie wahrlich nicht gehõren, wo wahrlich ihr Ort
nicht ist. Ich hatte auch huc ferms 8<'hreiben kõnneii. Doch
mhens ist wol vielmehr das Treflfende und Gangbare in
solcher Verbindung.
Um nun mit einem Worte zur ersten Strophe zurttck-
zukehren, sie musz fort. Sie ist entweder gar nicht von
Horatius, oder ist sie von Horatius — an und für sicli ist
sie htibsch genug — so kõnnen wir sie nur ais ein friuj-
menium Horalianutn betrachten : wol niclit aus einer fertig-
gewordenen, sondem aus einer beabsichtigten Ode. Ich >*ehe
nicht was es eigentlich Bedenkliches liabe anzunehnien
(worauf Gruppe schon liingewiesen) , dasz man in Horaz
Nachlasz einzelne Stropheu fand, die er zur Uebung oder
ais Theile beabsichtigter und wenigstens in dieser Gestult
nachher nicht fertig gearbeiteter Gedichte niedergeschrieben :
dasz dann ein Freund solche Reliquien zunächst nur auf sein
Exemplar sich abgeschrieben : dasz er oder baid ein ande-
rer auch gesucht, sie an irgend einer scheinbar einiger-
maszen passenden Stelle einzuschreiben , vielleicht gar mit
kleinen Aenderungen einzuweben: dass sie dann endlich
von da in viele Exemplare sich fortpflanzten.
ZV ODE IH, 2. XCV
Od^ III, 2.
Mir scheinen uim aucli in die zweite Ode solclie ötro-
phen gekommeu zu sein , im hochlehrhaften Ton scheinbar
dieser Stelle aupassend, durch den logischen Zusammen-
bang auf das unzweideutigste aus ibrer Stelle zu verweisen.
Diese sind die fttnfte Stropbe vü*tus repulsae — und die
siebente und achtc Stropbe est et fidell u. s. w. Dasz wir
alle diese Stropben so hinter dem Vorangebenden fortlesen,
und dasz wir sic selber binter einander fortlesen, ist wirk-
licb nicbt wcl getban. Weleber Menscb oder Gott kõnnt€
wol sagen wie das est etfdeli — bieber gerätb. Aber aucb
das virtus repulsae an das Vorige. Und selbst nicbt die bei-
den Stropben mit virtus gebõren zusammen, dereu erste von
der Tugend in ibrer avxaQXBia redet, die zweite von <ler
Tugend die sicb den Lobn der Unsterblicbkeit gewinnt.
Aucb tritt in der fünften Stropbe plõtzlicb die virtus des
Statsmannes auf, wäbrend von der kriegeriscben virtus die
Rede sein musz, welcbe, wenn nacb V. 16 gleicb die Stropbe
virtus recludens immeritis mori folgt, selir wol angezeigt
und involvirt ist. Also erbielten >vir ais zweite Ode folgende :
Aii^stam amice pauperiem pati
rohustus acri militia puer
condiscat et Partkos ferocis
vexet eques metucndus hasta
vitani({uc sub divo et trepidis agat
in rebus, illum cx moenibus bosticis
matrona bellantis tyranni
prospiciens et adulta virjro
suspiret: ekeu , ue rudis agminum
sponsus laccssat regius asperum
tactu leonem, quem cruenta
per medias rapit ira caodes.
duice et decorum est pro patria mori:
mors et fugacem persequitur virum,
nec parcit inbellis iuventae
poplitibus timidoYe tergo.
XCVI Zü ODE III, 2.
viitus recludens inmeritis mori
caelum uegata temptat iter Tia,
coetnsque yolgans et ndam
s)>emit huimitn fngiente penna.
Das läszt sich scbon huren. Mit paplittbus timidove tergo
ttbrigens das Gedicht etwa zu schlieszen finden wir ganz
imbefriedigend. Es ist dann fUr den groszen Anlauf zu kurz
und für den gi^oszen Ernst und Schwung in dem Schlusz
gerade mit dem Motiv *der Tod ergreift js^ auch den Feigen
ein Abfall wie er dem Horaz gar nicht zuzutrauen ist. Nnn
habe ich aber noch eine Vermuthung, auf welche einzugehen
ich freilich anheimstellen musz. Dasz nemlich zwei Strophen
aus der nächsten dritten Ode, V. 49 — 54 aurum ifirepertum —
und quicunque mimdo — , welche dort ursprünglich nicht hin-
gehören kõnnen, aber gut scheinen und vor den fibrigeu;
die wir dort ais Zusatz erkennen werden, sich hervorhebend,
in diese zweite Ode gehõren mochten, nach Strophe 3. Dann
erhalten wir, wie mich dttnkt, ein schones, voUes, sich gar
befriedigend erweiterndes und erhebendes Gedicht.
Augustam amice pauperiem pati
robustus acri militia puer
coudiscat et Parthos ferocis
vexet eques metuendas hasta
vitamque sub divo et trepidis agat
in rebus, illum ex moenibas hosticis
matrona bellantis tyranni
prospiciens et adulta virgo
sospiret: eheu, ne rudis agminum
spousus lacessat regius aspenim
tactu leooem, quem cruenta
per medias rapit ira cacdes.
aurum inrepertum et sic melius situm,
cum terra celat, spemere fortior
quam cogere humanos in usus
omne sacrum rapiente dextra
quicumque mundo terminus obstitit,
hunc tangat armis, visere gestiens
qua parte debaccheatur ignes,
qua nebulae pluviique rores.
ZU ODE m, 3. XCVII
dulce et decoram est pro patria mori :
mors et fagacem persequitur vimm,
nec parcit inbellis iuventae
poplitibus timidove tergo.
virtns recludens inmeritis mori
caelum n^ata temptat iter via,
coetusque volgares et udam
spemit humum fugiente peuna.
Od. III, 3 lustum et tenacem —
Dann wären hier zwei Stroplien an eine passende
Stelle gesetzt, die wenigstens an die Stelle, wo sie jetzt
stehen, III, 3, 49 nicht gehoren. Dasz diese moralisirende
Strophe aurum inrepertum — dort im Munde der luno auf-
fallend unpassend eintritt ist schon bemerkt worden: welche
die Grösze nnd Dauer Eoms nicht von der Moralität ab-
hängig gemacht, auch nicht seine Moralität prophojseit, son-
dem seine Macht unter bestimmten, ihren personlichen und
Hoheitsgefühlen Rechnung tragenden Bedingungen. Hier-
mit sind wir in die schwierige dritte Ode gelangt. Sie hat
nach V. 44, womit man am liebsten das Ende haben möchte,
jedenfalls noch andere und zwar schlechte Einschiebungen
erhalten. Die Strophe horrenda läte — scheint doch mit
dem mittelländisehen Meer und Aegypten geringere Grenzen
ZU setzen ais die voraugehende, und Grenzen, die den da-
maligen römischen Ohren gar nicht imponiren konnten.
Und die Strophe tor sl resurgat — verräth sich auffallend:
dasz luno, welche in Voraussicht femer Zukunft, wie es
der Gõttin geziemt, Yon Parthem prophezeit, hier šich be-
schränkter Weise einbildet, sie wttrde immer und immer
noch mit ihrcn Argivem aus der liias operiren, ist einfältig.
Ob V. 58 das nlmlum pll rebusque fdenter erklärt werden
kann, mag dahin gestellt bleiben: mir will sich die Logik
nicht fttgeu.
Mit dieser dritten Ode hat sich ein ausgezeichneter
Mann eingehender beschäftigt, K. L. Struve. In seinem
Aufsatze, 'tiber Veranlassung und Absicht' dieses Gedichtes
Lehrs. Horatios. («
xc vm Zü ODE III, 3.
(opus<\ vol. 2) leae ieli: 'Wenn ungegrabenes Oold. . . Es
ist freilieli nicht zu leiignen, daciz im Zasiunmenhaiigc diese
Veree felilen kõnnen, da 8ie, >vie gesagt, nicht Bediugung
der luno sein kõnnen; es ist mir ferner nicht zweifclhaft,
dasz einzelne Strophen hier und da dem Horaz unterge-
schoben sind, worüber Buttmann mit feinem Gesehmack im
zweiten Bande seines Mythologus gesprochen hat: aher
diese herrliche Strophe diesem Gedichte nelimcn woUen,
wie neiicrc Hyperkritik wollte, ist in meinen Augen wahrer
Frevel, da der ernste Inhalt desselben gRnzlich dem tiefen
Geftthle des Horaz angemessen ist/ Also weil die Strophe
herrlich ist und an sich von Horathis sein kõnnte, darum
ist sie aueh von Horatius; und nicht nur das, sondem sie
gteht auch an dieser Stelle richtig. Abgereehnet dasz ein
kleiner Euphemismus vorgekommen: 'fehlen kõnnen fflr
^ehlen mttssen . So schlieszt — das musz ich noch einmal
sagen — ein Mann wie Stnivc: und dies ist ein recht ein-
dringliches Beispiel wie unfrei mr dem Horatius gegenüber
stehn. Und so geht es uus noch hente. Ich also kann
nicht anders, ais annehmen dasz Horazens Gedicht wirklich
mit triumphatisque possit Roma ferox dare iura Medis
schlosz. Das Folgende ist Erweiterung, durch grõszeren und
kleineren, auch groszen Unverstand sich verrathend, und
dem Inhalte nach nichts hinzufügend was nicht in der
echten Ode alles prägnant enthälten wäre. Die letzte
Strophe non koe iocosae conveniet lyrae ist gomacht nach
II, 1, 37 sed ne relicHs Musa procax iods u. s. w. Sie hier
für Horazisch zu halten und sie hinter triumphatisque passit
Roma ferox dare iura Medis nocli aufzunehmen wird sich
nicht empfehlen. Jener Abschlusz ist so auf dem Gipfol,
mõchte ich sagen, angelangt, dasz man gar keino Fortsetzung
erwartct. Der Dichter hat die Sache fertig gebracht: und
ilann ist es wunderlich zu sagen: doch hõre auf; dieser
StofT paszt dir nicht. Auch erscheint das ganze (jodicht
von Yom herein zu emst und aus selbstangeregten Betrach-
tungen hervorgegangen, ais dasz es naturgemftsz und auch
klug wäre, das Gedicht gleich wieder abzuschw&chen durch
Zü ODE lU, 3* XCIX
daa Gestftndnlsa; es sei nur eine Kunstpflanze in dem Gar-
ten des Autors. Dies werden die Grttnde sein, aus denen
mich wenigstens die Strophe hinter Boma ferox dare iura
Medis geiesen — denn den Wegfall der weiteren Stro-
phen musz ieh entschieden festhalten — jedesmal wie ab-
fällig und ungebõrig ])erührt.
Doch in der eehten Partie ist uoch einiges in Erwä-
gung zu ziehen. Hauptsächlich das Troica quem peperit ne-
potem V. 32. Dies musz ich für unmõglich erklären. Die
Zeit, in welcher luno redet, was und wie sie es redet (das
aufgeregte Ilion lUon — iam nec — bellum resedit) musz
eine Zeit baid nach der Zerstörung Trojas sein: und das
Perfectum peperit musz ich für unmõglich halten. luno
spricht prophezeiend : dederit. Das invisum nepotem beiszt
dann : den mir bis jetzt, in der Voraussicht, verhaszten. Icb
meine das geht wohl : allein ein viel befriedigenderer Gedanke
entsteht durcb eine kleine Aenderung, nämlich in invietum.
Zu betrachten hat man noch das illum ego Ivcidas
hiire sedes, dticere nectaris sucos et adscrihi quietis orilinibus
patiar deorum, Hat Honiz hier einmal^ vielmehr einmal
drei gleichmäszige Glieder so verbunden, einmal ohne Con-
junction und dami mit et? Nein. Es musz verstanden
werden: ich werde zugeben dasz er in'den Himmel ein-
trete (nicht sterbend in die Unterwelt gehe, sondern —
Martis equis — in den Himmel eintrete), dasz er sodann
durch Trinken von Nektar (Saft des Nektar wol absichtlich
zur Hervorhebung der belebenden Kraft) zum unsterblichen
Gotte werde. Allein mir scheint darin eine gewisse über-
flässige Accuratesse und Pedantcrie zu liogen. Aber sehr
schõn wird es, auch die Sonderung in zwei Glieder klarer
hervortretend, wenn man für inire schreibt merere, Womit
auch das Moment, von welchem aus Horaz auf den Romulus
ttberging, wie durch invietum schlieszlich wieder in Erinne-
rung tritt, dasz auch Romulus durch eigenes Verdienst sich
flberhaupt orst einen Anspruch zur Erhöhung unter die Gõtter
gewinnen konnte.
Jene Verbindung betreffend will ich erinnern, dasz man
G2
C ZC ODE III, 4.
zwar 0(1. I, 11, 16 gapiasy vina iigues et spatio brevi xpem
langam reseces nicht dahin ziehen wird, dasz aber docli
hinter sapias eine groszere Interpunction ais das gewöbnlieh
in den Ausgaben gefundene Komma durchaus z^veckmäszijr
ist Aber wie ist es denn mit ep. I, 7, 55 //, redii etnarrat:
Volteium nomine Menam — Diese Interpunction Icitet irre.
Vielmehr, wenn man überhaupt eine Interpunction setzen
will : fY rrrf//, et narrat. Vgl. it redit officio luppiiei* ipse
suo Ov. Fast. I, 126. afgue inter mensas ire redire suasyiart.
12, 60. ficet expositum per limen apcrto ire redire gradit
Stat. siir. II, 35. fOv. met. II, 409 dum redif itgue freguens).
Od. UI, 4 Descende caelo —
Der Sinn in dem unangenebmen und unwabren, leider
nacb Analogien nicht zu verdäcbtigenden Pathos der ersteii
beiden Stropben, der Fortschritt in der folgenden kann
doch nur dieser sein: *Es treibt micb zum Gesange: gib
mir nun, Muse, ausftthrlicbes Lied ein (nicbt etwa ein klei-
nes carmen amabile), Hõrt ihr? Scbon ist sie da mit ihrem
Liede, scbon bat sie meine Phantasie mit Auge und Obr in
ibre Spbäre erbõbt. So augenl)licklicb bat sie micb erburt.
Und 80 sind mir yon jeber die Musen gtinstig gewesen, indem
sie micli auf wundcrbare Weise aus Gefabrcn gerettet scbon
ais Kind (Str. 3. 4. 5), dann ais Erwacbsenen aus des Krie-
ges Gefabren und der See und vor dem stttrzenden Baum
(Str. 7). Und so wttrde icb aucb in Zukunft untcr allen
Gefabren der droliendsten Brandung, des verderblicbsten
Kiimas, der ungastlicbsteu Vulker micb sicber füblen.* In
diesem notbwendig gegebenen Gedankengangc bat die secbsto
Stropbe V. 21 — 24 keinc Stätte. Heiszt rester, Camenae —
'unter curem Scbutzc reise icb', so ist sie tboricbt, denn die
Rcisen nacb Tibur, PrUneste, Bajä bietcn keine Gefabren.
Soil es beiszen: *ibr babt micb scbon ais Kind gescbützt
und so empfinde icb aucb jctzo micb in eurem Scbutz, em-
pfinde nämlicb dasz ibr willig mir Poesie eingebt, sobald
icb bierber auf mein Sabinum oder sonst in eincn jener
stillen ünd naturscbõnen Orte — nur so kjinn icb verst^boii
2U ODE III, 4. , C£
warum Rom niclit genannt ist — um zu diehtcn mich hin-
begebe'? Das letzte musz die Strophe heiszen, aber sie
kann dann uumoglich hier stehen, wo sie den Zusammen-
hang der Errettungen aus den Gefahren, den gehurigen und
zusammengehürigen Fortschritt von Strophe 5 zu Strophe
7 unerträglich unterbricht. Durch ihre gänzliche Entfernung
würde die nothwendige Anrede der Musen, Camenae, ver-
loren gehen. Es bleibt also tibrig ihr den Platz ais dritte
Strophe zu geben. 'Gleich hat sie mich erhört; ja wol
immer empfinde ich dasz ihr willig mir Poesie eingebt' usw.,
wie oben gesiigt. 'Habt ihr mir doch euren auflfälligen
Schutz in wunderbaren Zeichen in erster Kindheit und da-
mals wie in späteren Lebensstufen durch wunderbaren
Schutz in Gefahren bewährt. Und so würde ich auctf usw.
bis Vers 37.
Der Fortgang von V. 37 wäie nun dieser: *so wie ich
an mir euer Verdienst erfahreii und eben gepriesen, so
liabe ich ein anderes Verdienst zu preisen, dessen Wirkun-
gen mir nähe liegen, doch zugleich in wcitere Sphären des
States sich hinerstreckeu. Ihr seid es, in deren Umgang
Cäsar Erholung von den Anstrengungen des Krieges sucht,
und der Umgang mit euch ist es ohno Zweifel, dem er die
jlililde seiner Entschlieszungen verdankt. Wissen wir doch
wie lupiter und die niilden GGtter lupitcrs die wilden Un-
gethüme bewjlltigt/ Dieses Svissen wir doch' hat keinen
Zusammenhang. Die Musen, von deren Mitwirkung bei
dem Siego der milden Götter man nothwendig etwas zu
hõren er>vartet, verschwinden. Es liegt nichts offener vor
Augen ais dasz nach vos lena consilium et (hids ei dato gau-
detis almae ein Gedanke fehlt, der die folgende mythologi-
sche Erzählung passend einführt und ftir den sie wiederum
paszt. Dieser Gedanke ist: 'und Milde ist immer stärker
ais rohe Gewalt/ Dieser Gedanke, welcher verloren ge-
gangen, hat den Baum zwischeu almac und scimua einge-
nommen, den nothweudigen Raum:
(m su ODE UI, 4.
VM leac cdBiiHim ei daiU et dbto
gsndetn
sciraos nt inpios
TiUnas imnuuieiiKiiie tomumi
fiilmine snstnlerit cadaco.
S^i ifit alle» in Ordming. Ueber üneehthcit der Strophe
tetiit mearum ist doch wol nicht nõthig noch ein Wort zu
rerliercn.
\. \0 me fabulosae Voiture in Appuio altricis extra
Imen Apuliae ludo fatigatumque somno. DasE es ansmmg
sei *aaf dem Appulischen Voltur ausserhalb Appolien hat
Bentley bemerkt, ja aiusgeflihrt. Ebenso ineptum plane et
nbmrdum esse de nulriciM namine hic cogitare. Sein altricix
gedulae int nun aber hier, wo doch eine Nacblässigkeit
der alirtar näher liegt, nicht ansprechend. S. Horkel S. 33.
HorkelA adulterae hat auch keinen Beifall gefiinden: ver-
mnthlich weil es dem gehobenen Colorit der Stelle nicht
entfipreehend »cheint. Man wird von Buchstabenähnlichkeit
dnrchaus abzasehen haben und in ApuUae einen Nachlässig-
keitsfehler durch Appuio veranlaszt oder unverständige Aus-
ftlllung einer Lttcke anzunehmen haben. Ich habe versucht
— devio ludo fattgatumque somno. SoUte jemand, gewisz
mit Unrechty wegen des Klanges Bedenken haben, so kann
auch devium geschrieben werden.
V. 44 fulmhie susUilerit caduco, Bentley hat das ai Ige-
mein überlieferte cadvco in einer herrlichen Anmerkung fflr
sprachwidrig erklärt und dafttr corusco geschrieben. Ich
habe nach der genauesten Erwägung, deren ich fähig bin,
nicht umhin gekonnt ihm zu folgen. 'Cadere et decidere
flilmeti passim apud autores dicHur neqve exempH* in re
manifest a est opus, Cadurum tamen Jutmen, nt iam dian\
nemo quisquam appellavit. Quid ita? nempe quia %b caducus^
etsi a cadendo dictum sit, notioni tamen cadendi semper super-
addat infirmitatemy debilitatem, fragiUtatem: ita ui non quae-
ZU ODE 111, 4. CIU
cunque guogue modo cadant caduca recte dieantur: *ed ea
sola guae sponte et suapte imbeeillitaie ad casum et rumam
t endani. Ita lignum caducum apud nostrum (Od. JI, \3 te
triste liffmunf te caducum in damini caput immerentfsjy qma
prae vetustate diuttus stare nan potuit, ita alti folia caduca
giandes, Jrandes, flores, guttas, rivos^ lacrumas, spes, res ca-
dueas et similia (die Wõrterbücher sind an Stoff nicht arm)
dixerunt u. B. w. Nämlich caducus ist unter allen Umstän-
den adjectivischer Bedeutung, nicht weniger ais etwa occi-^
duus, deciduus^ nicht verbaler, participialer. Wenn es Aen.
VI; 481, wo Aeneas in die Gegenden der Unterweltsgefilde
kommt guae bello elan' secreta freguentant^ heiszt, nachdem
er eret mehrere dort erschaute Griechen genannt: /ue mul'-
ium fleti ad superos bellogue caduci Dardamdae, guos iile
omnes longo ordifie cemens ingemuit, Glaucumgue Medantague
u. 8. w., 80 kann das unmõglich blos heiszen, Mie im Kriege
gefollenen, sondern gleiehsam *die im Kriege hinfälligen* :
es lag gleiehsam in der Natur der Trojaner, es war ihnen
ais eine Eigenschaft, — ais ihr Loos — mitgegeben, durch
den Krieg vor der Zeit des natürlichen Tõdes hinzuster-
ben: kriegshinfällige: sie waren nrwatfiog avQatog Aescb*
Ag. 618. Wenn die Menschen im allgemeinen alle caduci
heiszen kõnnen, so kõnnen es doch auch noch einzelne vo?'-
sugsweise. So auch vom Tumus Aen, VIII, 623 simora
praesentis leti tempu^ngue caduco oratur tüveni. Er war nun
einmal, zum frühzeitigen Tõde bestimmt, wie Achilles, vor-
zugsweise ein caducus und ais zum frühzeitigen Hinsterben
durch den Krieg bestimmt könnte er ein bello caducus hei-
88en. So jene Trojaner alle.
Aber wie ist es, wenn es von der vor Müdigkeit end-
lich hinsinkenden Byblis heiszt: Ov. Met. IX, 651 deficiunt
silvae, cum tu lassota seguendo coneidis et dura positis tel-
iure capillis^ Bybb\ iaces frondesgue tuo premis are caducas.
Wie man dort bei bellogue cadeniis bei Erklärem fälschlich las
maovrtgy so hier frondes caducas * folia guae deciderunt! In
gleieher Art steht Met. VII, 841 in der Qeschiehte des Kephalus
fronde levem rursus strepitum faciente caduca surn ratus esse
CIV ZU ODE lU, 4.
Jeram. Es kaun nur heiszcu ^abfälliges Laub'; seine Natur
bezeichnend. Gar nicbt anders ais Verg. Ge. I, 368 unter
den Zeicben des nabenden Sturmes: videbis saepe levem pa-
leam et frondes volitare caducas] 'gefallene Blätter Vosz
niobt genau. Die Frage kann nur die sein, ob es an diesen
Stellen allgemeiues Beiwort des Laubes ist oder die caducae
frondes^ die es immer giebt, in gewissen Jahreszeiten vor-
zugsweise giebt, ais eine besondere Art bezeichnend *Fall-
laub'. Für das letzte wird man sich entsebeiden: decidua
heiszt dies auch : Piin. h. n. XVIII, 25, 60 : Die recbte Zeit
des Säens ist non prtus quam folia decidermt. Man nimmt
dafür am Untergang der Vergilien an: sed äie indocilis
caeli agricola hoc signum habeat inter suos vepris humumque
suqm adspiciefis cum [folia decident] veider it decidua. Im Bereich
des Laubes, der Früehte ist dies caducus stebender Spraeli-
gebrauch geworden: so sagte man spica caduca, pomuy
oieae, u. s. w. So Lucret. V, 1363 at specimen saiionis ei
insitionis origo ipsa fuit rerum primum natura creatrix^ ar-
boribus quoniam bacae glandesque caducae tempestiva dabant
pullorum examina supter^ nicbt 'die berabgefallenen oder
berabfallenden , sondem diejenigen, die ibrer Natur nach
berabzufallen pflegen. Da Frücbte vorzugsweise caducae
sind, weun sie überreif, ja angekommen sind, so kann bei
Frttehten aucb diese Eigenschaft damit vorzugsweise bezeicb-
net werden: poina caauca, Gregensatz integra et paene dura
Pallad. III, 25 S. 91 ed. Bip. In anderer Sphäre aqua
caduca dasjenige Wasser, welcbes aus einem Gefäsz über
den Rand fliessen muss, tibei^flüssiges : Varro de re rust. 3, 5. Aus
einem Gefiisz oder Bassin: Frontin. II, 94 ein altes Gesetz:
Jie quis privatus aliam aquam ducat quam quae ex lacu humum
accidit: haec enim sunt verba legis^ id cst quae ea: lacu abun-
davit: eam nos caducam vocamus, Das sind die aquae caducae
bei Ov. Pont. II, 6, 26, durch welcbe ein darunter liegender
Stein oder steinenier Boden allmählicb geböblt wird; utque
caducis percussu crebro saxa cavantur aquis, Also caducus
heiszt alles was wegen Mangel an Festigkeit, Halt, Haltbar-
koit (murus caducus) zum Falleu geneigt ist, und desball)
ZU ODE III, 4. (;v
knüpfte sich au das Wort so vorzügsweise der metaphorisclie
Gebrauch 'hinfällig', selbst bis dahin, wo der Begrifif des
Fallens gar verschwand wie caducae Httej^ae fiunt bei gewisser
Zubereitung des Papiers Piin. A. n. XIII, 12, 25. oder aus
derselben litterarischen Sphäre bei Symmaehus IV, 34 et
Martiorum qtudem vatum dhinatio cadmis corticibws incuh
eata esi. Und wir sind vielleicht geneigt bin und wieder etwas
mehreres in das Wort zu legen wo vielleicht blos an diesen
metaphoriflcben Gebrauch gedacht war. Z. B. wenn Ovid
sagt Met. VI, 395 von der Quelle, die aus den vielen uni
Marsvas geweinten Thränen entquoU : ferti/is immaduit made-
faciaque tevra cadttcus concepit lacrimas ae venis perbibit
imiSf 80 soil vielleicht gar niehts weiter verstanden werden
ais: die hinfälligen Thränen wurden diesmal festgehalteu
zu etwas Dauerndem. Dasz nun dieser bisher behandelte
Gebrauch der allgemein überwiegende ist lehrt also alles.
Und es entsteht die Frage, hat man dennoch caducus auch
hin und wieder gesagt von Dingen, die nicht aus Mangel
an Stütze und Halt und aus Schwächlichkeit zum Fallen
eine Neigung haben, sondem auch von solchen welche
niederfallen durch eine in ihrer Natur liegende Kraft und
Mächtigkeit: von welcher Art es wäre wenn man gesagt
hatte fulmen caducum, was jedenfalls nicht cadens, decidens
zu erklären wäre, sondem ausdnicksvoUer Messen Natur es
ist herabzustürzen.'
Bentley leugnet das: er kaunte keiue Stellen fUr sol-
chen Gebrauch des caducus: abgerechnet dasz er fttr die
Anwendung auf dcu Blitz noch insbesondere auf die Stelle
Sen. quaest. n. II, 23 aufmerksam macht, wo vom Wetter-
leuchten (fulgurj^ im Gegensatz des Blitzes (fulme»), dem
^tgnis, qui ea^splendescat niodo nec exsiliat\ gesagt wird, weil
*minora vi ad Juigurandum opus est quam ad fulminan-
dum\ so entstehe es wol durch eine geringere Rei-
bung, durch welche eben nur ^excutitut* ignis caducus et
cito interilurus . Das ist, wie er II. c. 12 es ausdrückt, die
fuIguratiOf welche comminatio est^ conatio sine ictu, jenes die
CVI ZV ODE III; 4.
fulmmatiOy die iaculatio cum Mu: welehe wir doch fllr den
lupiter brauchen.
Bemerken will ich hiebei; wiewol aus deciduus nichts
fflr caducus folgt, denn es bandelt sicb jetzt um Sprachge-
braucb; dasz wenn Plinias jene Veniger bekannte' Ansicbt
über den Blitz berührt, superiomm trium stderum (des Sa-
tomus, lupiter, Mars) tgnes esse qui decidui ad terras fui-
minum nomen kabenty h. n. II, 20, 18 — dasz damit die
Blitze ais ein Feuerabfall aus den Feuem jener Planeten
bezeichnet werden , ein abfallender üeberscbusz. Wie
Anaxagoras sagte, nacb Sen. qu, n. II, 12, illvm ignem ex
aethere distillare et ea; tanto ardore caeli mulla deadere,
quae nubes diu inclusa cuslodlant. (A. «. II, 8, 6 sidera —
nec cum suo quaeque homine orla moriunlur nec aliquem ex-
stingui decidua significant.) Doch zurKck zu cadueus und zu
Bentley. Die Herausgeber kümmert das alles nicbt: spasz-
baft ist, dasz man ibm sogar entgegenhält: Uela caduca
Prop. IV, 2, 53', nämlieh: rldi ego Inbentes acies et tela ca-
duca alque kostes lurpi terga dedisse fuga, Was sogar dann
schon spaszhaft wäre, wenn er nicht selbst diese Stelle aus-
drficklich angefttbrt und bebandelt bätte: Uelum caducum
est debile ei cassum, nullo impetu et invalido brachh tortum,
ut ostendet tibi Propertius IV, 2'. Kurz ich sehe nicht dasz
gegen Bentley etwas beigebracht wäre. Leider bin ich auch
unwissend : ich kenne nur eine Stelle, welehe ein Bedenken
erregen kõnnte, aus — Sidon. Apollinaris epist. II, 2.
Der hat von einem aus den Bergen hergeleiteten Flusz, der
in ein Bassin durch sechs Bõhren und ihre Lõwenkõpfe
herabfiel, gesagt dasz prae strepüu caduci Jlummis die Um-
stehenden sich nicht vemehmen kõnnten. Das ist eine
solche Abweichung von dem sonst bisher erkanuten Ge-
brauch von aqua caduca, wie fulmen caducum bei Horaz
wäre. (Richtig sagt er si quid forle deiectu caducae frondis
ager insorduit ep. V, 13). Einen so späten 2^ugen, der
vielleicht absichtlich neuerte und afFectirte, vielleioht eine
alte Stelle miszdeutete, fflr den Horaz beweisen zu lassen,
scheint mir nicht thunlich. Bis wir also des weitem be-
Zü ODE III, 5. CVII
lehrt werden, durfte ich caäuco hicht schreiben. Sein conis--
cum Jutmen hat Bentley durch eine glänzende Reihe von
Stellen aus allen Zeiten Rõmischer Poesie von Cicero bis
AuBonius belegt, deren mebrere vom Blitz schleudernden
lupiter der nnsern ganz ähnlich sind.
Od. in, 5 Caelo tonantem —
In dieser Ode findet sich das viel besprochene perirel
in der Cäsurstelle, wo eine Länge zu erwarten wäre.
8i non periret immiserabilis
eaptiva pubes. 'signa ego punicis
adfiza delubris et arma
militibas sine caede' dixit
'derepta vidi, vidi ego civium
retorta tergo braccbia libero
portasque non claasas et arva
marte coli populata nostro'.
Es war schon von Glareanus vorgeschlagen perirent.
Gewisz ist nns bei einem Statius unter allen Umst&nden
nnanstõszig ein et in remts hilaris sedere ivventus Ach. I
559. Bei Ovid werden wir wenigstens baid inne, dasz er
den Plural bei dem Collectivum oft anwendet und dürfeu
nicht zweifeln an einem iamque brevh spatium vitee sortita
iuventus sangurneam trepido plangebant pectora matrem^
qttinque superstitihus Met, III, 125. Zumal auch diese Stelle
zu denen gehõrt, wo durch Anwendung des Plurals jeder
einzelne aus der Menge mit seiner Thätigkeit, vielleicht
auch mit seinem energischen Leiden naturgemäsz vor die
Phantasie tritt. Wohin die Horazische Stelle gar nicht ge-
hõrt. Und um so mehr müszte der Pläral auffallen nicht
nur ais ungebräuchlich für den Horaz, sondem auch ais un-
geschickt, da man um so mehr merken wttrde, nur die ge-
forderte Lftnge in der Gäsur habe ihn herbeigeftthrt. So
musz wol auch Bentley geurtheilt haben, der nicht schrieb
perirent immiserabilis eaptiva pubes. sondem perirent immise-
rabileSj eaptiva pubes. — Lachmanns perires befiiedigt wol
CVIII Zü ODE III, 5.
auch niclit jedenuaiiD. Meineke hat es nicht aufgenoniinen,
währeud er doch Laclimanns freilieh wunderscbõnes anxiu^
V. 37 unbedenklich in den Text genommen. Icli meines
Theils könnte inich nur entscheiden für Bentley^s si Moti
pertrcnf inmiseralrües, captiva pubes. Denn dasz Horatius,
was neuerlich behauptet wordeu, aus der Altlatinität sich
einmal ein perhct mit Länge in der Thesis bergenommeu,
s. Corssen krit. Beiträge 560, — wozu jüngst geftigt wird
hjnis Iliücas domos I, 15, 36, Bücbeler Grundrisz der Latei-
niscben Declination S. S, dergleicben gestebe icb aucb von
ausgezcicbneten Männern, von denen icb immer lerae und
immer zu lemen geneigt bin, nicbt annebmen zu können.
So sebr bat es die innern Gründe gegeu sieb gerade und
vorzugsweise bei Horatius, der mit der Altlatinität auf eineni
80 entscbieden gespannteu Fusz stebt, dem solebe Formen,
wenn er sie bei den Alten fand, abstoszend waren. Und
wenn icb nun lese: 'Aucb bei Horaz findet sicb in der
Verssenkung handscbriftlicb verbtirgt periret gemessen' Corssen
a. a. 0., 80 bleibt rair nur tibrig zu sagen, dasz für solebe
Bedeutung handscbriftlicber Bilrgscbaft in der Ueberlieferung
der Horatiusoden mir jedes Organ abgebt. — Wie aber
wenn die beiden Stropben gar niebt von Horatius sind,
sondern Interpolationen ? Denn welcben vernünftigen Siun
hat denn das vidi portas noa clausas et nrva marte voli popu-
lata nosfro? Man versucbe docb die Pbrase sicb klar zu
macben. Wie man es versucben wird, man wird auf Un-
sinn stoszen. Bei dem 'icb babe die Tbore nicbt verscblos-
sen geseben unter allen Umständen. Das 'icb babe die
verwüsteten Felder von unsern Soldaten bebauen sebn ist
zwar kein Unsinn, wenn inan es so verstobt; aber welcb
einon Stylisten verrätb das. Denn wer da liest vidi arva
marte coli populata nostro wird doch zunäcbst verstebn:
'icb babe die von unserm Kriegsbeer verwüsteten Felder
bebauen sebn . Ganz mit Recbt. Weil erstlich auch der
G^danke erwartet: 'die von uns verwüsteten Felder und
das feblende 'von uns' ungern vermiszt wird, und weil
zweiteus das marte mit populata natürlicb zusammenscbieszt,
ZU ODE ni, 5. 6. CIX
da marte go in ausdrucksvoller Anwendung, nicht nur ais
nichtssagende Fi|lir fttr exercitus genommen werden darf:
das Heer in so fem e8 eben verheerend, erobernd gedacht
wird. — Uebrigens kärne das hier Gesagte sehr ähnlich
wieder V. 34. 35: auch ein marte, und zwar ein ausdruckg-
volles. Nach dem allen hat es för mich die gröszeste Wahr-
Rcheinlichkeit) dasz aus Horatius Händen, und zwar sehr
schon mit unmittelbarem Hineingehen in die Rede des Re-
gulus nur folgendes gekommen :
hoc caverat mens provida Reguli
dissentientis eondicioüibus
foedis et exempio trahenti
pemiciem veniens in aevuio.
'anro repensus scilicet acrior
miles redibit? flagitio additis
damDum u. 8. w.
Od. III, 6 delicta maionim —
In einem liebenswürdigen Buche eines liebenswtirdigeu
Autors, im Diderot von Rosenkranz, wird aus dem Kreise
jener geistreichen Nichtphilologen tiber diese Ode eine Ge-
sehiehte erzählt, Th. II S. 293. 4. Diderots moralisches
Bedenken ttber das delicta maionim immeritus lues ist frei-
lich eben so dilettantisch ais die Lõsung, zu interpungiren
delicta^ maiornm immeritus, lues — mit der Bedeutung
ava^tog tmv /raxiQiov. Wenn aber sein Freund, der italie-
nisehe Geschäftsträger in Paris, Galiani, der dies nicht an-
nehmen wollte, bei diesen Verhandlungen die Hypothese
aufstellte über die Composition der Ode ais einer von zwei
Interlocutoren im Wechselgesange vorgetragenen , so hatte
er die richtige Empfindung, wozu man allerdings kein Phi-
lologe zu sein braucht, dasz Anfang und Fortgang der Ode
durchaus nicht zusammenstimmen. Die drei ersten Strophen
besagen: Vemachlässigung der Pietät, des Cultus (Tempel-
verfall, Nichtberücksichtigung abmahnenderAnzeichen) haben
cx Zü ODK lU, 6.
da» Un^lttck ttber Rom herbeigeführt. Sie besagen auazer-
dem : das jetzige Gesclilecht »ei daran ^nschuldig. Die
Stropheii von Fecunda culpae — und wo ist irgend eiu Ueber-
gang? — fübren alles zurUck auf die moraliscbe Verderbt-
heit, den Verfall der Sittlichkeit, und geben dabei dem
jetzigen Geschlecht, das, ausdrücklicb gesagt, noch schlech-
ter sei ais das voraugehende, eine grosse Mitschuld. Von
Fecunda culpae — baben wir ein bübsches Gedicht, auch
uur an einer Stelle durch falscbe Lesart entstellt, seiV dasz
man ma f ura virgo durch Buchstabenverscbreibung hprbeige-
f ührt glaubt , wo man danu wol matrumque virgo ^fingitur
urtibus schreiben möcbte, oder, was unzweifelhaft im Hora-
tiiiö nicht selten ist, durch unverständig ausgefüUte Lüeke,
wrt dann einfach Romana vir^o et sidi darbietet. Was ich
vorgezogen. Doch diesem hUbschen Gedicht fehlt der An-
fang, wie dem vorangehenden der Sehlusz. Vou der Strophe
paene oecupaiam ist bisher noch nicht gesprochen. Im ersten
Augenblick scheint sie zu der vorhergehendeu nicht zu
passen, weil die Entzweiungen, welche die Stadt dem
Untergange durch barbarische Võlker nähe *::ebraeht, ein
anderes Motiv scheinen ais die Nichtbertlcksiehtigung der
Auspicien. Indessen könnte auch wol so gemeint sein : die
über unsere Unfrömmigkeit erztlmten Götter haben uns viel
Unheil gegeben. Sie haben den unter Nichtbeachtung der
Auspicien unternommenen AngriflFen gegcn die Parther einen
schirapflichen Ausgang gegeben: sie haben iunerhalb der
Stadt Entzweiung eutstchn lassen und dadurch die Stadt
selbst der Zerst»miug durch Barbarcnvr>lker nähe gebracht.
Nun aber müssen wir noch einmal auf den Anfang des
ersten Gtedichtes, dessen geschichtliche Angaben ttbrigens
gerechtfcrtigt sind, s. Mommsen res g, divi Aug. p. 58. p. 85,
— zurückkommen. 'Du wirst die Vergehen der Vorfabren
unverschuldet büszen, bis du die verfallenen Göttertempel
und die schmählich vernachlässigten Götterbilder wiederher-
gestellt haben wirst'. Unverschuldet? Wie das? Dasz die
Vorfabren sie haben verfallen lassen, daran ist er unver-
schuldet; aber dasz er sie bis jetzt nicht hergestellt, dasz
ZV ODE lU, 6. S. CXI
er daran gemahnt werden musz, dagz der Dicbter sich ver-
anlaszt findet, das Vorhaben des Augustus durch eine Ode
ais eine so dringende PietätspiKcht dem Rõmer erst ans Herz
zu legen, auch daran ist er unverschuldet? und ^Du vrirst
die Vemachlässigung der Vorfahren büszen^ ohne daran
schuld zu sein • — soil unter solchen Umständen gesagt wer-
den kõnnen, ohne dasz hinzugefügt wird: derer du dich
aber durch Fortverharren in derselben Vemachlässigung mit-
schuldi;^ machst? ~ Nicht ein moralisches Bedenken macht
uns das mmeritus, aber ein sehr groszes logisches, mir ein
unüberwindliches. Ich weisz nur vorzuschlagen heu meritvs.
Hiermit wäre dann der scbroffe Gegensatz zwischen dem
'unverschuldet* am Anfange und dem Verschuldet' am Schlusz
nicht mehr vorhanden. Aber Übrigens bleiben die ausein-
andergehenden beiden Theile unvermittelt und ein Risz
nach V, 16 bleibt unwidersprechlich bestehen. Vielleicht
käme nun Jemand auf die Meinung es liesze sich nach V.
16 in den ausgefallenen Strophen ein Uebergang aus der
Unfrömmigkeit in die Unsittlichkeit annehmen und; zuge-
geben immer den Ausfall von Strophen, hätten wir viel- .
leicht doch ein Gedicht vor uns, nicht zwei. Mir ist dies
weniger wahrscheinlich : indessen hier, aber auch erst hier,
hõrt die Gewiszheit auf.
Od. III, 8 Martiis caelebs —
V. 5. Ob docte sermones utrivsque linguae, von Bentley
erkl&rt: gelehrt in den Schriften beider Sprachen — richtig
ist, da der erhobene Zweifel, ob die Erwähnung seiner grossen
Gelehrsamkeit, gar auch in griechischen Schriften, denn
hier veranlaszt sei, nicht ohne Grund ist, das mag dahin-
gestellt bleiben. Sicher ist, dasz dne andere Zeile dieses
Gedichtes nicht die ursprüngliche sein kann: nämlich V.
16 procul omnis esto clamor et ira. Das ist ja unter den
gegebenen Umständen unsinnig. Von wem ist denn da
PrQgelei zu farchten ? Der richtige Vers musz verloren ge-
wesen s^n. Ich habe gcschrieben procul omnis esto cura
CXII ZÜ ODE III, 10. 11.
Jhituri. Die letzte Strophe ist von Meineke eingeklammert.
Jedenfalls sind die beiden ersten 2ieilen ohue Sinn. Die
beiden letzten sind gut und geben einen recht passenden
Schlusz. leh habe sie beibehalten. Da wäre also in dem-
selben Gedicbt noch ein dritter und vierter schlechter Vers
eingesetzt für die ursprüngliclieu. Natftrlich soil das nicht
behauptet werden. Man darf eben so wol die ganze Strophe
för unecht halten.
Od. III, 10 Extrenium 'J^anain —
V. 15 bat Meineke bekanntlich Pieria ais nomen pro-
prium nacligewiesen. Die Interpunction , die auch er bat
wie andere, Komma binter curvat und supplicibus tuis par-
008 verbunden, ist gewiss nicbt die ricbtige. parras verlangt der
Sprccbende kräftig und sinngemäsz fftr sich. Zum Ueberflusz
habe icb angemerkt miserere stip^lmbus tuis Coripp. I, 175.
V. 19, 20 nacb der Ueberlieferung non koe semper erit
liminis aut aquae caelestis patieus la tas erscheinen mir jedes-
mal kõmiseb. Denn was droht er ihf damit? Entweder:
icb werde mir dureh das barte und naszkalte Liegen zu-
letzt noch Hüftvveb oder Fieber zuziehu. Oder: icb werde
doeb endlicb das barte und kalte Liegen nicbt mebr aus-
halten und ganz wegbleiben. — Icb habe geschriebeu non
hoc coimiieruit liminis aut aquae caelestis patietis latus,
Od. ni, 11 Mercuri —
Lyde, die in jugendlicb mutbwilliger Mädchenbaftigkeit,
wenn man will, Sprödigkeit, noch von dem Liebesverlangen
nichts weisz oder wissen mag, soil zur Liebe bestimmt wer-
den dadurcb, dasz sie ibr Ohr leibt der Geschichfe von
jenen Mädcben, die zu unliebsamer Ebe gezwungeu in der
Brautnacht ihre Manner mordetep! Das ist absurd. Oder
dureh die Geschichte jener einen, die in so schrecklicbe und
ungewõbnlicbe Alternative versetzt, mitleidiger, vielleicht
liebendcr Gesinnung nachgebend, um jenes Verbrecbeu nicbt
zü ODE III, n. CXIII
zu begdien in den Fail kommt, sich selbst zu opfern und
Schreckliches zu erdulden. Auch das ist albern. Es erinnert
mich an jenen albern frõmmelnden Candidaten bei Fritz
Reuter, der, während er ein Mädehen sich zur Heiratb ge-
neigt stimmen will, ihr die Ebe und Ehepflicbten ais eine
Hõlle scbildert Der angemessene Stofif für ein solches Lied
war allein entweder eine Erzählung von Sprõdigkeit, welche
Venus strafte, oder von einem beglüekten, beseligenden
Liebesverhältnis. Indesscn wir sind vielleicht von einer
falscben Voraussetzung ausgegangen. Nemlicb bei dem dic
modos^ quibus obstinatas adplicet uuris bleibt es fraglich : soil
die Lyra ein Lied geben, das aucb seinem Inhalte nach der
Lage angepaszt und durcb solchen Inhalt bestimmend für
das Mädehen sein soil: das zuerst sich Darbietende scheint
dies allerdings : oder soil die Lyra nur eine übrigens gleich-
göltige, aber spannende, das wilde Kind zur Aufmerksamkeit
zwingende Geschichte geben, wodurch sie mittelbar auch
aufmerksam würde für den Sänger? Und doch! auch bei
dem letzten Zweck singt man ihr gerade die Schauder der
Liebe und die Liebestragodie vor? Ein angenehmes Mähr-
chen vielmehr, soUte man glauben, wie es Desdemona
fesselte. Namentlich aber der emphatisch vorangestellte
Anfang: so hõre Lyde denn die Geschichte von denMõrde-
rinnen ihrer Manner und der Strafe, welche sie noch in der
Unterwelt bUszen, ist dann eben auch vom Blödsinn nicht
feme. Denke man sich jedoch beidieser Ansicht von dem
Zweck des Liedes diese Uebergangstrophe eiumal weg und
mache eine nothwendige Aenderung etwa wie diese: StetU
uma paullum sicca, dum grato Danai puellas carmme mulees.
Quae luunt poenas etiam sub Orco, Dasz er also im Vorhaben,
irgend eine Geschichte aus der anziehenden Fabelwelt vor-
zutragen, sich durch einen Anstosz in eine solohe Geschichte
hineinziehen läszt, um so unbefangener , je weiter sie von
einer Beziehung auf den gegenwärtigen Fail abliegt. Und
lasen wir das Gedieht also, so wtirde ich nichts zu verwerfen
wagen. Auch wird sich in den Strophen von quae manent
(was in der vorhergehenden mit dem lymphaefundo pereuntis
LeluTB, Uontias. H
CXIV Zü ODE UI, II.
imo vielleicbt nicht ganz unbedenkliofa ist) wol gar nichts
angeben lassen in Spracfae und Art der Erzählung, was
nicht httbsch genug wäre. Worauf icb sogleich noch zurück-
komme. Jetzt erst ttber die Interpolation, die ieb^ wie schon
gesagt^ wirklich annehme. Dasz das Gedicht nach der vierten
Stropbe eine Interpolation V. 17 — 20 erhalten hat, ist be-
kanntlich allgemeines Urtheil bedeutender Manner. Es ist
jenes Cerberus quamvis Jurtale centum muniant angues capui
eius atqtie spiritus laeter saniesque manet ore triUnytd: das
Bentley durcb eine wahrhaft treflflicbe Conjectur capul eoh
eatque zu retten suchte, während doch schon der blosze er-
klärend eintretende Name Cerberus an die Händ des. Horaz
nicht glauben läszt Wir nehmen also an, dasz noch eine
zweite Strophe interpolirt ist V. 25 — 28, und nehmen noch
an, dasz der Interpolator eine Strophe bildete, für die es
ihm be(iuem war (er hatte poenas schon selbst gebraucht)
in der näehsten echten Strophe eine kleine Aenderung vor-
zunehmen, von quae luunt poenas in quae manent culpas, —
Doch Meineke urtheilt noch über die letzte Strophe, sie sel
mit Reoht von Peerlkamp bezweifelt worden. Ich kann nicht
anders ais sie sehr schõn iinden und Peerlkamps Reden,
dasz ^nostrt memarem sepulcro scalpe querellarn rerba mepia
seien, äusserst nichtig. Er beginnt : ' Verba inepia. Suaserat
Lynceo ut quam celerrime fugereL Quo modo iam dkere
potest mcide epiiaphium in meo sepulcroV Sie sagt: geh
unter glücklicher Vorbedeutung, sodasz du entkommst und
fortlebst. Sie sieht ganz natürlich in ihm den Ueberleben-
den, während sie für sich unter irgend welcber Oestalt den
baldigen Tod vor Augen sieht. Ihr Grab wird er entweder
wo finden oder er wird es ihr errichten, im schlimmsten Faile
ein Kenotaphium. — Peerlkamp hat gegen die letzte Strophe
sich auch bestärken lassen durch den Glauben, es seien hier
Nachahmungen aus Ovids, wie er nicht zu zweifeln scheint,
Hypermnestra- Gewis ist das Gegentheil der FalL Man
sehe unten den Excurs ttber die Heroiden.
Zü ODE III, 14. CXV
Od. III, 14 Herculis ritu —
V. 5 unicus maritus heiszt natürlich und kann auch gar
nicht zweideutig sein: wie es keinen zweiten giebt
V. 10 verwirrt das überlieferte vas o pueri etpuellae mm
vimm ejopertae male. ommaits (einige eben so unmõglich male
nommalu) parette verbis. Ueber den Hiatus heute noch ein
Wort zu verlieren wäre widerwärtig. Bentl^ verbesseii»
bekanntlich male inominatis, an sich vortrefflich, wie er auch
einsab, dasz die pueri neben sich die Mädchen erforderten
und in seiner bewundemswttrdigen Anmerkung auch dafür
die parallelen Stellen anführte, beginnend mit epist II, 1, 132
castis cum pueris ignara puella mariti disceret unde preces
uatem nisi Musa dedisset, Er verlangte aiso non vimm ea?'
pertae. Ich habe mit Pottier haud virum expertae geschrie-
ben. Enaben und Mädchen gehen also auszer den Matronen
in der den Augustus empfangenden Procession mit. Es schien
mir durchaus verlangt zu werden ; vosque, o pueri et puellae
haud virum expertae^ male et ominatis pareite verbis, Dureh
Strophe 5 erhalten wir die interessante Notiz, dasz Spar-
tacus und seine Leute die frftheren Weinvorräthe und dar^
unter die vorzüglichen Sorten aus den Jahren des Marsischen
Krieges soweit vemichtet oder ausgetrunken hatten, dasz
nur wie durch ein Wunder noch hier und dort vielleicht
eine Flasche aufzutreiben war. Juvenal läszt freilich noch die
Nabobs seiner Zeit trinken calcatam bellis socialibus utmmWj 30.
Undnun kommt dieser Horatiusauf den ganz wunderlichen 6e-
danken, eine von diesenFlaschen gerade solle dej* Diener ihm
sehaffen, und zwar geschwind. Wahrscheinlich wird da wol
Horaz seine FreudS über die Rtickkehr des Augustus ohne
Wein feiem müssen. Und eben so wahrscheinlich ohne
Müdchen und Gesang. Woran ihm auch, wie er sagt, nichts
mehr liegt. — Die Absurdität dieser drei Strophen kann
durch Worte gar nicht entsprechend ausgedrückt werden.
Das echte Qedicht schliesst mit V. 35.
H2
CXVI ZU ODE III, 16.
Od. III, 16 Inclubam Danaen —
Eine der dchwicrigsten Au%aben. Ich sehe diese Ode
bei Martin (Posener Pro^amm 1S65 S. 13) auf ein kleines
Masz gebracht, und es ist mir angenehm, die Schwierigkeiten
and UnertrSglichkeiteu, von deneu ieh durehdrungeu biu,
znm groszen Theile aueh bei ihm zu fiuden. Also : ,.je mehr
gich einer versagt, desto mehr wird er von den Gõtteni er-
halten'*. Einen so absurden Gedanken konnte Horaz nicht
Bchreiben. Aneh ist der Gedanke des ganzen Gedichtes nicht:
sei ^enügsam, damit du um so reicher werdest, sondem : sei
genügsam, damit du mit wenigem zufrieden lebest. Eiu
Horazischer Gedanke an und für sich wäre wol guanto quis^
que sibi plura negarerii, a se plura fef^t. Doeh was liülfe
uns das? Gleich nii cupientium nudus castra peto fft trans-
fuga divitum partis linquere gestio kann Horaz auch nicht
geschrieben haben. Er war nicht reich, er war nicht im
Lager der Reichcn. — V. 32 — bin ich auch nicht reich,
80 ist doch drückende Annuth fcrn, und wenn ich mehr
verlan^e, so kOnnte ich von Mäcenas mehr erlangen. Ei da
hat er schun Tugend predigen! wenn er sich den Rücken
so gedeckt weisz! Es hat einer gut schwimmen, wenn das
Bot neben ihm fahrt. Dasz dieser Gedanke hier ganz wider
den Zweck des Gedichtes eintritt, das einzusehen musz von
jedem verlangt werden. Dasz auch die Rede an den Mä-
cenas ^nec si plura veiim tu dare dencgcs* unfein ist , worin
ich gleichfalls Martin beistimme, das zu empfinden oder nicht
zu empfinden kann gltlcklicher Weise überlassen bleiben und
dasz II; IS, 12 nicht eben so ist. Eudlieh steht das Mch
bin gltlcklicher, ais wenn ich die reichsten Emten bozõge'
dreimal da. AUeiu nun hõrt meinc Uebereinstimmung mit
Martin auf. Ich sehe in seinem Gedichte noch zwci ganz
unmögliche Strophon, während ich die Ausstellungcn und
darauf gegründeten Ausmerzungen inStrophe 3 und 4 (aurum —
duces) ganz ungerechtfertigt finde. Zucrst die zweite Stroi)he
ist unmöglich von Horatius. Deun sie ist bis zum Lächer-
zu ODE UI, 16. cxvn
lichen verkehrt. Philipp konnte einfach durch Bestechung
feste Stadtmauern sprengen: lupiter vermochte das nicht?
Er vermochte nicht hinzugehen mit einer gut gefttllten Geld-
bõrse, um sich den Eintritt in den Thurm zu erkaufen —
wodurch denn auch beiläufig der eigentliche Gedanke ^Be-
stechung vermag alles in der Welf gleich geleugnet würde
— sondem lupiter hatte, um hinein zu kommen, die Um-
stände nõthig sich selbst in Gold zu verwandeln? Und wenn
er nicht hinein gelangen konnte ahne eine so wunderbare
Verwandlung in Regen, wozu Goldregen? wobei das Gold
ja nur etwas Beiläufiges, Zufälliges, eine Laune wird. Konnte
er, lupiter, ais gewöhnlicher Regen nicht eben so gut hinein-
fallen? — Fällt die Strophe fort, dann kümmert sich eben
Horatius um diese mythischen Einzelheiten nicht und gibt
zu erkennen, dasz er hinter diesem Mythus auch nur die
pragmatische Wahrheit hier siebt, die er hier durch Beispiele
belegt, Das zweite ist die Strophe purae rhms aquae sUva-
que iugerum paucorum et segetis certa Jides meae Juigejitem
imperio fertilis Africae falUt sorte beatio)\ Wie ist einer
denn auch bei einem kleinen Landgute der Emte sicher?
Die recht arme Phidyle musste ja doch die betenden Hände
zu den Göttern heben und Weihrauch und Frucht und ein
Ferklein opfem ne pestilentem sentiat Africum fecunda vitis
nec sterilem seges robiginem. Und wie ist sie denn sicherer
ais gerade bei sehr weit ausgedehnte Länder umfassenden
Besitzungen, wie sie gleich hier im Gegensatze vorgeführt
werden, bei denen doch viel eher Miszemte nur theilweise
eintreten mag. Hiermit ist die Strophe gerichtet und es ist
nicht nõthig auf den wunderlich geschraubten Ausdruck der
Strophe noch einzugehen. Wovon sie durch Bentleys fulgente
auch nicht frei wird : welches ttbrigens wir, die wir von der
Unmõglicfakeit der Strophe importutia tamen überzeugt sind,
mit jenem schon besprochenen Verse nec st plura velim tu
düre deneges, auch sonst nicht brauchen kõnnen. Wir haben
das ^als^ nach dem Comparativ anderswo zu suchen.
Ich wüszte aus unserer üeberlieferung heraus nur Folgen-
des vorzuschlagen.
CXVIII ZU ODE in, 16.
luclusam Danaen turris aenea
robtistaeque fores et vigilum canum
tristes excubiae munierant satis
noctumis ab adulteris.
aurum per medios ire satellites
et i)errum|)ere amat saxa potentius
ictu fulmineo. roncidit auguris
ArgiW domus ob lucnim
dcmersa exitio, diffidit urbium
portas vir Macedo et subruit aemulos
reges raimeribus. munera na^iiim
saevos illaqueaiit duces.
crescens at sequitur cura pecuniam
maionimque fames. iure perborrui
läte conspicuura tollere verticem,
Maecenas, equitinn decus:
contemptae dominus spleudidior rei,
quam 8i quidquid arat iupiger Appulus
occultare meis dicerer horreis,
magnas inter opes inops;
quam si mygdoniis regnum Alyattei
campis continuem. muita petentibus
desuiit muita: bene esi cui deus obtulit
parca quod satis est manu.
Iure pevhorrui in Strophe 4 muss man verstehen ais prä-
gnantes Perfectum; mit Eecht habe ich davor eine Furcht
gefaszt (hurrorem imbibi) wie vor einer sichtbaren G^fahr.
Doch lege ich mir immer noch eine Frage vor, ob es nicht
besser gefiele, wenn in der zweiten Zeile geschrieben wtirde
turt^is aenea robustaeque fores nec vigilum canum — , einma-
liges 7iec nur an der zweiten Stelle ftlr nec-nec, wie sunt
iffilur Musae neque amanti tardus Apollo Propert, I, 8, 41.
Ja wohl ! es wird uun so vollkommen befriedigend, dasz ich
bei den vorliegenden erstaunlichen Veränderungen, denen
das Gedicht nun einmal ausgesetzt gewesen, es nur fttr das
Richtige halten konnte^ auch diesen Schritt noch zu thun.
k
Zü ODE ni, 17. 18. CXIX
Od. UI, 17 Aeli vetustö nobiliB ab Lamo —
Das musz eine scliõne Wirthschaft gewesen sein in dem
Hause des Herm Lamia von urältestem Adel. So wie ein-
mai ein stürmisch regnerischer Tag sie überkommt, ist man
in Gefahr, sich mit kalter Küche begntigen zu müssen : denn
man hat kein Holz im Hause. Ja selbst, obgleich morgen
ein Fest zu feiern ist, an welchem man vermuthlich sogar
nach altem Brauch ein Schweinchen einzuschlachten hat,
Bteht zu fürchten, dasz man für Holz auf alle Fälle zu sorgen
nicht wird gedacht haben. Horaz kennt das, und da er zu-
fäUig nach dem Baiometer sieht, das auf Sturm deutet,
deukt er sogleich an diesen Freund mit seinem liederlichen
Hauswesen und erinnert ihn an den Holzbedarf nicht nur,
sondem auch daran zugleich, dasz er tiberhaupt morgen ein
Fest feiern wird: er würde, so sieht es aus, auch dies wol
Tergessen. Diese Erinnerung macht er sehr fein mit dem
räthselhaften, durch keine überleitcnde Partikel verdeutlich-
t«n, nur ftlr den Wissenden andeutenden Futurum ettrabis
V. 14. Von der ungemeinen freundschaftlichen Sorgsamkeit
des Horaz würde ganz besonders es ein Beweis sein, wenn
wir uns den Lamia und sein Haus, wohin die Erwähnung
des Waldes V. 10 allerdings hinzuzielen scheint, auf dem
Lande zu denken hätten. Da hatte also Horaz, da die Sache
ja dringende Eile fttr den heutigon Tag noch hat, seine
Mahnung durch einen Eilboten überschicken müssen. Ist
aber Lamia in der Stadt und schickt man in Lamias Hause
aus Rom jeden Tag nach Holz in den Wald, da war doch
gewiss auch keine Zeit zu verlieren.
Ein lehrreiches Beispiel wie Stümper ins Blaue hinein-
arbeiten, ohne Individualisiruug und Bild von Ort, Zeit
und Verhältnissen.
Od. rn, 18 Faune Nympharum —
Dasz V. 13 und 14 Unsinn sind, wie es Peerlkamp be-
merkt, aus I, 1 7 unv erständig nachgemacht, ist unzweifelhaft
leh habe wie er die ganze Strophe ais unecfat bezeichnet:
cxx ZV ODE m, 1«. 70.
wiewol ich setne AuästetluDgeii an V. 15. 16. nieht fiber-
zeagend finde. — Hõchst merkwQrdig f&r nnsem Horaztext
iKt (las «ehr in den Handschiiften ftr pagtis verbreitete
pardiu, def^$en Lrspnmg aus Esaias 11, 6 ^kabiiabii iupus
mm agno et pardus cum kaedo Bentley nachwies.
Od. III, 19 Quantum distet ab loacbo —
Dasz bei V. 9 ein unheilbarer Bnieh ist, ist klar. Auch
l&szt sich nieht bequem ein Uebergang denken, go dasz wir
in demaelben Gediehte blieben. Vielmehr sind es zwei 6e-
diehte, von ähnlichem Inhalt, Weingelag; dem ersten ist der
Schlusz, dem zweiten der Anfang verloren gegangen. Wie
III, 6. I, 7.
Od. III, 20 Non vides —
Das ist wol recht sehõn, wie das nieht benannte Mäd-
eheu — sie wird wol Leana geheiszen haben — 'wie
eine Lõwin, der man ihre Jungen geraubt, dem Nearehiis,
der ihr für sich ihren schönen geliebten Knaben abspenstig
macht, dureh die Schaaren der Jünglinge wüthend nach-
stUrzt, wie sie dann ihre Zähne wetzt, bis Nearehus Zeit
hat seine Pfeile hervorzunehmen : wie während dieser Prä-
liminarien der sehune Jüngling, nun nieht ais die zufallende
Beiite des siegeuden Theils, sondern ais Schiedsriehter des
Kampfes, in souveräner GleichgQltigkeit die Siegespalme
unter seinen Fuss — nieht ''legt', sondern 'legt wie man
erzählt* und seine Loeken im Winde spielen lässt. Wenn
dieLüwin siegt, wird er ihr die Palme geben. — Auch du wirst
den Kampf feige fliehen: naehher nimmt er zum Kampf
gogen sie ohnc weiteres die Pfeile hervor.
Ich kann zu dem allen niehts weiter sagen ais: gut
gebrttllt, . Löwe. . .
Od. ni, 21 0 nata mecum —
Ohne die Unfreiheit, von welcher wir in Horazisehen
Zü ODE III, 21, CXXI
Dingen beherrscht werdeii; wäre es ganz unerklärlich , wie
wir noch heute das Unmogliche hinnehmen in dem
0 nata mecam consule Manlio,
seu tu querellas sive geris iocos
seu rixam et insanos amores
sea facilem, pia testa, somnum,
quocumque lectum nomine Massicum
servas, moveri digna bono die —
Wo das quocumque lectwn nomine Massieum keine einiger-
maszen verntinftige Erkläning zuläszt und nicht nur die An-
rede pia testa, sondem der ganze Gedanke 'magst du auch
Klagen and Zank bringen, doch würdig am guten Tage
hervorgeholt zu werden in sich ebea so unmoglich ist wie
für das ganze folgende Gedicht, wo dieser testa, die langui-
diora vina enthielt, nicht schnell und zänkisch berauschende,
ihre Eigenschaften einzeln vorgertihmt und aufgezählt werden
und, wie sich auch ebenso ftlr den Anlasz geziemt, nur gute
und erheitemde Eigenschaften. Dies hat Bentley nicht an-
gemerkt; mit der pia testa und mit dem quocumque lectum
nomine Massieum hat er sich — man darf es xichtig aus-
drücken — abgequält, dabei freilich eine geistreiche Con-
jectur gebracht {quocumque fetum numine), die aber nicht
abhilft.
Solche Abquälereien bei Bentley, der den Gedanken
der Verunstaltungen durch Interpolationen im Horatius noch
nicht gefaszt hatte, mögen uns doch ein Wink sein. Das
interessanteste Beispiel ist mir die parra III 27, eingeleitet
mit den merkwtirdigen Worten, welche den gigantischen
Mann in Verlegenheit zeigen: 'videamus siquid nos tot aliis
frustra expertis meliore cum successu conomui*/ Wie hatte
es denu selbst ihm gelingen konnen bei einem Gedichte,
das einfach blõdsinnig ist?
Ob jene Verse seu tu querellas bis servas an die Stelle
anderer Verse, die etwa unleserlich geworden waren, gesetzt
worden oder ob sie geradezu die absichtliche Erweiterung
CXXII ZU ODE III, 21. 23.
eines Schülers sind, der hier eine gute Stelle fand, um sich
mit einer Strophe auf den Wein zu üben, so dasz Horatius
selbst etwa nur gesclirieben hatte: 0 nata mecum consule
Manlio diyna et moveri testa bono rf/e, kann natürlich nieht
gewuszt werden.
Auf die Unhaltbarkeit der letzten Strophe te Liber —
hat Peerlkanip aufmerksam gemacht. Und wer kõnnte ver-
theidigen wollen testam prodnceref TTnd Liber testam pro-
ducet? Und: die hellen Lichter werden die Flasche fort-
führen — statt des Umgekehrten? Aber dagestanden hat
wol noch eine Strophe, deren Gestalt ich rersucht habe aus
der jetzigen herzustellen.
Od. III, 23 Caelo supinas —
V. 17. Auch Meineke nach Guietus und Peerlkamp hat
die letzte Strophe verworfen. Es sei unmöglieh dem Sinne
oder der Latinität gerecht zu werden. Für mich liegt die
eigentliche Schwierigkeit in imimmis. Denn gesetzt selbst es
kõnnte immunis allein gesagt in dem Sinne von immunis
sceleris^ noxae u. dgl. für etwas anderes gehalten werden
ais eine gesuchte Absonderlichkeit, so wäre es doeh unver-
ständig hier angewendet. Eine Händ, die immunis an den
Altar tritt, — wer sollte da zuerst etwas anderes verstehen
kõnnen ais 'ohne Gaben . — Das Uebrige würde ich nicht
entscheidend finden. Rtlhrte die Strophe von Horaz her, sowar
daran dasz sumptuosa Iwstia nur Ablativ sein kõnne kein Zwei-
fel, unddieConstruction: wenn eine unschuldige Händ den Altar
berührt, so', nicht einschmeichelnder (nemlich ovaoj futura)
durch ein kostspieliges Opferthier, enveicht sie die Gõtter
durch fai' pium. — Man kõnnte auch daran denken dann hinter
hosHa ein Kolon zu setzen : so ist sie durch ein kostspieliges
Oi)ferthier nicht einschmeichelnder: sie erweicht die Gõtter
durch far pium. Doch halte ich jenes fttr besser. Also
was nun ? Wenn wir von dem immunis befreit wären , würde
die Strophe bleiben kõnnen. Das aber musz nun noch
ZU ÜOE ni; 24. CXXIII
ins Auge gefaszt werden, dasz, wenn sie eutfemt wird, wir
anzunehmen hätten, es sei durchi einen Parallelversuch die
echte Strophe von ähnlicliem Inhalt verdrängt. Denn einen
solohen Abschlusz verlangt das sonst kahl bieibende Ge-
dicht, einen solohen inhaltsvollen erklärenden Abschlusz zu
dem te nihil atirnet. Wollte man die alte Strophe beibe-
halten, so wtirde man wol für immunis an insontis denken
kõnnen.
Od. ni, 24 Intactis opiilentior —
V. 4 Tyrrhenum omne tuis et 7nare Apulictim. Dies wie
alles was sonst noch ais Ueberlieferung erscheint, dort
terrenum, hier mare publicum und ponticum ist gleich un-
brauchbar: ponticum, publicum^ Apul/cum sind dieselbe
Ueberlieferung. Aber ich musz glauben, es war vor dem
allen eine Lttcke. Ich habe versucht: Tyrrkenum omne tuis
et mare linteis. Mit deinen Bauten und SchiflFen. Die un-
gewõhnliche Stellung des et ist in Horazischer Art.
V. 5 si Jiget adamantinos — Gewõhnlich Jigit. Dies
Jiget wird ais Scholienlemma angegeben bei Keller. EHes
befriedigt (man würde ihm auch ohne alle Autorität der
Ueberlieferung den Vorzug geben) und macht die vorgeschla-
gene Umstellung von Axt si summis adamantinos Jigit verticibus
überflüssig. Obgleioh das fgit einigermaszen gemildert wird
Tor dem Griechischen Wort. Die tibrigen Paar Beispiele in
den drei ersten Büchem der Oden (im vierten, wie in den
Briefen und der Ars p. gibt es, >vie aus Lachmann be-
kannt, Lucr. p. 77, gar. keine Beispiele), sind mit Aus-
nahme eines Perfeets, und auch dies vor Griechischem
nomen.proprium (perrupit Acheronta I, 3, 36), manet, videt,
arat (I, 13, 6. II, 6, 14. III, 16, 24): d. h., wie figet, solche, in
denen die Conjugation immerfort lange Sylben bot, aras, ara*-
mus n. s. w. Freilich auch diese nur durch Unterstützung
der Arsis damals noch hin und wieder zugelassen,
V. 39 Bchien doch Bentleys gelu für sala Auiiaxhme zu
verdienen.
fXXlV ZC ODE III, 27.
Od. III, 27 Inpios i)arrae —
Eiu blödsinniges Gedicht. Es gibt nur diesen einen
l)a88enden Xamen dafiir und ich werde ihn beibehalten.
Wovon soil Europa ein Beispiel sein? 'Der Schein trligt'.
Gleich icb mõchte sagen vorläufig hat man zii empfinden,
dasz das Beispiel nicht geuaii passe. 'Bõse Omina werden
zwar bei dieser Abreise nicht vorhanden sein, Galatea: aber
du siehst, wenn auch in diesem Augenblicke die See noch
ruhig erscheint, welche Stürme und Seegefahr die jetzige
stets stürmiscbe Jabreszeit drohe' : 'so auch Europa' — und
nun ist der Fail nicht ähnlich. Europa ist viel mehr zu
entschuldigen , ja ganz, da sie einem Scheine traute, der
gar keinen Anhisz zum Misztrauen enthielt, ara wenigsten
einen so starken und dringenden ais die nach aller Er-
fahning voraussichtlichcn Stürme zur Zeit des untergehen-
den Orion. Es wäre also nicht ein 'so auch' zu erwarten,
sondern eine Steigemng: täuscht der Schein nicht selbst
unter viel unschuldigern Verhältnissen? Wie Europa —
Gescheit wäre das ebeu auch picht, aber es wäre doeh
logiseb.
Doch dies einmal bei Seite gesetzt. 'So auch vcrtraute
sich Europa einem scheinbar einladenden Stier an und sah
sich plutzlich in das Meer mit seinen Ungeheuem vorsetzt
und erbleichte davor und vor dem Betrug fodor vor den
Gegenständen in welche sie trttgerisch hineingeführt war)
ais sie mitten darin war, die dreiste'. Nachdem durchaus
vorher von einer Seereise der Galatea die Eede gewesen,
\\ird man jetzt bei dem scatentem bcluis pontum pai/uit na-
tttrlich glauben, in den Gefahren des Meeres, in welchen
auch Europa sich plötzlich sah , liege der Vergleich der Ge-
fahren. Aber dies kann nicht festgehalten werden: das
Meer kann hier nur beiläufig sein. Denn für die folgende
Ausführung wäre die Sache ganz dieselbe, wenn der Stier
lupiter sie über Land von ihrer Heimat fortgeftlhrt hatte.
Und ais lupiter seine Geliebto ttber das Meer fuhrte, da
Zü ODE 111, 27. CXXV
hfttte er nicht vielraehr es sogleich eintretend beruhigt, selbst
weim es augenblieklich aufgeregt war? Wanim fährt sie
denu aber hintiber in der Nacht unter Steraen? Welchen
Zweck hatte lupiter dasz er sie in derNacht, meinetwegen
in anbrechender Naeht bintiberfübrt? Fand er sie denn so
spät noch Blumen sammelnd auf der Flur? Oder holte er
sie allerdings bei Tage , aber die Reise war weit : wie viele
Stunden daehte sich der Verfasser dasz lupiter zu seiuem
Gange über das Meer brauchte? Er bedachte eben gar nichts:
die Fahrt der Europa unter Sternen gefiel ihm.
Sobald sie das Tlfer vön Kreta berübrt rief sie: o wie
habe ich meinen Vater verlasseu können, meine kindlichen
Pflichten vergessen kõnnen, tlberkommen von Wahnsinn (oder:
Liebeswahnsinn). FUr die Schuld der Jungfrauen gibt es
nur einen Trost, den Tod ! — Ist das nicht ganz gesprochen
ais wäre sie absichtlieh und mit Bewusztsein einem Lieb-
haber in die Ferne gefolgt? Ja der Ausdruck virginum
eulpa, für welche nur der Tod die Befreiung ist, führt aller-
dings den Gedanken leieht auf etwas anderes, was denn
aueh angenommen worden, dasz bei-eits lupiter sich ihr ver-
einigt. Freilich dasz es hiesz: sie stiesz diese Klagen aus
sobald sie Kreta berührt, das ftihrte dahin nicht. Aber
80 oder so: nachdem lupiter sie hinübergebracht, hat er
sich sogleich entfernt, man sieht freilich gar nicht warnm,
und hat das Mädchen sich selbst überlassen, ohne ihr eine
Andeutung zu geben wer er sei? Oder er hat sein Liebes-
verlangen sogleich erfüllt und — nun es entsteht dieselbe
Frage. Und angenommen dies ganz Unglaubliche, so liat
sie doch den Stier in menschliche Gestalt sich venvandeln
sehen. Und ahnet nichts? Ja noch mehr schon allcin einen
Stier, der sie durch das Meer schreitend oder schwimmend
getragen von Phönizien nach Kreta, den fährt sie fort —
für einen — gemeinen Ochsen zu halten und ahnet gar
nichts? Dies Letzte gilt denn auch gegen die Annahme,
zu der man sich in der volligen Rathlosigkeit der Situation
auch schon entschlossen hat, zu der in der Europafabel un-
erhorten Annahme, lupiter habe sich ihr vereinigt ais Stier.
CXXVI ZU ODE III, 27.
Irgend aber eine noch 8o leise Andeutung ron einer Ahnung,
da8z sie wohl mit einem Gotte zu thun habe, ist nirgend.
Vielmehr unter dieser Voraussetzung wird das, dasz sie den
Stier wiederhaben mOcbte urn ihu zu zerreiszen, zu kõmiseb
oder zu erast. Uebrigens lacerare ferro. Hat sie ein Messer
mitgebraebt? Und überall wovon redet sie denn? Davon
dasz sie Eltem und Heimat verlassen: meliusne fluctus
ire per longos fuit — , impudens liqui patrios penates — .
Dies Verlassen, wie sebon bemerkt, >vird überall und
ganz unbegreiflicb ais ein absicbtliches angenommen. So
aucb hier impudens lif/uL — Nun feraer: *Warum zogre ich
zu sterben. 0 dasz ein Gott micb naekt unter Lõwen irren
liesze'. Warum nackt? 'Und er gewäbre dasz mich Tiger
fressen, so lange icb noch schön bin und nicht abgemagert,
damit sie nicht die Beute der zarteu Jungfrau erbalten,
wenn die Saftigkeit vertrocknet ist.' Eine ganz sonderbare
zärtliche Besorgtheit flir die Tiger. So stebt der Unsinn
hier: es kann davon nichts abgelassen worden. Was sich
der Verfasser gedacht oder was ihm dabei dunkel vorge-
schwebt, und was er so lächerlich ausgedrfickt hat, das *
weisz ich nicht. Hat er blos sagcn woUen: und möcbte
das baid geschehcn? Oder hat ihm etwas vorgeschwebt,
was — leider — Orelli ganz befriedigt zur Erklärung dieser
Stroi)he beibringt; und — sehr unnõthig — mit Stellen be-
legt? Dasz es fttr Eltera, wenn sie ihr gestorbenes Kind
sehen, fllr den Geliebten, wenn er die gestorbene Ge-
liebte sieht, etwas Trustliches hat, wenn die Leiche
noch schön und unverzerrt aussieht. Und dieses über-
trägt man auf die von Tigem gefressene Europa! Doch
weiter. 'AUein was brauche ich auf die Tiger zu warten?
>Kr stehn ja eigene Mittel des Tõdes zu Gebot.' Und
ist es doch ais hõrte ich die Stimme meines Vaters
der mir Vorwtlrfe macht, dasz ich durch diese Mittel
mir nicht augenblicklich den Tod gebe. *Du kannst
«lieh mit dem Gttrtel an diesem Baume aufhängen.' 'Oder
— wenn die schroffen Hõhen und die spitzen Felsen dir
Zü ODE III, 27. IV, 2. CXXVU
durcli den Tod (den sie enthalten, den sie gewähren kon-
nen) Freude machen, so verti*aue dich dem schnellen Sturme
an. Es ist der helle Blõdsinn! Sie braucht Sturm dazu?
Und geht das alles uuter Sturm vor? Und nun welch ein
Motiv, schleunig sich den Tod zu geben, läszt sie den
Vater, wahrlich zu groszer Ueberrasehung vorbringen. Wir
meinten doch: wegen ihres — freilich uns unbekannten,
aber doch immer angenommenen schimpflichen Verbreehens,
— nein^ sondern damit du nicht, von Räubem tiberfallen,
eine Sklavin werdest, du, welehe eine Prinzessin bist, und
nicht, — was der alte Phonizierkonig von Gottes Gnaden,
der sich doch unter die Griechen rangirt, erst an zweiter
Stelle ungeziemend fiudet, das Eebsweib eines Barbaren.
In die Worte der Venus mox uhl lusit sotis u. s. w.
hat sich weder Bentley noch Meineke finden kõnnen. Jener
schlug vor iam tibi iniussus — Meineke, was der Strophe
an sich einen guten Sinn gibt, abstinebis. Halte es jeder
damit wie er wolle, wie auch mit den Eingangsversen des
Gedichtes bis V. 15, wie auch mit dem zuletzt noch auf-
tauchenden Zweifel, ob denn mit diesem Ausgange eines
hõchsten Glückes nicht auch die Fabel zur Abmahnung der
Galatea sich ais die unpassendste erweise. Ich bin des Wei-
lens unter dem Blõdsinn müde.
Od. IV, 2 Pindarum quisquis —
V. 2. Das ttberlieferte lule festzuhalten flir den, der
nicht lulus hiesz, sondern lulius, wird doch wenigstens
jetzt nach Mommsen (die Rõmischen Eigennamen, Forschun-
gen I, 35) nicht mõglich erscheinen. Iile hatte schon Peerl-
kamp vorgeschlagen (s. IV, 3, 3).
V. 49 tuque dum procedis u, s. w — viel besser ais
die andere Ueherlieferung te. Du, io Triumf he — io Tri-
umphe ais den Triumphus anredender, anrufender Yocativ be-
bandelt, wie Epod. IX, 21.
CXXVm ZU ODE IV, 4. 5.
Od. IV, 4 Qualem ministnim —
V. 15 matris ab iibere iam laete depulsum leonem, Un-
sinnige Ueberiieferung. Ich habe geschrieben non ante depul-
wm — V. 18 — 22 fttr diese Verse — mein gewõhnliches
Mittel des EinrQckens war hier weniger thunlich — waren
natttrlich zwei Klammern noch zu wenig. Es versteht sich
dasz sie schon von mehreren abgeurtheilt sind, auch von
Meineke. Die Ver&nderung des sed in et (von Jani her-
rtthrend, aucli von Meineke aufgenommen) stellt das Nõthige
gut hen
V. 24 reviciae erklärt Meineke 'vicissim victae. Seinem
Urtheil ^glossemati simile esi quod Bentleius e codd. exhibuü
repressae wird man wol beistimmen. Peerlkamp schlägt
noch vor reiectae.
V. 61—64. Diese Anhäufung mythologischer Gelehr-
samkeit in Hannibals Munde ist gewis absurd. Auch
'ineptum est Romanos, quorum invictam virtutem poeta celebrati
comparari cum spartU^ qui conserta manu tiicti occubuerunC
Meineke. Er, früher schon Struve, haben die Strophe fttr
unecht erklärt.
V. 65 merses profundo, pulchrior evenit, Dies und exiet
ist die Ueberiieferung. Beides nieht brauchbar. Denn auch
Meineke kann ich in dem Glauben, dasz Horaz evenit ftir
emerget neu angewendet, nicht beistimmen. Ich sehe nicht
wol ein, was mit dem doeh nicht ausdrucksvollen Wort er-
reicht worden wäre mehr ais wenn Horaz z. B. exstUit
geschrieben hatte. Ich habe geschrieben eminet. Auch au
enitet kõnnte man denken. enitescis pulchrior multo II, 8, 5.
Doch wäre enitet etwas spielcnder ünd flir unsere Stelle
musz ich eminet besser finden.
Od. IV, õ Divis orte bonis —
V. 17. 18 ist heidemai rwrö die Ueberiieferung. Un-
mõglich. Fabers prata das erstemal ganz einfach. Wie
sich eine so einfache und allergewOhnlichste Verschreibung
Zü ODE IV, 5. 8. CXXIX
•
— durch ein Wort in einen Vers aus einem nächsten ge-
lesen — wie dieaes doppelte rura — • ^rus meruvi wie Bent-
ley 8agt, womit er viel zu wenig sagt — in den Horaztexten
erbalten kann, darttber mag denn doch Verwunderung er-
laubt sein.
Od. W, 8 Donarem pateras —
Ueber Unzuträglichkeiten und Unerträglichkeiten dieses
Gedichtes haben die Stimmfähigsten sicb ausgesprochen. £^
lenkte die YermiBchung der beiden Scipionen und die Ver-
nachläsmgung des gewõbnlichen metrischen Gesetzes in non
incendia Carthagmis impiae die Aufmerksamkeit vorzug^weise
sogleieh nacb der Mitte des Gediehtes, von wo aus sie sicb
dann auf die Anstõsze des ferneren Tbeiles ricbtete. Sonst
würde wol bereits empfunden und gesagt worden sein, dasz
gleieh der Anfang höchst verwunderlich ist. 'Ich würde
Erze schenken, ebeme Schalen und Dreifüsze, wenn
ich nemlich reicb wäre an Kunstwerken, welcbe grosze
Maler oder Bildhauer gesebafifen, Manner wie Parrhasius
und Skopas, welcbe gescbickt waren in Stein oder in
Farben das Bild baid eines Menscben baid eines Gottes
aufzuatellen . Elann man verdrebter sprecben? Wenn aber
Anfang, Mitte und Ende verdrebt sind, welcbe Garantie
bleibt dann ilberbaupt filr Horatius? Der Inhalt ist Yaria-
tion des Themas der näcbstfolgenden Ode. Die unsere ist
über die Maszen verkehrt. Gleicb am Anfang ist übrigens
aucb das sonderbar: wenn er weisz, dasz Censorinus sicb
aus solebem Tand nicbts macht (non est tibi animus talium
deliciarum egens: gaudes carminibus), so ist es recht schief
anzufangen: icb würde meinen Freunden entgegenkommend
(ibren Wünschen entgegenkommend, ep. I, 9, 9. II, 1, 227)
ebeme Schalen und Dreifüsze schenken wenn ich sie hatte.
Dem Censorinus würde er sie ja aucb dann nicht schenken,
gar commodus. Sodann also die beiden ersten Strophen
mit den oben bezeichneten unausweichlichen Verkehrtheiten.
Es ist am Anfange recht geh&uft, was freilich durch das
Lehn, Uorattns. ^
CXXX ZV ODE IV, 8.
ganze Gedicht geht, dagz ohne festen Umrisz gedaeht und
demgemftsz gesprochen wird, dasz man Terschiedentlich ge-
äüt wird, indem etwas anderes kommt ais man erwartete.
'Nicht mit InflchriftenyerseheneMarmorbfldsihilenydurch welche
denGestorbenen Athemund Lefoen zurQekkehrt.' Diespasztvon
den BUdftäulen wol, aber von den Insehrifteu daraof gar nicht:
dielnschriften kõnnen das Andenken derGestorbenenerhalten,
meinetwegen emeuern, aber sie geben ihnen nicht Leben nnd
Athem wieder. Ferner : nicht Bildsäalen mit Insehriften; nicht
dieThatenselbst geben die Tugenden der Helden so hell za
erkennen ata Gedichte. Wahrlich die Thaten selbst treten hier
befremdend herein. Am Schlusz : Hercoles ist an den Tisch
des lupiter gezogen, die Tyndariden sind Setter in Seege-
fahr geworden, Bacchus ftthrt Gelflbde zu gutem Ausgang.
Natürlich war auch für Bacchus etwas Specielles zu erwar-
ten, uicht das was alle Gõtter thun, und die beiden eben
genannten eben so. Uebrigens habe ich für diesen ganzen
Schlusz noch auf etwas aufmerksam zu machen was ftuszerst
schwer ins Gewicht fällt. Hercules, Kastor und PoUux,
Bacchus sind nur Gõtter, gelten nur fÜr Gõtter durch den
Mund der Sänger. Sie sind es in Wirklichkeit nicht. Dies
ist vollkommen unhorazisch.
Bekanntlich ist das Gedicht auch das einzige, welches
sich der vierzeiligen Strophenform nicht fügt. Wenn es
nicht von Horaz ist, wie es sicher nicht ist, kõnnen wir
darüber mit Sicherheit nichts sagen, eben so wenig ob dem
Verfasser die Vermischung der beiden Scipionen nicht zu-
getraut werden darf. Wenn beides nicht, so ist das Ein-
fachste die beiden Verse 1 7 non incendia Carthaginis impiae
und 2S dignum laude virum Musa vetat mori herauszuwerfen,
wiewol dadurch einmal eine Stropheneintheilung entsteht,
welche von der sonst in dem Gedichte befolgten abweicht
(V. 25 : der Anfang eines neuen Sinnabsatzes mit der letzten
Strophenzeile).
Es ist also nach alle dem das ganze Gedicht in glei-
ehem Charakter: es ist ihm mit der Lachmannischen, auch
von Meineke angenommenen Ausscheidung ganz und gar
^
ZV ODE JV, 8. 9. CXXXI
nicht aofgehoifen. Beiläufig darf ich darflber auch noch
eine überflüssige Bemerkung machen. Wenn die vierte
Strophe hienaeh heiszen soil nan incisa notis marmora pubU-
cuf, per guae spiritus et vita redit bonis post mortem ducibus,
ciarius hidicant toudes quam Calabrae Fierides, so darf man
sagen: Horaz bei seiner Stellung gegen Ennius würde
schwerlich, wenn nur allgemein von dichterisch gefeierten
Helden die Rede ist, wenn üicht gerade speciell Scipio
oder allerwenigstens deutlich altrömische Helden bezeichnet
waren, er würde dann schwerlich gerade die Muse des
Ennius genannt haben.
Od. IV, 9 Ne forte eredas —
Diese Ode ist sehr vemnstaltet. Zuerst durch drei
einfach herauszunehmende Strophen, V. 13 — 25. Das Bei-
spiel nofi sola comptos arsit adulteros u. s. w., ais wenn es
so groszes Unglück wäre, dasz nicht schon alle eitle Ehe-
brecherinnen vor der Helena besungen worden, ist lächer-
lich, und die folgenden Aufeählungen willkürlich zusammen-
gewürfelt, und das *nicht Idomeneus oder Sthenelus
all ei n haben besingenswerthe Kämpfe gefttbrt' überwun-
derlich. Weiterhin hat das Gedicht eine viel schwerer zu
hebende Verderbung erlitten. Alle Beispiele Bentleys wer-
den nicht überzeugen, dasz man vernünftig sagen kõnne:
est animus tibi consul non univs anni: und nun noch fort-
fahren : ^du hast einen Geist, der nicht Consul für ein Jahr
ist, sondem, so oft er ein guter und treuer Bichter das
Rechte dem Ntitzlichen voraog, verwarf mit hoher Miene die
Geschenke der Angeklagten und entfaltete seine Waffen
siegreich.' Dies letzte durchaus nothwendige 'und', das aller-
dings in keiner Handschrift steht , bringt auch durch voltu et
einen Hiatus in w, wie er in Horatius Oden, Epoden und
Episteln unerhõrt ist (s. oben). WoUte man nun die beiden
Strophen 37 — 44 einfach herausnehmen, so scheint damit
noch nicht geholfen. Denn erstens ist das blosze est animus
tibi rerumque ptudens et secundis temporibus dubiisque rectus
12
CXXXII Zü ODE IV, 9. 10. II. 12.
eine dem langen Vorwort gegenüber zu korz abgefertigte
Beschreibui^g der hervorzuhebenden Eügenschaften des Lollius.
Sodann erscheint die Yerbindung der beiden Adjectiya
durch que — et ganz befremdlich. Es ist hier noch eine
griVszere Verunstaltung vorgekommen. Ich wäre geneigt zu
Folgendem :
totve tuos patiar labores
impune, Lolli, carpere lividas
obliviones. e8t animus tibi
•
vindex avarae fraudis et abstinens
duceotis ad se cuncta pecuni&e
rerumque prudens et secuodis
temporibus dubüsque rectus.
non possidentera —
Od. IV, 10 0 cnidelis adhuc —
V. 2. Die Ueberlieferung insperata tuae cum veniet pluma
superbiae ist Unsinn. Aber weder Bentleys bruma kann
eh f(lr brauchbar halten, noch Marklands ruga. Sondem
allein Withofs poena.
Od. IV, 11 Est mihi nonum —
In dieser Ode sind 3 Strophen eingesetzt. V. 9—12
ganz unpassend für Horatius' Verhältnisse. Und die beiden
letzten Strophen sind von age lam meorum Jinü amorum an
(fihnlichen Inhalts wie die an Ode IH, 14 nach V. 16 an-
gesetzten) unmäszig thõricht und läppisch. Auszerdem aber
war, um den natürlicheu Gedankengang hereinzubringen,
Umstellung einiger Strophen nothig.
Od. rV, 12 lam veris comites —
Die vorletzte Strophe ad quae si propevas gaudia musz
für eingesetzt gelten. Er eilt ja nicht, sondem bedarf der
Aufmunterung ui ponal mõras et studium lucri.
h
ZU ODE IV, 14. GXXXin
Od, IV, 14 Quae cura patrum. —
In dieser groszen Statsode müssen fort die zwei Stro-
phen 17 — 25, begiimend mit dem metrischen Fehler spe-
ctandus in cer \ tamme Martio, Und wer wtirde nicht be-*
troffen, nachdem er in diesen Strophen den Vergleich des
Tiberius, wie er die F^inde niedersttirat, mit einem unter
Regengusz die Wellen aufregenden Sturm geleaen, wenn
nun mit neuem Ansatze kommt : So wälzt sich der Aufidus,
wenn er wild wird und die Aecker überströmt, wie Tiberius
die Feinde niedermachte. Und wieder ausftihrlich das Ver-
glichene wie der Vergleich. Sonderbar ist es wie der
Rhetor, der diese Strophen verfaszt, et\¥as von seinem eigenen
übertriebenen Pathos merkt und sich dureh ein prape ein-
sehränkt. Immer hat aueh mich dieses prope choquirt.
Und man denke sich doch in den wirklichen Schwung
eines Dichters: er stürzte auf die Feinde fast wie ein Lõwe,
tu dgl. Den Schwimg? Ich denke auch uur denjenigen
Geschraack, den man dem Horatius zutrauen darf. Auszer-
dem aber enthält hier das '£ast' eine Unhõflichkeit und
Irreverenz gegen den kaiserlichen Prinzen. Uebrigens haben
diese Strophen einen pathetischen Ausdruck wie ihn die
ttbrige Ode nicht hat: welche mäszige, uch wenig anstren-
gende Prosa ist^ groszentheils etwa mit kleiner Umstellung
eines oder des andem Worts recht gut ais Prosa lesbar.
AehnKch nttehtem, die hier begonnene Registerform gleicb-
£alls fortsetzend, ist das folgende letzte, uninterpolirt erhal-
tene Gedieht Denn man lese doch daselbst
tua Caesar aetas
fniges et agris rettulit uberes
et signa nostro restituit lovi
derepta Parthonim superbis
postibus, et vae uum duellis
lanum Quirini clausit et ordinem
rectum evaganti frena licentiae
OXXXIV Zü ODE IV, 15. EPOD. XV. XVI.
iniecit emo\itque culpas
et veteres rerocavit artis —
Das ist ein versiiicierter Speisezettel. Dem Horatius, dessen
poetischer Athem übertiaupt nicht sehr stark ging, war er
hr diese auf Ordre gefertigten Hofgedichte ganz aosge-
gangen.
In dieser vierzehnten Ode möchte auszerdem das pius
mee simphcc in V. 13 noch verdorben sein.
Epod. XV Nox erat —
V. 7 (ium pecori lupus et nautis infestu% Orion turbarit
hibemum mare, wie überliefert; ist Unsinn. Ich habe Aosfall
angenommen.
Epod. XVI Altera iam teritur —
V. 15. forte quod expediat cowrmmiter aut melior pars
malü carere qnaeritis iaboribus, So Meineke. Ebenso Haupt,
aber mit einem Eomma hinter expediat Andre, om auch
hierin der wenigstens bei weitem überwiegenden Ueber-
lieferung treu zu bleiben, nicht quod expediat, sondern quid
expediat. Dasz jede Erklärung mit quid expediat unmõglich
sei, weist Bentley bis zum Ueberflusse nach. Er selbst ent-
scheidet sich fttr forte (quod expediat!) comjnuniter u. s. w.
Was denn wenigstens eine Construetion , eine Form der
Rede ist, bei der man athmen kann, während alle übrigen
Lesarten dem Leser die Eehle zuschnüren. Aber wie kommt
denn forte dazu, mit einem Male 'vielleicht' zu heiszen?
Das heiszt es nicht, und da was es heiszt 'zufäUig' auch
keine Stätte findet, so ist forte verdorben. Ich habe ver-
sucht, indem ich noch eine andere Verderbung annehme,
vielleicht befördert durch das eingedrungene yb;'^<?, welches
die beiden Verse eines Verbums beraubt hatte:
forte quod expediat commuiiiter aut melior pars
malis carere quo velit Iaboribus.
EPOD. XVI. CXXXV
Ferte bringet herbei (gebet an) ein Mittel, welches allge-
mein helfen kann oder durch welches den Leiden zn ent-
gehen der beszre Theil den Willen fassen kann. — Der
nemlich eines männliehen Entschlusses fähig ist und der
Einsicht^ dasz nur in einem Untemehmen ktthnes Ent-
schlusses eine Httlfe ist. Ygl. 35 haec et guae poierunt
rediltis abscindere dvlcis eamus omnü exsecrata civitas aut
pars indocüi melior grege; moUü et exspes inaminata per-
pHmat cubüia, vos, quibtis est i^irtus, —
Die Auflforderung mit ferte ist sehr passend. Denn
wie eine Berathung ist die Situation gedacht. Y. 23 sic
piacet an melius quis habet suadere? Und da niemand Ein-
rede thut: secunda ratem occupare quid moramur aiite?
Vrf 48. 49. Diese beiden Verse nulla noeent habe ich
hieher gesetzt. Die Handschriften haben sie hinter Y. 60
(nach gewõhnlicher Zählung) laboriosa nec cohors Ulixei.
Das ist natttrlich nicht mõglieh. Haupt hat sie eingeklam-
mert. Ich habe sie dahin versetzt, wo sie nach dem Gange
des Gedichtes richtig stehn konnen. Zwischen beiden Aus-
hülfen läszt sich natttrlich mit Sicherheit nicht entscheiden.
Die letzten vier Yerse heiszen bei Meineke und Haupt :
luppiter illa piae secrevit litora genti,
ut inquinavit aere tempus aureum;
aere, dehinc ferro duravit saecnla, quorum
piis secunda, vate me, datur fuga.
Es wird wol niemand sein, der dies wiederholte aere
ais natttrlich angebracht empfände. Es gibt auszer aere
eine andere üeberlieferung aerea : dem ersten Anschein nach
besser fttr den Sinn: allein Meineke, der es ehemals auf-
genommen, bemerkt dagegen, bei Horaz sei dekinc nie ein-
silbig: Sat. I, 3, 104. 5, 97. Epist. II, 3, 144 (während hin-
gegen dein, deinde, detnceps einsilbig und zweisilbig
seien, ein neuer Beweis, dasz Sat. I, 5, 97 das von Be^^
ley, auch aus Handschriften, eingeftihrte dein statt des frti-
heren dehinc richtig sei). Aber es kommt dazu Bentleys
cxxxvi EPOD. XVI. xvn.
fiemerkung, dasz hinter aerea saecula das quorum doch
kaum bestehen kõnntd; das man nun nicht auf aerea saecula^
sondern auf die in dem ferro duravit latenten ferrea saecula
zu beziehen hatte. Weshalb er für diesen Fail wenigstens
quorsum (ein Vorschlag von Grävius) oder dafür lieber quo
nunc einigermaszen besser fand. Ich habe statt aere oder
aerea geschrieben dira. Womit auch quorum piis — hin-
reiehend gut besteht um einer Aenderung enthoben sein zu
dttrfen. Denn aufmerksam zu machen habe ich noch, dasz mit
quorsum oder quo nunc (da dies nicht heiszt : wohin ^a u c h' jetzt)
das piis nicht bestehen konnte. Es kõnnte sich das obige
piis ganz eben so hier nicht wiederholen. Man mttszte
dann etwa fttr piis auch emendiren, etwa bonis. — Dasz ich
hinter aureum nicht blos ein Eomma gesetzt so dasz der
Satz dira — saecula noch von ut abhängig wÄre, sondern ein
Punkt, habe ich absichtlich gethan. Es ist so poetiseher
und wird doch dem Sinne nichts entzogen, der hinreichend
durchsichtig und unzweideutig bleibt. 'Jedoch den Frommen
dieses entsetzlichen eisemen Zeitalters wird, das darf ich
prophezeien, glückliche Flucht gewährt.' Natürlich eben nach
jenen Küsten, die gleich beim Beginn der Unfrommigkeit
ftir die Frommen ausgesondert wurden.
Epod. XVII.
V. 80. Der Antiklimax, das Zurtickgehen auf das viel
Geringere und gleichsam Handwerksmäszige nach dem vor-
angehenden, den Mõnd vom Himmel reiszen, die Todten
auferwecken können, und gar da ihr Liebestrank sich ja
nnwirksam erwiesen, kann nicht geduldet werden. Der
Vers zeigt sich ais unecht. Hermann; da die Epoden alle
durch zwei theilbar sein mtiszten und also hier ein Vers
zu viel sei, verwarf den Vers 77 et ipse nosti curiosus —
(tlber die Horazische Ode an den Censorinus, Berichte der
Leipz. Gesellsch. 1848 S. 275). Indessen musz ich diesen
V. 77 an und für sich gut und beiszend iinden, mit Bezug
auf die aohte Satire. Den Vers 80 dagegen mflszte ich ver-
EPOD. xvu. cxxxvn
werfen anch ohne das Moment der Distichia. An welchem
ich für die Obrigen Horazischen Epoden nicht zweifle, ge-
rade aber für dieses letzte Gedicht bis jetzt glaube noch
die Betrachtung offen halten zu müssen. Nicht etwa —
mein Bedenken liegt anderswo — weil es aus gleichge-
bauten Zeilen besteht, nicht ais ob ich nicht gedächte jener
hõchst wichtigen Stellen bei Hephästio S. UI und 117. ♦)
Wo er lehrt dasz Gedichte nicht nur aus ungleichmäszigen,
sondern auch aus gleichmäszigen Versen der Ljriker es
gab^ eben die inqfSoi, deren Eintheilung in Strophen (er
nennt es Systema) zu je zwei Versen (i/to diatixiag) in den
alten Ausgaben derselben ausgedrückt war, nach der altem
Art durch dasZeichen einer Paragraphos. (Gonsequent; dooh
pedantisch» würden auch wir jetzt zweizeilige Strophen durch
einen Zwischenraum trennen.) Insbesondere lehrt er dort dasz
das zweite Buch der Sappho (es bestand aus Aeolischen
Versen) und das dritte Buch (es bestand aus, um nach ge-
wõhnlicher Art zu reden, aus Choriamben mit Basis) so be-
zeichnet war. So las also Horaz gewisz seine Sappho, so
gewisz auch seinen Alcäus und Archilochus. Wenn aber
die zweizeiligen Strophen so bezeichnet waren, so gewis
*) Hephaest, p. UI: xoiya di, Saa vrro cvaxtifAatos fiiy xaTtcf4itQtU
TUI, €(vro dt ro avatri^a t^ii riXijgovfiiyoy oiu icxi ta iy k^ divrigt^
xai TfiiTtfi 2u7t(povi, ly ots xaxufAiXQiUui fAiy vno dicxixiug, uvxfi öt ^
õmxiXia oftola icxf, Ibid. p. 116: Zvaxvifxu di kõxi uixqtay avynytayij,
rixoi dvo ^ TtXiioytoy, /" cfioitay f ayo/nottoy €}yof4oitay jU^v, cuf xa iXt-
yiltt, i^ttfiixQõv yuQ icxi tiqos ntyxtifiiTQoy xoiyotyiu , xal «i intadoi'
xh dk i^ hfAomy, o^s xo divx€Qoy 2u7i(povi, (6f nQoioyxis dii^OfAiy,
p. IIT: Koiyu dk avuxr^ftaxutd, üntg xai 6 xuxu cxi^oy yiyguip^at fpti-
õxtoy vyitSf uy Hyoi xui o xuxu avaifjuw toi xb dtvxegoy xal xgiioy
Suntpovs. ^iu ftey yu^ xo iy xols nuXamti ayxiyqaff ois xaxu dvo ogäy
Tiu^uytyQa/Afdiyoy txaaxoy ^Cfiu, xai Ixi dta xo fitjd&y tvgiaxtc^ai a^i-
t^ffov ntQXTXOV, xaxa avaxufia yofAi^Ofiiy avxa ytyqdrp&ui' ndXiy dk xtjl
Zfioioy ixdxfQoy tlyat tioy iy xp dvädi axf^tf^y xal xtp dvyao&at xtjy
notijXQiay xaxu ivx'i^ xiyu uQxiov nuyxa ägi^fiov Titnotr^xiyai, (paiii xtf
ay xaxu axixoy avxu yiyQtt<p9ai. Auch Ellis in der AbbandluDg departitione
carminum Caiulli in seiner Ausgabe des Catull. Oxon. 1S67 hai die
Stellen gebührend gewürdigt.
CXXXVin EPOD. XVIL 8AT. I, 3. 4.
auch die vier^iligen, und ee kann ueb nieht Wunder neh-
men wenn Horaz aueh seine jenen naehgebildeten Gedichte
eben so baute, auch bei Bolchen (rediehten, wo er wol
Bchwerlich darau gedae]it hat dasz oie soUten gesungen
werden« Das Strophenprineip, und im Grossen in den Oden
das Tierzeilige Strophenprincip bezweifelt kein Einsichts-
ToUer mehr. Die Frage ist noch erlanbt, aher allerdings
vielleicht fiberflQgsig, weil vielleicht nicht zu beantworten,
ob nieht ein Paar Gedichte, ich will z. B. sagen Xullam
Vare $arra — auch in den Oden sind, die zweizeilig ge-
mcint waren.
Sat. I, 3 Omnibus hoc \itinm est —
In V. 20 ist die Ueberlieferung: nullane kabes ritiaf
imo alia et fortasse mhora, Das alia will nieht passen.
Ich habe ge8chriel)en imo aio: et (gleich et tamen) fortasse
mmora. (Sat. I, 6, 65.)
Sat. I, 4 Eupolis atque Cratiiius —
V. 7. Was heiszt die gewõhnliche Ueberlieferung Xt/ci7ii»
— faeetusy emunctae naris ^ durus componere versus? Der
harte Verse machte? Wie kann denn aber durus componere
versus so viel sein ais durus in componendis versibusf Danach
wäre das Naheliegendste 'steif, ungelenk zum Versemachen.*
Aber es ging ihm ja so auszerordentlich leicht von der
Händ. Ich sehe nicht auders ais dasz es heisze: Versteift
darauf Verse zu machen , obstinatus, Dazu pasEt auch der
Fortschritt nam fuit hoc vitiosus u. s. w. semperque inversa
tueri durus aus Valer. Flacc. 3, 647 hat angeftthrt Golenski
de injinitivo Latino (Regim. 1864) S. 49. Beiläufig be-
merke ich dasz für das ridiculus totos simul absorbere pla-
centas Sat, II, 8, 24 gewisz die richtige Erklärung ist, die
mir ein jünger Freund gegeben : der die lächerliche Passion
oder Geschicklichkeit hatte die ganzen Euchen zu verschlin-
gen: ridiculus ad, — Aber ich habe hier in der überlieferten
Stellung der Verse noch eine Aenderung vorgenommen,
SAT. I; 7. CXXXIX
auf welche der hinter nt magnum — auffallend abgerissen
eintretende Vers. cum Jlueret luculcntus erat quod toUere
velles hinwies. Icb habe ihn hinter emunctae naris — gestellt,
und, dünkt mich, mit der Interpunktion, die ich gegeben,
wird ee nun befriedigend. V. 14. Die Ueberlieferung Cns--
pinus minimo me pravocnL Bentley^s nummo ist ftir mieh.
überzeugend : sehon das einzige Wort: sed quid faciamus
iUo ^mimimdl deest siguidem pecuniae summa, guam per^
deret is gui sponsiojie vinceretur, V. 79 laedere gaudes, iu"
quitj et boc studio pravus Jacis. Dies die Ueberlieferung
*und das thust du studio pravus,^ Das ist doeh wunderlich.
*Dureh di es es Streben' brauchen wir. Ich habe geschrie-
ben et koe studio pravos facis ^und in diesem Streben stellst
du die Menschen ais verkehrt dar.'
Sat I, 7 Proscripti Regis —
In dieser Satire habe ich an einer Stelle eine bedeu-
tende Aenderung vorgenommen. Nämlieh V. 9 heiszt ge-
wõhnlich: ad Regem redeo. postquam nihii inter utrumgue
canvenit {hoc etenim u. s. w. Nun sind aber die Worte ad
Regem redeo unmõglich. Weder hat der Dichter vorher bei
dem Rex allein verweilt, noch war er, indem er ihn eben
nocb zusammen mit Persius erwähnt, von ihm abgekommen,
noch spricht er hinter dem ad Regem redeo von ihm irgend
ais Hauptperson. Eurz^ wie gesagt, es ist das ad Regem
redeo ganz unmõglich. Ob jemand aus Buchstabenverschrei-
bong (wo man denn wol an ardere denken wttrde) eine
passende und ungezwungene Verbesserung machen- kann,
weisz ich nicht. Ich habe auch hier angenommen, dasz
eine entstandene Lttcke schlecht ausgefüUt ist, und habe
etwas für den Sinn Trefifendes eingesetzt: moliri exitium.
Woroit dann zugleich etwas anderes gehoben werden kann,
was wir in dem gewohnlichen Texte lesen und was ich
gleichfalls für unmõglich halten musz: ich roeine die ge-
wõhnliche neunzeilige Parenthese ron hoc V. 10 bis miseris
V. 18 — ein Ungethttm wie wir es ähnlich am Anfange
CXL SAT. I, 7. 8.
des 15* Briefes werden zu entfernen haben: alsoeine neun-
zeilige und zwar einige ganz gehõrige Perioden in sich ent-
haltende Parenthese. Von dem sechszehnzeiligen parenthe-
tischen Ungethttm im 65. Gedicht des Gatall sind wir ja
niin dureh glücklichere Einsicht befreit. Nachdem nun an
unserer Stelle für das ad liegem redeo das von dem Sinn
Erforderte hergestellt ist, fängt mit postquam nicht ein neuer
Satz an, wodurch jene Parenthese nöthig wird, sondem es
gehõrt nun zusammen moliri exitium postquam nihu inter
utrumque convenit. Und alles geht einfaeb vorwärts.
Sat. l, 8 Olim tnincus eram —
V. 14 nunc licet Esquiliis kabitare sfüubribus atque aggere
in aprico spatian) quo modo lriste$ albis informem spectabani
^ssibus agrmn. Es wird so viel ich sehe erfordert das schon
von Bentley vorgeschlagene qua; allein auch das hilft nur
wenn ohne Interpunction geschrieben wird agyere in aprico
spatiari qua modo tristes u. s. w. Dasz Horaz 'auf welchem'
(abgerechnet dasz man lieber sehen würde Von welchem')
soUte mit quo ausgedrückt haben, was Bentley offenbar an-
stõszig fand, ist auch wohl bedenklich. Aber gar der Sinnl
'Jetzt kann man auf dem sonnigen Damm sich ei^ehen,
auf welehem man frtther — Das konnte man auch vorher,
wenn er vorhanden war. Da fehlt der Begriff *mit Vergnü-
gen sich ergehen , der in spatiari doch nicht liegt, noeh viel
weniger ais in dem Deutschen ^spazieren gehen'» sondem
nur mit bequemen Schritten. Soil man etwa bei aggere in
aprico kttnstlich ergänzen salubrit Wie dann aber weiter?
auf welehem vorher tristes spectabant. Wer sind denn die
tristes ? Traurige Menschen ? Wer redet denn so Lat^inisch ?
Und was ist es denn auch für ein Sinn? Das Subject zu
tristes kann nur Esquiliae sein. Jetzt kann man auf den
Esquilien gesund wohnen und wo sie frtther traurig auf das
Leichenfeld sahen gesund sich ergehen : d. h. auf einem
jetzt, wo es vorzQglich auch durch die Aussicht auf die Gär-
ten lohnte, auf der Hõhe angelegten planirten Gange. Vom
Servischen Wall ist keine Rede.
SAT. I, 10. CXLI
Sat. I, 10 Nempe incomposito —
Dasz die ersten vor den ganz kenntlichen Anfang Nempe
gesetzten Verse sehr gut sind (ich meiue nicht nur metrisch)
das ist gewis. Dasz der Ton grõber ist ais Horaz ihn je
yor dem Publicum anstimmte (auch mit exkortatus^ fttr das
bekanntlich Horkel sehr beachtenswerth excoriatus vorscblug)
ist auch gewis. Dasz sie deshalb nicht von Horaz sein
könnten folgt noeh nicht. Horaz war so unschuldig nicht
ais er sich z. B. vor Mäcius darstellt. Ftlr einen HõUensack
konnte er sie wohl machen. Weiteres darüber (s. ein Weniges
oben zu Od. II, 15) dasz unsereältesten Handschriftensie nicht
haben und die Scholiasten sie nicht erklären erwarten wir von
Holderzu lemen. Zu V. 70 gebührt hierihreStelledertreflflichen
Ausführung von Dr. Eugen Plew (Fleckeisen Jahrb. 1866),
welche zwar durch mich veranlaszt worden, die ich selbst
aber schwerlich so befriedigend geleistet hatte. 'Bei Horatius
Sat. I, 1 0, dort wo von dem ungebildeten Versbau der alten
Zeit und namentlich des Lueilius die Rede ist, schlieszt ein
Vers, 78, . . . et tn versu faciendo \ saepe caput scaberet
u. 8. w. Corssen Ausspr. u. s. w. II S. 430 ftihrt diese Stelle
ais Beleg dafdr an, dasz nicht einmal in den Horazischen
Satiren, die doch der Umgangs- und Volkssprache am näch-
sten ständen, das Bestreben sichtbar sei, am Ende des Ver-
ses in der 5. Arsis Hocbton und Vershebung zusammen-
fallen zu lassen. Lelirs glaubt dessen ungeachtet seine
(auch N. Jahrbb. 1864 S. 185 angedeutete) Meinung festhal-
ten zu mtissen, dasz das Ohr in jenem Verse sich unge-
wuhnlich berührt fühle und dasz Horazius hier (mit ähn^
lichem Witz wie in non quivis videt immodtilata poemata
iudex) eine metrische Incouvenienz habe einflieszen lassen:
hier eine des Lueilius, und zwar eine ihm nicht etwa zuzu-
trauende, sondem es dränge sich deutlich auf, dasz in dem
in versu faciendo eigne Worte des Lueilius enthalten sein
müszten, wie ^unsicher auch bei Charisius p. 60 P. (78 K.)
die Ueberlieferung eines Lucilischen et verstis faciendi sein
mõge. Eine Untersuchung jener Versscblüsse, namentlich
CLXU
SAT. ly H».
al>er der mit antispondeiscbem vorletzten Worte, war Lehra
MeinuDg, werde dies wol bestätigen. Im folgenden habe
ich eine 8^dche Untersuchang fQr die hauptsäehliehsten
Hexameterdichter angestellt. Corssen II S. 442 f. spricht
noch einmal über diese Versansgänge Ton der Fonn ,-,v^-^3
uud bemerkt, dasz im Gregensatz zu Ennios 'die Diehter der
Angusteischen Zeit diese Fonn des Versausganges selten
anwandten, nieht weil sie die Uebereingtimmong von Hoch-
ton und Vershebung sncbten, sondern weil die Cäsnr [rich-
tiger Dibäresej nach der Hebung des fttnften Yers-
fuszes den rollenden Fail des Versschlnsses unter-
brach'. Wie treffend aoch die letztere Bemerknng sein
magy so bedarf die erstere sieherlieh einer genauem Be-
Btimmung. Ausgehn will ich bei der Betrachtimg der
HexameterschlQsse von der Fonn ^^^-z TonHoratius; er
hat folgendc:
Satl 1,104 ae uebulonem
^ 2,12 ae nebulonis
2,57 umquam alienis
2,98 clQiilõnes, parasitae
2,119 vener^m facilemqae
3,52 fortis^jue habeatur
4,4 aut alioqui
4,27 hic puerorum
6,36 matre inhonestus
8,3 fiirum aviumque
8,13 ue sequeretur
8,48 Säga näe ealiendrum
10,46 Varrone Ataciuo
10,70 versü faciendo
II 1,27 tötidem stndioram
2/.)5 rhombi patinaeque
3,166 di£f;^rt barathrone
3,195 Priamusque nhomato
3,207 non fiiriosiis
3,221 qui seeleratus
5,46 ne manifestimi
7,75 imperfis hominumque
7,96 Fnlvi Rutubaeque
8,21 SSnÜljõ Balatroni
8,33 Vlbidlüs Balatroni
Epp. I 1,27 solerque eiementis
1,62 an pueromm est
14,8 mens animusque
n 1,58 properare £piclianai
1,115 quod medicorom esi
1,173 iu parasitis
1,263 et venerator
3,81 et populares
3,146 bit^rltd Meleagri
3,355 ut eitharoedus.
V-/V-/
SAT. I, 10. CXLUI
HierauB ergibt sich, dasz Horatius den Versschlusz
^ 3 keineswegs gemieden hat ; dasz derselbe in den f reiem
Satiren häufiger ist (auf 83 Yerse Imal) ais in den Episteln
(auf 197 Verse Imal); dasz endlicli die Wahl des vorletzten
Wortes keineswegs gleichgtiltig ist: denn 1) in den übcr-
wiegend meisten Fällen weicht die Betonung desselben von
der prosaischen nicht ab: a) 15 Wõrter sind einsilbig, b)
8mal ist Synalõphe. 2) seine Betonung ist abweichend in
folgenden Fällen : a) 6 Wõrter haben die Messung ^ w .' oder
j-woJi: Fälle; die um so eher zu entschuldigen sind, ais bei
Anwendung dieser Wõrter im römischen Hexameter immer
Hochton und Vershebung auseinanderfallen müösen. b) 2 Worte,
darunter ein Eigenname, haben die Messung — ^. c) 4 Wõrter
haben die Messung -^: darunter Snt. I 10,70 in besprochner
Absicht; II 2,95 gründes rhõmbi patinaequ^i scheint aueh
nicht unabsichtlieh ; II 3,166 quid enim differt^ barathrone
scheint weniger auflfallend, Asafert Staimmsilbe ist; II 796
endlich sind zwei Eigennamen. In den Episteln kommen
Antispondeen an dieser Stelle nicht vor. Durchschnittlich
kommt bei Horatius auf 116 Verse 1 Versschlusz ^^^o. Bei
Persius ist der Gebrauch viersilbiger Versschlttsse wieder
viel spärlicher : I 4 Trdlädes Labeonem. I, 25 exUnt capH/xcus,
I 26 usque udeone. Es kommt auf 216 Verse 1 solcher Vers-
schlusz. Bei dem vorletzten Worte ist die Betonung Imal
regul&r in Folge von Synalõphe, 2 mai abweichend mit der
Messung ^^^■^.
Bei Invenalis ist der Gebrauch wieder reichlicher:
I 46 hic spoliator
III
217 et Polycliti
53 mfigitflm labyrinthi
V
59 GaetulQm Ganymedem
55 8i capienfU
115 f^rro Meleagri
80 vel Clavienus
VI
110 Ülos Hyaciuthos
130 atque Arabarches
156 et Berenices
n 1 et glacialem
581 dedSm Petosiris
111 70 aut Alabandis
655 atque Eriphylae
133 vel Catienae
VII
6 disertis Aganippes
144 et Samothracmn
15 Squites ABiani
CXLIV
SAT. I, 10.
VII 90 tu Camerinos
\)i aut Proculeias
191 et generosus
193 et jaculator
VIII 3% aut Camerinus
89 InOpQm sociorum
103 non Polycliti
229 persön&m Menalippes
IX (> miseräbülör Crepereius
22 et Ganymedem
64 ut Polyphemi
X 114 aut Ciceronis
150 altosque elephantos
243 ut renovata
286 hoc cruciatu
350 noB animorum
Xn 101 prömitt&Qt hecatomben
102 viniles dephanti
XIII 7 ut mediocris
105 hic diadema
122 non Epicurum
148 et populorum
197 et Radamanthus
200 quod dubitaret
XIV 17 paribusque elementis
20 ae Polyphemus
40 docil^s imitandis
41 et Catilinam
46 pernõctäntis paraaiti
81 et generosae
252 quod Mithridates
XV 125 immänSs Agath}T8i.
Durchschnittlich kommt hier auf 79 Verse ein Vere-
schlufiz ^^icf, Ueber die Betonung des vorletzten Wortes
ergibt sich 1) es fällt überwiegeud oft Hochton und Vers-
liebung zusammen: a) 30 mai ist das vorletzte Wort eiiisil-
big. b) 4 mai findet Synalophe statt. 2) Uochtou und Vere-
hebung falleu auseinander in folgenden Fälleu: a) 4mal hat
das vorletzte Wort die Messuug v^v^-^ oder jl^^^i^ h) 2 mai
die Messung - ^ , c) 8 mai die Messuug -i - -i. Ueber 2,b u.
c. vgl. unten.
Gehen wir zu den Epikern der ersteu Kaiserzeit ttber,
so ist zunächst bei V ergi lius das Verhältnisz schon ein
ganz anderes. Die Verssclilüsse siud:
eel. 3,03 rab^ns hyacinthus
5,87 an Meliboei
6,53 faltos hyaciutho
• *
8,44 extrOmi Garamantes
10,12 ÄOnle Aganippe
ge. I 437 Inoõ Melicertae
n 84 Idaeis cyparissiB
III 60 pati hymenaeos
IV 137 tõnd^bät hyacinthi
183 ferrõgin^s hiacinthos
Aen.I 651 inconcessosque hyme-
naeos
III 32 S Lacedaemoniosque hyme-
naeos
k
8AT.
h 10. CXLV
Aen.in401dllci8 Meliboei
IX 344 Rhoetumque Abarimque
464 sectoqHe elephanto
477 fimmSÕ uliilatu
553 nlyifrSgflm Scylaceum
574 Diöxippfim Promolumque
614 genitore Adamasto
767 NoimonäqQePrytanimque
680 conifSrae cyparissi
X 60 et Simoenta
IV 99 pactosque hymonaeos
136 Oticik terebintho
146 pictique Agathyrsi
505 gSmTtõ lacrimiRque
215 sSmiYirö comitatu
720 prÖftigQs hymenaeos
316 IncSptos hymenaeos
XI 69 länguSntis hyacinthi
667 fgmingö ulutatu
217 Turnique hymenaeos
V 300 HSiymõs Panopesque
355 dignisque hymenaeis
448 aut Erymantho
XII 87 alboque orichalco
VI 11 mentem animumque
419 odõrifgräm panaceam
445 maestamque Eripyhlen
515 gonQs Peridiae
484 säcrdm Polyphoeten
805 miscere hymenaeos
623 vetitosque hymenaeos
Gulex235 äsptctins Ephialten
896 nttins elephanto
401 hic rhododaphne
\II 344 Turniqae hymenaeis
Cirris 95 foribusque hyacinthi
358 Phrygiisque hymenaeifl
434 liectrõ lacrimoso
398 cSnTt hymenaeos
470 hinc Strophadasque
555 cSl?brlnt hymenaeos
Für die Betonung des vorletzten Wortes- ergiebt sich
Folgendes: 1) in der Mehrzahl der FäUe ist sie von der
proBaischen abwelchend: a) 2t' Wõrter haben die Messung
^-w^, wv^^ oder ^^, b) 2 Wõrter die Messung --^ (wol
ohne eine maleriscbe oder andere Absicht), c) 8. Wõrter die
MesBung -- ^ ^. 2) Hochton und Vershebung fallen zusi^miftl^ii
in folgenden Fällen : a) 5 mai ist das vorletzte Wort einail-
big. b) 1 7 mai findet Synalõphe statt Durcbschnittlich
kommt auf ca. 261 Verse 1 Verssctlusz v^^^-
Bei Ovidius ist der Gebrauch dieses Versschlusses
selir riel spärlicber; es sind folgende Fälle:
Met n 244 Phegi&cõ Erymantho
V 312 Hyäntgä Aganippe
Lelin, Uor»tiiis.
V 409 Pisaras Atethusae
vm 310 Hyiriteo lolao
K
CXLVI aAT. I, to.
Met XI 17 Bicchä uhilAtiiB XIII 257 AlistoriqaeCliromiiaiiqae
756 JM GanymedeB 25SNoSiiittiiiqf[ePrytMiinqiie
FOr die Betonong des yorletzten Wortes ergiebt sich,
dasz bei Ovidios stets Hochton und Vershebang aasein-
ander fallen: a) 4 Wõrter haben die Form -^^s^^ oder w^,
b) 4 Wõrter haben die Messung ^— ^. Durchscbnittlieh kommt
aof 1500 Yerse ein Yersschlusz ^^w-^c?.
Aoch CatuUus mosz Uer in Betracht gezogen werden.
62,4 dicGtOr hymenaeas 64,20 d^pexit hymeiiaeos
5 0 hymenaee 141 optätõs hymenaeos
66,11 aüctoshymenaeo 319 castodib&nt calathisci
Hierans ergiebt sich, dasz 1) die Betonung des vorletz-
ten Wortes flberwiegend hftufig von der prosaischen ab-
weicht: a) 4 Wõrter haben die Form ---% b) ein Wort hat
die Form -^. 2) 1 mai fäUt Hochton und Vershebang zu-
sammen bei einsilbigem Wort Durchschnittlich kommt aof
ca. 134 Verse ein Versschlusz v^^^^-.
Bei Silius Italicus kommen folgende FftUe vor:
I 152 saperamque hominamqae V 22 lateqae hymenaeo
II 484 divumque hominumque XV 728 ae residentem
m 64 primoque hymenaeo XVII 79 T5tios hymenaeos
Hierans ergiebt sich: 1) das Zosammenfallen von Hoch-
ton und Vershebüng flberwi^ entschieden: a) 1 Wort ist
einsilbigy b) 4 mai findet Synalõphe statt. 2) Nnr 1 mai fült
Hochton und Vershebüng auseinander; das vorletzte Wort
hat die Messung wwA Durchschnittlich kommt aof 2034
Verse 1 Versschlusz w^-ic?.
Bei Lucanus kommt ttberhaupt nur 1 Fail Tor:
xm 318 prlecipitä cataractae. Das Yorletzte Wort hat die
Messung -w^^.
Bei Statius kommt in den Sävae und Aehüleis kein
Fail vor, in der Thetaü folgende:
SAT. I| 10.
CXLVZC
n 202 primiBqae liymenaeb
239 haec Aracyntho
610 Echiöniüm Lycopbontem
m 283 däbis hymeiUMiB
Yn 344 qui Cypftii>son.
Hieraos ergiebt sich: 1) Das Zusamm^allen von Hoeh-
ton and Yershebung überwiegt: a) 2 Worte sind einsilbig
b) 1 mai ist Synalophe. 2) 2 mai fällt Hochton und Vers-
bebong auseinander: a) 1 Wort hat die Fonn ~>^w^; b) 1 Wort
die Fonn w ^. Durchschnittlich kommt auf 2824 Yerse 1 Yers-
SCUUSZ v>w^C
Wir woUen nun zur voraugusteischen Hexameterpoesie
zurückgehen und zunächst die yier»lbigen Yersschlttsse bei
Lucretius aufsachen; es sind folgende:
4'oiime ftnimantum
51 ad rationem
68 nec minitanti
74 mente animoque
97 comitari hymenaeo
112 natura^animai
139 rSrüm novitatem
148 spSciSs ratioque
182 qoae genitali
194 natora animantam
264 adiuta aliena
266 nii revocari
350 omne animantam
424 quo referentes
457 natora abituqae
517 qu^t cohibere
544 nii revocari
547 rebÕB reparandis
550 res reparare
779 caecamque^adhibere
808 arbusta animantis
821 arbnsta animantis
828 plnrii adhibere
I 912 sunt elementis
1033 gens animantam
1038 natora animantom
n 43 pariterqoe animatos
61 spSctes ratioqoe
77 äl'ilke minoontor
78 saecla animantom
139 otmoveantor
393 est elementis
463 esse elementis
480 figürarõm ratione
483 in brevitate
509 in melioris
591 ondQ oriantor
614 qoi violarint
640 mätrSm comitantor
665 qoaeqo^jmitantor
691 constar^ elementis
717 atqo9 imitari
804 oti yideator
918 ona eademqoe
920 torbamqo^ animantnm
938 nator^m animantis
K2
CXLVIU
SAT. I| 10.
n 981 coDsUi^ elemeotis
[1023 ad rationem]
1063 generisqu^ auimantum
1073 Biimlü ratione
ni 93 spSciÕs ratioque
132 delat^m Heliconi
142 mens animusque est
150 pars animar
155 Yocemqu^ aboriri
161 atquQ animai
167 constarQ animamque
228 natur^m animaeqae
244 ex elementis
III 254 atquQ animai
341 sic animai
344 atquQ animai
[374 miuora animai)
[380 priv^ animai]
[388 cumqu? unimantis]
[392 concus8i^_anima7]
397 vis animai
399 uU^ animaF
406 partQ animai
444 is cohibessit
455 omn^m animai
468 qui revocantes
476 vis pcnetravit
499 atqa^ animai
522 a modicina
536 tanta auimai
573 si cohibere
580 perferr? animai
597 cum perhibetur
624 uatura auimaiit
713 necD^ animaT
724 multij^ animarum
701 te sapienti
838 atqu^ animai
III 949 ais moriturus
1079 quin obeamus
1092 ex hodierno
rv 38 viYös volitare
104 lUiB similesque
250 ant^ agitator
335 Bunt Bpeculorum
343 geBtumquQ imitari
351 ne simulacra
365 gestumqu^ imitari
448 Gt) videantur
545 ex Heliconis
616 pius operaeve
645 ciipiünt animantes
646 et generatim
650 quae perhibemus
[720 in pemorando]
740 natur^ aidmalis
759 cum vigilamus
78S cum simulacra
833 sunt ratione
[859 cuiusqu^ animantis]
925 pars remaneret
944 inde animai
959 parte animai
979 ut videantur
985 ess^ operati
1053 hunc jaculatur
1146 ne jaciamur
1217 nec superatumst
1246 aut penetratum
1249 ex aliisque
V 49 ex animoque
50 dnra rationes
69 tdlur^ animantes
80 atqn^ animantis.
a4T.
•
I, 10.
83 qua ratione
y 1373 atqu? olearam
[141 formamqu^ aDimalem]
VI 41 sp^ctes ratioqne
[145 688Q animata
59 qua ratione
[229 cuiquam adhibendast
292 dfiSviim revocari
255 dÜfiviSm revocator
330 est elementis
378 adhuc potuisBeot
333 in remorando
415 virn minuerunt
354 ex elementis
431 generisqu^ aniinaQtam
445 presteraimitetnr
456 sunt elementis
586 hic animai
• 478 in statione
591 ipse animai'
479 quae moveantar
730 flabra aquilonum
547 obiecta alieni»
846 ut cošundo
557 vis animai
902 pari ratione
590 qaa ratione
919 est adeundum
742 flabra aquilonum
959 quae iaciuntur
815 ill« alimenti
1009 ex elementis
919 membra animantum
1012 ex elementis
929 qaod caperetor
1025 ae vacuatus
1053 Snim paterentur
1117 est inimicus
1228 atque elephantis
1119 fortQ aüenum
1347 spevoluerunt
1124 atquQ alienum.
cxux
Hieraus ergiebt sich für die Betonung des Yorletzten
Worts: 1) in den überwiegend meisten Fällen f&lU Hocl^ton
und Vershebung zusammen: a) 71 Wõrter sind einsilbig
(bierzu rechne ich aucb ädhüc); b) 70 mai findet Synalõphe
statt. 2) Hochton und Vershebung decken sich nicht in fol-
genden Fftllen: a) 14 Wõrter haben die Messung -.^^
oder ^w-i oder -^; b) 5 Wõrter die Messung --^; c) 1 Wort
die Messung — ^. Durchschnittlich kommt bei Lucretiug
auf 46 Verse ein Versschlusz s>v^^-.
In den Fragmenten des Ennius (ed. Vahlen) kommen
folgende Fälle vor:
Y. 23 mörtäl^s perhibebant
44 pSdi^m stabilibat
56 aSrümn&s tetulisti
T. 57 quos peperisti
100 impun^ animatus
116 di genuerunt
vu
SAT.
I, 10.
UI dis oriimdum
V. 259 filö gracilento
124 et ttttulatoB
274 aed maledictis
128 nt teneatis
275 inimicttiäs agitantes
137 hiB toleraret
300 DidonQ j>riando8
138 certSbŽnt taditantes
305 cõnl^^Tnditano
139 ae popularis
308 aevpm agitabant
152 gSntes opulentae
324 cafisS poBendi
175 nt nüBererent
393 quae periiibetur
200 prSttfim dederitis
409 i&bet horüarque
223 qolsqnam superarat
414 partim requietcunt
227 quae perhibetur
486 tögi saporeacit
237 atquQ elephanti
567 divomqaQ homioumqae
254 diTomquQ hominumque
591 taetrosqa^ dephantoi
Aos diesen Fragmenten ergiebt sich fttr die Betonang
des Yorletzten Wortes: 1) in der Mehrzahl der Fftlle f&Ut
Hochton und Vershebung zusammen : a) 1 1 Wõrter sind ein-
silbig ; b) 7 mai findet Synalõphe statt. 2) Nicht selten fiUlt
aber Hocbton und Versbebong auseinander: a) 5 Wõrter
baben die Form -v^v^^, wv>^ oder w^; b) 5 Wõrter dieForm
- ^ ; c) 4 Wõrter die Form - - -^. Durchscbnittlich kommt in
diesen Fragmenten auf ca. 18 Verse 1 Versschlusz ^^i-,
In den Fragmenten des Lucilius (ed. Glerlach) sind
folgende Fftlle eines solchen Versschlusses:
I 6,2 hane scelerosi
24 m^r^nt legiones
25 cf^nt dephantis
II 4 invasse animamque
9,2 et capitatam
IV 2,3 cmn decumano
VI 17 Sqaam masimonem
IX 13 ae podagrosos
XI 2 qaem Cephalonem
nv 8 ae Babylonem
XY 7 ae Syrophoenix
10 et cerebrosnm
13 sirpiculiqa^ holeronnn
XYI 3 atqa^ Aqoilonem
XMI 1,6 insign^m haboisse
XXIX 15 at fugitiTOin
XXX 10 atquQ animosam
Idc. 1,5 tarp9 inhonestnm
3,7 hinc inimiciis
16,2 tanüqa^ habearia
k
SAT. I, 10. CLI
Eine Beweisaafhahme aus diesen wenigen Fragmenten
musz firdlich sehr mangelhaft ausfallen. Es ei^bt sich
Folgendes: 1) in den ttberwiegend meisten FäUen stimmen
in den uns erhaltnen Fragmenten Hochton und Vershebung:
a) 10 Wõrter sind einsilbig; b) 7 mai findet Sjnalöphe stafi
2) 3 Wõrter haben dieForm ^^.
Nachdem wir uns nun das nothwendigste Material Tor-
gef&hrt haben, kõnnen wir flber die Anwendung des Vers-
scblusses ^^^a im lateinischen Hexameter etwa Folgendes
sagen: Ehmius^ der Begründer des lateinischen Hexameters,
der nochmit vielfachensprachliohen und metrischen Schwimg-
keiten zu kftmpfen hatte, hat sich auch tlber diesen Vers-
schlusz wol noch keine sehr bestimmten Gesetze gemacht:
er scheint ihn von allen lateinischen Dichtem am häufigstto
zu haben. Freilich war die lateinische Sprache wol nicht
so reich an Wortformen von der Messung wv^zc; ais die
griechische, wie dies eine Vergleichung des Ennius mit
Homer zeigt. Bei Ennius kommen auf seine Ca. 600 Verse
betragenden Fragmente 32 solcher Yersschlttsse : bei Homer
kommt die gleiche Anzahl schon auf die 191 ersten Verse
der liias. Auch in der Setzung des vorletzten Wortes in
der 5. Arsis läszt sich bei Ennius nicht gerade etwas speci-
fisch Lateinisches finden : er hat nemlich an dieser Stelle
13 einsilbige Wõrter (wenn man 2 durch Synalõphe ein-
silbig gewordene dazu zählt), Homer bei der gleichen Att-
zahl von Versschlttssen der Form v^^^c in U. A 1 — 191
12 dergleicheu. Auffallenderweise stehen die bei Ennius
häufig (5 mai) vorkommenden Antispondeen an rorletzter
Stelle bei Homer u4 1—191 nur 1 mai. Femeraber scheint
Ennius namentlich auf die prosaische Betonung der latei-
nischen Sprache bei der Wahl dieser Worte keine Rttck-
sicht genommen zu haben: so hat er in der 5. Arsis viele
Antispondeen (5 auf 600 Verse), die von der reguläten latei-
nischen Betonung grade am empfindlichsten abweichen, ohne
dasz in den meisten Abrichtlichkeit anzunehmen ist Der
nftchste Epiker nach Ennius, von dem wir noch etwas
flbrig haben, ist Vergilius. Bei diesem ist der Gebraueh
CLU SAT. I, 10.
des YersBchlusses v^-^ unendlich viel eingeschränkter; noch
mehr bei Ovidius und den spätem Epikern. Waram haben
wol diese Dichter diesen Versschliisz so gemieden? Corssen
a. a. 0. II S. 443 sagt : 'weil die Dihärese nach der Hebung
des fünften VerBfuszes den roUenden Fail des Verssehlasses
unterbrach.' Aber Homer hat ja doch so unendlieh viel
mehr solcher Yersschlüsse : Vei^lius hat im Ganzen 52^ bei
Homer kommen 52 schon aof die ersten 309 Yerse der
liias. Es mag also noch ein andrer Grund mitwirken, und
dieser liegt wol darin, dasz das vorletzte, in der ftlnften
Hebung stehende Wort den lateinischen Dichtem seiner Be-
tonung wegen grosze Schwierigkeiten machte. Dasselbe
kann sein entweder ein einsilbiges oder ein mehrsil-
biges. Schlieszt nun aber der Vers v^v^/o, so mflssen alle
mehrsilbigen vorhergehenden WGrter an letzter Stelle eine
Länge haben und auf der letzten Silbe betont werden. Da
es aber in der lateinischen Sprache keine mehrsilbigen Wõr-
ter giebt^ die von Natur auf der letzten Silbe betont sind,
so muss in allen solchen Fällen der gewõhnlichen lateinischen
Betonung Zwang angethan werden, auszer wenn die eigent-
lich letzte Silbe mit dem Vocalanlaut des nächsten Worts
verschlifFen wird. Gehen einsilbige oder durch Verschleifung
einsilbig gewordene Wõrter dem Versschlusse ^y^-a^ vorher,
so werden diese allerdings regulär accentuirt, aber ein Ver-
schluszy j:., v^v^^c; fällt sehr unkräftig ins Ohr schon wegen
der vorher entstehenden sog. bukolischen Dihärese. Die
ältesten lateinischen Hexameterdichter, wie EnniuSi haben
nun neben nicht gerade selten angewandten einsilbigen Wõr-
tem in der fünften Hebung der lateinischen Betonung durch
Setzung von mehrsilbigen Wõrtem vielfach Zwang angethan.
Die Augusteischen Dichter aber, deren Ohr ein yiel feineres
geworden war, und die Sprache und Versbau auch mehr
beherrschteu; vermieden einestheils die einsilbigen Wõrter
in vorletzter Hebung noch ängstlicher (Vergilius hat nur 6,
Ovidius keine) andrerseits gingen sie den der lateinischen
Betonung Gewalt antbuenden mehrsilbigen Wõrtem dadurch
zum Theil aus dem Wege, dass sie den Versschluss
v>wl-
SAT. I, 10. CLIII
überhaupt sehr viel spärlicher anwandten; namentlich ent- .
hielten sie sich aber antispondeischer WortfUsze in der fttnf-
ten Hebung : Vergilius hat 2, Ovidius und die späteren Epiker
k e i n e n. Ueberhaupt erlauben gich die Augusteischen Epiker
den Yerssehlusz >^^^o grõsztentheils nur bei griechischen
Wõrtern und bei Eigennamen, die meistens aucb griechischen
Ursprungs siud. Ueberwiegend häufig sind die letzten Wõr-
ter der betrefFenden Verse solche griechische Wörter und
Eigennamen: denn Vergilius hat unter 52 Versschlüssen
w ^ i c 47 griechische Wörter an letzter Stelle, Ovidius unter
8 dergleiehen 7, und auch der achte Yersschlusz bei ihm
Bacchei ululatus weist wol auf ein grieehisches BaxxHai
oXolvyai. Schon bei Catullus sind in der leteten Stelle alle
6mal griechische Wörter; bei Statius sind alle 5 Wörter
an letzter Stelle griechisch , bei Valerius Flaccus 6 unter 7
dergbichen. Namentlich merkwürdig ist das Wort hf/me-
naeus, das (durch Catullus vielleicht Mode geworden) später
das allerbedeutendste Gontingent zu unsern Yersschlttssen
stellt Bei Catullus steht es (abgesehen von dem öfter wie-
derholten Refrain) unter 6 Versschlüssen 5mal, bei Vergilius
14 mai unter 52^ bei Silius Italicus 3mal unter 6, bei Va-
lerius Flaccus 2mal unter 7, bei Statius 2mal unter 5 Ver-
schlttssen ^w^c. Aber auch an der vorletzten Stelle sind
die griechischen Wörter und Eigennamen häufig. Vergilius
hat unter 30 Fällen, wa Hochton und Vershebung ausein«
ander fallen, 8 griechische Wörter, Ovidius unter 8 FäUen
7 griechische Wörter; Statius unter 2 Fällen 1, Valerius
Flaccus unter 3 Fällen auch 1 grieehisches Wort Diese Er-
scheinung ist sehr wiehtig: denn wenn das vorletzte und
letzte Wort ein grieehisches ist, wie dies ganz überwiegend
bei Ovidius der Fail ist, so wird der lateinischen Be-
tonung kein Zwang angethan, und ein solcher Verssohluss
wurde daher von dem römischen Ohre wohl nicht unange-
nehm empfunden. Aber auch wenn in den meisten übrigen
Fällen nur das letzte Wort ein grieehisches ist, erscheint
doch der betreffende Versschlusz schon hierdurch gewisser-
maszen der römischen Sprachsphäre entrückt und in eine
CLIV SAT. I, 10.
andre hineinversetzty so dasz die Rõmer aaeh Bolche Vers-
schlflsse wie tondebat hyacinthiy despexit hymenaeos gleichsam
nicht mit rõmischen Betonungsgesetzen maszen. Dafttr spricht
auch) dass in solchen FäUen häafig ein Hiatus und eine
Verlftngenmg einer Ettrze eintritty wie f uitus hyaehuho^ pati
hymenaeos, canit hymenaeos, profugus hymenaeos, dfeetur
hymenaeus, auetus hymenaeo, woduroh sich diese VerssehlttBae
ais von der gewõhnlichen Art abweiehend documentiren. —
Zwischen Vergilius einerseits und Ovidius nnd den spfttem
Epikern andrerseits ist noch darin ein nicht nnbetrftclitlicher
Unterschied) dasz ersterer den Yerssclüusz ^ ^ ^ c wenigstens
verhältmszmäszig noch sehr viel häofiger gebrancht Die
fiberwiegende Mehrzahl besteht freilich aus griechischen
Wõrtem nnd in einigen Fällen ist die Herttbernahme ans
dem Griechischen sehr offenbar: z. B. ecL \0y 12 *Aovlfi
^Ayavlnnri. Georg. I 437 '/vömji MelixiQTf]. Aen. V 300
"Elvfiog Ilavoftevg ve. IX 344 ^Poltov % "Afiaqiv t€. IX
767 NoTJfiova tb ügvravlv %€ (wõrtlich ebenso Ov. Met XIII
258 aus n. E. 678) u. A. Daneben Iiat aber Vergilius auch
noch mancheS) was an die altere Ennianische Art erinnert,
nemlich einige Yersschlflsse auf wv^/c? aus rein lateini-
schen Wõrtem, wie Aen. IV 896 nitens efephantOy TV 667
femmeo ululatu^ IV 215 semhiro eomitatu, namentlioh aber
VI 11 mentem anrmumque^ X 505 gemttu lacrimisque, Vers-
schlflsse die bei Ovidius, Valerius, Statius durchaus nicht
vorkommen. L. Müller de re metr. S. 220 sieht in solchen
Versschlüssen (er führt an IV 215. X 505. IH 553; 680)
eine malerische Absicht des Dichters : es ist das zum Theil
mõglich, aber bei Vergilius durchaus nicht immer der Fail.
Auch Silius Italicus hat dieselbe Eigenthttmlichkeit wie Ver-
gilius: er hat zweimal (I 152. II 484) einen nachweislich
Ennianischen Versschlusz herüber genommen, einen solchen
freilich, der keinen Widerspruch von Hochton und Vershe-
bung enthält.
Nun bleibt uns noch zur Betrachtung ttbrig der IHdak-
tiker Lucretius und die rõmischen Satiriker. Das erstere
Werk ist das einzige grõszere noch vorhandene Oedicht, in
SAT, I, 10. CLV
welehem die Versschlttsse wv^^ r ziemlich häufig angewendet
sind. Bei ihm fallen die oben besprochenen Schwierigkeiten
in der Betonang dee vorletzten Wortes grõsztentheils weg:
sein Hexameter brancht keine besondere Kraft und Pracbt^
er hat daber in der überwiegenden Mehrzabl der Fälle vor
den Versschlusz <^w^o ein einsilbiges Wort gesetzt. Unter
den 161 FÜlen; in denen er einen solchen Versscblusz hat;
geht 7 Imal demselben ein einsilbiges Wort voraus und
ausserdem 38mal Wõrter^ die durch Elision einsilbig wer-
den: zusammen 109mal. Die übrig bleibenden (52) Wõrter
sind grõsztentheils (32) in ihrer regulären Betonung belassen
durch Synalõphe der letzten Silbe. Somit bleiben bei Lu-
(mtius nur 20 Fälle, in denen der gewõhnlichen Betonung
hat Gewalt angethan werden müssen, darunter die verhält-
niszmäszig sehr geringe Anzahl von 5 Antispondeen. —
Aehnlich ist wol das Verhältnisz bei den Satirikem: sie
nehmen an dem etwas schwachen, der prosaischen Rede
nahestehenden Versschlusz , -, wv>^3 keinen Anstosz, eben-
sowenig an häufiger Anwendung der Synalõphe, welche die
Epiker zum TheU verschmähten. Aus des Lucilius verhält-
niszmfiszig wenigen Fragmenten lassen sich sogar Antispon-
deen mit Bestimmtheit nicht nachweisen, da die Ueberlie-
ferung an jener oben angeführten Stelle des Gharisius (et
versus faciendi) so äuszerst unsicher ist; allein wir dtlrfen
deren Gebrauch nach jener Stelle des Horatius dreist bei
ihm Yoraussetzen. — Bei Horatius selbst macht die Zahl
der einsilbigen (15) oder durch Synalõphe einsilbig gewor-
denen (3) Wõrter die Majorität aus (18 gegen 17). Die
Fälle, In denen bei ihm von der regelmässigen Betonung
abgewichen ist, scheinen theils absichtlich, theils leichterer
Natur zu sein: vgl. oben bei Horatius 2 o u. c. Bei Persius
ist der Gebrauch des Versschlusses w^^- äuszerst selten,
bei Juvenalis dagegen wieder recht häufig. Auch bei ihm
sind die einsilbigen und durch Synalõphe einsilbig gewor-
denen Wõrter (32) bedeutend überwiegend (gegen 16 mehr-
silbige). Er hat nur 2 Antispondeen in vorletzter Hebung,
dagegen sind bei ihm sehr bemerkenswerth die Smal vor-
C1.TI SAT. U, 2. 3. 5. 6.
faMMnettdon pomphaften Versauggäuge zzJ^ ^^f'- es sind
dk« w^>l Alles Parodien (oder Reminisoenzen) epischer Stellen,
w^iiiirtstens haben sie sowol wie die 2 Fälle mit Antispon-
f}<e^n an letzter Stelle ein griechisches Wort."
S«t. IL 2 Qiiae virtiis —
V. 10 ff. habe ich eimgermaszen zu constituiren gesucht,
wio sio nach Sinn und Construction mõglich scheinen.
Silt. II, 3 Si raro scribis —
V. 57 Clamel amica mater^ honesta soror. So die üeber-
llcforung. NatUrlich umzukehren : honesta mater^ amica saror.
8Ät. n, 5 Hoc quoque Tiresia —
V. 1 04.5 sparge subinde et si paulium potes iliaerimare
Hst gaudia prodentem voltum eeiare. Lachmann hat emendirt
illacrima, e re est — Ich kann dem nicht beistimmen^ theils
wegen des Uebelklanges, theils weil die Bemerkung ere est
gaudia prodentem voltum celare sich zu sehr von selbst ver-
steht. Ich habe versucht — iliaerimare gaudia pertendes
iwltu celare. — Man konnte auch an ausgefallnen Vers
denken. Merkwürdig ist doch, dass Orestes tragoedia V. 63
gelescn wird conticnit genilor dum vultiis gaudia plorant
Hat auch einmal plorantem oder ploranti vultu hier gestanden?
Doch scheint das schon nicht zupanllum iliaerimare zu passen.
— Beiläufig möchte ich mir die Frage erlauben, ob es wirk-
lich die Meinung ist, dasz wir an Elang und, noch mehr,
an Latinität glauben sollen, an Properzische, III, 9 fin.
IIoc mihi Maecenas laudis concedis et a te est quod Jerar in
partis ipse f uisse tuas.
Sat. II, 6 Hoc erat in votis —
y. 29. Dasz Horaz soUte quid vis insane et quas res agis
geschrieben habe und nicht wo alles aus dem Leben das
von Bentley trefflich ais das durchaus gangbare naehge-
wiesene quid tibi vis und quam rem agis, konnte ieh nie
glauben. Man erlaube mir meine Meinung darüber abzu-
SAT. II, 6, EPI8T. 1. l. CLVII ^
Bchreiben aos Jolius Schultz de prosodia sattricorum Roma-
norum p. 26: ^Priina, ut dicit Lucianus Muellerus p. 283
^etisionis Latinae nomiast^ non ut possint monosyllaha lõnga
aut medid {sic appellat syllabas m littera tenninatas) elidi tn
brevi nm quae sint indeclinabüia aut flewione formata aliena
ab legitimü modtilis\ Itague {id quod Muellerus non atti-
git) Bentleü coniectura a Heindorjio recepta Sat, II 6,29
Quid tibi vis^ insane, ei guam rem agisf improbns
urgu et cet, reiicienda erit^ guam Bentleius coniecturam pro
depravato illoy guod codd. praebent: Quid tibi vis insane
et guas res agis — egregie ex linguae usu firmasse vide^
tur. Et Meinekius et Hauptiüs ad guas res redieiunt
omisso tibij Quid vis insane et guas res agis? —
Lehrsius se aliorsus inclinare dicit, Cum priorem monosyl-
labam in synaloepha substantivum rarissime esse inceniamusj
alteram post monosyllabum brevem item perraro^ koe genus,
de guo agitur, cur fere inauditum fuerit, intelligi. Negue
ideo id ita firmum fuisse , ut statuendum sil in satira et guo
loco communem vilam guam maanme imitari decebat maluisse
Horatium pervulgalum dicendi genus migrare poiius guam illud
et comicarum guogue versibus familiare guam rem agis?
cum ipsa synaloepha transsumere.
Epist. I, 1 Prima dicte mihi —
V. 16—19 *Rufen wir uus nun kura ins Gedäclitnisz,
wie Aristipp in alles was Tyche in der Gestalt des Vortheils
oder Vergnügens lockend anbieten mochte sich einliesz, zu-
gleieh aber lehrte und ausführte sich mit humoristisclier
Freiheit ihr überlegen zu !halten, um sobald sie unbeqnem
ward ilirer frei zu werden: was er durchzusetzen verstand
gegenüber den Launen der Tyrannengunst, gegenüber den
Laimen der Elemente, ais er in der afrikanischen Hitze die
erschmeichelten Goldsäcke fortwerfen hiesz, gegenüber sogar
den Launen der schõnen und verführerischen Frauen. In
alles sich hingebend 'hielt er ohne gehalten zu werden'.
CLVm EPIST. I, 1.
Allein das yermochte nur er und veimõgen nnr Mensehen
wie er, die zu den seltensten Erscheinangen gehören . Dio-
ses sind Worte aus meinen populären Aufsätzen; 18&6. 3. 162.
Sie werden wol hinreichend zu erkennen geben, wie ieh
meinerseits keinen passendern Sprach zn Bezeichnung des
Amtippismas wttszte alB das 'sich die DingOi nicht mch den
Dingen zu unterwerfen', sibi res nan se sukiungere rehtSj
und jeden . über diesen Yers hier entstandenen Zweifel nicht
anerkenne. Ob man f&r den Stoicismos den Sprach ohne
weiteres umkehren dürfte, was wol nicht dor Fail, kommt
aber zom Verstftndnisz unserer Yerse auch nicht in Frage.
Horaz gibt bezeichnende Züge f&r beide Philosophien, and
wie für den Aristippismus der genannte Sprach ein Sehibo-
leth ist, so fttr den Stoiker die 'Tugend^ nein vielmehr
die Vahre Tagend* — gewisz wird er alles was andere
Scholen Tugend {dgerij) nennen nur fOr einen Schein Yon
Tugend erklären — und die Starrheit in Ausllbang dieser
wahren Tugend, während bei andem Schulen eine gewisse
Bi^samkeit zugestanden wird, wie Aristipp die Bieg^unkeit
auf den Thron gesetzt. Ein zweiter Glegensatz wird noch
hervorgehoben , einerseits das sich selbst leben des Aristip-
pismus, sehr bekannt und sobald man sagt „Aristippische
Philosophie'' (Aristippi praecepta) sogleich sich darbietend|
and hing^en der Stoiker, welcher thätig und gemeinthätig
ist Uoiriovixog xal 7tQaxTixdg Diog. La. VII, 124), welcher
sich mit Statsgeschäften befaszt, wenn nicht etwas dagegen
ist (TtoliTBverai av fiij-Ti xtokvt]). Man wird übrigens sehr
wobl thun^ bei V. 15.16 an Cato zu denken, nicht ala ob
Horaz dabei selbst gerade nothwendig an Cato gedacht,
wiewol dies sehr möglich ist, aber an einen praktischen
StDiker yielmehr ais an einen Schulstoiker. Bei dem Ari-
stippismns ist Philosoph und Praktiker überfaaapt weniginr
zo scheiden und Horaz denkt an sich selbst Horas war
eine Aristippische Natur und wuszte, dasz er es war, daher,
wenn er sich einmal in den Stoicismus verti^ hatte, er sich
doeb baid anrersehens wieder auf den Wegen des Aristip-
paa Csnd : 'unTersehens gleite ich in den Aristippas lorflck'.
EPIST. ly 1. GLIX
Was er mit Btlcksicht aof seine Natur Bagt. ohne es zu ta-
deln. Der Aristippischen Natur des Horaz und der be-
wuszten Anerkennung derselben und der Norm 'sich die
Dinge, nicht sich den Dingen zu unterwerfen' verdanken
wir die eigenthttmlicbsten Züge des Horaz, welche ihn uns
besonders anmuthig, aber aucb besonders werth macben:
seine Stellung zu Mficenas, dem er bereit ist alles zurttckzu-
geben, wenn er ihm zu unbequem werden woUe; dasz er
nicht Lust babe aus seinem 'Fusz und Masz' (peg und
modultoi) herauszugehen {Epist. I, 7, 98). Welcbes der Aristip-
pisehe Fusz ist. Aber einen Yirtuosen gleich dem Meister
Aristipp fühlte er sich nicht : ei mihi rcs non me rebus sub^
iungere conor. Die ganze geniale Leichtigkeit des Aristipp
hatte er nicht: vielleicht hatte, wenn er sie gehabt, das Ein-
zige, was uns in ihm stõrt, seine Augustvergõtterung
einen andem Charakter angenommen. Er sah sich auch
bei andem philosophischen Schulen naeh Stützen und An-
regungen urn. Er wuszte die schõnen und hohen Lehren
der Stoiker wohl zu schätzen und ihnen etwas abzugewin-
nen : allein sobald er an die starren C!onsequenzen kam,
ftthlte sich seine graziõse Natur abgestossen, und wo er ihnen
einmal bis an die Orenzen ihrer Paradoxa gefolgt, springt
er wol mit scherzhafter Wendung davon zurück, wie am
Schlusse dieses ersten Briefes. Auch in der Art wie Horaz
seine Schriftstellerei trieb, zeigt sich sein Aristippismus. Auch
sie liesz er sich nicht gar zu sehr über den Kopf wachsen.
Geistreich, zum humoristischen Menschenbeobachter bestimmt,
gescbmackyoU wie er war, in den griechischen Dichtem
den ansprechendsten Lebensgenusz findend, hatte er die
Elemente und Triebe zur Schriftstellerei in seiner Natur
gegeben. Allein das Formen, namentlich auch das Formen
dnes Ganzen, eines plastischen Oebildes wurde ihm keines-
wegs leicht. Von diesem letztgenannten Talent besasz unter
den Bõmischen Satirikem Juvenal gar nichts. Horaz, der
es aus seinen Griechen wol ais die hõchste Blttthe schrift-
stellerischer Production inne geworden war, besasz es : doch
stand es ihm nicht immer leicht zu Gebote. Er hat in den
CLX EPIST. I; 1.
Satiren einigenuil die hõchsten und unvergängüchsten Mei-
Bterstücke in dieser Art au^estellt: den Oegenstand
Beines satirischen Spottes in einen geistreichen Bahmen ge-
üaszt, zu einem voUendet plastischen Bilde ansgearbeitet :
Canidia, der Litterat, Tiresias, Nasidienus, die Consultation
des Trebatius.
Aber wie sehr treten dagegen andere nicht wenige zu-
rttck! Ist es nicht .ais ob der Catius (II, 4) ein frflherer
Yersuch wäre, bis ihm in glttcklicher Stunde die Bearbei-
tung desselben Stoffs zur Gesellschaft bei Nasidienus auf-
ging? So machte er sich in späteren Jahren von dieser Be-
schwerlichkeit los. Er nalim oder erfand sich die Form der
Epistel, das heiszt die Form der Formlosigkeit. Dabei
batte er auch noch die Annehmlichkeit, die er liebte, wie
auch die Oden zeigen, mit dem/was er zu sagen hatte, an
eine bestimmte Person sich zu wenden, sei es ein unbethei-
ligter, sinniger Zuhõrer, sei es ein solcher, der zu dem dies-
mai behandelten Gegenstande in näherer Beziehung stand.
In Nachahmung also der Briefform des Lebens war er nun
jeuer Arbeit, einen plastischen Rahmen zu erfinden, über-
hoben. Er legte nun seine Gedanken wie sie ihm aus dem
Lcben und besonders jetzt auch bei der Lectüre entstanden,
und — worin er ein Meister war — seine concentrirten
Gnomen, in losem Yerbande neben einander: er fUhrte deii
einen Gedanken, über den er mehr Treffendes zu šagen
wuszte, oder der ihn sonst eben mehr anzog, ausführlicher
aus: jenen kürzer: konn te an Punkten auch eine Anzahl
Einzelgnomen hintereinander vortragen. Dasz dabei nicht
ohne alle psychologisch erkennbaren Gedanken- oder Ge-
fühlsverbindungen verfahren wird, das ist natürlioh. Aber
jenen Charakter des Lockeren, Springenden, Unvollständigen,
ungleichmässig Ausgefiihrten musz man erwarten und aner-
kennen. In keinem seiner Briefe ist dies in hõherem Grade
der Fail ais in der ars poetwa, und von den obigen Ge-
sichtspunkten ausgehend musz man ihre Form oder Form-
losigkeit ganz begreiflich findeu.
In unserer ersten Epistel ist sogleich die Wendung sehr
EPIST. I, l. CLXI
bequem. 'Jetzt Bind die Jahre, wo für die Poesie die Zeit
Torttber ist. Jetzt gilt es immer hinter der Philosophie her-
zusein und einzusammeln aus ihr was im recbten Augen-
blicke anzuwenden ist. So macbt mir jedes Hindernisz,
welcbes mich von dem rü^tigen Studium der Philosophie
abzieht; mich zwingt es eine Zeit lang hinauszuschieben,
jetzo die Zeit so lange, wie dem Liebhaber ein erwartetes
Mädchen, das nicht kommt u. s. w. Da bleibt mir denn
nichts übrig ais mich unterdessen zu trõsten und in der
Bahn zu erhalten mit folgenden Grundlehren :* —
Da stand es dann frei, eine groszere oder kleinere Zahl
philosophischer Sätze folgen zu laszen, einige kürzer, einige
ausführlicher erläutert, und in einer auch noch sehr dem
Belieben unterworfenen Keihenfolge. Aehnliche Wendungen
kommen sonst wieder, z. B. im zweiten Theil des zweiten
Briefes im zweiten Buch. — Ob Ribbeck diese Ansicht von
den Episteln hat weisz ich nicht. Wenn er sie hat, verstehe
ich seine Behandlung derselben nicht: wenn er sie nicht
haty wenn er eine andere Vorstellung hat, nach der er mehr
gebundene Form, mehr systematischen Gang oder wie ich
es nennen soil, nõthig findet, so habe ich meine Stellung
bezeichnet.
V. 56 laevo suspensi — , aus Sat. I, 6,74. Von Meineke,
auch Haupt hier entfemt.
V. 60 ^si reele facies hie murite aenetts esto: nii can-
seire sibi, nutta patteseere cutpa, Meineke hat die Worte von
hie bis eulpa hinausgeworfen. Ohne Zweifel mit Recht des-
halb, weil der Gedanke durchaus nicht hierher paszt.
V. 101. Im Aristarch, zweite Ausgabe S. 437 (vorher
Bchon im Rheinischen Museum) hatte ich gesagt, der Vers
insanire putas so/emnia me neque rides musse fehlcn: er sei
verkehrt und unmöglich. — Wie denn anders ? Wenn meine
Kleidung schief und nicht zusammenpassend ist, lachst du:
wenn meine Bestrebungen nicht harmoniren, da glaubst du,
dasz ich den gewõhnlichen Wahnsinn der Menschen habe —
Ei, Querkõpfigkeit! Er glaubt dann nicht, dasz er wahnsinnig
sei : er sieht gar keinen Wahnsinn an ihm : er sieht das ge-
Lehra, HomtioB. L
CLXII EPIST. I, 2.
wõhnlicbe Treiben der Menschen au ihm und es fällt ihm
ebeu deshalb gar seiue Disharmonie uicht ais etwas Besou-
deres auf. Und diese alleu Menschen eigene Veränderlich-
keit iu ihreu Beatrebungen hält Mäcenas gar nicht fttr Wahu-
sinn: wenn er sie dafttr hielte, da thäte er ja ebeu was
Horaz iu Stoischem Sinne ^vill und ais das, was jener uicht
thut, ihm vorhält. Oder will man es gar mit der Frage ver-
suchen? "^da meiust du, dasz ich uur den gewõhnlichen
Wahusiun der Menschen habe und lachst nicht' ? also : wäh-
rcud ich doch viel wahnsinniger bin ais die andem Men-
schen und du lachen soUtest! —
Die Sache ist: Mer Wahnsinn ist erst die Stoische,
nicht die gewõhnliche uoch die Mäcenatische Ansicht und
Ausdruck flber die Inconsequenz: den einer plump und uu-
zeitig hineiugebracht hat, während Horaz es durch Arzt und
Curator andeutete und dann V. 108 mit dem sanus des
Weisen zugleich die insania aller Uuweisen auch mit dem
Stoischen Schlagwort deutlich zu verstehen gab.
Epist. I, 2 Troiani belli —
V. 1. Das herkömmliche maxüne Lolli ist von Meineke
bekanntlich mit Maxime vertauscht, aus Uberzeugendeu
Grttnden (Versschlusz Maxime Cotta bei Ov. Pont, II, 8.
III, 5, 6).
V. 46. *Der Zusammenhang in Horazeus zweiter Epistel
ist einfach und leicht zu verfolgeu. V. 44 wird erfordert:
man sucht sich Vermögen durch eine reiche Frau, gründet
ein Haus und cultivirt ein Landgut. Allein nicht Haus,
nicht Landgut, nicht Geld, — so weuig sie, wenn du kör-
perlich krauk bist, dich gesund machen, so wenig heileu
sie dich von der Seelcnkrankheit. Aber der dazwischen-
stehende Vers 46 (juod saiis est cui contingü nii amplius
optet zerstõrt alles. Dann ferner ist alles gut bis
V. 79 lesta diu. Die abschliessenden Worte aber: guod si
cessas aut strenuus anteis nec tardum opperior nec praecedeU"
EPIST. I, 2. 3. 6. CLXIII
tibus histo sind abgeschmackt; fast dünkt mich auch an und
fUr sich. Aristoteles igtoTijS-elg ncHg av TtQOxoTcroiev oi
fiia&rital sagte was das Natürliche scheint kdv Tovg ngoixov-
rag ouonovreg tovg vavegovvtag fiij avafdivwai Diog. La. V,
20. Doch in diesem Zusammenhange und in dem Verhält-
nisz, in welchem Horaz zu Lollius diese Epistel schrieb, sind
jene Worte abgeschmackt ganz ohne Zweifel* Sie müssen
den echten Schluss verdrängt haben.^ Aristarch 2. Ausg.
S. 437.(vorher im Rhein. Mus. 1S62),
Epist I, 3 lilli Flore —
V. 31. 32 ist die Ueberlieferung an male sarta gratia
nequiquam coit et reschidüur at vos oder ae vos, Mir
scheint eine Versetzung und dann Unsicherheit in der
Schreibung der einsylbigen Partikeln vorgekommen zu sein
und ha"be ich geschriebeu, wodurcli der Gang so viel sieherer
und lebhafter wird: coit'? an resdndhur et vos — Ich werde
gegen ae vos auch nicht viel haben. Doch beobachten wird
man, eine wie geringe Neigung Horaz zu ae hat , wo et stehen
kann. Einiges Auffallende kommt vor, z. B. Sat. 1 und 2.
Epist. I, 6 Nii admirari —
V. 7 ist die Ueberlieferung ludicra quid, Ich habe ge-
schriebeu ludicraque ei, wodurch, wie mich dünkt , alle In-
convenienz gehoben wird.
V. 22. Die Ueberlieferung ist indignum quod sit peiori-
bxis ortus. Ich habe unbedenklich Bentleys Vorschlag qni
aufgenommen, aher nicht mit der Interpunction wie er woUte
ei {indiffnum) qui sit peioribus orlus sondern — et (indignum^
qui sit peioribus ortus!) So wird es plastisch und lebhaft.
In dem matten quod erkennen wir den Horaz nicht.
V. 59 — 61. Das gleichförmige f oruni populumque und
gleich wieder populo spectante war Bentley anstõssig und
er schrieb forum eampumque. Man wird nicht zweifeln
L2
CLXIV EPIST. I. 6. 9.
kõnnen ihm Recht zu geben, — und ftlr jetzt habe ich auch
80 geschrieben — falls die Sache sich nicht ganz anders
verhält Mir ist von jeher die Pointe dieser Geschichte hier,
das Bttckkehren mit dem gekauften Eber unverstAndlich
gewesen. 'Ist gut essen das Ziel des gut lebens, wolau, es
wird Tag, machen wir uns auf wohin die Kehle uns führt,
ziun Fiscbfang, zur Jagd, wie €rargilius, der Morgens, um
kein Aufseben, keinen Anstoss sich kümmernd, kein Urtheil
des Publikums scheuend, seinen grossen Jagdzug, mit dem
er nach dem Wildpret fflr seinen Tisch auszog, gerade über
das dichtgedrängte Forum gehen biesz, um dann eben so
auch wieder den Fang vor den Augen des Volks heimwärts
zu führen.' So etwas erwartet man. Dasz aber von einem
Unglücksjäger die Anekdote lauten soUe, der immer mit
Aufheben auf die Jagd geht und immer Unglück hat und
Yon der Jagd mit leeren Händen zurückkommt und; um sich
nicht lächerlich zu machen, nun ein Wildpret kauft, das
scheint hieher nicht zu gehören. Es mõchte wol 'hier ein
grösserer Fehler verborgen sein; dessen weitere Verfolgung
vielleicht zunäcbst unus in rursus venvandeln wird.
Epist. I, 9 Septimius Claudi —
V. 4 (Uynum mente domoque leyentis honesta NeronU,
Diesen Vers wird man, je mehr man ihn betrachtet, desto
mehr nicht nur Uberilüssig, sondem auch unangemessen fin-
den. Und in Beziehung auf diesen Vers, aber nicht den
folgenden, trete ich Gruppe bei. Auch der Bau des Verses
hat» wie Gruppe bemerkt, seines gleichen doch nicht trotz
dem Flore bono ciarogue fidelis amice Neronts Epist. II, 2, 1,
und trotzdem, dasz 'Horaz in Beziehung auf troch&isehe
Cäsur etwas aristippisch denke.' Schon jener eine Vers
zcigt, wie weit Horaz darin selbst in den Episteln ging,
selbst in auffallender Stelle, wie hier am Anfang. Der letzte
Vers der Ars poetica ist non müsnra cutem nisi plena cruoris
htrudo. Einige andere Beispiele : Ars p. 120 scriptor Home-
reum si forte reponis Achi/lem. Epist. I, 18, 2 scurt*antis spe-
EPIST. I, 9. 10, CLXV
dem praebere profesms amicum, Ich hatte keinen Grund
I, 17, 36 nan cuivü komini contingit adire Corinthum für uu-
horazigch zu halten.
Epist I, 10 Urbis amatorem —
V. 37 Die üeberliefening ist sed postquam victor violens
dücessit ab hoste und violens victor, Bentley schrieb statt
dessen violens victo^ war aber aelbst ganz unzufrieden damit
und erklärt, wie ein Bolches Beiwort wie das violens hier
durcbauB für das Pferd nicht passe. Dann fäbrt er fort:
In editione Cadomensi Epislotarum Horatii anno 1480 ex
scripto ui verisimile est exemplari [was doeh zweifelhaft
bleibt] mira prorsus habetur lectio Sed postquam tictor victo
discessit ab koste. Und meint dann, victo sei zuerst ais
Glossem hereingekommen , dann hätten die Abschreiber
durch die Wiederholung victor victo 'mit Recht* beleidigt
das victo in violens verwandelt: das Ursprüngliche werde
gewesen sein sed postquam domito victor discessit ab koste, was
er niit einigen guten Parallelstellen belegt, z. B. Ov. Met. XV,
599 restitit ut victor domito remeabat ab koste. — AUein
Ovid sagt auch: dum spatium victor victi considerat kostis
Met. in, 95. Und da ist es denn wol auoh diplomatisch ein*
facher victo ais das Entstellte oder beim Abschreiben zuerst
einmal Ausgelassene anzusehen. Haupt hat victor ridens aus
violens gemaeht. Meiner Empfindung hat dies nie zusagen
woUen, und da Meineke trotzdem, dasz es durch Buchstaben*
ähnlichkeit sich zu empfehlen scheint und er natürlich
wuszte, dasz in unsem Aesopischen Fabeln weinende und
lachende Thiere vorkommen, es auch nicht in den Text ge-
nommen, so mag er eine ähnliche Empfindung gehabt baben.
Es scheint fflr den Ton, in welchem die Geschichte vorge-
tragen ist, zu spielend, und namentlich auch für das Pferd,
welches lachen zu lassen nicht am nächsten liegt, lachen
zu lassen viel weniger ais weinen. Wenn ich jetzt
bei Bibbeek lese: Venn das Piferd weint (Phädrus app. I,
19, 6) um von den Homerischen Rossen nicht zu redea)>
CLXVI EPIST. I, Ift. 11.
wio die Rabenmutter, der Fuchs, der Hase (Beispiele aug
BabrioH und Phädrus), so kann es auch lachen^ 80 gebe
ich 80 olme weiteres nicht zu, dasz Fabelerzähler, die
mit Theilnahme und lebcndiger Anschauung den Thieren
gegenUberstehen oder auch gegenüberstanden (denn ein
dummer Babrios ist nicht maszgebend) das Pferd eben so
leicht lachen ais weineu lasseu, und eben so wenig was
Ribbeck sogleich beifägt: 'so kann es auch lachen, so gut
wie der Wolf : keineswegs verzerrt sich die Physiognomie
des Pferdes so leicht und natfirlich zum Lachen ais des
Wolfes. — Doch es fehlt uns eine Betrachtung der Aesopi-
schen Fabel und ihrer Abfassungen von dieser Seite. Zu
welcher auch schon Jakobs unglflckliche Vertheidigung der
po/pecuia Epi?ts 7 veranlassQu konnte.
Epist I, 11 Quid tibi \i8a Chios —
Diese Epistel zu verstehen, wird nimmermehr gelingen.
Nachdem Bullatius (denn seis Lebedns u. s. w. ais Worte
des Horatius zu nehmen ist wol ganz aufgegeben und ist
wenigstens keiner Berficksichtigung werth), nachdem also
BuHatius tief melancholisch geklagt^ er sei des Suchens und
des Reisens so mflde^ dasz er in dem Neste Lebedös woUe
sitzen bleiben, erhält er die Antwort : nun nun, wegen vor-
tlbergehender Unannehmlichkeiten auf dem Wege gibt man
doch Reise und Reiseziel nicht auf! Ja wem es freisteht in
unangetasteter bürgerlicher Stellung in Rom zu leben, ftlr
den sind die schõnen Städte wie Rhodos und Mitylene ganz
überflüssige Dinge^ der mi^ sich in Rom das Vei^flgen
maohen sie zu loben während sie fem bleiben. Du — bei
dem dies nicht der Fail ist, dem Rom verschlossen ist —
wl^est doch ein Thor das melancholische Nest Lebedos zu
wfthlen und nicht eine von jeneu heiteren und lebendigeren
Stftdten. Statt dessen, was doch zu erwarten wäre, erhalten
wir : du — ergreife jeden dargebotenen heitem Augenblick,
um auch im kleinsten Ort, also auch in Lebedos leben zu
kõnnen. Welch ein klaffender Widerspruchl Es wHrde i>-
EPIST. I, 11. CLXVII
columü von der bttrgerlich ungefährdeten Stellung verstanden,
wozu das dum licet ae voUum servat Fortuna benignum, Ro^
mae laudetur Samos et Chios et Rhodos absens V. 20 f.
zwingend ist. Uebrigens auch das Vorangehende. Denn wer
aos freien Stücken zum Vergnügeii; zur Abwechslung eine
Reise unternommen und nun mit einemmale sagte: 'nein,
ich biji. des Reisens tiberdrüssig, hier in Lebedos will ich
liegen bleiben und will alle die Meinen vergessen und von
ihnen vergessen sein und von hier aus von weitem auf das
wüthende Meer schauen , der müsste verrüekt sein. Das andere
nach dem Worte mogliche Verständniss von mcolumi im
ethischeu; vielmehr philosopbischen Sinne 'wer gesunden
Sinnes ist' wttrde zuerst erfordem dasz man die genannten
Verse 20.21 hinauswtlrfe. Man thue das und verstehe das
incolumis nun also — und man wird sich noch sehneller in
den Widersprücben befinden. Und dabei haben wir bisher
das seis Lebedus quid sil usw. ais eintretende Worte des
Bullatius gelten lassen. Dürfen wir das aber wirklich ?
Kõnnen wir wirklich im Briefe so ohnealle stilistische Vermit-
telung eintretend dies uns gefallen lassen? Vor allem kann Ho-
ratius die Reihe von Fragen thun, wenn er die Antwort weisz ?
V. 25 ff. sollen wir endlich noch in den Kauf nehmen
eine Sentenz wie diese: 'wenn Vemunft und E^ugheit die
Sorgen nimmt, nicht ein weit tiber das Meer sch^uender
Ort {non locus ejfhsi läte maris arbiter)^ so verändem ja die-
jenigen, die über das Meer schiffen, den Himmel, nicht ihren
Sinn.' Musz man denn, um einen das Meer ttberschauenden
Ort zu finden, über das Meer fahren? Und worin sonst die
schneidend ftihlbare Uulogik liegt. Da man auch geneigter
sein möchte unter maris arbiter den Wind zu verstehen, so
kõnnte man versuchen wollen non locits et fusi läte maris
arbiter ' der Ort und der uns über das weitö Meer führende
Wind\ AUein man empfindet dasz auch dieses tinlogisch
gesproehen ist Es kommt auch so etwas in den Vordersatz,
was in denselben noch nicht gehõrt und nachher sich ohne
Aenderung uüd Steigerung wiederholt. Es ist eben das
schon was erst der Nachsatz sein musz: — nicht der Ort,
CLXVIII KPIST. I, 11.
so kann uns der Wind der uns über das Meer fHhrt nichts
helfen. Also entweder müssen die Worte effusi laie maris
arbiter statt unschuldiger Worte von unverständiger Händ
hineingesetzt sein, oder der ganze Vers, denn entbehrlich
ist das nan locus auch, und zwar so dasz für denselben im
Vorhergebenden eine Aenderung vorgenommen ward, so dasz
er etwa geheiszen: te dicas. demit (scbeint mir besser ais
aufert) ratio et prudetitia curas.
Hiemacb bieibt nicbts übrig ais für den echten Brief
nur den folgenden, dann sebr bübscben zu balten, geschrie-
ben im Andenken an einen freiwillig nach fremden Gegen-
den ausgegangenen Freund. Nocb mdchte man fragen, ob
nicht Lebedum laudare, obgleich hier ganz ricbtig zutreffend
fttr die Oegenden, in denen sich jener eben befand, und
von dort bergenommen, docb auch sprttchwõrtlicb gewesen:
sebon mit allem zufrieden sein, urn nur endlich in einen
Ruhehafen zu kommen.
Qaid tibi visa Chios, Ballati, notaque Lesbos,
qaid concinna Samos, quid Croesi regia Sardis,
Smyrna quid et ColophonV maiora minorane fama?
cunctane prae campo et Tiberino flumine sordent?
an venit in votum Attalicis ex urbibus una?
6 an Lebedum laudas odio maris atque viarom?
t7 incolumi Rhodos et Mitylene pulchra facit quod
paenula solstitio, campestre niyalibus aaris,
per brumam Tiberis, sextili mense caminus.
22 tu quamcumque deus tibi fortunaverit horam
grata sume manu neu dulcia differ in annum,
ut quocumque loco fueris vixisse Hbenter
te dicas. demit ratio et prudentia curas:
27 caelum, non animum mutant qui trans mare corrunt.
Btrenua nos exercet inertia, navibus atque
quadrigis petimus bene viyere. quod petis hic est,
30 est Ylubris, animus si te non detidt aequus.
So hatte ieh über diesen Brief geschrieben (Fleckeisen Jhb.
1863). Bibbeck kann diese grossen Sehwierigkeiten niebt fin-
don. Der Brief ist ibm ganz beilen Zusammenbanges. Mir wird,
iitdem ieh seine Umschreibung lese, eben so wüst ais bei dem
Liteinischen. Und wenn er dann fragt: 'Was w&re hierin
EPIST. I, U. CLXIX
nicht yerstftndlich und zusammenbängend?' so ist meine
Antwort 'alles.' Waramy das mag auch noch einmal eine
neue Darstellung der Sache zeigen, welche ich zu meiner
Aufklftrung unternehmey und welche sicb mir also gestaltete.
Seitdem man die Meinung, V. 7 — 10 seien gleichfalls
Worte des Horaz, die denn jedenfalls auch gar keiner Be-
rtteksichtigung werth ist, so ziemlich aufgegeben und darin
eine Stelle aus dem Briefe des BuUatius sieht, also von Horaz
anschlieszend in Yersmasz gesetzt, hatte man (so etwa ist
die Meinung) zu denken, dasz BuUatius an Horaz sq ge-
schrieben: 'Du weiszt, Horaz ; was Lebedus fKr ein Nest
ist (ich brauche es Dir also aus eigener Ansehauung nicht
genauer zu beschreiben) : dennoch mõchte ich, wenn es mir
vergõnnt wäre (veUem)^ dort leben, um der Meinen ver-
gessend und der Vergessenheit von ihrerSeite anhdm fal*
lend den Lebensstürmen am sichem Ufei* zuzusehen/
Warum ihm gerade in Lebedos zu bleiben nicht ver-
gõnnt war wissen wir nicht. Wir sehen ihn jetzt, anschei-
nend wohlgemuth; durch die sehõnsten Städte Asiens herum-
reisen und, nach Horazens Voraussetzung, in der Stimmung,
dasz eine oder die andere — selbst im Vergleich mit Bom
— ihm wohlgefallen , ja den Wunsch rege machen kdnnte
daselbst zu wohnen. Warum er bei der genannten melan*
cholischen Stimmung so viel herumreist und das Schõnste
besucht bleibt uus verborgen. Wie Horaz seine melancho-
lische Stimmung für Ernst nehmen kann, wenn er ihm zu-
gleich geschrieben hat : 'allein in diesem mir wUnschenswer-
thesten Nest Lebedos darf ich leider nicht bleiben: also
werde ich meine Reise in die sehõnsten und sehenswllrdig-
sten Stftdte Yorderasiens richten und sie mir alle ansehen
— bleibt utis verborgen. Wie Horaz, wenn jener geschrie-
ben: 'ich lobe mir das verlassene Lebedos, weil ich von
der ganzen Welt nichts wissen will' — ihn fragen kann:
'lobst du Lebedos weil Du der Reise und namentlich der
Seereise überdrüissig geworden?* bleibt uns mehr ais ver-
borgen. —
Freilich, naohdera wir in V. 5 die Frage geleseu an
CLXX EPIST. I, 11.
Lebedum laudas odio maris atque viarum f Megt es uus anch
gar nicht 8o nähe, — govis wird jeder erst durch das
MiszrerHtändnisz hindurehgeheii müsBen — das Nepttmum
procul a ferra spectare furentem in V. 10 nicht eigentlieh
vom Meere zu verstehen, sondem metaphorisch von den
Lebensstüimen. Ist uns ja anch gar keine Andeutung ge-
geben von Lebensstflrmen , von der Art der Lebensstürme^
von den Gründcn, warum trotz dem, dasz wir sie eine
solche Melancholie bewirken sehen, Horaz ohne weiteres
annimmt, sie sind ja doch nur vorübei^ehend. Von dem
allen kommt die einzige Andeutung überhaupt erst V. 17
in dem einzigen Worte tncolumu Es war dem BuUatius aus
bflrgerlichen Gründcn Rom verschtossen worden« Dasz
Horaz gcrade von solchen Umständen wissen konnte —
danu wuszte es fibrigens Bullatius anch — dasz diese ihm
Rom verschlieszenden bttrgerlichen Verhältnisse, voraussicht-
lich wenigstens, iwxt vorttbergehend sein würden, ist wieder
das nähe Liegendste nicht. Und dasz er etwa ohne das
voraussichtlich vemUnftiger Weise wissen zu konnen sagt :
'nuh, sie werden ja wol*, d. h. den Bullatius behandelt wie
man Kinder oder dumme Jungen behandelt, kann auch nicht
angenommen werden. — Dasz endlich gegen alles dieses
jemand sagen werde, Horaz braucht über alles dieses keine
Andeutungen zu machen, denn Bullatius wuszte es ja alles,
dasz jemand sieh einbildet, Horaz habe eine solche Epistel
in Versen ais ein gewõhnliches Poststtick an den Bullatius
geschickt und nicht es geschrieben in der Absicht eine
Kunstepistel fürs Publikum zu sein , das ist leider nicht
unmõglich, dadurch aher um nichts ))esser.
Uebrigens erinnere man sich, dasz - aueh ohne alle diese
Bedenken, welche gegen das metaphorische Verständnisz
des Septunum procul e terra .spectare furentem geltend ge-
maeht sind, und unter der Annahme des metaphorisehen
Verständnisses — mit dieser ersten Partie der Epistel nicht
fcrtig zu werden war. — Nun versuchen wir es einmal ohne
dfts metaphorische Verständnisz. Nehmen wir es nicht me-
tafihorisch, so hatte Bullatius geschrieben, «r sei der Seereise
EPIST. I, 11. CLXXI
mit ihren Unbequemlichkeiten und Oefaiiren 80 ttberdrüssig,
daszy wenn es ihm erlaubt wäre, um uur nicht wieder auf
die See zu kommen, er in Lebedos mõchte liegen bieiben,
selbst um den wahrscheinlichen Preis, baid auszer jeder
Verbindung mit den Seinigen zu kommen. — Nun das kõnnte
einer, wenn er nicht verrückt ist, doch nur im Scherz ge-
schrieben haben. Aber Horaz nimmt es ernst.
Also kommt man auf die Melancholie zurüek, einen
wahren Weltsehmerz, Dasz damit der erste Theil bis V. 16
nicht erklärbar sei, haben wir bis hieher verfolgt Jetzt
gehen wir an das Folgende. Also Horaz sagt ihm : du muszt
nicht so melancholisch sein und in Lebedos liegen bleiben.
Du muszt die schõnen Städte suchen, wie Rhodos, Mitylene.
Das thut er ja schon : Horaz weisz, dasz er es thut.
Denn freilich wer in Rom selbst leben darf, weil er
unrersehrter bürgerlicher Stellung und nicht, wie du, ge-
zwungen ist im Exil zu leben, dem sind diese schõnen'
Städte ganz überflüssig. Du, bei dem dies nicht der Fail
ist, muszt dich in die wahre, gleichmüthige Seelenstimmung
versetzen, mit welcher man dankbar für jede glückliche
Stunde, nicht immer nach Neuem strebend, in der Gewisz-
heit, dasz für die Zufriedenheit der Ort ganz gleichgültig
ist, eben so zufrieden an jedem Orte, anch in Lebedos lebt.
Ist das Logik oder — Wahnsinn?
Versuchen wir also den zweiten Theil mit dem andem
Begriff von mcohimü.
Also Horaz sagt dann : du muszt nicht so melancholisch
sein. Wer philosophisch gesunden Sinnes ist, der sieht sich
nicht nach Rhodos, nach Mitylene nm, dem sind alle diese
belebten Oerter ganz ftberflüssige Dinge. Du also versetze
dich in diese wahre, gleichmüthige Seelenstimmung, mit
welcher man, dankbar für jede glückliche Stunde, nicht
immer nach Neuem strebend, in der Gewiszheit, dasz für die
Zufriedenheit der Ort ganz gleichgültig ist, gleich zufrieden
in jedem Orte, auch in Lebedos lebt.
Das geht vortrefFIich vorwärts: wenn, wie ich gethau,
man- die beiden Verse 20.21 dum licet bis (i6*pw* wegläszt:
CLXXII EPIST. ly 11.
die keine Stätte finden. Aber wie gesagt, mit Weglassong
dieser beiden Verse geht der Sinn onter diesem Verstand-
nisz Yon mcolunus vortrefflich vorwftrts. Dasz im ersten
Theil der Sinn von seis Lebedus an niebt vorwirts gebt ist
oben bewiesen. Also bleibt nichts flbrig ais das stõrende
Stttck 7 — 15 auch herauszuwerfen und V. 17 an 6 eu
seblieszen. Es f&llt die beliebte Melancholie freiiieh beraos.
Man erbält aber eine gesunde dem Horaz võUig adftquate
Betracbtung; zu welcher er die Gelegenbeit an einem anf
freiwilligen Reisen befindlichen Freunde nimmt. Ehi bast
dicb auf Reisen begeben, mein Bullatius. Nun? gefallen
dir die scbOnen Städte Asiens wobl ? vielleicbt manebe sogar
80 wobl, dasz du dort wobnen mõcbtest? Oder bist du <wie
sebr dieser Oedanke dem Horaz nabe liegt weisz man) des
Reisens und namentlicb des Seereisens so überdrflssig; dasz
dir scbou Lebedos recbt wäre, um nur zur Rube zu konunen?
Das kõnnte schon sein. £s ist aber aucb gleicbgfiltig.
Sebõne Stadt oder kleine Stadt ist ja gleicbgOltig. Nicbt
der Ort macbt es. Die Seelenzufriedenbeit macht es. Da
kann man selbst in Lebedos glücklicb sein.
Was die Verse nam si ratio bis currunt betrilBft, so sind
die Mõglicbkeiten der Aenderung mit dem oben von mir
angegebenen *entweder — oder nicbt ersebõpft Freüicb
mit dem tlberlieferten ejffusi läte maris arbiter ist gar nicbts
anzufangen, aber scbreibt man et fusi läte maris arbiter
(arbiter Hadriae ist ja bekannt) so mõcbte man ibn
wol ftlr eebt balten. Dann wäre eine mõglicbe Annahme,
wenn man nam si beibebält; dasz ein Vers näeb nan locus
et fusi läte maris arbiter ausgefallen wäre. Oder es liegt
ein Febler in nam si. Icb babe unten im Text einen Ver-
sucb in dieser Art gemacbt
EPIST. I, 11. 12. 14. CLXXni
Es geht zwar über die Aufgabe, welche ieh mir ge-
stellt, hinaus: doch will sich jemand künftig einmal mit
den hier zu entfemenden Versen 7 — 16 beschäftigen, so
wären sie vielleicht einmal darauf anzusehen ob sie fragend
gemeint sind: Seis Lebedas quid sitt — tamen itlic vivere
vellem oblitusque — furentem? fdas Verlangen hatte ich
fassen soUen?') Ob ein Stück eines beabsicbtigten Ant-
wortschreibens, das sich jemand zum Thema gestellt: dies
eben die Antwort auf an Lebedum laudas odio maris atque
viarum. Doch vielleicht auch wird dies gar nicht an-
sprechend gefunden. Immerhin rait allem eben Ausgeftthrten
hat das weiter nichts zu thun.
Epist. I, 12 Fnictibns Agrippae —
Dieser Brief ist an zwei Stellen unverständlich. V. 7—8.
Und y. 21. Ich habe nichts was mir zusagte und empfehle
ihn der Fürsorge anderer.
Epist. I, 14 Vilice siluarum —
Diese Epistel hat auszerordentliche Verunstaltungen er-
litten. Ffir^s erste musz bei V. 5 ein Fehler stecken. Mit
der bloszen Vergleichung der Dornen, die sich Horatius
aus seiner Seele und die der Vilicus aus dem Acker zieht,
ist der Uebergang zu dem Folgenden noch nicht gegeben,
in welchem Horatius das Innere des Vilicus selbst mit
seinem eigenen Inneren gegen einander stellt. Ich habe
die Ltlcke hinter agro angenommen.
Bei V. 11 fflhlen wir uns von dem cui placet alterius
sua nimirum est odio sors auf das heftigste angestoszen.
Nach welchem Zusammenhange kann das hier stehen? Und
dann die zwei folgenden Verse stultus uterque locum imme-
ritum causatur inique; in culpa est animtis qui se non effugit
unquam. Man wende sie also doch von den zweien z. B.
auf Horatius an: wie kann er das sagen? wessen hat er
sich anzuklagen? er stellt sich ja mit seinem richtigen und
sich gleich bleibenden Sinn dem Vilicus ais Muster gegenttber.
CLXXIV EPIST. I, 14,
V. 29. 30 addit opus pigro rivusy $i decidit imber, muita
mole docendus aprico parcere prato, Wie ist er denn
piger? Im Augenblicke hiesz es ja, er sei eifrig hinter der
zu beaufsichtigenden oder zu leistenden Arbeit, ei tamen
urges u. s. w. Dir miszbehagt es, die Erholungen, welche
die Seheuke in der Stadt zu bieten hat, entbehren zu müs-
sen, während du doch so eifrig hinter deiner Arbeit her
bist und dir also der Wunsch nach solcher Erholung, welche
die städtischen Sklaven sich maehen kõnnen, um so natür-
licher und berechtigter scheint: dir, der fiir das Land an
sich keinen Sinn hat. Ich kõnnte nicht umhin statt pigro
vielmehr zu schreiben gnavo. Mir ist es ttbrigens von
je her auch etwas anstuszig gewesen, wiewol man dies dem
Gefühl des Einzelnen überlassen müszte^ dasz Horaz den
Mann, mit dem er nun doch vor der Oeffentlichkeit mora-
lisch discutirt, wenn auch ais überlegener, mit dem er auch,
wie wir gleich erfahren, sich doch so gesprächig einlassen
konnte, dasz er von Horatius Jugend und Jugendliebe weisz,
dasz er diesen so geradezu einen Faulenzer nennt. Da nun
aber dieses nicht zu duldende, in sein Gegentheil zu verwan-
delnde pigro ebensowoi ein Zeichen sein kann, dasz der
ganze Vers unecht ist nebst dem sich anschlieszenden fol-
genden, so entschliesze ich mich fdr das letzte. Denn ich
finde es auch nicht ganz gerechtfei*tigt, dasz Horaz gerade
an dieser Stelle das Moment der schweren Arbeiten recht ge-
flissentlich ausmalen soUte, während er unmittelbar im Begriff
ist von seinem eigenen — allerdings ganz richtigen und erst
anderweitigeu Leidenschaften und ehrgeizigen Verlockungen
abzuringenden — far nieute zu reden. Auch hige doch in
dem zu starken Hervorheben schwerer Landarbeiten ein
Moment der Rechtfertigung fttr den Vilicus sich zu verän-
dem. V. 31 nunc age quid noslrum concentum dividut audi.
Wie? jetzt? Wir haben ja das bereits weitläufig gehõrt
V. 18 non eudem mirumur: eo disconvenit inter meque et te:
na nt quae usw. Dasz bei V. 32 der Uebergang zu sich
mit dem qiiem — etwas Schwächliehes und Unbefriedigendes
hat, während man ein entschiedenes ich zu wQnschen hat.
ft
EPI8T. I, 14. CLXXV
ist wol auch wahr. Und wie viel besser stehen die Verse
16. 17 hier ais oben, wo schon nacli dem me^ tu das noch-
malige me, das nicht wieder ein tu hat, anstõszig ist. Man
wird es um so mehr fühlen, wenn man es nach Hinaus-
werfen der falschen Verse mit dem echten zusammengertlckt
liest. V. 36 nec lusisse pudet, sed non incidere ludum schwebt
ganz in der Luft, gehort durehaus nicht hieher. Endlich
der letzte Vers qmm scit uterque libens censebo exerceat ar-
tem. Mir seheint der Sinn der Verse von 40 an doch nur
der sein zu kõnnen: 'so willst du also von deiner Stellung
weg zu den Stadtsklaven, dieh wiederum beneidet um deine
Stellung der Hausknecht. Wir haben also eigentlieh wieder
die alte Erfahrung, welche die Aesopische Fabel ausspricht:
jeder ist mit seinem Loose unzufrieden imd will etwas an-
deres sein ais er ist.' Dies ist die Lehre die Horatius aus
der Fabel ziehen will, nicht die hier stehende, die mir ganz
und gar nicht veranlaszt seheint.
Indem ich nun den Brief gemäsz diesen Erwägungen
schreibe, wie man ihn unten im Texte finden wird, kann
ich mich auch nicht entschlieszen V. 10 rure et/o viventem,
tu dtcis in urbe beatum mitzuschreiben. Er stört den kräf-
tigen Gegensatz zwischen me V. 6 und tu V. 15: ja er
kommt hier ganz unzeitig. Es würde hier aussehen ais ob
dariu der Vorwurf liige: während der Vorwurf doch in
dem Wankelmuth liegt, mit dem er baid das Land begehrt,
baid wieder die Stadt.
Einen Zweifel habe ich, ob ich nidit mit einem Verse
zu nachsichtig gewesen, mit V. 2S disiunctum — , der viel-
leicht auch nicht echt ist.
Dasz man hinter optat ephippia bos piyer, optat arare
caballus allenfalls ais letztcn Vers das cul placct alterius
sua nimirum est odio sors hersetzen kõnnte, habe ich, und
ich darf versichem auch manches andere, wohl bedacht. Da
indesz der Schlusz viel weniger schon und kräftig bleibt,
welcher Grund konnte bewegen es zu thun?
Mit diesen Worten schlosz ich meine Darlegung über
diesen Brief, ais ich sie zuerst (im J. 1863) veröffentlichte.
CLXXVl EPIST. 1. 14,
Dasz zu depjenigen Dingen, die ich bedacht, gewisz auch
gehõrte, ob man den Ineonvenienzen durch Umstellungen
beikommen kõnne und dasz ich bei einem StUcke von so
kleinem Umfange wol ziemlich die Mõglichkeiten dieser Art
werde durchbedacht haben, namentlieh auch diejenigen^ die
auf den allerersten Blick zu verlocken seheinen, wird man
mir wol glauben. Ribbeck hat gemeint durch Umstellungen
den Brief geordnet zu haben. Ihn befriedigt was ich glaubte
verschmähen zu mttssen. Wenn ich einen sehr groszen und
einleuchtenden Vortheil dadurch erreicht hatte, könnte ich
mich sogar zu der Versetzung der Verse 6—9 entschlossen
haben. Die ich allerdings nicht nur 'geduldet' habe: son-
dem hier gerade wunderschõn finde ais gleich die individuelle
Veranlassung und Stimmung schildernd, die Horaz gerade
jetzt zu dem G^danken dieses Briefes zog. Doch ich lese
nun einmal den Brief bei Ribbeck. Nach V. 5 also
lese ich:
Rvre ego viventem^ tn dicis m urbe beatum:
cui placet allerius sua ntmifum est odio sors.
stultus utergue locurn inmeritum causamnr
(80 mit Doederlein) inique:
tn culpa est unimus^ qui se non effugit unquam.
nunc age quid nostrumconceiitum dividataudt,
tu mediastinus —
Ich nenne den glücklich, der auf dem Lande leht, du
denjenigen, der in der Stadt lebt Der Grund davon ist
ein natürlicher: dasz demjenigen, dem das Loos eines an-
dem behagt, das seinige miszbehagt : — mit andem Wor-
ten (vgl. erste Satire) — die Neigung der Menschen, an
dem Loos anderer Leute Gefallen zu finden und sich da-
durch ihr eigenes zu verbittem. Und nun geben wir beide
thõricht die Schuld unserer Unzufriedenheit dem Orte, der
nichts verschuldet, ich sage Rom hat Schuld dasz ich den
auf dem Lande Lebenden glücklich preise, du sagst das Land
hat Schuld, dasz du den Stftdter glttcklich preisest Der Ort
iBt aher unschuldig, nur unsec Inneres trägt die Schuld. Jetzt
kore was unsere Harmonie stõrt. . .
EPIST. I, 14. CLXXVU
Also desBen allen bekennt sich Horaz schuldig: jeuer
Thorheit der Menschen, die er gieich in der ersten Satire
geiszelte, und des Mangels an Selbsterkenntnis dazu —
und er will sich dem YilicuB gegenttber breit machen?
Und dasz er wenigstens immer gleichmäszig das Land
liebt, das soil unter solchen Umständen einen Werth
haben? Und die folgende liebliche Schilderung seiner
steten Bebaglichkeit auf dem Lande soil nicht ein Aus-
flusz seines animus sein, sondeni trotz dem dasz der Grund
nur ist: cui placet alterius suu nimirum est odio sors? —
Einige Ahnung von der Wunderlichkeit verrathen wol die
Worte im Konmientar von 'dem natürlich nicht schwerfällig
zu nehmenden Zugestftndnis einer gewissen Aehnlichkeit
zwischen Horaz und seinem Verwalter. . . .* Der Vers
eut placet ist dort, ich sehe nicht anders, ganz
ignorirt.
Natürlich habe ich nicht die Absicht, das Ganze wieder
durchzugehn. Aher ein Paar Bemerkungen noch sporadisch.
S. 148 unten kommt mir entgegen: 'Was ihm ais rauher
Frohndienst erscheint ist für Horaz gerade eine Erholung
und Quelle der Heiterkeit/ Eine schõne und für den
Yilicus ttberzeugende Parallele! Horaz, der einmal zum
Vergnügen und zur Motion Schollcn und Steine bewegt,
und der Vilicus mit seinen geschilderten Arbeiten bis zu
dem (denn Ribbeck hat ihm gar nichts geschenkt) änge-
sehwollenen Bach, der mifita mofe docendus nprico parcere
prato.
Was Ribbeck V. 35. 36 gethan, dasz er den letztem
Vers nec lusisse pudet sed non inctdere lusum Yorangesetzt,
ais eine Parenthese zwischen V. 34 und 35, das ist von so
groszer Wichtigkeit ais die bisher besprochenen Punkte
nicht: aber dafür entscheiden kann ich mich auch nicht
Wäre das so überliefert, so würde ich dabei stutzig werden
und würde auch dann sagen, das sehe wol nach eingescho-
bener Gnome eines Moralisten aus: ich würde zu bedenken
geben ob es nicht in den reizenden Gang der Verse 32—35^
I^kn, Uontiu. M
CLXXVm EPI8T. I, 15.
naehdem Horaz auch schon ausdrücklich gesagt dasz ihm
damals das wohl anstand, wie ein Elotz dazwischen faile.
Epist. I, 15 Qiiae sit hiems —
Dazu wäre es dem Horatius nõthig gewesen, dass er
saepe caput scaberet vivo^ et roderet ungues^ nm Ungethttme
von Versverbindungen zu bilden^ wie die fttnfündzwanzig
ersten Verse in diesem Briefe? Wo das abhängige quae
sit hiems Veiiae im ersten Verse sein regierendes Verbum
scribere te nobis^ tibi nos accredere par est im fünfundzwan-
zigsten empfängt, innerhalb aber dieser Bau von zwei Paren-
thesen unterbrochen ist, einer von 11 Versen (2 — 13), einer
von 6 Versen (16—21), nnd zwei Parenthesen welche in
sich Sätze und gehörig dureh Puneta getrennte Sätze und
Perioden enthalten. Das ist einfach unmõglich; es ist aber
eben so unmõglich, dasz Horatius, so lange er Horatius
war, naehdem er die Verse geschrieben
mntandus locns est et deversoria nota
praeteragendus equus. 'qno tendis? non mihi Cumas
est iter aut Baias' laeva stomachosus babena
dieet eques,
ganz mit seiner kennbaren graziõsen Laune geschrieben
plump und weisz der Himmel für was für plumpe Ohren
seinen Witz erklärt hatte dureh den Zusatz sed equis fre-
nato est auris in ore. Und gar mit dem unlogischen sed
fttr nam. So zeigen auch diese Worte, welche ursprling-
liche verdrängt haben, noch zum Ueberflusz an^ dasa
hier eine Verderbung vorliegt. Hier also hat der
Schlusz einer Periode und der Anfang zu einer neuen ge-
legen: z. B. dieet eques y certum nitens iter. edere
perge, womit denn von hier alle femere Parenthese weg-
fäUt. Was aber die vorangehende Partie betrifft, so ist es
ganz unumgänglich nõthig dasz am Anfang ein Vers au^ge-
fallen, etwa so:
Quae sit hiems Yeliae, quod caelum, Vala, Salemi,
quaerere ab expsrto iam mi est opus, est opus itiud,
qaoram hominam regio et qnalis yia. nam ndhi Baias
"»
EPIST. I, 15. CLXXIX
Mttsa Bupervacuas Antonius et tamen illis
me facit invisum, gelida cum perluor unda — .
Nur wird auch statt des wol schwerlich zu haitenden
tamen etwas anderes hineinzusetzen sein, das ganz einfache
simul wol schwerlich, vielleicht magis. Denn eine Ver-
derbimg durch falsch gelesene Buchstaben ist es wol mchL
Dieser Brief ist noch an einer andern Stelle nicht in
Ordnung:
Maenios, ut rebus maternis atque patemis
fortiter absumptis urbanus coepit baberi,
Bcurra vagus, non qui certuiu praesaepe teneret»
inpransas non qui civem dignosceret boste,
30 quaelibet in quemvis opprobria fingere saevus»
pernicies et tempestas barathrumque maceüi,
quidquid quaesierat ventri donaret avaro:
bic ubi nequitiae fautoribus et timidis nii
aut paulum abstulerat, patinas cenabat omasi
35 vilis et agninae tribus ursis quod satis esset — .
Ist das wohl gesprochen? Das mit ^inemmal positiv zu ver-
stehende donaret, nach zweimaligem non guif auch das wol
wenigstens nach zu langer ünterbrechung wie aus Unge-
schickUehk^it zur Wiederaufnahme des verlorenen Subjects
eintretende hic. Und endlich: wie ist er denn in seiner
jefzigen Lage, wo er auf tägliches Brot Jagd anstellt; ein
Verderben und Sturm und Abgrund des Marktes ? da, wenn
er keine Mahlzeit davon getn^en, er ja vom Markte nur
die Gedärme wegessen kann. Oder will man vielleicht,
schon gar nicht natttrlich, verstehen: 'der, wie er denn von
Natur ein Abgrund des Marktes war, alles was er erworben
dem Magen schenkte?' Das zu sagen hatte doch nur einen
Sinn, wenn immer noch ein äuszerst bedeutender Erwerb
▼orausgesetzt wird, während es doch scheint dasz er gar
keinen mehr hatte, jedenfalls nur so viel um sich mit dem
omasum zu begnflgen. Die Verse pernicies — und guidquid
— sind eine Interpolation, mõgen sie unttberlegt von An-
fang hergeschrieben sein mit donaret, was Emendation von
Bentley ist, oder mit dem was die Handscbriften geben
M2
CLXXX SPI8T. ly \^
donabat oder donarat, so dasz sie an den Rand geschrieben
wareii; um den Mänius zu besefareiben in seiner frühem
Lage, ais er eben der alles verzehrende Verschwender war.
Wem hic auch so noch midfiele, kõnnte es in w// ver-
wandeln.
Epist. I, 1 6 Ne perconteris — * )
V. 25 Siquis hella tibi — Diese Stelle wird gewõhnlich
80 genommen: es stellt sich ein Selimeichler vor Quintius
hin und sagt ihm folgende Schmeicheleien (dies soil das
permulcet aures heiszeu): *Du Quintius hast diese und jene
grosze Eriegsthaten zu Wasser und zu Lande ausgeführt
und auch sonst sind deine Verdienste und deine Fürsorge
um das Volk so grosz und anerkannt und beliebt, dasz es
schwer zu sagen wäre, ob das Volk })esorgter ist um dich
oder du um das Volk/ Dasz Horaz eine solche unglaub-
liehe und absurde Situation soUte fingirt haben mit soleh
einem krassen, vielmehr adsurden Schmeicbler, das ist mir
schwer. glaublich. Ich bin daher geneigt zu glauben dasz
die Sache von Horaz anders gemeint war : 'wenn dir jemand
spräche (tibi dicat gleich tibi narrei, was eben so wohl vor-
lesend oder vordeclamirend gescheben kann) von Kriegen
zu Wasser und zu Lande geführt und dir dabei auch fol-
gende einschmeiclielnde Verse durch dein aufmerksames
Ohr gehen liesze , so wilrdest du im Stande sein
zu erkennen, nicht nur dasz sie mit dir nichts zu thun
*) Bibbeck schrieb im Rhein. Museum 1868 S. 66 ff. *Ueber die
16., 17. und 18. Epistel des Horaz.' Ueber welche Episteln ich im J. 1S63
geschrieben. Da R. mehrfach von mir abwich, so 'woUte ich mir dies
einen Anlasz sein lassen, meine freilich anch vorher wiederholt und zu
Yerschiedenen Zeiten ttberlegten Aufstdlungen einer Nachprttfong zu
unterwerfen.' So sagte ich, und allerdings war nur dies der Anlasz,
in * einem halben Bogen Horatiana' den ich damals dmcken liesz (Kõnigs-
beig December 1867: die Zahl ist richtig: ich hatte Ribbecks Au£satz
frühzeitig erhalten). — Ribbeck liesz hierauf folgen: Erwiderung auf
einen halben Bogen Horatiana. Rhein. Mus. dasefibst S. 432 if. Dies
sind die hier berüeksichtigten Aofisitze von Ribbeck.
SPIST. I, 16. CLXXXI
haben, sondem auch dasz sie nur auf einen ganz ausaer-
ordentlichen Mann passeii.' ^^ Augusti musz betont werden. —
'Warum nimmst du es denn hin, wenn man dich einen wei*
sen und tadelfreien Mann nennt?* Nemlich ohne ein Be-
wusztsein zu haben, dasz auch dieses Lob ein ganz
auszerordentliches und nur auf seltene Menschen passend ist»
Horaz wurde zu diesem Beispiel veranlaszt durch den offen-
bar eben ersehienenen, noeh wenig verbreiteten Panegyricus
des Vanus; er bringt im Vorftbergehen eine Hõflichkeit für
Vanus an und für die wirklicb hübschen und einschmei-
chelnd gefonnten Verse.
Nun aber kommen wir zu der Schwierigkeit der Verse
30. 31. 32.
cum pateris sapiens emendatusque vocari,
respondesne too dic sodes nomine? 'nempe
vir bonus et prudens dki delector ego ae tu .
leh hatte gesagt, dies sei offenbarer Unsinn. Und nach
allem, was darttber zur Bechtfertigung bisher vorgebracht ist,
musz ieh das heute noeh sagen. Und für die Zukunft musz
ich einiges bitten oder verbitten. Also dasz man nicht
pmteris behandele ais ob es gar nieht dastehe: naoh der
bei den Horazinterpreten allerdings nur zu gewõhnlichen
Arty die allerdings nach Belieben dastehen lassen und nicht
dastehen lassen und fdr welche mein Motto ist nävtiov
fiijQOv ay&Qwnog twv fiiv ovx ovtwv oti eoTi^ räv dh bvjwv oti
oht %a%i. Auch behandle man es nicht so, dasz man es unver-
sehens aus dem Vordersatz in den Nachsatz escamotirt
Femer sage man bei nomine genau, und verschwemme nicht
alle Begriffe; in welcher seiner Bedeutungen man es neh-
men wfll, und unterscheide auch zwischen dem Ablativ und
DaÜT. Also fenge man nicht an zu erklären: 'stehst du
fiir die Wahrbeit dieses Lohes (das du auf deinen Namen
angenommen hast) mit deinem Namen ein T' und zwei Zeilen
daranf — man soUte fast die Erklftrung für dieses Verfahren
saeh^Di in dem dunkeln Gefühl, dasz es mit jenem 'Namen
doch nicht ganz seine Richtigkdt hat — also zwei Zeilen
danuf : 'stehst du auch mit deiner Person fttr die Wahrheit
VLXXXU EPISI. 1, l«u
diesen Loije» eia'. Der Naoie töt doeh wahiiich nicht die
FemDiL, nienuik und am allerwenigsten in dem Sinne, wcMmb
die PerHOu doeb kier ha)>eii musz, die Persõnlichkeit. —
Und daiin wieder wenige Zeilen daraof : Ver ncb g^^Uea
Itast daia ibm der Besitz gewigser Tugenden zageBekrieben
werde^ der gebt, wenu er ein l^üuin Ton Ehre ist, djunit
eine Ver|)flicbtung ein, diese Sebuld im Bucbe der offent-
liebeu Meinung einzulögen . Da sind wir also plGtzlich xa
einer ganz andern Bedeutung de» nomen gelangt: Schold-
poftten, Conto. Und meo nõmme retpondeo beiszt: ieh lõ0e
meiu Conto eiu. TRibbeck Erwiderung S. 433.) —
Al»o wir halien in dem Ueberlieferten : wenn dn dir ge-
fallen läBse^t, weise und tadelfrei genannt zu werden, stehst
du niit deinem Namen ein? Das ist eben Unsinn. Es mosz
ja beiBzen: 'ntebBt du für diese Namen mit der That ein?*
Nun Hollte man aucb meinen, wenn man zusammenliest
vocari und respondere suo nominej so musse das vocari und
respojulere zusammengehõrig erklärt werden. Man muss eine
bestiinmte Situation denken, von welcher her der Schrei-
bende es ü]>ertragen. Diese Situationen des Gerufen-, des
Aufgerufeu- werdens kommen vor im Grericht (wer denkt im
Horaz nicbt gleich an respondere vadato) und bei verschie-
deneu Veranlassungen im Kriegswesen. Man gehe sich
diese durch und versuche, ob dasjenige, was verständlioh
etwa so erwartet wird: Svenn du unter den Weisen und
Fehlerfreien aufgerufon wirst, lässest du dir das gefallen und
antwortest: bier biu ich' oder: *wenn die Weisen aofge-
rufeu werden sich zu melden, wie die Tapfem, wenn es
eineu Sturm gilt, antwortest du da mit deinem Namen?* —
oi) das so ausgedrUckt werden kann wie hier steht Ich
komme immer auf Unsinn. Also es musz dabei bleiben;
bisher hnt uiemand vermocht diese Verse wie sie hier stehen
%\x erklftren. Bis dieses geschehen sein wird haben sie fÜr
feblerhaft zu gelten. Statt des ttberlieferten cum päterü
u. 8. w. sehreibe ich
ctw patens sapiens emendatusque vocari?
und entferno die beiden folgenden Verse, mit denen niehts
EPI8T. J, 16. fgr.YYTfi^
verlorea geht , ais unecbt .♦) Hat vielleicht einer unserer
Meister, die sich mit Horatius besch&ftigen, eine wirkliohe
ErkUrung in Bereitschaft oder eine andere entsprechende
Hülfe, so woUe er gebeteu sein zu sprechen. Er wird keinen
zuni Hõren und Gefaorchen bereitwilliger finden ais. micb:
Bisher aber — noch einmal — bleibt es dabei, dasz gesagt
werden musz: die Ueberlieferung ist Unsinn.
V. 34. 35 Qui dedit hoc kodfe, eras d volet atfferet, ui si
detulerit fasces indigno, detrahet idetn.
ünter indignus kann bier nicbt ein wirklicb Unwtlrdiger
verstanden werden: denn bätte das Volk sicb einmal ge-
irrt einem Unwürdigen eine Würde zu übertragen und bätte
dann seines Irrtbums inne geworden sie diesem selber
wieder entzogen, so bandelte es ja weise und lõblieb. Wer
aufmerksam dem Gedankengangc folgend in diese Verse
kommt, kann so gar nicbt versteben. Sondem: das Volk
wird den Titel eines tugendbaften Mannes, den es dir beute
gab, morgen wieder nebmen, eben so wie wenn es seine
Statswürden dem der es nicbt verdient bat (sie zu erbalten)
ttberträgt und dem der es nicbt verdient bat (sie zu ver-
lieren) nimmt. (Vgl. EpisL I, 6, 53). Es wäre das also das-
selbe ui si welcbes ^MOüiEpist, 17^ 3 ara Scblusz des Y^rses
stebt. Demobngeachtet wird es nicbt nötbig sein, detrahat
zu scbreiben, wie icb frilber glaubte, vielraebr aucb nacb
diesem uf si wird ricbtig der Indicativ aucb des ersten Futurs
steben, ui si mit Ind. luv. 7, 238. Will man ut si trennen,
wie Ribbeck, also am Scblusz des Verses eine Gliederung
macben wie diese —
— eras si vohi aujeret, ui^ si
(was angebt, Sat. I, 1, 46. II, 3, 92)
*) Ich weisz nicht ob ich es Überhaapt nur «rwähnen soil, denn
Werth lege ich gar keinen darauf, dasz man vielleicht sich vorstellen
kõnnte, hinter das noch unverletzte, cur jtateris habe einer, wel-
cher meinte aiif eine Frage gehore eine Antwort, hineingesetzt: respoti'
desne? tuo die sodes nomhie: nempe — antwortest du nicht? so sage
doch in d ei n e m Namen. Was heiszen sollte: gib mir die Antwort blosz in
d ei n em Namen, was d u darüber denkst/ohne alle Rücksicht was ich wol
dasu sagen könnte. In meinem Namen werde ich nachher selbst reden.
CLXXXIV EPIST. I, 16.
dann wird man detrahet beibehalten, aber doch gewis auch
natttrlicher das Komma hinter fnsces setzen und indigno
(ohne dasz er 68 verdient hat) detrahet idem zusammennohmen.
V. 35. Wenn alao dieses wetterwendische Volk (deseen
Urtheil mir also ganz gleichgQltig sein musz) mir sagt:
^leg* ab die Würde , so leg' ich sie ab mit Gleichgttltigkeit.
Dies wird erfordert, nicht 'mit Trauer.' Worüber sollte er
denn traurig sein? Oder verdrieszlich oder welche Nuanca
von trhth man nehmen will. Darüber dasz das Volk so
dumm ist? Das gehort doeh wahrlich ganz und gar nicht
hierher, wenn es auch überhaupt im Horazischen Sinne
wÄre, welcher dergleichen vielmehr ridens zu betrachten
pflegt. Dasz es die GleichgQltigkeit gegen das Volk und
geine Urtheile ist, die betont wird, das zeigt ja auch der
Fortschritt: wenn ich darttber, dasz das Volk nur Wtlrden
nimmt oder gibt, mir Sorgen machen wollte, nun dann
mtiszte ich mir ja auch darttber Sorgen machen, wenn es
mich fttr cinen Räuber und Mõrder erklärte. Ich habe ge-
scfarieben tacitusque reeedo. Man würde wol auch ganz
gut schreiben kõnnen, missmque reeedo. A])er tristisque
reeedo ist hier eben so ganz wider den Sinu ais es in jener
Stelle des Lucrez (III, lOiO) ganz im Sinne ist, wo es
heiszt: auch den gequälten Sisyphus sehen wir hier im
Leben an dem , der sich darauf gesetzt hat, sich beim Volke
um Fasces und Beile zu bewerben und jedesmal victus
tristisque recedit, — Der arme Citatenkritiker, der sich zwischen
tristisque reeedo Lucret. IH, 110 und tacitvsre recedas luv.
III, 297 finden wird!
V. 69—72. Dasz diese vier Verse hier voUkommen
fremd eintreten habe ich schon ehemals erinnert: Rhein.
Mus. XVII. S. 488 oder Aristarch S. 437 der zweiten Aus-
gabe. üeber das Offenbarö etwas Weiteres zu sagen, wnszte
ich damals nicht und weisz es heute nicht.
Alle die Umstellungen, welche Ribbeck hinter V. 46
verlangte, damit 'ein klarer Flusz' hineinkomme, moszte ich
und musz ich jetzt zurttckweisen. Ich sagte dagegen: 'Ich
habe dem G^ankengange des Briefes hier immer gsinz gut
EPIST. I, 16. 17. CLXXXV
folgen kõnnen. Dasz die Disposition von V. 40 an eine solche
ist, die nicht ganz in geraderLinie gcht, sondem auch ein-
mal zurttckgreift, ist doch wol kein Fehler. Vielmehr nach
den Umstellungen von R. wird der Brief nur gewõhnlicher,
uninteressanter, die Aufmerksamkeit weniger rege erhaltend.
So wie schon das einzelne enim V. 50, welcbes jetzt eiii
klein wenig geistreicher angewendet ist hinter dem ein
'mmime verbergenden negitat, und an welchem wirklich
einen Anstosz zu nehmen nicht gut ist, durch die von Ribbeckihm
zugewiesene Stellung nur trivialer wird. Ztigleich hatte ich
mein Befremden geäuszert, 'klaren Flusz' ais Voraussetzung
für die Horazische Epistel aufgestellt zu finden. Dics hat
R. in der Erwiderung (S. 435) mir übel genommen.
Er erklärt sich Über den nicht vorhandenen klaren
FluBz. Wobei unter anderem auch eine 'gewisse Inversion
der Gedankenfolge' zugestunden wird. Das Resultat aber
ist, 'dasz er bei aller Freiheit der Darstellung verlange
E^arheit und Ordnung der Disposition.' Wenn nur damit
etwas anzufai^gen wäre! Will er mit diesem Zettel 'Klar-
heit und Ordnung der Disposition dem Pindar, dem Shakspeare,
dem Byron entgegentreten ? ünd wenn er es will, will er
dann darunter dasselbe verstehen, ais wenn er diese For-
derung an junge Leute stellte in den ersten Stadien ihres
deutschen Aufsatzes? — Wäre ich boshaft, ich wollte ihm
dafttr, dasz er mich so gering achtet, um solche Formel von
'Klarheit und Ordnung der Disposition gegen mich ins
Feld zu führen, eine Vergeltung wftnschen. Es sollte ihm
auferlegt werden, immer fort den Isokrates zu lesen.
Epist. I, 17 Qnamyis Seaeva satis —
In diesem Briefe fühlt man es doch wol dasz man zum
Schlusz in einer ganz andem Atmosphäre ist. Wer hfttte
es vorher, wo der feine und vomehme Aristippüs ais Muster
au^emalt ward, gedacht noch R^eln zu erhalten fiir einen
Spitztmben, der seinem 6{(nner, weleher ihn auf Reisen mi^
genommen, rorlllgt, sein Koffer sei ihm erbroehen wordai?
Oder steht das etwa nicht da? Ist nur der Fail gemeint
CLXXXVI EPIST. I; 17.
und eino Warnung nicht unfein zu verfahren für den Fail
daaz Eröffnung und Beraubung des Reisekoffers wirklich
eingetreten? Dann müszto also nota refert meretricis acu-
mina nicht lieiszen: 'er copiert die Buhlerin, er spielt ilir
die Kolle nactf, sondem: *er erinnert daran, bringt wieder
ins Gedächtnis* und wird also bei dem Grönner den Ver-
dacht rege maehen, da8z auch er ein falsches Spiel treibe.
Vielleicht kann es das heiszen. AUein der Zusatz, wer sich
oinmal den Spasz gemacht sich beschädigt anzustellen, wäh-
rend er es nicht war, und so weiter, paszt ja nur, wenn
von einem Betrüger die Rede ist, vom erlogeuen Aufbrechen
des Koffers.
Fenier zu betraehten
Brundisium comes aut Surrentum ductos amoenam
qui qaeritur salebras et acerbum frigus et imbris
aut cistam effractam et subducta viatica plorat,
55 nota refert meretricis acumina —
Wie kann denn die Klage ttber den stõszigen Weg und die
unbehagliche Witterung mit dem aufgebrochenen Koffer zu-
sammenstehen, wenn sich anknüpft nota refprt mei^etricis
acumina, 9üepe caiellam, saepe periscelidem raptam sibi Jlen-
tis, was doch auf das qui queritur salebras et acerbum frigus
et imbris ganz und gar nicht paszt? während es mit dem
andern sich deckt: unter Verschlusz gehaltene Gegenstände
(Ribbeck tlbersetzt catellam Mhr Schoszhündchen Erwidening
S. 436) entwendet. Man mochte dies kaum auch dem Ver-
fasser dieser Veree zutrauen woUen und glauben, dasz die-
ser nur geschrieben hatte qiii cistam effractam et subducta
viatica plorat
Doch ich musz noch etwas verweUen bei der gauner-
haften Atmosphäre, in die man sich mit einemmale in den
Einzelvorschriften versetzt sieht. Es haucht mich etwas aus
luyenal oder Petronius an. In solche Gaunereien sich ein-
zulassen schien mir weder der Horaziscben Art Uberhaupt
entsprechend noch ersichtlich warum sie gegenüber einem
Freunde muszten behandelt werden, dem Horatius sich mit
auszerordentlicher Röcksicht gegenübergestellt (V. 1. 16),
EPIST. I, 17. CLXXXVU
endlich nachdem fiir beide so eben ais anerkanntes Muster
in diesen Verhältnissen aufgestellt war — wer? Aristippus!
Eine Vocabel, deren Sinn und Bedeutung in Horazens
Munde man doch wol versteht! Bibbeck glaubte hiegegen
sagen zu dürfen S. 70 — „manches besonders im Punkte
des Soil und Haben nahmen die Alten und nebmen noch
heutzutage die Italiener sich und andem weniger ttbel ais
wir." Also kann aueh wol Horatius ttber Stehlen und was
uns ais die gemeinste Gaunerei erscheint nicht eben so
schlimm gedaeht haben ; er durfte aueh seines wiewol so
anerkannten Frenndes ^yEmpfindungsweise in diesem Punkt'^
ais nicht ganz gefestigt yoraussetzen, ohne darin etwas 6e-
leidigendes zu sehen. — Ich kann hierauf nur sagen noHä
rä õeiva : unter dem Vielen aueh jenes kleine fatale monstrum
y,noch heute", womit beiläufig die ganze Römische Ge-
schichte aus den Angeln gehoben werden kann: die
Altrömische Tapferkeit zuerst u. s. w. Das aber findet
Ribbeck (S. 70) selbst seinem so beschaffenen Scaeva
gegenflber auffallend oder beleidigend; dasz die Einzelvor-
schriften, welche gegeben werden, eben nur in diesen bei-
den und so gearteten Vorschriften bestehen. Gewis ist das
auffallend und würde allein hinreichend sein um den Brief
in seiner jetzt überlieferten Gestalt ais eine Monstrositftt auf-
zuweisen.
Jetzt betrachten wir die Verse 36 — 45. Doch indem
ich von ihnen reden will, sehe ich mich genõthigt, das ttber-
lieferte esto in V. 37 zu verwandeln in üto (ne non succe^
deret isto), Ich kõnnte sonst gar nicht darüber reden, weil
ich mit esto mich in dem Gedankengange ganz verwirre,
der an sich mit isto nicht unklar dst. Sie heiszen also:
'Nicht jederm^nn wird es zu Theil an Korinth zu kommen.
Unthätig blieb sitzen wer fttrchtete, er wttrde dahin nicht
hinankommen kõnnen. Wie dagegen wer hingelangte? hat
der anders ais männlich gehandelt? ffecitne dem Sinne
nach gleich nonne fecitf) Nun aber da liegts (im männlich
handeln) oder nirgend wonach wir fragen. Der einescheut sich
vor der Last ais zu grosz für kleinen Entschlusz und kleinen
CLXXXYill EPIST. I, 17.
Körper, jener tritt darunter und trägt sie ans Ziel. Ent-
weder die Tugend (joirtus^ eben virUiter) ist ein leerer Name,
oder nach Ehre und Belohnung strebt auf die rechte Weise
der unternehmeude Mann/ Das ist doch deutlich ein Paroli,
das einer gegengescbrieben hat gegen das Lob des sebmieg-
samen Aristippisebeu Maunes. Aber eben derselbe Renitent
scheint aucb V. 45 das wunderlicbe atqui rerum caput koe
erat, hic fons hineingesetzt zu baben, was doch nacb allem
natürlichen Gange nur kaun bedeuten soUen : ^nun aber aufs
Rauben kam es ja von Anfang her an/ lefa meine, es hat
hier von erster Händ etwas Anderes gestanden. Aber was
auch, die Verse 43—51 scheinen, abgerechnet dasz sie wol
auch in die unerwartete unfeine Atmosphäre gehõreu; die
beiden Motive des Anstandes und des Vortheils auf eine un-
klare Weise durch einander zu werfen. Doch ich will es
nuu abwarten, ob jemand nach dem Gesagten wird irgend
etwas Annehmbares herstellen kõnnen nach V. 32 refer et
sine vivat meptus, womit, wie ich glauben musz, die echte
Epistel schlieszt, und ob es nõthig sein wird meine Empfin-
dung ais falsch zu strafen^ die mich jedenfalls gieich bei
dem res gerere usw. befällt, dasz diese Verse schon andere
Verhältnisse ausdrücken ais die bisher behandelten Aristip-
pischen und sich nicht anschlieszen woUen: um von der
gänzlichen sprachlichen Unverbundenheit aller vier Verse,
welche den Eindruck von Sentenzen hervorbringt, gar nicht
zu reden. Wol aber würde man an rejer et sine vivat inep-
tu8 noch recht gut den Vers non cuivis /tornini contingit
adire Corinthiim anschlieszen, nach der bekannten Bezie-
hung dieses Sprichworts auf Aristipp: nicht jedermann ist
es gegeben ein Aristipp zu sein.
Aber wir sind der Bedenken auch jetzt noch nicht
ledig. Horatius beginnt: 'obgleich du keines fremden Rathes
bedarfst (er sagt nicht einmal blosz quamvis Scaeva per te tibi
consulis, sondeiii etwas mehr quamvis satis per te tibi consuKs^
entweder so viel ais genug ist, oder so viel dasz du fremden
Rath nicht nöthig hast, um zu wissen) und weiszt wie man mit den
Groszeu umzugehen habe'. So ? Davon ist Horatius ganz bestimmt
EPIST. I, 17. CLXXXIX
unterriehtet; während er V. 15 gar nicht unterrichtet ist,
ob, wenn dem Soäva die Frage vorgelegt wUrde ttber den
Weg des AristippuB und den Weg des Diogenes, er auf die
eine oder die andere Seite treten wttrdC; ob er darftber je
nachgedacht? Das wäre niclit auffallend? und wenn über-
haupt zu lõBen^ andera zu lõsen ais vielleiebt auf eine
ftuszerst prekäre Art? Hienach habe ich groszen Verdacbt,
daftz der Febler in der Latinität im zweiten Verse, auf wel-
ehen Horkel aufinerksam gemacbt, in dem iandem, — er
emendirte tenuem, — \'ielmehr darauf hinweist dasz der
ganze Vers ein Einschiebsel ist, zu dem aber im ersten
Verse eine Veränderung gemacht, statt des etwa ursprüng-
lichen quamvis, Seaet^a, satis per te Ubi conxuHs ipse oder
et stas.
Wir seben dasz Scäva bei der ganzen Sache gar nicht
betheiligt war und eben auch uur damit geehrt wird, dasz
Horatius ihn alseinen theilnehmeuden und sinnigen Znhõrer
voraussetzt, an den man sieh mit sinnigen Betrachtungen
wenden darf. Ganz anders ist das Yerhältnis des Lollius,
an welehen die folgende Epistel geriehtet ist.
Ich sagte obeu uach V. 32 oder Y. 32 mit dem dazu
genommenen V. 36 schliesze die echte Epistel: d- h. der
echte Theil dieser Epistel. Es fragt sich, ob sie ttberhaupt
damit gesehlossen hat oder ob die echte Fortsetzung ver-
loren gegangen. Man kõnnte \'ielleicht meiuen, zu dem An-
satze^.der für das Thema V. 15—17 genommen wird, wäre
die AusfUhrung nicht lang geuug. Aber dieser doch wol
nieht sehr ins Gewicht fallende Grund ist auch der einzige,
warum nicht Horazens Brief dort sollte zu Ende gewesen sein.'^)
Es wäre auch so eine ganz anmuthige Gedankenmittheilung
*) Ribbeck sagt iu dieser Beziehong gegen mich (Erwidening S. 437)
man kõnne den Brief da nicht endigen, denn diese Partie lebre ja nicht
quo tenuem pacto deceat tnatcribus utt\ sondem Torl&ofig nur cur
oder num deceaU Er vergasz dasz in meraem Briefe der Yers quo
tenuem pmcto ~ nicht vorkommt ~ 'Un8el*ge Geister, so behandeh ihr
das menschliche Geschlecht zu tansend M&len.'
CXC EP18T. I, 17. 18.
ait einen Frennd. Ist die Epistel weiter gegangeii; bo
müBzte man den Inhalt wol etwa so vermnthen : Nicht jeder-
mann ist es gegeben ein Aristipp zn sein. Denn dazu ge-
hõrt dasz man nicht von Fehlern und Lefdensehaften be-
herrseht sei, dasz man vielmehr der Leidenschaften Henr
seiy dasz man yerstehe ttber den Dingen und Menschen zn
stehen und sibi res non se subiungere rebus.
Im ersten Theile, der nach Entfernung des zweiten
Verses trefflicli yorwärts geht bis V. 32, kõnnte man viel-
leicht noch hõchstens fragen, ob in der Aufzählung der
Entbehrungen V. 6— 8 etwa ein Vers ausgefallen: wiewol
nothwendig scheint es nicht.
Epist. I, 18 Sl bene te novi —
Den Zusammenhang der Verse 21—31 glaube ich jetzt
anders fassen zu mtissen ais frtther und halte jetzt alle
Verse ftlr echt. *Wer irgend einer der nobeln Leidenschaf-
ten frõhnt, wie sie bei den Reichenimd Vomehmen herkõmm-
lich sind, Liebe, Spiel, Luxus in Kleidung und äuszerer
Erseheinung, das nie gestillte Varlangen naeh immer mehr
und mehr Beichthum, wer sich damit seiner — dem Clien-
enten natürlich zustehenden — Armuth sehämt und sich
immer von ihr loszumachen sucht, gegen den wird der reiche
Patron Abneigung und Widerwillen fassen, oder er wird
ihn wie einen Knaben schelten und zurechtweisen, indem.
er ihn aufmerksem macht, wie solche Neignngen flir ihn.
verderblich werden mtissen. Er wird sagen — und nua
wird beispielsweise ein Patron genommen, der einen im
Luxus der Kleidung sich tlbemehmcnden Clienten vor sich.
hat — er wird ihm sagen: *ich bei meinem Vermögen kana
Thorheit aushalten : ftlr dich paszt diese reichliche Kleidung*
nicht.' Ftlr dich nemlich wird sie -aus der Thorheit zum
Ruin werden. — Ganz recht, sagt Horaz; so ruinirte Eu-
trapelus so manchen blos dadurch, dasz er ihn zu reich-
lioher Kleidung verführte. — Eutrapelus ein kluger Welt-
mann von Uberlegenem Humor und nicht zu engem Oe-
EPIST. I, !8. CXCI
wissen, dem es mitunter Vergnügen machte, einem Narren
auf die Bahn zu helfen.
V. 46 Aetolis, Diese Lesart, nicht die andere, Aeoliis
musz ich mit Bentley für die richtige halten, aueh gegen
Meineke. Nattlrlich schrieb Horaz nicht so, wie alte und
aueh neuere Erklärer sagen, wegen Meleagers und der
Kalydonischen Jagd, was Meineke mit Recht pueril findet:
aber doeh aus demselben Grunde weshalb die Ealydonische
Jagd eben selbst dorthin verlegt war, weil in Aetolien viel
Jagd getrieben wurde und also aueh wol Jagdgeräthe daher
kamen. Gegen Aeolüs ist fttr mich Bentley s Grund über-
zeugend, dasz Horaz Eumanische Jagdnetze, welehe zu ver-
stehen wären, nicht hier würde mit dem hoherer oder affee-
tirter Poesie anstehenden Aeolius für Cumanus gesagt haben,
Bondem einfach Cumanis onerata plagis —
Hinter V. 36 findet man in meinem Texte vier Verae,
welohe gewõhnlich hinter 72 (irrevocabile verbum) stehen
und nach der Ueberlieferung so lauten:
non ancilla tuum iecur ulceret olla puerve
intra marmoreum venerandi limen^ amici»
ne dominus pueri pulchri caraeve pueUae
manere te parvo beet aut incommodus angat.
Was die Stellung anbetrifft, so wird doch wol jeder zu-
geben, dasz sie dort zusammengehörende Dinge trennen.
Hier haben sie ihren guten Ort. Was aber die Sache be-
trifft, ist denn das Geschenk eines schõnen Knaben^ eines
schonen Mädchens ein kleines Geschenk? 'Ja ehemals, da
wurden die Dichter belohnt, cum minimum vati munus
Alewis 6ra^ Mart. V, 16, 12, ais das Geschenk dnes seh^nen
Sklayen (Alexander an den .Vergil von Seiten Polios) für
den Dichter das kleinste Geschenk war.' Also.* ais ein so
bedeutendes Geschenk das kleinste war. Doeh was brau-
cheu wir dazu der Citate? Nün wollen wir einmal ver-
SQchen zu verstehen: damit er nicht mit diesem fOr ihn
kleinen Geschenk dich ein ftlr allemal abspeise. Wamm
CXCII EPI8T. I, t8.
ist es denn fttr ihn ein kleines Geschenk, eiii so kleines dasz
er froh ist sich damit abzukaufen ? Und für einen Patronus,
der überliaupt knickerig ist; doch am wenigsten. Mir scheint
etwas ganz anderes nöthig zu sein, was ich liineingel^
habe dadurch dasz icb preschrieben — ne Jominus pueri pvl-
ehn grataevp puellae vtujiere te caro beet aut mcommodus
angat. Plötzlicb einen solchen Sklaven oder Sklavin ais Eigen-
thnm zu erhalten kann wol füp einen eingeschränkten Cli-
enten eine äuszerst drüekende, weil kostspielige Gabe sein:
damit er dich nicht durch diese Gabe, die dir tbeuer zu
stehen kommt, begittcke oder ungelegen, unbequem dieh äng-
stige, indem er dicli mit deiner Liebschaft rerspottet , oder,
worauf wol a?igat noeh mehr führt, dicb ängstige mit der
Drohung: ich werde dir diesen Knaben, dieses Mädchen
wol noch schenken! Was der Client, indem er eine Lieb-
schaft mit dem Knaben oder dem Dienstmädchen des Hau-
ses ankntpfte, gar nicht gemeint hatte.
Die Verse 55 — 64 habe ich nicht umhin kõnnen einzu-
rllcken. Wer sich mit ihnen befreunden kann rücke sie
wieder vor. Mir will das nicht gelingen. Mir scheint es,
die AufForderung sich nicht von der Jagd des Patrons aus-
zuschlieszen sei von Y. 40 an hinreichend und steigend '
unterstützt und zuletzt {de?ugue V. 54) mit der Erwähnung
der Eriegsdienste und der fast feierlichen Einführung des
siegreichen Augustus auf die Hõhe gebracht. Da koflunt
nun ein neuer Ansatz und Anfang : Ae ne te retrahas —
Und was bringt der dazu? Dasz man ihm wUrdesagen kõnnen :
du hast ja sonst Zeit zu Spielereien? oder du hast ja sonst
Lust zu Spielereien ? Oder viehuehr doch : und du zeigest ja
noch immerLust zu kriegerischen Beschäftigungen durch
diese Art kriegerisches Spiel, das du bisweilen treibst. Und
das noch alles immer und immer ais Gründe, warum er
sich TOU der Jagd des Patrons nicht ausschlieszen soU?
Und, wie gesagt, der neue Ansatz fällt mir immer auf. —
Aber durch diese Verse scheinen andere Verse diese Stelle
verloren zu haben, welche ihneu gebtthrt, nemlieh V. 89
oderunt kilarem — 92 tepores^
EPIST. I, 18. 19. CXCIlI
V. 104. Unter allem Leheuswechsel halte doch immer
zur Philosophie und leme was die Seele beruhigt. Und
fragst du bei dieser Gelegenheit nach meiner Philosophie?
soil ieh dir sagen was das Resultat meiner Philosophie
ist, in welchem G^dank^n, in welchem Gebet sie sioh <?on-
centrirt, so oft ich in die Ruhe meines Gtitchens zurück-
gekehrt rair meiner und .des Meinen concentrirt bewuszt
werde?
Episi I, 19 Prisco si credis —
Pnsco si credis, Maecenas docle, CratinOj \ nullaplaceredm
n^c vivere carmma possunt^ \ quae scribuntur aquae petoribus.
II t male sanos \ adscrip^U Liher Satyris Faunisque poetas^ \
tina fere dulces oluenmt mane Camenae, Ist das erklärbar?
Wie paszt es denn hieher dasz die Dichter ais male sani
bezeichnet werden? Das soil doch also wol heiszen ais
*begeisterte' mit einera Spitznamen ausgedrückt. Aus wessen
Munde oder Sinue der Spitzname? Und die doch gleich-
artig zu denkenden Faunen oder Satym, wer wird denn ais
ihren Charakter denken und ais ihr Epitheton sagen dasz
sie wifl/e sani seien? die im Gegenteil, wenn sie nicht eben
trunken sind, sehr gescheit siud. Dann ferner also: seitdem
Liber die Dichter ais Leute die nicht recht bei gesundem
Verstande sind unter sein Gefolge aufgenomraen, seitdem
tranken sie vom frtihen Morgen an. Seitdem? Haben sie
es also da erst sich angewöhnt? Man kommt wirklich
nicht hindurch zu einer ernstlichen Erklärung. Umgekehrt
doch kommt das Natürliche in dieSache: ais durstige Leute
hat Liber sie unter sein Gefolge aufgenommen und ihre
Berechtigung auerkannt. Der Sinn scheint zu erfordern dasz
alle die Instanzen vom Liber an bis auf Horatius aufgezählt
werden aus dem Munde der Cratinusanhänger, mit denen
diese ihre Trinkseligkeit ais zur Natur der Poeten gehörig
rechtfertigen. Ich habe geschrieben; ut male siecos ad-
scripsft Liber Sai f/r is Faunisque poetas: vina h/rae dulces
oluerunt mane Camenae : laudibus arguitur vini vinosus Homerus.
LehrA, Hor&tias. N
CXCIV EPI8T. I, 19. 20.
Dasz die lyrischen Dichter {lyrae Camenae), die Sänger des
Weins, stets trunken waren — Anacreon, Alcäus — das ist
eine bekannte Instanz, an die man nur zu eiinnem bräuchL
Das braucht man gar nieht erst zu argumentiren wie f&r
den Epiker Homer. —
V. 10. Die Ueberlieferung von edixit iu hoc simul edixi
non cessavere poetae — scheint darauf zu fQhren dasz Horatius
gesclirieben: edlri et —
V. 15. 16 seheinen verständlich, obgleich die Nachriehten
dürftigsind und werder larbita sei nnbekannt. Die dem Tima-
genesnacUeiferadeZuugemachtedasz der larbita platzte, nem-
lich wie jener Froseh in der Fabel, und nur mit Beziehung
auf diese Fabel ist das mpit gesagt. Timagenes war 'di-
sertvs homo et dicax^ a quo muita improbe sed venuste dicla
Senec. Contror, X (34) p. 333 Burs. Indem nun jener lar-
bita der durch Uehcrtreibungen auflFallenden Art zu reden
und eben so seinen tibertreibenden Witzen (die wol aueh
in seinen Reden angebracht wurden) nachtrachtete, ruinirte
er sich, — nemlich in seiner bfirgerliehen Stellung. Denn
ihm fehlte die geniale Ader, womit Timagenes sich trotz
dem zu erhalten wuszte, der selbst dadurch, dasz ihm August
sein Haus untersagte (ob dieses damals schon eingetreten
ais Horaz dies schrieb >vi88en wir nieht) keinen Schaden
litt. Er lehte bei Asinius Polio wohl behalten. — Wir
werden doch nieht den dummen Horazscholiasten irgend
ein Gewicht beilegen, — wir sind leider hierin noeh immer
zu schwach, — weil sie sich aus dem rupU eine Greschiehte
machten von einem Bruch, den er sich zuzog.
V. 30 hunc ego non alio dictum prius ore Latinus (oder
Latinis) volgari fidicen. Ich habe gesehrieben was ver-
nünftig schien aiii und ore Latino,
Epiftt. I, 20 Vertumnum lanumque —
In dieser liebenswtlrdigsten aller Episteln habe ich ir-
gend einen Vermisz niemals empfunden. Meineke hat zweierlei
EPIST. I, 20. XI, 1. CXCV
Anstosz genommen. Zuerst vermiszt er etwas hinter V. 18.
Ich kann dieses durchaus nicht zugeben. ^Du wirst zuletzt
noch den Sehalmeister zu machen haben, und wird dich in
dieser einfõrmigen und abmüdenden Beschäftigung das
gtammelnde Alter ttberkommen. Da vergisz nicht, wenn,
wie es zu geschehen pflegt, in den Stunden oder Zeiten, wa
die Sõnne nicht zu heisz brennt, der Kreis der nach dem
Lehrer und nach den Fortsehritten der Ihrigen sehenden
Väter und Verwandten in der Schule etwas groszer ist,
gerade dann etwas vom Leben des Autors anzubringen.*
(Die Verwandten werden auch von den Vätem aus Eitel-
keit mitgebracht.) Am allerwenigsten aber kann ich mir
das soäbus aptum rauben lassen. Dasz Horaz 'flir Sonnen
scheine gemacht ist' das steht bei mir in seinem Bilde
ais einer der wesentlichsten Züge. Er hat ihn ja oft genug
ausdrücklich und unausdrücklich zu erkennen gegeben.
Sein behagliches Frlthlingsgefühl, sein sich ziehen nach der
Wärme bei der kalten oder fröstelnden Jahreszeit ! Ja wohl !
er war recht gemacht für die Sonnenscheine. Vielleicht
verstehen die^enigen das etwas besser und eindringlicher,
welche gerade die Natur in diesem Punkte eben so orga-
nisirt hat. Aber es kann'8 doch auch ein jeder verstehen.
Und an aptus was kann denn daran für ein Anstosz sein?
Es ist ja gar kein anderes aptits ais jenes aus dem gleich-
falls kurzen, aber wie das unsere zu den schönsten Bltithen
der Römischen Poesie gehörenden Gedichte des Ovid. Am. I,
5, 20: forma papillarum quam fiüt apta premi Vecht ge-
macht dazu/
Epist II, 1 Cnm tot sustineas —
V. 66 : si quaedam ninüs ant/que, si pieraque dure dicere
credit eos und in einigen cedit, Mir scheint es der Sache
angemessen, warum wird man sich selbst sagen, statt des
*t zu schreiben qui, und mit credit,
V. 94 et in vitium foHuna labier aequa und 101 quod
cupide petilt mature plena reliquit. 'Wie kann Horaz hier,
N2
CXCVI EPIST. II, 1.
wo er^riecheiilaud in der Beweglichkeit', mit der es, ein-
mal zum Glück des Friedens gelangt, eine friedliche Kunst
nach der andem ergrifF und nicbt immer nur das Alte
lobte, wo er Griechenland bierin den Rõmern zum Muster
aufstellt, das mit dem sclinBllen Ueberdmsz eines Kindes
an seinen Spielen vergleichen: quod cupide petiit matttre
plena reliquit, Wenigstens dieser Vers ist ganz 'gewis un-
erträglich: wie aber auch ganz gewis sehon das Wort
vitiym in V. 94 ist, das aucb scbon gar nicht mit dem dabei
stehenden forlunn aequa sich verträgt. Es kann von Horaz
nicht ein tadelndes Wort wie ritium, nur ein Wort etwa im
Sinue von luaum ausgegangen sein/ Aristarch 2. Ausg. S.
437 (vorher im Rhein. Mus.), lusum geradezu vorschlagen
wollte ich nicht wegeu des wiederkehrenden luderet in V.
99. Indessen kann ich mich gerade auch damit sehr aussõhnen
— 'dasz sein fusas so herauskam in Hinsicht seiner naiven
Beweglicbkeit wie — \ Ich habe also lusum jetzt geschrie-
ben. Dieser lustis schien einem äfiovüog ein vitium, der
dies wider den Sinn und Zusammenhang beischrieb. —
Ein anderer Vorschlag wäre hi requiem fortuna labier aequa,
Ich sehe nicbt ein warum nicht in requiem, läbi so gut wie
in quietem läbi auch soUte richtig gesagt werden können:
ais es anfing nach den Anstrengungen des Kriegs in den
Zustand des Abruhens, der Erholung zu gleiten maturge-
mäsz), dies aber geschah unter Begünstigung des Glücks;
da soust solche Zustäude des Ausruhens nach Aufliören an-
gestrengten Kraftaufwandcs gefährlich werden und zu reiner
Erschlaffung ftihren können. (Beiläufig: eine Stelle wie
nox eriit Ilumanumque (jenus reqnies divumque (enebat Homer.
Lat. 116 sollte man in den lateinischen Wörterbüchern nicht
vermissen.) — Der nächste Vers quid placet aut odio est
quod nan mulabile eredas ist natürlich hier uncrträglich.
Haupt hat ihn nach 108 gesetzt.
V. 104 fF. 'Schön sind die fröhen Morgenstunden des
bejahrten römischen Hausvaters bei Hor. Episf. II, 1, 103 gc-
schildert. Er bringt sein Hausbuch in Ordnung ieautos —
nummos)j er verhandelt mit den alteru Freunden, die žu
EPIST. II, I. 2. CXCVII
ihm kommen (maiores audire) und ertheilt jttngern Rath-
schläge ftlr ihr Hauswesen und ihren Lebenswandel (minori
dicere per guae res possel crescere, minui damnosa libido)
und abhängigen Leuten Recbtsbelehrung (clienti promere iura
vgl. I, 5, 31 undDiony8»2, 10). Man hat sich die Gegenstände
dieser Au^enzen keineswegs ais vorzugsweise juristisch zu
denken ad quos^ sagtCicero Or, 3, 33 von dem Verfahren, in
solio sedentes domi sic adibantur^ non solum ut de iure civili ad
eos J verum etiam de Jilia collocanda, de fundo emendo, de
agro colendo, de omni dcnique aut ofjicio aut negotio re^
ferretur^ Mommsen, Römische Clientel. Forschungen I, 373.
V. 164 temptavit quoque 7*em, si diyne vertere posset,
Das rem ist doch wol wunderlicb. Ich habe iam ge-
schrieben.
V. 1 73 Quantus sit Dossemius edacibus in paraskis kann docb
wol nur heiszen : wie grosz Dossennus sei in der Scbilderung
der Parasiten. (Wäre er ein Schauspieler, bo liiesze es 'in derDar-
stellung'.) Also gehört der Vers, wenn man ihn nicht für einen
anders wober stammenden und beigeschriebeneu halten will,
dahin, . soUte man meinen, wo von dem Loben der alten
Dichter die Rede ist. Das war oben der Fail, und ich
habe versucht ibm dort eine Stelle anzuweisen hinter V. 56,
wie mir scheint eine ganz gute. AUerdings liegt darin das
stillscliweigende Bekenntnis, dasz mir die Beweise von der
Nichtexistenz eines früher angenomraenen alten Komödien-
dichters (Togatendichters) nicht überzeugend geworden.
Und allerdings der Horazische Vers selbst scheint mir immer
wieder darauf führen zu müssen.
Epist. II, 2 Flore, bono claroque —
V. 7 Litterulis Graecis imbutus. Bei den Herausgebem
wird erklärt: 'versteht ein bischen Griechisch,' aher es wird
das 'ein bischen auch mit in dem Deminutivum gesucht,
was ganz undenkbar. Der Verkäufer spricht im Sinne der
2^rtlichkeit für die griechischen Wissenschaften, von denen
der angepriesene Sklav etwas versteht. Jenes ist ein Aus-
CXCVIII EPIST. II, 2.
flusz davon, dasz man immer noch zu geneigt ist das 'Kleine'
bei der Erklärung der Deminutive voranzustellen. Einen
entgegengesetzten, fruchtbarerii Weg hat eiugeschlagen und
verfolgt Gustav Müller de IhujHae Latinae demnutwh 1S65.
Wozu 80 ebeu noch gekommen desselben Abhandlung (iber
clie Deutschen Deminutiva, Programm, Lissa 1869.
V. 8. Man darf sichwol wundeni, dasz von den beiden
überlieferten Lesarten imitabei^is und mitabitur die erste
sich hat bis in die neuesten Zeiten die Gunst der Heraus-
geber überwiegend gegen die andere erhalten kõnnen. Es
scheint dazu mitgewirkt zu haben dasz eine Neigung vor-
handen ist sich — man erlaube mir — verblüffen zu lassen,
wenn man 'Blandinii' sieht, die imitaberis haben. Dazu ist
bei ÄÜer Anerkennuug einiger sehr merkwürdigen Lesarten,
die wir ihm verdanken, doch kein Grund vorhanden. Jeden-
falls hat Horaz hier gewis nicht mtlaberis geschrieben-
Ich sehe dasz verstanden wird: Vie aus weichem Thon
wirst du alles aus ihm machen können . Da wäre auch
das imitaberis gerade sonderbar gewählt: *^du wirst wie
in weichem Thon was du willst in ihm nachbilden.'
Dasz dieses wenn auch nicht unmõglich aber doch sonder-
bar ausgedrtickt wäre wird man doch nicht läugnen wollen.
Sodann bei dieser Erklärung mfiszte der folgende Vers
herausgeworfen werden. Denn nachdem gesagt worden;
*er ist zu jeder Kunst beanlagt, dü wirst alles aus ihm
machen können , würde der natürliche logische Fortgang sein:
*ja sogar zu einem geschulten — doctnm — Sänger >virst
du ihn bilden kunnen,' nicht aber: *ja sogar er wird dir
beim Weiu ungeschult doch angenchm singen oder singen
können.' Das gibt nur Quälerei. Ich würde imitaberis
nur verstehen können: du wirst durch ihn was dir beliebt
in Thon bilden d. h. durch ihn können bilden, darstellen
lassen. Aber auch da müszte man fragen: welcher böse
Dämon des schlechtesten Styls trieb den Horaz, hier plõtz-
lich ein kleines Sätzchen mit anderem Subjecte dazwischen
zu werfen, während ihm das imitabitur zur Händ war ganz
voUkommen dässelbe zu errcichen?
EPIST. II, 2. CIC
Aber freilicli von diesem selben Dämon müszte er
wahrhaft beflessen gewesÄn sein, wenn er V. 2 mit siquh
velit ei tecum sic agat beginnend und eine lange Eede mit
veraebiedenen getrennten Perioden fortspinnend, dann V. 16
ohne jede Hülfe den Nachsatz zu jenem si mit des nummos
begõnne. Mir erscheiut dieses abeuteuerlich und keines-
weges mehr innerbalb der grata neyügentia der Briefform.
Ich habe hinter 15 eineu Vers 15* binzugefügt, durch den
wir der gy^ata negligentia gerecht werden.
V, 44. Von den beiden tiberlieferten Lesarten vellem
und possem ist vellem allein moglich. Das pos^ curvo dh-
gnoscet^e rectum ist das Höebste, und recbt im Horaziscben
Sinn das Hoehste, wozu es eiuer bringen kann und kann
nimmermehr mit paullo pius artis bezeichnet werden. Das
liebe Atben that etwas mebr zu meiner Bildung (Horaz er-
zählt wie er, der ungebildete Bauernsobn, zui- ars gekom-
men) hinzu: das nemlicb dasz der Trieb in mir entstand
zur Pbilosophie. Leider aber (und darum blieb es damals
iiur paullo pius artis) ward icb dann baid unterbroehen.
V. 70 ist die Ueberlieferung bekanntlich iniermlla vides
humane commoda. Es ist mir eine grosze Wohltbat dasz
Meineke vor humane commoda sein Kreuz gesetzt und also
die Ueberzeugung zu erkennen gegebeu, dasz auch er alles,
alles weitläufig zur Rechtfei-tigung Beigebrachte für unzu-
treflfend bait, dasz humane nicht mit inuiy.wg verglicben
werden kann, nicht mit probe, pulvhre^ u. s. w. Ich
habe die einzige Conjectur, die keinen Fehler enthält
und einen ganz schonen Sinn gibt, haud sune commoda
(von Frõhlich, wie gesagt wird, Münchener Programm 1827)
aufgenommen [hausane], Ribbeck hat geschrieben homini
uno. Wogegen sich das Ohr sträubt. Man sehe oben in
der Abhandlung über die Vei-schleifung die Vqrschleifungen
der langen Vocale. Und merke wohl dasz nichts gefähr-
licher ist ais die Verschleifung < u. Ja auch i u überhaupt
Wie oben unter den überhaupt so wenigen und beschränk-
ten Beispielen kein ?i/ aus Oden und Briefen sich zeigte,
80 ist auch in den Satiren nur o si urnam II, 6, 8 (Senkung).
cc EPIST. II, 2.
Albi ut male vivai I, 3, 14. Und nach Einigen sani ut
II, 3, 246. Und was es damit auf sicli hat, wird man
eret recht inne werden, wenn man einmal sämmtliche
Beispiele aller Versehleifungen von iu aus dem ganzen
Ovid ansieht, wie ich sie von Viertel erhalte: Am.
II, 7, 26 nisi ut indkio. A. a. I, 52 tihi ut invimias. Pont.
I, 2, 3 nasci ut passes. III, 3, 27 nisi ut haec. III, 5, 55
ubi huc (aber andere Lesart ut huc). Heroid. IX, 10 t€mti
ut tantus. 19, 21 nisi uti. 20, 3 nisi ut ipse. —
Mit lang / und u kann ich noeh die Stellen aus einigen
Dichtern anführen, die ausLucrez von Volck: die übrigen
erhalte ich von Viertel. Die Betrachtungen darüber kann,
bei der kleinen Zahl der Stellen, jeder selbst machen.
Lucr. 11048 largiri, ut III 775 immorUli ülla
II 520 mucroui utrimque SS7 lacerari urive
547 iactari unius IV 435 labefactari undique
771 fieri ut 632 stomachi umidulum
915 Vitali ut 749 fieri ut
m 431 sopiti ubi VI 97S toti ut. —
663 ardenti ut
Bei Catull 11, 22. prati-ultimi im Hypermeter
14,8 si ut 57,6 tenclli utrique
22,7 novi umbilici 68,135 etsi uno (in der Senkung»
39,10 si urbanus 89,5 qui ut
Bei V erg il sind nur folgende Stellen:
Eel 7,27 si ultra (in der Senkung) Aeti. V, 274 connixi umeris.
8,42 ut vidi, ut perii, ut me VI, 770 si unquam (in der
maius abstulit error. Senkung).
Bei Tibull und Properz ist keine derartige Ver-
schleifung.
Bei Persius und Iu venal (s. Schultz) at si unetus Pers.
4, 33 (Senkung): tanli una Iuy, 6, 626. servini 9, 103.
V. 72 Festinat calidus mulis gerulisque redvmptor. Das
soil man nun wieder glauben und sich daran abquälen!
Glttcklieh freilich wer sagen kann: mulis gerulisque^ abl.j
^cum mulis et baiulis\ Erhitzt durch Maulthier und Trä-
ger, was doeh allein allenfalls möglich wäre, wäre es doch
eben nur allenfalls. Schmidt sagt : 'einst fiel ich auf atqui instat*
Ich war auf nempe instat gefallen. Dies habe ich aufgenommen.
EPIST. U, 2. CCI
• V. 87. 88 sind überliefert
frater erat Romue consulti rhetor, ut alier
alterius sermone meros audiret honores
Schon Heinsius und Bentley nahmen hieran den ge-
btthrenden Anstosz. Und Meineke sagt: quid hoc est: Ro-
moe ofim parfralrumfuit^ ut snmmü se otm laudibus efferrentf
und fQhrt noch etwas weiter auS; dasz dies Unsinn ist. Seine
scfaõne Ergänzung, um 4en angemessenen Sinn zu schaffen,
frater erat Ramae consulti rhetor^ uterque
alterius laudum sic admirator ut alter
alterius sermone meros audiret honores
habe ich nattirlich aufgenommen. Bentleys Versuch tritt
dagegen ohne weiteres zurück.
V. 81—86. Nachdem Horaz plastiscb genug den Lärm
in den Strassen Roms geschildert, dasz wol jeder schon hie-
durch von der ünmõglichkeit, dabei zu poetisiren, ttberzeugt
sein wird, nachdem er dann noch den allgemeinen Zug der
Poeten nach Einsamkeit durch Erinnerung an ihr Aufsuchen
der Waldeinsamkeit vorgestellt, soil er noch die folgende
Schwerfälligkeit darauf gesetzt haben: 'Und alle Studien
bedürfen der groszten Einsamkeit und Stiile. Denn selbst
wer sich in dem schon an sich einsamen Athen den
Studien widmet, bedarf so groszer über den Büchern sich
abzehrender Zurückgezogenheit von den Menschen, dasz er,
um sein Ziel . zu erreichen, sieben Jahre sich so einschlieszen
musz und dann ais halb Blödsinniger herauskommt.' Dies
musz doch mit dem, was wir in diesen Zeilen lesen, ge-
meint sein. Abgerechnet, dasz dies für die Poosie nichts
beweist, die andem Charakters sein konnte, wie verkehrt
ist es ausgedrückt! Die sieben Jahre, das insenescere libris
et curis gehörte logiseb zu dem Vordersatz.
V. 89. Gracchus ut hic itlij foret huic ut Mucius iile.
Die allgemeina Lesart sämmtlicher Handschriften — nicht
das uninteressanteste Beispiel der Art — foret hic ut Mu-
cius illi haben dioch wirklich, scheint es, selbst die conser-
yativsten Herausgeber aus ihren Texten zurückgezogen. Ich
glaube recht gethan zu haben, dasz ich auch das übereiu-
CCIl EPIST. U, 2.
stimmend überlieferte Gracchus gegen Bentleys Crassus rei*
tauscht habe. Seine voiiTefiflicbe Aiimerkuiig weist über-
zeugend die hohe Wahrscheinlichkeit naeh, dasz Horaz
vielmebr den Crassus mit dem Mucius verband. Dasz bie-
gegen die Uebereinstimmung aller Handschriften in Gracchus
aueh nur das kleinsto Gowicbt auf die Wagschale lege mnsz
icb bestreiten. loh kann dergleichen nur für eine tbeoretische
Fiction balten. Wende icb mich in die Praxis, bo gehurt
für nücb — abgerecbnet wie leiebt Gracchus ffir Crassus
irgendeinmal sicb einschleicben und nacb so häufiger Er-
fahrung in alle unsere Exemplare sicb fortpflanzen konnte
— 80 gebõrt, sage icb, für micb ein Fail wie dieser zu
denjenigen, in welcben vielleicbt von Anfang an gleicb die
ersten Exemplare, die für die OefFentlicbkeit abgescbrieben
waren, einen solcben Febler bracbten, der nacbber nie eorri-
girt wurde. Ein Druckfebler in den ersten veroffentlicbten
Ausgaben. Und dasz Horaz diese mit besonderer Aufgierk-
samkeit emendirt bätte, ist gur nicbt zu beweisen : er mocbte
vielmebr sicb so indolent dagegen verbalten baben ais
Scbiller und Goctbe. Dasz die alten Autoren aucb nicbt
alle Kalligrapben waren verstebt sicb von selbst; und Rib-
beck bat neulicb zum Vergil Gelegenbeit gefunden daran zu
errnnem. Wie sebr das Publikum über solcbe Dinge, wenn
sie einmal in den Texten steben, wegliest, nicbt nur wõ ein
Scbein den Sinn täuscbt, sondern aucb bei voUem Unsinn,
aucb daftir sind die Belege aus der Gescbicbte der Scbiller-
scben und Goetbescben Texte jetzt binreicbend bekannt.
V. 112 et sine po?idere {ygl. Ars v. 320) erunt et hih
nore mdigna feretitur (Horkel emendirt fruentur). Dasz die-
ser Vers den Verdacbt erregt unecbt zu sein, ist wol klar.
V. 114 et versentur adhuc mtra penetralia Vestae \Aeiibi
nocb einer befriedigenden Erklärung bedürftig.
V. 163 nempe modo isto, wie die Ueberlieferung ist, ist
bekanntlicb von Lacbmann z\i Lucret. pg. 197 nacbgewiesen
ais unverträglicb mit dem prosodiscben Gebraucb des Horaz,
bei welcbem ein jambiscbes Wort mit hocbtoniger Sylbe
nicbt verscbliflFen wird. Aber modo sto bat sicb keinen Bei-
EPIST. n, 2. CCIII
fail erwerben kõnnen. Irgend eine Hülfe aber musz doch
gesueht werden. Ich habe geschrieben: nempe modo usus
mit speoieller Rückbeziehung auf V. 159: indem du nur den
Grebrauch davon gemaclit kaufst du ilm allmählich. — Wo-
gegen wol nichts eiozuwenden. Denkeu kõnnte man aucli
an perge modo uti,
V. 170 sedvocat usque suum qua populus adsita certis
limitibus vlcina refugit iurgia, Dies die fast allgemein ttber-
lieferte Lesart. Horazherausgeber liaben nichts dagegen,
dasz refugere auch einraal ^abwehren heiszt : warum sollte
nicht sol auch einmal der Mõnd heiszeu? Und wenn das
nieht, wenigstens soil refugit gnomischer Aorist sein. Horkel
hat sie erinnert, dasz bei einem solchen aoQiaTwg noch aller-
handinFrage kommt, AnaLHorAM. Ichglaube er hatte noch
entschiedener aussprechen können , dasz hier gar kein Fail
vorliegt, wo der gnomische Aorist anweudl>ar wäre, dessen
Bedeutung ist, dasz etwas unter gegebenen Umständen jedes-
mal so eintritt. Bentley erklärt sehr schön was der Latinität
angemessen die Stelle mit t^efugit allein heiszen kõnnte.
^Quorsum autem refugit tempoi^e praeterito'^ id sic mtelHge
tanquam ea olim cavssa manu saia esset populus, ut litem de
Jinibus inter vicinos ortam (besser wol iurgia a vicinis orta)
sedareL Reftigit autem mõrale accipies quasi dominus fugi-
tans litium cederet Jinibus vicino^ ut vel periculum litis vel
impendia vitaret! d. h. also: er neunt alles sein bis an die
Stelle wo die einst den berichtigten und festgestellten
Grenzen angesäte Pappel wie ein friedlicher Grenzwart und
Warner hingetreten den Zänkereien des Nachbars auswich,
d. h. ein für allemal zu erkennen gab dasz sie mit Zänke-
reien nichts zu thun haben muge. Auch das ist ein Aoristus,
aber ein anderer, kein gnomischer. Und Sache und Ausdruck
ist sehr schõn und poetisch : ^ielleicht wird man meinen zu
poetisch für die Stelle: wortiber sich zweifeln liesze. Ich
habe einen andem Grund es nicht für das Echte zu halten :
nemlich dasz es nicht den Gedanken ausdrückt, der für die
Stelle der passende scheint. Was sagt der Besitzer des
Ackers, der sein Eigenthum daran betont? Dieser Acker
CCIV EPIST. II, 2.
gehört mir bis wo die Pappel die sichere Grenze bezeiclinet^
die mir Niemaad beanspruchen und nebmen kann: 'wo die
den bericbtigten und festgestellten Grenzen angesäte Pappel
die querulirenden Ansprticlic ( — Querelen- nemlich kõnnen
es immer nur sein; das bezeugt die Pappel — ) zu nicbte
maebt: refgtt: was Bentley, obgleieh es geringere Autorität
hat, vorzog und in den Text nahm. — Heiszt das aber re-
Jigit? Er sagt: ^Refiyere iilem hic quod resolvere: ut Nosier
Serm, II j 3, v, 103 nii ayit exemplum lUem quod Ute resolvit?
Dem Sinne nacb dasselbe, ob der Metapber naeh bleibe
dahingestellt. Was hat sich aber Bentley wol bei rejigä
Utes gedacht? An blosze Uebertragung von leges refigere
scheint er nicht gedacht zu haben: wol mit Reoht: sondem
ieh meine: eine aufgehängte Tafel, auf welcher der ange-
meldete Procesz und der Termin aufgeschrieben ist und die
augenblicklicb wie es zur Untersucbung des Richters kommi
abgenommen wird, weil die Klage sich gleich ais unzulässig
erweist. ^Rejigit iurgiay quae quovls tempore inter vicinos
de constituendis Jinibus exercitari possint (besser a vicinis —
exercitari). Qorkels refingit, welches Meineke aufgenommen,
ist wol ein recht schõner Einfall : vielleicht sivgt es aber etwas
zu wenig: 'es setzt ihnen einen Damm entgegen, bricht ihre
Macht.' Ich mochte rejigit noch nicht entfernen. — Ribbeck
schlägt noch vor refutat. — Etwas schõner ais repgit wäre
noch rejixit: 'bei ihrer Anpflanzung ein för allemal besei-
tigt hat.'
V. 180 — 183. Was diese Verse hier sollen {gemmas bis
habere) verstehe ich nicht und musz sie für ungehörig halten.
Das Folgende : warum überhaupt die Menschen so verschieden
zum Besitze stehen, dasz selbst von zwei Brüdern der eine
nicht fUr alle Reichthümer ein mUsziges Schlaraffenleben
hingeben mõchtC; der andere nie reich genug sein kann und
für immer gröszern Reichthum sich abarbeitet, weisz der
Genius. Ich werde in diesem Punkte mich so verhalten
.... Dies ich vormisse ich. Ich habe es eingesetzt durch
ein ega^ welches ich V. 182 zwischen tollam und nec ein-
geschoben.
EPIST. II, 2. CCV
V. 199 paupeHes — Eia Einblick in die Angabe der
Lesarten lehrt, dasz sie zurückgehen auf einen Vers, in dem
ein Wort ausgefallen war, nemlich paiipei*ies immunda pro-
cul absit: ego ulrum, dasz dieser Ausfall nachher ergänzt
wurde dureh ein an den Rand geschriebenes oder ttberge-
flchriebenes dummes domm, welches dann theils wohin es
sollte vor proovi, theils falsch nacli procui geschrieben ward.
Ein Codex bietet eine Ergänzung dureh ein zweites procul:
pauperies immunda procul procul absit: unerträglich unpassend
för die Stelle: wie schon mehrere geurtheilt, auch Meineke,
der die Lüeke in seinem Texte unausgefüUt liesz und schrieb
pauperies immunda . . . procul absit. Bentley hat freilich
procul procul in seinen Text genommen. Doeh setzt er
hinzu : poteris etiam sic refingere : pauperies immunda procul,
precor, absit. Und dies ist so trefflieh und passend, dasz
man keinen Augenblick hatte Anstand nehmen sollen es ein-
zusetzen.
V. 205. Horaz hat sich selbst verniahnt und verhört von
V. 145 an mecum loquor haec tacitusque recordor. Zuerst
über seine Stellung zum Gelde. Von dem Vorwurf in dieser
Hinsicht absolvirt er sich hier und entläszt sich: non es
avarus: abi. Andere Punkte mit ähnlicher Ausftlhrlichkeit zu
behandeln ist er nicht in der Lanne oder in dem Fleisze.
Auch ist der Brief für einen Brief allerdings lang genug
geworden. Er geht also eine Reilie anderer Punkte, von
denen man sich auch zu befreien die Pflicht hat, in den
fragenden Versen ganz kurz dureh. Dies ist nun ganz gut
und verständlich bis 213. Aber von da an vir^ere sl recte —
«ind die vier noch U])rigen Verse schwierig. Wovon die
Hauptschuld eben dieser Vers virere si recte nescis decede
peritis trägt. Stände doch nur da: Svenn du nicht nach
den Regeln der Vernunft, der Philosophie zu leben verstehst,
80 wende dich an diejenigen, die es verstehen, d. h. leme
es dureh eifriges und fortgesetztes Studium der Philosophen.
Und es ist Zeit. Ludicra getrieben — Poesie und sonstige
Lebensfreuden hast du genug. Es ist in deinem Alter tiber-
haupt dazu nicht mehr die passende Zeit. Damit nicht es
CCVI EPIST. U, 2.
dir ergelie, wie einein Alten, der sich seiner Jahre verges-
Bend beim Gastmahl übemimmt und von der Jugend ge-
hühnt wird/
Der hier vorausgesetzte Zwischengedauke : 'und es ist
Zeit' fehlt gar gut dem bezeichneten knappen Gange des
gaiizen Schlusses. Aber nuu steht nieht da: 'wenn du nicht
richtig zu lebon \'ersteh8t, wende dich an die, welche es
verstehen/ sondem 'tritt ihnen den Platz ab\ leh finde bei
Sclimidt dies alles eingesehen und erklärt: decede wie man
einer hohen Persou, einem Consul, aus dem Wege tritt.
Das wäre also: huldige denen, die es verstehen, bezeige
ihnen deine Achtung, Aber das ist nicht der BegriflF, den
wir brauehen, so salop spricht Horaz nicht. Wir konuen
nicht das decede brauchen. Ein accedas ad wäre was wir
brauclitcn. Auch concede wäre nicht das Kechte.
Es wird also wol das Gcrathenste sein das vhere st
reete nescis decede peritis f(lr eine beigeschriebene, und zwar
insipide Sentenz zu nehmen und nach Entfemung dieses
Verses zu verstehen: Thust du das und das? Und — denn
was hilfts von vielen Dornen eine zu entfemen — gethan
musz es werden. Die Zeit der ludicra ist ja jedenfalls für
dich vorllber. Das letzte gleich mit dem genau auch für
das eigentlich gemeinte treifenden lusisti eingeführt und
gleich hinübergeführt in den Vergleich des bei dem Gelage
seine Zeit vergessendcn Alteu.
Einige Hcrausgeber lassen wirklich mit dem vivere si
recte nescis decede peritis den Horaz sich die Vorschrift geben:
wenn du nicht nach den Gesetzen der Vernunft zu leben
verstehst, so nimm dir das Leben. Für den Horaz, wäh-
rend er sich deutlich selbst anspricht, sehr komisch. Selbst
aber für den strengen Stoiker wäre doch die Kegel diese : nimm
dir das Leben, wenn du angemessen leben nicht kannst,
wenn ümstände, wenn äuszerer Zwang dir die Freiheit der
Tugendübung nehmen, ^si ultimae necessitates incideruni
Sen. Ep. 17, 9. Ueberhaupt es wäre nicht absurd, von dem
der sich unfähig zeigt den Forderungen der Tugend zu ent-
sprochen, von dem also ais Heilmittel die schwerste zu
DE ARTE POETICA. CCVII
verlangen? von der Seneca erst den Beweis zu führen ftir
nõthig hält, es sei nicht richtig zu glauben, sie kõnne aur
von Cato getlbt werden, Ep. 70, 19.
Liber de arte poetica. (Epistiilarum liber 111.)
Art und Gang des Gedichts.
' Die lose epistolische Manier, welche sich Horaz in dem
gpätem Stadium seiner Schriftstellerei bequem und ange-
messen fand, wie icli darüber meine Anschauungen zum
ersten Briefe ausgesprochen, befolgte er in dieser Ars poetica
noch mit besondenn Bewusztsein. . Denn bei diesen Vor-
schriften, welche einem fest zu haltenden wissenschaftlicben
Thema galten, welche schon durch ihren Umfang, wenn
auch nur das Nothwendigste vorschwebte, den epistolischen
Charakter etwas ändern muszten (denn es gilt auch von
Kunstformen was ich von Physikem horte: die Quantität
ändert die Qualität) suchte er nichts mehr zu venneiden
ais den Schein eines Gebiiudes, eines Lehrgebäudes. Locker
gefügte Yoi*schriften sollten es bleiben : ausführlicher zu Be-
rührendes lieber getrennt erscheinen lassend, hier und da
wieder auftauchend, ais in ein zusammenhängendes *Kapiter
zusammengefaszt. Die einzelnen Vorschriften, in gnomen-
ähnlicher *Selbständigkeit hingestellt, jo nachdem sie sich
ansprechender beliandeln lieszen mit mehr oder weniger
Ausdehnung: gewissermaszen kleine Eidyllien für sich.
Keine Partikeln vermitteln die Uebergänge. Ein loser ge-
heimer, psychologischer Faden ist wol vorhanden. Aber er
will nicht gezerrt sein: sonst reiszt er. Mir, indem ich sei-
ner Windung leise und ohue Gewaltsamkeit nachging, eut-
schwand er nur an zwei Stelleu. Diese will ich hier so-
gleich bezeichnen. Bei V. 136 nec sie incipies nt scriptot
cyclieus olim: und so habe ich diesc Vei*se bis \b2primoNe
medium^ medio ne discrepet immn hier fortgenommen und
hinter V. 37 gestellt, wo sie vortrefflich hinpassen. Und
zweit^ns bei V. 332 aut prodesse volunt aut delectare poetae
bis 346 Ä/e meret aera liher Sosiis, hic et mare transit et
CCVIII DE ARTE POETICA.
lonyum noto sct^iptori prorogat aevum. leh habe ihnen ihren
passenden Tlatz hinter V. 308 aiigewiesen.
Die Ars poet/cn entliält theils Vorschriften tiber Poeaie
tiberbaupt, theils übcr dramatiftche Poesie insbe^ondere.
Aber aueh in den allgenieinen Vorsehriften tiber Poesie 4»t
eine Neigung, die Beisi)iele aus dem Drama vorzugsweise
zu wählen. Z. B. weiin in der Signatur verschiedener in
der griechischen Poesie herkummlichen Heroen-Charaktere
(V. 120) die Beispicle vorzugsweise aus der griechischen
Tragõdie sind, während die Schilderung eben so wohl gel-
ten soil, wenn jemand sie z. B. zum Gegenstande des Epos
macht. Aber freilich hatte das Griechische Epos so hen'or-
stechend und glänzend ausgebildete Charaktere nicht aufzu-
weisen, mit Ausnahmc des Homerischen, dessen Achillfes
aueh hier gleich an die Spitze gcstellt ist.
Ferner spaltete sich ihm sein Thema wieder in so feni
ais er theils objective Vorschriften ttber Forderungen der
Poesie zu geben hatte, theils Vorschriften, Mahnungen, War-
nungcn, und, wenn's triflft, — Hiebe fftr das dichtende Sub-
ject mit besondcrer Rlicksicht auf die Romischen Leute.
Diese letzte Partie nun, wiewol am Schlusse ihre besondere
Stätte findend, durchzieht doch das ftanze hier und dort.
Im groszen ist der specifisch dramatische Theil, wolcher mit
V. 153 beginnt, eingeschlossen von dem allgemefhen Theil
und dem subjectiven Theil.
Die erste aller Forderungen wie an ein jedes Kunst-
werk so an ein poctischos: es musz ein einiges und ein
Ganzes sein 1 — 24. Wenn dagegcn durch Auswüchse, durch
aufdringliche Hervorhebung gar nicht hingehõriger oder
untergeordneter Partien so häufig gefehlt wird, was ist der
Grund dieses Fehlers? Der.Grund dieses Fehlers wird
kunstvoU so ausgedrttckt, dasz zugleich eine zweite hftufige
Schwachheit der Schriftstellerei berührt wird, die Uebertrei-
bung in ciner ganz berochtigton Richtung, welche Ueber-
treibung zum Fehter führt. So aueh führt die Uebertreibuug
DE AKTE POETICA. CCIX
in dem an und fttr sicli 1)erechtigteii Streben nach Abwecbs-
lung (Schcu vor der Einfurmigkeit zu dem genannten Fehler
des Mangcls aa Eiübeit durch Äubringung ungehuriger Epi-
soden. 24"— 32. Allein das gefade unterscbeidet den Kunst-
ler vom geschickten Handwerker, der einzelne Theile treff-
lich zu bildeu yerstebt^ aber ein Ganzes herzustellen nimmer.
32 — 37. Fttr den Anfetiig deines poetischen Euüstwerks
wirst du dieb in Acht nebmen, nicht in gespreiztem "Jon
zu beginaen, wo du dann (was sogar läcberlich berauskom-
men kann) weder die erregten Erwartungen noeh den boben
Ton wiret halten können. Sieb wie klug und musterbaft
€8 aucb hierin Homer macbt: der klein anfängt mid dann
allmäblicb jene b^annte Menge wunderbarer Gescbicbten
nuftaucben läszt, und bei dieser groszcn Mannichfaltigkeit
zugleicb das berrlicbste Muster wird für die Forderung vou
der wir ausgingeu, das StOrende auszulassen und abzuweb-
ren und ein Ganzes zu scbaffen^ primum ne medh, medmm
ne discrepet imo. V. 136 — 153 nacb der gewohnlicben
Stellung: docb bierb^r gebörend, s. S. CCVII.
Bei so scbwieriger Aufgabe sebe jeder, dasz er sicb ein
Tbema wäble, dem seine Kräfte gewacbsen sind. Dann
werden sicb ibm zunäebst zwei elementare Forderungen be-
friedigen, der Ausdruck (wie man zu sprecben bat) und
durebsiebtige Anordnung. 37 — 42. Die Ordnung — tiber die
sicb im allgemeinen nicbt viel sagen läszt — bestebt in
weiser und vorsicbtiger Aussparung. 42—45. Diese vorsicb-
tige Entbaltsamkeit ist aucb für den Ausdruck eine Haupt-
regel. Man bat nicbt immer gleicb auf neue Worte auszu-
geben : vielmebr die bekannten Worte macbe man gleicb-
sam neu durcb geistreicbe Verbindung. Allein das Becbt
neue Worte zu bilden wo es nötbig ist um neue Begriffe
auszudrücken lasse man sicb ja nicbt nebmen. Und sie
werden sieb Eingang verscbaflfen, wenn bei ibrer Bildung
gewisse Regeln befolgt sind. — Ton und Ausffibrlicbkeit dieser
P«artie weist dabin dasz Polemik gegcn eine gewisse Partei
gefübrt wird. — Aber stets bat der Spracbgebraucb in sei-
nem Bestande Wecbsel erfabren und er ist eben so wenig
L«fan, Uomtiiu. 0
o(:x VE ämte fcnehca.
narõriieli stbliesn öcli an den Ausdmek dtf VersouusL. Fõr
jede GattaD^ der P^^ene i^ toid Ur^mng: her Jbr ^rag-
Dete» Versmaa be«timint.*i Xarb wekLcm sidi marb <T. Sa6>
der Ton zu indiridiuüidren kai. ünd öms ist 90 ireseatiirk.
da», wer ds« oieLt kajuu oler nitht lemen wilL den Xjunen
eines DitLterfr gtuix mit UnrecLt f&iiFL 73— 9Ž. Z. B. der
tr^i^^be und kf»miiNcLe T^n yne Terscliied^L Frdfick aadi
er wieder za individaalifiiren l*is aof einen gewisMn Gmd,
luu-Ii den Stimmnngen. Da wird leidensehafrliclie Eriiebnng
iir*tbig iil der EoniMlie. HerabstimiDun^ znm BOhrenden
in der Trag^>die. 92 — 1*9. Denn kommt mir einer in ge-
demötbi^r Simation mii dem ^roszen tragisrben PathoA,
§0 wird er seinen Zweck zu rühren nkbt erreieben. Und
d^icb ist aucb daj^ eine aofzu^ellende Fordenmg derPoesie.
*( IHes — denn es innl aucb inisrrerstaDdeo — ist der MSigemõae Ge-
dinke. iieu Horaz nicht allgemeiiu sondern wie er oft thut dorch lebendi^e
Eiiizelbeiteii aos^richt lu welchcm Versinasz die bohea efns^cheii That^n
zu scLreiben Beien hat Homer gewiesen. Das elegische Versmasz tahm sich
erst iOa^. dann Freude zum (i^ieenstande : wer es zuerst seviesen. kaim
irh nicht ^^eiL dc^nn darfibcr sind die G^lehrten mcht einig. Dea Ar-
cfailocLas machte der Zom. ah er oach einer Waffe sachte. zam Er-
inder de« ihm eigentbomlicheD lambos. Ich glaube proprio ist prä-
fnant: Uun eigentliQmlich an»ebdreod. sowol weü ihnbishff* niemand be-
tasz ak weü sein lambi&cber Yers ein eigenthümlicher war. Ben lam-
bos (wenii aach nicbt in der Archilochischen Eicrenthümlicbkeit des
Kaues) nahmen nacbbcr anch Tragõdie und Komõdie an, wefl er sich
aucb alfi deu geei^etcn Vers für Dialo^ oad Action erwies. Den mefi-
fcb^ Rhjrthmen hat es die Mnse verliehen zuihrem Gi^genstande zn haben
dies und dies . Das alles ist so gleichförmig, docb dabei Ton Mannicb-
falti^eit und lebendigen ZOgen so nmspielt. so ToDständig und so lücken-
haft, so redend und so andcutend, ais zugleicb dem Zwecke, der einen
allgemrnnen Gedanken durcb Exemplification anszusprecben batte, und
der Grazie genügte. — Man fragt^unter auderem, ob denn die historischen
Bemerkungr^n hier den Pisonen <besser wol dem Publicnm. das sich
Horaz dachte. denn nicht für die Pisonen schrieb er die Jrs poetko)
uubekaunt gowesen. Man sagt ja aber nicht allein Diuge, wdche den
Lesern unbekannt sind, sondern man dentet auch anf bekannte, zu vcr-
schiedenen Zwccken. Jedenfalls sind die hier vorkommenden Bemer-
knngcn lange nicht so bekannt ais etwa SyUaha Ivuga brevi subketa
V(H:atur iambus.
DE ARTE POETICA. CCXI
dasz sie nicht eine kai te Scbõnheit sei, sondern einschmei-
chelnd. Dazu gehört, dasz jede Rolle selber den Ausdruck
trage, die in Worten erscheinende Stimmimg des innern
Herzen8, die sie bei dem Hörer erregen will. Spricht einer
in anderm Ton ais seine I^age es erheiscbt, so wird er
sich bei jedem gebildeten Zubörer laoherlich macben. 99 — 113.
Denigemäsz hat auch in anderm Ton zu gprecben jede Indi-
vidualitÄt nach Stand, Altcr, Nationalität, Charakter. 113 —
1 25. Und folgst dn nun der Mytbe oder Gtesehichte, so hast
du die bereits gestalteten und ausgeprägten Persönlichkeiten
festziihalten. Bringst du selbst einon neuen Charakter auf
die Bühne, so gieb auch diesem ein fibereinstimmendes Ge-
präge von Anfang bis zu Ende. 120. 125—128. Das ist
freilich schon deshalb schwer, weil das Individualisiren
schwer ist [allerdings der allergewohnlichste Fehler der
Dilettanten und m^iszig begabten Dichter: sie bilden den
Schemen eines Republikaners z. B., aber die bestimmte Indi-
vidualität eines Vemna, eines Robespierre, eines Washington,
das bringen sie nicht zu Stande]. Darum ist es vielmehr zu
ratlien, dasz man eine bcreitÄ geschaflfne Figur groszer Dich-
ter wieder vorfühi-t. 128 — 131. Und es wird ein allgemein
bekannter Stoflf doch ais dein Eigentlium geltcn, wenu du
nicht den wõrtlichen Uebersetzer noch den zu eingeengten
Nachahmer machst. 131—136.
Von V. 153 an wird nun ganz speciell auf die Fordemn-
gen des Dramas eingegangen. Im Vordergrundc steht dabei
vorschwebend die Tragudie : aber es ist doch das Hauptsäch-
liehste, und wird es auch allgemein genug ausges])rochen,
auch fttr das Drama tiberhaupt geltend.
1. wird gleichsam die elemcntarste aller Fordennigen
aufgefQhrt an den, der sein poetisches Kunstwerk aus lauter
gegenwärtig auftretenden Mcnschen zu bilden hat, gleichsam
die erste nothwendige Formirung dieses Materials zu dem
was ein jeder an sich tragt, ja eben im Dnima schon in
äuszerer Erscheinung vor sich herträgt, ein bestimmtes
Lebensalter. Bis 179.
Es ist gewis, dasz Horaz diese Schilderung der Lebens-
• 02
CCXIl DE ABTE POETICA.
nlter absichtlicL abgetrennt hat von der Pai-tie 114 — 125,
wohin sic iiach eineV Kapiteldisposition schon gehõren würde.
Nach welcliera Gedanken er sie immer noch abtrennen
k onu te und hier au dio Spitze setzen, habe icb gesagt.
Warum er es liebor tbun mochte? Theils um hier einen httb-
gcheu Anfang zu gewiunen über die Personen des Dramas,
ehe auf die Handhuig; die Dispositiou u. g. w. eingegangen
wird, theils weil er diesem abgesclilossenen und con amore
gezeichneten Bildcheu einen Platz für sich und einen herror-
gtehenden Platz gewäliren wollte. — Hier wttrde mir die
Frage nicht unberechtigt seheinen, warum er nicht noch die
Lebensalter der Frauen berührt^ die Alte, die Matrone, das
Mädchen. Die Antwort kann nur die sein, dasz wir auch
daraus zu lenieu habeu, iu welcher Art überhaupt Horaz
die Ars poetica gchrieb und schreiben wollte.
2. Richtige Wahl in dem was zu erzählen ist oder vor
den Augen des Zusohauerg agirt werden darf. 179—189.
3. Nicht zu kurz und nicht zu lang: die herkOmmlichen
fünf Acte. 189. 190.
4. Die Lõsung nicht durch einen deus ea: machtna^ wenn
nicht eine besondere Rechtfertigung daftir vorhanden ist 191,
5.' Der Dialog zwischen drei Schauspielem gehalteu,
nicht eine vierte Person, die sich immer in den durch drei
abgerundeten Dialog nur einzudrängen haben wird. 192.
6. Behandlung des Chors. Seine Aufgabe. Und beson-
ders auch ErfUllung der Aufgabe Lehren und Ermahnungen
auszuBprechen. Denn (202 — ) es hat sich eben die Tragõdie
von kleinen Anfängen allmählich — und dies kommt
ganz besonders in dem Chor zur Erscheinung — zu
einer Erhabenheit und orakelartigen Hõhe emporgebildet
192—220.
7. Diese Erhabenheitsgesetze würden freilich wenig
passen für das Drama des SatjrspielS; welches mit der
Tragõdie eutstand, welches die Götter und Heroen der Tra-
gõdie auch aufführt, aber, wie sie diese doch in ein anderee
Element ffthrt, andere Gesetze ais die Tragõdie hat, — sie
DE ABTE POETICA. CCXIII
werden angegeben, — welche Bchwer gemig zu erreichen
gind, schwerer ais es dem Unkundigen erscheint, um da»
Rechte zu treffen in jeuer Mittelfarbe zwischen Heroenthum
und gewõhnlichcm, ja komiscliem Leben. 220 — 250. —
8, Kunstmäszige Behandlung des vorzugsweise drama-
tischen Verses, des iambischen Trimeters. Worin die Homer
ÄO schrecklich von der Griechischeu VoUkommenheit abge-
wichen sind. Freilieh unsere Vorfahren haben sich auch
die Plautinischen Verse gefallen lasseu. Doch ihnen ge-
fielen ja auch die Plautinischen Witze^ beides mit demselben
Mangel an Geschmack. Und unsere Dichter sind mit sol-
ehen Maszstäben nur zu leicht zufriedeu. Denn während
man es bei den romischen Dichtern loben musZ; dasz sia
den Muth hatten, die draroatischen Eunstgattungen wie sie
von den erfindungsreichen Griechen erfunden und ausge-
bildet waren in Tragõdie bis zur neuen Komödie (275 — 284),
nachzubilden , ja auch durch Anwendung vaterländiseher
StoflFe originell zu enveitern, fehlt — Arbeit und Feile. Ja
sie meinen das durch verrückte äuszerliche Genialitäten er-
setzen zu kõnnen: in die einsamen Wälder laufen, langen
Bart stehen lassen. Ach ich verkehrter Mensch ! was konnte
ich für ein Dichter sein, wenn ich nicht die Gewohnheit
hatte, gegen die Melancholie ärztliche Vorbeugung zu tref-
fen. Nun was zu thun! Da musz ich mich denn darauf
beschränken das eigne Poetisiren aufzugeben und nur den
Anweiser zu machen. Bis 309. Auf diese liebenswtirdige Art
hat er sich den Uebergang bereitet wieder in den Vorschriften
fortfahren zu kõnnen. FUr den neuen Ansatz paszt es sehr
wolil, wenn die Vorschriften, es sind noch zwei, wieder
einen etwas allgemciuern Gharakter annehmen, wiewol auch
wieder vorzugsweise Riicksicht und Anwendung aufs Drama
siehtbar wird.
9. (A) aut prodesse volunt aut delectare poetae — ent-
weder nützen wollen die Dichter oder unterhalten — wer
beides zu verbinden versteht ist des allgemeinen Beifalls
am siehersten. Yorschrift für das Lehrhafte (V. 335. 336 sind
wie ein Mõtte, das sich Horaz selbst für seine Ars poelica
CCXIV DE ABTE POETICA.
vor^esehrieYiea hitte — k f&r das naf Unterlialtimg und Ver-
gnügnu'^ Bereelmete. 333 — ^347 nach gewiTihnlicber Zfthlung.^)
10. <B» F&r alle Schriftstellerei. die geiingen soil, iit
lUit Erste das der Schrift^teller sieh mit Stoff bereieliere,
woraus dann der Ausdraek (was man die Pereonen hat
askgen zu lassen) wie von ^elbst folgen winL Stoff sehafil
man sich durch moralUek pliiIi>8ophi8che Studien, wie sie
in den aus Sokrates hervoi^^rangenen philosophisclien
Sekriften zu iinden. 310—317. Dann dureh Beobaebtung
des Lebens selbst. Seheu wir ja wie dag aller Kunst und
Kuni^tsckõnheit entbehrende Volksdrama das Publicum fes-
»elt blos dureh Lebenswahrheit in der Sittenschildening
Ibme mõrata I. 309—323. Aber, wie gesagt, bei ung igt der
wahre Ernst für die Kuust, ganz anders ais bei den musen-
begabten Griechen, niedergehalten dureh die Riehtung
auf Gewinn bringende Beschäftigung, die sohon in der
Jugenderziehung sich geltend macht. Bei soleher Richtung
gollcii wir envarten vollkommene Dichtungen zu sehaffen?
323 — 333. Dabei will ieh aber nieht; dasz man kleine und
hiu und wieder vorkommende Versehen zu streng anrechne;
dergleichen begegnen bisweilen den grõszten Dichtem 347—
362. Al>er Regel bleibt die VoUkommenheit: und wie es
Bilder giebt, die unter gewisser Beleuchtung und Entfemung
gefallen, solehe die man einmal wol gem sieht, and^-e die
man immer und immer wieder mit Beifall sieht^ die kein
noch Bo kritisches Auge zu scheucn haben, so musz die
Poesie nach der letzten Art streben, welehe das VoUkom-
menste repräsentirt. Denu in der Poesie ist Mittelmäszig-
kcit vor Güttern und Meuselien unerlaubt. Wie verbreitet
auch bei unsern Dickterdilettanteu die Ansicht ist, diehten
mUsse ihnen doch erlaubt sein ohue sich dabei das Leben
zu sauer zu machen mit viel Anstrengung und Unterwerfung
unter das Urtheil eines strengen und unparteiischen Censors.
*) V. 309 scribendi - ff. schlicszt sich zwar an 808 auch ganzgat
An, allcin 333 aut prodesse — sehr schwierig an 332 posse ÜHenda.
l>ic vorgonommene Umstellung der beiden Vorschriften hebt dies.
DE ABTE POETICA. CCXV
Die Karikatur dieser Ansichten wird bis zum Sehlusz con
amore und in der besten Uorazischen Satirenmanier aus-
gefübrt.
Fehlende Verse.
Es bat mir an ein Paar Stellen nõtbig gescbienen, den
Ausfall eines Verses anzunebmen. V. 31 will nicht der
faber imus^ aber aucb der faber unus nicht seine Schuldig-
keit tbun. Mir scheint binter 33 {exprimet) — ein Vers
ausgefallen, und faber unus zu beiszen : bei dem ludus Aemi-
Ihis wird ei n faber Nägel und Haare vorztiglich bilden, ein
andrer (das besagte der ausgefallene Yers niit einem alius
oder üle) diese oder jene Tbeile.
Femer bei der Regel tiber Bildung neuer Wörter beiszt
es V. 52 et nõva fictaque nuper habebunt verba Jldem si
graeco fonte cadant parce detorta. Sollte diese eine Vor-
scbrift alles sein? Icb denke es feblt binter 52 ein Vers,
welcher dann ebenfalls scbloss mit si^ ^aut s€ graeco f c.
Nach V. 60 ut silvae foliis pronos mutantur m annos
scbeint ein Vers ausgefallen. S. daselbst unter 'Lesarten*.
Umgestellte Verse.
Von der Umstellung zweier längern Stellen habe icb
oben gesprochen.
Dann habe ich den Vers 364 iudicis argutum quae non
fonnidat acumen binter 365 gestellt. Nicht ganz durchaus
nothwendig. Ich glaube aber, dasz wer es Uberlegen will
es doch sebr wahrscbeinlich und ansprechend finden wird.
Unechte Verse.
Für unecht habe ich gehalten : V. 45 hoc amet hoc sper-
nat promissi carminis auctor, den Bentley meinte durch Ver-
setzung binter 46 pleraque — rettcn zu konnen. Er stOrt
und (las promissi carminis auctor will keine ordentliche Er-
klärung gestatten. Mit Ribbeck, der ihu nach einem Vor-
gänger gleichfalls für unecht hält, stimme ich aucb darin
aberein dasz er wie eine Inhaltsangabe eben so aussebe
CCXVI DE ABTE POETICA.
wie auch der V. 92 singula quaeque locum teneani sortiia
decentem, (Uebrigens ist mir fttr das promissum carmen ein-
gefalleu, ob iler Verfasser des Verses niclit den groszen pro-
missor aus V. 13S hat ausdrllcken woUen: den er, nacli
meincr Anordmmg, kiirz vorher vor sich gehabt hatte.)
Fttr eiugesclioben habe ich ferner gehalteii die Veree l.'^2
(non ctrca vihm patulumqtw moraberis orbem) und 1 35 {unde
pede/n pvoferre pudor retet aut operis lex) ; denn ich kann sie
nicht verstehen. Was thut es dcnn zur Sache, ob die Sphäre,
aus der er scinen StoflF nimmt, eine sebr bekanntc ist? Niehts
kann bekannter sein ais die Trojanisehen Geschichten und
Aehill, die wahrlich nicht verboten werden (V. 120). Und
wenn sich einer in eine zu enge Naehahmung eingepfercht
hat, warum soil ihm denn sich da hinaus zu befreien ver-
bieten die Scham? 'Die Ungeschicklichkeif sollte ich meinen.
175 — 177. Die kommenden Jahre bringen viele Vor-
theile mit sich, die weichenden nehmen viele — Was kommt
es denn hier auf die Vortheile an? Auf die 'Eigenthömlich-
keiten sollte ich meinen: wo dann auch erst das ne forte
seniles u. s. w. sich logiseb anschlõsse. Also kann ich in
diesen Versen nur eiuc Einschiebung sehen, die einer ge-
macht hat zu der Schilderung des Alten, der die früheren
Jahre lobt. Es wird ihm darin Unrecht gegeben.
337 omne supenmcuum pleno de pecfore manat, wie sich
von selbst versteht. Den Nach\yei8, den Bentley zur Un-
echtheit fUhrt, ist der Vcrs selbst nicht werth. Aber Bent-
leys Anmerkung ist gclesen zu werden schon werth.
467 invitum qui sef*vat idem facit ffcc/rfcw/i' ^Entbehrlich,
trocken und durch seine Ichrhafte AUgcmeinheit aus dem
Tone fallend erscheint mir auch V.467. Auch metrisch gehört
er zu den schlechtesten [wcnigstens anstõszigen in seinem die
sonstigen Grtlndo fUr Unechtheit untersttttzenden Bau] durch
den viersilbigen Schlusz occidcnU\ den einzigen seiner Art
in Episteln und Satiren (vgl. Anton Viertel de versibus poe-
tarutn Latinoruin spondiads in Flcckeisen'» Jahrbllchem
1862 S. 801 flf.y Ribbeck.
212. 3 indoctus quid enim saperet liberqur Inborum msii-
DB AETE POETICA. CCXVII
ms urbano confustts^ lurpts honesto? Dasz diese Verse den
Gang stõren und Ungehõrigkeiten enthalten wird wol nicht
geleugnet werden kõnnen. Und kann man den Grttnden,
wie man sie bei Ribbeek findet, der sich nach Paldamus
und Hammerstein auch dafttr cntscheidet, wol nur bei-
Btimmen.
277 Bentley nahm Anstosz daran dasz Thespis seine
poemata auf dem Wagen gefahren, qmw canerent ngerontque
peruncti faedbus ora. Habe er denn gegchriebene Tragõdien
mit sicb gebracht, der doch nichts geschrieben, und hätten
die Schauspieler aus den geschriebenen Btichern recitirt?
Daher schrieb er (pii canerent — , dio Schauspieler, welche
seine Dramen singen und agiren sollten, habe er mit sich
geführt auf dem Wagen. — Aber welche Schauspieler denn ?
Thespis war ja sein eigener Schauspieler und nach der
tiberwiegcnden Vorstellung sein einziger, da erst Aeschylus
den zweiten hinzuftigte. Also wie sollen wir annehmen
dürfen, Horaz habe gesagt, Thespis führte Schauspieler
herum, welche seine Tragõdien auiführen sollten: er, blos
ais Dichtcr, habe henimgeftthrt andere Leute ais Schau-
spieler? IJein: er war Dichter uud Schauspieler und ftthrte
seine in seinem Kopfe befindlichen tragischen Gcdichte auf
einem Wagen fahrend von einem Dorfe zura andem, wo
Dionysische Chöre waren, und sich mit diesen Chören in
eine Wechselverbindung setzend trat er zwischen ihren Ge-
sängen auf, irgend eine mythische Peraon darstellend, auf
seinem fahrbarcn GerUste, das ais erhõhte Btthne diente.
Wie Aristoteles nach Themistius Or. XXVI p. 316 ii^eudwo
gesagt hatte: oti to iikv 7rQiüxov o x^Q^S tiaiiüv fjdev eig
toig S^eovg, Qiajtig öi jiqohtyov tl xcu Qpjaiv i^evQCv, Für
jene fahrenden Gerüste bietct die Theatergeschiehte Paral-
lelen. Folgende Stellen aus Collicr history of EmjUsh dra-
matic poetnf p. 151 llber die miracle plai/s will ich her.
setzen: tkey were acted on temporury orections of tiinber,
indifferently called scaffoldsj stages and pageanls: and tkere
is no doubt that in some instances they were piaced upon
whoeis in ordre that they rnight be removed to various parts
CCXVIII DE ABTE POETICA.
of large towns or dties and the play$ exhibited in suceessian.
Und ais Name dieses Fahrzeuges findet sich auch corriage.
Das ist naturgemäsz aucli für Tliespis, — und noch etwas
anderes. Im Hintcrgrimde dieses seines Mõblewagens be-
fand sich ohne Zwcifel ein Vorhang oder Zelt (axfjvij) von
wo er hervortrat, wohin er abtrat, wo er sich ankleidete
und umkleidete, wenn, wie Thespis gewisz auch schon that,
er, ein Schauspieler, nach einander in mehreren Episoden
wieder eintrat, ais eine andere Person sein Sujet fortsetzend,
wodurch schon eine gar gute Tragudie durchgeftthrt werden
konnte. Der stehend gebliebene Ausdruck axtjvi] für die
Hinterwand der Bühne legt dafftr lebendiges 2ieugnis ah.
Wiewol uns kommt es hier allerdings nicht sowol darauf
an, was die Wahrheit der Sache gewesen, sondem was
Horaz sich, natllrlich nach einer Griochischen Quelle, vor-
stellte. Nur das mtlsseu wir annehmen dasz Horaz mit einer
bestimmten Vorstellung geschrieben. Wir können aber eben
nicht glau])en, dasz er sich etwas anderes vorstellte ais das
Obige, was auch dicitur plausiris vexisse poemata deutlich
besagt. Aber mit dem quae canercnt agerentque pentncti
faecibus ora bleibon wir in Verlegenheit. Welche warcn
diejenigen, welche sie auflführen sollten? Und — auflftthren
peruncti faecibus ora. Man sehe sich die Stellen an, wo vom
Beschmieren des Gesichtes mit Ilefen gesprochen wird: sie
sprechen von dem Ursprung der Komu die, ffigen wol
hinzu, es sei dies geschehen mu sich unkenntlich zu machen,
weil man spottete: auch wol es sei eben so bei sonstigen
Gelegenheiten geschehen, wo man arp aua^rjg spottete.
Ja von Thespis selbst, ais Tragödienerfinder, wurde aus-
drttcklich gefunden er habe sich das Gesicht mit einer
S-chminke bestrichen (Suid. &ia7tig), Horaz kann keine
Verwirrung machen: er nennt das Spiel des Thespis ganz
deutlich Tragödie, der erst die Komõdie, >vie er baid
sagt, folgte. Und, wie gesagt, Hefenbestreichen haben dio
alten Dramengeschichten für dio Komödie berichtet. Dazu
kommt noch einmal: wer waren die, welche die tragischen
Gcdichte des Thespis, welche er auf dem Wagen gefaliren
DE ARTE POETICA, CCXIX
brachte, siiigen und agiren sollten? — Nach alle dem kann
ich nicht umhin den Vers quae canererU agerentque perimcti
faecibtis ora ais einen Zusatz anzusehen von eineni^ der in
jenen Ursprüngen des Theaters unklare Verwirrung im
Kopfe hatte und der vielleicht meinte, das zunächst Folgende,
dasz Aeschylus die Maske erfunden, ergänzen zu müssen
mit dem, was vorher die Stelle der Maske vertreten, wobei
er Confusion machte.
Lesarten.
V. 2 ist die Ueberlieferung plumas unerträglich. Bentley
hat es mehr ais nõthig nachgewiesen. Ich habe ^tinformas
aufgenommen, habe aber anders interpungirt ais er. Er
interpungirt hinter membriSy das er ftir Dativ nimmt. Ich
halte es für Ablativ.
V. 59 mit Bentley procudere nummum für producere
(dies soUen auch Handschriften haben) nomen. Auch Ribbeck
hat dies aufgenommen.
V. 60 Ueberlieferung ut silvae foUis pronos mutanhir in
annosi prima cadunt: ila verborum veius interit aetas. Bent-
ley verbesserte bekanntlich ut sihis folia privos mutantur in
annos. Dasz er mit dieser Verlängerung des folia vor privos
etwas wagte, was im Horaz ohne Beispiel ist, wuszte er.
Er sagt es deutlich. Und wenn es Meineke deshalb dubi-
tobile nannte (S. XLI), so kann ich es überhaupt nicht fttr
richtig halten. Dasz aber für privos *die von Bentley bei-
gebrachten Beispiele aus Lucrez V, 274, 733 schlagend
sind' darin stimme ich mit Ribbeck überein. Es ist auch
nicht das einzige, was Horaz gerade aus Lucrez genommen.
Ich sehe bei Ribbeck auch den Gedanken von einem et-
waigen 'Ausfall yon zwei Hemistichien , welche das Bild
von der Emeueruug des Waldes weiter führen . Auch ich
habe an einen Ausfall gedacht, aber anders: ungefähr so:
ut silvae foliis privos mutantur in annos^ ut nõva succrescunt
norus et decor enitet illis j prima cadunt: ita —
V. 65. Ueberlieferung retjis opus sterilisque diu palus
aptaque remis. Es ist oben ( Uber die Vei*schleifung S. XXI) bereits
aufmerksam gemacht, dasz Meinekes r^^iVm opusmArspoetica
CCXX DE ARTE POSTIGA.
und Briefen keine Parallelc faaben würde. Es wäre also
flber das sterilisque diu palus zu sprecfaen.
Warum muszte es doch gcscfaeken dasz trcfiliche Mftn.
ner sicli dabei deii gröszestcn Unglaublichkeiten zuwendetcn.
blos wegen dcr faulen Tradition! Da sollte Horaz aus den
Abnonnitäten der alten Komodie Bich plõtzlich einmal in
den Hexameter, in seinen Hexameter ein dii palus hergeliolt
haben. Iloraz, Mer mit der Altlatinität auf einem so ent-
gchieden gespannten Fiisz stehf , was ich schon frllher zu
betonen VeranlaBsung hatte (Rliein. Mus. 1867, jetzt oben
zu Od. III, 5): — der mit seinem Griechisch gebildeten
Gesclimack und Ohr gegen diese alten Geschmacklosigkeiten»
denn ais solelie erschienen sie ihm — so entsclüeden Stel-
lung nahm ! — der iu dieser Ars poetica selbst seine Unge-
duld tiber die Plautinos numeros ausspricbt! — Oder man
woHte die Worte umstellend lesen sterilisque palus diu aptaque
remis, Was doch unserm in elassischer Hexameterlectöre
geübten Gefühl eben so grosze Verwunderung erregen darf,
warum doch Horaz mit einemmal und einmal und in einem
trivialen diu den Hiatus zugelassen. Dasz die Beispiele,
welehe Meineke wenigstens damals anffthrte, Esquilinae
alitcs aus lamben und zur absichtlichen Malerei (s. oben in
der Abhandlung über die Verschleifung), jene bekannten
einsilbigen si me amas inquitj cocto num adest honor idem, von
den iambischen Wörtern, die eigentlich zu diu allein verglichen
werden dürfen, und zwar die iambischen in Senkung, die
Eeho^s vale vale inquitj Ht/la Ilyla omne, — dasz alle diese
Beispiele unser diu nicht rechtfertigen, das ist unzweifelhaft*
Und will man selbst die ganze Sphäre der immer wenigen
Hiatus in der dassischen Hexameter litteratur durchgehen,
wie sie jetzt nach der schõnen Anmerkung Bentleys zu Od.
III, 14, 11 — der ge\visz mehr beobachtet hatte, alg er
ausspricbt, z. B. das Vorlierrschen Griechischer Worter —
zu finden sind bei Lachmann im Programm über die Heroiden
und zum Lucrez, bei Corssen und anderwärts, so wird man
sich urn so mehr von der Unglaublichkeit des Horazisehen
diu überzeugen. Das einzige bei Lachmann entgegentretende
DE ARTE POETICA. CCXXI
Beispiel (zu Lucret. S. 196), welches man ähnlich nennen
kõnnte, dum domo ipse egeat Catull. 114, 14, ist eine Ver-
muthung von ihm statt dummodo, eine Vermuthung, zu wel-
cher wenigstens iii Laclimanns soustigeu Beispielen keine
Berechtigung liegt. Und jedenfalls wissen wir doch heiit zu
Tage genug von diesen Dingen, um Catullische Verse niclit
etwa zur Norm für Horazische machen zu woUen. — Beut-
ley, der palus diu stiUschweigend abwies, hat sein palus
prius ais spraehlich treffend auf das scliouste naehgewieaen.
lell denke wirklick, es ist jedenfalls Zeit, dasz wir diu palus
und palus diu aus unsern Horazen eutfernen, überzeugt dasz
es einfacli Schnitzer siud.
Es folgen nun, um von dem adjlent V. 105 nicht zu
reden, welcUes Bentley bei einem Grammatiker wenigstens
aiso eitirt fand und das ohne dies vöilig eben so sicher
wäre für adsunt, adsint, adjlantj aueli ohne jede antike 6e-
wälir, es folgen Bentleys eben so scliune ais sichere Les-
arten equitesque pntresgue V. 114 flir equites peditesque]
Homereum — Achillem V. 120 fttr honoratum] spe lentus,
iners pavidusque futuri V. 172 für longus und avidus. In
V. 441 ist jedenfalls male formatos versus eine so alte Les-
art, male tomatos imnier noch so bedenklich, dasz jenes
sieherer sehien. In alle dem stimme ich, wie ich sehe, mit
Bibbeek überein.
Die sogenannten Ovidischen Heroiden,*)
(Excurs zu 0(1. UI, 11)
Zur Vergleichung: eiiier groszen und frtlh gettbten naoh-
ahmerischen Dichterthätigkeit sind die sogenannten 0^•idi-
sohen Heroiden selir geeignet. Die ErRcheinnngen welehe
sie bieten sind sehr merkwürdig und für Textgeschichten
lehrreieh. Von Lachnianns Bemerkungen über die Heroiden
(Berliner Programm 1848) haben sich mehrere in ihrer be-
weisendon Kraft für die betreffenden von ihm für iinecht
erklilrten Episteln nicht zwingend, einigo nicht haltbar er-
wiesen. Zu IX, 1 33 (Deianira) Eurytidos lofps atque insani
Afrifiae, wo Lachmann vor solehem Hiatus im Spondiacus
fUr Ovidius einen vorausgehenden Dactjius verlangt, hat
Merkel die unzweifelhaft richtige Lesart aus Met. IX, 112
angegeben, nemlicrh Aoffii A/cülae, Man müszte also etwas
anderes geltend machen, dasz wir überhaupt einen Spondiacus
mit dreisilbigem Schluszwort haben und (wovon unten) noch
einmal in den Heroiden, nemlicb VIII, 71 (Hermione), wÄh-
rend der eclite Ovid den Spondiacus mit dreisilbigem
Schluszwort auszer den Metamorphosen — zwar nicht nie-
mais, aber doch nur Fasl. V, 83 und 87 aufvveise (Viertel
f/r rers, spojid. S. 11). Das /^ö^f/wr XIV, 113 (Hypermnestra)
steht in einem eingescliobenen Distichon, wie Merkel meint.
lell mochte, selbst wenn es eingeschoben, schreiben po-
titus, was vortrefFlich paszt. Wie entscheidend in der
Deianira (IX), 141 Scmhir occubuH in letifero Eueno Xesstis
et infrcit sangtits ef/uinm aguas die Verlängerung occuhitit in
sein würde, wird dahin gestellt bleiben kOnnen. Ist der Vers
*) Die *Adversaricn über die sogenannten 0\idischen Epist^^ln ver-
ütfontlichte ich lSo3 in Fleckeisens Jahrbüchern. Hinzugekommeu ist
hier die Einleitung.
DIK SOOENANNTEN OVIDISCHEN HEROIDEH. CCXXIIl
80 geschrieben worden, dann enthält er auch auszerdem einen
entscheidenden Grund gegen Ovid. Denn er, des leäfer
gkh oft bedienend, aber immer passend, würde nicht den
zufälligen Flusz, in welchem Herkules — dieser war l€t{fer
— ihn tödtete, letifer genannt haben. Aber es bleibt doch
ungewisz ob der Vers nicht anders gelautet. Der Puteanus
hat eueneno. Ich glaube der Vers hies semivir occubuit tibi
lettferoque venena Nessus — Auch die Synalõphe im iambi-
sehen Wort XVII, 97 (Helena) disce meo exemplo formosis
posse carere wird nur auf Verderbung beruhen. Ich glaube
disce modo exemplo — . Der ganze Gedankcngang scheint
mir auch vielmehr darauf zu führen, dasz sie spricht von
dem Beispiel, das er sich nehmen soil an andem Jttng-
lingen, welche eben so sehr nach ihrer Schõnheit Verlangen
tragen, ohne doch so dreiste Anti-äge zu wagen. Dasz nihu
in zwei Kürzen (XIX, 170) exiguum sed pius quam nihil
illud erat nicht hier allein stehen würde auch bei Ovid,
haben Merkel und Lucian Müller (S. 47) durch einige Bei-
gpiele angemerkt. Ich erhalte darüber von Viertel Folgendes :
'Es steht nihil:
Am. III, 8, 29. A. a. I, 519. II, 280. 365. 599.
Herned. 410.
Met V, 221. 273. VI, 25. 306. 465. 685. VII, 67* 567. 830.
— (Die unterstrichencn Stellen hat Haupt in nii geändert,
die andeni Stellen hat er unverändeii stehen lassen, ob-
wol er die Lachmannsche Behauptung zu VII, 644 wieder-
holt). IX, 148. 100. XV, 177.
Tr. I, 2, 23. — 8, 8. 11, 23. II, 195. 259. III, 1, 9. 4,
51. — IV, 8, 38. V, 5, 51. 8, 2. 14, 26.
Poni. I, 1, 21. 2, 67. 7, 25. II, 2, 58. 3, 33. 7, 46,111,
1, 48. 113. 127. IV, 8, 15. 14, 23. — F(/*^ VI, 177.
Dreiraal zu der beliebten Spielerei verwandt:
Met. XIII, 100 Luce nihil gestiim, nihil est Di omede remolo.
XIV, 629 temptamentanihilj nihil art es posse medentum.
Pont. III, 1, 1 13 morte nihil opns est, nihil Icariotide tela^
Merkel und Müller haben auch die überzeugende Kraft
der Verkürzungen in Ledä VIII, 78 (Hermionei XVII, 57
CCXXIY DIB 800EVANKTEK OVIDISCHEN HEROIDBH.
(Helena) uud Aethrä XVII, 150 angefochteu. (Lachmann
entfemte Letfä und Phaedrä aus Am. II, 4, 42 und Ars am.
I, 744 durcli Vertauschuug: mit Li/da uud Cressa). — Aller-
diugs eineu Vere wie Oisfori Amyvlaeo et Amyclaeo Polluei
VIII, 71 (Hennione kann Ovidius nimmer geschrieben haben.
Deün zu deni angegebeiien vollgültigen Grunde, dasz Orid
die dritte lange Sylbe des Dactylus niemals zur Synalophe
anweudet, kommt noeb das binzu, dasz er niemals den
dreisilbig schlieszcnden Spondiaous, deu er unbezweifelt
selbat vierzebnmal geschrieben, mit einem nocbmaligen
Spondeus im vierten Fusz gebildet, auszer einmal in den
Metamorphosen, und zwar zur Malerei, I, 117 (s. Viertel
ä. 10. 11). Endlich kommt hinzu die äuszerste Armutb,
beide mit demselben Epitheton zu l>ezeicbneu. Das ist alles
ganz sicher. Aber eben so sicher wird man sicb tiberzeu-
gen, dasz dieses Distichon dort durekaus nicht binpaszt und
fllr interpolirt gelten musz. Wenn ferner IX, 131 (Deianira)
pvlsa AetoUde austõszig gefundon wird, weil der gleicbe
Vocal, also wieder a erfordert werde, so darf man, gesetzt
auch die Bemcrkung wäre auf binreichend viele Beispiele
zu stUtzen, bemerken, dasz wenigstens ae der näebststebende
Vocal zu a sei und man Sjiialõpben mit a ae nicbt selten
beobacbten werJc; wozu dann noeb komme das Griecbische
Wort. — Es folgt qiu für qno modo XVII (Helena) 214,
sonst im Ovid nicbt vorkomraend. Und dreimal {denn der
Vers XIV, 62 — Hypermnestra — mit generis am Scblusz
ist sebr unsichen nicht zweisilbiges Wort am Scblusz des
Pcntameters, erst in der spätcn Periode seiner Scbriftstellerei
von ilim mituntcr zugelasscn. Nemlich XVI, 288 (Paris)
pmliciliae, XVII, 16 (Helena) suporcUm, XIX, 202 (Hero)
dcseniit. Icb glaube diese beiden Observationen musz man
gelten lassen ais zeugend zunäcbst allerdings nur gegen
diejenigc Partie dieser Briefe, inwclcber siesteben.*) Doch
•) In der von vorn herein ab<rowicscnen Sapphoepistel iBt das repend^
V. 32. Dasz Am. II, 18, 34 det votam Phoebo Lesbis amata lyram eire
andere Situation voraussetzt ais unser Sapphobrief, hat Schneidewin im
Philobgus bemerkt.
DIE SOQENANNTEN OVIDISCHEN HEBOIDEN CCXXV
den Heroiden selbst ist damit docli nicht geholfen, wie sich
hinreichend zeigen wird, weder den von Lachmanu ftir
uneclit erklärten, noch den übrigen, aucli nicht jenen acht,
welche den Am. II, 18, 21 flf. angegebenen Thematen ent-
sprecken und von denen Laclimann sagt: Ve kü octo nulli
dubium esse potest quin eaedem quas poeta scripserit super-
smt\ Denn dem kann man nicht beistinimen. Ovidius gibt
in jener Stelle — quodque tenens strictum Dido miserahilis
ensem dicat — deutlich zu erkennen, seine Dido habe ihren
Brief geschrieben unmittelbar bevor sie sich den Tod gab.
Der jetzige Didobrief ist aber geschrieben während Aeneas
noch weilt und sie die Hofifnung hält, er werde sich be-
wegen lassen zu bleiben. Und es folgt schon daraus sicher
dasz unser Brief nicht der Ovidische ist: und es folgt so*
gleich die Thatsache, dasz die Nachahmer auch solche The-
mata zur Nachahmung sich vorgesetzt, welche Ovidius selbst
wirklich behandelt hatte. — Auch auf die Interpolation, ich
meine gröszerer Stellen, ist Lachmann noch nicht zu sprechen
gekommen.
Wir dürfen gleich mit der ersten Epistel beginnen und
fragen, ob sie etwa einen besonders gesicherten Anspruch
hätta von Ovidius zu sein. Auch Folgendes hatte Ovidius
geschrieben?
87 Dulichii Samiique et quos tulit aita Zacynthos
turba ruunt in me luxuriosa proci;
inque tua regnant nullis prohibentibus aula:
90 viscera nostra, tuae dilacerantur opes.
quid tibi Pisandrum Polybumque Medontaque dirüm
Eurymachique avidas Antinoique manus
atque alios referam, quos omnis turpiter absens
ipse tuo partis sanguine rebus alisV
95 Irus egens pecorisque Melanthius actor edendi
ultimus accedunt in tua damna pudor.
tres sumus inbelles numero, sine viribus uxor
Laertesque senex Telemachusque puer.
iile per insidias paene est mihi nuper ademptus,
100 dum parat invitis omnibus ire Pylon.
di precor hoo iubeant, ut euntibus ordine fatis
iile moos oculos comprimat, iile tuos.
Lebn, Hontiiu. ^
CCXXVI DIE 80GENANNTEN OVIDISCHEN UEROIDEN.
hinc faciunt custosque boum longaevaque nutrix,
tertius inmundae cura fidelis harac.
105 sed neque Laertes, nt qui sit inutilis annis,
hostibus in mediis regna tenere potest.
Telemacho veniet, vivat modo, fortior aetas:
nunc erat auxiliis illa tuenda patris.
nec mihi sunt vires iiiimicos pellere tectis.
110 tu citius vcnias, portos et ara tuis.
est tibi, sitque precor, natus, qui mollibus annis
in patrias artes erudiendus erat.
respice Lacrten: ut iam sua lumina condas,
extre^um fati sustinet iile diem.
115 certe ego, quae fueram te discedente puella,
protinus ut vcnias, facta videbor anus.
Warum sind denn die Freier aus Ithaca selbst vergessen?
^(J* oaaoi xQavat)v *I&ay.rjv xava noiqaviovoiv. Sodann die
schon bemerkte Sonderbarkeit (s. Lörs Anm. zu V. 63) dasz
unter den wenigen namentlich hervorgehobenen Freiem
g erade Medon geiiannt ^vird, der niir gezwungen unter ihnen
weilende Herold, der aueh bei der Strafe verschont bleibt,
und dasz gerade dieser bezeichnet wird ais dirus, Femer
warum ist denn der Reiehthum des Odysseus dureh sein
Blut erworben? Und iszt ihm denn Irus, auch wenn er
schon vor zwanzig Jahren yaarigi fdagyrj in Itfaaka ein be-
rühmter Mann war, gerade so viel auf, dasz er besonders
unter denen hervorgehoben wird, die zu seinen Verlusten
beitragen? /w (tta damna. Doeh vielleieht sind Irus und Me-
lanthius nicht genannt ais beitragend zum Verlust, sondem
zur Sehmach. Freilich was ist denn, wer kann es vemünf-
tig reimen; zuletzt kommen nocli — dir zum Verlust —
ais Schande hinzu — oder wenn es das heiszen soil: ais
äuszerste Schande kommen — dir zum Verlust — hinzu
Irus und Melanthius? Wir werden denken kõnnen, um die-
sem äuszersten Wirrwarr zu entgehen, es habe zu stehen
ad iua damnoy in das auch sonst vorkommende /// tua damna
aus anderen Stellen geändert. Und ich glaube das. Aher
yrfe soil denn nun Odysseus wissen, inwiefern der Bettler
Irus zur Sehmach seines Hauses beiträgt? Es folgt der Ge-
DIE SOGENANNTEN OVIDISCHEN UEROIDEN. CJCXXVU
danke: das alles abzuwehren sind wir drei unkriegerische
Personen da, ich eine Frau sine viribus, der Greis Laertes
und der Knabe Telemachus. Wir dürfen die nftchsten sechs
Verse übergehen, deren Ungehõrigkeit und Unzusammenge-
hõrigkeit zu ofifen liegt und wo auch aus den drei unkräf-
tigen Personen plotzlich sechs werden, auch das tre parat
mviiis omnibus mit der obigen freilich sonderbaren zwei-
maligen Annahme, Telemachus sei zu Nestor geschickt wor-
den (V. 64 u. 37), in Widerspruch steht. Wir kommen
also zu 105, wo über die drei genannten Personen das an-
geschlagene Thema ihrer Unkräftigkeit ausgefllhrt wird.
Aber weder Laertes, heiszt es, der {ut qui) wegen seiner
Jahre nicht mehr brauchbar ist (was ist das denn anderes
ais inbellis und senexy wie es eben schon hiesz?) noch —
ja noch. Wo ist denn das noch? Es musz doch ein neque
oder ein et folgen. Das ganz unverbundene Distichon
Telemacho zwischen den beiden neque ist ja doch höchst be-
fremdend, und doch fehlen kann Telemachus hier auch
nicht; — - also einmal gesagt: Telemachus aber wird zu
einem kräftigen Alter gelangen, jetzt musz sein Alter durch
Htilfe des Vaters geschtltzt werden — noch habe ich Kräfte,
nec mihi sunt vtresy also ganz dasselbe, mit denselben Worten
was sie schon gesagt, sine viribtis uxor. Femer was haben
wir von V. 110? *Du selbst muszt schnell kommen, Hafen und
Alter der Deinen. Du hast einen Sohn, der — sonderbar,
ais ob dieser Sohn zuerst hier erwähnt wftre, von dem doch
eben fort und fort gesprochen. Der natürliche Fortschritt,
den wir zu erwarten hätten, wäre: denn bedenke auch noch
Folgendes, deinSohn usw., oder: denn auszerdem dein Sohn
U8W. Nemlich in den sechs letzten Versen soil der Haupt-
gedanke gegen das Vorangehende ofifenbar der sein, und kann
nur sein: 'Wenn wir drei deiner bedürfen, weil wir das
Haus nicht schtttzen können, so gelten aber auszerdem auch
für jeden von uns dreien noch persõnliche Gründe, die
deine Heimkehr nõthig machen. Dein Sohn, der deiner
Erziehung bedarf ierat wie non tibi corpus eral sine pectoref)
UndLaerteS; der deiner bedarf , weiler im hõchsten Greisen-
P2
CCXXVm DI£ SOGEKAXKTEN OVIDISCHEK HEBOIDEN.
alter nur durch dein Wiedererscheinen sich noch yerj&ngen
würde.' 0 nein: dies Vernünftige und Erwartete steht keines-
wegs, vielmehr es steht: der nur seinen Tod noch hinaus-
zuschieben vermag durch die Hoffnung; dasz du ihm baid
oder endlich die Augen zudrQckest! Da wird es ja wol
Pflicht sein fOr Odysseus nicht zu kommen, weil seine An-
kunft dem Vater das Leben kosten wird. 'Und ich jeden-
falls bin, wenn. du auch aisbald kommst, ein altes Weib
geworden/ Nun da braucht er sich aiso auch nicht zu
fibereilen!
Uebrigens gibt es Wunderlichkeiten und mehr auch
vor V. 87. Z. B. in die Verse 51 — 56 wird schwerlich
jemand vermOgen Vemunft zu bringen. Wenn Penelope
erzählty bei jeder Einzelheit die einer Tom Kriege und wäh-
rend des Erieges gebracht habe sie für Odysseus gezittert,
und durch Beispiele zeigt, \vie wohl sie auf diese Art von
den Einzelheiten des Krieges unterrichtet worden (15 fT.),
so ist es auffallend zu finden: Menu ich habe alles durch
Nestor erfahren, der es meinem Sohn erzähit haf (37).
Auch übrigens die lebendige Schilderung — wirklich bis
zum Unpassenden lebendig und präsentisch nach fast zehn
Jahren — auch diese lebendige Schilderung, wie alle Heim-
kehrenden an Alt und Jung und genau mit Illustrationen
nach Ars am. II, 133 und Aen. II, 25 die troischen Ereig-
nisse erzähit haben, paszt zu der plõtzlichen Unwissenheit,
der erst jetzt durch Nestor ein Ende gemacht wird, wahr-
lich nicht gut. Der von Hector getödtete Antilochus (s.
Lõrs zu V. 68) hat noch keine Aufklärung erhalten. Und
80 gibt es noch anderes, beginnend mit dem zweiten Verse
ml mihi rescribaSj ai lame?i ipse ve?ii\ der was er sagen
will nicht sagt, sondem lallt.
So sieht es mit dieser Heroide aus, die wir, den zwei-
ten Vers, bei Marius Victorinus S. 2559 P. angeführt lesen.
2. Was ich bei der ersten Epistel nicht untemehmen
mõchte, dazu wird man bei andern Episteln geradezu ge*
drängt, aus dem jetzt vorliegenden anstõszigen, unvernünf-
tigen Conglomerat einen ursprünglichen Kem auszusondem.
I
DIB 80GENANNTEN 0V1DI8CHEN HBBOIDEN. CCXXIX
Denn es drängt sich in mehreren unter Auswüchgen und
Miszgestalt eine einheitliche und annehmbare, wenn gieich
Belten ansprecliende Partie, jedocli in verschiedenen Abstu-
fungen des Werthes, entgegen. Welchez. B. inderdritten
Epistel (Briseis, jetzt 154 Verse) folgende wäre:
Quam legis a rapta Briseide littera venit,
vix bene barbarica Graeca notata manu.
quascumque aspicies lacrimae fecere lituras:
sed tamen et lacrimae pondera ?ocis habent
5 si mihi pauca queri de te dominoque viroque
fas est, de domino paaca viroque querar.
non ego poscenti quod snm cito tradita regi
culpa tua est. quamvis haec quoque culpa tua est. '
nam simul Eorybates me Talthybiusqae vocarunt,
10 Eurybati data surn Talthybioque comes.
alter in alterias iactantes lumina voltum
qoaerebant taciti, noster abi esset amor.
differri potui: poenae mõra grata fuisset.
ei mihi, discedens oseala nuUa dedi.
15 at lacrimas sine tine dedi rupique capillos:
infelix iterom sum mihi visa capi.
21 sed data sim, quia dandafui. tot noctibus absum
nec repetor. cessas, iraque lenta tua est.
ipse Menoetiades torn cum tradebar in aurem
*quid fles? hic par?o tempore' dixit 'eris.'
25 non repetiäse parum: pugnas ne reddar, Achille.
i nunc et cupidi nomeu amantis habe.
yenerunt ad te Telamone et Amyntore nati,
iile gradu propior sanguinis, iile comes,
Laertaque satus, per quos dotata redirem:*)
30 auxerunt blandae grandia dona preces.
39 si tibi ab Atride pretio redimenda fuissem,
qaae dare debneras, accipere illa negas?
qua merui culpa fieri tibi vilis^ Achille?
quo levis a nobis tarn cito fugit Amor?
an miseros tristis fortuna tenaciter urget
nec venit inceptis mollior hora maUs?
*) Das gewohnhche /^^ quos comitata redirem kann mcht*richtig
sein. Ich habe dotata (V. 55) gesetzt. Y. 44 habe ich für meis ge-
schrieben mdUs, Pont. IV, 14, 50 non potuit twstris lef^ior esse malts.
Cf. Ep.Soffih. 59 (xn gravis inceptum peragit forttma tenorem?
CCXXX DIE SOQENANKTEN 0VID18CHEN HEROIDEK.
ta Marte tuo Lymesia moenia vidi,
et fueram patriae pars ego magna meae.
vidi consortes pariter generisque necisque
tres cecidisse: tribus qaae mihi mater erat.
vidi, quautus erat, fusum tellure cruenta,
50 pectora iactantem sanguinolenta vimm.
tot tameu amissis te compensavimus unum,
tu dominuSf tu vir, tu mihi frater eras.
tii mihi iuratus per numiua matris aquosae
utile dicebas ipse fuisse capi.
55 scilicet ut quamvis veoiam dotata repeUas
et mecum fugias quae tibi dantur opes!
quin etiam fama est cum crastina fulserit Eos,
te dare nubiferis lintea velle notis,
quod scelus ut pavidas miserae mihi contigit aures,
60 sauguiiiis atque animi peetus inane fuit.
ibis et — 0 miseram — cui me, violente, relinquis?
quis mihi desertae mite levamen eritV
devorer ante precor subito telluris hiatu
aut rutilo missi fulminis igue cremer,
65 quam sine me Phtliiis canescant aequora remis
et videam puppes ire relicta tuas.
83 quid tameu expectasV Agamemnona paenitet irae
et iacet ante tuos Graecia maesta pedes.
vince auimos iramque tuam, qui cetera \inci8.
quid lacerat Danaas inpiger Hector opes?
89 propter me mota est, propter me desinat ira,
simque ego tristitiae causa modusque tuae.
Zwischen deu beldeii letzten Distischen steht in den Texten
nocb folgendes, welches ich ausgelassen:
arma cape, Aeacide, sed me tamen ante recepta,
et preme turbatos Marte favente viros.
Wir hätten in drei Distichen kinter einander eine rhetorische
Figur mit Wiederholung desselben Wortes in derselben
Zeile, und so etwas ist allerdings wol im Sinne des Ver-
fassers, der V. 3 — 10 geschrieben. Indessen erregt mir Be-
denken der Ausdnick Marte favente, der hier, wo Achilles
eigne Kraft zu betonen ist, bedenklich scbeint. Mehr so-
dann Folgendes. Bleibt dieses Disticbon stehen, so baben
wir dreimal binter einander Pentameter aus der Glasse der
fio gebildeteu. dasz die zweite Hälfte niit zusammengebõrigem
DBE 80GENAKKTEN OVIDISCHEN HEBOIDEN. CCXXXI
Adjectiv und Substantiv (auch umgekehrt) anfängt, und noch
mit der engern Form, dasz zugleich die erste Hälfte schlieszt
mit einem Adjectiv, dessen zugehoriges Substantiv in der
zweiten Hälfte folgt (auch umgekehrt). Dicse Bildung drei-
mal hinter einander darf jedenfalls auffallen: ist ja auch
tiberhaupt eine besondere Neigung dazu in dieser Epistel
nicht vorhanden. In dem uns ursprünglich erschienenen
Theil hatten wir es V. 30, dann V. 44, worauf dann V. 46
in schon geänderter Form, namentlich auch durch zwischen-
tretendes Wort : et fueram patriae pars ego mngna meae, —
Uebrigens in den nicht aufgenommenen Theilen ungefähr
in demselben Verhältnis: 68. 76. 88. flOO.] 104. 114. 126.
144. — Auffallendes in dieser Beziehung bietet unter den
Heroiden die Medea. Genaue Nachweise fiber diesen Punkt
überhaupt, auch z. B. über das Verhältnis der drei clas-
sisehen Elegiker hieriu; wttrden dankenswerth sein.
Beiläufige for meile Bemerkungen. Von V. 96 bis zum
Schlusz 154 folgen keine Elisionen mehr mit Ausnahme
eines einzigen que V. 132 praesentüque oculos, Femer der
Distichenbau, in welchem der Pentameter mit que anfängt,
selbst mit et, erscheint in den nicht aufgenommenen Theilen
ziemlich häufig, in den aufgenommenen dagegen selten (que
einmal im Schlusz verse). Beides, wie man aus Beobachtung
lemt, auch beides zusammen, k õunte zufällig sein: bemerkt
musz es werden. — Ein Philolog, der über Ovidius
Verse sehr genaue Untersuchungen angestellt, Anton
Viertel, sagt mir: der elidirte pyrrhichische Imperativ
in dem verworfenen arma cape Aeacide sei bemerkenswerth.
Es gebe auch in den Heroiden einen solchen nicht: bei
Ovidius nur Art am. II, 489 age et. Met, XII, 490 age ait.
Und Met. XII, Z^% fuge ad. Met. XIII 381 date et.
Was nun die ausgeschiedenen Partien anbetriffl, so sind
es zuerst die Verse 17 — 20. Sie besagen: ich habe oft ent-
fiiehen und zu dir zurtlckkehren wollen, aber ich fürchtete
von den Trojanem gefangen zu werden. Das ist ja in der
Vorstellung geschrieben, ais wäre sie, die bei Agamemnon
ist, nicht mit Achilles in demselben Lager. Was hat sie
CCXXXn DIE 806ENANin*EN OVIDISCHEN HE80IDEK*
denn durch Trojaner zu fliehen? — V. 67 — 82: wenn du
morgen heimkehren willst, bo nimm mich mit, ich würde
ja keine grosze Last fttr deine Flotte sein ; ich will dir auch
onter den ungQnstigsten Bedingungen folgen. Ja da musz
er sie doch erst faaben ! Wie wird er eie denn erhalten von
Agamemnon, wenn er nach Hause segeln will? — Von V.
91 bis zum Schlusz (wo wieder die eben berührte Unbeson-
nenheit kommt, ais ob es von ihm abhinge sie mitzuneh-
men) folgt nun Sonderbares, Auffallendes , Läppisches Scfalag
auf Schlag.
3. Dasz auszer den inneren Interpolationen an den nr-
sprünglichen Brief ein längerer oder langer Schlusz ange-
h&ngt ist, dies scheint sich noch in mehreren anderen Epi-
steln äufzudrängen. Es ist nicht moglieh daran zu zwei-
feln in der (achtzehnten) Epistel desLeander (218 Yerse)
dasz gegenüber einem wohl eingehaltenen Gledankengang
und in Masz gehaltenen Styl ron V. 117 oder 119 an man
sichinGedankenordnung, Gedankenwiederholung, imHaschen
nach noch anderem, was wieder dasselbe wird, in gesuchten,
gegensätzlichen Pointen ais stetigem Charakter bewegt^ ver-
bnnden mit einem Gefallen an Aufputz durch mythologisehe
und astronomische Gelehrsamkeit Wobei man immer noch
das Convolut von Schiefheit und Unsinn, welches in V. 119
— 124 erscheint, auf sich mag beruhen lassen. Hiergegen
prägt der erste Theil dieser Epistel den ihm eignen Charak-
ter seinerseits stetig genug aus, ich glaube hinreichend, um
auszer in dem Distichon 23. 24 noch an zwei andem Stel-
len, 39—53 und 59—77 Interpolation zu empfinden durch
Affectation, Uebertreibung und in der zweiten Stelle durch
ein sonst hier fremdartiges Indielängeziehen eines Gedan-
kens, um neue Wendungen anzubringen. Man hat auch
keine Veranlassung solche unnõthige prosaische Pedanterie
wie in dem Uebergange V. 75 haec ego vel certe non hh
diversa locutus dem ersten Verfasser zuzuschreiben. Eine
Nachahmung aus Met. VI. 702 haec Boreas aut kis non m-
feriora locutus : was dooh anders ist. Man wird guten Grund
haben fflr das ursprUngliche StUck das folgende zu halten:
DIE SOGENANNTEN OVIDISCUEN HEROIDEN. CCXXXIII
Mittit Abydenus quam maliet ferre salutem,
si cadat anda maris, Sesta puella, tibi.
si mihi di faciles et Bunt in amore secundi,
invitis ocalis haec mea verba leges.
5 sed non sant faciles: nam cur mea võta morantar
currere me võta nec patiuntiir aqua?
ipsa vides caelum pice nigrius et freta ventis
tarbida perqae cavas vix adeanda rates.
anas, et hic aadax, a qao tibi littere nostra
10 redditar, e porta navita movit iter.
ascensuras eram, nisi qaod, com vincala prorae
Bolveret, in specolis omnis Abydos erat.
non poteram celare meos velut ante parentes,
qaemque tegi volamos non latuisset amor.
15 protinas haec scribens 'felix i littera* dixi,
*iam tibi formosam porriget illa manum.
forsitan admotis etiam tangere labellis,
rumpere dam niveo vincala dente volet.'
talibas exigao dictis mihi murmure verbis
20 cetera cum charta dextra locuta mea est.
at qaanto maJlem quam scriberet illa nataret
meqae per assaetas sedala ferret aquas.
25 septima nox agitur, spatiam mihi longias anno,
sollicitom raucis ut mare fervet aqais.
his ego si vidi mulcentem pectora somnum
noctibos, insani sit mõra longa freti.
rupe sedens aliqaa s^tecto tua litora tristis,
30 et quo non possam corpore, mente feror.
lamina qain etiam summa vigilantia torre
aut videt aut acies nostra videre putat
ter mihi deposita est in sicca vestis harena,
ter grave temptavi carpere nudus iter.
35 obstitit inceptis tumidum iuvenalibos aequor
mersit et inversis ora natantis aquis.
53 interea, dum cuncta negant ventique fretumque,
mente agito furti tempora prima mei.
55 nox erat incipiens — namque est meminisse volnptas —
cum foribus patriis egrediebar amans.
nec mõra, deposito pariter cum veste timore
iactabam liquido bracchia lenta mari
77 unda repercussae radiabat imagine lunae,
et nitor in tacita nocte diurnus erat:
nullaque vox usquaro, nullum veniebat ad aures
80 praeter dimotae corpore murmur aquae.
CflAlIV DIE $OG£NANNT£N OVJDISCIIEN HEROIOEN.
AIcToaes solao. momores Coycis amati,
n<*seio quid visae sunt milii dulce queri.
idmque fati^tis uinero sub utroque lacertis
tortiter iu summas erigor aitusaquas.
"«õ lit prvcui aspoxi lumen. *meus iiriiis in illo est,
illa moiim' dixi 'litora lumen kabent/
ec $ubito la$:>i$ vires retliere lacertis.
%u«ailuo quara tuerat mollior unda mihi.
fritcom ne possim golidi sentire [)rofundi.
^||l qui i-alet in cupido pectore praes tat amor.
quo matsis acoetlo pn^pioraque litora tiunt
quoque minus restat. pius libct ire mihi.
oum vero possum oerni quoque, protinus addis
sptviatrix animos ut valeamque facis.
v)^ nuno etiani nando dominae piaruisse laboro
Atque ooulis iacto bracchia nostra tuis-
te tua >ix pn»hibet nutrix descendere in altum —
luH* quoque enim vidi. nec mihi verba dabas —
mv tamen etftH'it. «luamvis retinebat euntem,
liM ne tieM prima pes tuus udus aqua.
excipis amploxu feliciaque osciüa iungis.
osi'ula« di magni! trans mare digna peti,
tN|ue tuiü demptos umeris mihi tradis amictus
et madidaiu siocas aiV|uoris imbre comam.
li^ eetera uox et nos et turris conscia no\it
quodque mihi lumen per mare monstrat iter.
nou magis illius numerari gaudia noctis
llcUespontiaoi quam maris alga potest.
quo biv>ius s[)atium nobis ad furta dabatur,
110 hoe umgis est eautum ne foret illud iners.
ianique fugatura Tithoni coniuge noctem
pme\tu$ Aurorae Luciter ortus erat:
0!«rula eongenmos properata sine ordine raptim
et qiierimur panas noctibus esse mõras.
115 Mtquo ita ouuetatus mouitu nutricis amaro
1'rlKida di^sorta litora turre peto.
IIH iiivideit riirixo. quem |»er freta tristia tutum
aurea lanigero vellere vexit o\is.
115 iiiH^ tamen officiiim pecoris navisve requiro,
diim modo quas tindam corpore dentur aquae.
VI 7 iiilerfa pro me pemoctet epistula tecum«
quam precor ut minima prosoquar ipse mõra.
DIE SOaENANNTEN OVIDISCHEN UEBOIDEN. CCXXXV
Derselbe Fail ist mit dem Antwortbriefe der Hero, der
neunzehnten Epistel (210 Verse). Das ist eine hübsche,
man mõchte sagen, was man gar selten in diesen Episteln
sagen möclite, eine anmüthige Epistel bis V. 64, welche bis
dahin ais eine yoUstäudigeOvidsunbedenklichwUrdige Epistel
erscheinen kõnnte. Aber von da an folgt Unruhe, Spitzfin-
digkeit, Wiederholung, Gelelirsamkeit, sehr in der Art der
Erweiterung des Leanderbriefes. — Auch für die dort an-
gemerkte Pedanterie in V. 75 haec ego vel certe non his
diversa locutus findet sich hier ein Analogon V, 86 minaxque
non minus aut multo non minus aeguor erat. — Ferner mag
bemerkt werden, dasz in beiden unsern unechten Theilen
jener Bau der Distichen, nach welchem der Pentameter mit
que anfängt, gegen die echten Theile abfallend wird. Beide-
mal kommt in den unechten Theilen auf etwa 12 Verse 6in
solcher. Aber die echt erschienenen Theile verhalten sich
sehr versehieden darin. Im Leander kommt hier auf 17
Verse 6in solcher, in der Hero auf alle 70 Verse nur 2.
Die beiden ursprllngliChen Briefe verschiedenen Verfassem
beizulegen, dagegen kõnnte der ästhetische Eindruck nichts
einzuwenden haben. Ich sagte auf alle 70 Verse: denn um
fQr die ersten echt erschienenen 64 Verse den Abschlusz
zu gewinnen, setze ich 121. 122. 127. 128. 209. 210hinzu:
multaque praeterea linguae reticenda modestae,
64 quae fecisse iuvat, facta referre pudet.
121 me miseram, quanto plang^ntuc litora üiictu,
et lätet obscura condita nube dies.
127 non favet, ut nunc est, teneris locus iste puellis:
hac Helle periit, hac ego laedor aqua.
209 interea, nanti quoniam freta peiria non sunt,
leniat invisas littera missa moras.
Uebrigens wäre es in diesem jetzt vorliegenden Hero-
briefe sehr natürlich auf den Gedanken zu kommen, dasz
zwei ursprüngliche Briefe verbunden darin vorhanden sind,
der eine oben bezeichnete und ein anderer schlechterer,
etwa Anfangsverse 1, 2, dann 69 ff., in welchem — denn
auch das ist sehr auffallend und unvermittelt gegen das
ÜCXXXVI DIE SOGENANKTEN OVIDISCHEN HEBOIDEK.
ganz andere Gefflhl, aus welchem der erste geschrieben ist
— das hervorstechende Motiv Vorwttrfe und eifersttchtiges
Misztrauen ist und der Gedanke 'du liebst eine Nebenge-
liebte' wiederholt und ttberlästig auftritt. Aber auch dieser
zweite Brief ginge etwa nur bis 116 oder 118; wozu viel-
leicht 157- 160. Denn sehon die gelehrte Stelle, in der
sie ihre Belesenheit in denDichtem bezeugt, 123 ff., würde
selbst der zweiten Epistel nieht mehr entsprechend scheinen.
Und V. 157 ff. schlieszen sich nicht an das Vorangehende
an^ sondem ihr Sinn weist sie an 118. Auch scheint in die-
ser ganzen Zwischenst^Ue Leander in anderer Situation ge-
dacht, nemlich ais wirklich während stflrmischer Nacht auf
dem Meere schwimmend, 149. 155. Was 159 schon wieder
anders ist.
4. Ein Brief, der ohne Zweifel in seiner ursprttnglichen
Gestalt vorliegt, ist der (elf te) Brief der Canace (12S Verse).
Nicht ein einziges Distichon erregt hier irgend einen Ver-
dacht. Dieser Brief ist nicht ohne Geschmacklosigkeiten :
die Situation am Anfang, dasz sie Während des Schreibens
des Briefs das Schwert in der Händ hält, ist sogar — hier
wie am Schlusz der Dido — eine grosze G^schmacklosig-
keit. Und dasz und warum das erste Distichon läppisch
ist, braucht wol nicht erst gesagt zu werden: übertragen
aus der natUrlichen und unvermeidlichen Situation, dasz
einer Weinenden die Thränen auf ihr Blatt fallen, während
sie schreibt, wie in der mit Kecht schon ais Vorbild be-
zeichneten Stelle Prop. IV, 3, 3, ohne welche auch wol in
dem wie in einigen andern Episteln abgebrochen beginnen-
den Anfang nicht gerade tamen, sondem eine etwas klarere
Partikel stehen würde. Der Brief ist ohne leichten poeti-
schen Schwung, musz im ganzen wolvielmehr fUr die hoch-
tragische Situation ziemlich nflchtern genannt werden; aber
er geht in voUkommen richtigem, nicht gestõrtem, nicht
tlberladenem, nicht verwirrtem Gedankengange : was alles
gerade der Eindruck der meisten Episteln ist wie sie jetzt vor-
liegen. Der Schlusz ttbrigens ist zwar ohne tragischen Eindruck,
aber er ist immerbin nicht ohne einigen Trauereindruck. —
DIE SOGENAKKTEN OVIDISCHEN HEROIDEN. CCXXXVn
lu der Form scheint der Brief mit groszer Sorgfalt gear-
beitet und mit gutem Ohr. Von einem canssima aisti, auch
Ton futura es V. 59 und 62 kann nicht die Kede sein:
dixti und futura,
5. Liest man nach der Ganace einmal unmittelbar den
(zwanzigsten) Brief des Acontius (242 Verse), so ist auch
dieser der Interpolationen nicht verdächtig. Der Zusammen-
hang der Gedanken^ ja man mõchte hier sagen die Dispo-
sition des Aufsatzes läszt sich verfolgen. Aber der Styl ist
ein ganz anderer, breiter gehaltener: dieselbe Sache, der-
selbe Gedanke ist in mehr ais einer Stelle in >viederholten
Wendungen ausgesprochen, ohne dasz eben in der Sache
etwas Neues kommt. Auch scheint das Bestreben acumina
anzubringen sehr ausgebildet, viel mehr dtinkt mich ais in
der Canace. Grõszere Interpolationen betreffend, so könnte
nur gefragt werden, ob vielleicht V. 21 —97 eine interpo-
lirte Erweiterung sind. Aber eben bei der Breite des Styls
ist es wol auch eine Erweiterung des ursprünglichen Ver-
fassers.
In den Rhythmen glaubt man auch etwas anderes zu
hõren ais in der Canace: einen Verfassser von weniger
^tttem Ohr. Was sich baid aussprechen läszt, ist Folgendes.
a) Eine auffallende Gleichgtiltigkeit gegen die häufige
Anwendung unmittelbar hinter einander stehender einsilbiger
Wõrter. Man betrachte die folgende Zusammenstellung (wir
bleiben eben bei der Canace) in Zahl, auch in Art:
Canace (128 Verse).
1 Si qua tamen caecis errabunt scripta lituris
5 baec est Aeolidos fratri scribentis imago
23 cur umquam pius me frater quam frater amasti
29 nec somni faciles et nox erat annua nobis
3L nec cur hacc facerem poteram mihi reddere causam
39 quas mihi non herbas, quae non medicamina nutrix
4t ut penitus nostris hoc te celavimus unum
62 illius de quo mater et tixor eris
80 et vix a misero continet ore manus
103 ferte faces in me quas fertis Erinyes atrae.
CCXXXYin DIE 800E3f ANNTEM OVIDI8CHEH UEBOIDEK.
Acontius (242 Versej.
2 pronüssam satis est te semel esse mihi
8 debitus ut cooiux non ut adulter amo
1 1 inv<^ni^ illic id ic spondere qiiod opto
16 et gpe qiiam de<Ieras tu mihi crevit amor
24 id me quod quereris conciliare potest
2b non ego natura, non surn tarn callidos osa
26 BoUertem tu me, crede, paella üacis
27 te mihi compositls, si quid tamen egimus, & me
31 sit fraus huic facto nomen dicarque dolosus
32 si tamen est quod ames velle tenere dolus
34 altera fraus haec est quodque queraris habes
44 exitus in dis est, sed capjere tamen*
47 si non proticieut artes, veniemus ad arma
50 nec quemquam (jui vir posset ut esse fuit
52 ut sit erit quam te non habuisse minor
62 nec dubito totum quiu sibi par sit opus
03 hac ego compulsus non est mirabile forma
65 deniquc dum captam tu te cogare fateri
71 quamlibet accuses et sis irata licebit
85 sed neque compedibus nec me compesce catenis
91 nunc reus infelix absens agor et mea cum sit
03 hoc quoque quod tu vis sit scriptum iniuria nostmm
04 quod de me solo nempe queraris habes
95 non meruit faili mecum quoque Delia. si non
97 adfuit et vidit, cum tu decepta rubebas
109 dicendum tamen est hoc est, mihi crede, quod aegra
1 1 3 inde iit ut quotiens existere perfida temptas
121 hoBtibup et si quis ne fias nostra repugnat
122 sic sit ut invalida te solet esse mihi
123 torqueor ex aequo vel te nubente vel aegra
125 maceror interdum quod sim tibi causa dolendi
135 et nirsus miserum quod me procul inde remoto
144 ad spes alterius quis tibi fecit iter
140 elige de vacuis quam non sibi vindicet alter
155 nam quod habes et tu gemini verba altera pacti
150 promisit pater hane, haec et iuravit amanti
UiO iile homines, haec est testiticata deam
162 num dubites hic sit maior an iile metus
106 nec spes par nobis nec timor aequus adest
16S idque ego iam quod tu forsan amabit amo
172 ad quid, Cydippe, Ilttera nostra redit
173 hic facit ut iaceas et sis suspecta Dianae
174 hunc tu, si sapias, limen adire vetes
i
DIK SOOENANNT£N OVIDISCHEN HEROIDEK. CCXXXIX
176 atque utinam pro te qui movet illa cadat
177 quem si reppuleris nec quem dea damnct amaris
178 et tu continuo, certe ego salvus ero
182 scd quae praestanda est et sine teste iide
193 aadiet haec, repetens quae sint audita, requiret
194 ipsa tibi de quo coniuge paitus eat
195 promittes votum, scit te promittere falsa
196 iurabis, seis te fallere posse deos
197 non agitur de me, cura meliore laboro
201 et cur ignorent matri licet omiiia narres
203 ordine fac referas, ut sis mihi cognita primum
207 et te dum nimium miror, nota certa furoris
213 ne tameu iguoret scripti sententia quae sit
215 nube precor dieet cui te bona numiua iungunt
217 quisquis is est placeat, quoniam placet ante Dianae
219 sed tamen et qnaerat qui^ sim qualisque videto
223 illa mihi patria est, nec si generosa probatis
225 suut et opes uobis, sunt et sine crimine mores
227 appeteres talem vel non iurata maritum
228 iuratae vel non talis habendus erat
229 haec tibi me in somnis iaculatrix seribere Phoebe
235 quod si contigerit, cnm iam data signa sonabunt.
Wie tief durch so übermäszig liäufige Zusammenstellung
selbst Yon zwei einsilbigen Langen der Bau der Spondeen,
nicht zu ihrem Vortheil, betroffen wird, ist klar. Und es
kann nichts Entscheidenderes geben ais eine so grosze und
80 durchgehende Verschiedenheit des Versbaues.
b) Es wird auch Folgendes bemerkt werden dürfen.
Im Acontius sind drei Hexameter mit vier anfangenden
Spondeen :
21 deceptam dicas nostra te fraude licebit
31 sit fraus huic facto nomen dicarque dolosus
119 serventur võitus ad nostra incendia nati.
In der Canaee ist zwar ein solcher Vers, der aber nicht
voll wiegt, da er zu einer Figur gebraucht ist:
23 cur umquam pius me frater quam frater amasti,
Ais femere nicbt interpolirte Episteln wird man stu-
diren kõnnen: Oenone, Hermione, Laodamia^ auchdieweit-
Iftufige Phyllis; alle mit zu den schlechtesten in der Samm-
CCXL DIE 800ENANNTEN OVIDI6CUEK HEBOIDKV.
lung gehõrend; PhylliB uud Oenone wol die schlechtesten,
Laodamia immer noch die belebteste. Nicht interpolirt soil
aber nicht ausschlieszen den Zusatz eines oder des andeni
Distichons, ja in der Oenone nicht bedeuten daaz, so Tiel
man dieser wunderlichen Nymphe auch zu gute halten
kann, nicht die schändlichen Veree 140—144, so wie auch
151. 152; sich hinreichend kenntlich machten um sie ais
Zusatz zu erkennen, wie Merkel sie bezeichnet hat. In der
Laodamia ist der mehrmais abspringende Gredankengang
absichtlich zum Ausdruck der Beunruhigung und so dasz
kein Anlasz zur Verdächtigung entsteht. Uebrigens sind
die 166 Verse doch in ihrer Art erkennbar genug, um das
ganz wider die Intention eintretende Distichon 155 f.
crede mihi, pius est quam qood videatur imago:
adde sõnum cerae, Protesilaus erit
hinauszuwerfen. V. 152 hat es vielleicht nicht referai, son-
deru referf^s geheiszen. V. 137 nothwendig quamvis statt
quue sie. Und selbst bei dem freilich nicht besonders ver-
feinerten Geschmack darf man wol über das kalte Wasser
V. 26 stutzen und raeinen, dasz der Vers ursprttnglich so
nicht geheiszen hat.
6. Doch zurQck zu den ausgedehnteren Interpolationen
und Fortsetzungen. Die vierzehnte Epistel (Hypermnestra,
132 Verse) ist gut (diesen Ausdruck freilich ttberall hier
nach mäsziger Scala verstanden) und gleichmäszig bis V. 84.
Nur V. 59—62 dürften Interpolation sein. Mit V. 85 tritt
plötzlich eine auflfallende Aenderung des Tõns und der Ten-
denz ein, ein leidenschaftliches Sichstürzen auf die Geschiehte
der lo mit gauz ungerechtfertigtem Verweilen und võlugem
Vergessen dasz ein Brief geschrieben >vird, so weit dasz lo
mehrmais angeredet wird. Auszerdem wird man betro£fen
von gehäuften und auch inepten acuraina. Schon Scaliger
hat die Verse 85 — 118 für interpolirt erklärt: und das Ge-
fühl, welches auch die Verse nach 109, den Uebergang
nach der logeschichte und die Rückkehr in die Gegenwart
ais wunderlich und um die Schrecken ihrer eignen Erfah-
rung zu schildern auffallend matt empfindet, theile ich durch-
DIB SOGBKAMHTBK OVIDDBGHSN HKBOIIHEK. CCXLI
aiuk AUein die Fortsetzung nun ist gleich&Us nicht za
diddra. V. 125: entvFeder rette mioh oder tddte mich —
wie? wo? — und verbrenne mich heimlioh — wanim? —
und begrabe mich kenntlich. Und auf das Grab soil ge-
schrieben werden: eand Hypermnestra — preiium pietatis
hitguum — quam mortem fratri depulit ipsa tulit. Warum
denn exuH Es wird doch niemand einfallen das etwa
blosz darauf su beziehen^ dasz sie aus Aegypten naoh Argos
verjagt worden, welclies sie freilich etwas wunderlieh hier
V. 112 mit ultimus orbu bezeichnet hatte: sie wie alle übri-
gen. Wenn der Verfasser dieser Verse mit.dem eapul das
gemeint hat; dann that er gewis etwas was gar nicht am
Orte war. Aber er hat wol gemeint, was jeder versteht
und was zur Sache gehort, dasz sie eben im Exil umg^-
kommen. Nun aber war davon dasz der Yater sie in
Verbannung geschickt, wo sie umgekommen, hier durchaus
nicht die Bede. Aber in der bekannten Stelle des Horatius
ist davon die Kede: vie vel extremos Numidarum in agros
classe releget, Dann weiter: scribere plura libet, sed pon-
dere lopša catenae est manas et vires subtrnhit ipse timor.
Wie? nachdem sie ihm alles dai^estellt und bereits ihr Be-
gr&bnis und ihre Grabsehrift ihm angegeben, hat sie Lust
noch mehr zu schreiben, fast hatte ich geschrieben und mit
Recht: hat sie Lust nun noch zu schwatzen? Welche un-
passende Uebertragung aus einer Situation, wo etwa . aine
Liebende schreibt, bagitifiBv alkijXoiai, Doch ais Uebergang
zu den Eetten bot es sich dar, zu den Ketten die Horatius
an derselben Stelle lieferte : me pater saevis oneret eatenis.
Aus der Stelle über die* lo, in weloher flbrigens V. 91
eonatoque queri mugihis edidit ore ebenso in den Metamor-
phosen steht, Ist aiižumerken dasz hier zwei Hexameter
ins Ohr fallen von folgendem Bau, wie wir bisher nieht
gefaõrt :
95 iDa lovls magttl paeldx metuenda sorori
and 107 per septšm Niitis portos emissus in aequor.
Auch hört man V. 110 auctorf dant anni quod querar eece
mei etwas, was man bisher in dieser Epistel noch nicht
Lekn, HonÜM. Q
CCXLU DIE SOeENANHTEN 0VIDX8CHBN HBBOmBV.
^ehõrt, nemlich einen Pentametor mit gans spondeischem
erstem Theil. Und nun folgen bis Eom Sclilul»e V. 132
iK)ch drei dergleiehen:
120 quid fiet sonti, cum rea laadis iigar
122 infelix ano fratre manente cadam
130 qoam mortem firatri depulit ipsa talit
In dem ersten dieser Verse wird handisfehrifüich uaeh jb/,
mch ferei geboten: 'quid fiet sonti] fieret f^temj ixio JUit]
Qtnimque bene/ Heinsiug. Ich bin nun der Meinang, dasz
nach den Versen 83. 84, bis zu welchen der Brief imange-
fochten fortgeht
abstrahor a patriis pedibos, raptamque capflMs —
haec meruit pietas praemia — carcer habet,
womit der Schlusz noeh nicht gegeben scheiiit; sicb nocb
ais ursprtlngliche Verse anschlieszen 119. 120.
en ego, quod vivis, poenae cmcianda reeervor:
quid fieret sonti, eom rea laadis agar?
mit sehr gutem Schlusz auf deiyenigen Qedanken, der ais
ein Hauptgedanke, aus dem sie schreibty aoch frOher sehon
erschien: für meine Pietftt Idde ich. Und ist dem ao» flo
steht es also frei, wenn man das rationeller findet, jfere/
zu schreiben.
7. Dasz die siebente Epistel (DidO; 196 VertBc) nicht
von Ovidius ist, kõnnte man auch, wenn es irgend nõthig
wäre, aus den bekannten Ovidischen Versen sehen Jm^r,,
lly 18, 25 f. : scribimus . . . quodque ienens stridum DUo
miserabilis ensem dicat et AeoUae Lesbis amica fyrae* On-
dius bezeichnet mit jeneu Worten in symbolisch poetiscbem
Ausdruck, dasz jenes sein Gedieht Didos letzte Worte ent-
halte, unmittelbar ehe sie sich den Tod gab. Dies istaber
in der heutigen Heroide nicht so. Diese setzt die AAwesen-
heit des Aeneas voraus und gibt es nicht auf ibn omia-
stimmen: sie bittet z. B. wenigstens sanftere Winde abza-
warten und versucht alle Grllnde aufzubieten, die ihn noch
zur Rückkehr zu Dido bewegen kõnnten. Dies alles ist
uiso nicht von ihr gesagt in dem Augenblick, wo ale sicb
WB 0OQKVAJINTEN 0VID16CHEN HEBOIDSN. CCXLHI
dea Tod gebcm wird, in dem sie flberhaupt deii Aeneas am
ffichts zu Intteiiy wol aber ihm viel zu sagen habea kõnnte,
sogar aaf die 0ehr nngewisse Mõgliehkeit dasz der Bri^
ihn jemab erreiehe, Vorwttrfe nendich und Prcpheieiiiiigeii.
Und in dem obigen Sinine steht anch z. B. ganz dentlick
177—182:
pro meritis et ai gaa tibi debebimns ultra,
pro spe coniogii tempora parva p et o:
dum freta mitescunt et amor, dum tempore et usv
förtiter edisqo 'tristia posse pati.
ai minus, est animus nobis effundere vitam:
in me crudelis non potes esse din.
Wenn non hienach folgt 183:
aspicias utinam quae sit scribentis imago :
scribimus, et gremio Troicus ensis adest
nsw. bui znm Schlius 196, 8o ist das ein gani unerträg-
licher Zasatz, yeranlaszt dorch die Anfangsyerse sic ubi
fata vocani, udis abiectus in herbis ad vada Maeandri eoncmii
ülbus oloTf nee qma te nosira sperem prece posse moveri^
wBofnor, welche nur in dem Sinne gemeint sein kõnnen:
'ieh fUde doch dasz es mein Schwanengesang ist' — veran-
huBt dnrch jene obige Stiile des OridiuS; welche obendrein
wol geschmacklos miszangewendet ist. Denn ich glaube
dan der Ausdrack Vas Dido sagt das gezogene Schwert
haltend* zur Bežeiehnung 'unmittelbar ehe sie sieh tödten
wüf und ais poetisch symbolischer Ausdnick ttber rõmische
mid Ovidische Diehtersprache nicht hinausgeht; dasz aber
die fõrraliche Präsentation des Bildes, dasz sie diesen gan*
len Brief Hchreibt mit dem Schwerte auf d^n Sehosz, ge-
icbmaekloB ist und wol über Ovidius hinaus. Doeh, worauf
es varn eigentlich ankommt, die Verse 1183—1% passen
jedenfaUs durchaus nieht zu der Situation in der sieh die
Epistel bewegt, und passen femer durchaus nioht zu den
Mffmtttelhftr YorheoTgehenden Versen. AUein auch die Vers-
poiüe, welehe mit 182 schlieszt, Ton 169 an: nota mihifireta
suMi U8W. paszt wieder durchaus nicht zu ihrer Vorpartie.
Denn nnnnttelbar vorher waren die Beschwõrungen aosge-
Q2
CCXLU DIE SOeENANHTEN 0VIDX8CHBN HBROIDEV.
^ehõrt, nemlich einen Pentametor mit gans spondeiscbem
erstem Theil. Und nun folgen bis Eom Schlusse V. 132
noch drei dergleichen:
120 quid fiet sonti, cum rea laadis agar
122 infelix ano fratre manente cadam
130 quam mortem firatri depulit ipsa talit
In dem ereten dieser Verse wird handefebriftlich aueh jEa/,
9XLc]\ feret geboten: ^ quid fiet santi] fieret neipiemj ino fiat]
Qtnimque bene/ Heinsius. Ich biu nun der Meinangy daaz
nach den Versen 83. 84, bis zu welcben der Brief nnange-
fochten fortgeht
abstrahor a patriis pedibas, raptamque capflKs —
haec memit pietas praemia — carcer habet,
womit der Schlusz nodi nicht gegeben scheiut, sieb noch
ais urgprQiigliche Verse anschlieszen 119. 120.
cu ego, quod vivis, poenae crucianda reservor:
quid fieret sonti, cum rea laudis agar?
mit sehr gutem Schlusz auf deiyenigen Qedanken, der ais
ein Hauptgedanke, aus dem sie schreibt; auch frOher schon
erschien: für meine PieUlt leide ich. Und ist dem fN)» bo
steht es also frei, wenn man das rationeller findet, fieret
zu sehreiben.
7. Dasz die siebente Epistel (DidO| 196 Verse) nicht
von Ovidius ist, konnte man auch, wenn es irgend nõthig
wäre, aus den bekannten Ovidischen Versen sehen Amor.
lly 18, 25 f.: scribimus . . . quodque tenens strictum Dido
miserabilis ensem dicat et Aeoliae Lesbis amica b/rae. On-
dius bezeichnet mit jenen Worten in qrmbolisch poetisehem
Ausdruck, dasz jenes sein Gedieht Didos letzte Worte ent-
halte, unmittelbar ehe sie sieh den Tod gab. Dies istaber
in der heutigen Heriüde nicht so. Diese setzt die Anwesen-
heit des Aeneas voraus und gibt es nicht auf ihn umiu-
stimmeu: sie bittet z. B. wenigstens sanftere Winde abza-
warten und versucht alle Gründe au&ubieteny die ihn noch
zur RQckkehr zu Dido bewegen kõnnten. Dies alles ist
jXm nicht von ihr gesagt in dem Augenblick, wo sie sich
mOS 80GSNAJNKTEN OVIDIgCHEK HEBOIDBII. CCXLHI
deH Tod geben wird, in dem sie flberhaupt deii Aeneas ttn
fäthts zu bittoiiy wol aber ihm viel zu sagen habea kõnAte,
sogar aaf die aehr nngewisse Mõgliehkeit dasz der Bri^
ihn jemais erreiehe, Vorwttrfe nemlich und PrcpheieiiUEigen.
Und in dem obigen Sinine steht aneh z. B. ganz dentlick
177—182:
pro meritis et ai qna tibi debebimns uhra,
pro spe coohigii tempora parva p et o:
dum freta mite«cunt et amor> dum tempore et U8«
fortiter edisco tristia posse pati.
ai minua, eat animus nobia effiindere vitam:
in me crudelia non potea esae dia.
Wenn nun hienach folgt 183:
aapicias utinam quae sit acribeatia imago :
acribimaa, et gremio Troicus ensia adeat
nsw. bifl znm SchluBZ 196, so ist das dn ganz unerträg-
iicher Zusatz, yeranlaszt durch die AnfangSYerse sic ubi
fata voeant, udis abiectus in herbis ad vada Maeandri eancinit
albus oloTt nee quia te nosira sperem prece posse moveri,
adloquor, welche nur in dem Sinne gemeint sein kõnnen:
'ich ftthle doch dasz es mein Schwanengesang ist' — veran-
laszt dnrch jene obige Stelle des Oridius, welche obendrein
wol geschmaeklos miszangewendet ist. Denn ' ich glaube
dasz der Ausdruck 'was Dido sagt das gezogene Schwert
haltend* zur Bežeichnung 'unmittelbar ehe sie dich tõdteu
wilF und ais poetisch symbolischer Ausdruck ttber rõmische
und Ovidische Dichtersprache nicht hinausgeht; dasz aber
die fõrmliche Präsentation des Bildes, dasz sie diesen gan*
zen Brief Hchreibt mit dem Schwerte auf d^n Schosz, ge-
schmaeklos ist und wol über Ovidius hinaus. Doeh, worauf
es uus eigentlich ankommt, die Verse 1183—1% passen
jedraÜAlls durchaus nicht zu der Situation in der sich die
Epistel bewegtf und passen lemer durchaus nioht zu den
munittelbar vorfaergehenden Versen. Allein auch die Venh
partie, welehe mit 182 schlieszt, ¥on 169 an: nota mihifretu
suni usw. paszt wieder durchaus nicht zu ihrer Vorpartie.
Denn unmittelbar vorher waren die Beschwõrungen aosge-
Q2
CCXLVI DIB BOGtKSAXWtKS OVWWCBEM
Das will auch 80 viel noeh nicht sagen: der Roek von
Thrftnen 8o schwer wie von Regen freilkh mehi, dan das
Briefpapier ihr in der Händ zittert gar nichtB. Die Uma-
lingliehkeit (um gdinde zu reden) diescfr Vene in sieh mag
besondens ins Auge Susen wem es etwa beifiele, andeni
genannten Uebelstftnden dadureh zn enigehen dasx er 145
bia 15(1 fftr Zosatz hielte. Wenn der Brief \m 76 geht, ao
enthAlt er, enva am Sf hlusz dee erston 'Alges der Verlassen-
heit gesehriebeu, ohne Erwartung einer Reltong die Sehil-
dening defn Erwacfaens und des yerzweiflungSYollen Yerlanfs
des ersten Ta^en. Daran geknflpft, von V. 59, die Anasieht
ihrer yerzweifelten Lage sogar fAr den gedachten Fail dass
elwa noch Mensoben landeten und ste fortführten. Und das
Wiedereinlenken auf den jetzigen Augenbliok, wo der Tod
sicher genug bevorsteht, oder — mit 81. 82 — wo der Tod,
sicher genug, nur noeb flbertroffen wird yon der Erwartung
des Tõdes, der in tausend Gestalten . vor ihre Phaatasie
tritt. Warum ist denn unter diesen tausend Sebreckgestaiten
nicbt die sicberste und unentfliebbarste — des Verbongems?
So wie sie anfing auf die verscbiedenen m^licben Weisen
des ibr drohenden Tõdes im einzelnen einzugehen, so
durfte, man mag die idealen Freibeiten der Foesie noeb so
weit ausdebnen, von einem naebdenkenden Dicbter dieses
nicbt unerwäbnt gelassen werden: dem sie docb zn steuem
keine Mittel batte wie Pbiloktetes, dessen Fabel daran er-
innem mag, wie poetiscb sicb dieses Moment verwertben
Iftszt. — Sollte man scbon bei dem dritton Verse des Biiefii
yuae (andere Lesart guam) legü ex illOj Theseu, tibi Htarf
mitio, unde tnam xine me rela tu/ere roiem anstoszen wollen
und fragen: icb scbicke dir — durcb wen? so dftrfte das
nicbt berecbtigt sein. Das 'gaae oder quam legü mitio iHri
liiore usw. braucbt wol nicbts zu bedeuten ais ein doad te — w
Sie wird die Scbilderung ibrer Lage in der kurzen Frist,
die ibr noeb bleibt, und getrieben der Bitterkeit ibres Ge-
fabls Ausdruek zu geben, ais einen Vorwurf für Tbeseus
binterlassen, selbst fttr den unsicbem Fail, ob der Brief ge-
fonden werden, ob er an Tbeseus gelangen wird.
DIE SQGSNANNTEN OYIDISCHSN HEBOIDBN. GCXLVn
Der meiner Heinun^ nach ursprttngliche Tfaeil des Brie*
fes Bcheint Ansprueh machen zu dttrfen, dasz man dnige
Unebenheiten durch Nachbessenmg hebe. So V. 19. 20:
nime hoc, nunc ilhic, et utroque sine ordine carro:
aita pnellares tardat harenapedes,
Ich meine:
nnnc hnc, nunc illnc, et utroque sine ordine curro :
nui la pnellares tardat harena pedes.
V. 65 — 68, woduroh ganz wider den bisherigen Styl cÜö^
selbe Saebe dreimal gesagt erseheint, aucb die Bezeiehnoiig
puero cogmta terra lovi ais ungehõrig and gesncbt äuffftllt;
darf man enteehieden für eingeschoben halten. V. 69 ist
ei pattr et iellus die richtige Lesart, nicht at pater —.Ob
man V. 81. 82, wie gesagt, nocb hinzunebmen will, kann
ftberlassen bleiben. Das Elend der Verse 76 — 79 liegt
offen. In den nftebsten der Interpolation zugeschriebenen
Versen klang mir die Elision guis sett an haec saevas ty/ri*
das msula habet? V. 86 befremdlicb. Viertel sagt mir,
im Ovidins fnm in gangbarer Weise zu sprechen) wenigstens
gebe es Elision in dieser vorletzten Sylbe des Pentameters
nnr zweimal, und beidemal mit e im Infinitiv: Trist. IV, 2,
54 resistere eguos. Pant. I, 8, 46 addere eguos. — Derselbe
bemerkt mir eine Beltenheit aus dem ursprflnglichen Theile,
Y. 27 ascendo: vires anhnus dabat, atgue ita läte: eine Elision
in der ersten KUrae des Dactylus im fttnften Fusze komme
bei Oy. nur in den Metamorphosen vor, und zwar blosz
atque ita V, 214. iile ego I, 757. (ergo ego VII, 172.) —
Ich will der Bemerkung hier nocb einen Platz geben dasz
in der ersten Hälfte acht Synalõphen sind, in der zweiten,
die sich uqs ais Zusatz aufgedrungen, gieich langen sind
drei Synalõphen. — Wenn ich aber dergleichen nirht un-
werth der Anftthrung halte ais Zugabe dringenderer Ver-
dachtsgrttnde aus den Sachen, so erinnere ich absichtlich,
dasz jene dringenden Verdachtsgrttnde fBr mich die ent-
scheidenden waren. Ich habe diesen Ariadnebrief nach lan-
ger Zeit und ohne meine frtthere Entscheidung im Gedftcht-
nisse zu haben jetzt wiedergelesen und bin ganz auf das-
CCXLVm DIB WOCKMäXKTEX €fWtmBCaEM
•elbe Efgdmis gtkommm. Der xweite TheQ des Briefes
iü fort md fort GeAhl und Vctvlud beleidigimd : er ist
seheofzlifh.
9. Sehr ins £ii^ geiogen mflesoi die Zeüveriiiltnisse
in der Deianira gedatht wetden» der nennten Epistel
(16S Verse». Man musz denken: ais das Gerflcht sieh ye^
breitet, Hercales liebe die lole (TgL Meiam. IX, 135— UO),
hat sie dem Hercules das giftige Gewand fibetselückt Ais
Ide anfekommen und durch ihie fibermlltluge Gegenwait
das GerAcbt zur Grewisheit gemacht und die Eifersaeht nea
anfgestachelty schreibt sie diesen Brief uur yoU yon den
Grefllhl ibm Vorwfirfe zu machen; der Gedanke der au er-
wmrtenden Wirkung des fibersendeten Gewaades, die eine
Wiedervereinigung erhoffen laszt, ist nicht Yorhanden. Jedra-
(alls zu groszer Bequemliehkeit eines zum Ausdruck feineier
gemischter Empfindungen gänzlich unbegabten Autors. Wfth-
rend des Schreibens kommt die Botsehaft, nein das Gerfleht
(145 j, wir woUen also sagen, es kommt ihr das Gerfleht la
— an dessen Wahrheit sie mit ihrem Bewusztseia keinen
Augenblick zweifeln kann — dasz Hercules, der das G^
wand nun angezogen, uuter den Qnalen desselben zu Grunde
gehe. Da wendet sich Zom und Eifersucht in Klage und
Verzweiflung über ihre That, mit der Erwartung, diese
Rechtfertigung werde wol anch noch tot die Augen des
lebenden Hercules kommen. Was wir um so wenigw be-
denklich findeu wollen, weil allerdings gerade hier schcm
das griechisclie Drama die Zeitverhältnisse poetisch aqfU-
lend zusammengerlickt hat. Ob man überhaupt fragen
ddrfte, warum sie den Hercules denn auch jetzt noch die
ganze Abkanzelung will genieszen lassen, weisz ich nioht
Bei dem Yerfasser, der diese vorliegende schrieb/ darf man
es gewis nicht. Ich finde keinen einigermaszen entsehd-
denden Grund, dasz der ursprUngliche Brief nur eben bis
zu den Worten gegangen 133 — 136:
Eurytidosque loles atque Aonii Alcidae
tnrpfa famoeus corpora iunget Hymen.
L
DIB 80GBNANKTEN OVIDISCHEK HIOeOIDEH. CCXLIX
mens fngit admonitii, frigusqae peranbulat artns,
et iaeet in gremio laogui^^ facta maaos,
80 8ehr dies nach einem SoUusz aussehen kõnnte. Die
Uebeigangsyene, munentlich 137. 138, mflssen ganz und
gar ruiniert sein oder die ursprtkiglichen, die doch nõthig
waren, dttrch ansiimige ersetzt.
Gewis ist, diese Epistel der Deianirft ist in derganzen
Sammlung eine der widerwärtigsten, eine sohwer geladene,
jedes Hauchs Ton Grazie, jeder wirklichen Leidenschaft ent^
behrende — es ist wol das richtige Wort — Abkanzelung.
Um etwas Einzelnes zu bertthren, wamm ist sie^ denn am
Anfang so sehr erstannt, dasz Hercules," den keine Gefalir
besiegt, von der Liebe besiegt worden, ais sei dies etwas
ganz Nenes, w&hrend sie doeh das LeporeHoregister, und
aus der Zeit ihrer Ehe, sehr wol inne hat und es aufroUt
y. 49 ff.? Aber bei alle dem kann ich nicht glauben, dasz
die ganze Schilderung des Hercules bei der Omphale, wie
sie jetzt hier steht, anders ais durch Interpolation, welche
die Anlage noch Ubertyrannte, in diese Gestalt gekommen
sei statt des ursprttnglichien Fortgangs 64. 103. 104. 145 ff.
So absichtlich und im prägnanten Sinne g>0QTixMg wird da
auf den schon vollen Wagen noch alles Schwerfälligste hin-
aufgeworfen, der Diomedes mit seinen Pferden sogar zwei-
mal, 67^ 90. Der Cerberus, der doch schon oben nicht ver-
gessen war (37), kommt auch wieder 92. Das Schlangen-
erdrttcken in der Wiege 22, hier wieder 86. Was 105 sagt,
besagte schon 84. Dasz der Verlasser dieses Briefs die Er-
zShlung im 9. Buche der Metamorphosen gelesen hat, zeigt
sich wol, aber meist in angehafteten Kleinigkeiten des Aus-
dmcks, so dasz die Naohahmung mehr gemieden ^Is gesud^t
soheint. Im Saohlichen ist wol am aufEiEdlendsten der Meleager
in der Nachschrift, V. 151, verglichen mit Met. IX, 150.
Allein die Art wie in der Fartie, die wir jetzt bespreCiben,
der dreikopfige Geryon zusammen mit dem dreikdpfigen
Cerberus genannt wird, 91 ff., wie gerade hier Busiris und
Antäos berangezogen werden, 69 ff., darf man wol grõbli^he
Nachahmung nennen. — Y. 73 ist Ars am. II, 21 9«
CCL DU SOaSNAKNTEN OVIDISCHEK
:i;i''»
Was das Postscriptum betrifflt, so ist Aer ganse Gledanke
läppisch, und wo mõglich noch Iftppischer ist die Augfflhmiig,
wie sie Brief schreibend mit einem Male Strophen dÜchtet
Es mag wol derselbe sein^ der, ala er von Aafang in lor-
niger Leidenschaft aufzutreten hatte, einhertappte wie tbk
Bär, der jetzt, da ihm so etwas vorschwdit wie Liebesweb,
sich wieder nicht zn benehmen weisz und aich eine ftnszere
Formzierlicbkeit anlegt, ttbrigens doeh gltieh wieder in die
Thatsaehen der Mythologie fftllt. Und es mag scben sein,
dass gerade ein Stttck wie dieses gar sehr den BeifaU
jener rõmischen yomehmen Herren gewinnen konnte, deren
Gescbmack Phyllidas Hypsipylaa vatum ei plorabUe si guid
BO sehr in Ehren hielt. Wir woUen sie nicht zu hart be-
urtheilen. Habeh wir uns selbst ja mit diesen Heroiden hin-
reiehend blamiert
10. Dasz Phädra, Paris und Helena durch und durch
Ton Interpolationen und Erweiterungen durchzogen sind,
scheint offenbar. Die Erwägungen im einzelnen und die
Herbeiführung einiger Sicherheit wird die grõszten Schwierig-
keiten haben, auch fttr den der sich mehr zutrauen darf ais
ich und der in der Lage ist auf diesem Gebiete anhaltender
zu verweilen. Zur Medea will ich noch ein paar Bemer-
kungen festhalten. Medea beginnt die zwõlfte Epistel:
At tibi Colchorum — memiiii — r^oa vacari,
ars mea cum peteres ut tibi ferret opem.
'leh aher habe doch für dich Zeit gehabt* — also sie hat
den lason zu sich entbieten lassen und er sich entschnldigt
mit Oeschfiften. Es war dies geschehen, naehdem rtnige
(169), nicht gar lange (188) Zeit nach der Hoehzeit lasons
vergangen war. Was aber verlangt sie da von ihm? reJie
torum — 193. Er soil Creusa wieder verstoszen und sie
selbst zurflcknehmen. Das ist unsinnig. Ob es ursprlingUeh
ist? Das Frflhere scheint auf diesen Gedanken nicht gear-
beitet. Und die Beschaffenheit der Yerse schon ron 169
fordert die gröszten Bedenken heraus. Der sehwSchlicbe
Ausdruck des bloszen non mihi grata dies und das schwieh-
DIE SOeBKAKKTEH OVIDISCHEV HIOKOIDBK. CCLI
liehe Zarttekgehen zu dem Nichtochlafenkonnen nach dem
enei^schen Torangegangenen unum non potui perdõmuisse
virum und non valeo Jlammas ejfugere ipsa meas nebst dem
nachhinkend kommeaden Draohen und dem ungeschickten
Aosdrack in Y. ITl^ffttlt mir jedesmal mif. Ebenso nach
dem Beiwort stuUae das Bchwftchliche Beiwort iniustis auribus.
Dann die Gliederung des fdr sich eintretenden Pentameters
178 nach den drei zusammen Terbundenen Yersen musz
wenigstens beachtet werden (vgl. aher Y. 62). Höchst auf-
fallend ist dasz sie 180 sagt flebit et ardores vmcet adus ta
meos in reiner unbesonnener Yeigeszliehkeit, ais ob sie
schon den Plan gefaszt die Braut zu verbrennen, während
sie ja noeh gar nicht wdsz welche Art des Yerderbens sie
wählen wird, 181. 207 S. Sodann die Yerse 189. 190, ais
ob sie die Kinder blosz deshalb weil sie dem lason ähnlich
sind liebt und bemitleidet und vor derWuth der Stiefmutter
geschtttzt wissen mõehte. Was an imd für sich und nach
188 saeviet in partus dira noverca meos ganz wunderlich
und unerwartet isi. V. 192 per meritum et natos pignora
nostra duos doch ganz ungeschickt nach dem eben Voran-
gegangenen, ais ob die nati nun erst aufträten. Y. 159
adde Jidem dictis auariliumque refer, Wenn das redde torum
1 93 unsinnig ist,~ so ist dieser Zusatz 'und erf&lle damit das
mir gegebene Yersprechen, dasz ich deine Frau sein solf
wahrlieh nicht sinnig. Y. 202: wenn er ihr das goldene
Fell zurttckgibt; dann isfs gut. Ich wdszte nicht dasz der
Torangehende Bestand des Briefs dem Gleiches böte, nament-
lich auch diesen zuletzt bemerkten Punkten Gleiches. Und
T<m dem allem hat eine wiederholte Betrachtung nor abge*
zogen, dasz die Yerse 187 — 190 auch dem nicht gehõrem
der sie, nachdmi ihr Zom zu einer Hõbe gelangt, noeh die
Verae von 180 an sprechen liesz, sondem wieder eine
Interpolation fÜr sich sind. Die Worte per superos oro
osw. schlieszen sich ersichtlich an 186 nec moror ante tuos
procubuisse pedes. Und dann dasz das Adjectiv iniustis
unter allen Umständen eher verdorben sein wird, z. B. statt
infestis. Aher alles Uebrige musz ich immer wieder festhalten
CCLn DIB SOOElf AKIITEN OVIDIBCHEIT BBBOIDBK.
und halte, wenn man das Mdgliehste zugibt, fitar dm nr.
gprflnglichen Bchlu8z Folgendes:
163 serpentes igitnr potni taurosqne fureotes,
anum non potui perdomuisse vimm?*)
165 qaaeqne fer«6 pepnli doctis medicatibiis ignes,
non valeo flammaa effagere ipsa meas ?
ipsi me cantus herbaeque artesque relinqaant:
nii dea, nii Hecates sacra potentis agont.
173 quoB ego senraTi paelex amplectitor aitas,
et noBtri fructus illa laboris habet.
175 forsitan et, stultae dum te iactare maritae
quaeris et infestis auribus apta loqoi,
in faciem moresque meos nõva erimina fingas.
rideat et vitiis laeta sit illa meis?
181 dnm ferrum flammaeqne aderont sncosque veneni,
bostis Medeae nullos inoltus erit
209 quo feret ira, sequar.**) facti fortasae pigebit.
et piget infido cousuluisse viro.
viderit ista deus qui nunc mea pectora versat.
nescio quid certe mens mea maius agit.
In dem vorhergehenden Theil des Briefes sind Inteipo-
lationen zuerst V. 11. 12. Ferner 53. 54 Bteht:
quam tibi tunc longe regnom dotale Creusae
et socer et magni nata Creontis erant!
und wieder steht 103, abschlieszend die zweite An&flUung
der Gefahren, welcfae hier, ganz anders wie oben, sehr aof-
fallend nach Met. Vn, 1 34 gearbeitet ist^ aucli das agpM egB
pallida sedi, dort ipsa quoque . . palltdt^
dotis opes ubi erant? ubi erat tibi regia conianx
quiqoe maris gemini distinet Isthmos aquas?
Beide Distichen zusammen kõnnen nicht bestehen; eines
musz weichen. Und vielleicht deutet ihre sonderbare Stel-
lung nocfa auf etwas Weiteres. Mit der grõsiten Sicherheit
sind sodann Y. 115 — 127 in Gedanken und Styl und Roh-
heit der Sache barbariscb und ganz aus dem bisberigen
*) Ygl. Tib. n, I, 72 fixisse puellas gestit et attdaces perämmuiu
viros,
**) Vf^- Sen. Med, 942 ira guo duett sequar.
MB SOGEIIANNTEN OVIDISCHEN HEBOIDSIf. CCLUI
Tone henuagdhend. Aber schon von dem Aosdruek 111
frirginäas Jkcta ett pereärini praeda latronü mu8z ieh das
sagen and das Distichon 111. 112 auch fttr nioht ursprQng^
lich halten. Solch roher Ausdruck über lason ist nicht ge-
geb6ii. Bis Y. 134 drückt sie sich nicht einmal über ihn
xomig aos. Und nur die genannten Yerse wftm es, nach
welcben man das
iussa domo cessi, natis oomitata doobus
et qui me sequitur semper amore tui
y. 136 frappierend finden müszte. Von da an^ wo sie an
den Punkt gekommen, dasz er nicht nnr sie aus seinem
Hause entfemt, sondem sich mit ein^ andem vennählt hat,
und unter den Bildern der ganz kürzlich vollzogenen Hoch-
zeit erwacht ifar Zlorn und ihr Rach^efühl.
Der erste Autor wie die Nacharbeiter kennen Ovidius
wie Seneca gleich gut 116 sie egOy sed tecum, däaceranda
fui ist nach dem Yers der Amoren UI, 1 4, 40 tunc ego, sed
iecum^ mortuus esse velim. Und doch ist YieUeicht hier dem-
jenigen^ dem diese wirklich besonders sohlechten Yerse ge-
hõren/ etwas begegnet, was vielleicht dem ursprtlngliohen
Autor nicht begegnet wäre. 121 heiszt nemlich (nach MeL
XY; 338 undarum sparsas Symplegadas elisarum) eompressos
utinam Symplegades elisissent. Nach meiner Reminiscenz
(und Yiertel bestätigt mir dasz sie richtig ist) hat der ele-
gische Hexameter weder in den Heroiden noch im Ovidius
andere Spondiaci ais mit Nomen proprium, meist griechischem.
Das virginitas facta est peregrini praeda latronis ist nach
Sen. Med. 973 rapla virginitas redit. Aber auch der vor-
hergehende echte Yers 110 proditus est genitor, regnum pa-
triamque reliqui, munus in exilio quodliiet esse tuli ist nach
Sen. Med, 493^ wie schon Burmann angemerkt hat, poenam
putabam, munus, ut video, est Juga. Ich glaube aber dasz
die eigentliche Lesart war munus et exilium quodlibet esse
tuli. Ygl. noch YQ, 168 dum tua sit Dido, quidlibet esse
Jeret. — Dasz in dem, wie mir schien, eingesetzten Stück
am Schlusz Y. 205 nach Trist. Y, 9, 20 ist und Y. 207 quos
equidem actutum nach Mel, III, 557 quem quidem ego actutum,
CCUV BIE SOGKNAKMTEN OVIDI8GHSH HEMMDBE.
ist bei den Herausgebem m sehen. Nadi 136 vor den
ui subäo nostrng ügmen cantatus ad mitrm vemii gtõflrt Bisn
8ehr an. Es fehlt dnrchaus der Gedanke: 'da aber kam
deine neue Ehe.'
Bei Gelegenheit des ui subito xmw.f wo drei Diatiebei
zu einem syntaktisehen Ganzen verbimdea mnd und aelbit
das Nachsatzverbum erst im dritten Distichon kommt, sei
erinnert, dasz oben V. 13, wo die Fonn der Verbindiug
zwar immer weniger streng w&re and daa erste Nachsatz-
verbum schon in der dritten Zeile eintrftte, sie aber flber-
haupt wol nicht stattfindet, sondem hinter boum mit stir-
kerer Interpunction , einem Ausrofiingszeichen, schon abRh
schlieszen wäre. Eine Statistik solcher sechszeiligen Ver-
bindungen wäre sehr wfinschenswerth. Ich finde daaz ieh
einmal aus den Amoren die Stellen angemerkt, und ist mir
nicht etwas entgangen, so sind es nur folgende: I, 3, 7. 11,
16, 33. — II, 9, 1. n, 11, 1. Ihr Bau ist interessant
Und hiermit schliesze ich diese Betrachttingen. Mdchte
ein schärfer Blickender weiter gehen. Mõge aaeh ein jftn-
gerer Mann uns einen Ovidius sui imitator geben, was er
allerdings ist, und daneben Pseudo-Ovidiorum tmišatianet.
Der Unterschied wttrde.schon auch da in die Augen springen.
Berichtigungen.
8. XVI Z. U fttr 3, 69 1. 4, 59.
8. XXYm anten: Jupiter hat mit Unwetter — Ich finde dieses BicM
deutlich genug ausgedrückt and bitte so zu lesen: Jupiter hat
mit Unwetter die Stadt geschreckt, er hat die Yölker geschreckt
(fOrchten gemacht), es möchte eine Deukalionische Ueberschwem-
mung hereinbrechen. „Sahen wir ja*' oder „und so sahen wir*'
oder .jdenn wir sahen'* den Tiber die R^gia und den Vestatempel
bedrohen. Wobei auch sehr zu beachten, dass offenbar daa
Hauptgewicht gar nicht auf die Ueberschwemmung fUlt, sondem
auf die Bedrohung der die Grosse und den Bestand von Bom ver-
bürgenden Stätten.
8. XLI, 12 dur Lied 1. durch Lied auf Lied.
8. CXLI, 9 Mäcius 1. Trebatius.
8. CLXXXIV Z. 15 V. 0. 1. mir st nur.
8. CC Z. tl V. 0. 1. Wölk st. Völck.
8. CCIV Z. 18 y. u- 1. excitari und refringit st. exercitari und
refingit.
8. 9 unter dem Text: urget. urit. 1. urget Jul. Scaliger. urit.
8. 46 hinzuzufügen unter dem Text : 1 1 Ueberlieferung flumen et regnata
petam Laconi.
a. HORATIUS FLACCÜS.
Q. HORATII FLACCI
CARMINUM
LIBER PRIMÜ8.
I.
Maecenas atavig edite regibus,
o et praesidium et dulce decus meum,
Runt quos cumculo pulverem Olympicum
collegiöse iuvat, metaque fervidis
5 evitata rotis palmaque nobilis
terrarum dominos evehit ad deos:
hunc, gi mobilium turba Quiritium
certat tergeminis tollere honoribus;
illum, si proprio condidit horreo
10 quidquid de Libycis verritur areis.
gaudentem patrios findere sarculo
agros Ättalicis condicionibus
numquam demoveas, ut trabe Cypria
Myrtoum pavidus nauta secet mare.
15 luctantem Icariis fluctibus Afrieum
mercator metuens otium et oppidi
laudat tuta sui: mex reficit rätis
quassas; indocilis pauperiem pati.
est qui nec veteris pocula Massici
20 nec partem solido demere de die
18 tuta. B nach Acidalius. rura.
I Q. UOIiATII FLACCI
Hpernit, niine vindi uicnibra sub arbato
Htratiifl, nunc ad aquae lene caput saerae.
niult<>8 castra iuvant et lituo tubae
pcrniixtu8 HonitiiA t)ellaque luatribus
r> detestata. manet 8ub love frigido
vcnator tencrae coniugi» inniemor,
Hcu vi»a est catulifl (^eira fidelibiu^
tteu ru])it terete» ^farsun aper plagas.
ine doetarum hederae praeinia frontium
'M) A\H luiscent superig, me gelidum nemus
nyuiphammque leves cum satyris chori
seceniunt populo, dum neqne tiblas
Euterjje coliibet ncc Polvlijninia
Lesboum refugit tendere barbiton.
.''•5 quod si me lyricis vatibus inseres,
sublimi feriam sidera vertie^.
II.
lam aatis terris uivis atque dirae
«grandi nis misit pater et rubento
dextera flaeras iaeulatus arcis
terruit urbeni,
5 terruit gentis, grave ne rediret
saeculum Pyrrbae nõva monstra quc^tac,
omne cum Proteu8 pecus egit altos
vi^ere montis.
pii»eium et Aumma genm baenit ulmo,
10 nota quae sedcs fuerat columbis,
as dom. 8i.
CARMINÜM LIB. I. % 5
;>
et superiecto pavidae natarunt
aequore dammae.
vidimus flavum Tiberim retortig
litore Etrusco violenter undis
t5 ire deiectum monumenta regis
templaque Vestae,
Iliae dum se nimium querenti
iactat ultorem, vagus et sinistra
labitiir ripa love non probante u-
20 xoriiig amniR.
audiet civis acuisHe fcrrum,
quo graves Persae melius perirent,
audiet pugnas vitio parentum
rara iuveiitus.
25 quem vocet divum populus ruentis
imperi rebus? prece qua fatigent
virgines sanctae minus audientem
carmina Vestam?
cui dabit partis scelus expiandi
30 luppiter? tandem venias precamur
nube candentis humeros amictus^
augur Apollo:
sive tu maviS; Erycina ridens,
quam locus cireum volat et Cupido :
35 sive neglectum genus et nepotes
respicis auetor
heu nimis longo satiate ludo,
quem iuvat clamor galeaeque leves^
acer et Marsi peditis cruentum
40 yoltus in hostem.
4> a HORATII FLACCI
sire mutata iuvcnein figura
alcfl in tcrris imitariS; alinae
filius Maiae patiens voeari
Caesaris ultor,
45 8eru8 in caelum redeas diuque
laetus intersis populo Quiriui,
neve te nogtris vitiis iniquum
ocior aura
toUat. hic magnos potius triumphos,
ro liic ame« dici pater atque princeps,
neu sinas Medos equitare inultos
te duce, Caesar.
lam satis terris nivis atque dirae
grandinis misit pater et rubente
dextera sacras iaeulatus arces
terruit urbem.
13 vidimus fiavuni Tiberim retortis
litore Etrusco violenter undis
ire deiectum monumenta regis
templaque casta.
25 quem vocet divum populus ruentis
imperi rebus? prece (lua fatigent
virgines sanctae minus audientcm
caimina Vestam?
•29 cui dabit partes scelus expiaudi ■
luppiter? tandem venias precamur
luee eandentes umeros amictus
augur Ai)<)llo;
10 rästa. Ycstao. 31 luce. niibe.
CARMINÜM LIB. I. 2\ 3.
3 sive tu niavis, Erycina ridens,
quam locus circum volat et Cupido:
sive ueglectum genus et nepotes
respicis auctor.
t sive mutata iuvenem figuxa
ales in terris imitariS; almae
filiuB Maiae patiens vocari
Caesaris ultor,
5 serus in coelum rcdeas diuque
laetiis intersis populo Quirini,
neve te nostris vitiis iniquum
ocior aura
9 toUat. hic magnos potius triumphoS;
hic ames dici pater atque princeps,
neu sinas Medos equitare inultos
arva negata.
III.
Sic te diva potens Cypri,
sic fratres Helenae^ lucida sidera,
ventorumque regat pater
obstrictis aliis i>raeter lapyga,
5 navis; quae tibi creditum
debes Vergilium! finibus Attieis
reddas ineolumem precor
' et serves animae ^midium meae.
illi robur et aes triplex
10 eirca peetus erat, qui fragilem truci
conmisit pelago ratem
primuS; nec timuit praeeipitem Africum
52 arva negata. te duce Caesar.
S a HORATII FLICCI
(Iceertantcm aquilonibus,
nec tristCH hyadas, nec rabiem noti,
15 (luo noil arbiter Hadriae
raaior, tollere »eu ponere volt freta.
quein mortis Hmiiit gmänm,
qui siecis ooiilis monstra natantia,
qui vidit mare tiirbidum et
20 infamis !*copulos Aeroceraunia ?
nequiqiuun deuH abgcndit
prudens Oeeano dissooiabili
terras, »\ tameii inpiae
non tangenda rates tran^iliimt vada.
25 audax omuia pcrpeti
gens hiimaua niit per vetitum in nefas.
audax lapeti genus
ignem fraude maia gentibus intulit.
post igncni aetheria domo
30 subdnctiini macieä et nõva febrinm
terris ineubuit cohors,
semotiqne priuR tarda necessifas
leti corripuit gradiim.
expertus vacuum Daedalus aera
35 pennis*non homini datis;
pemipit Aeheronta Hereuleiis labor.
nii mortalibug ardui eet:
eaelum ipsum petimus stultitia, neque
per nostrum patimur seelus
40 iracunda loveni ponere fnlmina.
26 Yetitom in neflEts. vetitum nefas.
CARHINIJM LIB. I. 4. 5.
IV.
Solvitur aeriö hiems grata vice verie et favoni,
trahuntque siccas machinac carina»;
ae nequc iam gtabulis gaudet pecus aut arator igni,
nec prata canis albicant pruinis.
r> iam Cytherea choros ducit levis inminente luna,
iunetaeque nymphis gratiae decentes
altemo terram quatiunt pede, dum graves cyelopum
Volcanus ardeuB urget officinas.
nune decet aut vindi nitidum caput inpedire myrto,
10 aut flore, terrae quem ferunt solutae;
nunc et in umbrosis Fauno dec^t inmolare lucis,
0eu poscat agua sive malit haedo.
pallida Mors aequo pulsat pede pauperum tabemas
regumque turris, o beate Sesti,
15 vitae summa brevis spem nos vetat incohare longam.
iam te manet nox fabulaeque manes,
et domus exilis Plutonia. quo simul mearis,
nec regna vini sortiere talis,
nec tenerum Lycidan mirabere, quo calet inventus
20 nunc omnis et mox virgines tepebunt.
V.
Quis muita gracilis te puer in rosa
perfusus liquidis urguet odoribus
grato, Pyrrha, sub antro?
cui flavam religas comami
5 levis. VenuB. S. urget. nrit. 16 manet. prcmet
10 Q. KK^RATII FLACa
tk niiiiplox nunulitÜM? keu quotiens fidem
iiiiitatoNqiio (lof)H flobit et a^fiera
iiiKiiN iuM|norn vontifl
««iiiiiiilutur inH«)lon}«.
i\\\\ uuuo lo fnntur oredulus aurea,
i«t i|m noiupor >iuMi:un, ficniper amabflem
(«potAl. lUMioiuH luirao
(iillii%)^ luUori. (piibuH
tutoiuptiUti uiiOH, mo tabula sacer
\ oli Ml juitiOM indioHt uvida
I ' ill>i|iiv|uhan0 polouti
U^fvllMIOUtll nuuMM \loo.
VI.
iSoiihiMiN Vtiiio forliM ot koHtium
^ tolm , Miioonii oanuiuiM niiti,
iiiuiiii roni oiiin(|uo fon»x nnvibus aut equis
lil il ON !o il noo jcoHHorit.
& iii»H, A^M'i|i|Mi. noipio hueo dicorOi nec grarein
IN^lidiio Nri>ninohHni oodcro uosciiy
liro oiirHiirt (liipliriH por luaro IJlixei,
itiM' Nao\ illil PrlitpiM doninm
niimniiir, tt*iiiioK ^n*aiulia, dum pudor
lü iiibtillirtipio 1)1110 iiiUHa potcns vetat
laihlt^H o;;rop:ii (-aoHarJM ot tunH
rulpa lU^ton^ro iiij^^oni.
i|uiH Martoin tunioa toetuni adamantina
lÜKUu HorlpHorit, aut pulvore Troico
\k iilfcrum Morioaeuy aut ope Palladis
Tydldoti Huporis parem?
% alitl Puieratiufl. alite.
CARMIKUM LIB. 1. 6. 7. 11
no8 conviWa, nos proelia virginum
sectis in iuvenes unguibus aerium
cantamus vacui, nos deeet Euhium
> plectro ludere Teio.
VII.
Laudabunt alii claram Rhodon aut Mityleneu
aut Epheson bimarisve Corinthi
moenia, vel Baccho Thebas vel Apolline Delphos
insignis, aut Thessala Tempe;
• Bunt quibus unum opus est intactae Falladis urbem
carmine perpetuo celebrare et
undique decerptam fronti praeponere olivam;
phirimus in lunonis honore
aptum dieet equis Argos ditisque Mycenas.
I me neque tarn patiens Laeedaemon
nec tam Larisae percussit campus opimae
quam domus Albuneae resonantis
et praoceps Anio ae Tibumi lucus et uda
mobilibus pomaria rivis.
albus ut obscuro deterget nubila caelo
• saepe notus neque parturit imbris
perpetuo, sic tu sapiens finire memento
tristitiam vitaeque labores
molliy PlancOy mero, seu te fulgentia signis
I castra tenent seu densa tenebit
Tiburis umbra tui. Teueer Salamina patremque
cnm fugeret, tamen uda Lyaeo
t9. 20. Ueberlicfenuig: caatamus vaeni sire qoid urimor non prae-
tcr solitum Icves.
12 Q. H0RAT1I FLACa
temjHira i>4»pulea fertur vinxisse corona,
sic trititi» adfatiiH amic^MK:
25 'qiio mm ciiniqiie feret melior fortuna parente,
ibimug, o gocii comitesque.
nii defüperandiim <Iivo dnce et aavpice Phoebo:
certu8 enim primiinit Aih>I1o
ambiguam tellure nõva Salamina futumn.
^t o forte» peioitujne [lassi
mecum saefie viri, nunc vino pellite curas:
cran ingcnR iterabiinuB aerjuor.*
vir. 1.
Laudabnnt alii claram Bhodon aut Mitylenen
aut Plphenon bimariBve Corinthi
moenia vel Bacho Thebas vel ApoUine Delphos
infAgn&if aut The^sala Tempe
10. 12 me domus Albuneae lesonantis
et praecepB Anio ae Tiburiii lucus et uda
modilibu9 pomaria rivis
vir, 2.
Indulgere iuvat diris sub peetore curis?
laeta dei solacia quaere!
14 albus nt obecuro deterget nubila caelo
Baepe notus neque parturit imbris
21 dÜT*. Teocro und Teocri. — Die beiden Yeme .^bdolgere
foaere^' Eigftiuroiig des Heraosgebers.
CARMINUM LIB. 1. 7. 8. 9. 13
perpetuO; sic tu sapiens finire memento
tristitiam vnd so weiter bis surn Schluss.
VIII.
Lydia, dic, per omnis
te deos oro, Sybarin cur properes amando
perdere. cur apricum
odit et campum patiens pulveris atque solis?
b cur neque militaris
inter aequalis equitat, Gallica nec lupatis
temperat ora frenis?
cur timet flavum Tiberim tangere? cur olivum
sanguine viperino
) cautius vitat; neque iam livida gestat armis
bracchia; saepe disco,
saepe trans finem iaculo nobilis expedito?
quid latet ut marinae
filium dicunt Thetidis sub lacrimDsa Troiae
► funera, ne virilis
cultus in caedem et Lycias proriperet eatervas?
IX.
Yides ut aita st^t nive candidum
Soracte, nec iam sustineant onus
silvae laborantes, geluque
flumina constiterint acuto?
disflolve frigus ligna super foco
large reponens; atque benignius
4 odit et. oderit
1 1 VI. H*>EATn FlACa
•'-:prme •^^i^Aiimum Sabina.
• Tnalianrhe. menim liiota.
Ifermitte dirU eeteni: qai simal
!0 j»travere ventos aequore fenrido
deproeliantU. nec cupre&si
uec vetere* airitautur omi.
rjiiid ait fiitunim eras fuge quaerere. ei
queu sur» dierum cumque dabit luero
15 adponC; nec dulcis amores
speme puer neque tii choreas.
donec vi renti canities abest
inorosa. nune et eampus et areae
lenenque sub ni»ctem susuni
^> cnnpogita repetantur bora,
nunc et latentis proditnr intimo
^ratus puellae risus ab angulo
pi^usque dereiitum lacertis
aut di^to male pertinaei.
X.
Wahrscheinlich unvollstandig.
Mereuri, faeunde nepos Atlantis,
qui feros cultus hominum receutum
Toce formaati eatus et decorae
more palaestrae,
CARMINUM LIB. L 10. 11. 15
te canam, magni lovis et deorum
nuntium curvaeque lyrae parenteni;
callidum quidquid placuit iocoso
condere furto.
te boves olim nisi reddidisses
) per dolum amotas, puerum minaci
voce dum terret, viduug pharetra
risit Apollo.
quin et Atridas duce te superbos
Ilio dives Priamus relieta
j Thessalosque ignia et iniqua Troiae
castra fefellit.
tu pias laeti» animas reponis
sedibus virgaque levem coercea
aurea turbam, superis deorum
9 gratus et iinis.
XL
Tu ne quaesieris (seire neias) qneai mihi, quem tibi
finem di dederint, Leuoonoe, nec Babylonios
temptaris numeros. utilius, quidquid ent, patil
seu pluris hiemes seu tribuit luppiter ultimam
5 quae nune oppositis debilitat pumicibus mare
Tyrrhenum. sapias ! vina liques et spatio brevi
spem longam reseces. dum loquimur, fugerit invida
aetas: carpe diem, quam minimum credula postero.
3 ntilias. nt melios.
16
a HORATII JfLAOOI
xn.
Quem viriim aut heroa lyra vel acri
tibia Bumicl celebrare. CIio?
quem deum? euius reeinct iocosa
nomen imago
h aut in umbnMis Helicouis oris,
aut 8U])er Pindo, gelidove in Haemo,
unde vocalem temere iiiüecutae
Oq>hea mlvae,
arte nintcnia rapidos iiiorantcm
to fluminum lapsus celeresque ventos,
blandum cfauritas fidibus canoris
ducere quercus.
(juid prius dicam solitis parentis
laudibus, qui res homiuum ae deorum,
15 qui mare ae terras yariisque muudum
temperat horis?
unde nii maius generatur ipso
nee viget qnioqoam simile aut seeondum:
proximog illi tamen oecupaTit
20 Fallas hon(»re8,
proeliis audax. neqae te silebo,
Liber, et saevis inimiea Tirgo
belnis, nee te, metuende certa
Phoebe sagitta.
25 dicam et Alcideoi puerosque Ledae,
hune equisy illum superare pugnis
nobilem; quonun. aimul alba nautis
stella rofalait,
CARMINTTM LIB. I. 12. 17
defluit saxis agitatus umor,
) concidiint venti fugiuntque nubes,
et minaj; quod sic voluere, ponto
unda recumbit.
Romulum post hos prius, au quietum
Pompili reguum memorem, au superbos
» Tarquini fascis dubito au Catonis
uobile letiun.
Kegulum et Scauros animaeque magnae
prodigiim Paullum superante Poeuo
gratus insigni referam camena
) Fabriciumque.
hune et incomptis Curium capillis
utilem bello tulit et Camillum
saueta paupertas et avitus arto
eum lare fuudus.
> crescit oeculto velut arbor aevo
fama MarcelHs; micat iuter omnis
lulium sidus velut inter ignis
luua miuores.
gentis humauae pater atque custos,
> orte Saturno, tibi eura magni
Caesaris fatis data: tu sccuudo
Caesare regnes.
iile seu Parthos Latio inminentis
egerit iusto domitos triumpho,
> sire subiectos Orieutis orae
Seras et Indos,
43 sancta und arto B. saeva und apto. 46 MarceHis Peerlk Mar-
celli.
Lkhks, Horatins. ^
18 0. HORATII FLACCI
te minor latum reget aequus orbem;.
tii gravi cumi quaties Olympum,
tu panim castis inimica mittes
60 fuimina lucis.
XII".
Quem virum aut heroa lyra vel acri
tibia sumam celebrare Clio?
quem deum? cuius reeinet ioeoga
nomen imago?
13 quid prius dicam solitis parentis
laudibus, qui res hominum ae dcorum,.
15 qui mare ae terras variisque muudum
temperat horis?
unde nii maius generatur ipso
nee viget quiequam simile aut seeundum:.
proximos illi tamen occupavit
20 Pallas honores,
proeliis audax. neque te silebo,
Liber, et saevis inimica virgo
beluis; nec te, metuende eerta
Phoebe sagitta.
25 dicam et Älciden puerosque Ledae^
hunc equis, illum superare pugnis
nobilem: quorum simul alba nautis
stella refulsit,
defluit saxis agitatus umor,
30 coneidunt venti fugiuntque nubes,
et minax, quod gic voluere; ponto
unda recumbit.
CARHINUM LIB. I. \2\ 13. 19
>
Romulum post Iios prius an quietum
Pompili re^um memorem an superbos
Fabrici fascis dubito an Catonis
nobile letum.
luuc et iucomptis Gurium capillig
utilem bello tulit et Gamillum
sancta paupertas et avitas arto
cum lare fundus.
erescit occulto velut arbor aevo
fama MarcelUs; micat inter omnis
lulium sidus velut inter ignis
luna minores.
. 1/. s. ir.
xin.
Cum tu, Lydia, Telephi
cervicem roseam, lactea Telephi
laudas bracchia, vae meum
fervens difficili bile tumet iecur.
» tum nec mens mihi nec color
eerta sede manet; umor et in genas
furtim labitur, arguens
quam lentis penitus macerer ignibus.
2*
i*' Q IIORATII TLACCI
::r>»r. sou tihi cnnilidrMA
rarpuruut uineros ininodieae niero
:'"\:u\ sive jmor furciis
iiiprossit lueinnroin «Icnte Inhris uotam.
iioiu si me natis aiulias,
<porcs perpetiium rtulcia barbaro
i:» laoilentem oscula qiiae Veiius
4uinta parte mi nektaris iinbuit.
tVIicoH tor et ainplius
«lium iuriipta tenet copula uee malis
<Uvol.siiM qucriinoiiÜH
•.»» supreina ritiiia solvet amor die.
K
XIV.
O navis, referent iii inare te novi
Hiictus. o quid a^'is? fortiter oeeupa
portuni. iioiine vides ut
uiidum renii^o latiis
et maius celeri Haucius Africo
aiiteniiaeque gemant ae sine funibus
vix durare earinae
poHMiut imperioHius
iioquorV iion tibi suut integra lintea,
|M iioii (li quog iteriim pressa voc^s malo.
ipmiiiviH Pontica pinus,
uil vae filia nolnlis,
\»4'.U'M et ^enus et nomen inutile,
lill pictiN timidus narita pupjnbus
h Illilt, tu liisi ventis
ilnbos ludibrium; care.
CAEMINÜM LIB. I. 14. 15. 21
nupcr sollicitum quae mibi taedium,
nunc desideriuni curaque noii levis,
interfusa nitentis
) vitcs aequora Cycladas.
XV.
Vnecht. Und vielleicht von zwei Verfassern^ nämlich von F. 21
noch dnrch einen andem fortgesetzt.
Pastor eum traheret per freta navibus
Idaeis Helenen perfidus hospitam,
ingrato celeres ohruit otio
ventos ut oaneret fera
• Nereus fata. 'maia ducis avi domum,
quam multo repetet Graeeia milite,
coniurata tuas nimpere nuptias
et regnum Priami vetus.
eheu, quantus equis, (luautus adest viris
) sudor! quanta moves funera Dardanae
genti! iam galcam Pallas et aegida
cumisque et rabiem parat.
neciuiqtiam Veneris praesidio ferox
pectes eaesariem grataque feminis
» inbelli citbara carmina divides,
nequiquam tbalamo gravis
Ilastas et calami spicula Cnosü
vitabis strepitumque et eelerera sequi
Aiae^m: tamen, heu, serus adulteros
) crinis pulvere conliues.
non Laertiaden, exitium tuae
gentiy non Pylium Nestora respieis?
■• ►
v«
a UORATll FLACGI
:":i?n* ■■.-.pnviili re S«laininins
"'Umie. vive «'piis o-^r iniptMÜtnre eqiiiM,
ü' n LiirLri pLrer. Meri«>iieu ^iioque
2* •M*r^. eire turit te ro|»oriro atrox
ihog: ti:. »'orvus uti vallis in altera
\;>;itl {»iirro lupuni jrramiiiis inmemor,
'ir.Minu ^u^ios mollis anhclitii,
\w\\ hiH pi^llioitiis tuae.
imoiiTula ilioin profcrct Ilio
inAtrxniisiiuo Phry^nim classis Aehillci;
|H>sr vortu?* liienics urot Acliaicus
ip\i< lliaoas «Iniuos.'
XVI.
0 niatro piilchra filia pulchrior,
\\\w\\\ rriininosis nmique voles modum
ponoM iaiiibirt^ sive flaiiuna
Nivo mari libot Iladriauo.
» tion Iiil»rr aoqnc, non adyti quatit
nioittoiii Marcrddtuiii incola Pvtliina,
iion IHiulyiiionO; mm ;wi\U\
i|iii ^niiiiiaiit rorybaiites aera,
Irldlim iit imr, quus ncque Noricns
|u ilolnrrri iminIm iiec nmre naufragiuu
ii(M« MiirviiN i^MiiM ncü tremcndo
|ii|i|iilor ipMo riiom tunniltn.
•10 p(M'HiMiM*iiN JHt \iTl»rssi'i-t worden. S qui. sic
UARMINÜM LIB. I. 16. 17. 23
fertur Prometlieus addere principi
liiiio coactus partieulam undiquc
15 de»ec'tam et insani leonis
virn stoniacho adposuisge nostro.
irae Thyesten exitio jjravi
stravere et altis urbibus ultimao
stetere caiwae cur perireut
»> funditus inprimcretque muri»
hostile aratrum exercitus insolens.
eompesce menteni: me quoque pectoris
temptavit in dulci iuventa
fervor et in eeleres iambog
^ misit fiireutem. nime ego mitibus
mutare quaero tristia, dum mihi
fias recantatis amiea
opprobriis animunuiue reddas.
XVII.
Velox amoeuum saepe Lueretilem
mutat Lycaeo Fauuus et igneam
defendit aestatem capellis
ipse mein pluviosque ventos.
5 inpuue tutum i>er nemus arbutos
quaerunt latentis et thyma denae
olentU uxores mariti,
nee Tindis metuunt eolubras
nee Martialis Haediliae lupos,
0 atcumque dulci, Tyndari, fistula
4 ipse Pt^tTlkamp. usque.
1- • * II :.Ar:i fla-.ci
". "L.»: "iL-üriT. ■'- - rirrivs Lea
-'' i: ISI '• '-L •^.^'. - ■ ri*'! •.•••p:a
■"i •■• 1* 11" "^^ -■' * _i ■"*-"■ ''•' •
-iT"- : n-rmi ■ ''i.^f.z.i ••'•rmi.
. • ■ '. ! ^r i 1' • M • M 'V ' -illi: :'uae
■V ":i''i ri.i-.^i VI 'siil"
:•• 7i«:i.'i' /«.m: v-;-nnim»['Le Circeu.
M* ■u.'!'i'Cü.!i'* {>»H.'ulii Lesbii
lii'tfs >u-^ Muibnu iico Scmeleius
"im Miirto oi»ufiunlet Tliyoneu.s
•«n'Oi\ij iKV inetiies protcrvuni
!• >:i'Si'vvt;i Cyniui, ne male dispari
iTioouthieutis iniciat manus
et soiuilnt haerentem coronam
oriuilm?* lunieritamque vesteni.
XVIII.
NuIIhiii, Vare, siiera nte prius sevcris arborem
dw^ Miito solum Tiburis et moenia Catili.
»*1\yU iMunirt nam ilura dcus proposuit, ncquc
iuor\lm't)M ttliter ilifFugiunt sollicitudincs.
(I K{\\\* po8t vina gmvem militiani aut i)auperieni crepat?
\[\\U uou to potius, Bacebe pater, tequc, dcecus Veinis?
jio uo i|uw niodiei transiliat munera Liberi,
(VntHuma monet cum Lapithis rixa su|)er niero
ili>l»ollatu, uionet Sithoniis non levis Eubius,
IM (UIU fart Atque nefas exig;uo fine libidinuni
CARMINTM LIB. I. 18. 19. 25
discernunt avidi. noii ego te, candide Bassareu,
invitum quatiam nec variis obsita frondibus
sub divum rapiam. saeva tene cum Berecjutio
eoniu tynipana, quae subscquitur caecus anior sui,
et tollena vacuum pius nimio gloria verticem,
arcanique fides prodiga, perlucidior vitro.
XIX.
Mater saeva cupidinum
Thebanaeque iubet mc Semeles puer
et lasciva Liceiitia
finitis auimum rcddere araoribus.
• urit me Glycerae nitor
splendcntis Pario marmore purius;
urit grata protenitas
et võitus nimium lubricus adspici.
in mc tota ruens Venus
I Cypnim descruit, nee patitur Scythas
et versis auimosum ecpiis
Partlium dicere, ncc quaerere publica.
hic vivum mihi caespitem, liic
verbenas, pucri, ponite turaque
5 bimi cum patera meri:
mactata veuict lenior hostia.
12 quaerere publica. quae nihil attinent.
26 a HORATII FLAGCl
XX.
Vnecht.
Vile potabis modicis Sabinum
cantharift, Graeca quod ego ipse testa
conditum levi, datus in theatro
cum tibi plausus,
5 clare Maeeenas eques, ut paterni
fluminis ripae simul et iocosa
redderet laudes tibi Vaticani
montis imago.
Caeeubuin et praelo domitam Caleno
10 tu bibis uvam: mea nec Falernae
temperant vites neque Fonniani
pocula eolles.
. XXL
ünvoüständig.
Dianam tenerae dicite virgines,
intonsum, pueri, dicite Cyntbium
Latonamque supremo
dileetam peiütus lovi.
5 vos laetam fluviis et nemorum coma;
quaeeumque aut gelido prominet Algido
nigris aut Erymantbi
süvis aut viridis Cragi.
vos Tempe totidem tollite laudibus
40 natalemque, mares; Delon ApoUinis,
insignemque pharetra
fraternaque umerum lyra.
hic bellum lacrimosum, hie miseram famem
pestemque a populo et prineipe Caesare in
i
CARMINUM LIB. I. 21. 22. 27
::> Persas atque Britaniios
vestra motiis aget prece.
xxn.
Integer > itae scelerisque purus
non eget Mauris iaculis neque arcu
nec venenatis gravida sagittis,
Fnsce, pharetra,
5 sive per Syrtis iter aestuosas
sive facturus per inhospitalem
Caucasum vel quac loen fabulosus
lambit Hydaspes.
namque mc silva lupus in Sabina,
10 dum moani canto Lalagcn et ultra
terminum curis vagor cxpeditis,
fugit inermem:
quale portentum neque militaris
Daunias latis alit aesculetis^
15 nec lubae tcllus generat, leonum
anda nutrix.
pone me pigris ubi nulla campis
arbor aestiva reercatur aura,
quod latus mündi nebidae malusque
20 luppiter urguct;
pone sub cumi niniium propiuqui .
solis, in terra domibns negata:
2S Q. HORATIT TLACCl
duice riileutem Lalagen amabo,
ilulce l'M|aeuteni.
XXIII.
Vita^ Linnuleo me siniilis, Chli>e,
quacreuti pavidam montibas aviis
matrcm uon sine vano
aiiranim et siluae metu.
5 nam seu m«ibilibiiä vepris inhomiit
ad ventiilil foliis, seu virides rabom
dimovere laeertae,
et conle et genibus tremit.
atqui non ego te tigris nt aspera
10 Craetuliisve leo frangere penequor.
tandem desine matrem
tempestiva scqui viro.
XXIV.
Quis desiderio sit puder aut mõdus
tam cari eapitis? pniecipe lugubris
cantus; ^lelpomene, cui liquidam pater
vocem cum citliara dedit,
5 crgo Quintilium peri)Ctuu8 sopor
urguet? cui Pudor et lustitiae soror,
incorrupta Fides, nudaque Veritas
quando ullum inveniet parem?
multis iile bonis ilebilis occidit,
10 nulli flebilior quam tibi, Vergili.
5 vepris Gogavius und B. 6 ad vcntum B nach Moretos. adventas.
CAKMINÜM LIB. I. 24. 25. 29
)
tu, fniätra piuS; hea non ita ereditum
poscis Quintilium deos.
qiiod si Threicio blandius Oi^pheo
auditam moderere arboribus fidem^
non vanae redeat sanguis ünagini,
quam virga semel horrida
non lenis precibns fata recludere
nigro eonpulerit Mercurius gregi.
durum: sed levius fit patientia
) quidquid corrigere est nefas.
XXV.
Parcius iunctas qnatiunt fenestras
iactibus crebris iuvenes protem,
nec tibi somnog adimant; amatque
ianua limen.
> quae priug nulli facilis moTebas
cardines, audis minus et minus iam
'me tuo lõngas pereunte noctis,
Lydia, dormis?*
invieem moechos anus arrogantis
» flebis in solo \e\i& angiportu,
Thracio bacchante magis sub inter-
lunia vento
cum tibi flagrans amor et libido
quae solet matres furiare equorum
► saeviet circa iecur ulcerosum,
non sine questu
5 nulli — movebas. multis — movebat
30 U B OJLTE FLäOCI
laeia (juod ]iui»e^ moerm vmone
piudea: ]iulta niari^ ;miut nrrrtfi.
uriuuf Irjtüdi»- ili«ln^ s.iciil:
«'
L.MfM/^^V
tmdaut pr.cemf in mare CrwJcniii
üir:: Tirida:eu Teireai nnk«e
nert^ ine»-'.» Laiuiae e-Tnuain,
Küiplei dald«: nii sine te mei
14 pf»«^^aBt Lon«:*re«: hunc fidibos novi»^
bone LesWn sacnire pleeti»
teque tua««jue decet sorore».
. 1/. JT. //•.
XXVII.
NatiH in luum laetitiae scyphis
pugiiare Thracum est. tollite barbamm
morem verecundumque Baicchum
aangiiineis probibete rixlB.
CAKMINUM LIB. L 27. 28*. 31
vino et luoemig Meelus acinaees
inmane quantum discropat. inpium
lenite cLimorem; godalcfi,
et cuhito remanete presso.
voltis severi me quoqiie sumere
> partem Falemi? dieat Opuntiae
frater Megillae, quo beatiis
volnere, qua pereat sagitta.
eessat vol uutas? non alia bibam
mercede. quae te eumque domat Venus,
) non erubesoendis adurit
ignibus, ingenuoquc semper
ani«)re peccas. quidquid liabes, age
dcpone tutis auribus. a miser!
(pianta laborabas cbarybdi,
) digne puer meliore flamnia.
quae säga, quis te solvere Thessalis
raagus venenis, quis poterit dous?
vix inligatum te triformi
Pegasus expediet chimaera.
ÄXVIII' und XXVIII^ gehm ais ein einziges Gedicht Es sind
zweiy das erste echt, das zweitc unecht.
xxvin».
Te maris et terrae uumeroque carentis liarenae
mensorem cohibent, Archyta,
pulveris exigui prope litus pana Matinum
muneni; neo quiequam tibi prodest
5 aetlierias temptasse domos animoque rotundum
percurrisse polum morituro.
32 Q. nORATH FLACCI
occidit et Pelopis genitor, eonviva deorum,
Tithoiiusque reniotiis in auras
et Io> is arcanis Minos admissus, habentque
10 Tartara Panthoiden iteniiu Orco
deniissuni, quamvis v\\\)eo Troiana refixo
tempora testatiis iiihil ultra
ner^ o» atquc cutem morti eoncesserat atrae,
iudice te non sordidus auetor
15 naturae verique. 8ed omnis una manet nox
et calcauda semel via leti.
daut alioH furiae torvo spectaeula Marti;
exitio est avidura mare nautis;
mixta senuiu ae iuvenura densentur funera, nullam
20 fiacva cnput Proscri)ina fugit.
XXVIII^.
Me quoque devexi rapidus comes Orionis
Illvricis notus obruit undis.
at tu, uauta, vagae ne parce malignus harenae
ossibus et capiti inhumato
25 partieulam dare: sic, quodeumque minabitur eurus
fluctibus Hesperiis, Venusinae
plectantur silvae te sospite, multaque merees
uude i)ote«t tibi defluat aequo
ab love Neptunoque sacri custode Tarenti.
30 nejrlegis inuieritis nocituram
poHtmodo te natis fraudem eommittere? fors et
debita iura ^icesque superbae
24 Wahrscheinlich, wie schon vermuthet ist , intumulato. 2S Tiel-
Icicht petis für potes.
CABMIXÜM LIB. I. 28*. 29. 30. 33
te maneant ipsum: precibus non linquar inultis,
teque piacula nulla resolvent.
^ quamquam festinaS; non est mõra lõnga; licebit
iniecto ter pulvere curras.
XXIX.
Icci; beatis nunc Arabum invides
gazis et aerem militiam paras
non ante devictis Sabaeae
regibus, horribilique Medo
5 neetis catcnas. quae tibi virginum
sponso neeato barbara serviet?
puer quis ex aula eapillis
ad cyathum statuetur unctis,
doctus sagittas tendere Sericas
lü areu paterno? quis neget arduis
pronos relabi posse rivos
montibus et Tiberim reverti,
cuin tu coemptos uudique nobilis
libros Panaeti Socraticam et domum
15 mutare loricis Hiberis,
pollicitus meliora, tendis?
XXX.
Vnecht.
0 Venus regina Cnidi Paphique,
sperne dilectam Cypron et vocantis
ture te multo Glycerae deeoram
transfer in aedem.
Liuiarf, Uuratiiu. ^
34 Q. HORATII FLACa
5 femdu8 tecum i)uer et solutiH
gmtiae zonis properentqiie nymphae
et panim comis sine te luventas
Mercuriusque.
XXXI.
Quid (ledieatiim jioscit ApoUinem
vates? quid orat dc patera noviini
fundens liquorein? nou opimae
Sardiniae setetes feracis,
n non aestiiosae lata Calabriae
armenta, non aunim aut ebur Indicum,
non rura quae Liris (juieta
niordet aqua .taciturnus amnis.
preniant Calena falce, quibus dedit
10 Fortuna, vitem, dives et aureis
mercator cxsiccet euluUi»
vina Syra re])arata mcree:
dis carus ipsis, quippe ter et quater
anno revisens aequor Atlanticum
15 inpune: mc pascunt olivae,
me eichorea levesque malvae.
frui paratis et valido mihi,
Latoe, dones et, precor, integra
eum mente nec turpcm senect^m
20 degere nec cithara carentem.
5 lata M. grata.
CARMIXUM LIB. I. 32. 33. 35
XXXII.
Dicse 5 Strophcn werdeti ffcrvõhnlich ah ein voUslthidifjes i^dicht
angesehen. Es ist bts V. 12 echt , aher nnvolhtäudiff . Die
folgende Strophe nnecht.
Poscimur. siquid vaeui sub umbra
lusimus teciim quocl et hunc in annum
vivat et pluris, age dic amoenuni,
barbite, carmen,
Lesbio primum modulate civi,
qui ferox bello, tamen inter arma
8ive iactatam religarat udo
litore navim,
Liberum et niusas Veneremque et illi
semper haerentem puerum canebat
et Lycum nigris oculis nigroque
erine decorum.
//. S, IV.
0 decus Phoebi et dapibus supremi
^grata testudo lovis, o laborum
dulce lenimen, mihi cumque salve
rite vocanti.
XXXIII.
Albi, ne doleas pius nimio roemor
inmitis Glycerae, neu miserabilis
deeantes elegos, cur tibi iunior
laesa praeniteat fide.
insignem tenui^fronte Lycorida
Cyri torret amor; Cyrus in asperam
3 amoenum. Latinum. 15 mihi cumque jedonfalls falscho Ueber-
lieferung. S. Commentar.
;i6 U. JIORATII FLACCI
(iecliiiat Pholoen: sed prius Ai)i)uli8
iung:entur eitpreae lupis
qtiam turpi Pholoe i)eccct adiiltero.
10 sio visum Veiieri, oui i)laeet iiii>arig
fonnas atque aiümos sub iu^a aeuea
sacvo mittere cum ioco.
ipguiTi me nielior cuiw peteret VemiH,
grata detinuit conipede Myrtale
1^ libertiiia, fretis acrior Hadriac
curvantin Calabros sinus.
XXXIV.
Vnecht.
Parciw deorum cultor et iiifretiuens,
insanientid dum sapientiae
consultuH erro, nnnc retroreum
vela dare atque iterare cursus
r> ('og4»r relictos. uam<j[ue Diespiter,
igui eorusco nubila dividens
plerumque, per purum tonaiitis
egit equos volucrcnique currum,
quo bruta tellus et vaga fluraina,
ii> quo Styx et invisi horrida Taenari
sedes Atlanteusque fiuis
eoncutitur. valet ima summis
mutare et iusigue attenuat deus,
obscura promeus; liine apieem rapax
15 Fortuna eum stridore acuto
sustulit, liic posuisse gaudet.
CARMINUM LIB I. 35. 37
XXXV.
0 di va, gratum quae regis Anti urn,
praesens vel imo tollere de gradu
mortale corpus vel superbos
vertere funeribus triumphos.
5 te pauper ambit. sollicita prece
ruris colonus, te dominam aequoris
quicumque Bithyna lacessit
Carpathium pelagus carina.
te Dacus asper, te profugi Scythae
f> urbesque gentesque et Latium ferox
regumque matres barbarorum et
purpiirei metimnt tyranni,
iniurioso ne pede pronias
stantem colutnnam, neu populus frequens
b ad arma cessantis, ad arma
concitet imperiumque frangat.
te semper anteit saeva NeceeaitaS;
elavos trabalis et cuneos manu
gestans aena, nec severus
0 uncu9 abest liquidumque plumbum,
te Spes et albo rara Fides colit
velata panno, nec comitem abnegat^
utcumque mutata potentis
veste domos inimica linquis.
5 at volgus infidum et meretrix retro
periura cedit, diffugiunt cadis "
cum faece siceatis amici,
ferre iugum panter dolosi.
:^^ Q. HORATII KLACCI
senes iturinn Caesarein iii ultimos
:i> orbis Britannos et iuvemim receiis
exaiiicn Eois tiniendum
l)artibu8 Oceaiioque ruhro.
elieu cicatricuin et sccleris pudet
fratrunKjue. qiiid nos dura refugiiuus
:iõ aetas? quid iutactuni nefasti
liquinmsV unde manuni iuveutiiü»
metu dcomm coutiuuit? quibus
l)epereit äris? o utiiiain iiova
incude diffingas retiisimi in
40 Massagetas Arabasque ferruui.
XXXVI.
Et ture et fidibus iuvat
l)lacare et vituli sanguiiie debito
eustodes Numidae deo8,
(lui nuiic Hesperia sospes ab ultima
5 caris muita sodalibuS;
nulli plura tamen dividit osoula
quam dulei Lamiae, memor
actae iion alio rege puertiae
mutataeque siinul togae.
u^ Cressa ne careat pulchra dies nota,
neu promptae mõdus amphorae,
ueu morcm in Salium sit rcquics pedum,
neu multi Damalis meri
Bassum Tbreicia vineat amystide,
1'» neu desint epulis rosac
neu nvax apium neu bveve lilium.
13. 14 siud nicht richtig überliefert. Yielleicht kat fUr Damabs ein
andcrer Name zu stchu.
CAUMINUM LIB. I. 86. 37. 39
omnes iu Daraalin putris
deponent oculos, nec Danialis noro
divelletur adultero
») lascivis liederis ambitiosior.
XXXVII.
Nunc est bibendum, nunc pede libero
pulsanda tellus, nune saliaribos
ornare pulvinar deorum
tempus erat dapibus, sodales.
5 antehac nefas depromere Caecubum
cellis avitiS; dum Gapitolio
regina dementis minas
funus et imperio parabat
contaminato cum grege turpium
0 opprobriorum^ quidlibet inpotens
sperare fortunaque dulci
ebria. sed minuit fiirorem
vix una sospes navis ab ignibus^
mentemque lymphatam Mareotico
15 redegit in veros timores
Caesar ab Italia volantem
remis adurguenS; aceipiter velut •
mollis columbas aut leporem eitus
venator in eampis nivalis
so Haemoniae, daret ut eatenis
fatale monstrum, quae generosius
perire quaerens nee muliebriter
19 opprobrionun B. morbo Tirorum.
4(1 Q HORATIl KLACCI CARMIXUM LIB I. 37. 3«^
expavit enscm nec latentis
re trepida penetra^it oras,
2'f ausa et iacentcm viscre regiam
voltii sereno, fortin et asperas
traetare serpentes, ut atnim
eorpore conbiberet venenum,
deliberata morte ferocior:
3(» saevig Libumis scilicet invidens
privata deduci superbo
non huinilis mulicr triumpho.
xxxvni.
Persico8 odi, puer, apparatus;
displicent nexae philyra coronae;
mitte sectari, rosa quo loconim
gera moretur.
5 siniplici myrto nihil adlabores:
sedulum curae neque te ministnim
dedecet myrtus neque me sub arta
vite bibentem.
24 Ueberlieferun^ classe eita reparavit oras. 6 nach Peerlk. Üeber-
lieferung sedolus curo und corae.
Q. HORATII FLACCI
CARMINUM
LIBER SECUNDUS.
I.
Motum ex Metello eonsule civicum
bellique causas et vitia et modos
ludumque Fortunae gravisque
prineipiim amicitias et arma
5 nondam expiatis uneta eruoribuB,
periculosae plenum opus aleae,
traetas et incedis per ignis
suppositos eineri dologo.
paullum severae musa tragoediae
10 desit theatris: mox ubi publioas
res ordinam, grande munus
Cecropio repetes cothurno,
•
insigne maestis praesidium reis
et consulentiy Polio, cariae,
\b cui lanrus aetemos honores
Delmatico peperit triumpho.
iam nune minaei murmure comaum
perstringis auris, iam litoi strepunt,
iam fulgor armonim fugaeis
%) terret eqaoB equitumque võitus.
42 Q. UOUATII FLACCI
audire maguos iam viileor duccs
non indecoro pulvere sordidos,
et cuueta terranim siibaeta
praeter atrocem aninuiin Catonis.
25 luno et deoruni quisquis aiuicior
Afris iiiulta cesserat inpotens
tellure, victorum uei>otes
rettulit inferias lugiirtliae.
quis non Latino sanguinc inngiiior
30 campus Bcpulcris inpia proclia
testatur auditumque Medi»
Hesperiae sonitum ruinae?
qui gurges aut qiiae flumina lugubris
ignara belli? quod marc Dauniae
:r» non decoloravere caedes?
quae earet ora eniore nostro?
sed ne relictis, Musa procax, ioeis
Ceae retractes munera neniae,
niecum Dionaeo sub antro
4<i quaere modos leviore pleetro.
r.
Nach Ritschl Rhein, Mus. ISõr, S. H34.
Motum cx Metello eonsule eivicuiu
bellique causas et \itia et modos
ludumque Fortunae gravisque
principum amicitias et arma
nonduni expiatis tineta cruoribus,
periculosae plenum opus aleae, .
5 tincta mit Bentley statt des ttberlieferten uneta.
CAKMINUM Lin. 11. V. 2. 43
tractas et incedis per ignis
BuppositoB cineri doloso,
13 insigne maestis praesidium reis
et consulenti; Polio, curiae,
15 eui laurus aetemos honores
Delmatico peperit triumpbo.
iam iiunc miuaei nmrmure coniuum
perstringis auris, iam litui strepuut,
iam fulgor annorum fiigacis
a» terret equos equitumque yoltus.
sudare magnos iam video duces
non indecoro pulvere sordidos,
et cuneta terrarum subaota
praeter atroeem animum Gatonis.
29 quis non Latino sanguine pinguior
30 campus sepulekris impia proelia
testatur auditumque Medis
Hesperiae sonitum ruinae?
sed ne relictis, Musa procax, ioeis
Geae retraetes munera neniae,
mecum Dionaeo sub antro
40 quaere modog leviore plectro.
IL
Nullus argento color est avaris
abdito terris, inimice lamnae
Crispe Sallusti, nisi temperato
splendeat usu.
21 sudare video. Ritschl. Ueberlieferung aodire videor.
44 Q. HORATU FLACCI
n vivet extcnto Proouleius aevo
notu8 in fratres animi paterni;
illum aget penna metuente solvi
Fama superstes.
latius rcgnes avidiim doniando
10 gpiritum, quam 8i Lihyam remotis
GadibiiR iungas et utcrqiie Poenus
serviat uni.
crescit indulgens sibi dinis hydropg,
nec sitim pellit, nisi causa morbi .
15 fugerit venis et aquosus albo
corpore languor.
reddituin Cyri solio Phrahaten
dissidens plebi numeFO beatorum
eximit yirtus populumque falsis •
20 de<locet uti
vocibus/ regnum et diadema tutum
deferens uni propriaraque laurum,
quisquis ingentis oculo inretorto
spectat acervos.
III.
Aequam memento rebus in arduis
servare mentem non secus in bonis
ab insolenti temperatam
laetitia, moriture Delli,
5 seu maestuR omni tempore vixem,
seu te in remoto gramine per dies
festos reclinatum bearis
interiore nota Falerni.
CARMIXUM LIB. II. 3. 4. 45
quo pinus ingens albaque populus
10 umbram hospitalem cousociare amaut,
errans ubi obliquo laborat
huipha fugax trepidare rivo,
huc vina et ungueuta et nimium brevis
flores amoenae ferre iube rosae,
15 duni res et aetas et soronun
fila trium patiuntur atra.
eedes coemptis saltibus et domo
viilaque; flavus quam Tiberis lavit;
cedes, et exstructis in altum
20 di^itiis potietur heres.
divesne priseo natus ab Inacko
nii intereat an pauper et infima
de gente sub divo moreris,
nctima nii miserantis Orci.
25 omnes eodem cogimur; omnium
versatur. urna serius ocius
sors exitura et nos in aetemum
exiliura inpositura cumbae.
IV.
Vnecht.
Ne sit ancillae tibi amor pudori,
Xanthia Phoceu. prius insolentem
serva Briseis niveo colore
movit Aebillem;
5 movit Aiacem Telamono natum
forma captivae dominum Tecmessae;
Il errans ubi. ramis quid oder quod oder quo et, quoque.
46 Q. HOUATII FLACCI
arsit Atridcs medio iii triumpho
virginc rapta,
barbarae post(|iiani cccidere tiirmae
1'» ThcHsalo victorc et ademptu» Heotor
tradidit fessis leviora tolli
Perjrama Trrais.
nescias an te generum beati
Phyllidis flavae decorcnt parentes;
1'» rcgrium eerte geniis, et penatis
maeret iniquos.
crede non illam tibi dc scelesta
plcbe dilectam, neque aic fidelem,
sic liirro aversam potuisse nasci
20 matre pudenda.
bracchia et voltum teretesque snras
integer laudo: fiige suspioari
cuius ootavum trepidavit aetas
claudere liistrum.
V.
Nondiim siibacta ferre iiigum valet
cervice, nondiuu inunia eonparis
aeqiiare iiec tauri ruentis
iil venerem tolerare pondus.
circa vireiitis cst animus tiiae
oampos iuvencac, nime fluviis gravem
solantis aestuni, nime in udo
liidere cuni vitulis salieto
praegestientis. tolle cupidinem
kj inmitis uvae: iam tibi lividos
;>
CARMINUM MR Tl. 5. 6. 47
distinguet aiitunmus racemos
purpureo varing eolore.
iam te sequetur: ciirrit enim ferox
aetas, et illi, quos tibi dempserit,
15 adponet annos: iam proterva
fronte petet Lalage maritum.
dilecta quantum non Pholoe fugax,
iion Chloris albo sic umero nitens
ut pura noctiirno renidet
20 luna mari, Cnidiusve Gyges:
quem si puellarum insereres choro,
mire sagacis falleret hospites
discrimen obscurum solutis
crinihus ambiguoque voltu.
VI.
Septimi, Gadis aditure mecum et
Cantabrum indoctum iuga ferre nostra et
barbaras Syrtis, ubi Maura semper
aestuat unda,
5 Tibur Argeo positum colono
sit meae sedes utinam senectae,
sit mõdus lasso maris et vianim
militiaeque.
unde si parcae prohibent iniquae,
10 dulee pellitis ovibus Galaesi
flumen et regnata petam Laconi
nira Phalantho.
iile terranim mihi praeter omniš
angulus ridet, ubi non Hymetto
A> Cl. HORATII FLACCl
15 iiiclla decedunt viriilique certat
baca Veiiafro;
ver ubi lim^iii te])idaiS4ue praebet
luppiter brimias, et auiiciu» Aulou
fcrtilLs Bacelio uiinimuiii Falcniis
20 invidet uvis.
iile te inecuni Iocuh et 1>eatae
postulaiit arees, ibi tu calentem
debita Hparges lacrima favillam
vatb» araici.
Öeptimi, Gades aditure mecum et
Cautabruiu iiidoctum iuga ferre nostra et
barbaras Syrtis, u))i Maura semper
aestuat unda:
0 sit modu8 lasso maris et viaruni,
it» diilee i)elliti8 ovibus Galaesi
flumeii ut regiiata petaiii et Laconi
nira Phalantlio.
illa terraruui uiihi praeter oiinies
aiigulus ridet, ubi iiou Hymetto
ir> iiiella decedunt viridique certat
baea Venafro;
ver ubi longum tei)idasque praebet
luppiter brumas, et aniicus Aulou
fertilis Baccho miuimura Falernis
2^j invidet u\ia.
CARMINUM LIB. U. 6. 7. 49
iile te mecum locus et beatae
postulaut arceS; ibi tu calcntem
(lebita sparges laorima favillaiu
vatis amici.
VII.
0 saepe mecum tempus iu ultimum
deducte Bruto militiae duce,
quis te redonavit Quiritem
dis patriis Italoque caelo,
5 Pompei, meorum prime sodaiium?
cum quo morantem saepe diem mero
fregi coronatns nitentis
malobatliro Syrio capillos.
tecum Pkilippos et celerem fugam
10 sensi, rclicta uon bene parmuta,
cum fracta virtus, et minaces
turpe solum tetigere mento.
sed me per liostis Mercurius celer
deuso paventem sustulit aere;
15 te rursus in beilum >esorbens
uuda fretis tulit aestuosis.
ergo obligatam redde lovi dapem
longaqne fessum militia latus
depone sub lauru mea, nec
20 parce cadis tibi d^stinatis.
oblivioso levia Massico
ciboria exple, funde capacibus
unguenta de concliis. quis udo
deproperare apio coronas
Lbubs, Uoiutittfl.
50 Q. HORATIl FT.ACCI
25 curatve myrto? quem Venna arbitrum
dieet bibendi? non ego sanius
bacchabor Edonis: recepto
dulce mihi furere est amieo.
VIIL
Ulla h\ iuris tibi peierati
poena, Barine, nocuisset umquam
dentc si nigi'o fieres vel uno
turpior ungui,
5 erederem: sed tu simul obügasti
perfidum votis caput, enitescis
pulchrior multo iuvenumque prodis
publica ciira.
expedit matris cineres opertos
10 fail ere et toto taciturna noetis
signa eum eaelo* gelidaque divos
morte carentis.
ridet hoo, inquam, Venus ipsa, rident
complices nymphae ferus et Cupido,
15 semper ardeutis aciiens sagittas
cote cnienta.
adde qiiod pubes tibi erescit omnis
servitus ut sit nõva, nee priores
inpiae tectnm dominae relinquunt,
2(» saepe minati.
te suis matres metiiunt iuvencis,
te senes parci, miseraeque nnper
14 complices. simplices. IS ut sit. erescit.
CARMINÜM LIB. II. 8. 9. 51
virgines niiptae, tua ne retardet
aura maritos.
IX.
Non semper imbres nubibus hispidos
mauant in agros aut raare Caspium
vexant inaequales procellae
usque, nec Arnieniis in ons,
5 amice Valgi, stat glacies iners
mensis pcr omnis aut aquilonibus
querceta Gargani laborant
et foliis viduantur omi.
tu semper urgues flebilibus modis
0 Mysten ademptum, nec tibi v^spero
surgente decedunt amores
nec rapidum fugiente solem.
at non ter aevo functus amabilem
ploravit omnis Antilochum senex
5 annoSy nec inpubem parentes
Troilon aut Plirjgiae sorores
flevere semper. desine mollium
tandem querellarum, et potius nõva
cantemus Augusti tropaea
0 Caesaris et rigidum Niphaten,
Medumque flumen gentibus additum
victis minores volvere vertices,
intraque praescriptum Gelonos
exiguis equitare campis.
02 Q- HORATII FLA£€I
X.
KectiuH vivcMy Lif'iiiiy neque altuni
m;iii|K3r urgueiido iiequcy duiii pn>cellai»
raiituH iiorrcH^riKy iiiiiiiuiii preuieudo
litUH iiiiqiium.
5 uiireaiii ({uiMquiH iiiediocritatein
dili^ity tiitUH raret obHoieti
HonlibuH tvA*t\, (;aret iiividciida
Hohritm aula.
HaepiuH vciitiH agitatur iiigenM
10 piiiHH; (9t cclHao graviore casu
(locidimt turroH, foriuntquc Hummos
ful;rura montiH.
Hpcrat iiifcrttiMy mctuit Hocuiidis
aiterain Hortciu bcne praeparatuiu
lõ p(M*tuH. informiä hicmes roducit
Iiippiter, idom
tiiibuukvot. noil; 8i maie naiic, ot olim
hIu orit: ipioudam citharae tacentem
Hiim*itat luuHaiu ncque som|>er arcuni
'!•* toiidit Apollo^
robiiA Au^U8ti8 animoäus atque
fortis adparo: sapientcr idem
oontnibos vento niniiuiu Becundo
nir^da vehi.
XL
Quid beliiivsud Cantaber et Sovtho^
Hirpiue Quiuti. iH>gitet, horrida
I lAvrridA« ILftdm.
%
CARMINÜM LIB. II. 10. 11. 12. 53
divisus ora, lu remittas
quaerere, ne trepides in usum
» spondentis aevi pauca« fugit retro
levis iuventas et decor, anda
pelleute lascivos amores
canitie facilemque somnum.
iion semper idem floribus est honor
» vernis, neque uno luna rubens nitet
voltu. quid aeternis miRorem
consiliis animum fatigas?
cur non sub aita vel platano vel hao
pinu iacentes sic temere et rosa
» cinetos odorati capillos,
dum licet, Assyrioque nardo
potaraus uncti? dissipat Euhius
curas edacis. quis puer ocius
restinguet ardentis f^alemi
pMula praetereunte lympka?
»
quis devium seortum eliciet damo
Lyden? ebunia dic age eum lyra
maturet, incomptam Lacaenae
more coraam religata nodum.
XII.
Nolis lõnga ferac bella Numantiae
nec durum Hannibalem nec Siculum mare
Poeno purpureum sanguine mollibus
aptari citharae raodis,
3 ora tn. obiecto. 5 spondentis. poscentis. 15 cinctos. canos.
5 { Q. HORATII FLACCl
5 nec saevoä Lapitlia.s et nimiuin mero
Hvlaeura clomitosve Herculea manu
Telluri» iuvenes, unde per aethera
fulgcnn contremuit domus
Saturni veteri»: neve pedestribug
10 dici canninibus proelia Caedaris.
MaecenaB, iubeas, duetaque per vias
regum eolla minacium.
me dulcis df^minae musa Liermniae
eantuH, me voluit dicere lueidum
la fulgentis oculos et bene mutuis
fidum peetus amoribus,
quam nec ferre pedem dedecuit ebori»
nec eertare ioco nec dare bracebia
liiVjiitem nitidig virginibus sacro
20 Dianae celebris die.
num tu quae tenuit dives Achaemenes
permutare velis erine Licymniae?
aut pinguis Phrygiae Mygdonias opes,
])lenas aut Arabum domos,
'20
dum flagrantia detorquet ad oscula
cervicem, aut facili saevitia negat
quae poscente magis gaudeat eripi,
interdum rapere occupat?
XIII.
Iile et nefasto te posuit die
quicumque primum, et sacriiega manu
7 per aethera. periculum. 9 neve. tuque. tO dici carminibas. diees
historiis. 11 iabeas. melios. 22. 23 gewöhnlich in umgekehiter OrdDuo;-
CARMINÜM LIB. II. 12. 13. 5ä
produxit, arbos, in nepotum .
pemiciem opprobriumque pagi;
» illum et parentifi crediderim »ui
fregiflse cervicem et penetralia
sparsisse noctumo cruore
hospitis; iile venena Colclia
et quidquid usquam concipitur nefas
) tractavit; agro qui statuit meo
te triste lignum, te eadueum
in domini eaput inmerentis.
quid quigque vitet numquam homini satis
cautum est in horas. navita Bosporum
> Thynus perhorreseit neque ultra
caeca timetve aliunde fata;
miles sagittas et celerem fugam
Partln; catenas Parthus et Italum
robur; sed inprovisa leti
\ vis rapuit rapietque gentis.
quam paene furvae regna Proserpinae
et iudicantem vidiraus Aeacum
sedesque discretas piorum et
Aeoliis fidibus querentem
> Sappho puellis de popularibus,
et te sonantem plenius aureo,
Alcaee, plectro dura navis,
dura fugae mala^ dura belli.
utrumque saero digna silentio
> mirantur umbrae dieere; sed magis
15 Thynus Lachm. Poenus. 16 timetve Lachm. tiinet
56 Q. H«>RATn FLACCI
ini^nfias et exactos tvranniHs
dengum umeris bihit aure volgiifi.
qiiid minim, ubi illis carminibns stupens
(lemittit atras belua centiceps
35 aurig et intorti capillis
eiimenidiim reereantur angues?
quin et Prometheus et Pelopis parens
dulei labonim decipitur sono,
nec curat Orion leones
40 aut timidcm a<ritare Iviicn^s.
XIIP.
Iile et nefasto te posuit die
quicumque primum, et saerilega manu
produxit, arbos, in nepotum
pemieiem opprobriumque pagi;
5 illum et parentis crediderim sui
frepisse cervieem et penetralia
sparsisse noctumo eruore
hospitis; iile venena CJolcha
et quidquid usquam concipitur nefas
10 tractavit, agro qui statuit meo
te triste lignum, te caducum
in domini caput inmerentis.
21 quam paene furvae regna Proserpinae
et judicantem vidimus Aeacum
sedesque diseretas piorum et
Aeoliis fidibus querentem
25 Sappho puellis de popularibus,
et te sonantem plenius aureo,
CARMINUM LIB. II. 13V 14. 57
Alcaee, plectro clnra navis,
dura fugae maia, diira belli.
13 quid quisque vitet numqiiam homini satis
cautum est in horag. navita Bosponim
15 Thynus perhorrescit neque ultra
caeca timetve aliundc fata;
iniles sagittas et celerem fugam
Parthi; catenas Parthus et Italum
robur; sed improvisa leti
20 vis rapuit rapietque gentis.
XIV.
Eheii fugaces, Postume Postume,
labuntur anni, nec pietas^ moram
rugis et instanti senectae
adferet indomitaeque morti;
5 non 8i trecenis quotquot eiint dies,
amice, places inlacrimabilem
Plutona tauris, qui ter amplum
Geryonen Tityonquc tristi
conpescit unda, scilicet omnibus,
10 quicumque terrae munere vescimnr,
enaviganda, sive reges
sive inopes erimus coloni.
frustra cruento marte carebimus
fractisque rauci fluctibus Hadriae,
15 fru8tra per autumnos nocentem
corporibus metuemus austrum.
visendus ater flumine langiiido
Cocytos errans et Danai genus
5S Q. HORATII FLACCl
infame clamnatimque longi
2f) Sisyphus Aeoliilcs laboris.
linquenda tellus et doini» et placenA
uxor^ neque harum quas colis arboruin
te praetcr invisas eupregsos
ülla brovem dominum sequetur.
25 absiimet beres Caecuba dignior
sennata centiim clavibus et mero
tiiigiict pavimentum superbo,
pontiiicum potiore cenis.
xIy^
Eheu fugaees, Postumc, Postume,
labuntiir anni, nec pietas morain
rugis et instanti senectae
adferet indomitaeque morti:
5 non 81 trecenis quotquot eunt dieg,
amice, plaees inlacrimabilem
Plutona tauris, qui ter ampliim
Genonen Titj-onque tristi
eompescit unda, scilicet oinnibus
10 quicunque terrae munere vescimur
enaviganda, Bive reges
nire inopes erimus coloni.
friistra eruento marte earebimus
fractisque rauci fluctibus Hadriae,
1'» frustra per autumnos nocentem
ror])oribu8 raetuemus austrum.
21 linquenda tellu8 et domus et plaeeus
uxor, neque harum, quas seris, arborum
CARMINÜM LIB. II. \i\ 15. 59
te praeter invisas cupressos
ülla brevem dominum sequetur.
XV.
Unecht.
lam pauca aratro iugera regiae
moles relinquent, undique latius
extenta visentur Lucrino
Btagma lacu^ platanusque caelebs
5 evincet ulmos. tum violaria et
mjTtus et omnis copia narium
spargent olivetis odorem
fertilibus domino priori:
tum spissa ramis laurea femdos
10 excludet ictus. non ita Romuli
praescriptum et intonsi CatoniB
auspiciis veterumque nonua.
privatus illis eensus erat brevis,
commune magnum: nuUa decempedii
15 metata privatis opaeam
porticus excipiebat areton,
nec fortuitum spernere caespitem
leges sinebant; õppida publico
sumptu iubentes et deorum
lUf templa novo decorare saxo.
60 Q. HORATII FLACCl
XVI.
Otium divos rogat in patenti
])renHU8 Aegaeo, aimul atra nubes
condidit lunam neque certa fulgent
Hidera iiautis,
5 otium bello furiosa Tbraee,
otium Medi pharetra decori,
Clrogphe, nou gemmis neque puri)ura ve-
nale neque auro.
non enim gazae neque c^^nsularig
10 submovet lictor miseros tumultus
mentis et euras laqueata eiretim
teeta volantis.
vivitur parvo bene eui patemum
splendet in mensa tenui salinum
15 nee levis somnos timor aut cupido
sordidus aufert.
quid brevi fortea iaculaiAur aevo
muita? quid terras alio calentis
Bole mutamug? patriae quie exsul
2i) 8e quoque fugit?
scandit aerataa vitiosa navi«
eura, nee turmas equitum relinquit,
oeior c^rvis et agente nimbos
ocior euro.
25 laetus in praesens animus quod ultra est
oderit curare et amara lento
temperet risu: nihil est ab onmi
parte beatum.
I
CARMINUM LIB. II. 16. 16\ (^1
abstulit clarum eita mors AchiUeni;
30 lõnga Tithonum minult senectug,
et mihi forsan tibi quod negarit
porriget boja.
te greges eentum Siculaeque eircum
mugiunt vaeeae, tibi toUit hinnitum
35 apta quadrigifl equa, te bis Afro
murice tinctae
vestiunt lanae: mihi parva rura et
spiritum Graiae tenuem eamenae
parca non mendax dedit et malignum
40 spernere volgus.
xvr.
Otium divos rogat in patenti
preusus Aegaeo, sijnul atra nubes
condidit lunam neque eerta fulgent
gidera nautis
7 Grosphe, non gemmig neque purpura ve-
nale neque auro.
non enim gazae neque eonsttlaris
10 8ubDM9||t Uctor miseroB tumultua
mentia'fit euras laqueata cireum
teeta volantis.
62 Q. HORATII FLAOCI
vivitur parvo bcne oui patcrnum
splendet in nicnsa tenui salimim
15 nec levis somnos timor aut ciipido
Hordidus aufert.
<iuid brevi fortes iaeulannir aevo
muita? (|uid terras alio ealentis
solc mutanuis? patriae quis exul
20 se ({uoque fugit?
25 laetus in prae^ens animus quod ultra est
odcrit eurarc et amara lento
teni]»eret risu: niliil est ab omni
parte beatuni.
XVII.
Cur me querellis exauimas tuis?
nec dis amicum est nee mihi te prius
obire, Maecenas, mearum
grande decus columenque rerum.
h a te meae si parteni animae rapit
maturior vis, quid moror altera,
nee eanisaeque nec superstes
integer? iile dies utramque
ducet ruinam. non ego perfiduni
i«» dixi wicranientum : ibimus, ibimus.
utcuni([ue praecedes, supremum
carpere iter comites parati.
me nec <*himaerae spiritns igiieae,
nec sl resurjrat centimanus Gvas,
i'> divellet umquam: sic jwtenti
lustitiae placitumque parcis.
CARMINCM LIB. II. 17. IV. 63
seu libra seu me scorpios «idspicit
formidoloBus, pars violentior
natalis horae, seu tyraniuis
f) Hesperiae capriconins undae,
iitnimque nostrum incredibili modo
consentit astnim. te lovis inpio
tutela Satumo refulgens
eripuit volucrisqiie fati
5 tardavit alas cui pojKilus frequens
laetum theatris ter crepuit sõnum:
me truncus inlapsus cerebro
sustulerat, nisi Faunus ictum
dexti*a levasset, Mercurialium
0 custos vironim. redderc victimas
aedemcjuc votivam memento:
nos humilem fericmus agnara.
xvir.
1 Cur me qucrcllis exanimas tuis?
nec dis amicum ost nec mihi te prius
obirc, Maeccuas, mearum
jj^raude dccus colnmenque renim.
1 utrumque nostrum incredibili modo
oonsentit astrum. te lovis inpio
tutela Saturno refulgens
eripuit volucrisque fati
'Jt tardavit alas cui populus frequens
laetum theatris ter crepuit sõnum:
25 cui Lachm. tum oder tnm oder t?».
Hvl a HORATII FLACCI
uie truncus inlapgus cerebro
sustulerat, nisi Fauiius ictum
ilextra levasset; Mereurialium
üo fU8to8 virorum. roddcrc victiiiias
Hödemque võti varn memeuto:
iu>8 humilem ferieiiiuB agnaui.
XVIII.
Non ebur neque aureum
inea renidet in domo lacuuar,
uon trabes Hymettiae
premunt columiias ultima recisas
õ Africa, uoque Attali
ignotus heres regiam occupavi,
uec Laconicas inihi
trahuut honeBtae purpuras clieutae.
at iides et ingeui
10 beuigua vena est, pauperemque dives
me petit: nihil supra
deos laceBso uec potentem amicum
largiora flagito,
satis beatus unicis Sabiiiig.
15 truditur dies die,
uovaeque perguiit iuterire lunae.
tu Hceanda marmora
locas 8ub ipguni funus et sepulcri
inmemor struis domos
20 marisque Baiis ob8trei>eiiti8 urgues
submovere litora;
parum locuples coutinenle ripa.
CARBfINüM Lia n. 18. 19. 65
quid quod usqiie proximos
revellis agri terminos et ultra
» limitea clientium
salis avarus? pellitur patemos
in sinu ferens dcos
et uxor et vir sordidosque natös.
uuUa certior tamen
) rapacis Orci sede destinata
aula divitem manet
emm. quid ultra teiidis? aequa tellus
pauperi recluditur
regumque pueris, nec satelles Orci
> callidum Promethea
rerexit auro captus. hic superbum
Tan taluni atque Tantali
genud coercet, hic levare functum
pauperem laboribus
» vocatus atque non vocatus audit.
XIX.
Bacchum in rcmotis carmina rupibus
vidi docentem, crcdite posteri,
nymphasque discentis et.auris
capripedum satyronim acutas.
' euhoc, recenti mens trepidat metu
jdenoque Baccbi pectore turbidum
laetatur. euboe, i)arce Liber,
parce gravi metuende thyrso.
fas perTica<*is est milii tbyiadas
) vinique fontem lactis et uberis
Lrhri, Horatiu:!.
66 a HORATII FLACCI
cantare rivos atquc truncis
lapsa cavis itcrare mella,
fas et beatae coniugis additum
stellis houorem tcctaque Penthei
ir> digiecta non leni ruiiia,
Thracis et exitium Lyeiir^
tii flectis amuis, tu mare barbaruni;
tu separatis uvidus in iugis
iiodo coerces vipcrino
2<) Bistonidum sine fraude crinis.
tu, cum parentis regiia per ardiium
cohors Gigantum seanderet inpia,
Rhoetum retorsisti leonis
ungiiibus horribilique maia:
2:> qiiamquam chorcis aptior et iocis
liidoque dictus non sat idoneus
pugnae ferebaris; sed idem
pjicw eras mediusque belli.
te vidit insons Cerberus aureo
30 eornu decorum leniter atterens
caudam et recedentis trilingui
ore pedes tetipitque erura.
XX.
Vnecht.
Non usitata n6c tenui ferar
penna biforniis per liquidum aethera
vates, neque in terris morabor
longius, invidiaque maior
CARMINUM LIB. II. 19. 20. 67
5 urbis relinquam. non ego pauperum
sanguis parentum, non ego quem vocaS;
dilecte Maecenas, obibo,
nec Stygia cohibebor unda.
iam iam residunt eruribus aspcrae
10 põlles et album mutor in alitem
supeme nascunturque leves
per digitos umeroaque plumae.
iam Daedaleo tutior Icaro
yisam gementis litora Bospori
15 Syrtisque Gaetulas, canorus
alesy Hyperboreosque campos.
me Colchus et qui diBsimulat metum
Marsae cohortis Dacus et ultimi
noscent Geloni, me peritus
2') discet Hiber Rhodanique potor.
absint inani funere neniae
luctusque turpes et querimoniae;
conpesce clamorem ae sepulcri
mitte supervacuos honores.
13 tutior B. notior und ocior.
5*
Q. HOEATII FLACCI
CARMINUM
MBER TERTIUS.
I.
Olli profaiium volgus et areeo.
favcte liugruis: earniiua nou prius
audita musanim sacerdos
virgiuibiiB puerisque canto.
5 Kegrum timeudorum iu proprios gregres,
regcs in ipsos imperium est lovis,
clari Giganteo triumpho,
cimeta Bupercilio movcutis.
cst ut viro vir latius ordiiiet
lu arbiista sulcis, hie generosior
desceudat iu campum i)etitor,
moribus hie meliorque fama
ciuiteudat, illi turba elieutium
sit maior: aequa lege ueeessitas
i> s?ortitur insiguis et imos,
t»mue eai)ax niovet urua uomeu.
destrictus eusis eui super iupia
eerviee peudet^ uou Sieulae dapes
dulecm elaborabuut saporeui,
ao Qou avium eithanieque eautus
a HORATII FLACCl CARMINÜM LIB. III. 1. G^
Bomnum rcducent. somnus agrestiuin
lenis virorum non humilis domos
fastidit umbrosamque ripam,
non zephyris ag:itata Tempe.
25 desiderantem quod satis est jieque
tumultuosum sollicitat mare,
nec saeyus arcturi cadentis
impetus aut orientis haedi,
M)
non verberat«ae grandine vineae
fundusque niendax, arbore nunc aquas
culpante, nunc torrentia agros
sidera, nunc hiemes iniquas.
contracta pisces aequora sentiunt
iactis in altum molibus: huc vehens
35 caementa. demittit redemptor
eum famulis dominusque terrao
fastidiosus: sed timor et minae
scandunt eodem quo dominus, neque
decedit aerata triremi et
40 post equitem sedet atra cui*a.
quod si dolentem nec Phrygius lapis,
nec purpurarum sidere clarior
delenit usus, nec Falerna
vitis Achaemeniumque costum,
15 cur invidendis ppstibus et novo
sublime ritu moliar atrium?
cur valle pennutera Sabina
divitias operosiores?
34 vehens. frcquens.
70 Q. HORATII FLACCr
II.
Angustam aiiiice pauperiem imti
rohustus acri miliria jmer
condiseat et Parthos ferocis
vexet eques mctueudus hasta
5 vitamque sub divo et trepidis agat
in rebus, illum ex moeuibus hostieis
matrona bellantis tyranni
prospiciens et adulta virgo
suspiret: eheu, ne rudis agminum
10 sponsus lacessat- regius aspcrum
tactu leonem, quem eruenta
per medias rapit ira eaedis.
dulce et dccorum est pro patria mori:
mors et fugaeem persequitur virum,
15 nee pareit inbellis iuventae
poplitibus timidoque tergo.
virtus repulsae nescia sordidae
intaminatis fulget honoribus,
nee sumit aut ponit seeuris
20 arbitrio popularis aurae.
virtus recludens inmeritis mori
eaclum uegata temptat iter via,
ooetusque volgaris et udam
si)ernit hunuim fugiente penna.
25 est et fideli tuta silentio
merces: vetabo, qui Cereris saerum
Yolgarit arcanae, sub isdem
sit trabibus fragilemve mecuui
CARMINÜM LIB. IIL 2. 2'. 71
solvat phaselon: saepe Diespiter
^30 neglectus incesto addidit integrum;
raro antecedentem scelestum
deseruit pede Poena claudo.
Angustam amice pauperiem pati
rohustus acri militia puer
condiscat et Parthos ferocis
rexet eques metuendus hasta
^ vitamque sub divo et trepidis agat
in rebus, illum ex moenibus hosticis
matrona bellantis tyranni
prospiciens et adulta virgo
suspiret: ehcu, ne rudis agminum
HO sponsus lacessat regius asperum
tactu leonem, quem cruenta
per medias rapit ira eaedes.
dulce et decorum est pro patria mori:
mors et fugacem persequitur virum,
15 nec parcit inbellis iuventae
poplitibus timidove tergo. .
:2i virtus recludens immeritis mori
caelum negata tentat iter vita,
coetusque volgaris et udam
spemit humum fugiente penna.
72 a HORATII FLACCI
* J\och ehk Versuch mit Bcnutziouj einiger wie es uhemen kamn roH
hier cerspreugter Strophen aus der 3. Odt\
Aiigii8tam amice pauperiem pati
robustus acri militia i)iier
condiseat et Parthos ferocis
vexet eques metueiulus hasta
:» vitanique siib divo et trepidis agat
iu rebus, illum ex moeiiibus hosticis
matrana bellantis tvranni
prospieicns et adulta virgo
siispiret: eheii, ne rudis agminum
Ui sponsus laeessat regius asperum-
tactu Iconeni, queni crueuta
I>er medias rapit ira caedes.
in, 49 auruni inrepertum et sic melias situm,
cum terra cclat, spemere fortior
quani cogere bumanos in usus
onine saerum rapiente dextra
quicunque mundo terminus obstitit
hunc tnngat amiis, Tisere gestiens
õoqua parte debaccbentur igiie^,
qua nebulae phniique rore*.
n.i3dulce et decorum est pro patria mori:
mors et fugaeem persequitur vimm
t5 nec pardt inbellis iuveutae*
poplitibus timidove tergo.
It virtos recludens immeritis mori
CAelum negata temptat iter via.
"70
CARMINÜM LIB. III. 2'. 3 io
coetusque volgaris et udara
spernit humum fugiente penna.
III.
lastum et tenaeem propo^ti virura
non eivium ardor prava iubeutium,
non võitus instantis tyranni
mente quatit solida, neque auster,
5 dux inquieti turbidus Hadriae,
nec fulminantis magna manus lovis:
si fractus inlabatur orbis,
inpavidum ferient ruinae.
hac* arte Pollux et vagus Hercules
10 enisus areis attigit igueas:
quos inter Augustus j*ecumbens
purpureo bibet ore neetar.
hac te merentem, Bacehe pater, tuae
vexere tigres indocili iugum
15 eollo trahentes, hac Quirinus
Martis equis Acheronta fugit,
gratum elocuta consiliantibus
lunone divis: 'Ilion, Ilion
fatalis ineestusque iudex
20 et mulier peregrina vertit
in pulverem, ex quo destituit deos
mercede paota Laomedon piihi
castaeque damnatam Minervae
cum populo et duee fraudulento.
25 iara nec Laeaenae splendet adulterae
famosus hospes, nec Priami domus
71 Q. HORATII FLACCI
periuni piig:Li«ad8 Aehivos
IIeoti»reis opibus refringit,
ii«»:iitrisque iluctuin seditionibiw
Ä> bollum resedit: pn»tinus et yravis
iras et invisum nepotem,
Tnnoa queui peperit sacenlos,
Marti redouabo. illum ego hicidas
iiüro sodes. diieere uectaris
: > 5iiuH»s et adscribi (|uieti8
ordiuibus patiar deoruni.
duiu longus inter saeviat Ilion
Itonianique pontus, qualibet exsules
iil parte regnanto beati;
U» iluiu Priami Paridisque busto
insultet amieutum et ea tules ferae
eelent iuultae, stet Capitoliimi
fulgens, triuniphatisque possit
Roma ferox dare iura Medis.
15 horrenda läte nomeu iii ultiinas
oxtendat oras, qua mediu8 liquor
Hoeernit Europen ab Afro,
qua tumidus rigat arva NiluS;
uurum inrepertum et sie meliiis situni;
titi (5um terra celat, speniere fortior
quam eogere liumanos in usus
omno sacrum rapiente dextra.
quicuuique mundo terminus obstitit^
Il uue tangat armis, visere gestiens
6/f qim parte debacehentur ignes,
qua nobulae pluviique rores.
CARMINÜM LIB. III. 3. 3\ 75
sed bellicosis fata Quiritibus
hac lege dico, ne nimium pii
rebusquc fidentes avitae
>o teeta velint reparare Troiae.
Troiae renascens alite lugubri
fortuna tristi clade iterabitur,
ducente victricis eatervas
coiiiuge me lovis et sorore.
J5 ter si resurgat murus aeneus
auetore Plioebo, ter pereat meis
excisus Argivis, ter uxor
eapta vimm puerosque ploret/
non hoc iocosae eoixveniet lyrae.
0 quo, musa, tendis? desine pervicax
referre sermones deorum et
magna modis tenuare parvis.
IIP.
1 lustum et teuaeem propositi virum
non civium ardor prava iubentium
non võitus instantis tyranni
mente quatit solida, neque auster,
5 dux inquieti turbidus Hadriae,
nee fulminantis magna manus lovis:
si fraetus illabatur orbis
impavidum ferient ruinae.
hac arte PoUux et vagus Hercules
.0 enisus arcis attigit igneas:
quos inter Augustus recumbens
purpureo bibet ore nectar.
76 a HORATII FLACCI
liac te merentem, Bacolie patcr, tuae
vexere tigres, indocili iiigiim
15 eol lo traliente^, liac Quirinus
Martis equis Aelierouta fugit,
{^ratiim eloeiita consiliantibus
Imione divis: 'Ilion, Uion
fatalis ineestusque iiidex
20 et mulier peregrina vei-tit
in pulverem, ex quo destituit deos
mercede pacta Laomcdon mihi
CÄStaeque damuatam Minei*vae
emu jKjpulo et duce frauduleuto.
25 iam nec Lacaenae spleiidet adulterae
famosus liosii>es, nec Priami domus
pcriui-a pugnaeis Achivos
Hectoreis oinbus refriiigit,
no8trisque ductum seditioiiibus
30 bclluin resedit: protinus et gravis
iras et invictum nepotem,
Troica quem dedcrit sacerdos,
Marti redonabo; illum ego lueidas
nierere sedes, dueere nectaris
35 siicos et adseribi quietis
ordinibus patiar deoruin.
iliim longus iuter saeviat Ilion
Romamque pontus, qualibet exsules
in parte regnanto beati ;
40 dum Priauii Paridisque busto
31 invictum. invisam. :r2 dcderit. pcperit. 34 merere. inire.
CARMIXÜM LIB. III. 3\ 4. 77
insultet armentum et eatulos ferae
celent inultae, stet Capitolium
fulgens triumphatisque possit,
Roma ferox dare iura Medis/
IV.
Descende caelo et dic age tibia
regina longum Calliope raelos,
seu voce nunc mavis acuta,
seu fidibus citharaque Phoebi.
5 auditis an me ludit amabilis
insania? audire et videor pios
errarc per lueos, amoenae
quos et aquae subeunt et aurae.
21 vester, camenae, vester in arduos
toUor Sabinos, seu mihi frigiduni
Praeueste, seu Tibur supinum,
seu liquidae placuero Baiae.
9 me fabulosae Volture in Appulo
10 altricis extra Urnina devio
ludo fatigatumque somno
frondc nõva puerum palumbes
texcre, mirum quod foret omnibus,
quicumque celsae nidum Acherontiae
15 saltuaque Bantinos et arvuni
pingne tenent huinilis Forenti,
ut tuto ab atris corpore viperis
dormirem et ursis, ut premerer sacra
10 limiua devio. limen Apuliae, ümina Piilliae.
78 Q. HORATII FLACCI
lauroquc oonlataque niyrto,
20 non sine dis animosus infans.
25 vestris araicum fontibus et choris
non me Philippis versa acies retro^
devota non exstinxit arbos,
nec Sieula Palinunis unda.
utcumque nieeum vos eritis, liben»
30 insanientem navita Bosporum
temptabo et urentis hareuas
litoris Assj rii viator,
visam Britannos hospitibus feros
et laetum equino sanguine Concanum,
35 visam ])haretratos Gelonos
et Seythicum inviolatus amnem.
vos Caesarem altuni, militia simul
fessas eohortes reddidit oppidis,
finire quaerentem labores
4» Pierio recreatis antro.
vos lene consilium et datis et dato
gaudetis almae
scimus ut impios
43 l^tauas immanemque turmam
fulmine sustulerit corusco
45 qui tenram inertem, qui mare temperat
ventosum et umbras regnaque tristia
divosque mortalisque turbas
imperio regit unus aequo.
44 corusco B. caduco
CARMINÜM LIB. III. 4. 7ft
ma^um illa terrorem intulerat lovi
fidens iuventus horrida braechiis,
fratresque tendentes opaco
Pelion inposuisse Olympo.
sed quid Typhoeus et validus Mimas,
aut quid minaoi Porphyrion statu,
quid Rhoetus evolsisque truncis
Enceladus iaculator audax
contra sonautem Palladis aegida
possent ruentes? hinc avidus stetit
Voleanus, hinc matrona luno et
numquam uraeris positurus arcum,
qui rore puro Castaliae lavit
crinis solutos, qui Lyciae tenet
dumeta natalemque silvam^
Delius et Patareus AdoIIo.
vis consili expers mole ruit sua:
vim temperatam di quoque provehunt
in maius; idem odere viris
omne nefas animo moventis.
testis meanim eentitnanus Gyas
sententiarum, notus et integrae
temptator Orion Dianae^
virginea domitus sagitta.
iniecta monstris Terra dolet suis
maeretque partus fulmine luridum
missos ad Orcum; nec peredit
inpositam eeler ignis Aetnam,
incontinentis nec Tityi iecur
reliquit ales, nequitiae additus
S() Q IIORATn FLACCI
custos; amatorem treccntae
so Piritliouin eoliibent ciitenae.
V.
(.^aelo ttniantcin crcilitlimiis loveni
rcjjnare: pracseiis <livu.s habebitur
Augustus adiectis Britaunis
impcrio gravil)usque Porsiö.
■» uiilesuc Crassi coiüuge barliara
turi)is maritus vixit et hostium
(pro (»uria inversique niores!)
conscnuit soecroruni iii annis
sub rege Medo Marsus et Appulus,
10 anciliorum et nominis et togae
oblitus aeternaefpie Vestae,
•ineolunii love et urbe Roma?
lioc eaverat mens provida Keguli
(lisscntientis (M)n(licionibus
if) foedis et exeniplo trabcnti
pernicieni veniens in ae^ uni.
81 non perirot inmiserabilis
oai)tiva pubes. 'signa ego Punicis
atlfixa debibris et anna
20 mililibus sine caede* dixit
Merei)ta vidi, viili ego oiviuni
rctorta tcrgo bracehia libcro
l)orta8que non cbuisas et arvo
Marte coli i)opubita nostro.
17 l^ moint perirent imiir-o abilos
CARMINÜM LIB. III. 4. 7ft
magmum illa terrorem intulerat lovi
50 fidens iuventus horrida bracehiis,
fratresque tendentes opaco
Pelion inposuisse Olympo.
sed quid Typhoeus et validus Mimas,
aut quid minaoi Porphyrion statu,
55 quid Rhoetug evolsisque truncis
Enceladus iaculator audax
contra sonautem Palladis acgida
possent ruentes? liine avidus stetit
Volcanus, liine matrona luno et
6<) numquam umeris positunis areum,
qui rore i)uro Castaliae lavit
erinis solutos, qui Lyeiae tenet
dumeta natalemque silvam,
Deliiis et Patareu8 Annllo.
<M vis consili expers mole ruit sua:
vim temperatam di quoque proveluint
in maius; idem odere viris
omne nefas animo moventis.
testis meanira eentimanus Gyas
7» sententiarum, notus et integrae
temptator Orion Dianae,
virginea domitus sagitta.
inieeta monstris Terra dol(»t suis
maeretque partus fulmine luriduin
75 missos ad Oreum; nec peredit
inpositam eeler ignis Aetnam,
incontinentis nee Titvi ieeur
reliquit ales^ nequitiae additus
82 Q. HORATII FLAOCI
quaiu si dientiim lõnga ncgotia
diiudioata lito relinqueret,
55 tendens Venafranos in agros
aut Lacedacmonium Tarentiim.
Vas hi<T ais W und VI- ocgehcn^ Jciics mil fehUHdam Schiuss*
(iics nui fchktulem Anfang. gekt gewöhnlich ais ein zu
sammaihäntjendes Gedicht,
VP.
Dolicta maioruni heii incritiis lues^
Romane^ doiiec templa refeeeris
aedisque labentis deoruni et
foeda nijrro simiilaera fumo.
h dis te miuoreni (iiiod geris, iniperas:
hinc omiie i)rincii)iiinj, liuc refer exitum:
di muita ncglccti dederunt
Hesperiae mahi luctuoKae.
iam bis Moiiaescs et Pacori manus
10 non ausjücatos contudit inpetus
nostroH et adiecis^^e praodam
torquibus exiguis renidet.
paene ocoupatam neditiouibus
delevit urbem Dacu« et Aethiops,
!.•» hic classe formidatus, iile
missilibue melior sagittis.
1 heu meritufi inmeritus.
4 •
.y
CARMINCM LIB. 111. 6». 6«. 83
VI •^.
fecunda culpac ^accula uu])tias
prinmm inquinavcre et genii» et domos
hoo fonte dcrivatu elades
) in patriaui i)opuluinque fluxit.
mõtus doceri gaudet lonieos
Komana virgo et fingitur artibus
iam nunc et incet^toB amores
de tenero meditatur iiugiü:
) mox iuniores cniaerit adiilteros
inter mariti vina, neciiie eligit
cui donet iupemiissa raptim
gaudia lunünihuH remotis,
8ed iussa corani non sine coiu<eio
> Burgit marito, «cu voeat institor
seu navis Hisjiauae magister,
dedeconiui j»retiosiw emi>tor.
n(ui his iuventus ort;i parentibus
infecit aeciiior sanguine Punico,
I Pyrrbumque et ingentem eecidit
Antiochum Hannibalem(tue dirum;
sed rusticorum mascula militum
proles, Sabellis doctu ligonibiis
22 Komana, matura.
84 Q. HOBATII FLACCl
versare glaebas et scvcrae
40 matris ad arbitrium recisos
portare fustis^ äol ubi niontium
mutarct uiiiY)ra*i et ing:i demeret
bobuA fati<ratis, amiciim
tempus agens abeunte eumi.
45 damnosa quid U4)U inminuit dies?
aetas parentum |>eior äris tulit
nos nequioreS; mox daturos
progeniem vitiosiorem.
VIL
Quid iles, Asterie, quem tibi oandidi
priuiti restituent vere favonii
Thyiia meree beatum,
eonstantis iuveneni fide
5 Gygen? iile notis aetus ad Oricum
post insaiia caprae sidera frigidas
noetis non siue multis
insomnis laerimis agit
atqui soUieitae mintius hospitae,
10 suspirarc Chloen et miseram tuis
dicens iguibus uri,
temptat mille vafer modis.
ut Proetuni mulier periida credulum
falsis in))ulerit criminibus nimis
15 casto Bellerophonti
maturare necem refert;
narrat paene datum Pelea Tartaro,
Maguessam üippolyten dum fugit abstinens;
lk:
GARMIXUM LIB. III. 7. 8. 85
et peccare docentis
2«> fallax hiBtorias movet.
frustra: nam scopulis surdior Icari
voces audit adhuc integer. at tibi
ne vicinus Enipeus
pius iusto placeat cave:
25 quamvis non alius flectere equum soiens
aeque conspicitur gramine Martio,
nec quisquam oitus aeque
Tusco denatat alveo.
priina nocte domum claude neque in vias
90 sub cantu querulae despice tibiae,
et te saepe vocanti
duram difficilis mane.
VIIL
Martiis eaelebs quid agam calendis,
quid velint flores et acerra turis
plena miraris positusque carbo in
caespite vivo,
5 docte sermones utriusque linguae.
voveram dulcis epulas et album
Libero caprum prope funeratus
arboris ictu.
hic dies anno redeunte festus
10 corticem adstrietum pice dimovebit
amphorae fumum bibere institutae
eonsule Tullo.
5 wahrscheinlich ein falscher Vcrs.
S6 a HORATII FLACCI
sume, Maecenag, eyatho» amici
sospitis centuniy et vigiles lucernas
15 perfer in lucem; procnl oniiiis esto
cura futuri.
mitte eivilis super urbe curas:
oeciilit Daoi Cotisonis agmen,
Medus infestus sibi luetuosis
'10 dissidet armiSy
servit Hispanae vetus hostis orae
Cantaber, sera domitus eateua,
iam Scythae laxo meditantur arcu
cedere eaiupis.
25 neglegens nequa populus laboret
parce privatus nimium eavere;
dona praesentis cape laetus liorae:
linque severa.
d
IX.
Donee gratus eram tibi
nec quisquam potior braeehia candidae
c^rrici iuvenis dabat,
Persarum vigui rege beatior,
5 Monec non alia magis
arsisti ncquo erat Lydia post Chloen,
raulti Lydia nominis
Romaua vigui elarior liia.*
me uunc Thressa Chloe regit,
10 dulcis doeta modos et eitharae sciens,
10 cura futuri. clamor et ira.
CAKMINÜM LIB. IIL 9. 10. 87
pro qua non metuam mori,
81 parcent aniroae fata superstiti.
'me torret face mutua
Thurini Calais filiua Omyti,
15 pro quo bis patiar mori,
si parcent puero fata superstiti/
quid si prisca redit Venus
diduetosque iiigo cogit aeneo?
si flava exeutitur Chloe,
20 reiectaeque patet ianua Lydiae?
'quamqiiam sidere pulchrior
iile est, tu levior cortic<j et inprobo
iracundior Hadria,
teeum virere amem, tecuni obeam libens/
X.
Extremum Taiiain si biberes, Lyce
saevo nupta viro, me tamen asperas
l)orrectum ante foris obic^re incolis
plorares aquilonibus.
5 audis quo strepitu ianua, quo nemus
inter pulchra satum teeta remugiat
ventis, et positas ut glaciet nivis
puro numine luppiter?
ingratam Veneri pone superbiam,
10 ne currente retro funis eat rota.
non te Penelopen difficilem pro^^is
Tyrrhenus genuit parens.
o quamvis neque te munera nec preces
nec tinetus viola pallor amantium
88 Q. HORATII FLACCI
t5 iiee vir Pieria paelice saueius
curvat supplicibus tuis,
parcas, nec rigida mollirr aesculo
nec Mauris animum mitior anguibus.
non hoc commeruit liminis aut aquae
20 caelestis patiens latus.
XI.
Mcrcuri (nam te docilis magistro
movit Amphion lapides canendo)
tuque testudo resonarc septem
eallida nervis,
5 nec loquax olim neque grata, nunc et
divitum mensis et amica templis,
dic modos, Lyde quibus obstinatas
adplieet auris,
quae velut latis equa trima eampis
10 ludit exsultim metuitque tangi,
nuptiarum expers et adhuc protervo
cnida marito.
tu potes tigris comitesque silvas
ducere et rivos celeres morari;
15 cessit inmanis tibi blandienti
ianitor aulae;
Cerberus, quamvis furialo eentum
muniant angues eaput eius atque
spiritus taeter sanicsquc manet
20 ore trilingui.
19 commeruit. semper erit.
CARMINCM LIB. III. II. gÖ
quin et Ixion Tityosque voltu
risit invito; stetit urna paullum
sicca, dum grato Danai puellas
carmine mulces.
% audiat Lyde scelus atque notas
virginum poenas et inaiie lymphae
dolium ftindo pereuntis imo
seraque fata,
quae liiunt poenas etiam sub Orco.
30 inpiae nam quid potuere maius?
inpiae sponsos potuere duro
perdere ferro.
una de multis face nnptiali
digna periurum fuit in parentem
35 splendide mendax et in orane virgo
nobilis aeviim,
'surge' quae dixit iuveni marito,
'surge, ne longus tibi somnus unde
non times detur: socerum et scelestas
40 faile sorores,
quae velut nactae vitulos leaenae
singulos eheu lacerant: ego illis
moUior nec te feriam neqüe intra
claustra tenebo.
45 me pater saevis oneret catenis,
quod viro clemens misero peperci;
me vel extremos Numidanim in agros
classe releget.
29 luant poenas. manent culpas.
90 Q. KORATIl FLACCI
i pedes quo te rapiunt et aurae,
50 (lum favet nox et Venus, i secundo
omine et nostri memorcm sepulero
scalpe querellani.'
XII.
Misenirum ost iie([ue amori dare ludum iieque dulci
maia vino lavere aut exanimari metuentis
patruao verbera liiiguae.
tibi qualum Cj thereae puer ales, tibi t^las
5 operosaeque Minervae studium aufert, Neobule,
Liparaei nitor Hebri,
siraul imetos Tiberinis umeros lavit iu uudis,
eques ipso melior Bellerophonte, neque pugno
neque segui pede victus;
10 eatus idem per apertum fugientis agitato
grege eervos iaculari et celer arto latitantem
fruticeto exciperc apnuu.
XIII.
0 fous Baudusiae, spleudidior vitro,
dulci digue mero non sine floribus,
eras donaberis haedo,
Otti frons turgida eomibus
5 primis et Venerem et proelia destinat.
frustra: uam gelidos infieiet tibi
rubro sanguine rivos
lascivi suboles gregis.
te flagrantis atrox hora eanieulae
10 nescit tangere, tu frigus amabile
r
CARMINÜM riB. m. 12 13. U. 91
fessis vomere tauris
praebes et peeori vago.
fies nobilium tu quoque fontium,
me dicento cavis inpositani ilicem
5 saxis; unde loquaces
lymphae desiliunt tuae.
XIV.
Bis y, 16 ech( und voUständig.
Herculis ritu modo dietus, o plebs,
niorte veiialeiu petiisso lauruin
Gaesar Hispana repetit penatis
victor ab ora.
b unico gaudens mulier marito
prodeat iustis operata diviH,
et soror clari ducis et decorae
supplice vitta
virgiuum matres iuvenumque nu[)er
0 sospituui, vosque o pueri et puellae
haud viruni expertac, male et ominatis
parcite verbis.
hic dies vere mihi fcstus atras
eximet euras: ego nee tumultum
5 nee mori pcr virn metuam tenente
Caesare tcrras.
i pete unguentum, puer, et eoronas
et cadum Marsi memorem duelli,
Spartacum siqua potuit vagantem
) fallere testa.
tO Ueberlieferung vos o pueri et puellae iam vinim expertae male
ominatis (und nominatis) parcite verbis. — haud gab Pottier.
92 Q. IIORATII FLACCI
dio et argutiio j)ropcret Xcaerae
murreum iiodo eohiberc ennem,
si pcr iiivisuni inoni ianitorem
tiet, abito.
25 leuit albesoens aiiimos eapillus
litiiim et rixae eupidos protervae;
noil ego boc ferrem ealidus iuventa
eonsule Planeo.
XV.
Uxor paiiperis Ibyei,
tandem nequitiae fige modum tuae
famoftisque laboribus ;
maturo [)ropior desine funeri
5 inter ludere virgines
et stellis nebulam spargere eandidig.
non, siquid Pholoen satis,
et te, Chlori, decet. filia rectius
expugnat iuvenum domos,
10 pulso thyias uti concita tympano.
illam cogit amor Nothi
lascivac similera ludere capreae:
te lauac prope nobilem
tonsae Luceriam, non eitharae decent
16 nec flos purpureas rosae
nec poti vetulam faeee tenus cadi.
x^^.
Inclnsam Daimen turris aenea
robuBtaeque fores et vigilum canum
trurtes^ excubiae munierant satia
aoctumis ab adulteris,
CABMINÜM LIB. III. lõ. 16. 93
5 si non Acrisium \1rgiiiis abditae
cuBtodem paviduin luppiter et Venus
risissent: fore enim tutiun iter et patens
eonverso iu pretium deo.
aurum per medios ire satellites
10 et pen-uinperc amat saxa potentius
ictu fulmineo: concidit auguris
Argivi domus, ob lucruiii
demersa exitio; difiidit urbium
portas vir Macedo et subruit aemulos
15 reges muneribus; munera iianum
saevos inlaqueant duces.
cresceiiteni sequitur eura pecuniam
maionimque fames. iure perhorrui
läte C(m8pieuum toUero vertieem,
20 Maecena^; equitum decus.
quanto quisque sibi plura negaverit,
ab di8 plura feret: nii eupientium
nuduB eastra peto et transfuga divitum
partis linquero gestio,
K5 contemptae dominus splendidior rei
quam si quidquid arat inpiger Appulus
oeeultare meis dicerer liorreis,
magnas inter opes inops.
purae rivus aquae silvaque iugcruni
to paueorum et segetis eerta fides meae
fulgentem imperio fertilis Afrieae
fallit sorte beatior.
quamquam nec Calabrae mella ferunt apeS;
nec Laestrygonia Bacchus in itmpbora
94 Q UORATJI FLACCl
35 lanjrucscit niilii. nec iiinguia Gallicis
crei?cunt vellera {laifcnis.
inportiina tainen iiauperie< abcst,
ncc, ?i plura velini. tii (lare denegCB.
contracto iiicliiis parva eiiiiidine
40 veotipilia jiorri^^ni
cjiiaiii si Mvpltiiiüs re^'num Alyattei
canipis criiitinaem. inuha ;»etentibu!i
flojaiint muita: Ikmu; ost. ciii «leus obstulit
paroa ciuml satis e^^t niami.
xvr.
Inclusani Ihuiaeu turris aenea
roliu^taeque f«»res nc- vitnlum canuni
tri<tcs exruliiao muiiierant sati?
nf>fturiiis ab adiilteris.
\* auruni |»er inetli<»s ire satellites
et perrumnere amat saxa potentiu?
ictu fulniinoi»: (M«nciiiit auguris
Ar^'ivi (lomus. ob hu-rum
tleintTsa exiti<i; iUffiilit urbium
portas vir Jlaocdo vx subnüt aemulos
\\ re^es muneribus; niunera iia\inni
8aoros illaqueant iluees.
crescens at se(|uitur cura pecunlam
maittruniquo fames. iure perhomii
Ute conspi(»uuin toUere verticoni,
20 Macceiias, equituiu ilecu9.
2 nec. ei. 17 crescens at cn»centem.
i
%
CARMIN^ÜM LIB. III. 16*. 17. 95
15 contemtae dominus splcndidior rei
qiiani si quidqidd erat iinpi^cr Appulus
oc<!tultaro mei» dicerer horreis,
magnas inter oi)es iuops,
11 qiiam h\ niygdcmiis rcgnum Alyattci
carapiB eontinueni. muita petentibus
desunt muita; bene est, cui deu8 obtulit
parea quod satis est manu.
XVII.
Vttecht.
Aeli vetusto nobilis ab Ijamo,
quando et i)rioro.s hine Lamias fcrunt
denominatos et nepotuui
per memore« genus onuie fastos
5 anctorc ab illo ducit origincm,
qui Formiarum moenia dieitur
prineeps et innantem Maricae
litoribus tcnuisse Lirini
latc tyranuus: eras foliin nemuR
0 multis et alga litus inutili
demissii tempcntas ab curc»
Hteriiet, aquac nisi fallit augur
aniiosa cornix. duni poti», ariduin
coupone lignuiii : eras genium mero .
> curabis et porco bimciistri
cum famulis operuin solutis.
XVIII.
Faune nympharuni fugientum amator,
per meos finiš et aprica rura
96 ;q. horatu flacci
leuis incedas abeasque panis
acquua alumniS;
5 si tener pleno cadit haedus anno,
larga uec desunt Veucris sodali
vina ci-aterae. vetus ara multo
fumat odore,
ludit herboso pecus oiimc campo,
lu cuin tibi nouae redeuut decembrcs;
festus iu pratiö vacat otioso
cum bove pagus.
inter audacis lupus crrat agnos;
gpargit agrestis tibi silya frondis;
15 gaudet invisaiu pcpulisse fossor
ter pede terram.
XIX K
A7A'* und Ä'IX^ nach dcr Uvherlieferung ein dmiges chac Lüeken
zusammenhängendes Gfdicht.
Quantuni distet ab Inaeho
Codrus pro patria non tiinidus mori,
narras et genus Aeaei
et pugnata saera bella sub Ilio:
5 quo Chium pretio cadum
mercemur, qais aquam temperet ignibus,
quo prae1)ente domum et quota
Paelignis caream frigoribus, taces.
«. s. U\
t '^
CARMINITM LIB. IIL 19*. 20. 97
XIX 2.
da lunae propere novae,
10 da noctis mediae, da^ puer, aiiguris
Murenae: tribus aut novem
miscentur cyathis pocula commodis.
qui musas amat inpariS;
temos ter cyathos attonitus petet
15 vates; tris proliibet supra
rixarum metuens tangere gratia
nudis iuncta sororibus.
insanire iuvat: cur Berecyntiae
« cessant flamina tibiae?
20 cur pendet tacita fistula cum lyra?
parcentis ego dexteras
odi: sparge rosas: audiat invidus
dementem strepitum Lycus
et vicina seni non babilis Lyco.
!5 spissa te nitidum coma,
puro te similem, Telepbe, vespero
tempestiva petit Rhode;
me lentus Glycerae torret amor meae.
XX.
Vnecht.
Non vides quanto moveas periclo,
Pyrrbe, Gaetulae catulos leaenae?
dura post paullo fugies inaudax
proelia raptor,
LsHBS, Hontiiu.
9S a HOIL\TII FLACCI
5 cum per obstantis iuvenum cater\*a8
ibit insignem repetens Nearehum,
grande certamen, tibi praeda cedat,
maior an illa.
intcrim, dum tii celeris sagittas
10 prorai», haec dentis acuit timendos,
arbiter pugnae posiiisse nudo
Rub pede palmam
fertiir, et leni recreare vento
sparglini odoratis umerum capillig,
15 qiialis aut Xireiis fiiit aut aquosa
raptus ab Ida.
XXL
0 nata raecum eonsule Manlio,
seu tii querellas sive geris iocos
seu rixam et insanos amores
seu facilem, pia testa, somnum,
5 quocumquo lectum nomine Massieum
servas, raoveri digna bono die,
descende, Corvino iubente
promere languidiora vina.
non iile, quamquam Soeraticis madet
10 semionibus, te neglegit horridus.
narratur et prisci Catonis
saepe mero incaluisse virtus.
tu lene tormentum ingenio admoves
iderumque duro; tu sapientiiim
8 illa Peerlk. illi.
^
CARMINÜM LIB. III. 21. 21^. 99
15 curas et arcanum iocoso
consilium retegis Lyaeo;
tu spem reducis raentibus anxiis
virisque et addis coruua paupcri
post te neque iratos trementi
20 regum apices neque militum arma.
te Liber et si laeta aderit Venus
segnesque nodum solvere gratiae
vivaequc producent lucernae,
dum rediens fugat astra Phoebus.
xxr\
0 nata meciim consule Manlio
6 digna et moveri testa bono die,
descende, Corvino iubente
promere languidiora vina.
non iile, quamqiiam Soeraticis madet
10 sermonibus, te neglegit horridus.
naiTatur et prisei Catonis
saepe mero incaluisso virtus.
tu lene tormentum ingenio admoves
plerumque duro; tu sapientium
15 curas et arcanum iocoso
consilium retegis Lyaeo;
tu spem reducis mentibus anxiis
virisque et addis cornua pauperi
post te neque iratos trementi
20 regum apices neque militum arma.
-♦
100 Q. HOBATII FLACCl
tecum libentor laeta aderit Vcnus
Begnesque nodum solvere Gratiae:
vivasque produces lucernas,
dum rediens fugat astra Phoebus.
XXII.
Montium custos nemorumque virgo,
quae laborantis utero puellas
ter vocata audis adiinisque leto,
diva triformis,
5 inminens villae tua pinus esto,
quam per exactos ego laetus annos
verris obliquum meditantis ictum
sanguine donem.
xxm.
Caelo supinas si tuleris manus
nascente luna, rustica Phidyle,
si ture placaris et homa
fruge laris avidaque porca,
5 nec pestilentem sentiet Africum
fecunda vitis, nec sterilem seges
robiginem aut dulces alumni
pomifero grare tempus anno.
nam quae nivali pascitur Algido
to devota quercus intor et ilices
aut crescit Albanis in herbis
victima pontifieum securim
21 te Liber et si laeta aderit Venus. 24 viyaeque prodaoent
Incernae.
CARÄUNUM LIB. lU. 22. 23. 24 101
cervice tinguet: te niliil attinet
temptare muita caede bidentium
15 parvos coronantem mariiio
rore deos fragilique myrto.
inmunis aram si tetigit manus,
non sumptuosa blandior hostia
moUivit aver808 penatis
20 farre pio et salicnte mica.
XXIV.
Intactis opulentior
thesauris Arabum et divitis Indiae
caementis licet occupes
Tyrrhenum omne tuis et mare linteis;
5 si figet adamantinos
summis verticibus dira Necessitas
clavos, non animum metu,
non mortis laqueis expedies caput.
campestres melius Scytliae,
10 quorum plaustra vagas rite trahunt domos,
vivunt et rigidi Getae,
inmetata quibus iugera liberas
fruges et Cererem ferunt,
nec cultura placet longior annua^
4 linteis. ponticam, publicum, Apulicum. 5 figet. figit
102 a HORATII FLACCI
15 dcfunctiimque laboribus
aequali recreat sorte vicarius.
illie matre earentibus
pringnis niulier temperat innooens,
nec (lotata regit virum
2^> coniunx, iicc nitido Mit adultero.
dos est magna parentium
virtus et metiiens alterius viri
eerto focdere castitas,
et peeoare iiefas aut pretium ost niori.
25 o quisquis vcdet inpia.s
caedis et rabiem toUere oivioam,
si quacret patcr urbium
subscribi Htatuis, indomitam audeat
refreiiare lieentiauK
30 clarus postgrenitis ; quatenus, heu nefas,
virtutem incolumem odimiis.,
sublatam ex oculis quaerimus invidi.
quid tristes qiicrimoniae,
si iion 8ui)plicio culpa reciditur,
35 quid leges sine moribus
vauae proficiunt, si neque fenidis
pars inclusa caloribus
mündi nec boreae finitimum latus
durataeque gelu nives
40 mercatorem abigunt, horrida callidi
vincunt aequora navitae,
magnum pauperies opprobrium iubet
:)9 gclu B. solo.
CARMINÜM LIB. III. 24. 25. 103
quidvis et facere et pati,
virtutisque viani deserit arduae?
45 vel nos in Capitolium,
qiio clamor vocat et turba faventium,
vel nos in mare proximum
gemraas et lapides aunim et inutile,
summi materiem mali,
50 mittamus, scelerum si bene paenitet.
eradenda cupidinis
pravi sunt elementa et tenerae nimis
mentes asperioribus
formandae studiis. nescit equo rudis
55 liaerere ingenuus puer
venarique timet, ludere doetior,
scu Graeco iubeas troeho
seu malis vetita legibus alea,
cum periura patris fides
60 consortem soeium fallat et liospitem,
indignoque pecuniam
heredi properet. scilicet inprobae
ereseunt divitiae: tamen
curtae nescio quid semper abest rei.
XXV.
Quo me, Bacche, rapis tui
plenum? quae nemora aut quos agor in specus
velox mente nõva? quibus
antris cgregii Caesaris audiar
5 aetemum meditans decus
stellis inserere et consilio lo^ds?
104 Q. HOBATII FLACCI
dicam insigne, receus, ailliuc
indictum ore alio. non secus in iugis
Edonis stupet euhias,
10 Hebnim prospiciens et nive candidam
Thracen ae pede barbaro
lustratam Rhodopen, ut mihi devio
ripas et vaeuum neiniis
mirari libet. o naiadum potens
15 baecliarumque valentium
proceras manibus vertere fraxinos,
nii parvum aut humili modo,
nii mortale loqiiar. dulee periculum est,
0 Lenaee, sequi deum
20 cingentem viridi tempora pampino.
XXVI.
Vixi puellis nuper idoneus
et militavi non sine gloria:
nime anna defunetumque bello
barbiton liic paries habebit,
5 laevum marinae qui Veneris latuB
custodit. hic, bic ponite lucida
funalia et veetis et arcus
oppositis foribus minacis.
0 quae beatam diva tenes Cyprum et
10 Memphin carentem Sithonia nive,
regina, sublimi flagello
tange Chloen semel arroganteml
9 Edonis B. exsomnis.
CARMINÜM LIB. III. 25. 26. 27. 105
XXVII.
Une eht
Inpios parrae recinentis omen
ducat et praegnans canis aut ab agro
rava decurrens lupa Lanuvino
fetaque volpes.
5 rumpit et serpens iter institutum,
si per obliquum similis sagittae
terruit mannos. ego cui timebo
providus auspex,
antequam stantis repetat paludes
0 ixnbrium divina avis inmineutum,
oscinem corvum prece suscitabo
solls ab ortu.
ais licet felix ubicumque mavis,
et memor nostri, Galatea, vivas;
J teque iiec laevus vetat ire pieus
nec vaga cornix.
sed vides quanto trepidet tumultu
pronus Orion. ego quid sit ater
Hadriae novi sinus et quid albus
) peceet iapyx.
hostium uxores puerique caecos
sentiant mõtus orientis austri et
aequoris nigri fremitum et tremeiitis
verbere ripas.
> sic et Europe niveum doloso
eredidit tauro latus et scatentem
beluis pontum mediasque fraudes
palluit audax.
lt)6 Q. HORATII FLACCr
iiupcr in pratis studiosa flonun et
3<» (Icbitae nympliis opifex ooronae
iiocte snblustri nibil astra praeter
vidit et undas.
([uae sinuil centum tetigit i)otentem
oppidis Cretcn, ^pater o relictum
35 filiae noinen pietasque' dixit
'victa furore!
unde quo veni? levis una mors est
virginum eulpae. vigilansne ploro
turpe conmissum, an vitiis carentem
40 ludit imago
vana, quao porta fugiens ebunia
8omnium ducit? meliiisne fluctus
irc i)er longos fuit, an reeontis
earpcre florcs?
45 siqiiis infamem mibi nune iuvencum
dedat iratae, laccrare fcrro et
frangere enitar modo multiim amati
comua monstri.
inpiidens liqui ])atrios penates,
50 inpudcns Orcum moror. o deorum
siquis hacc audis, utinam inter errem
nuda leones.
antequam tiirpis macies deeentis
oecupet maias, teneraeque sucus
55 defluat praedae, speciosa quaero
pasocre tigris.
vilis Europe, pater urguet absens:
quid mori cessas? potes hao ab onio
CARMINÜM LIB. III. 27. 28. 107
pendulum zona bene te secuta e-
[) lidere collum.
sive te rüpes et acuta leto
saxa delectant; age te procellae
crede veloci, nisi erile mavis
carpere pensum
> regius sanguis, dominaeque tradi
barbarae paelex/ aderat querenti
perfidum ridens Veniis et remisso
. filius arcu.
mox ubi lusit satis, ^abstineto'
) dixit Mrarum calidaeque rixae,
cuiri tibi invisus laceranda reddet
comua tauni8.
uxor invicti lovis esse nescis!
mitte singultus, bene ferre magnam
> disce fortunam: tua seotus orbis
nomina ducet.'
XXVIII.
Festo quid potius die
Neptuni faciam? prome reeonditum,
Lyde, strenua Caecubum,
munitaeque adhibe virn sapientiae.
• inclinare meridiem
sentis, ae veluti stet volucris dies
parcis deripere horreo
cessantem Bibuli consulis amphoram.
nos cantabimus inyicem
) Neptunum et vindis Nereidum comas:
108 Q. HORATII FLACCI
tu curva recines lyra
Latonam et celeris spicula Cynthiae,
summo carmine quac Cuidon
fulgentisque tenet Cycladas et Paphon
15 iunctis visit oloribus.
dicetur merita Nox quoque iienia-
XXIX.
Tyrrhena regum progenies, tibi
non ante verso lene merum cado
cum flore, Maecenas, rosarum et
pressa tuis balanus capillis
5 iamdudum apud me est. eripe te morae,
ne semper udum Tibur et Aesulae
declive contempleris arvum et
Telegoiii iuga parricidae.
fastidiosam desere copiam et
10 molem propinquam nubibus arduis:
omitte mirari beatae
fumum et opes strepitumque Romae.
plerumque gratae divitibus vices
mundaeque parvo sub lare paupenim
15 eenae sine aulaeis et ostro
sollicitam explicucre frontem.
iam clarus occultum Andromedae pater
ogtendit ignem, iam procyon furit
et stella vesani leonis
20 soIe dies referente siccos;
iam pastor umbras cum gr^e langoido
rivumque fessus qoaerit et horridi
*i*-i
CARMINÜM LIB. III. 29. 109
(lumeta Silvani, caretque
ripa vagis taciturna ventis.
25 tu civitatem quis deceat status
curas et urbi soUicitus times
quid Seres et regnata Cyro
Bactra parent Tanaisque discors.
prudens futuri temporis exitum
30 caliginosa nocte premit deus,
ridetque si mortalis ultra
fas trepidat. quod adest memento
conponere aequus: cetera fluminis
ritu feruntur, nunc medio alveo
)5 cum pace delabentis Etruscum
in mare, nunc lapides adesos
Btirpisque raptas et pecus et domos
volventis una, non sine montium
elamore vieinaeque silvae,
10 cum fera diluvies quietos
inritat amnis. iile potens sui
laetusque deget, cui licet in diem
dixisse Mxi:' eras vel atra
nube polum pater occupato
L5 vel sõle puro; non tamen inritum
quodcumque retro est efficiet neque
diffinget infectumque reddet
quod fugiens semel hora vexit
Fortuna, saevg laeta negotio et
iO ludum insolentem ludere pertinax,
transmutat incertos honores,
nunc mihi, nunc alH benigna.
110 Q. HO&ATU FLACCl
laudo manentcm : ^i cr:Icre<t quatit
penna?*. re!*i:rno quae dedit et mea
ü5 virtiite me iiivr>|vo probamqiie
paufierieni sine dote quaero.
non est meum, m niugiat Afrieis
maliui pnicelliA, ad miseras preeeg
decurrere et võti» paciHci,
etf ne Cyjmae Tyriaeque merces
addant avaro divitias mari:
dum me biremis praesidio scaphae
tiitiim per Ae^raeos tumultus
unda ferat geniinu8(|ue Pollux.
XXX.
Exegi monumentum aere perennius
regalique situ pyramidum altius,
quod non imber edax, non aquilo inpotens
poBsit diruere aut inuumerabilig
5 annorum geries et fuga temponim.
non omnin moriar, multaque pars mei
vitabit Libitinam: usque ego postera
(Tescam laude recens, dum Capitolium
Bcandet cuui tacita virgine pontifex.
lü dicÄr, qua violens obstrepit Aufidus
et qua pauper aquae DaunuB agrestium
reguavit populorum ex humili potens,
princeps Aeolium carmen ad Italos
(leduxisse modos. sume superbiam
15 quaesitam meritis et mihi Delphiea
lauro cinge volens, Melpomene, comam.
t>2 dum. tum. <>l unda ferat. aura fcret.
Q. HORATII FLACCI
CARMINUM
LIBER QUARTÜS. *
I.
Intermissa, VenuS, diu
rursus bella moves? parce precor, precor.
non 8um qualis eram bonae
8ub regno Cinarae. desine, dulcium
5 mater saeva cupidinum,
circa liistra decem flectere mollibus
iam durum imperiig; abi
quo blandae iuvenum te revocant preces.
tempestivius in domum
10 Paulli purpureis ales oloribus
comissabere Maximi,
si torrere iecur quaeris idoneum:
nanique et nobilis et decens
et pro sollicitis non taeitus reis
t5 et centum puer artium
läte signa feret militiae tuae,
et quandoque potentior
largi muneribus riserit aemuli,
Albanos prope te lacus
20 ponet marmoream sub trabe citrea.
112 Q. HORATII FLACCI
illic plurima naribns
(liices tura, IjTaquo et Berecyntia
(lelectabere tibia
mixtis carniinibiis noii sine fistula;
.25 illic l)i8 piieri die
iiumeii cum teneris virginibus tuum
laudantes pede candido
in niorem Salium ter quatient humum.
Die uec femina nee puer
3<) iam, nee spes animi eredula mutui,
nee certare iuvat mero,
nee vincire novis tempora floribus. *
sed eur, beu, Ligurine, eur
manat rara meas lacrima per genas?
35 eur facunda parum deeoro
inter verl)a cadit lingua silentio?
nocturnis ego somniis
iam eaptum teneo, iam volucrem sequor
te per gramina Martii
40 campi) te per aquas^ dure^ yolubilis.
IL
Pindarum quisquis studet aemulari,
iile eeratis ope Daedalea
nititur pennis, vitreo daturus
nomina ponto.
5 monte decurrens velut amnis, imbres
quem super notxis aluere ripas,
2 iile Peerlk. lule.
CARMINÜM LIB. IV. 2. 113
fervet inmensusque ruit profuudo
Pindarus ore,
laiirea donandus Apollinari,
10 seu per audacis nõva dithyrambos
verba devolvit numerisque fertur
lege solutis,
seu deos regesve canit, decjrum
sanguinem, per quos cecidere iusta
15 morte Centauri, cecidit tremendae
flamma chimaerae,
sive quos Elea domum redueit
paima eaelestis pugilemve equumve
dicit et centum potiore sigiiis
20 munere donat,
flebili sponsae iuvenemve raptum
plorat, et viris auiniumque moresque
aureos cducit in astra nigroqüe
invidet Orco.
25 muita Dircaeum levat aura cvenum,
tendit, Antoni, quotiens in altos
nubium traetus: ego apis Matinae
more modoque,
grata carpentis thyma per l^borem,
30 phirimum circa nemu8 uvidique
Tiburis ripas operosa parvus
carmina fingo.
concinet maiore poeta i)lectro
Caesarem, quandoque trahet ferocis
33 concinet Lachm. concines.
Lkhrs, Uoratins. 8
114 a HORATII FLACCI
35 per sacruni clivum merita decorus
fronde Syganibros:
quo niliil maiu8 meliusve terris
fata (lonaverc boniqiie divi
ncc dabuiit; quamviB rcdeant in aurum
4») tempora priscum:
concinet laetosque dies et ii^bis
])ubliciim ludum super ini>etrato
fortis Augusti reditu forumquc
litibus orbum.
45 tum meae, si quid loquor audiendum,
vocis accedet bona pars, et *o sol
pulcher, o laudande* oanam reeepto
Caesare felix.
tuque, dum proeedis, io Triumphe,
50 non semel dicemus „io Triumphe"
civitas omuis, dabimusque divis
tura benignis.
te decem tauri totidemque vaccae,
me tener solvet vitulus, relieta
55 matrc qui largis iuvenescit herbis
in mea vnta,
fronte curvatos imitatus ignis
tertium lunae referentis ortum,
qua notam duxit niveus videri,
eo cetera fulvus.
4t concinet Lachm. concines.
CARMIXÜM LIB. IV. 3. 4. 115
IIL
Quem tu, Melpomene, semel
nascentem placido lumine yideris,
illum non labor Isthmius
clarabit pugilcm, non equus inpiger
5 curru ducet Achaico
victorem, neque res bellica Deliis
omatiim foliis ducem,
quod regum tumidas contuderit minas,
ostendet Capitolio:
10 sed quae Tibur aquae fertile praefluont
et spissae nemorum comae
fingent Aeolio carmine nobilem.
Romae, principis urbium,
dignatur suboles inter amabilis
15 vatum ponere me choros,
et iam dente minus mordeor invido.
0 testudinis aureae
dulcem quae strepitum, Pieri, temperas,
o mutis quoque piscibus
20 donatura cycni, si libeat, sõnum,
totum muneris hoo tui est
quod monstror digito praetereuntium
Romanae fidicen lyrae:
quod spiro et placeo, si placeo, tuum est.
IV.
Qualem ministrum fuiminis alitem,
cui rex deomm regnum in avis vagas
s*
116 Q. HORATII FL ACCI
perinisit cxpcrtus fidelem
luppiter in Ganymcde flavo,
5 olim iuventas et ])atrius vigor
nido lal)orimi propulit inscium,
vernique iam iiimbiB reniotis
insolitos docuere nisus
venti paventem, mox in ovilia
10 demisit hostem vividus impetus,
nunc in reluctantis dracones
cgit amor dapis atqiie i)iignac ;
qualenive laetis ca])rea pascuis
intenta fulvac matris ai) ubere
15 non ante dcpulsum leonem
dentc novo peritura vidit;
videre Raetis bella sub Alpibus
Dnisuni gerentem Vindeliei [quibus
nios unde deductus per omne
20 tempus Amazonia secm*i
dextras obarmet, quaerere distuli,
nec seire fas est oninia] et diu
lateque victriees catervae
consiliis iuvenis revietae
25 sensere quid mens rite, quid indoles
nutrita fi\ustis sub ])enetralibus
posset; (piid Augusti pateraus
in pueros animus Xcrones.
15 non antc. iam laete. IS L ] durchaus unecht; diirch
dic Conjcctur vou Jani et fOr sed schliesst sich et diu an Vindeliei
wolil ilU.
CARMINUM LIB. IV. 4. 117
fortes creantur fortibus et bonis;
30 est in iuvencis, est in equis patriim
virtus, neque inbellem feroces
progenerant aquilae columbam;
doctrina sed vim promovet insitani;
rectique cultus pectora roborant;
35 utcumque defecere mores,
dedecorant bene nata culpae.
quid debeas, o Roma, Neronibus,
testis Metaiirum flumen et Hasdrubal
devictus et pulcher fugatis
40 iile dies Latio tenebris,
qui primus aima risit adorea,
dirus per urbis Afer ut Italas
ceu flamma per taedas vel eunis
per Siculas equitavit undas.
45 post hoc secundis usque laboribus
Komana pubes erevit, et inpio
vastata Poenorum tumultii
fana deos habuere rectos,
dixitque tandem perfidus Kannibal
50 'eervi, luporiim praeda rapacium,
sectamur ultro quos opimus
fallere et effugcre est triumphus.
gens, quae cremata fortis ab Ilio
iaetata Tuscis aequoribus sacra
55 natosque maturosque patres
pertulit Ausonias ad urbis,
duris ut iiex tonsa bipennibus
nigrae feraci frondis in Algido,
118 Q. nORATH FLACCI
per (lamiia, per eacdis, ab ipso
<u» (lueit opes animiimque fcrro.
non hydra secto corpore firmior
vinci ilolentem crevit in Herculem,
monstrum ve submisere Colchi
maius Eehioniaeve Thebao.
t»5 merscs profundo, pulchrior eminet;
luetere, muita proruit integnmi
cum laude ^ictoremj geretque
proolia (*oniu*ribus loquemla.
(^arthairiiü iam non ego nuntios
70 mittam superbos: oceidit, occidit
spos omnis et f^rtuna nostri
nonüuis Hasdrubale interempto.
uil riaudiae non perficiunt- manus^
quas et benigno numine Tuppiter
76 defeudit et curac sagaces
expediunt per aeuta belli.*
V.
Divis ortc bonis, optime Romulae
custog gentis, abe« iam nimiiun diu:
maturum reditum pollicitus patrum
sancto concilio, rcdi.
h lucem reddo tuac, dux bone, ]>atriae:
instar vcris enim võitus ubi tuus
adfulsit populo, gratior it dies
et soles melius nitent.
65 eminet. evenit und exiet.
CARMINXntf LIB. IV. 5. 119
ut mater iuvenem, quem notus invido
10 flatii Carpathii trans maris aequora
cunctantem spatio longius annuo
(lulci distinet a domo,
votis ominibusque et precibus vocat,
curvo nec faciem litore dimovet;
15 sic desideriis icta fidelibus
(luaerit i)atria Caesarem.
tiitus bos etenim prata perambulat,
nutrit rura Ceres almaque Faustitas,
pacatum volitant pcr mare na^itae,
20 culpari metuit fides,
nullis polluitur casta domus stiipris,
mos et lex maculosum edomuit nefas,
laudantur simili prole pueri)erae,
culpam poena premit comes.
25 quis Parthum paveat, quis gelidum Scythen,
quis Germania quos horrida parturit
fetus, incolumi Caesare? quis ferae
bellum curet Hiberiae?
condit quisque diem collibus in suis,
30 et vitem viduas dueit ad arbores;
hinc ad vina redit laetus et alteris
te mensis adhibet deum.
te muita prece, te prosequitur mero
defuso pateris, et laribus tuum
35 miscet numen, uti Graecia Castoris
et magni memor Herculis.
17 prata Faber. rura.
120 Q. UORATII FLACCI
Mongas o utinam, dux bnnc, ferias
praestes Ilcsperiac* dicimiis iiite.irro
sicci manc (Iie, dicimus uvidi,
40 cum sol Oceano subcst.
VI.
Dive, quem proles Xiobca magrnao
vindiccm liiiij^iiae Tityosipic raptor
sensit et Troiae propc victor altae
Plithius Adülles,
5 ceteris maior, til)i miles inpar,
filius quaiuvis Tlietidis marinae
Dardaiias turris (piateret tremeuda
euspidc pugnax.
iile, mordaci veliit icta ferro
10 pirnis aut inpulsa cupressus euro,
procidit latc posuitque eollum in
pulvere Teucro.
iile non inclusus equo Minervae
sacra mentito male feriatos
15 Troas et laeta m Priami choreis
falleret aulani,
sed palam captis gravis, heu nefas heu,
nescios fari pueros Acliivis
ureret flammis, etiam latentem
20 niatris in alvo,
ni tuis flexus Venerisque gratae
vocibus divum pater adnuisset
rebus Aeneae potiore duetos
alite niuros.
CARMINUM LIB. IV. 6. 7. 121
25 doctor argutae fidicen Thaliae,
Phoebe, qui Xantho lävis amne crinis,
Dauniae defende decus Camenae,
levis Agyieu.
spiritiim Phoebus mihi, Phoebus artem
30 canninis nomenque dedit poetae.
virginum primae puerique claris
patribus orti,
Deliae tutela deae, fugacis
lyncas et eervos cohibcntis arcii,
35 Lesbium servate pedem meique
pollicis ictum,
rite Latonae puerum canentes,
rite crescentem face Noctilucam,
prosperam frugum celeremque pronos
40 volvere mensis.
nupta iam diees *^ego dis amiciim,
saeculo festas referente luces,
reddidi carmen docilis modorum
vatis Horati/
VII.
Diffugere nives, redeunt iam gramina campis
arboribusque comae;
mutat terra viees, et decrescentia ripas
flumina praetereunt;
5 Gratia eum nympbis geminisque sororibua audet
dueere nuda choros.
inmortalia ne speres monet annus et almum
quae rapit hora diem.
122 Q nORATIl FLACCI
frigora uiiteseunt zepliyrw, ver proterit ae«tas
lu interitura aimul
pomifer antumnus fni^cs cflFuderit, et iiiox
bruma recurrit iner-*.
(lamna tamen ccleres reparant eaelestia lunae;
noa ubi decidimus
15 (luo patcr Aeneas, quo dives Tullus et AucuS;
pulvis et umbra sumus.
quis seit an adieiaut hodiernae erastina summae
tempora di superi?
euncta manus avidas fugient heredis; amico
20 (piae dederis animo.
(Mim semel occidcris et de te splendida Minog
fecerit arl)itria,
mm, Torciuate, genus, non te faeundia, non te
restituet jnetas.
25 infernis ueque euim tenebris Diana pudieum
liberat Hii)polytum,
ncc Letbaea valet Theseus abrumpere caro
vincula Piritboo.
VIII.
U/tecIti,
Üonarem pateras grataque ccunmodus,
Censorine, meis aera sodalibus,
donarem tripodas, praemia fortium
Graiorum, neque tu pessima munerum
5 fcrrcs, divite me seilicet artium
(juas aut Parrbasius protulit aut ScopaS;
bie saxo; liquidis iile eoloribus
soUors nunc bominem ponere, nunc deum.
CARMINÜM LIB. IV. 7. 8. 9. 123
sed non haec mihi vis, nec tibi talium
10 res est aut animus delieiarum egens.
gaudes carminibus; carmina possumus
donare et pretium dicere muneris.
non incisa notis marmora publicis,
per qiiae spiritus et vita redit bonis
15 post mortem ducibus, non celeres fugae
reiectaeque retrorsum Kannibalis minae,
non incendia Carthaginis inpiae,
eiiis qui domita nomen ab Africa
lucratus rediit, clarius indicant
20 laudes quam Calabrae Pierides. neque
si chartae sileant (luod bene feeeris,
mercedem tuleris. qiiid foret Iliae
Mavortisque puer, si taciturnitas
obstaret meritis invida Romuli?
25 ereptum Stygiis fiuctibus Aeacura
virtus et favor et lingua potentium
vatuni divitibus consecrat insulis.
dignum laude virum Musa vetat mori,
caelo Musa beat. sic lovis interest
30 optatis epulis inpiger Hercules,
clarum Tvndaridae sidus ab infimis
quassas eripiunt aequoribus rätis,
ornatus vindi tempora pampino
Liber võta bonos ducit ad exitus.
IX. •
Ne forte eredas interitura quae
longe sonantem natus ad Aufidum
non auto volgatas i)er artis
verba loquor soeianda chordis;
non, si priores Maeonius tenet
sedes Homerus, Pindaricae latent
124 Q. IIORATII FLACCl
Ceacquc et Alcaei minaces
Stesicliorique graves camenac;
nec siqiiid olim lusit Anacreon,
10 (lelevit aetas; spirat adliuc amor
vivuntque oonmissi ealores
Aeoliae fidibiis puellae.
noil sola coniptos arsit adulteri
criuis et auruni vestibus inlituni
15 mirata regalisque cultus
et coniites Helene Lacacna;
primusvc Teucer tela Cydonio
direxit arcu; non semel Ilios
vexata; non pugnavit ingens
20 Idomeneus Sthenelusve sohis
dicenda musis j)roelia; non ferox
Hector vel acer Deiphobus gravis
excepit ictus ])ro pudicis
eoniugibus puerisquc ])rimus.
25 vixere fortes ante Agamemnona
niulti: sed omues ülaorimabiles
urguentur ignotique lõnga
nocte, carent quia yatc sacro.
l)aulliim sei)ultae distat inertiae
30 celata virtus. non ego te meis
chartis inornatum silcbo,
totvc tuos patiar labores
inpune, Lolli, carpere lividas '
obliviones. est animus tibi
.% rcrumque prudens et seeundis
tempori bus dubiisque rectus,
CARMINUM LIB. IV. 9. 9»>. 125
vindex avarae fraudis ef abstinens
ducentis ad se cuncta pecuniae,
consulque non unius anni;
0 sed quotiens bonus atque fidus
iudex honestum praetulit utili,
reieeit alto dona nocentium
voltu, per obstantis catervas
exi)licuit sua victor arma.
3 non po8sidentem muita vocaveris
recte beatiun; rectius occupat
nomcn l)eati, qiii deorum
munerilms sapienter uti
duramque callct pauperiem pati
1) peiusque leto flagitinm timet,
non iile pro caris amicis
aut patria timidus i)erire.
Ne forte eredas interitura, quae
longe sonanteni natus ad Aufidum
non ante volgatas per artes
verba loquor socianda chordis,
» non, si priores Maeonius tenet
sedes Homerus, Pindarieae latent
Ceaeque et Alcaei minaees
Stesichorique graves camenae;
nec siquid olim lusit Anacreon,
) delevit aetas; spirat adhuc amor
vivuntque eommissi calores
Aeoliae fidibus puellae.
:i^ Q. UORATll FLACCl
-^ i^.-T : r-r^ .Mi:c A.^amemnona
21:." *õL nines ilhioriinabiletj
1 • "7 "irif.: tfiin vatc sacro.
.. -liz: sepiiltae ilistat inertiac
.*• .-«iii-j T:r:*:>. ii«>n ego te meis
•i-r-i ■" •niatum silebo,
- ■ ^ pariar laborcs
■ - J
.:;»:uio. Lolli, carpere lividas
''irioues. ost animus tibi
1' viiulex avarae fmiulis et abstineus
N vhiooutis ail s^e ouncta pecuniae
s' ronuiupio priuleii!* et secuiidis
üi toiuporibus dubiisque rectus.
4,^ uou pos^identeni muita vocaveris
rtvto boatiim; rectius oceupat
uoiuon boati, qui deonim
munoribiis 8;\pientcr uti
dununquo callet pauperiem pati
Ml poiurtquo loto flagitium timet,
iion illo pri> earis amieis
aut patria timidus perire.
X.
() onidolid adhuc et Veneris muneribus poteus,
hmpomtA tuae cum veniet poena superbiae^
V liowitt Withof. plnma.
CARMINÜM LIB. IV. 10. 11. l27
et, quae nunc umeris involitant, deciderint comae,
nunc et qui color est puniceae flore prior rosae,
5 mutatus, Ligurine, in faciem verterit hispidam^
diees 'heu', quotiens te speculo videris alteruni;
*quae mens est hodie, cur eadem non puero fuit,
vel cur his animis incolumes non redeimt genae?*
XL
Est mihi nonum superantis annum
plenus Albani cadus, est in horto,
Phjili, nectendis apiiim coronis,
est hederac vis
5 muita, (j[ua erinis religata fulges;
ridet argento domus, ara castis
vineta verbenis avet inmolato
spargier agno;
cuncta festinat manus, huc et illuc
10 cursitant mixtae pueris puellae;
sordidum flammae trepidant rotantes
vertice fumum.
ut tamen noris quibus advoceris
gaudiis, idus tibi sunt agendae,
15 qui dies mensem Veneris marinae
findit aprilem,
iure sollemnis mibi sanctiorque
paene natali proprio, quod ex hac
luce Maeeenas meus adfluentis
20 ordinat annos.
Telepbum, quem tu petis, occupavit
non tuae sortis iuvenem puella
12S Q. HORATII FLACCl
(Uves et lasciva tenetqiio grata
compcde vinetuni.
25 tcrret anibustus Phaethon avaras
spcs, et exemi)lum grave praebet ales
Pegasus terrenum equitcm gravatus
Bellerophontem,
scm]>er ut te digna sequare et ultra
3') quani li(*et sperare nefas putando
disparem vites. age iam meorum
finiš amorum
(non enim posthae alia calebo
feniina), eondisce mod<>s, anianda
35 voce quos reddas: minuentur atrae
eanuine curae.
XI".
Est niihi nouum superantis annum
l)lenu8 Albani eadus, est in liorto,
Pliylli, neotendis apium coronis,
est hederae vis
5 muita, qua erines religata fulges;
ridet argento domus, ara castis
vineta verbenis avet immolato
si)argier agno.
21 Tele])buni, quem tu petis, occupavit
non tuae sortis iuvenem puella
dives et lasciva tenetque grata
compede vinetuni.
25 terret ambustus Phaethon avarus
sl)es et exemplum grave praebet ales
CARMINÜM LIB. IV. U»». 12. 129
Pegasus terrenum equitem gravatus
Bellerophontem.
13 ut tamen noris qoibus adyoceris
gaudiis, idus tibi sunt agendae,
qui dies mensem Yeneris marinae
findit Aprilem.
17 iure sollemnis mihi sanctiorque
paene natali propriO; quod ex häC'
luce Maeeenas meus adfluentes
ordinat annos.
xn.
lam veris comites, quae mare temperant,
inpellunt animae lintea Tbraciae;
iam nec prata rigent, nec fluvii strepunt
Hiberna nive turgidi.
5 nidum ponit Ityn flebiliter gemens
infelix avis et Ceeropiae domus
aeteraum opprobrium, quod male barbaras
regum est uita libidines,
dicunt in tenero gramine pinguium
10 custodes ovium carmina fistula
delectantque deum cui pecus et nigri
colles Arcadiae placent.
adduxere sitim tempora, Vergili.
sed pressum Calibus dueere Xiberum
15 si gestis, iuvenum nobilium cliens,
nardo vina mereberis.
nardi parvus onyx eliciet eadum,
qui nunc Sulpiciis accubat horreiSy
Lbrim, Horatins.
130 0. HORATII FLACCI
8pes donare nõvas largus amaraque
20 curarum eluere efficax.
ad quae si properas gaudia, cum tua
velox merce veni: non ego te meis
inmunem meditor tinguere poculis,
plena dives ut in domo.
25 venim pone mõras et studium lucri,
nigrorumque memor dum licet ignium
misce stultitiam consilüs brevem:
duloe est desipere in loco.
XIII.
Audivere, Lyee, di mea võta, di
audivere, Lyee: fis anus, et tamen
vis formosa videri,
ludisque et bibis inpudens,
5 et cantu tremulo pota Cupidinem
lentum sollicitas. iile virentis et
doctae psallere Ghiae
pulchris excubat in genis.
inportunus enim transvolat aridas
10 quercus et refugit te, quia luridi
dentes te, quia rugae
turpant et capitis nives.
nec Coae refenint iam tibi purpurae
nee cari lapides tempora quae semel
15 nodis condita fastis
inclusit volucris dies.
quo fugit Venus, heu, qoove color? decens
quo mõtus? quid habes illius, illius,
CARMINÜM LIB. IV. 13. 14. 131
quae spirabat amores,
20 quae me 8urpuerat mihi,
felix post Cinarani; notaque et artiuni
gratarum facies? sed Cinarae breves
annos fata dederunt,
servatura diu parem
25 cornicis vetulae temporibus Lycen,
possent ut iuvenes visere fervidi
miilto non sine risu
dilapsam in cineres facem.
XIV.
Quae cura patrum quaeve Quiritium
plenis honorum muneribus tuas,
Auguste, virtutes in aevum
per titulos memoresque fastos
5 aetemet^ o qua sol habitabilis
inlustrat oras maxime principum?
quem legis expertes Latinäe
Vindelici didicere nuper,
quid Marte posses. milite nam tuo
10 Drusus Genaunos, inplacidum genus,
Breunosque velocis et arcis
Älpibus inpositas tremendis
deiecit acer pius vice simplici.
maior Neronum mox grave proelium
15 conmisit inmanisque Raetos
auspiciis pepulit secundis,
spectandus in eertamine Martio
devota morti pectora liberae
132 Q. HOBATII FLACCI
quantis fatigaret ruiuis,
20 indoniitas propc qualis undas
exercet auster, pleiadum choro
sciiidente nubis, inpiger hostium
vexare turmas et frementcm
mittere equum niedios per iguis.
25 sic taurifomiis volvitur Aufidus,
(^ui rcgna Dauni praefluit Appuli,
cum saevit horrendamque cultis
diluviem meditatur agris,
ut barbarorum Claudius agmina
30 ferrata vasto dü-uit inpetu
primosque et extremos motendo
stravit humum, sine clade victor,
te eopias, te eonsilium et tuos
praebent<5 divos. nam tibi quo die
35 portus Alexandrea supplex
et yacuam patefecit aulam,
fortuna lustro prospera tertio
belli secundos reddidit exitus,
laudemque et optatum peraetis
40 imperiis decus adrogavit.
te Cantabcr non ante domabilis
Medusque et Indus, te profugus Seytlies
miratur, o tutela praesens
Italiae dominaeque Romae.
45 te fontium qui celat origines
Nilusque et Ister, te rapidus Tigris,
te beluosus qui remotis
obstrepit Oeeanus Britannis,
CARMINUM LIB. IV. 14. lõ.. 133
te non paventis funera Galliae
50 duraeque tellus audit Hibcriae,
te caede gaudentes Svgandbri
conpositis venerantur armis.
XV.
•
Phoebus volentem proelia me loqui
victas et urbig increpuit lyra,
ne parva Tyrrhenum per aequor
vela darem. tua, Caesar, aetas
5 fruges et agris rettulit uberis,
et signa nostro restituit lovi
derepta Parthorum superbis
postibus, et vacuum duellis
lanum Quirini clausit et ordinem
10 rectum evaganti frena licentiae
iniecit emovitque culpas
et veteres revocavit artis,
per quas Latinum nomen et Italae
crevere vires famaque et imperi
15 porrecta maiestas ad ortus
solis ab Hesperio cubili.
custode rerum Caesare non furor
civilis aut vis exiget otium,
non ira, quae procudit ensis
20 et miseras inimicat urbis.
non qui profundum Danubium bibunt
edicta rumpent lulia, non Getae,
non Seres infidive Persae,
non Tanain prope flumen orti.
134 Q. HORATII FLACCl LIB. IV. 15.
35 nosquG et profestis lueibus et saeris
inter iocosi munora Liberi,
eum prole matroiiisque nostria
ritc (leos prius adjn-ecati,
virtute fuuetos more patriim duces
30 Lvdis reinixto earraiiie tibiis
Troiainque. et Aiichiseii et -alniae
progeniem Veneris canenms.
Q. HORATII FLACCI
CARMEN SAECULARE.
Phoebe silvarumque potens Diana,
lucidum caeli decus; o colendi
semper et culti, date quae precamur
tempore sacro,
5 quo Sibyllini monuere versus
virgines leotas puerosque castos
dis, quibus septem placuere coUeS; •
dicere carmen.
aline Sol curru nitido diem qui
10 promis et celas aliusque et idem
nasceris; possis nihil urbe Roma
' visere maius.
rite maturos aperire partus
lenis, Ilithyia, tuere matres,
15 sive tu Lucina probas vocari
seu Genitalis:
diva; produeas subolem, patrumque
prosperes decreta super iugandis
feminis prolisque novae feraci
20 lege marita,
certus undeuos deciens per annos
orbis ut cantus referatque ludos
136 Q. HOKATIl FLACCI
ter die claro totiensque grata
noete frequeiitis.
25 vosque veraces cecinisse; parcae,
quod semel dictum est stabilisquQ rerum
terminus servet, bona iam peractis
iungite fata.
fertilis frugum pecorisque tellus
30 gpicea donet Cererem corona;
nutriant fetus et aquae salubres
et lõvis aurae.
condito mitis placidusque telo
supplices audi pueroS; Apollo;
35 Biderum regina bieornis audi
Luna puellas.
Roma si vestrum est opus, Iliaeque
litus Etruscum tenuere turmae,
iussa pars mutare laris et urbem
40 sospite cursuy
cui per ardentem sine fraude Troiam
castus Aeneas patriae superstes
liberum munivit iter daturus
plura relictis:
45 di, probos mores docilis iuventae,
di, senectutis placidae quietem
Romulae genti date remque prolemque
et deeus omne;
quaeque vos bobus veneratur albis
50 clarus Anchisae Venerisque sanguis,
inpetret, bellante prior, iacentem
lenis in kostem.
CARMBN SAECÜLARE. 137
iam mari terraque manus potentis
Medus Albanasque timet securis;
55 iam Scythae responsa petunt, superbi
nuper, et Indi.
iam Fides et Pax et Hpnos Pudorque
priscus et neglecta redire Virtus
audet, adparetque beata pleno
60 Copia cornu.
augur et fulgente decorus arcu
Phoebus acceptusque novem camenis,
qui salutari levat arte fessos
corporis ärtus,
65 si Palatinas videt aequus aras,
remque Romanam Latiumque felix
alterum in lustrum meliusque semper
prorogat aevum.
• • •
quaeque Ayentinum tenet Älgidumque,
70 quindecim Diana preces virorum
curat et votis puerorum amicas
adplicat auris.
haec lovem sentire deosque eunetos
spem bonam certamque domum reporto,
75 doctus et Phoebj chorus et Dianae
dicere laudes.
Q. HOBATII FLACCI
E P O D O N
LIBER.
I.
Ibis Libuniis inter aita naviiim,
amice, propugiiacula,
päratus omne Caesaris periculum
subire, Maccenas, tuo.
5 quid nos? quibus te vita si superstite
iucunda, si contra, gravis.
utrumne iussi persequemiir otium,
non dulcC; ni tccum simul^
au huiic laborem, inente laturi decet
10 qua ferre non mollis viros?
feremus et te vel per Alpium iuga
inhospitalem et Caucasum,
vel oecidentis usque ad ultimum sinum
forti sequemur pectore.
15 roges tuum labore quid iuvem meo
inbellis ae firmus parum.
eomes minore sum futurus in metu^
qui maior absentis habet;
ut adsidens inplumibus pullis avis
20 serpentium adlapsus timet
magis relietis, non, ut adsit, auxili
latura pius praesentibus.
libenter lioc et omne militabitur
bellum in tuae spem gratiae,
EFODON LIBER. 1. 2. 139
25 uou ut iuvencis iüligata pluribus
aratra nitantur mea,
pecusve Calabris ante sidus fervidum
Lucana mutet pascuis,
iieque ut supini villa candens Tusculi
30 Circaea tangat moenia.
satis superque me benignitas tua
ditavit: haud paravero
quod aut avarus ut Chremes terra premam,
discinctus aut perdam nepos.
II.
*Beatus iile qui procul iiegotiis,
ut prisea gens mortalium,
paterna rura bobus exercet suis
solutus omni fenore,
5 neque excitatur classico miles truci,
neque liorret iratum mare,
fonimque vitat et superba civium
potentiorum limina.
ergo aut adulta vitium propagine
10 aitas maritat populos,
aut in reducta valle mugientium
prospectat errantis greges,
inutilisve falce ramos amputans
feliciores inserit,
15 aut pressa puris mella condit amplioris;
aut tondet infinnas ovis:
vel cum decorum mitibus pomis caput
Autumnus agris extulit,
ut gaudet insitiva decerpens pyra,
20 certantcm et uvam puri)urae,
29 supini B. supemi.
140 Q- HORATII FL ACCI
qua muneretuv te, Priape, et te, pater
Silvane, tutor finium.
libet iacere modo sub antiqua ilice,
modo in tenaci gramine.
25 labuntur altis interim ripig aquae,
queruntur in süvis aves,
frondesque lyraphis obstrepunt manantibus
somnos quod imdtet levis.
at cum tonantis annus hibemus lovis
3<^ imbris nivisque conparat,
aut trudit acris hinc et hinc muita cane
apros in obstantis plagas,
aut amite levi rara tendit retia,
turdis edacibus dolos,
35 pavidumque leporem et advenam laqueo gruem
iucunda eaptat praemia.
quis uon malarum, quas amor cnras habet;
haec inter obliviscitur?
quid si pudica mulier in partem iuvet
40 domum atque dulcis liberos,
Silbina x[ualis aut perusta solibus
pernicis uxor Appuli?
sacrum et vetustis exstruat lignis focum
lassi sub adventum viri,
45 claudensque textis cratibus laetum pecus -
distenta siecet ubera,
et homa dulci vina promens dolio
dapes inemptas adparet?
nori me Lucrina iuverint conchvlia
50 magisve rhombus aut scari,
si quos Eois intonata fluctibus
hiems ad hoo vertat mare.
non Afra avis descendat in ventrem meuro,
noa attagen lonicus
55 iucundior quam leota de pinguissimis
27 frondesque Marki, fontesque. 39 quid si Haupt. quod si.
• «
EPODON LIBER. 2. 3. 141
oliva ramis arborum,
aut herba lapathi prata amantis et gravi
malvae salubres corpori,
vel agna festis caesa terminalibus,
vel haedus ereptus lupo.
has inter epulas ut iuvat pastas ovis
videre properantis domum,
videre fessos vomerem inversum boves
collo trahentis languido,
positosque vernas, ditis examen domus,
circum renidentis laris/
haec ubi locutus fenerator AlfiuS;
iam iam futurus rusticus,
omnem redegit idibus peeuniam,
quaerit calendis ponere.
III.
Parentis olim siquis inpia manu
senile guttur fregerit,
edit cicutis alium nocentius.
o dura messorum ilia!
quid hoo veneni saevit in praecordiis?
num viperinus his cruor
incoctus herbis me fefellit, an maias
Canidia tractavit dapes?
ut Argonautas praeter omnis candidum
Medea mirata est ducem,
ignota tauris inligaturum iuga
perunxit hoc lasonem;
hoo delibutis uita donis paelieem
serpente fugit alite.
nec tantus umquam siderum insedit vapor
siticulosae Appuliae,
nec munus umeris efficacis Herculis
inarsit aestuosius.
142 Q. HORATII FLACCI
at si quid iimquam taie concupiveris,
20 iocose Maecenas, precor
manum puella savio opponat tuo,
extrenia et in sponda cubet.
IV.
Liipis et agnis quanta sortito obtigit
tecum mihi discordia est,
Hiberieis peruste fimibus latus
et enira diira conipede.
.'> lieet 8uperbu8 ambuleB pecunia,
fortima non inutat geiiiis.
videsne, saeram metiente te viam
ciim bis trium ulnariini toga,
nt ora vei-tat huc et huc euntium
10 liberrima indignatio?
^sectus flagellis hie triumviralibus
praeconis ad fastidium
arat Falerni mille fundi iugera
et Appiam mannis terit,
15 sedilibusque magniis in primis eques
Othone contempto sedot.
quid attinet tot ora navium gravi
rostrata duei pondere
contra latrones atque gervilem manum^
20 hoo hoc tribuno militum?*
V.
'At 0 deonim qiiidquid in caelo regit
terras et humanum genus,
quid iste fert tumultus? et quid omnium
võitus in unum me tnices?
5 per liberos te, si vocata partubus
8 trium C. Barth. ter.
EPOBON LIBER. 4. 5. 143
Lucina veris adfuit,
per hoc inane purpurae decus precor,
per inprobaturum haec lovem,
quid ut noverca me intueris aut uti
10 petita ferro belua?*
ut haec trementi questug ore constitit
insignibus raptis puer^
inpube corpuB, quale pogset inpia
mollire Thracum pectora,
15 Canidia brevibus inplicata viperis
crinis et incomptum eaput
iubet sepulcris caprificos erutas,
iubet cupressus funebris
et uneta turpis ova ranae sanguine
20 plumamque nocturaae strigiB
herbasque, quas IoIcob atque Hiberia
mittit venenorum ferax,
et ossa ab ore rapta ieiunae canis
flammis aduri Colchicis.
25 at expedita Sägana, per totam domum
spargens Avemalis aquas,
horret capillis ut marinus asperis
echinus aut Laurens aper.
abacta nulla Veia conscientia
30 ligonibus duris humum
exhauriebat ingemens laboribus,
quo posset infossus puer
longo die bis terque mutatae dapis
inemori spectaculo,
35 cum promineret ore quantum exstant aqua
suspensa mento corpora;
exsucta uti medulla et aridum iecur
amoris esset poculum,
interminato cum semel fixae cibo
40 intabuissent pupulae.
28 Laurens N. Hdnsius. cnrrens.
144 a HORATII FLACCl
non defuissc masculae libidinis
Arimineusem Foliam
et otiosa credidit Keapolis
et omne vicinura oppidum,
45 quae sidera excantata voce Thessala
lunamque eaelo deripit.
hic inresectum saeva dente livido
Canidia rodeiis poUicem
quid dixit aut quid tacuit? 'o rebus meis
50 non infideles arbitrae,
Nox et Diana, quae silentium regis,
arcana cum fiunt sacra,
nunc nune adeste, nunc in hostilis domos
iram atque numeu vertite.
55 formidolosis dum latent sil>i8 ferae
dulci sopore languidae,
senem, quod omnes rideant, adulterum
latrent Suburanae canes
nardo perunctum, quale non perfectius
60 meae laborarint manus.
quid accidit? cur dira barbarae minus
venena Medeae valent?
(juibus superbam fugit uita paelicom,
magni Creontis filiam,
65 cum palla, tabo munus imbutum, uovam
inccndio nuptam abstulit.
atqui nec berba nee latens in asperis
radix fefellit me loeis.
indormit unctis oranium cubilibus
70 oblivione paelicum.
a! a! solutus ambulat venefieae
scientioris carmine.
non usitatis, Vare, potionibus,
0 muita fleturum caput,
75 ad me reeurres, nec vocata meus tua
Marsis redibit vocibus.
maius parabo, maius infundam tibi
EPODON LIBER. b. 6. 145
fastidienti poculum,
priusque caelum sidet inferias mari
d() tellure porrecta super,
quam non amore sic meo flagres uti
bitumen atris ignibus/
sub haec puer iam non ut ante mollibus
lenire verbis inpias,
S5 sed dubius uude rumperet silentium
misit Tliyesteas preces.
Renena maga non fas nefasque, non valeni
convertere humanam vicem.
diris agam vos: dira detestatio
90 nuUa expiatur victima.
quin, ubi perire iussus exspiravero,
noctumus occurram furor,
petamque võitus umbra curvis unguibus,
quae viB deorum est manium,
D5 et inquietis adsidens praecordiis
])avore somnos auferam.
vos turba vicatim hinc et hinc saxis petens
contundet obscaenas anus.
post insepulta membra different lupi
ioo et Esquilinae alites,
neque hoc parentes heu mihi superstites
effugerit spectaculum/
VI.
Quid inmerentis hospites vexas canis
ignaMis adversum lupos?
quin huc inanis, si potes, vertis minas?
et me remorsurum pete.
5 nam qualis aut Molossus aut fulvus Lacon,
amica vis pastoribus,
agam per aitas aure sublata niviS;
ST maga non Haupt. magica.
Lkhu, Horaiiu. ^0
146 a HORATII FLACCI
quaecumque praeeedet fcra.
tu eum timenda voc€ conplesti nemus,
10 proiectum odoraris cibum.
cave, cave: namque in malog aspcrrimus
parata tollo cornua,
qualis Lycambae spretuB infido gener^
aut acer hostis Bupalo.
15 an 81 quis atro dente me petiverit,
inultus ut flebo puer?
VII.
Quo, quo 8celc8ti niitis? aut cur dexteris
aptantur enees conditi?
panimne campis atque Neptuno super
fusum est Latini sanguinis?
5 non ut superbas invidae Carthaginis
Romanus arcis ureret,
intÄCtus aut Britannus ut deseenderet
sacra catenatus via,
sed ut secundum võta Parthorura sua
10 urbs haec periret dextera.
neque hic hipis mos nec fuit leonibus
numquam nisi in dispar foris.
furorne eaecos an rajnt vis aerior
an culpa? responsiira date.
15 tacent, et albu8 ora pallor infieit
mentesque perciilsae stupent.
sic est: acerba fata Romanos agunt
scelusque fraternae necis,
ut inmerontis fluxit in terram Remi
20 saeer nepotibus criior.
VIIL
Rogare longo putidam te saecuilo
viris quid enervet meas?
ErODON LIBER. 7. 8. 9. 147
cum sit tibi deiis ater et riigis vetu»
frontem senectus exaret,
5 hietqiie tiii-pis inter aridas natis
podex vclut crudae bovis?
sed incitat me i>ectu8 et mammae putres,
equina qiiales ubera,
venterqiie mollis et femur tumentibus
10 exile saris additum.
esto beata, fiinus atque imagines
du(^nt triumphales tuum;
nec sit marita quae rotundioribus
onusta bacis ambulet.
15 quid quod libelli stoici inter sericos
iacere pulvillos amant?
inlit^rati num minus nervi rigent?
magisve languet fascinum?
quod nt superbo i)rovoce8 ab inguine,
20 ore adlaborandum est tibi.
IX.
Quando repostum Caecubum ad festas dapes
victore laetus Caesare
t«cum sub aita (sic lovi gratum) domo,
beate Maecenas, bibam?
5 sonante mixtiim tibiis carmen Ivra,
hac Dorium, illis barbanim :
ut nuper, aetus cum freto Neptunius
dux fugit ustis navibus,
minatus urbi vincla^ quae detraxerat
10 servis amieus perfidis.
RomanuB eheu (posteri negabitis)
emancipatus feminae
fert vallum et anna miles et spadonibus
servire rugosis potest,
IS magisve Guietus. minusvc. Fehlt etwae nach V. 14?
10*
148 a HORATII FLACCI
\h interquc sigiia turpe militaria
sol adspicit conopium.
adliuc frementis verterunt bis mille equos
Galli canentes Caesarem,
hostiliumque uavium portu latent
'io puppes ainistrorsum citae.
io Triumplie, tu moraris aureos
currus et intactas boves?
io Triumphe, nee lugurthino ])arem
bello reportasti dueem,
25 neque Africanum, cui super Carthagiuein
\irtus sepulcruin condidit.
terra marique vietus hostis punico
lugubre inutabit saguin.
aut iile ceutum nobileni Cretam urbibus
30 rentis iturus non suis,
exercitatas aut petit Syi^tis noto,
aut fertur incerto mari.
eapaciores adfer hue, puer, scyphos
et Chia vina aut Lesbia,
35 vel quod fluentem nauseam eoerceat
metire nobis Caecubum.
curam metumque Caesaris rerum iuvat
dulci Lvaeo solvere.
X.
Maia soluta navis exit alite
ferens olentem Maevium.
ut horridis utrumque verberes latus,
auster, memento fluctibus.
niger rudentis eui-us inverso mari
fractosque remos diflferat.
insurgat aquilo, quantus altis montibus
frangit trementis iliees.
35. 36 Peerlk.
EPODON LIBER. 10. 11. 149
nec sidus atra nocte amicum adpareat,
10 qua tristis Orion cadit;
quietiore nee feratur aequore
quam Graia victonim manus,
cum Pallas usta vertit iram ab Ilio
in inpiam Aiacis ratem.
15 o quantus instat navitis sudor tuis
tibique pallor luteus,
et illa non virilis eiulatio,
preces et aversum ad lovem,
lonius udo cum remu^ens sinus
20 noto carinara mperit.
opima quod si praeda curvo litore
porrecta mergos iuveris,
libidinosus inmolabitur caper
et agna Tempestatibus.
XI.
Petti, nihil me sicut antea iuvat
scribere versiculos amore percussum gravi,
amore, qui me praeter omnis expetit
mollibus in pueris aut in puellis urere.
5 hic tertius december, ex quo destiti
Inachia furere, süvis honorem deeutit.
heu me, per urbem, nam pudet tanti mali,
fabula quanta fui! conviviorum ut paenitet,
in quis amantem et languor et silentium
to arguit et latere petitus imo spiritus.
'contrane lucnim nii valere candidum
pauperis ingenium' querebar adplorans tibi,
simul calentis inverecundus deus
fervidiore mero areana promorat loeo,
15 'quod si meis inaestuet praeeordiis
libera bilis, ut haec ingrata ventis dividat
fomenta võinus» nii malum ievantia,
150 Q HORATII FLACCl
desinet inparibus certare summotus pudor/
ubi haee severus te palani laudaveram,
2<» iii88U8 abire domuni ferebar iiicerto pede
ad non amicos heu inihi i)08ti8 et heu
liinina dura^ quibu8 lunibos et infre^ latus.
nunc glorianti8 quamlibet muliereulam
vineere niollitie amor Lveisei me tenet:
25 unde expedire non aniieoruni queant
libera consilia nec contunieliae graves,
sed alius ardor aut puellae candidae
aut teretis pueri lõngani renodanti8 comam.
XII.
Quid tibi vis, inulier nigris digni8sinia barris?
munera quid niihi, quidve tabellas
mittis nec firmo iureni neque naris obesae?
nanique 8agaciu8 unus odoror,
5 polypus an gravis hirsutis cubet hircus in alis,
quam canis acer ubi lateat sus.
qui sudor vietis et quam maius undique membris
crescit odor, cuni pene soluto
iudomitam properat rabiem sedare^ neque illi
10 iam manet umida creta colorque
Btercore fucatus croeodili; iamque subando
tenta cubilia tectaque rumpit;
vel mea cura saevis agitat fastidia yerbis:
'Inaehia langues minus ae me;
15 Inachiam ter noote potes, mibi semper ad unum
mollis opus. pereat male quae te
Lesbia quaerenti taurum monstravit inertem^
cum mihi Cous adesset AmyntaB,
cuius in indomito constantior inguine nerYus
20 quam nõva collibus arbor inhaeret.
muricibus Tyriis iteratae vellera lanae
cm properabantur? tibi nempe,
EPODON LXBER. 12 13. 14. 151
ne foret aequalis inter conviva; magis quem
diligeret mulier gua quam te.
2õ 0 ego noD felix, quam tu fugis ut payet aerig
agna lupos eapreaeque leones/
XIII.
Horrida tempestas caelom contraxit, et imbres
nivesque deducunt loveni: nunc mare nunc siluae
Threieio aquilone sonant: rapiamus^ amice,
occasionem de die, dumque virent genua
5 et decet, obducta solvatur fronte senectus.
tu vina Torquato move congule pressa meo.
cetera mitte loqui : deug haee fortagse benigna
redueet in gedem vice. nunc et Aehaemenio
perfundi nardo iuvat et fide Cyllenea
10 levare dirig peetora gollicitudinibug,
nobilig ut grandi ceeinit Centaurug alumno:
Mnvict€ mortalig dea nate puer Thetide,
te manet Aggaraci teliug; quam frigida tardi
findunt Scamandri flumina, lubricug et Siraois;
15 unde tibi reditum eerto gubtemine parcae
rupere, nec mater domum eaerula te revehet.
illic omne malum vino cantuque iQvato,
deformig aegrimoniae duleibug adloquiig.
XIV.
Mollig inertia eur tantam diflfuderit imis
oblivionem gengibug,
pocula Lethaeog ut gi dueentia aomnog
arent« fauce traxerim,
candide Maecenag, occidig gaepe rogando:
deug deug nani me vetat
inceptog, olim promiggum carmen, iambog
13 tardi M. parvi. Peerlk wollte puri.
152 Q- HORATn FT.ACa
ad nmbilicum adducere.
non aliter Samio dicunt arsiftse Bathyllo
10 Anacreonta Teium,
qui persacpe cava tegtiidine flevit amorem
non elaboratum ad pedem.
ureris ipsc miser: quo si non pulchrior ignis
accendit obscgsam Ilion,
15 ^ude sorte tiia; me libertina neque uno
contenta Phryne macerat.
XV.
Nox erat et caelo fulgebat luna sereno
inter minora sidera,
ciim tn magnorum numen laesura deorum
in verba lurabas mea,
5 artius atque hedera procera adstringitur ilex
lentig adhaereng bracchiis,
dum peeori lupus
et nautis infestus Orion
10 turbarit hibemum mare,
intonsosque agitarit Apollinis aura eapillos,
fore hune amorem mutuum.
0 dolitura mea multum virtute Neaera:
nam si quid in Flaeco viri est,
15 non feret adsiduas potiori te dare noetis,
et qimeret iratus parem:
nec semel offensae eedet constantia formae,
si certus intrarit dolor.
et tu, quicuraque es felieior atque meo nunc
20 superbus incedis malo,
sis pecore et muita dives tcllure liccbit,
tibique Pactolus fluat,
7 Ueberlieferung dum peeori lupus et nautis infestus Orion turbarit
hibemum mare.
EPODON LIBER. 15. 16. 153
nec te Pythagorae fallant arcuna renati,
formaque vincas Nirea,
25 eheu translatog alio maerebis amoree:
ast ego vicissim risero.
XVI.
Altera iam teritur bellis civilibus aetas,
suis et ipsa Roma viribus niit.
quam neque finitimi valuenmt perdere Marsi
minacis aut Etrusca Porsenae manus,
5 aemula nec virtus Capuae nec Spartacus acer
novisque rebus infidelis AUobrox,
nec fera caerulea domuit Germania pube
parentibusque abominatus Hannibal,
inpia perdemus devoti sanguinis aetas,
10 ferisque rursus occupabitur solum.
barbarus heu cineres insistet victor et urbem
eques sonante verberabit ungula,
quaeciue carent ventis et solibus ossa Quirini
(nefas videre) dissipabit insolens.
15 ferte quod expediat communiter aut melior pars
malis carere quo velit laboribus.
nulla sit hac potior sententia, Phocaeonim
velut profugit exsccrata dvitas
agros atque laris patrios habitandaque fana
20 apris reliquit et rapacibus hipis,
ire pedes quocumquc ferent, quocuraque per undas
notus vocabit aut proter>'U8 Africus.
sic placet au melius ([uis habet suadere? secunda
ratem occupare quid moramur alite?
25 sed iuremus in haec: simul imis saxa renarint
vadis levata, ne redire sit nefas;
neu conversa domum pigeat dare lintea, quando
Padus Matina laverit cacumina,
15 ferte. forte. 16 (jiio velit. quaeritis.
154 Q. HORATII FLACCI
in mare seu celsus proeurrerit Appenninus,
30 novaque monstra iunxerit libidine
mirus amor, iuvet ut tigris gubsidere cervis
adulteretur et eolumba miluo,
credula nec ravos timeant armenta leoiies,
ametque salga levis hircus aequora.
3õ haec et quae poterunt reditus abgciudere dulcig
eamug omnig exsecrata civitas,
aut pars indocili melior grege; mollis et exspes
inoininata perprimat cubilia.
vos, quibus est virtus, muliebreni toUite luctum
41» Etrusca praeter et volate litora.
nos manet Oceanus circumvagus: arva, beata
petamus arva divites et insulas,
reddit ubi Cererein tellus inarata quotannis
et inputata floret usque vinea,
45 gerniinat et niimquam fallentis tenues olivae,
guamque puUa ficus omat arborem,
mella eava manant ex ilice, montibug altig
levis erepante lympha desilit pede.
nulla nocent pecori contagia; nuUius astri
50 gregem aegtuoga torret inpotentia.
illic iniuggae veniunt ad mulctra capellao,
refertque tenta grex amicus ubera;
nec vespertinus eircumgemit ursus ovile,
neque intumescit aita viperis humug.
55 pluraque felices mirabimur: ut neque largis
aquosus eurus arva radat imbribus,
pinguia nec siccis urantur semina glaebis,
utrumque rege temperante caelitum.
non huc Argoo contendit remige pinug,
6ö neque inpudica Colcbis intulit pedem;
non huc Sidonii torserunt comua nautae,
laboriosa nec coliors Ulixei.
luppiter illa piae secrevit litora genti,
49. 50 stelien gewdhnlich ais 61. 62 (hinter UUxei).
EPODON LIBER. 16. 17. 155
ut inquinavit aere tempus aureum.
65 dira dehinc ferro duravit saecula. quorum
piis secunda, vate me, datur fuga.
XVII.
lam iam efficaci do manus scientiae;
supplex et oro regna per Proserpinae,
per et Dianae non movenda numina,
per atque libros carminum valentium
5 refixa caelo devoeare sidera,
Canidia; parce vocibus tandem saeriS;
eitumque retro solve, solve turbinem.
movit nepotem Telepbus Nereium
in quem superbus ordinarat agmiiia
10 Mysorum et in quem tela acuta torserat.
uuxere matres Iliae addictum feris
alitibus atque eanibus bomicid^m Hectorem,
postquam relictis moeuibus rex proeidit
lieu pervicacis ad pedes Acbillei.
15 setosa duris exuere pellibus
laboriosi remiges Ulixei
volente Cirea membra : tune mens et sõnus
relapsus atque notus in võitus bonor.
dedi satis superque poenarum tibi,
20 amata nautis multum et institoribus.
fugit iuventas, et verecundus color
reliquit ora pelle amicta lurida,
tuis capillus albus est odoribus,
nullum a labore me reelinat otium;
25 urguet diem nox et dies noctem, neque est
levare tenta spiritu praecordia.
ergo uegatum vincor ut eredam miser,
Sabella peetus inerepare carmina,
eaputque Marsa dissilire nenia.
30 quid amplius vis? o mare, o terra, ardeo
65 dira. aere and acrea.
156 Ci. HORATH FLACCI
quantum neque atro delibutus Hercules
Ne«8i cniore nee Sieaim fervida
farens in Aetna flamma; tua, donec cinis
iniurioms aridiis ventis ferar,
35 eal et veneniB officina Colchicis?
qnae finiš aut quod me manet stipendium ?
effare: iussas cum fide poenas luam^
päratus expiare, seu poposceris
eentum iuveneos, sive mendaci lyra
40 voles sonari, tn pudica, tu proba
perambulabis astra sidus aureum.
infamis Helenae Castor oifensus vice,
fraterque magni Castoris, victi i)reee
adempta vati reddidere lumina:
45 et tu, potes nam, solve me dementia,
o nee patemis obsoleta sordibus,
neque in sepulcris pauperum pnidens anus
novendialis dissipare pulveres.
tibi hospitale peetus et purae manus,
50 tuusque venter Pactumeius, et tuo
cruore rubros obstetrix pannos lavit,
utcumquc fortis exsilis puerpera. •
'quid obseratis auribus fundis preces?
non saxa nudis surdiora navitis
55 Neptimus alto tundit liibemus salo.
inultus ut tu riseris Cotyttia
volgata, saerum liberi Cupidinis,
et Esquilini pontifex venefici
inpune ut urbem noraine inpleris meo?
fio quid proderat ditasse Paelignas anus,
velociusve miscuisse toxicum?
sed tardiora fata te votis manent ;
ingrata misero vita ducenda est in hoc,
novis ut usque suppetas laboribus.
65 optat quietem Pelopis infidi pater.
32. 34 tua calct B. tu (auch tum) eales (auch ctleoB).
EPODON LIBER. 17. 157
egens benignae Tantalus semper dapis,
optat Prometheus obligatus aliti,
optat supremo coUocare Sisyphug
in monte saxum: sed vetant leges lovis.
7(» voles modo altis desilire turribua,
modo ense peetus Norieo recludere,
frustraque vincla gutturi neetes tuo
fastidiosa tristis aegiamonia.
veetabor umeris tune ego inimieis eques^
75 meaeque terra eedet insolentiae.
an quae movere eereas imagines;
ut ipge nosti euriosug, et polo
deripere lunam voeibus possim meis,
possim crematOB exeitare mortuoS;
80 desiderique temperare poeula,
plorem artis ia te nii agentis exitus?"
Q. HORATII FLACCI
SATIRARUM
LIBER miMUS.
I.
Qui fitj MaecenaS; nt ncmo, quam sibi sortem
sen ratio dederit seu forg obiecerit, illa
contentus vivat, laudet diversa sequentis?
'o fortunati mercatores* gravis annis
5 miles ait miilto iam fractus membra labore.
contra mereator, navim iactantibus austris,
'militia est potior. quid enim? concurritur: horae
momento eita mors venit aut victoria laeta.'
agricolam laudat iuris legiimque peritus,
to sub galli cantum consultor ubi ostia pulsat.
iile, datis vadibus qui rure extractus in iirbem est,
solos felicis viventis claraat in urbe.
cetera de genere hoc, adeo sunt muita, loquaoem
delassare valent Fabium. ne te morer, audi
19 quo rem deducam. si quis deus 'en ego' dicat
Mam faciam quod voltis: eris tu, qui modo miles,
mercator; tu, consultus modo, rusticus: hine vos,
vos hinc mutatis discedite partibus. eia.
quid statis?' nolint. atqui licet esse beatis.
20 quid causae est, merito quin illis luppiter ambas
iratus buecas inflet neque se fore posthac
tara facilem dicat, votis ut praebeat aurem?
praeterea, ne sie ut qui iocularia ridens
percurram: quamquam ridentem dicere verum
SATIRARUM LIB. 1. 1. 159
25 quid vetat? ut pueris olim dant crustula blandi
doctores, element a veliut ut discere prima:
sed tamen amoto quaeramuB seria ludo.
iile gravem duro terram qui vertit aratro^
perfidus hic caupo, miles nautaeque per omne
30 audaces mare qui currunt, hac mente laborem
sese fcrre, senes ut in otia tuta recedant,
aiunt, cum sibi sint congesta cibaria: sicut •
parvola (nam exemplo est) magni fonnica laboris
ore trahit quodcumque potest atque addit acervo
35 quem struit, haud ignara ae non incauta futuri.
quae, gimul inversum contrigtat aquarius annuniy
non usquam prorepit et illis utitur ante
quaesitis sapiens, cum te neque fervidus aestus
demoveat lucro, neque biems, ignis, mare, ferrum^
40 nii obstet tibi, dura ne sit te ditior alter.
quid iuvat inmensum te argenti pondus et auri
furtim defossa timidum deponere terra?
'quod, si conminuas, vilem redigatur ad assem/
at ni it fit, quid habet pulchri constructus acervus?
45 milia fnimenti tua triverit area centum,
non tuus hoc capiet venter pius ae meus: ut si
reticulum panis venalis inter onusto
forte vehas umero, nihilo pius accipias quam
qui nii portarit. vel die quid referat intra
50 naturae finiš viventi, iugera eentum an
mille aret? 'at suave est ex magno tollere acervo,*
dum ex parvo nobis tantundem haurire relinquas,
eur tua pius laudes eumeris granaria nostris?
ut tibi si sit opus liqnidi non amplius uma
55 vel cyatho, et dicas 'magno de flumine malim
quam ex hoc fonticulo tantundem sumere.' eo fit,
plenior ut si quos delectet copia iusto,
cum ripa simul avolsos ferat Aufidus acer.
at qui tantuli eget quanto est opus, is neque limo
f>o turbatam haurit aquam,' neque vitam amittit in undis.
at bona pars hominum deeepta cupidine falso
IbO a HORATII FLACCI
'uil satis est' inquit; 'quia taiiti quautum kabeas sis.^
quid facias illi? iubeas miserum esse, libenter
quatenus id facit: ut quidam memoratiir Athenis
65 8ordidu8 ae diveg, populi contemncre voces
sic Bolitus, 'populus me sibilat; at mihi plaudo
ipse domi, simul ae nummos contemplor in area.'
Tantalus a labris sitieiiB fugientia eaptat
flumina — quid rides? mutato nomine de te
70 fabula narratur : eongestis uudique saeeis
indonuis inhians, et tamquam pareere sacris
eogeris aut pietis tamquam gaudere tabellis.
iieseis quo valeat nummus; quem praebeat usum?
panis ematur, olus, vini sextarius, adde
75 quis bumana sibi doleat natura negatis.
au vigilare metu exanimem, noetesque diesque
formidare malos fures, iueendia, servos,
ne te eonpilent fugientes, hoe iuvat? horum
semper ego optarim pauperrimus esse bonorum.
80 at si eondoluit temptatum frigore corpus,
aut alius easus leeto te adfixit, habes qui
adsideat; fomenta paret, medieum roget, ut te
suscitet ae natis reddat earisque propinquis?
non uxor salvum te volt, non filius; omnes
85 vicini oderunt, noti, pueri atque puellae.
mirariS; cum tu argento post omnia ponas,
si nemo praestet quem non merearis amorem?
at si eognatos, nuUo natura labore
quos tibi dat, retinere velis sen-areque amieos/
IK) infelix operam perdas, ut si quis asellum
in carapo doeeat parenteui currere frenis?
deniquc sit finiš quaerendi, eumque habeas pius,
pauperiem metuas minus, et finire laborem
incipias parto quod avebas; ne facias quod
95 Ummidius quidam. non lõnga est fabula. dives
ut metiretur nummos, ita sordidus ut se
non umquam servo meiius vestiret, ad usque
supremum tempus ne se penuria vietus
SATIRARUM LIB. I. 1. 2. 161
opprimeret metuebat. at hunc liberta securi
100 divisit medium, fortissima Tyndaridarum.
'quid mi igitur saades? ut yivam Naeyius aut sic
ut Nomentanus?' pergis pugnantia secum
frontibus adversis conponere. non ego avarum
cum veto te fieri, vappam iubeo ae nebulonem.
105 est inter Tanain quiddam soeerumque Viselli:
est mõdus in rebus, sunt eerti denique fineS;
quos ultra citraque nequit eonsistere reetum.
illuc unde abii redeo, qui nemo, ut avarus,
se probet ae potius laudet diversa sequentis,
110 quodque aliena capella gerat distentius uber,
tabescat, iieque se maiori pauperiorum
turbae comparet, hunc atque hunc superare laboret.
sic festinanti semper locupletior obstat,
ut, cum carceribus missos rapit ungula currus,
115 instat equis auriga suos vincentibus, illum
praeteritum temnens extremos inter euntem.
inde fit ut raro qui se vixisse beatum
dicat et exactocontentus tempore vita
cedat, uti conviva satur, reperire queamus.
120 iam satis est. ue me Grispini scrinia lippi
conpilasse putes, verbum non amplius addam.
II.
Ambubaiarum collegia, pharmacopolae,
uiendici, mimae, balatrones, hoc genus omne
maestum ae sollicitum est cantoris morte Tigelli.
quippe benignus erat. contra hic, ne prodigus esse
5 dicatur metuens, inopi dare nolit amico,
frigus quo duramque famem propellere possit.
liunc si perconteris, avi cur atque parentis
praeclaram ingrata stringat maius ingluvie rem,
omnia couductis coemens obsonia nummis,
IM sordidus atque animi quod parvi nolit haberi,
Lrhba, Horatius. 1 1
t62 Q HORATII FLACCI
respondet. laudatur ab his, culpatur ab illis.
Fufidius vappae famam timet ae nebulonis
dives agris, dives positis in fenore nnmmis:
quinas hic capiti mercedes exsecat, atque
15 quanto perditior quisque est, tanto acrias urguet;
noinina sectatiir, modo sumpta veste virili,
8ub patribus duris tironum. 'maxime' quis non
'luppiter exclamat, simul atque audivit. 'at in se
pro quaestu sumptiim facit hic/ vix eredere possis^
20 quam sibi non sit amicus, ita ut pater iile, Terenti
fabula (iuem miserum gnato vixisse fugato
inducit. non se peius eruciaverit atque hic.
si quis nunc quaerat *^quo res haec pertinet?* illuc:
dum vitant stulti vitia, in contraria currunt.
25 Malthinus tunicis demissis ambulat; est qui
inguen ad obseaenum subductis usque facetus.
pastillolB Rufillus olet, Gargoiüus hircum.
nii medium est. sunt qui nolint tetigisse nisi illas
quarum subsuta talos tegat instita, veste:
ao contra alius nullam nisi olenti in fornice stantem.
quidam notus homo cum exiret fornice, 'macte
virtute esto' inquit sententia dia Catonis:
*nam simul ae vcnas inflavit taetra libido,
huc iuvenes aequum est descendere, non alienas
a5 permolere uxores.^ 'nolim laudarier inquit
*sic me' mirator cunni Cupiennius albi.
audire est operae pretium, procedere recte
qui moeehis rem voltis, ut omni parte laborent,
utque illis multo corrupta dolore voluptas
40 atque haec rara cadat dura inter saepe pericla.
hic se praecipitem tecto dedit; iile flagellis
ad mortem caesus; fugiens hic decidit acrem
praedonum in turbam; dedit hic pro corpore nuramos;
hunc perminxerunt calones; quin etiam illud
13 Haupt. Aus ars p. 421. 38 moeehis rem M. moechos non.
M. weist auf die Yerse des Ennias bei dem Schol.
8ATIRARÜM LIB. L 2. i&i'
45 accidit; ut cuidam testig caudamque aalacem
demeteret ferrum. 'iure' omnes : Galba negabat.
tutior at quanto merx est in classe secunda,
libertinarum dico: Sallustius in quas
non minus insanit quam qiii moechatur. at hic si^
to (|ua reSy qua ratio suaderet, quaque modeste
munifico esse licet, vellet bonus atque benignus
esse, daret quantum satis esset, nee sibi damno
dedecorique foret. verum hoc se amplectitur uno,
lioc amat et laiidat, ^matronam nuUam ego tango/
55 ut quondam MarsaeuS; amator Originis iile,
qui patrium mimae donat fundumque laremque,
'nii fuerit mi' inqtüt 'cum uxoribus umquam alienis/
verum est cum mimis, est cum meretricibus; unde
fama malum gravius quam res trahit. an tibi abunde
6') personam satis est, non illud, quidquid ubique
offieit, cvitare? bonam deperdere famam,
rem patris oblimare, malum est ubicumque. quid inter
est in matrona, ancilla peecesne togata?
Villius in Fausta Sullae gener, hoc miser uno
65 nomine deeeptus, poenas dedit usque superque
quam satis est, pugnis caesus ferroque petitus,
exclusus fore, cum Longarenus foret intus.
huic si mut^nis verbis. maia tanta videnti
diceret haec animus 'quid vis tibi? numquid ego a te
70 magno prognatum deposco consule cunnum
velatumque stola, mca cum conferbuit ira?*
(juid responderet? * magno patre nata puella est.*
at quanto meliora monet pugnantiaque istis
dives õpis natura suae, tu si modo recte
"5 dispensare velis ae non fugienda petendis
inmiscere. tuo vitio rerumne labores,
nii referre putas? quare, ne paeniteat te
desine matronas sectarier, unde laboris
pius haurire mali est quam ex re decerpere fructus.
80 nee magis huic, inter niveos viridisque lapillos
sit licet, hoc, Gerinthe, tuo tenerum est femur aut eru»
11*
lt>4 0. HO&Ain FLACCl
rectius; atque etiam melius peraaepe togatae est.
adde buc quod mercem sine fucis gestat; aperte
quod venale habet ostendit; nec siquid honesti est
85 iactat habetque palam^ quaerit quo turpia celet.
re^bus hic mos est^ ubi equos mercantur: opertos
inspiciunt, ne si facies, ut saepe, decora
molli fuita pede est, emptorem inducat hiantem,
quod pulchrae elunes, breve quod caput, ardua cerrix.
90 hoc illi recte: ne corporis optima Lyncei
contemplere oculis, Hypsaea caecior illa
quae maia suut spectes. ^o erus, o braechia!' verum
depugis, nasuta, bre\1 latere ae pede longo est
matronae praeter faciem nii eeniere possis,
95 cetera, ni Catia est, demissa veste tegentis.
si interdicta petes, vallo circumdata (nam te
hoc facit insanum) multae tibi tum offieient res.
custodes, lectiea, ciuifiones, parasitae,
ad talos stola demissa et circumdata palla,
100 plurima, quae invideant pure adparere tibi rem.
altera, nii obstat; Cois tibi paene videre est
ut nudam, ne ci:ure malo, ne sit pede turpi;
metiri possis oculo latus. an tibi mavis
insidias fieri pretiumque avellier ante
105 quam mercem ostendi? 'leporem yenator ut aita
in nive sectetur, positum sic tangere nolit*
cantat, et adponit 'meus est amor huic similis: nam
transYolat in medio posita et fugientia captat.'
hiscine versiculis speras tibi posse dolores
110 atque aestus curasque gravis e pectore tolli?
nonne, cupidinibus statuat natura modum quem,
quid lätura, sibi quid sit dolitura negatum,
quaerere pius prodest et inaue abscindere soldo?
num, tibi cum faueis urit sitis, aurea quaeris
lift pocula? num esuriens (astidis omnia praeter
payonem rhombumque? tument tibi cum inguina^ num, si
ancilla aut vema est praesto puer, impetus in quem
ocuitinuo fiat^ malis tentigine rumpi?
SATIRilRÜM LIB. I. 2. 3. 165
non ego: namque parabilem amo Venerem facilemqoe.
120 illam *po8t pauUo; sed pluris: si exierit vir
Gallis, hane Philodemus ait sibi quae neque magno
stet pretio neque cunctetur, cum est iussa venire.
candida reetaque sit; munda haetenus ut neque lõnga
nec magis alba velit quam dat natura videri.
125 haec ubi supposuit dextro corpiis mihi laeYum,
nia et Egeria est; do nomen quodlibet illi,
nec vereor ne, dum futuo, vir rure recurrat,
ianua frangatur, latret canis, undique magno
pulsa domus strepitu resonet, vepallida lecto
130 desiliat mulier; miseram se conscia clamet,
cruribus haec metuat, doti deprensa, egomet mL
discincta tunica fugiendum est ae pede nudo,
ne nummi pereant aut püga aut denique fama.
deprendi miserum est: Fabio vel iudice vincam.
IIL
Omnibus hoc vitium est cantoribus, inter amieos
ut nunqnam inducant animum cantare rogati,
iniussi numquam desistant. Sardus habebat
iile Tigellius hoc. Caesar, qui cogere posset,
5 si peteret per amicitiam patris atque suam, non
quicquam proficeret; si conlibuisset, ab ovo
usque ad maia citaret 'io bacchae', modo summa
Yoce, modo hac, resonat quae ehordis quattuor ima.
nii aequale homini fuit illi: saepe velut qui
10 currebat fugiens hostem, persaepe velut qui
lunonis sacra ferret; habebat saepe ducentos,
saepe decem servos; modo reges atque tetrarchas,
omnia magna loquens, modo 'sit mihi mensa tripes et
concha salis puri et toga quae defendere frigus
15 quamvis crassa queat;' decies centena dedišses
huic parco; paucis oontento, quinque diebus
nii erat in loculis; noctis vigilabat ad ipsum
mane, diem totum stertebat; nii fuit unquam
Iö6 Q. HORATn FLACGI
sic inpar sibi. nune aliquis dieat mihi 'quid tu?
20 niillaiie habes vitia?" immo aio: et fortasse minora.
Maenius absentem Novium cum carperet, 'heuB tu
quidam ait, Mgnoras te an ut ignotum dare nobis
verba putas?* 'egomet mi ignosco' MaenioB inquit.
stultus et inprobus hie amor est dignusque notari.
25 eiim tua peirideas oeulis maia Uppus innnctis,
cur in amieorum vitiis tam cemis aeutum
quam aut aquila aut 0er|)eii8 Epidaurius? at tibi contra
evenit, inquirant vitia ut tua rursus et illi.
iraoundior est ])aullo, minus aptus acutig
H'i naribus honmi hominum; rideri possit eo quod
rustieius tonso toga defluit et male laxos
in ]>ede ealeeus haeret: at est bonus, ut melior vir
non alius qnisqnam, at tibi amicus, at ingenium ingens
ineulto lätet hoc sub eorpore. denique te ipsum
2!b coneute, numqua tibi vitiorum inseverit olim
natura aut etiam eonsuetudo maia: namque
neglectis urenda iilix innascitur agris.
illuc praerertamur, amatorem quod amicae
turpia deeipiunt caeeum vitia, aut etiam ipsa haec
40 delectant, veluti Balbinnm polvpus Hagnae.
vellem in amicitia sic erraremns, et isti
errori nomen rirtus posuisset honestnm.
at pater ut gnati, sic nos debemus amiei
siquod sit vitium non fastidire. strabonem
45 adpellat paetum pater, et pnllum, male parvus
si cui filius est, ut abortivus fiiit olim
Sisyphus; hunc Tarum distortis eruribus, illum
balbutit scaurum, pravis fultum male talis,
pareius hic vivit : ftrugi dicatur. ineptus
SO et iactantior hie paullo est: concinnus amieis
poatulat ut Tideatur. at est truculentior atque
ploB aeqno liber: simplex fortisqne habeatur.
caldior est: acris inter numeretur. opinor,
20 aio. alia.
SATIRARUM LIB. I. 3. 167
haec res et iiingit, iunctos et servat amieos.
55 at nos virtutes ipsas invertimus atque
sincerum eupimus vas incru8tare. probus quis
nobiscum yiTit, multum demissus homo iile:
tardo et eognomen pingui damns. hic fugit omnis
insidias Hüllique malo latus obdit apertum,
60 cum genus hoc inter vitae versemur, ubi aeris
invidia atque vigent ubi erimina: pro bene sano
ae non ineauto fictum astutumque Yocamus.
simplicior quis et est qualem me saepe libenter
obtulerim tibi, Maecenas, ut forte legentem
65 aut tacitum inpellat quovis sennone: moleatuS;
communi sensu plane earet, inquimus. eheu
quam temere in nosmet legem sancimus iniquam!
nam Titiis nemo sine nascitur: optimus iile est,
qui minimis urguetur. amicus dulcis, ut aequum est,
70 cum mea conpenset vitiis bona, pluribus hiace,
si modo plura mihi bona sunt, inclinet, amari
si volet: hae lege in trutina ponetur eadem.
qui ne tuberibus propriis offendat amicnm
postulat, ignoscet yerrucis illins: aequum est
75 peccatis veniam poseentem reddere rursus.
denique, quatenus exoidi penitus vitium irae,
cetera item nequeunt stultis baerentia; eur non
ponderibus modulisque suis ratio utitur, ae res
ut quaeque est ita suppliciis delicta coereet?
80 siquis eum servum, patinam qui toUere iussus
semesos piscis tepidumque ligurrierit ius,
in eruce suffigat, Labeonc insanior inter
sanos dieatur. quanto hoc furiosius atque
maius peccatum est! pauUum deliquit amicus
S5 (quod nisi concedas, habeare insuavis): acerbus
odisti et fugis ut Busonem debitor aeris,
qui nisi, cum tristes misero venere ealendae,
mercedem aut nummos unde unde extricat, amaras
58 üeberlleferung t>hne Partikel. B. schob ae dn, Hanpt «t.
168 Q. HORATII FI.ACCl
porrecto iugulo historias CAptivus ut audit.
90 conminxit lectiim potus mensave catillum
Euandri manibug tritum deiecit: ob hane rem,
aut positum ante mea quia puUum in part6 catini
sustulit esuriensy minus hoc iucundus amicus
sit mihi? quid faciam, si furtum fecerit, aut gt
96 prodiderit conmissa fide sponsumve negarit?
quis paria esse fere placuit peccata, laborant,
cum ventiim ad vcrum est: sensus moresque repugnant^
atque ipsa utilitag, iusti prope mater et aequi.
cum prorepsenint primis animalia terris,
100 mutum et turpe pecus, glandem atque cubilia propter
unguibus et pugnis, dein fustibus, atque ita porro
pugnabant armis quae post fabricaverat usus;
donec verba, quibus voces sensusque notarent,
nominaque invenere: dehinc absistere bello,
105 õppida coepenmt munire, et ponere leges,
ne quis fur esset, neu latro, neu quis adulter.
nam fuit ante Helenam eunnus taeterrima belli
causa; sed ignotis perierunt mortibus illi,
quos Venerera ineertam rapientes more ferarum
110 viribus editior caedebat ut in grege taunis,
iura inventa metu iniusti fateare neoesse est,
tempora si fastosque velis evolvere mündi,
nec natura potist iusto secemere iniquum,
dividit ut bona diversis, fugienda petendis,
115 nec vincet ratio hoc, tantundem ut peccet idemque
qui teneros caulis alieni fregerit horti
et qui noetumus sacra divum legerit. adsit
regula, peccatis quae poenas inroget aequas,
ne scutica dignum horribili sectere flagello.*
120 nam ut fenila caedas meritum maiora subire
verbera non vereor, cum dicas esse paris res
furta latrociniis et magnis parva mineris
faice recisurum simili te, si tibi regnum
permittant homines. si dives, qui sapiens est,
125 et sutor bonus et solus formosos et est rex,
SATIRARÜM L1B« J. 3. 4. 169
our optas quod babes? 'non nosti quid pater' inquit
'Cbrysippas dicat. sapiens crepidas sibi numquam
nec soleas fecit: 8utor tamen est sapiens/ qui?
^ut quamvis tacet Hermogenes, cantor tamen atque
130 optimus est modulator; ut Alfenus vafer, omni
abiecto instrumente artis olausaque taberna,
tonsor erat; sapiens operis sic optimns omnis
est opifex soluS; sic rex.' vellunt tibi barbam
lasciyi pneri; quos tn nisi fuste coerces,
t35 urgueris turba circum te stante, miserque
rumperis et latras, magnorum maxime regum.
ne longum faciam: dum tu qnadrante lavatom
rex ibis neque te quisquam stipator ineptum
praeter Grispinum seetabitur, et mihi dulces
t40 ignoscent, siquid peccaro stultus^ amici,
inque vieem illorum patiar delicta libenter,
privatusque magis vivam te rege beatus.
IV.
Eupolis atque Cratinus Aristophanesque poetae
atque alii quorum comoedia prisca yirorum est,
siquis erat dignus describi, quod maius ae fur,
quod moechus foret aut sicarius aut alioqui
5 famosuSy muita cum libertate notabant.
hinc omnis pendet Lucilius, hosce secutus,
mutatis tantum pedibus numerisque. facetus,
emunctae naris, durus eonponere versus,
cum flueret lutulentus erat quod toUere vellea.
10 nam fuit hoc vitiosus: in hora saepe ducentos,
ut magnum, versus dictabat stans pede in uno;
garrulus atque piger scribendi ferre laborem,
scribendi reete; nam ut multom, nii moror. ecce
Crispinus nummo me provocat: ^accipe, si vis,
15 accipiam tabulas: detur nobis loeus, hora,
8 steht gewöhnlich binter nt magnum — 10. 14 nummo B.
minimo.
170 Q. HORATIl FLAGCI
custodes; vidoamufi uter pius Bcribere possit/
di bene fecerunt inopis me quodque pusilli
finxerunt animi, raro et perpauca loquentis:
at tu eoiielusas hireinis folUbus auras,
20 usque laborantis dum femim molliat ignis,
ut mavis, imitare. beatus Fannius ultro
delatis capsis et imagine, cum mea nemo
scripta legat volgo recitare timentis ob lianc rem
quod sunt quos grenus hoc minime iuvat, utpote pluris
25 culpari dignos. quemvis media elige turba:
aut ab avaritia aut misera ambitione laborat.
hic nuptarum insaiiit amoribus, hie pueroruin;
hunc capit argenti splendor; stupet Albius aere;
hic mutat mercis surgente a sõle ad eum quo
30 vespertina tepet regio, quin per maia praeeeps
fertur uti pulvis coUectus turbine, nequid
summa deperdat metuens aut ampliet ut rem:
omnes hi metuunt versus, odere poetas,
'foenum habet in coniu, longc fuge: dummodo risum
35 exeutiat sibi, non hic cuiquam parcet amieo;
et quodcumque semel ehartis inleverit, omnis
gestiet a furno redeuntis^ seire lacuqne,
et pueros et anus/ agedum, pauea aceipe contra.
primum ego me illorum, dederim quibus eöse poetis,
40 excerpam numero: neque enim concludere versum
dixeris esse satis; neque siqui scribat uti nos
sermoni propiora, putes hunc esse poetam.
ingeuium cui sit, cui mens divinior atque os
magna sonaturum, des nominis huius honorem.
45 idcireo quidam comoedia neene poema
esset quaesivere, quod acer spiritus ae vis
nee verbis nec rebus inest, nisi quod pede certo
diifert sermoni sermo merus/' 'at pater ardens
sae^it, quod meretriee nepos insanus amica
fiO filius uxorem grandi cum dote recuset,
ebrins et, magnum quod dedecus, ampulet ante
noctem cum facibus.' numquid Pomponius istis
SATIRARÜM LIB. I. 4. 171
audiret leviora, pater si viveret? ergo
non satis est puris versum perscribere verbis,
55 quem si dissolvas; quivis stomachetur eodem
quo personatus pacto pater. his, ego quae uunc,
olim quae scripsit LueiliuS; eripias si
tempora certa modosque et quod prius ordine verbum est
posteriiis facias, praei)onens iiltima primis;
60 non, ut si solvas 'postquam Discordia taetra
belli ferratos postis portasque refregit/
invenias etiam disieeti membra poetae.
Imctenus haee: alias iustum sit neene poema.
nunc illud tantum quaeram, meritone tibi sit
05 suspeetum genus Iioc scribendi. Sulcius aeer
ambulat et Gaprius, rauci male cumque libellis,
magnus uterque timor latronibus: at bene si quis
et vivat puris manibus, contemnat utrumque.
ut sis tu similis Gaeli Birrique latronuro,
70 non ego sum Capri neque Sulci: eur metuas me?
nulla taberna meos habeat neque pila libellos,
quis manus insudet volgi Hermogenisque Tigelli.
nec reeito cuiquam nisi amicis, idque coaetus,
non ubivis eoramve quibuslibet in medio qui
75 seripta foro reeitent sunt multi quique lavantes:
suave locus voei resonat eonolusus. inanis
hoo iuvat, liaud illud quaerentis, num sine sensu,
tempore num faciant alieno. ^laedere gaudes'
inquit, 'et hoc studio pravos facis/ unde petitum
80 hoc in me iaeis? est auctor quis denique eorum
vixi cum quibus? absentem qui rodit amicum,
qui non defendit alio eulpante, solutos
qui captat risus hominum famamque dieacis,
fingere qui non visa potest, eonmissa tacere
S5 qui nequit, hie niger est, hune tu, Romane, eaveto.
saepe tribus lectis videas eenare quatemos,
e quibus unus amet quavis adspergere eunctos
79 pravoft. pravus.
1 72 a HORATII FLACCI
praeter eum qui praebet aquam; poet hiinc quoqoe pohis^
condita cum verax aperit praeeordia Liber.
no bic tibi comifi et iirbanus liberque videtar.
infcHto nigrin: ego hi risi, (|nod ineptnis
pastilloH RiifilluH olety Gargonius hireiim,
lividuH et mordax videor tibi? mentio siqua
de Capit^)lini furtin iniecta Petilli
i^t te eoram fuerit; defendas ut tuus est mos:
'me CapitolinuH convictore usus amicoque
a pueni est, caiigaque mea permulta rogatus
fccit, et incolumlH laetor quod virit in urbe;
Hed tameii admiror quo paeto iudicium illnd
100 fugerit/ hie nigrae hucuh lolliginlB, haee est
acriigo mcra: quod vitium procul afore chartis,
atque animo i^riuS; ut giquid promittere de me
poBHum allud vere, promitto. liberius si
dixero quid, Bi forte iocosiug; hoc mihi iuris
105 cum venia dabis. insuevit pater optimus boe me^
ut fugerem exemplis vitiomm quaeque notando.
cum me hortarctur, parce frugaliter atque
viverem uti contentus eo quod mi ipse parasset,
^nonne vides, Albi ut male vivat filius, utque
110 Barus inops? magnum documentum, ne patriam rem
perdere quis velit:* a turpi meretricis amore
cum deterreret, *Scetani dissimilig sis:'
ne sequerer moechas, concessa cum Venere uti
posBcm, 'deprensi non bella est fama Treboni'
115 aiebat: ^sapiens, vitatu quidque petitu
sit melius, causas reddet tibi. mi satis est, si
traditum ab antiquis morem servare tuamque,
dum custodis eges, vitam famamque tueri
incolumem possum : simul ae duraverit aetas
120 membra animumque tuum, nabis sine eortice/ dc me
formabat puerum dictis, et sive iubebat
ut facerem quid, 'babes auctorem, quo faeias hoc/
unum ex iudicibus selectis obiciebat,
sive vetabat, 'an hoc inhonestimi et inatile fadu
SATIRARUM LIB. L 4. 5. 173
125 necne sit; addubites, flagret rumore malo cum
hic atque iile?' avidos vicinum funus ut aegros
exanimat mortisqae metu sibi parcere cogit,
sic teneros animos aliena opprobria saepe
absterrent vitiis. ex Iioc ego sanus ab illiS;
130 pemiciem quaecumque ferunt, medioeribuB et quis
ignoscas vitiis teneor. fortassis et istinc
largiter abstulerit lõnga aetaS; liber amicus,
consilium proprium. neque enim; cum lectulus aut me
porticus excepit, desum mihi. ^rectius hoc est.
135 hoc faeiens vivam melius. sic dulcis amicis
oe<2urram. hoc quidam non belle: numquid ego illi
inprudens olim faciam simile?' haec ego mecum
conpressis agito labris; ubi quid datur oti,
inludo chartis. hoc est mediocribus* illis
140 ex vitiis unum : cui si concedere nolis,
muita poetarum veniet manuS; auxilio quae
sit mihi (nam multo plures sumus) ae veluti te
ludaei cogemus in hane concedere turbam.
V.
Egressum magna me accepit Aricia Roma
hospitio modico : rhetor comes Heliodorus,
Graecorum longe doctissimus: inde Forum Appi,
differtum nautis, cauponibus atque malignis.
5 hoc iter ignavi divisimus, altius ae nos
praecinctis unum: minus est gravis Appia tardis.
hic ego propter aquam, quod erat deterrima, ventri
indico bellum, cenantis haud animo aequo
exspectans comites. iam nox inducere terris
10 umbras et eaelo diflfundere signa parabat.
tum pueri nautis, pueris convicia nautae
ingerere. 'huc adpelle. trecentos inseris. ohe
iam satis est.' dum aes exigitur, dum mula ligatur,
tota abit hora. mali culices ranaeque palustres
15 avertunt somnos. absentem ut eantat amicam
muita prolutus vappa nauta atque viator
174 Q. UOKATU FLACCI
certatim, tandem fessus donnire yiator
incipit, ae missae pastum retinaeula mulae
nauta piger saxo religat stertitquc supinuB.
20 iamque dies aderat, uil cum proeedere lintrem
sentimus; donee cerebrosus prosilit unus
ae mulae nautaeque caput lumbosque saligno
fuste dolat. quarta vix demum exponimur hora.
ora manusque tua lavimus, Feronia, lympha.
25 milia tum prausi tria repimus atque subimus
inpositum saxis läte eandentibuB Anxur.
Iiuc venturus erat Maee^nas optimus atque
CoeceiuS; misni magnis de rebus uterque
legati, aversos soliti conponere amicos.
30 hic oculis ego nigra meis coUyria lippus
iulinere. interea Maecenas advenit atque
Coceeius Capitoque simul Fonteius^ ad unguem
faetus homo, Antoni non ut magis alter amicus.
Fundos Aufidio Lusco praetore libenter
:i5 linciuimus, insani ridentes praemia scribae,
praetextam et latum elavum prunaeque batillum.
in Mamurranmi lassi deindc urbe manemuS;
Murena praebente domum, Capitono culiuam.
postera lux oritiir multo gratissima: namque
40 Plotius et Varius Sinuessae Vergiliusque
oceurrunt, animae quales neque candidiores
terra tulit ue(iue quis me sit devinctior alter.
o qui conplexus et gaudia quanta fuerunt!
nii ego eontulerim iueundo sanus amico.
45 proxima Campano ponti quae villula; tectum
praebuit; et parochi quae debent ligna salemque.
liine muli Capuae elitellas tempore ponunt.
lusum it MaecenaB, dormitum ego Vergiliusque:
namque pila lippis inimieum et ludere erudis.
50 hine no8 Cocceii reeipit plenissima villa,
quae super est Gaudi eauponas. nunc mihi paucis
Sarmenti scurrae pugnam Messique Cicirri,
musa, velim memores et quo patre natus uterque
SATIRARÜM LIB. I. 6. 175
contulerit litis. Messi clarum genus Osci;
55 Sarmenti domina exstat: ab his maioribus orti
ad pugnam venere. prior Sarmentus 'equi te
esse feri similem dieo/ ridemus, et ipse
Messius ^accipio/ capiit et movet. 'o tua cornu
ni foret exsecto frons' inquit, ^quid faceres, cum
60 sic mutilus minitaris?' at illi foeda cicatrix
setosam laevi frontem turpaverat oris.
Campanum in morbum, in faciem pennulta iocatus^
pastorem saltaret uti Cyclopa rogabat;
nii illi larva aut tragicis opus esse cothurnis.
65 muita Gicirrus ad haec. donasset iamne catenam
ex voto Laribus, quaerebat: seriba quod esset,
nilo deterius dominae ius esse: rogabat
denique cur umquam fugisset, cui satis una
farris libra foret, graeili sic tamque pusillo.
70 prorsus iueunde cenam producimus illam.
tendimus hine reeta Beneventum ; ubi sedulus hospes
paene maeros arsit dum turdos versat in igni.
nam vaga per veterem dilapso flamma culinam
Volcano summum properabat lambere tectum.
15 convivas avidos cenam servosque timentis
tum rapere atque omnis restinguere velle videres.
incipit ex illo montis Appulia notos
ostentare mihi, quos torret Atabulus et quos
numquam erepsemus, nisi nos vicina Trivici
80 villa recepisset, lacrimoso non sine fumo,
udos cum foliis ramos urente camino.
hic ego mendacem stultissimus usque puellam
ad mediam noctem exspecto: somnus tamen aufert
intentum Vcneri: tum inmundo somnia visu
85 noctumam vestem maculant ventremque supinum.
quattuor hinc rapimur viginti et milia raedis,
mansuri oppidulo, quod versu dicere non est,
signis perätcile est. venit vilissima rerum
hic aqua; sed panis longe pulcherrimus, ultra
90 callidus ut soleat umeris portare viator:
V' ..
176 Q. HORATII FLACCl
nam Ganusi lapidosus; aquae non ditior urna
qui locus a forti Diomede est conditus olim.
flentibus hinc Vanus discedit maestus amicis.
inde Rubos fessi pervenimus, utpote longum
95 carpentes iter et factum corruptiua imbri.
postera tempestas melior, via peior ad usque
Bari moenia piscosi. dein Gnatia lymphis
iratis exstructa dedit risusque iocosque,
dum flamma sine tura liqueacere limine sacro
lOü persuadere cupit. eredat ludaeus Apella,
non ego. namque deos didici seeurum agere aeyum,
nec siquid miri faciat natura, deos id
tristis ex alto eaeli demittere teeto.
Brundisium longae finiš chartaeqiie viaeque.
VI.
Non quia, Maccenas, Lydorum quidquid Etruseos
incoluit finiš, nemo generosior est te,
nec quod avus tibi matemus fuit atque paternus,
olim qui magnis legionibus imperitarent,
5 ut plerique solent, naso suspendis adunco
ignotos, ut me libertino patre natum.
cum referre negas quali sit quisque parente
natus, dum ingenuus, persuades hoc tibi vere,
ante potestatem Tulli atque ignobile regnum
10 multos saepe viros nullis maioribus ortos
et vixisse probos amplis et honoribus auetos:
contra Laevinum, Valeri genus, unde Superbus
Tarquinius regno puisus fugit, unius assis
non umquam pretio pluris lieuisse, notante
15 iudiee quo nosti, populo, qui stultus honores
saepe dat indignis et famae servit ineptus,
qui stupet in titulis et imaginibus. quid oportet
nos facere a volgo longe longeque remotos?
namque esto, populus Laevino raallet honorem
20 (juam Decio mandare novo, eensorque moveret
Appius, ingenuo si non essem patre natus:
8ÄTIRARÜM LIB. I. 6. 177
vel meritO; quoniam in propria non p6lle quiessem.
sed fulgente trahit constrictos gloria curru
non minus ignotos generosis. quo tibi, Tilli,
25 aumere depositum clavum fierique tribuno?
invidia adcrevit, privato quae minor esset.
nam ut quisque insanus higris medium inpediit erus
pellibus et latum demisit pectore clavum,
audit continuo ^quis homo hic aut quo patre natus?"
30 ut siqui aegrotot quo morbo Bamis, haberi
ut cupiat forraosus, eat quacumque, puellis
iniciat curam quaerendi singula, quali
sit facie, sura, quali pede, dente, capillo;
sic qui promittit, civis, urbem sibi curae,
35 imperium fore et Italiam, delubra deorum,
quo patre sit natus, num ignota matre inhonestufi,
omnis mortalis curare et quaerere eogit.
*tune, Syri, Damae, aut Dionysi filius, audes
deicere e saxo civis aut tradere Cadmo?
40 at Novius coUega gradu post me scdet uno:
namque est iile, pater quod erat meus/ 'hoc tiW Paallus
et Messalla videris? at hic, si plostra ducenta
concurrantque foro tria funora, magna sonabit
cornua quod vincatque tubas : saltem tenet hoc no»/
45 nunc ad me redeo libertino patre natum,
qucm rodunt omnes libertino patre natum,
nunc quia sum tibi, Maeoenas, eonvictor,. at olim
quod mihi pareret legio Komana tribuno.
dissimile hoc illi est; quia non, ut forsit honorem
50 iure mihi invideat quivis, ita te quoque amicum^
praesertim cautum dignos adsumere, prava
ambitione procul. felicem dicere non hoc
me possim, casu quod te sortitus amicum: .
nulla etenim mihi te fors obtulit; optimus olim
55 Vergilius, post hane Vanus dixere quid essem«
ut veni coram, singultim pauca locutus
(infans namque pudor prohibebat plura profari)
non ego me claro natum patre, non ego c^rcum
Lbhbs, Horatins. 12
178 U. HüRATII FLACOI
me Sfttureiano vectari rura caballo,
60 sed quod eram narro. respondes^ ut tuus est mos^
pauea: abee: et revoeag nono post mense iubesque
esse in amicorum numero. magnum hoc ego daco^
quod plaeui tibi, qui turpi secernis honestum^
non patre praeelaro, sed Tita et pectore piuro.
65 atqui si ritiis mediocribus ae mea paueis
mendoga est natura, alioqui reeta, velut si
einr^o inspersos reprendas eorpore naevos,
si neque aTaritiam neque sordis nee maia lastra
obiciei vere quLsqiiam mihi. purus et insons,
70 ut me collaudem, si et vivo carus amicis,
eausa fiiit pater hiäk qui maero pauper agello
noluit in Flari lodura me minere, Hui^i
quo pueri magnis e centurionibus orti^
laeTo suspensi loculos tabulamque iaeerto,
75 ibant octonis referentes idibus aera:
sed puerum est ausus Romam portare, doeendum
artis quas doeeat quiris eques atque senator
semet prognatos. vestern servosque sequeutis,
in magno ut popnlo, siqui vidisset. avita
80 ex re praeberi sumptus mihi crederet illos.
ipse mihi cnstos ineorruptissimus omnis
circum doctores aderat. qnid muita? pudieum,
qui primus virtutis bonos, senravit ab omm
non s<^»lam facto, verum opprobrio quoque turpi:
85 nee timuit, sibi ne vitio quis veneret, olim
si praeco parras aut, ut fuit ipse, eoactor
mercedes se<iuerer; neque ego essem questud: at hoo nunc
laus illi debetur et a me gratia maior.
nii me [meniteat sanum patris huius: eoque
90 non, ut magna dolo faetum negat esse suo pars,
quod non ingenuos habeat clarosque parentes,
sic me defendam. longe mea diserepat istis
et Yox et ratio. nam si natura iuberet
a certis anfiis aevum remeare peractum,
n atque alios legere, ad fastum qaoecomque parentis
SATIUARÜM LIB. I. 6. 179
optaret sibi qiiisque, meis contentus honestos
fascibus et sellis noUem mihi sumere, demens
iudicio volgi, saniis fortasse tuo, qiiod
nollem onus haud umquam solitus portare molestum.
100 nam mihi continuo maior quaerenda foret res
atque salutaudi plures; dueemluset unus
et eomes alter, uti ne solus rusve peregreve
exirem; plures calones atque eaballi
paseendi, dueenda petorrita. nunc mihi eurto
iü5 ire licet mulo vel si libet usque Tarentum,
mantica cui lumbos onere ulceret atque eques armos;
obiciet nemo sordis mihi quas tibi, Tilli,
cum Tiburte via praetorem quinque sequuntur
te pueri, lasanum portantes oenophorumque.
110 hoo ego commodius quam tu, praeclare senator,
milibus atque aliis vivo. quacum(iue libido est,
incedo solus; percontor quauti olus ae far; •
fallacem circum vespertinumque pererro
saepe forum; adsisto divinis; inde domum me
115 ad porri et ciceris refero laganique eatinum.
eena ministratur pueris tribus, et lapis albus
pocula cum eyatho duo sustinet; adstat echinus
vilis, eum patera guttus, Campana supellex.
deinde eo dormitum, non sollicitus, mihi quod eras
120 surgendum sit mane, obeundus Marsya, qui se
voltum ferre negat Novioruni posse minoris.
ad quartam iaeeo: post hane vagor aut ego lecto
aut scripto quod me taeitum iuvet, unguor olivo,
non quo fraudatis inmundus Natta lucernis.
125 ast ubi me fessum sol acrior ire lavatum
admonuit, fugio campum lusumque trigonem.
pransus non avide, quantum interpellet inani
ventre diem durare, domesticus otior. haec est
vita solutorum misera ambitione gravique;
130 his me consolor victurum suayius ae si
quaeetor avus pater atcjue meus patruusque fuisset.
12*
180 a HORATn FLAGCI
VII.
Progcripti Regis Rupili pus atqne venenum
hybrida quo pacto sit Pereius uitus, opinor
omnibus et lippis notum et tonsoribug esse.
Peraius hic perma^rna iie«rotia dives liabebat
5 ClazomeniS; ctiam liti« cum Rege molestas,
dunis homo atque odio (jui posset vineere Regem,
confidens tumidusque, adeo sermonis amari.
Bisennas, Barros ut equis praeourreret albis,
moliri exitium postquam nihil inter utrumque
10 convenit. hoc etenim sunt omnes iure molesti,
quo forte», quibus adversuna bellum incidit. inter
Hcctora Priamiden, animosum atque inter Acbillem
ira fuit capitalis, ut ultima divideret mors,
non aliam ob causam nisi quod virtus in utroque
15 summa fuit: duo si diseordia vexet inertis,
aut si disparibus bellum ineidat, ut Diomedi
cum Lycio Glauco, discedat pigrior, ultro
muncribus missis. Bruto praetore tonente
ditera Asiam, Rupili et Persi par pugnat uti non
20 conpositum melius cum Bitho Baccbius; in ius
acres procurrunt, magnum spectaculum uterque.
Persius exponit causam; ridetur ab omni
conventu; laudat Brutum laudatque cohortem,
solem Asiae Brutum adpellat stellasque salubris
26 adpellat comites, cxcepto Rege; canem illum,
invisum agricolis sidus, venisse; ruebat
flumen ut hibemum, fertur quo rara securis.
tum Praenestinus salso multoque fluenti
expressa arbnsto regerit convicia, durus
30 vindemiator et invictus, cui saepe viator
cessisset magna conpellans Yoce cuoulum.
at Graecus, postquam est Italo perfusus aceto,
9 moliri exitium. ad Regem redeo.
SATIRARUM LIB. I. 7. 8. 181
Persius exclamat 'per magnos, Brute, deos te
oro, qui reges consueris toUere, cur non
35 hunc Regem iugulas? operum hoc, mihi crede, tuorum est'
VIII.
Olim truncus eram ficulnus, inutile lignaniy
cum faber, incertus seanmum faceretne Priapum,
maluit esse deiim. deus inde ego, furum aviumque
maxima formido: nam fures dextra coercet
5 obscaenoque niber porrectus ab inguine palus^
ast inportunas volucris in vertice arundo.
terret fixa vetatque novis considere in hortis.
huc prius angustis eiecta eadavera cellis
conserviis vili portanda locabat in arca;
10 hoc miserae plebi stabat commune sepulcrum,
Pantolabo scurrae Nomentanoque ncpoti.
mille pedes in fronte, trecentos cippus in agrum
hic dabat; heredes monumentum ne sequeretur.
nunc licet Esquiliis habitare salubribus atque
15 aggere in aprico spatiari qua modo tristes
albis informem spectabant ossibus agrum;
cum mibi non tantum furesque feraeque suetae
hunc vexare locum curae sunt atque labori,
quantum carminibus quae versant atque venenis
20 humanos animos: has nuUo perdere possum
nec prohibere modo, simul ae vaga luna decorum
protulit 08, quin o&sa legant herbasque nocentis.
vidi egomet nigra succinctam vadere palla
Ganidiam, pedibus nudis passoque capillo,
25 cum Sägana maiore ululantem. pallor utrasque
fecerat horrendas adspectu. scalpere terram
unguibus et puUam divellere mordicus agnam
coeperunt: cruor in fossam confusus, ut inde
15 qua B. quo.
182 Q. HORATII FLACCI
mallis elicerent animas responsa daturas.
30 laiiea et offiiricj^ erat, altera eerea: maior
laiiea, quao jioenis eou|)e8eeret iiiferiorem;
eerea suppliciter stabat servilibus utque
iam peritiira modis. Hoeaten voeat altera, soevrini
altera Tisiphonen. serpentes atque videres
35 infernas errare eanis, lunamqiie rubenteni,
110 foret his testii*, post iiiagHa latere sepulcra.
luentior at siqiüd, nienlis caput inquiner albis
eorvoruiiK atque iii me veniat mietum atque caratum
luliu8, et frajrilis Pediatia, furque Voraiius.
40 siiij^iila quid niemorem, qiio j)aeto altema loquentes
iimbrae ciim Sägana re84>nariiit triste et acutnin,
iit(iiie lupi barbam variae eum dente eolubrae
abdideriiit furtim terris, et imagiiie eerea
largior arserit ignis, et iit non testis inultus
45 (d)riierim voces Fiiriarmii et facta duarum?
nam displosa scmat (piautiim vesicA, i)ei)edi
diftiiisa iiato iieus: at illae eiirrere in urbem.
Cauidiae dentis, altiim Saganae ealiendrum
oxeidere, atque herbas atque ine«iitata laeertis
50 vincula, eum majiio risuque ioeoque videres.
IX.
Il)am forte via saera, sieut mous est mos,
iicseio quid meditaiiü iiugarum, totus in illis,
accurrit quidam notus mihi nomine tantum,
arrei)taque manu ^quid agis, dulcissime renim?*
^suaviter, ut nunc est* inquam, 'et eupio omnia qaae vis.'
cuni adsectiiretur, 'num quid ^is?' oeeupo. at iile
'noris iios' inquit; 'doeti sumus.' hic ego 'pluris
lioc' iuquam 'mihi eris.' misere discedere quaerens^
ire modo oeius, interdum eonsistere, in aurem
41 resonarint B. resonarent.
SATIRARUM LIB. I. 9. 183
10 dicere nescio qiiid puero, oum sudor ad imos
manaret talo8. 'o te, Bolane, cerebri
felicem' aiebam tacitus, cum quidlibet ilte
garriret, vicos, urbein laudaret. ut illi
uil respondebam, 'misere cupis* inquit 'abire:
15 iaindudum video: sed nii agris: usque tenel)o;
prosequar hinc quo nunc iter est tibi/ 'nii opus est te
circumagi: quendam volo visere non tibi notum:
trans Tibcrim longe cubat is, prope Gaesaris hortos.'
'nii habeo quod agam et non Bum piger: usque sequarte.'
20 demitto auriculas, ut iniquae mentis asellus,
cum gravius dorso subüt onus. ineipit Ule
^H\ bene me novi, non Viscum pluris amicum;
non Varium facies: nam quis me scribere pluris
aut citius i)0S8it versus? quis membra movere
25 mollius? invideat quod et Hermogenes ego eanto.* .
interpellandi locus bic erat: 'est tibi mater,
cognati, quis te salro est opus?* 'haud mihi quisquam.
oninis eonposui/ 'felices! nunc ego resto.
confice: namque instat fatum mihi triste, Sabella
30 (juod puero cccinit di vina mota anus urna:
hunc neque dira venena, iiec hosticus auferet ensis,
nec laterum dolor aut tussis, nec tarda podagra:
garrulus hunc quando consumet cumque: loquacis.
81 sapiat, vitet, simul atque adoleverit aetas/
35 ventum erat ad Vestae, quarta iam parte diei
])raeterita, et casu tunc respondere vadato
debebat; quod ni fecisset, perdere litem.
'si me amas' inquit, 'paullum hic ades/ 'inteream, si
aut valeo stare aut non civilia iura:
40 et propero quo seis/ 'dubius sum, quid faciam' inquit,
'tcne relinquam an rem/ 'me, ^odes/ 'non faciam' iile
et praecedere coepit. ego, ut contendere durum est
cum victore, sequor. 'Maecenas quomodo tecum?'
hinc repetit; 'paucorum hominum et mentis bene sanae.
45 nemo dexterius fortuna est usus. haberes
magnum adiutorem, possct qui ferre secundas,
184 Q. HORATII FLACCI
hunc hominem velles ed tradere. dispeream^ ni
summosses onmis/ ^non isto vivitur illic
quo tu rcre modo: domus hac nec puHor ülla est^
50 nec magis his aliena matis; nii mi officit unquam
ditior hic aut est quia doctior; est lociis uni
cuique suus/ 'magnum narras, vix credibile/ 'atqui
sic habet/ 'accendis quare cupiam magis illi
proximus esse.' Welis tantummodo: quae tua yirtus,
55 expugnabis; et est qui vinci possit, eoque
difficilis aditus primos habet/ ^haud mibi deero:
muneribus serves corrumpam; non, hodie si
exclusus fuero, desistam; tempora quaeram;
oecurram in triviis; deducam. nii sine magno
60 vita labore dedit mortalibus/ haec dum agrt, ecce
Fuscus Aristius occurrit, mihi carus et illum
qui pulchre nosset. consistimus. ^unde venis?* et
'quo tendis?" rogat et respondct. vellere coepi,
et prensare manu lentissima bracchia, nutans,
65 distorquens oculos, ut me eriperet. male salsus
ridens dissimulare; meum iecur urere bilis.
'certe nescio quid secreto vclle loqui te
aicbas mccum/ *^memini bene, sed meliori
tempore dicam: hodie trice^ima sabbata: vin tu
70 curtis ludaeis oppedere?' 'nuUa mihi' iuquam
'relligio est/ 'at mi: sum paullo infirmior, unus
multorum. ignosces: alias loquar/ huneine solem
tam nigrum surrexe mihi! fugit inprobus ae me
sub cultro linquit. casu venit obvius illi
75 adversarius et *^quo tu tur|)issime?' magna
inclamat voee, et Uicet antestari?' ego vero
adpono aurieulam. rapit in ius: clamor utrimque,
undique concursus. sjc me servavit Apollo.
k
SATIRARÜM LIB. I. 10. 185
X.
Lucili, quam sis mendosus^ teste Gatone
defensore tao pervincam, qui male factos
emendare parat versus, hoc lenius iile,
quo melior vir et est longe subtilior illo,
5 qui multum puer et loris et funibus udis
exhortatus, ut esset opem qui ferre poetis
antiquis posset contra fastidia nostra,
grammaticorum equitum doctissimus. ut redeam iUue.
Nempe inconposiito dixi pede currere versus
Lucili. quis tarn Lucili fautor inepte est,
ut non hoc fateatur? at idem, quod sale multo
urbem defricuit, charta laudatur eadeni.
5 nee tamen hoc tribuens dederim quoque eetera: nam sie
et Laberi mimos ut pulchra poemata mirer.
ergo non satis est risu diducere rictum
auditoris: et est quaedam tamen hic quoque virtus:
est brevitate opus, ut currat sententia, neu se
10 inpediat verbis lassas onerantibus auris;
et sermone opus est modo tristi, saepe iocoso,
defendente vioem modo rhetoris atque poetae,
interdum urbani, parcentis viribus atque
extenuantis eas consulto. ridiculum acri
15 fortius et melius magnas plerumque secat res.
illi, scripta quibus comoedia prisca viris est,
hoc stabant, hoc sunt imitandi: quos neque pulcher
Hermogenes umquäm legit, neque simius iste
nii praeter Calvum et doctus cantare CatuUum.
20 'at magnum fecit quod verbis Graeca Latinis
miscuit/ 0 seri studiorum, quine putotis
difficile et mirum, Rhodio quod Pitholeonti
contigit? 'at sermo lingua concinnus utraque
suavior, ut Chio nota si commixta Falemi est/
1 — 8 incl. fehlen in einem Theil dor Handschriften und werden von
den Schol. nicht erklärt.
186 a HOAATU FLAOa
25 cum versu8 facias. te i])suin percontor, an et cum
dura til)i i>era;renda rci slt eaiisa Pctilli?
scilicet oblitog patriaeque jmtrigque Latini,
cimi Pedius caiisas exsudet Poplicola atque
Corvinus, patriis interniiscere petita
3(» vorha foris malis, Canasini more bilinguis?
atque ego cum Graecos facerem, iiatus mare eitra,
versiculos, vetuit me tali roce Quirinu»,
\)()M mediam noctem vLsus, cum somnia ver»,
Mil gilvam non iigna feras insanius ae si
35 magnas Graeconim malig inplere cateiras/
turgidus Aljnuug iugulat dum Memnona dumque
defingit Rheni luteum caput, haec ego ludo,
quae nequc in aede «onent certautia iudice Tarpa,
nec redeant iteriim atque itenim spectanda theatrig.
40 arguta meretrice potes Davoque Chremeta
eludeiite scnem comis garrire libellos
unus vivorum, Fundani; Polio reguni
facta canit pede ter percusso; forte epos acer
ut nemo Vanus ducit; molle atque facetum
45 Vergilio adnuenmt gaudentcs nire camenae:
hoc erat, exi)erto frustra Varrone Atacino
atque quibusdam aliis melius quod scribere possem,
inventore minor; neque ego illi detrabere ausim
bacrentem capiti cum muita laude coronam.
50 at dixi fluore hune lutulentum, saepe ferentem
l)lura quidem toUenda relinquondis. age, quaeso;
tu nihil in magno doctus reprendis Homero?
uil comis tragici mutat Lucilius Atti,
non ridct versus Enni gravitate minores,
55 cum dc se loquitur non ut maiore reprensis?
(piid vctat et nosmet Lucili scripta legentis
(juaerere, num ilHus, nuni rerum dura negarit
versiculos natura magis factos et euntis
moiliuS; ae siquis pedibus quid claudere sonis,
60 hoc tantum contentus, amet scripsisse ducentos
antc cibuni versus, totidem cenatus, Etrusci
SATIRARÜM LIB. I. 10. 187
quale fuit Cassi rapido ferventius amni
ingeniuni; capsis quem fama est esse librisque
ambustum propriis. fuerit Lucilius, inquam,
65 comis et urbanus, fuerit limatior idem
quam rudis et Graecis intacti carmiiiis auctor
quamque poetarum seniorum turba: sed iile,
si foret hoo nostrum fato dilatus in aevum,
detereret sibi muita, recideret omne quod ultra
70 perfectum traheretur, et in versu faciendo
saepe caput scaberet, rivos et roderet unguis.
saepe stilum vertas, iterum quae dignia legi siut
scripturus, neque te ut miietur turba labores,
contentus paucis lectoribus. an tua demens
75 yilibus in ludis dictari carmina roalis?
non ego: nam satis est equitem mihi plaudere, ut audax
contemptis aliis explosa Arbuscula dixit.
men moveat cimex Pantilius, aut cruciet quod
vellicet absentem DemetriuS; aut quod ineptus
80 Fannius Hermogenis laedat conviva Tigelli?
Plotius, et Vanus, Maecenas, Vergiiiusque,
Valgius, et probet haec Octavius optimus atque
Fuscus, et haec utinam Viscorum laudet uterque;.
ambitione relegata te dicere possum,
85 Polio, te, Messalla, tuo cum fratre, simulque
vos, Bibule et Servi, simul his te, candide Furni,
conpluris alios, doctos ego quos et amicos
prudens praetereo: quibus haec, sunt qualiacumque,
arridere velim, doliturus, si placeant spe
90 deterius nostra. Demetri, teque, Tigelli,
discipularum inter iubeo plorare eathedras.
i puer atque meo eitus haec subscribe libello.
Q. HORATII FLACCI
SATIRARUM
LIBER SECÜNDUS.
I.
Sunt quibus in satira videor nimis SLcer et ultra
Icgem tendere opiis; sine nerris altera quidquid
conposui pars esse putat simHisque meorum
mille die versus deduci posse. Trebati,
5 quid faciam praescribe. ^quiescas.' ne faciam, inquis^
omnino versus? 'aio/ peream male, si non
optimum erat: verum nequeo dormire. *ter uneti
transnanto Tiberim, somuo quibus est opus alto,
iuriguumque mero sub noctem corpus habento.
10 aut si tantus amor seribendi te rai)it, aude
Caesaris invicti res dieere, muita laborum
praemia laturus/ cupidum, pater optime, vires
deficiunt: neque enim qui^^8 horrentia pilis
agmina nee fracta pereuntis cuspide Gallos,
15 aut labentis equo describit volnera Parthi.
'attamen et iustum poteras et scribere fortem,
Seipiadam ut sapiens Lucilius/ haud mihi deero,
cum res ipsa feret: nisi dcxtro tempore, Flacci
verba per attentam non ibunt Caesaris aurem,
20 cui male si palpere, recalcitrat undique tutus.
'quanto rectius hoc quam tristi laedere versu
Pantolabum scurram Nomentanumque nepotem,
cum sibi quisque timet, quamquam est intaetus, et odit,*
quid faciam? saltat Milonius, ut semel icto
SATIRARÜM LIB. II. 1. 189
25 accessit fervor capiti numerusque lucemis;
Castor gaudet equis, ovo prognatus eodem
pugnis: quot capitum vivunt, totidem Btudiorum
milia. me pedibus delectat claudere verba
Lucili ritu, nostrum melioris utroque.
30 iile velut fidis arcana aodalibus olim
credebat libris, neque si male cesserat usquam
decurrens aliO; neque si bene: quo fit ut omnis
votiva pateat veluti deseripta tabella'
vita senis. sequor bunc, Lucanus an Appulus anceps:
35 nam Venusinus arat finem sub utrumque colonuS;
missus ad hoc, pulsis, vetus est ut fama, Sabellis,
quo ne per vacuum Romano incurreret hostis,
sive quod Appula gens seu quod Lucania bellum
ineuteret violeuta. sed bic stilus baud petet ultro
40 quemquam animantem et me vehiti custodiet ensis
vagina teetus: quem eur destringere coner
tutus ab infestis latronibus? o pater et rex
luppiter, ut pereat positum robigine telum,
nec quisquam noceat cupido mihi pacis! at iile,
45 qui me commorit (melius non tangcre, clamo),
flebit et insignis tota cautabitur urbe.
Cervius iratus leges minitatur et uruam,
Canidia Albuti quibus est inimica venenum,
grande malum Turius, siquid se iudice certes.
50 ut quo quisque valet suspectos terreat, utque
imperet hoc natura potens, sic coUige mecum.
dente lupus, cornu taunis petit, unde nisi intus
monstratum? Scaevae vivacem erede nepoti
matrem; nii faciet sceleris pia dextra; nimirum
55 ut neque calce lupus quemquam neque dente petit bos:
sed maia tollet anum vitiato meile cicuta.
ne longum faciam: seu me tranquilla senectus
exspectat, seu mors atris cireumvolat alis,
dives, inops; Romae seu fors ita iusserit exsul,
53 nimirum M. mirum.
190 Q. HORATIl FLACCl
60 quisquis erit vitae scribam color. *o puer ut sis
Vitalis nietuo et maiorum nequis amicus
frigore te feriat/ quid? cum est Liicilius augus
[rimus in lume operis conponere earmina morem.
detrahere et pellem, nitidus qua quisque per ora
66 cedcret, iiitrorsum turpis, num Laelius et qui
duxit ab oppressa meritum Carthagine nomen,
ingenio offensi aut laeso doluere Metello
famosisque Lujio c6o])erto versibus? atqui
primores populi an-ipuit populumque tributim,
70 scilicet uni ae<iuu8 virtuti atque eius amicis.
quin ubi se a volgo et scaena in secreta remorant
virtus Scii)iadae et mitis sapientia Laeli,
nugari cum illo et discincti ludere, donee
decoqueretur olus, soliti. quidquid surn ego, quamvis
75 infra Lucili cenaum ingeniumque, tamen me
cum magnis vixisse invita fatebitur usque
invidia, et fragili quaerens inliderc dentem,
oflfendet solido, nisi quid tu, docte Trebati,
dissentis. 'equidem niliil hinc diffingere possum.
80 sed tamen ut mõnitus oaveas, ne forte negoti
ineutiat tibi quid sanctanim inseitia legum.
si maia condiderit in quem quis cannina, ius est
iudiciumque/ esto, siquis maia: sed bona siquis
iudice condiderit laudatus Caesare? siquis
85 opprobriis dignum latraverit, integer ipse?
'solventur risu tabulae, tu missus abibis.'
Quae virtus et quanta, boni, sit vi vere panro
(nee meus hie sermo est, sed quae praecepit Ofelhis
rusticus, abnormis sapiens crassaque Jfinerva)
discite, non inter laneis mensasque nitentis,
cum stupet insanis acies fulgoribus et eum
adclinis falsis animus meliora recusat,
verum hie inpransi mecum disquirite. 'cur boc?*
SATIRARUM LIB. II. 2. 191
dicaiD; 8i potero. male verum examinat omnis
corruptüs iudex. leporem sectatus equove
10 lassus ab indomito vel cum Komana fatigat
militia adsuetum graecari seu pila velox,
molliter austerum studio fallente laborem;
seu te discug agit (pete cedentem aera disco);
cum labor extuderit fastidia, siccus, inanis
15 gpenie cibum vilem; nisi Hymettia mella Falerno
ne biberis diluta. foris est promud^ et atrum
defendens piscis kiemat mare: cum sale panis
latrantem stomachum bene leniet. unde putas aut
qui partum? non in caro nidore voluptas
20 summa, sed in te ipso est tu pulmentaria quaere
sudando: pinguem vitiis albumque neque ostrea
nec scarus aut poterit peregrina iuvare lagois.
vix tamen eripiam, posito pavone velis quin
hoc potius quam gallina tergere palatum,
25 corruptüs vanis rerum; quia veneat auro
rara avis et picta pandat spectacula cauda:
tamquam ad rem attineat quicquam. num vesceris ista
quam laudas pluma? cocto num adest bonor idem?
came tamen, quamvis distat nihil, bac magis, illa
29* cur delectaris multo minus? an temere? atqui
30 inparibus formis deceptum te patet: esto,
unde datum sentis, lupus hic Tiberinus an alto
captus hiet, pontisne inter iactatus an amnis
ostia sub Tusci? laudas, insane, trilibrem
mullum, in singula quem minuas pulmenta necesse est.
35 ducit te species, video, quo pertinet ergo
proceros odisse lupos? quia scilicet illis
maiorem natura modum dedit, his breve pondus,
ieiunus raro stomachus volgaria temnit.
'porrectum magno magnum q)eotare catino
40 vellem' ait Harpyiis gula digna rapacibus. at vos
10 81. cum. 29» Dass hier ein Vers fehle saU M. Er tersuchte
delector; pulchri quid habet lunonius ales. Ich hab6 es etwas anders
Tersucht.
192 Q. HORATn FLACCl
praesentes, austri, coquite honim obsonia qaamquam
putet aper rhombugquerec^ng, maia copia quando
aegrum sollicitat gtomachuni; cum rapiila plenus
atque acidas mavolt inulag. necdum omuis abacta
45 pauperies epulia regum: nam vilibus ovig
iiigrisque est oleis liodie locus. haud ita pridem
Galloni praeconis erat acipensere meiiga
infamis. quid? tum rhombos minus aequora alebant?
tutus erat rhombus, tutoque ciconia nido,
50 donec vos auctor docuit i)raetorius. ergo
siquis nuuc mergos guavis edixerit assos,
parcbit pravi docilig Romana iuveutus.
gordidug a tenui victu distabit, Ofcllo
iudice. nam frugtra vitium ^itaverig illud,
55 si te alio pravum detorseris. Avidienus,
cui eanis ex vero duetum cognomen adhaeret,
quinqucnnig olcas cgt et silvestria corna,
ae nisi mutatum parcit defundere vinum, et
cuiu» odorcm olei nequeas perferre, licebit
60 iile repotia natalig aliosve dierum
fegtos albatug celebret, cornu ipse bilibri
caulibug ingtillat, veteris non parcus aeeti.
quali igitur vietu gapiens utctur, et horum
utnmi imitabitur? bae urguet lupug, bac e^niS; aiunt.
65 mundus erit, qua non offendat sordibus, atque
in neutram partem cultus raiger. hic neque servis,
Albuti genis exemplo, dum munia didit
gaevug ent; nec gic ut simplex Naovius unctam
convivis praebebit aquam: vitium hoo quoque magnum.
70 aceipe luinc, vietus tenuig qiiae quantaque seeum
adfcrat. in primig valoas bene. nam variae res
ut noceant liomini, eredas, memor illius escae,
quae gimplex olim tibi sederit: at simul agsis
miscuerig elixa, simul conchylia turdig,
75 dulcia ge in bilem vertent, stomachoque tumultum
lenta feret pituita. vides ut pallidus omnis
eena desurgat dubia? quin corpug onugtum
SATIRARUM LIB. II. 2. 193
hesternis vitiis animiim quoque praegravat una
atque adfigit humo divinae particulam aurae.
JO alter, ubi dicto citius curata aopori
membra dedit, yegetus praescripta ad munia surgit.
hic tamen ad melius poterit transcurrere quondam;
sive diem festum rediens advexerit annas,
seü recreare volet tenuatum corpus, ubique
fö accedent anni, et tractari mollius aetas
inbecilla volet: tibi quidnam accedet ad istam,
quam puer et validus praesumis, mollitiem, seu
dura valetudo inciderit, seu tarda senectus?
rancidum aprum antiqui laudabant, non quia nasus
90 illis nullus erat, sed, credo, hac mente, quod hospes
tardius adveniens vitiatum commodius quam
integrum edax dominus consumeret. hos utinam inter
heroas natnm tellus me prima tulisset.
das aliquid famae, quae carmine gratior aurem
95 occupet humanam? grandes rhombi patinaeque
grande feinint una cum damno dedecus: adde
iratum patruum, vicinos, te tibi iniquum
et frustra mortis cupidum, cum deerit egenti
as, laquei i)retium. *iure* inquit 'Trausius istis
00 iurgatur verbis: ego vectigalia magna
divitiasque habeo tribus amplas regibus/ ergo
quod superat non est melius quo insumere possis?
cur eget indignus quisquam, te divite? quare
templa ruunt antiqua deum? cur, inprobe, carae
05 non aliquid patriae tanto emetiris acervo?
uni nimirum recte tibi semper erunt res,
0 magnus postbac inimicis risus, uteme
ad casus dubios fidet sibi certius? liic qui
pluribus adsuerit mentem corpusque superbum,
110 an qui contentus parve mentuensque futuri
in pace, ut sapiens, aptarit idonea bello?
quo magi« his eredas, puer hunc ego parvus Ofellum
integris opibus novi non latius usum
quam nunc accisis. videaa metato in agello
Lkhks, Horaiiiu. 1^
194 0. HORATII PLACCI
115 cum pecore et gnaris foitem mercede colonom,
'noil ego' narrantem 'temere edi liice profesta
quicquam praeter olus famoeae cum pede pernae.
ae mihi seu longum post tempos venerat hospee,
sive operum yacuo ^ratus oonviva per imbrem
«0 vicinus, bene erat non piseibus urbe petitis,
sed pullo atque haedo. tum pensilis uva seeundas
et nux omabat mensas cum duplice ficu.
post hoo ludus erat culpa potare magistra;
ae veuerata Ceres, ita culmo surgeret alto,
125 explicuit vino eontractae seria frontis.
saeviat atque novos moveat Fortuna tumnltns;
quantum hine inminuet? quanto aut ego parcins aut yo9,
0 pueri, nituistis, ut huc novus incola yenit?
nam propriao telluris enim natura neque illum
130 nec me nec quemquam statuit: nos expulit üle;
illum aut nequities aut vafri inseitia iuris,
postremum expellet certe vivacior beres.
nune ager Umbreni sub nomine, nuper Ofelli
dietus, erit nulli prAprius, sed cedit in usnm
135 nunc mihi, nune alii. quoeirea vivite fortes,
fortiaciue adversis opponite peetora rebus/
III.
'Si raro 8cribe}<, ut toto non quater anno
membranam poseas, seriptorum quaeque retexens,
iratus tibi (^uod vini somni([ue benignus
nii digniim sermone eanay, quid fiet? at ipsis
5 Saturnalibu8 huc fugisti sobrius. ergo
dic ali(|uid dignum proraissis. incipe. nii est
culpantur fnistra ealarai, inmeritU8<iue laborat
iratis natus paries dis atque poetis.
atqui võitus erat muita et praeclara minantis,
10 si vacuum tepido eepisset villula tecto.
quorsum ])ertinuit stipare Platona Menandro?
Eupolin, Archilochum, comites educere tantos?
SATIRARUM LIB. H. 3. 195
invidiam placare paras virtute relicta?
contemnere, miser. vitanda est inproba Siren
15 desidia, aut quidquid vita meliore parasti
ponendum aequo animo/ di te, Damasippe, deaeque
verum ob consilium donent tonsore. sed unde
tarn bene me nosti? ^postquam omnis res mea lannm
ad medium fracta est, aliena negotia curo,
20 excussus propriis. olim nam quaerere amabani;
quo vafer iile pedes lavisset Sisyphus aere,
quid sculptum infabre, quid fusum durius esset;
callidus huic signo ponebam milia centum;
bortos egregriasque domoe mercarier unus
25 cum lucro noram; unde frequentia Mercuriale
inposuere mihi cognomen compita/ novi,
et miror morbi purgatum te illius. 'atqui
emovit veterem mire novus, ut solet, in cor
traiecto lateris miseri capitisve dolore;
30 ut lethargicus hic, cum fit pugil et medicum urgaet.'
dum ne (juid simile huic, esto ut libet. ^o bone, ne te
frustrere: insanis et tu stultique prope omnes,
siquid Stertinius veri crepat, unde ego mira
descripsi docilis praecepta haec, tempore quo me
35 solatus iussit sapientem pascere barbam
atque a Fabricio non tristem ponte reverti.
nam, male re gesta, cum veli cm mittere operto
me capite in flumen, dexter stetit et "cave faxis
te quicquam indignum: pndor' inquit '^te maius angit^
40 insanos qui inter vereare insanus haberi.
primum nam inquiram quid sit furere: hoc si ent in te
solo, nii verbi, pereas quin fortiter, addam.
quem maia stultitia et quemcumque inscitia veri
caecum agit, insanum Chrysippi porticus et grex
45 autumat, baee populos, haec magnos formula rege8>
excepto sapiente, tenet. nunc accipe, quare
desipiant omnes aeque ae tu, qui tibi nomen
insano poouere. velut silvis, ubi passim
palantis error certo de tramite pellit,
13*
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-- - z, -^•^.. iz- -.J. - <.■ -ir:"!- iil*.
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dtoiaiins ii::->i n i^il::-sz: :\r*«:rli»ere passis,
:»a.l:nf a:.;".e :-.-j*^ ..""'•e*' i»np*>nere, quisquis
Auilun*>ne liiAla azi arjturl {•ailet auiore.
i)uis4)iii$ iuw.rla ir!*rlve «uperitirione
*) aut alio menns m.^rb-i calet: bue propius me,
dum iloetH) insanire omnis. y*^ ordine adite.
daiula est eliebori muhu pa» maxima avaris:
ueM*io au Anricvram ratio illis destiiiet omnem.
&T boaesta mater. amica sororJ Ueberlieferuog amica mater, ho-
neata soror. 65 esto. EtwA heus taV
SATIRARÜM LIB. II. 3. 197
heredes Staberi sumraam incidere sepulcro,
85 ni sic fecissent, gladiatorum dare centum
damnati populo paria atque epuliim arbitrio Arri,
frumenti quantum metit Africa. 'sive ego prave,
seu recte hoc volui, ne sis patruus mihi:^ credo
hoc Staberi prudentem animum vidisse. 'quid ergo
90 gensit, cum summam patrimoni insculpere saxo
heredes voluit?^ quoad vixit, credidit ingens
pauperiem vitium et eavit nibil acrius, ut, si
forte minus locuples ano quadrante perisset;
ipse videretur sibi nequior. omnis enim res,
95 virtus, fama, decus, diyina humanaque pulchris
divitiis parent; quas qui construxerit, iile
clarus erit, fortis, iustus. ^^sapiensne?' etiam, et rex
et quidquid volet. hoc, vehiti vu^ute päratum,
speravit magnae laudi fore. quid simile isti
100 Graecus Aristippus? qui servos proicere aurum
in media iussit Libya, quia tardius irent
propter onus segnes. uter est insanior horum?
nii agit exemplum, litem quod lite resolvit.
siquis eihat citharas, emptas conportet in unum,
105 nec studio eitharae nee musae deditus ulli,
si sealpra et formas non sutor, nautica yela
aversus mercaturis, delirus et amens
undique dicatur merito. qui diserepat istis
qui nummos aurumque recondit, nescius uti
110 conpositis metuensque velut contingere sacrum?
siquis ad ingentem frumenti semper acervum
porreetus vigilet cum longo fuste, neque illinc
audeat esuriens dominus contingere granum,
ae potius foliis pareus vescatur amaris;
115 si positis intus Chii veterisque Falerni
mille cadis, nihil est, tercentum milibus, aore
potet acetum; age, si et stramentis incubet udis
octoginta annos natus, cui stragula vestis,
117 udis Horkel. onde-octojpnta.
198 Q- UORATII FLACCI
hlattarum ae tinearum epulae^ piitredcat iii arca:
120 niminim insauuB paucis yideatur, eo quod
maxima pars Iiominum morbo iactatur eodem.
filius aut etiam haec libertus ut ebibat heres,
dis inimice senex, custodis? ue tibi desit?
quautulum eiiim summae eurtabit quisque dieruniy
125 unguere si caulis oleo meliore caputque
coeperis iiii)exa foedum porrigine? quare,
si quidvis satis est, periuras, surripis, aufers
undique? tun saiius? populum si caedere saxis
incipias servosque tuo quos aere pararis,
130 insanum te omnes pueri clameutqae puellae:
cum laqueo uxorem iuterimis matremque veneiio,
incolumi capite es? quid euim? ueque ta hoe faeis Aigis,
nec ferro ut demens genetricem occidis Orestea.
au tu reris eum occisa iusauisse parente,
135 ae nou aute uialis demeutem aetum Furiia quam
in matris iugulo ferrum t^pefecit jujutum?
quin, ex quo est häbitus raale tutae mentis Orestes,
nii saue feeit, quod tu reprendere possis:
non Pyladen ferro violare aususve sororem est
140 ElectraiU; tantum maledicit utrique voeando
hane Furiam, hune aliud, iussit quod spleiidida bilig.
paui)er Opimius argenti positi intus et auri
qui Veientanum festis potare diebus
Gampaua solitus trulla vappamque profestis,
145 quoudam lethargo grandi est oppressus^ ut heres
iam circum loeulos et clavis laetus ovausque
curreret. hune medicus multum celer atque iidelis
excitat koe paeto: mensam poni iubet atque
effundi saecos nummorum, accedere pluris
150 ad numerandum: hominem sic erigit. addit et Ulud,
"^ni tua custodis, avHdus iam Iiaee auferet heres.'
'men vivo?' 'ut vivas igitur, vigila. hoc age.' 'quid vis?*
^deficient inopem venae te, ni cibus atque
ingens accedit stomaeho fuitum ruenti.
155 tu cessas? agedum, sume boc ptisaiiarium oryzae.'
SATIKARUM LIB. II. 3. 199
'quanti emptae?"parvo.' 'quanti ergo?"octii88ibus/ eheu.
quid refert, morbo an fartig pereamve rapinis?' —
'quisnam igitur sanus?' qui non stultus. 'quid ayarug?*
stuItuB et insanus. 'quid, siquis non sit avaruBy
160 continuo sanus?' minime. 'cur, stoic^?' dicam.
Qon esi cardiacus (Craterum dixisse putato)
liic aeger: recte est igitur surgetque? negabit.
quod latuB aut renes morbo temptantur aeuto.
non est periurus neque gordiduB. inmolet aequis
165 hic porcum laribus. verum ambitiosus et audax.
uariget Anticyram. quid enim differt, barathrone
dones quidquid habes an numquam utare paratis?
Servius Oppidius Ganusi duo praedia, dives
antiquo censu, natis divisse duobus
170 fertur et hoc moiiens pueris dixisse vooatis
ad lectum 'postquam te talos, Aule, nucesque
ferre sinu laxo, donare et ludere vidi,
te, Tiberi, numerare, cavis abscuudere tristem,
extimui, ne vos ageret vesania diseors,
175 tu Nomentanura, tu ne sequerere Cicutam.
quare per divos oratus uterque penatiS;
tu eave ne minuas, tu ne maius facias id
quod satis esse putat pater et natura coercet.
])raeterea ne vos titillet gloria, iure
180 iurando obstringam ambo: uter aedilis fueritre
vestrum praetor, isMntestarbilis et sac^ esto.
iu cicere atque faba bona tu perdasque lupiniS;
latus ut in ci reo spatiere et aeneus ut stes,
nudus agris, nudus nummiS; insane, patemis?
185 scilicet ut plausus quos fert Agrippa feras tu,
astuta ingenuum volpes imitata leonem/ —
ne quis humasse velit Aiacem, Atrida, vetas our?
'rex surn/ nii ultra quaero plebeius. 'et aequam
rem imperito, ae si eui videor non iustus, inalto
190 dicere quod sentit permitto/ maxime regum.
163 Haupt. Kr ist aus Epist. I, 6, 28.
200 a HORAxn ^xacci
di tibi dent capta classem deducere Troia.
ergo consulere et mox respondere licebit?
'consule.' cur Aiax hero8 ab Achille secimdug
putescit, totiens servatis elarus Achivis?
195 gaudeat ut populus Priami Priamasque inhamato,
per quem tot iuvenes patrio caruere sepulcro?
'mille ovium insanus morti dedit, inclutum Ulixen
et Menelanm una mecum se oceidere clamans/
tu cum pro vitula statuis dulcem Aulide uatam
200 ante aras spargisque mõla caput, inprobe, salsa,
reetum animi servas? quorsum? insanus quid enim Aiax
fecit, cum stravit ferro pecus? abstinuit vim
uxore et gnato : maia muita precatus Atridis
non iile aut Teucnim aut ipsum violavit Ulixen.
205 S^enim ego ut haerentis adverso litore navis
eriperem prudens placavi saiiguine divos/
nempe tuo, furiose. 'meo, sed non furiosus/ —
*qui species alias veri cerebrique tumultu
permixtas capiet, conmotus habebitur, atque
210 stultitiane erret nilülum distabit au ira.
Aiax cum inmeritos occidit desipit aguos:
cum prudcus scelus ob titulos admittis inanis^
stas auimo, et purum est vitio tibi, cimi tumidum est cor?
siquis lectica nitidam gestare amet agnam,
215 huic vestem, ut gnatao, paret ancillas, paret aurum,
Rufam aut Posillam adpellet fortique marito
destinet uxorcm, interdicto huic omne adimat ius
praetor, et ad sanos abeat tutela propinquos.
quid? siquis gnatam pro muta devovet agua,
220 integer est animi? nc dixeris. ergo ubi prava
stultitia, hic simima est insania: qui sceleratus,
et furiosus ent: quem cepit vitrea fama,
hunc circumtonuit gaudcns Bellona cruentis. —
nunc age luxuriam et Nomentanum arripe mecum :
225 vincet enim stultos ratio insanire nepotes.
20S cerebrique Hõrk ei. scelerisqiie.
SATIRARUM LIB. II. 3. 201
hic simul accepit patrimoni mille talenta,
edicit, piscator uti, pomarius, auceps,
unguentarius ae Tusci turba inpia vici,
ciim scurris fartor, eiim Velabro omne macellum
230 raane domum veniant. qui cum venere frequentes,
verba facit leno: 'quidquid mihi, quidquid et horum
cuiciue domi est, id crede tuum et vel nunc pete vel citw/
accipe (luid contra iuvenis responderit aequus.
'in nive Lucana dormis ocreatus, ut aprum
235 cenem ego. tu piscis hibemo ex aequore venis,
segnis ego, indignus qui tautum possideam. aufer.
sume tibi dccieus. tibi tantundem. tibi triplex;
unde uxor media currit de noote vocata.'
filius Aesopi detractam ex aure Metellae,
240 scilieet ut dociens solidum absorberet, aceto
diluit insignem bacam: qui sanior ae si
illud idem iu rapidum flumeu iaceretve cloacam?
Quinti progenies Arri, par nobile fratnim,
nequitia et nugis, i)ravorum et amoro gemellum,
245 luscinias soliti inpenso prandere coemptas,
quorsum abeant? sanin creta, an earbone notati?
aedifieare casas, plostello adiungere muris,
ludere par inpar, e<iuitare in arundine lõnga
siquem delectet barbatum, amentia verset.
25^) si puerilius his ratio esse evineet amare,
nec (juioqiuim difterre, utrumne in pulvere, trimus
quale prius, hulas opus, an meretricis amore
sollicitus plores, quaero, faeiasne quod olim
mutatus Polemo? ponas insignia morbi,
255 fasciolas, cubital, focalia, potus ut iile
dicitur ex eollo furtim carpsisse coronas,
postquam est inpransi correptus voee magistri?
porrigis irato puero cum [joma, recusat.
'sume, catelle/ negat. si non des, optet. amator
260 exclusus qui distat, agit ubi secum, eat an non,
quo reditunis erat non arcessitus, et haeret
invisis foribus? *ne nunc, cum me vocat ultro,
202 a HORATII FLACCI
accedam? an potius mediter finire dolores?
exclusit; revocat. redeam? non, si obsecret.' ecce
286 servus non paullo sapicntior: 'o ere, quae res
nee modum habet neque eousilium, ratione modoque
tractari non volt. in amore haec sant maia, bellum,
pax rursum: haec siquis tempestatis i)rope ritu
mobilia et caeea fluitantia sorte laboret
270 reddere certa sibi, niliilo pius explicet ae si
insanire paret certa ratione modoque/
(piid? cum Picenis excerpens semina i>omis
gaudes, si cameram percusti forte, penes te es?
quid? cum balba feris annoso verba palato,
275 aedificante casas qui sanior? adde cruorem
stultitiae, atque ignem gladio scrutare modo, in quem
Hellade percussa Marias cum praecipitat se,
cerritus fuit? an conmotae crimine mentis
absolves hominem et sceleris damnabis eandem,
280 ex more inponens non nata vocabala rebas?
libertinas erat, qai circam compita siccus
laatis maue senex manibas currebat et ^anum
(qaid tam magnam?' addens) 'anam me surpite morti:
dis etenim facile est' orabat; sanus utrisque
285 auribas atqne oculis : mentem, nisi litigiosus,
exciperet dominas, cum venderet. hoc qaoque Yolgas
Chrj^sippas ponit fecanda in gente Meneni.
^lappiter, ingentis qai das adimisqae dolores,'
mater ait paeri mensis iam qainqae cabantis,
290 'frigida si puerani qaartana reliqaerit, illo
mane die, qao ta indicis ieiania, nadas
ia Tiberi stabit/ casus medicasve levarit
aegram ex praecipiti: mater delira necabit
in gelida fixam ripa, febrimqae redacet.
295 qaone malo mentem concassa? timore deorum."
haec mihi Stertinias, sapientam octavas, amico
amia dedit, posthao ne cx>npellarer inultus.
276 in quem Franke inqaam. 280 non nata Horkel. cognata.
SATIRARUM LIB. U. 3. 4. 203
dixerit insauum qui mC; totidem audiot atqae
respicere ignoto digcet pendentia tergo/
900 stoice^ post damnum sic vendas omnia pluris,
quam me stullitiam, quoniam non est genus unum,
insanire putas? ego nam videor mihi sanus.
'quid? caput abscissum manibus cum portat Agaue
gnati infelicis, sibi tuin furiosa videtur?*
306 stultum me fateor (liceat eoncedere veris)
atque etiam insanum: tantum hoc edissere, quo me
aegrotare putes animi vitio. 'accipe. primum
aedifieas, hoc est longos imitaris, ab imo
ad summum totus moduli bipedalis: et idem
310 corpore maiorem rides Turbonis in armis
spiritum et ineessum: qui ridiculus minus illo?
an quodcumque fadt Maecenas, te quoque renim est,
tantum dissimilem, et tanto certare minorem?
absentis ranae pullis vituli pede pressis,
315 unus ubi effugit^. matri denarrat, ut ingens
belua cognatos eliserit. illa rogare
quantane, num tantum, sufflans se, magna fuisset
'maior dimidio/ 'num tantum?' cum magis atque
se magis inflaret, 'non, si te ruperis' inquit,
320 'par eris.' liaec a te non multum abludit imago,
adde poematü nunc, hoc est, oleum adde oamino;
quae siquis sanus fecit, sanus faeis et tu.
non dico horrendam rabiem/ iam desine. 'eultum
maiorem censu/ teneas, Damasippe, tuis te,
325 'mille puellarum, puerorum mille furores/
0 maior tandem parcas insane minori.
IV.
Ur.ilc et quo Catius? 'non est mihi tempus aventi
ponere signa noris praeceptis, qualia vincent
Pythagoran Anytique reum doctumque Platona/
peccatum fateor, cum te sic tempore laevo
interpellarim. sed des veniam bonus oro.
204 Q. HORATII FLACCl
quodgi interciderit tibi nunc aliquid, repetes mox,
sive e«t naturae hoc sive artig, mirus utroque.
*quin id erat curae, quo pacto cuncta tenerem,
utpote res tennis, tenui sermone peractas.'
10 ede hominis nomen, simul et, Romanus an hospes.
'ipga memor praecepta canani, cela})itur auctor.
lõnga quibus facies ovis erit, illa memento,
ut siici meliori» et ut magis alba rotimdis,
ponere: namque marem cohibent callosa vitellum.
15 caule suburbano qui siccis crevit in agris
dulcior: inriguo nihil est elutius horto.
si vespertinus subito te oppresserit hospes,
ne gallina malum responset dura palato^
doctus eris vivam musto mersare Falerno:
20 hoc teneram faciet. pratensibus optima fungis
natiira est, aliis male creditiir. iile salubris
aestates peraget, qui nigris prandia moris
finiet, aute gravem qiiac legerit arbore solem.
Aufidius forti miscebat mella Falerno:
25 mendose; quoniam vacuis eonmittere venis
nii nisi lene decet: leni praecordia mulso
prolueris melius. si dura morabitur alvus,
mitulus et viles pellent obstantia conchae
et lapathi brevis herba, sed albo non sine Coo.
30 lubrica nascentes inpleut conchylia lunae:
sed non omne mare est generosae fertile testae:
murice Baiano melior Liicrina j)eloris,
ostrea Circeiis, Miseno oriuntur echini,
pectinibus patulis iactat se molle Tarentum.
35 nec sibi cenanim (|uivis temere arroget artem,
non prius exacta tenui ratione saporum.
nec satis est cara piscis averrere mensa
ignarum quibus est ius aptius et quibus assis
languidus iu eubitum iam se conviva reponet
40 Umber et iligna nutritus glande rotundas
19 musto B. £s soil auch haben ed. Witeberg. 1598. misto.
SATIRARÜM LIB. II. 4. 205
curvat aper lancis caraem vitantis inertem:
nam Laurens maius est, ulvis et arundiue pinguis.
\inea submittit capreas non semper edulis.
fecundae leporis sapiens.sectabitur armos.
45 piseibus atque avibus quae natura et foret aetaS;
ante meum nulli patuit quaesita palatum.
sunt quorum ingenium noTa tautum crustula promit
nequaquam satis in re una consumere curam;
ut siquis solum hoc, maia ne sint vina; laboret,
50 quali perfundat piseis securus olivo.
Massica si eaelo suppones vina sereno^
nocturna siquid eraasi est tenuabitur aüni;
et deeedet odor nerris inimieus: at illa
integrum perdunt lino yitiata saporem.
55 Surrentina vafer qui miseet faece Falerna
vina, eolumbino limum bene colligit ovo,
quatenus ima petit volvens aliena vitellus.
tõstis mareentem squillis recreabis et Äfra
potorem cochlea: nan> lactuca innatat acri
60 post vinum stomaeho; perna magis ae magis hiilis
flagitat inmorsus refiei, quin omnia malit
quaecumque inmundis fervont adlata popinis.
est operae pretium duplicis pernoscere iuris
naturam. simplex e dulci eonstat olivo,
65 quod pingui miscere mero muriaque decebit
non alia quam qua Byzantia putuit orea. •
lioc ubi confusum seetis inferbuit berbis
Corycioque croco sparsum stetit, insuper addes
pressa Venafranae quod biica remisit olivae. .
"70 Pieenis eedunt pomis Tiburtia suco:
nam facie praestant. venucula convenit ollis:
rectius Albanam fumo duraveris uvam.
hane ego cum malis, ego faecem primus et. alleC;
primus et invenior piper album eum sale nigro
75 incretum puris cireumposuisse catillis.
inmane est vitium dare milia terna m^cello
angustoque .vagos piseis urguere eatino.
206 Q HORATU FLAGCI
magna movct stomacho fastidia^ sen puer unctis
tractavit calicem manibus, dum fnista ligurrit,
80 give gravin veteri creterrae limus adfaaesit.
vilibug in Hcopis, in mappis, in scobe quantuB
conristit sumptiis? neglectis^ flagitium ingens.
ten lapides varios lutulenta radere paima,
et Tyrias dare circum inlota toralia vestis,
86 oblitum quanto euram sumptiimque minorem
haec habeant, tant« reprendi iustius illis
quae nisi divitibus nequeant contingere mensis?'
docte Cati, i)er amicitiam divosque rogatus
ducere me auditum perges quocnmque memento.
90 nam quamvis memori referas mihi pectore cuneta,
non tamen interpres tantundem iuveris. adde
voltum habitumque hominis, qnem tii yidisse beatos
non ma^^ni pendis, quia contigit: at mihi cura
non mediocris inest, fontes iit adire remotos
96 atque liaiirire queaiu vitae praecepta beatae.
V.
Hoc quoque, Tiresia, praeter narrata petenti
responde, quibiis amissas reparare queara res
artibus atque modis. quid ridös? *^iamne doloso
non satis est Ithacam revehi patriosque penatis
6 aspieere?' o nulli quicquam mentite, vides ut
nudus inopsque domum redeam, te vate; ueque illic
aut apotheca proeis intacta est aut pecus. atqui
et genus et \drtu8, nisi cum re, vilior alga est.
'quando pauperiem missis ambagibus horres,
10 accipe qua ratione queas ditescere. turdus
sive aliud privum dabitur tibi, devolet illuc,
res ubi magna nitet, domino sene: dulcia poma
et quoseumque feret cultus tibi fundus honores,
ante larem gustet .venerabilior lare dives:
16 qui quamvis periurus erit, sine gente, cruentas
SATIRARÜM LIB. H. 5. 207
sanguine fraterno, fugitivus^ ne tamen illi
tu comes exterior, si postulet, ire recuses/
utne tegam spurco Damae latus? haud ita Troiae
me gessi, certans semper melioribus. 'ei^o
20 pauper eris/ fortem hoc animum tolerare iubebo:
et quondam maiora tuli. tu protinus unde
divitias aerisque ruam dic augur acervos.
'dixi equidem et dico. captes astutus ubique
testamenta senum, neu, si vafer unus et alter
25 insidiatorem praeroso fugerit hamo,
aut spem deponas aut ai*tem iniusus omittas.
magna minorve foro si res eertabitur olim,
vivet uter locuples sine gnatis, inprobus, ultro
qui meliorem audax voeet in ius, illius esto
3<) defensor: fama civem eausaque priorem
sperne, domi si gnatus erit fecundave coniunx«
"Quinte/' puta, aut "Publi" (gaudent praenomine moUes
auriculae), ^^tibi rae virtus tua fecit amicum:
ius anceps no vi, causas defendere possum:
35 eripiet quivis oculos citius mihi quam te
contemptum cassa nuce pauperet: haec mea cura est,
nequid tu perdas, neu sis iocus/' ire domum atque
pelliculam curare iube; fi cognitor ipse,
pcrsta atque obdura, sen rubra canicula findet
40 inf antis statuas, seu pingui tentus omaso
Furius hibernas eana nive conspuet Alpis.
"nonne vides'^ aliquis cubito stantem prope tangens
inquiet, "ut patiens, ut amicis aptus, ut aeer?^^
plures adnabunt thunni, et eetaria crescent.
45 si cui i)raeterea validus male filius in re
praeclara sublatus aletur, ne manifestum
caelibis obsequium nudet te, leniter in spem
adrepe officiosus, ut et scribare secundus
heres et, siquis casus puerum egerit Orco,
50 in vaeuum venias: perraro haec alea fallit.
qui testamentum tradet tibi cumque legendum,
abnuere et tabulas a te removere memento,
20S Q- HORATII FLACCI
sic tamen ut limis rapias, quid prima secundo
cera velit versu; solus, multisne eoheres,
&5 veloci percurre oeulo. ])1erumrjue recoctus
scriba ex quinquõviro oon'um deludet hiantem,
captatorque dabit risus Nasica Coraiio.'
num furis an ])rudeii8 ludis me obscura canendo?
'o Laertiade, quidquid dicaui aut ent aut non:
60 divinare etenim magnus mihi douat Apollo.'
quid tamen ista velit sibi fabula, si licet, ede.
'tempore, quo iuvenis Parthis horrendus, ab alto
demissum genus Aenea^ tellure marique
magnus ent, forti nubet j>rocera Corano
65 filia Nasicae, metueutis reddere soldum.
tum gener hoc faeiet: tabulas socero dabit atque
ut legat orabit; multum Nasica negatas
accipiet taudem et tacitus leget, invcnietque
nii sibi legatum praeter plorare suisque.
70 illud ad haec iubeo: mulier si forte dolosa
libertusve senem delirum temperet, illis
accedaä soeius; landes, lauderis ut absens.
adiuvat hoc quoque ; sed vineit longe prius ipsum
expugnare caput. scribet maia eannina veeors:
75 lamlato, scortator erit: cave te roget; ultro
Pcnelopam facilis i)Otiori trade/ ])utasne,
perduci poterit tarn frugi tamque pudica,
quam nequiere proci recto depellcre eursu?
Senit enim magnum donandi parca iuventuS;
80 nec tantum Veneris quantum studioaa culinae.
sie tibi Peneloi)e frngi est : qnae si semel uno
de scne gustarit teeum partita lucellum,
ut eanis a corio numquam absterrcbitur uneto.
me sene quod dicam factum est. anus in])roba Thebis
85 ex testamento sic est elata: eadaver
unetum oleo largo nudis umeris tnlit heres,
scilicet elabi si posset mortua; credo,
quod nimium institerat viventi. cautus adito,
neu desis operae, neve inmoderatus abundes;
8ATIBARÜM LIB. II. 5. 6. 209
99 difficilem et morosum offendes garrulus: ultra
noli et iam sileas. Davus sis comicus atque
stes capite obstipO; multum similis metuenti.
obsequio grassare; mõne, si increbuit aura,
eautus uti velot carum caput; extrahe turba
95 oppositis umeris; aurem substringe loquaci.
inportuuus amat laudari: donec 'ohe iam!'
ad caelum manibus sublatis dixerit, urgue et
erescentem tumidis infla sermonibus utrem.
cum te servitio longo euraque levarit,
00 et eertum vigilans, Quartae esto partis Ulixes,
audieris, heres, ^ergo nune Dama sodalis
nusquam est? unde mibi tarn fortem tamque fidelem?'
sparge subinde et si paullum potes illacrimare.
gaudia pertendes voltu celare. sepulcrum
05 permisBum arbitrio sine sordibus exstrue. funus
egregie factum laudet vieinia. siquis
forte eoberedum senior male tussiet^ huie tu
dic, ex parte tua seu fundi sive domus sit
emptor, gaudentem nummo te addicere. sed me
10 imperiosa trahit Proserpina: vive valeque.
VI.
Hoc erat in rotis: mõdus agri non ita magnus,
hortus ubi et teeto vicinus iugis aquae fons
et paullum silvae super his foret auctius atque
di melius fecere. bene est. nii amplius oro,
Maia nate, nisi ut propria haec mihi munera faxis.
si neque maiorem feci ratione maia rem,
nec surn facturus vitio culpave minorem,
si veneror stultus niliil horum, 'o si angulus iile
proximus accedat, qui nunc denormat agellum!
90 ultra noli et iam sileas. ultro und ultra non etiam sileas. S.
oben bei der Verechleifung XXIL 104. 105 Ueberlieferung illacrimar.
est und prodentem (fUr pertendes).
Lkhba, Hontias. - ^^
210 0. HOBATU FLACCl
10 0 si urnam argenti fors quae mihi monstret, nt ilü,
thesauro invento qui mercennarius agrum
illum ipsum mercatus aravit, dives amico
Hercule!^ si quod adest gratum iuvat, hae preee te cnro:
pingue pecus domino facias et cetera praeter
15 ingenium, utque sõles custos mihi maximos adris.
ergo ubi me in montis et in arcem ex urbe removii
quid prius inlustrem satiris musaque pedestri?
nec maia me ambitio perdit nec plmnbeus auster
autumnusque gravis, Libitinae quaestug acerbae.
20 Matutine pater, seu lane libentius audiS;
ande homines operum primos vitaeque labores
instituunt (sie dis placitam), tu carminis esto
principium. Romae sponsorem me rapis: ^eia,
ne prior officio quisqoam respondeat^ urgue/
25 sive aquilo radit terraS; seu bruma nivalem
interiore diem gyro trahit, ire necesse est,
postmodo quod mi obsit clare certumque loeato
luctandum iu turba et faeienda iniuria tardis.
'quid tibi vis, insane, et quam rem agis inprobng?' ni^et
30 iratis precibus: ^tu puises omne quod obstat,
ad Maecenatem memori si mente recurras.'
hoc iuvat et melli est, non mentiar. at simul atras
yentum est Esquilias, aliena negotia contum
per caput et circa saliunt latus. 'ante secundam
35 Roscius orabat sibi adesses ad Puteal eras.
de re communi scribae magna atque nõva te
orabant hodie meminisses; Quinte^ reverti.
inprimat his, cura, Maecenas signa tabellis.^
dixeris, experiar: ^si vis, potes' addit et instat.
40 septimus octavo propior iam fugerit annus,
ex quo Maecenas me coepit habere suorum
in numero, dumtaxat ad hoc, quem tollere raeda
vellet iter faciens, et cui concredere nugas
29 So B., quam ren aus Ck)QJectur. Sonst schwankt die Ueber-
liefenmg zwischen quid vis und quid tibi vis, aachmit zerstOrtem Yend
SATIBABUlf UB. IL 6. 21 1
hoc genusy 'hora quota eet? Thraex est Gallma Syro par?
45 matutina parum cantos him frigora mordent:'
et quae rimosa bene deponuntor in aure.
per totum hoc tempuB 8ubiecti(»r in diem et horam
invidiae noster. hidos spectaveiit una,
luserit in campo: ^Fortunae filios' omnes.
50 frigidus a röstris manat per compita mmor:
quicumque Qbvius est, me consulit: 'o bone (nam te
gcirc; deos quoniam propius contingis^ oportetX
numquid de Dacis audisti?' nii equidem. 'ut ta
semper eris derisor/ at omnes di exagitent me,
55 gi qnicquam. ^quid? militibug promissa Triqnetra
praedia Gaesar, an est Itala tellure datarus?'
iurantem me seire nihil mirantur nt anum
scilieet egregii mortalem altique silenti.
porgitur haec inter misero lux, non sine votis:
60 0 rus, quando ego te aspiciam, quandoque licebit
nunc veterum libris^ nunc somno et inertibas horis
dacere sollicitae iucunda oblivia vitae?
0 quando faba Pythagorae cognata simulque
uneta satis pingui ponentur oluscula lardo?
65 0 noctes eenaeque deum, quibos ipse meiqae
ante larem proprium vescor vemasqae procacis
pasco libatis dapibus, cum, ut cuique libido est^
siccat inaequalis calices conviva solutus
legibus insanis, seu quis eapit acria fortis
70 poeula, seu modicis uvescit laetius. ergo
sermo oritur, non de villis domibusve ali^s,
nec male necne Lepos saltet; sed quod magis ad nos
pertinet et nescire malum est agitamus, utrumne
divitiis homines an sint virtute beati,
75 quidve ad amicitias, usus rectumne, trahat nos,
et quae sit natura boni sununumque quid eius.
Cervius haec inter vicinus garrit anilis
ex re fabellas. siquis nam laadat Arelli
59 porgitur Lachm. perditur.
14*
212 a HORATII FLACCl
gollicitaB i^arus opes, sic incipit, 'olim
80 rusticus urbanum murem mus paupere fertur
accepisse cavo, veterem vetus hospes amicum,
asper et attentus quaesitis, ut tamen artum
solveret hospitiis animum. quid muita? neque iile
sepositi ciceris nec longae invidit avenae,
S5 aridum et ore ferens aeinum semesaque lardi
frusta dedit, eupiens vana fastidia eena
vineere tangentis male singula dente superbo,
cum pater ipse domus palea porreetus in homa
esset ador loliumque, dapis meliora relinquens.
90 tandem urbanus ad hune ''quid te iuvat" inquit, ''amice,
praerupti nemoris patientem vivere dorso?
vis tu liomines urbemque feris praeponere silvis?
earpe viam, mihi erede, eomes; terrestria quando
mortalis animas vivunt sortita^ neque uUa est
95 aut magno aut parvo leti fuga: quo^ bone, eirca,
dum lieet, in rebus iueundis vive beatus,
vive memor, quam sis aevi brevis." haec ubi dicta
agrestem pepulere, domo levis exsilit: inde
ambo propositum peragunt iter, urbis aventes
100 moenia noetumi subrepere. iamque tenebat
nox medium eaeli spatium, eum ponit uterque
in loeuplete domo vestigia, rubro ubi eoeeo
tineta super leetos eanderet vestis ebumoS;
multaque de magna superessent fereula eena,
i(^ quae proeul cxstruetis inerant hestema eanistris.
ergo ubi purpurea porrectum in veste locavit
agrestem, veluti sueeinetus eursitat hospes,
continuatque dapes, nec non vemiliter ipsis
fungitur officiis, praelambens omne quod adfert.
110 iile cubans gaudet mutata sorte bonisque
rebus agit laetum couvivam, eum subito ingens
valvarum strepitus leetis excussit utrumque.
currere per totum pavidi conclave, magisque
exanimes trepidare, simul domus aita Molossis
115 personuit eanibus. tum rusticus ''haud mihi viia
SATIRARÜM LIB. II. 9.1. 213
est opus hac" ait et "valeas: me siira cayusque
tutus ab insidiis tenui solabitur ervo "
VII.
'lamdudum auBCulto et cupiens tibi dieere servus
pauca reformido.' Davusne? 'ita, DavuS; amieum
mancipium domino et frugi quod sit satis, hoo est;
ut vitale putes/ agC; libertate deeembri;
5 quando ita maioreB voluerant, utere, narra.
^pars hominnm vitiis gaudet constanter et urguet
propositum, pars muita natat, modo reeta capessenS;
interdum pravis obnoxia. saepe notatus
cum tribus anellis, modo laeva Priscus inani,
10 vixit inaequaliS; clavum ut mutaret in horaS;
aedibus ex magnis subito se conderet^ unde
mundior exiret vix libertinus honeste,
iam moechus Romae, iam mallet doctus Athenis
vivere, Vertumnis quotquot sunt natus iniquis.
15 scurra Yolanerius, postquam illi iusta eheragra
contudit articulos, qui pro se tolleret atque
mitteret in phimum taloS; mercede diuma
conductum pavit; quanto eonstantior isdem
in vitiis, tanto levius miser ae prior iile,
20 qui iam contento, iam laxo fune laborat.'
non diees hodie quorsum haee tarn putida tendant,
furcifer? *ad te, inquam.' quo pactO; pessime? 'laudas
fortunam et mores antiquae plebis, et idem,
siquis ad illa deus subito te agat, usque reeuseS;
25 aut quia non sentis quod elamas reetius esse,
aut quia non firmus reetum defendis et haeres
nequiquam caeno cupiens evellere plantam.
Romae ms optas, absentem rusticus urbem
tollis ad astra levis, si nusquam es forte vocatus
30 ad eenam, laudas securum olus ae, velut usquam
vinetus eas, ita te felicem dicis amasque
quod nusquam tibi sit potandum. iusserit ad se
214 a fiORATU FLACCI
Maecenas gerum dub lumina priina venire
conrivam: ''nemon oleum fert ocius? eoquis
35 audit?" cum magno blateras clamore fugisque.
MulviuB et scurrae tibi non referenda precati
discedunt. "etenim fateor me" dixerit iile
'^duci Tentre levem, nasum uidore 8upin(Nr,
inbecilluBy iners; siquid vis, adde, popino.
40 tu cum sis quod ego et fortassie nequioF; oltro
insectere velut melior, verbisque decoris
obvolyas vitium?" quid; si me stultior ipso
quingentis empto drachmis deprenderis? aufer
me Toltu terrere; manum stomacbumque teneto,
45 dum quae Grispini docuit me ianitor edo.
te coniunx aliena eapit, meretricula Davum.
peccat uter nostrum cruee dignius? acris ubi me
natura intendit, sub clara nuda lucema
qoaecumque excepit turgentis verbera caudae,
50 clunibus aut agitavit equum lasciva supinum,
dimittit neque famosum neque soUicitum ne
ditior aut formae melioris meiat eodem.
tu cum proiectis insignibus, anulo equestri
Romanoque häbitu, prodis ex iudice Dama
55 turpis, odoratum caput obscurante lacema,
non es quod simulas? metuens induceris atque
altercante libidinibus tremis ossa parore.
quid refert, uri virgis ferroque necari
auctoratus eas, an turpi clausus in arca,
60 quo te demisit peccati conscia erilis,
contractum genibus tangas caput? estne marito
matronae peccantis in ambo iusta potestas?
in corruptorem vel iustior. illa tamen se
non häbitu mutatve loco, peccatve superne,
65 cum te formidct mulier neque eredat amanti.
ibis sub furcam prudens, dominoque furenti
committes rem omnem et vitam et cum corpore famam.
63—65 Kirchner (qu. Hor. 63).
. 8ATIRA&(JM LIB. IL 7. 215
evasti. credo, metaes doetusque cavebis:
quaeres, quandõ iterum paveas iterumque pdrire
70 poBsis, o totiens seryus. quae belua ruptis,
cum semel effugit, reddit se prava catenis?
"'non 8um moechuB"' ais : neque ego, hercule, for, ubi vasa
praetereo sapiens argentea. tolle periclum,
iam vaga prosiliet frenis natura remotis.
75 tune mihi dominus, rerum imperiis hominumqae
tot tantisque minor, quem ter vindicta quaterque
inposita haud umquam misera fonnidine priret?
adde super, dietis quod non levius valeat: nam,
sire Yicariufi est qui servo paret, uti mos
)0 Tester ait, seu conservus, tibi quid surn ego? nempe
tu, mihi qui imperitas, alus servis miser atque
dueeris ut nervis alienis mobile lignum.
quisnam igitur liber? sapiens, sibi qui imperiosus,
quem neque pauperies neque mors neque vincula terrent,
^ responsare cupidinibus, contemnere honores
fortis, et in se ipso totus teres atque rotuudus,
extemi nequid valeat per leve morari,
in quem manca ruit semper fortuna. potesne
ex his ut proprium quid noscere? quinque talenta
N) poscit te mulier, vexat foribusque repulsum
perfundit gelida, rursus vocat. eripe turpi
colla iugo, "liber, liber surn" dic age. non quis:
urguet enim dominus mentem non lenis et acris
subiectat lasso stimulos versatque negantem.
)5 vel cum Pausiaea torpes, insane, tabella,
qui peccas minus atque ego, cum Fulvi Rutubaeque
aut Placideiani contento poplite miror
proelia rubrica picta aut carbone, velut si
re vera pugnent, feriant, vitentque moventes
10 anna viri? nequam et cessator Davus: at ipse
subtilis veterum iudex et callidus audis,
nii ego, si ducor libo fumante: tibi ingens
virtuB atque animus cenis responsat opimis?
obsequium ventris mihi pemiciosius est cur?
.216 Q. HORATII FLACCl
iOI tergo plector enim. qui tu impunitior illa,
quae parvo 8umi nequeunt, obsonia captas?
nempe inamarescunt epulae sine fine petitae,
iniusique pedes vitiosum ferre recusant
corpus. an hic peccat, sub noctem qui puer uvam
110 furtiva mutat strigili? qui praedia vendit,
nii servile gulae parens habet? adde quod idem
non horam tecum esse potes, non otia recte
ponere, teque ipsum vitas fugitivus et erro,
iam vino quaerens, iam somno fallere euram;
115 frustra: nam comes atra premit sequiturque fugacem/
unde mihi lapidem? 'quorsum est opus?' unde sagittas?
'aut insanit homo aut versus facit/ ocius hinc te
ni rapis, accedes opera agro nona Sabino.
VIII.
Ut Nasidieni iuvit te eena beati?
nam mihi convivam quaerenti dictus here illic
de medio potare die. 'sic ut mihi numquam
in vita fuerit melius.' dic, si grave non est,
5 quae prima iratum ventrem placaverit esca.
Mn primis Lucanus aper: leni fuit austro
captus, ut aiebat cenae pater: acria circum
rapula, lactucae, radiees, qualia lassum
pervellunt stomachum, siser, allee, faecula Goa.
10 his ubi sublatis puer alte cinetus acemam
gausape purpureo mensam pertersit, et alter
sublegit quodcumque iaceret inutile quodque
posset cenantis oflFendere, ut Attica virgo
cum sacris Cereris procedit fuscus Hydaspes
15 Caecuba vina ferens, Alcon Ghium maris expers.
hic erus "Albanum, Maecenas, sive Falemum
te magis adpositis delectat, habemus utrumque:
divitias miseras!" sed qiüs cenantibus una,
Fundani, pulchre fuerit tibi, nosse laboro.
20 'summus ego, et prope me Viscus Thurinus, et infra^
si memini, Vanus, cum Servilio Balatrone
SATIRABUM LIB. Il* 8. '217
Vibidius, quas Maecenas adduxerat umbras.
Nomentanus erat super ipsum, Porcius infra,
ridiculus totas simul absorbere placentas.
25 NomentanuB ad hoc, qui, siquid forte lateret,
indice monstraret digito: nam cetera turba,
nos; inquam, cenamus avis, conchylia; pisciS;
longe dissimilem noto celantia sucum;
ut vel continuo patult, cum passeris atque
30 ingustata mihi porrexerat ilia rhombi.
post hoc me docuit melimela rubere minorem
ad lunam delecta: quid hoc intersit, ab ipso
audieris melius. tum Yibidius Balatroni
''nos nisi damnose bibimus, moriemur inulti;^
35 et calices poscit maiores. vertere pallor
tum paroehi faeiem nii sic metuentis ut aeris
potores, vel quod maledicunt liberius, vel
fervida quod subtile exsurdant vina palatum,
invertunt Allifanis vinaria tota
40 Yibidius Balatroque, secutis omnibus; imi
convivae lecti nihilum nocuere lagoenis.
adfertur squillas inter murena natantis
in patina porrecta. sub hoc enis "haec gravida'' inquit
"eapta est, deterior post partum came futura.
45 his mixtum ius est: oleo, quod prima Venafri
pressit cella; garo de sueis piscis Hiberi;
vino quinquenni, verum citra mare nato,
dum coquitur (cocto Ghium sic convenit ut non
hoc magis ullum aliud); pipere albo, non sine aceto
50 quod Methymnaeam vitio mutaverit uvam.
erucas vindis, i nuias ego primus amaras
monstravi incoquere; inlotos Curtillus echinos,
ut melius muria quod testa marina remittat/'
interea suspensa gravis aulaea minas
55 in patinam fecere, trahentia pulveris atri
quantum non aquilo Campanis excitat agris.
nos maius veriti, postquam nihil esse pericli
sensimus, erigimur: Rufus posito capite, nt si
218 <^ HORATO FLACCI
filiuB inmataruB obbsety flere. quis esset
(to finiš, ni sapiens sie Nomentanus amieum
tolleret '^heu, Fortuna, quis e»t erudelior in nos
te deu8? ut semper gaudes inludere rebus
humanis." Yariiis mappa conpeseere risum
yix poterat. Balatro, suspendens omnia naso,
65 "'faaee est condicio vivendi'' aiebat, '^eoque
responsura tuo numquam est par fama labori,
tene, ut ego accipiar laute, torquerier omni
soUicitudine districtum, ne panis adustus,
ne male conditum ius adponatur, ut omnes
70 praecincti recte pueri comptiqne ministrent?
adde hos praeterea casus, aulaea ruant si;
ut modo, si ])atinam pede lapsus frangat agaso.
sed convivatoris uti ducis ingenium res
adversae nudare solent, celare secundae/'
75 Nasidienus ad haec ''tibi di quaecumque preeeris
commoda dent ; ita vir bonus es convivaque oomis :
et soleas poseit tum in leeto quoque rideres
stridere secreta di^isos aure susurros/
uullos his mallem ludos speetasse: sed illa
80 redde age quae deinceps risistL 'Yibidius dum
quaerit de pueris, num sit quoque fracta lagoena,
(|uod sibi poscenti non dantur pocula, dumque
ridetur fictis rerum, Balatrone secundo,
NasidienO; redis mutatae frontis, ut arte
85 emendaturus fortunam. deinde seeuti
mazonomo pueri magno discerpta ferentes
niembra gruis, sparsi sale multo non sine farre,
pinguibus et ficis pastum ieeur anseris albae,
et leporum avolsos, ut multo suavius, armos,
90 quam si cum lumbis quis edit tum pectore adusto
vidimus et merulas poni et sine elune palumbia,
suavis res, si non causas narraret earum et
naturas dominus: quem nos sic fugimus ulti
nt nihil omnino gustaremus, velut illis
Ganidia adflasset, peior serpentibus Afris.'
»
. »
Q. HOEATII FLACCI
EPISTULARUM
LIBER PRIMUS.
I.
Prima dicte mihi, summa dicende camena,
spectatum satis et donatum iam rude quaeriS;
Maecenas, itermn antiqua me inoludere ludo.
non eadem est aetas, non mens. Veianius, armis
5 Herculis ad postem fixis, lätet abditus agro,
ne populum extrema totiens exoret arena.
est mihi purgatam erebro qui personet aurem
'solve senescentem mature sanus equum, ne
peecet ad extremum ridendus et ilia ducat/
to nunc itaque et versus et cet^ra ludicra pono:
quid yerum atque deeens, euro et rogo et omnis in hoc
surn:
condo et conpono quae mox depromere possim.
ae ne forte roges quo me duee, quo lare tuter:
nuUius addictus iurare in verba magistri,
15 quo me cumque rapit tempestas, deferor hospes.
nunc agilis fio et mersor civilibus undis,
yirtutis rerae custos rigidusque satelles,
nunc in Aristippi furtim praecepta relabor
et mihi res, non me rebus subiungere eonor.
20 ut nox lõnga quibus mentitur amica, diesque
lõnga videtur opus debentibus, ut piger annus
pupillis quos dura premit custodia matrum,
sic mihi tarda fluunt ingrataque tempora quae spem
consiliumque morantur agendi gnaviter id quod
220 Q. HORATU FLACCl
26 aeque pauperibus prodest, locupletibus aeque,
aeque neglectum pueris senibusque noc^bit.
restat ut his ego me ipse regam solerque elementis.
non possis oculo quantum contendere Lynceus,
non tamen idcireo contemnas lippus inungui;
30 nec, quia desperes invicti membra Glyconis,
nodosa corpus nolis prohibere eheragra.
est quadam prodire tenuS; si non datur ultra,
fervet avaritia miseroque cupidine peetus:
sunt verba et voces quibus hunc lenire dolorem
35 possis et magnani morbi deponere partem.
laudis amore tumes: sunt certa piaeula quae te
ter pure lecto poterunt recreare libello.
inviduS; iraennduS; iners^ vinosus, amator:
nemo adeo ferus est ut non miteseere possit,
40 si modo eulturae patientem commodet aurem.
virtus est vitium fugere, et sapientia prima
stultitia caruisse. vides, quae maxima credis
esse maia; exiguum censum turpemque repulsam^
quanto devites animi eapitisque labore:
45 inpiger extremos curris mercator ad Indos,
per maro pauperiem fugiens, per saxa, per ignis:
ne cures ea, quae stulte miraris et optas,
discere et audire et meliori credere non vis?
quis eireum pagos et circum eompita pugnax
50 magna eoronari contemnat Olympia, eui spes,
cui sit condicio dulcis sine pulvere palmae?
vilius argentum est auro, virtutibus aurum.
'o cives, cives, quaerenda pecunia primum est;
virtus post nummos:' faaee lanus summus ab imo
55 prodocet, haec recinunt iuvenes dictata senesque.
laevo suspensi loculos tabulamque lacerto.
est animus tibi; sunt mores; est lingua fidesque,
sed quadringentis sex septem milia desunt:
plebs eris, at pueri ludentes 'rex eris' ainnt.
56 schien schon mehreren onecbt, aus Sai I, 6, 74.
EPISTULARÜM LIB. I. 1. 221
60 'si recte facies/ [hic murus aeneus esto,
nii conscire sibi, nuUa pallescere culpa.
Roscia, dic sodes, melior lex an puerorum est
neuia, quae regnum recte facientibus oflFert,
et maribus Curiis et decantata Camillis?
65 isne tibi melius suadet qui, rem facias, rem,
si possiS; recte, si non, quocumque modo rem,
ut propius spectes lacrimosa poemata Pupi,
an qui Fortunae te responsare superbae
liberum et erectum praesens hortatur et aptat?
70 quod si me populus Romanus forte roget, cur
non ut porticibus sic iudiciis fruar isdem,
nec sequar aut fugiam quae diligit ipse vel odit,
olim quod volpes aegroto cauta leoni
respondit referam: ^quia me vestigia terrent,
75 omnia te adversum spectantia, nulla retrorsum/
belua multorum es capitum. nam quid sequar aut quem?
pars hominum gestit conducere publica; sunt qui
crustis et pomis viduas venentur avaras
excipiantque senes quos in vivaria mittant;
80 multis occulto crescit res fenore. verum
esto aliis alios rebus studiisque teneri:
idem eadem possunt horam durare probantes?
^nullus in orbe sinus Baiis praelucet amoenis'
si dixit diveS; lacus et mare sentit amorem
85 festinantis eri: cui si vitiosa libido
fecerit auspicium, eras ferramenta Teanum
toUetis, fabri. leetus genialis in aula est:
nii ait esse priuS; melius nii caelibe vita:
si non est, iurat bene solis esse maritis.
90 quo teneam võitus mutantem Protea nodo?
quid pauper? ride: mutat cenacula, lectos,
balnea; tonsores, couducto navigio aeque
nauseat ae locuples quem ducit priva triremis.
si euratus inaequali tonsore capillos
60. 61 Yon si recte facies ao fOr unecht erklärt von M.
222 Q- HOBAin FLAGCI
95 occurro, rides; si forte subucula pexae
trita subest tunicae vel si toga dissidet inpar,
rides. quid, mea eum pngnat sententia secum
quod petiit spemit, repetit qnod nuper omisi^
aestuat et vitae disconvenit ordine toto,
100 diruit, aedificat, mutat quadrata rotundis?
insanire putas sollemnia me neque rides,
nec medici credis nec coratoris egere
a praetore dati, rerum tatela mearum
cum sis et prave seetum stomactaeris ob ungnem
105 de te pendentis, te respicientis amici?
ad summam, sapiens uno minor est love, diyos,
liber, honoratnS; pulcher, rex denique regum,
praecipue sanus, nisi cnm pituita molesta est.
II.
Troiani belli scriptorem, Maxime Lolli,
dum tu declamas Romae, Praeneste relegi:
qui quid sit pulchrum, quid turpe, qaid utile, quid noiii
planius ae melius Chrysippo et Crantore dieit.
5 eur ita crediderim, nisi quid te detinet, audi.
fabula, qua Paridis propter narratur amorem
Graecia Barbariae lento coUisa duello,
stultorum regiim et populorum continet aestus.
Antenor censet belli praecidere causam.
10 quid Paris? ut salvus regnet vivatque beatus,
cogi posse negat. Nestor couponere litis
inter Peliden festinat et inter Atriden:
hunc amor, ira quidem communiter urit utmmqae.
quidquid delirant reges, plectuntur Achivi.
15 seditione, dolis, scelere atque libidine et ira
Iliaeos intra muros peeeatur et extra.
rursus quid virtus et quid sapientia possit,
utile proposuit nobis exemplar Ulixen^
qui domitor Troiae multorum providus urbis
EPISTULARÜM LIB. I. 2. 223
20 et mores bominum inspexit, latumque per aequor,
dum Bibi, dum sociis reditum parat; aspera mulla
pertulit; adyersis rerum inmersabilis undis.
Sirenum voces et Circae pocula noBti:
quae si cum socüb BtultuB cupiduBque bibisset,
25 sub domina meretrice fuisBet turpiB et excon
vixisset caniB inmunduB vel amica luto sub.
noB numerns sumus et fruges consumere nati,
sponsi Penelopae nebulones, Alcinoique
in cute curanda pius aequo operata iuventus,
90 cui pulchrum fuit in medios dormire dies et
ad Btrepitum citbarae cessantem ducere somnum.
ut iugulent homineni; surgunt de nocte latrones:
ut te ipsum seryes, non expergisceris ? atqui
si noles sanus, curres hydropicus; et ni
35 posces ante diem librum cum lumine, si non
intendes animum studiis et rebus honestiS;
invidia vel amore vigil torquebere. nam cur
quae laedunt oculum festinas demere, siquid
est animum, differs curandi tempus in annum?
40 dimidium facti qui coepit habet: sapere aude:
incipe. qui recte vivendi prorogat horam,
rustieus exspectat dum defluat amnis: at iile
labitur et labetur in omne volubilis aevum.
quaeritur argentum puerisque beata creandis
45 uxor et incultae pacantur vomere silvae.
quod satis est cui contingit, nihil amplius optet
non domus et fundus, non aeris acerrus et auri
aegroto domini deduxit corpore febris,
non animo curas: valeat possessor oportet,
50 si conportatis rebus bene cogitat uti.
qui cupit aut metuit, iuvat illum sic domus et res
ut lippum pictae tabulae, fomenta podagram,
auriculas citbarae coUecta sorde dolentis.
sincerum est nisi yas, quodcumque infundis acescit.
31 cessantem B. ceBsatani.
224 <i. HORATU FLACCI
55 8peme voluptates: nocet empta dolore voluptas.
semper avarus eget: certum yoto pete finem.
invidus alterius macrescit rebus opimis:
invidia Siculi non invenere tyranni
maius tormentum. qui non moderabitur irae,
Go infectum yolet esse, dolor quod suaserit et mens,
dum poenas odio per virn festinat inulto.
ira furor brevis est: animum rege; qui nisi paret;
imperat: hunc frenis, liunc tu conpesce catena.
fingit equum tenera docilem eervice magister
65 ire yiam qua monstret eques: venaticus, ex quo
tempore cervinam pellem latravit in aula,
militat in süvis catuluS; nunc adhibe puro
pectore verba puer, nunc te melioribus oflfer.
quo semel est imbuta recens, servabit odorem
70 testa diu. quod si cessas aut strenuus anteis,
nec tardum opperior nec praecedentibus insto*
III.
luli Flore, quibus terrarum militet oris
Claudius Augusti privignus, seire laboro.
Thracane vos Hebrusque nivali compede vinetus,
an freta vicinas inter currentia turris,
5 an pingues Asiae campi coUesque morantur?
quid studiosa cohors operum struit? hoc quoque curo.
quis sibi res gestas Augusti scribere sumit?
bella quis et paees longum diffundit in aevum?
quid Titius, Romana brevi venturus in ora?
10 Pindarici fontis qui non expalluit haustuS;
fastidire laeus et rivos ausus apertos.
ut valet? ut meminit nostri? fidibusne Latinis
Thebanos aptare modos studet auspice musa,
an tragica desaevit et ampuUatur in arte?
15 quid mihi Celsus agit? mõnitus multumque monendus,
privatas ut quaerat opes et tangere vitet
EPISTÜLARÜM LIB. I. 4. 225
scripta, Palatinus quaecumque recepit Apollo^
ne, si forte suas repetitum venerit olim
grex avium plumaa, moveat cornicula risuni
20 furtivis nudata coloribus. ipse quid audes?
quae circum volitas agilis thyma? non tibi parYum
iügenium, non incultum est et turpiter hirtum.
seu linguam causis acuis; seu civica iura
respondere paras, seu condis amabile carmen,
25 prima feres hederae victricis praemia: quod si
frigida eurarum fomenta relinquere posseS;
quo te caelestis sapientia duceret, ires.
hoo opus, hoc studium parvi properemus et ampli;
si patriae volumus, si nobis vivere cari.
30 debes hoc etiam rescribere, sit tibi eurae
quantae conveniat Munatius. an male sarta
gratia nequiquam coit? an rescinditur et vos
seu calidus sanguis seu rerum inscitia vexat
indomita cervice feros? ubicumque loeorum
35 vivitis, indigni fratemum rumpere foedus,
pascitur in vestrum reditum votiva iuvenca.
IV.
Albi, nostrorum sermonum candide iudex,
quid nunc te dicam facere in regione Pedana?
scribere quod Cassi Parmensis opuseula vineat,
an tacitum silvas inter reptare salubris,
5 eurantem quidquid dignum sapiente bonoque est?
non tu corpus eras sine peetore: di tibi formam,
di tibi divitias dederunt artemque fruendi.
quid voveat dulci nutricula maius alumno,
qui sapere et fari possit quae sentiat, et eui
lü gratia, fama, valetutlo contingat abunde,
et muudus victus, non defieiente crumena?
32 an, dann et. Ueberlieferung et, dann at und ae.
15
Lehrs, Uontiuf.
226 Q. HORATII FLACCI
inter spem curamque, timores inter et iras
omnem crede diem tibi diluxisse supremum:
grata superveniet quae non sperabitur hora.
15 me pinguem et nitidum bene curata cute vises,
cum ridere voles, Epicuri de grege porcum.
V.
Si potes Arehiacis conviva recumbere lectis
nec modica cenare times olus omne patella,
supremo te sõle domi; Torquate; manebo.
vina bibes iterum Tauro diffusa palustris
5 inter Mintumas Sinuessanumque Petrinum.
si melius qiiid habes, areesse; vel imperium fer*
iamdudum splendet focus et tibi munda supellex.
mitte levis spes et certamiua divitiarum
et Moschi causam: eras nato Caesare festus
10 dat veniam somnumque dies; inpune lieebit
festivam sermone benigno tendere noctem,
quo mihi fortunam, si non conceditur iiti?
pareus ob heredis curam nimiumque severus
adsidet insano. potare et spargere flores
15 incipiam patiarque vel inconsultus haberi.
quid non ebrietas designat? operta recludit,
spes iubet esse ratas, ad proelia trudit inertem,
sollicitis animis onus eximit, addocet artis.
fecundi calices quem non fecere disertum?
20 contracta quem non in paupertate solutum?
haec ego procurare et idoneus imperor et non
invitus, ne turpe toral, ne sordida mappa
corruget naris, ne non et cantharus et lanx
ostendat tibi te, ne fidos inter amicos
25 sit qui dicta foras eliminet, ut coeat par
iungaturque pari. Butram tibi Septiciumque
et nisi eena prior potiorque puella Sabinum
detinet adsumam. locus est et pluribus umbris:
EPISTULARÜM LIB. I. 5. 6. 227
sed nimis arta premunt olidae convivia caprae.
^ tu quotus esse velis rescribe et rebus omissis
atria servantem postico faile clientem.
VI.
Nii admirari prope res est una, Numici,
solaque quae possit faeere et servare beatum.
hunc solem et stellas et decedentia certis
tempora momentis sunt qui formidine nuUa
5 -imbuti 8i)ectent. quid censes mimera terrae?
quid maris extremos Arabas ditantis et Indos?
ludicraque et plausus et amici dona Quiritis?
quo spectanda modO; quo sensu credis et ore?
qui timet his adversa, fere miratur eodem
10 quo cupiens paeto: pavor est utrobique molestus,
inprovisa simul species extemat utrumque.
gaudeat an doleat, cupiat metuatne, quid ad rem^
si, quidquid vidit melius peiusque sua spe,
defixis oculis animoque et corpore torpet?
15 insani sapiens nomen ferat, aequus iniqui,
ultra quam satis est virtutem si petat ipsam.
i nunc, argentum et marmor vetus aeraque et artis^
suspice, eum gemmis Tyrios mirare colores;
gaude quod spectant oculi te mille loquentem;
20 navus mane forum et vespertinus pete tectum,
ne pius frumenti dotalibus emetat agris
Mutus et (indignum, qui sit peioribus ortus!)
hic tibi sit potius quam tu mirabilis illi.
quidquid sub terra est; in apricum proferet aetas^
25 defodiet condetque nitentia. eum bene notum
portieus Agrippae et via te conspexerit Appi,
ire tamen restat Numa quo devenit et Ancus.
si latus aut renes morbo temptantur acuto,
7 que et. quid. 11 externat Jacobs. exterret nndexercet. 22 qtü
B. quod.
15*
i
228 ^ HüRATH FLACa
quaere fugam morbi. vis recte vi vere (quis non?):
30 8i virtus hoc una potest dare, fortis omissis
hoc age deliciis. virtutem verba putas et
lucum ligna: cave ne portus occupet alter,
ne Cibyratica, ne Bithyna negotia perdas;
mille talenta rotundentur, totidem altera/ porro et
35 tertia succedant, et quae pars quadret acervum.
scilicet uxorem cum dot« fidemque et amicos
et genus et formam regina Peeunia donat,
ae bene nummatum deeorat Suadela Venusque.
mancipiis locuples eget aeris Cappadocum rex:
40 ne fueris hic tu. chlamydes LucuUuS; ut aiunt,
8i posset centum seenae praebere rogatus,
^qui possiun tot?' ait: ^tamen et quaeram et quot habebo
mittam.' post paullo scribit sibi milia quinque
esse domi chlamydum; partem vel tolleret omnis.
45 exilis domus est ubi non et muita supersunt
et dominum fallunt et prosunt furibus. ergo
si res sola potest facere et servare beatum,
boe primus repetas opuS; hoc postremus omittas.
si fortunatum species et gratia praestat,
50 mercemur servum qui dictet nomina, laevum
qui fodieet latus et cogat trans pondera dextram
porrigere: 'hic multum in Fabia valet, iile Velina;
cui libet hic fascis dabit eripietque curule
cui volet inportunus ebur/ frater, pater adde;
55 ut cuique est aetas, ita quemque facetus adopta.
si bene qui cenat bene vivit, lueet, eamus
quo ducit gula, piscemur, venemur, ut olim
Gargilius, qui mane plagas, venabula, servos,
diifertum transire forum campumque iubebat,
60 unus ut e multis populo spectante referret
emptum mulus aprum. erudi tumidique lavemur,
quid deceat quid non obliti, Gaerite eera
digni, remigium vitiosum Ithacensis Ulixi,
59 campumque B. populumque. S. Comment&r.
1
EPI8TÜLARÜM LIB. I. 6. 7. 229
ciii potior patria fuit interdicta voluptas.
65 si, Mimnermus uti censet, sine amore iocisque
nii est iucundum, vivas in amore iocisque.
vive, vale. siquid novisti rectius istis,
candidus imperti; si non, his utere mecum.
VII-
Quinque dies tibi poUicitus me rure futurum,
sextilem totum mendax desideror. atqui,
si me vivere vis sanom recteque valentem,
quam mihi das aegro, dabis aegrotare timenti^
5 Maecenas, veniam, dum ficus prima calorque
designatorem decorat lietoribus atris,
dum pueris omnis pater et matercula pallet,
officiosaque sedulitas et opella forensis
adducit febris et testamenta resignat
10 quod si bruma nivis Albanis inlinet agris,
ad mare descendet vates tuus et sibi parcet
contractusque leget: te, dulcis amice, reviset
cum zephyris; si concedes, et hirundine prima.
non quo more pyris vesci Galaber iubet hospes
15 tu me fecisti locupletem. 'vescere sodes.'
'iam satis est' 'at tu quantum vis tolle.' 'benigne/
'non invisa feres pueris munuscula parvis.'
'tam teneor dono quam si dimittar onustus.'
'ut libet: haec porcis hodie comedenda relinques.'
20 prodigus et stultus donat quae spemit et odit:
haec seges ingratos tulit et feret omnibus annis,
vir bonus et sapiens dignis ait esse päratus:
nec tamen ignorat quid distent aera lupinis.
dignum praestabo me etiam pro laude merentis.
25 quod si me noles usquam discedere, reddes
forte latus, nlgros angusta fronte capillos,
reddes dulce loqui, reddes ridere decorum et
inter vina fugam Cinarae maerere protervae.
Lf >
230 Q. HORATU FLACOI
forte per angustam tenuis nitedula rimam
30 repserat in cumeram frumenti, pastaque rursus
ire foras pleno tendebat corpore frustra.
cui muBtela procul *8i vis* ait ^effugere istinc,
macra cavum repetes artum, quem macra subisti.'
hac ego si conpellor imagine, cuncta resigno;
35 nec somnum plebis laudo satur altilium, nec
otia divitiis Arabum liberrima muto.
saepe verecundum laudasti, rexque paterque
audisti coram, nec verbo parcius absens:
inspice si possiim donata reponere laetus.
40 haud male Telemaehus, proles patientis Ulixi,
'non est aptus equis Ithace locus, ut neque planis
porrectus spatiis nec multae prodigus herbae:
AtridC; magis apta tibi tua dona relinquam/
parvum parra decent: mihi iam non regia Roma^
45 sed vacnum Tibur placet aut inbelle Tarentum.
strenuus et fortis causisque Philippus agendis
claniS; ab officiis ootavam oirciter horam
dum redit atque foro nimium distare Carinas
iam grandis natu queritur, conspexit, ut aiunt,
ho adrasum quendam vacua tonsoris in umbra
cultello proprios purgantem leniter unguis.
'Demetri' (puer hic non.laeve iussa Philippi
accipiebat), 'abi, quaere et refer, unde domo, quis,
cuius fortunae, quo sit patre quove patrono/
55 it redit et narrat, Volteium nomine Menam,
praeconem, tenui censu, sine crimine natum,
et properare loco et cessare et quaerere et uti,
gaudentem parvisque sodalibus et lare certo
et ludis et post decisa negotia campo.
60 'scitari libet ex ipso quodcumque refers: die
ad cenam veniat/ non sane credere Mena,
mirari secum tacitus. quid muita? ^benigne*
respondet. 'noget iile mihi?" 'negat inprobus et te
29 nitedula B. volpecula.
EPISTULAKÜM LIB. L 7. 231
neglegit aut horret.' Volteium mane Philippus
65 villa yendentem tunicato scruta popello
occupat et salvere iubet prior, iile Philippo
exeusare laborem et mercennaria Tincla^
qiiod non mane domum yenisset, denique quod non
providisset eum. ^sic ignorisse putato
70 me tibi; si cenag hodie meeum/ ^ut libet' ^ergo
post uonam venies: nunc i, rem strenuus auge/
ut ventmn ad cenam est, dicenda tacenda locutus
tandem dormitum dimittitur. hic ubi saepe
oceultmn visus decurrere piseis ad hamum,
75 mane cliens et iam certus conviva, iubetur
rura suburbana indictis comes ire Latinis.
inpositus mannis arvum eaelumque Sabinum
non cessat laudare. videt ridetque Philippus,
et sibi dum requiem, dum risus undique quaerit;
so dum septem donat sestertia, mutua septem
promittity persuadet uti mercetur agellum.
mercatur. ne te longis ambagibus ultra
quam satis est morer, ex nitido fit rusticus atque
sulcos et vineta erepat mera, praeparat ulmos;
S5 inmoritur studiis et amore senescit habendi.
verum ubi oves furto, morbo periere capellae,
spem mentita seges, bos est euectus arando;
offensus damnis media de noote caballum
arripit iratusque Philippi tendit ad aedis.
^0 quem simul aspexit scabrum intonsumque PhilippuS;
'durus' ait, ^Voltei, nimis attentusque videris
esse mihi/ '^pol me miserum, patrone, vocares,
si velles' inquit 'verum mihi ponere nomen.
quod te per genium dextramque deosque penatis
^ obsecro et obtestor, vitae me redde priori/
qui semel aspexit quantum dimissa petitis
praestent; mature redeat repetatque relicta.
metiri se quemque suo modulo ae pQde verum est*
232 Q. HORATIl FLACa
VIII.
Celso gaudere et bene rem gerere Albinovano
musa rögata refer, comiti scribaeque Neronis.
81 qaaeret quid agam, dic muita et pulehra minantem
yiyere nec recte nec soaviter: haud quia grando
5 contuderit vitis oleamve momorderit aestus^
nec quia longinquis armentum aegrotet in agris;
sed quia mente minus validus quam corpore toto
nii audire velim, nii discere, quod levet aegrum;
fidis offendar medicis, irascar amiciS;
10 cur me funesto properent arcere veterno;
quae nocuere sequar, fugiam quae profore eredam ;
Romae Tibur amem ventogus, Tibure Romam.
post haecy ut valeat, quo pacto rem gerat et se,
ut placeat iuveni percontare utque cohorti.
15 si dieet 'reete/ primum gaudere, subinde
praeceptum auriculis hoo instillare memento:
ut tu fortunam, sic nos te, Celse, feremus.
IX.
Septimius, Claudi, nimirum intellegit unus,
quanti me facias. nam cum rogat et preee eogit
scilicet ut tibi se laudare et tradere coner,
dignum mente domoque legentis honesta Neronis,
5 munere cum fungi propioris censet amici,
(luid possim videt ae novit me valdius ipso.
muita quidem dixi, cur excusatus abirem;
sed timui mea ne finxisse minora putarer,
dissimulator õpis propriae, milii commodus uni.
10 sic ego, maioris fugiens opprobria culpae,
frontis ad urbanae. descendi praemia. quod si
4 Gruppe.
EPISTOLARÜM LIB. I. 8. 9. 10. 233
depositum laudas ob amici iussa pudorem,
scribe tui gregis hunc et fortem crede bonumque.
X.
Urbis amatorem Fuscum salvere iubemus
ruris amatores. bac in re scilicet una
multum dissimiles, at cetera pene gemelli;
fratemis animig quidquid negat alter et alter,
5 adnuimus panter vetuli notique eolumbi.
tu nidum seiras, ego laudo ruris amoeni
rivos et musco circumlita saxa nemusque.
quid quaeris? vivo et regno, simul ista reliqni
quae yos ad caelum effertis rumore seeundo,
10 utque sacerdotis fugitivus liba reeuso,
pane egeo iam mellitis potiore placentis.
vi vere naturae si convenienter oportet
ponendaeque domo quaerenda est area primum,
novistine locum potiorem rure beato?
15 est ubi pius tepeant hiemes, ubi gratior aura
leniat et rabiem canis et momenta leonis,
cum semel accepit solem furibundus acutum?
est ubi divellat somnos minus invida eura?
deterius Libyeis olet aut nitet herba lapillis?
20 purior in vieis aqua tendit rumpere plumbum,
quam quae per pronum trepidat cum murmure rivmn?
uempe inter varias nutritur silva columnaS;
laudaturque domus longos quae prospicit agros.
naturam expellas furca, tamen usque recurret
25 et maia perrumpet furtim fastidia vietrix.
non qui Sidonio contendere callidus ostro
neseit Aquinatem potantia vellera fucum,
certius accipiet damnum propiusve medulliS;
quam qui non poterit vero distinguere falsum.
30 quem res pius nimio delectavere secundae,
mutatae quatient. siquid mirabere, pones
234 ^ HORATU FLAOd
invitus. fuge magna: licet sub paupere tecto
reges et regum vita praecurrere amicos.
cenruB equum pagna melior communibus herbis
35 pellebat^ donec miiior in certamine longo
inploravit opes hominis frenumque recepit.
sed postquam victor victo discessit ab hoste,
non equitem dorso; non frenum depulit ore.
81C qui pauperiem veritus potiore metallis
40 libertate caret, dominum vehit inprobus atque
serviet aetemum, quia parvo nesciet uti.
cui non conveniet sua res, ut ealceus olini;
si pede maior erit, subvertet, si minoi*; uret
laetus sorte tua vives sapienter^ Aristi,
45 nec me dimittes ineastigatum, ubi plura
cogere quam satis est ae non eeasare >idebor.
imperat aut servit eollecta peeunia cuique,
tortum digna sequi potius quam dueere funem.
haee tibi dietabam post fanum putre Vacunae;
50 excepto quod non simul esses eetera laetus.
XI.
Quid tibi visa Chios, Bullati; notaque Lesbos,
quid eoncinna Samos, quid Groesi regia SardiS;
Smyma quid et Colophon? maiora minorane fama?
eunetane prae campo et Tiberino flumine sordent,
5 an venit in votum Attalicis ex urbibus una?
an Lebedum laudas odio maris atque viarum?
'seis Lebedus quid sit. Gabiis desertior atque
Fidenis vicus: tamen illic vivere vellem,
oblitusque meorum^ obliriscendus et illis,
10 Neptunum procul e terra spectare furentem.*
sed neque qui Capua Romam ])etity imbre lutoque
37 Tictor victo hat nach Bentley Editio Cadomeusis 1480. victor
violens und violens victor.
EPISTüLARÜM LIB. I. 10. 11. 235
adspersuS; volet in eaupona vivere; nec qui
frigus collegit, furiiog et balnea laudat
ut fortunatam plene praestantia vitam;
15 nec si te validus iaotaverit auster in alto,
idcireo uavem trans Aegaeum mare vendas.
ineolumi Rhodos et Mytilene pulcbra facit quod
paenula solstitio^ campestre nivalibus auriS;
per brumam Tiberis, sextili mense camiuug.
2(1 dum licet ae voltum gervat Fortuna benignum,
Romae laudetur Samos et Chios et Bhodos abseng.
tu quamcumque deus tibi fortunaverit horam
grata gume manu, neu duleia differ in annum;
ut quocumque loco fueris vixigge libenter
25 te dicas. nam si ratio et prudentia eurag;
non loeus effusi läte maris arbiter aufert,
caelum, non animum, mutant qui trans mare eurrunt
strenua nos exercet inertia, navibus atque
quadrigis petimus bene vivere. quod petis, hic est,
30 est Ulubris, animus si te non deficit aequus.
XP.
Quid tibi visa Chios, Bullati, notaque Lesbos,
quid coneinna Samos, quid Groesi regia Sardis,
Smyrna quid et Colophon? maiora minorane fama?
cunctane prae campo et Tiberino flumine sordent
5 au venit in votum Attalicis ex urbilhis una?
6 an Lebedum laudas odio maris atque viarum?
n ineolumi Rhodos et Mitjiene pulchra facit quod
paenula solstitio, campestre nivalibus auris,
per brumam Tiberis, sextili mense eaminus.
22 tu (j[uamcuinque deus tibi fortunaverit horam
grata suine manu neu duleia differ in annum;
ut quocumque loco fueris vixisse libenter
25 te dicas sapiens. ratio et prudentia curas,
non locus et fusi läte maris arbiter aufert :
25 sapiens. nam si. 26 et fusi. effusi.
236 Q. HORAXn FLAOCI
eaelum, non animum mutant qui trans mare cairunt.
Btfenua no8 exercet inertia, naTibus atqne
quadrigis petimus bene virere. qnod petis hic est,
30 est Vlubris, animus si te non deficit aeqnns.
XII.
FructibuB Agrippae Siculis, qnos colligis, Icci,
gi recte frueris, non est ut copia maior
ab love donari possit tibi. tolle querellas:
pauper enim non est eui remm suppetit usns.
5 si ventri bene, si lateri est pedibasqne tuiS; nii
divitiae poterunt regales addere maius,
si forte in medio positorum abstemius herbis
vivis et urtica, sic vives protinus ut te
confestim liquidus Fortunae rivus inauret^
10 vel quia naturam mutare pecunia nescit^
rel quia cuncta putas una virtute minora.
miramuF; si Democriti pecus edit agellos
cultaque^ dum peregre est animns sine corpore velox;
cum tu inter scabiem tantam et contagia lucri
15 nii parvum sapias et adhuc sublimia cures,
quae mare conpescant causae, quid temperet annuro,
stellae sponte sua iussaene vagentur et errent,
quid premat obscurum lunae^ quid proferat orbem,
quid velit et possit rerum Concordia discors,
20 Empedocles an Stertinium deliret acumen.
verum sen piscis seu porrum et caepe trucidas,
utere Pompeio Grospho, et; siquid petet, ultro
defer: nii Grosphus nisi verum orabit et aequum.
vilis amicorum est annona, bonis ubi quid deest.
25 ne tamen ignores quo sit Romana loco res,
Cantaber Agrippae, Claudi virtute Neronis
Armenius cecidit; ius imperiumque Phraates
Caesaris accepit genibus minor; aurea fruges
Italiae pleno defundit Copia eomu.
EPISTÜLARÜM LIB. I. 12. 13. 14. 237
XIII.
Ut proficiflcentem docui te saepe diuque,
Augusto reddes signata yolumina, Vini,
si validus, si laetus erit, si denique poscet;
ne studio nostri pecces, odiumque libellis
5 sedulus inportes opera vehemente minister,
si te forte meae gravis uret sarcina chartae;
abicito potius quam quo perferre iuberis
clitellas ferus inpingas Asinaeque paternum
cognomen vertas in risum et fabula fias.
10 viribus uteris per clivoS; flumina; lamas,
victor propositi simul ae perveneris illuc,
sie positum serrabis onus, ne forte sub ala
fasciculum portes librorum ut rustieus aguum,
ut vinosa glomus furtivae Pyrrliia lanae,
15 ut cum pilleolo soleas conviva tribulis.
ne Yolgo narres te sudansse ferendo
carmina quae possint oculos aurisque morari
Caesaris, oratus muita preee, nitere porro.
vade, vale: cave ne titubes mandataque frangas.
XIV.
Vilice silvarum et mihi me reddentis agelli,
quem tu fastidis habitatum quinque focis et
quinque bonos solitum Yariam dimittere patres,
certemus, spinas animone ego fortius an tu
5 evellas agro, et melior sit Horatius an res.
me quamvis Lamiae pietas et cura moratur^
fratrera maerentis, rapto de fratre dolentis
insolabiliter, tamen istue mens animusque
fert et amat spatiis obstautia rumpere claustra.
10 rure ego viventem, tu dieis in urbe beatum.
cui placet alterius, sua nimirum est odio sors.
stultus uterque locum inmeritum causatur inique
238 Q. HOBATII FLACCI
in culpa est animus, qui m non effugit umquam.
tu mediastinus tacita prece rura petebas,
15 nunc urbem et ludos et balnea vilicus optas:
me constare mihi seis et discedere tristem^
qiiandocumque trahunt invisa negotia Romam.
non eadem miramur: eo disconvenit inter
meque et te. nam quae deserta et inhospita tesqua
20 eredis, amoena vocat meeum qui sentit^ et odit
quae tu pulchra putas. fomix tibi et uneta popina
incutiunt urbis desiderium, video, et quod
anguIuB iste feret piper et tus ocius uva,
nec vicina subest vinum praebere taberna
25 quae possit tibi, nec meretrix tibicina, cuiug
ad strepitum salias terrae gravis, et tamen urgues
iam pridem non tacta ligonibus arva bovemque
disiunctum curas et strictis frondibus exples.
addit opus pigro rivus, si decidit imber,
ao muita mole docendus aprico parcere prato.
nunc age, quid nostrum concentum dividat, audi.
quem tenues decuere togae nitidique capilli,
quem seis inmunem Cinarae placuisse rapaci,
quem bibulum liquidi media de luce Falemi,
35 eena brevis iuvat et prope rivum somnus in herba.
nec lusisse pudet, sed non incidere ludum.
non istic obliquo oculo mea commoda quisquam
limat, non odio obscuro morsuque venenat:
rident vicini glaebas et saxa moventem.
40 cum servis urbana diaria rodere mavis?
horum tu in numerum voto mis: invidet usum
lignorum et pecoris tibi calo argutus et horti.
optat ephippia bos piger, optat arare caballus.
quam scit uterque, libens, censebo, exerceat artem.
XIV^
Vilice silvarum et mihi me reddentis agelli,
quem tu fastidis habitatum quinque foeis et
EPISTULARÜM LIB. L 14. 239
quinque bonos solitum Variam dimittere patres,
certemus, spinas animone ego fortius an tu
5 evellas agro
5* .... et melior sit Hõratius an res,
me quamvis Lamiae pietas et cura moratur
fratrem maerentis, rupto de fratre dolentis
insolabiliter, tamen istuc mens animusque
9 fert et amat spatiis obstantia rumpere claustra.
14 tu mediastinus tacita prece nira petebas,
nunc urbem et ludos et balnea vilicus optas.
is non eadem miramur, eo disconvenit inter
meque et te: nam quae deserta et inhospita tesqua
20 credis, amoena vocat mecum qui sentit, et odit
quae tu i)ulchra putas. fornix tibi et uneta popina
incutiunt urbis desiderium, video, et quod
angulus iste feret piper et tus ocius uva,
ncc vicina subest vinum praebere tabema
25 quae possit tibi, nec meretrix tibicina, cuius
ad strepitum salias terme gravis, et tamen urges
iam pridem non taota ligonibus arva bovemque
28 disiunctum euras et sti-ictis frondibus exples.
16 me constare mihi seis et diseedere tristem,
quandocumque trahunt invisa negotia Romam.
32 quem tenues deeuere togae nitidique capilli,
quem seis inmunem Cinarae ])lacui88e rapaci,
quem bibulum liquidi media de luce Falerni,
35 eena brevis iuvat et prope rivum somnus in herba.
37 non istic obliquo oculo mea eommoda quisquam
limat, non odio obseuro morsuque venenat :
rident vicini glaebas et saxa moventem.
40 cum servis urbana diaria rodere mavis?
horum tu in numerum voto mis; invidet usum
lignorum et pecoris tibi ealo argutus et horti.
optat ephippia bos piger, optat arare caballus, «
240 Q. HORATII FLACCl
XV.
Quae sit hiems Yeliae, quod caelum, Vala, Salerai,
1* quaerere ab experto iam mi est opus; est opuB illud,
quorum hominuin regio et qualis via. nam mihi Baias
Musa supervacuas Antonius et magis illis
me faeit invisum; gelida eum perluor unda
5 per medium frigus. Bane murteta relinqui,
dietaque cessantem nenis elidere morbum
sulfura contemni, vicus gemit, invidus aegriS;
qui caput et stomachum supponere fontibus audent
Clusinis Gabiosque petunt et frigida rura.
to mutandus loeus est et deversoria nota
praeteragendus equus. 'quo tendis? non mihi Cumas
est iter aut Baias' laeva stomachosus habena
dieet eques, certum nitens iter. edere perge,
maior utrum populura frumenti copia pascat;
15 collectosne bibant imbris puteosne perenuis
iugis aquae. nam vina nihil moror illius orae.
rure meo possum quidvis perferre patique;
ad mare cum veni, generosum et lene requiro,
quod curas abigat, quod cum spe divite mauet
20 in venas animumque meum, quod verba ministret,
quod me Lucanao iuvenem commendet amicae.
tractus uter pluris lepores, uter educet apros,
utra magis piscis et echinos aequora celent;
pinguis ut inde domum possim Phaeaxque reverti,
25 scribero te nobis, tibi nos adcredere par est.
Maenius, ut rebus matemis atque paternis
fortiter absumptis urbanus coepit haberi,
Bcurra vaguS; non qui certum praesaepe teueret,
inpransus non qui cirem dignosceret hoste;
30 quaelibet in quemvis opprobria fingere saevus, —
pemicies et tempestas barathrumque macelli, —
quidquid quaesierat, ventri donarat avaro,
1' Zosatz des Herausgebers. 4 magis. tamen. 13 certum u s. w.
aed equis frenato est auris in ore. .
KPISTÜLARÜM LIB. 1. 15, 16. 241
hic ubi nequitiae fautoribus et timidis nii
aut paullum abstulerat, patinas cenabat omasi,
3õ yilis et agninae^ tribus ursis quod satis esset;
scilicet ut ventres lamna eandente nepotom
diceret urendos corrector Bestias, idem
quidquid erat nactus praedae maioris, ubi omne
verterat in fumum et cinereni; 'non hercule miror
40 aiebat; 'si qui comedunt bona, eum sit obeso
nii melius turdo, nii voIva pulchrius ampla/
nimirum hic ego sum. nam tuta et parvola laudo^
eum res deficiunt^ satis inter vilia fortis:
verum ubi quid melius contingit et unctiuS; idem
45 V08 sapere et solos aio bene vivere, quorum
conspicitur nitidis fundata pecunia villis.
XVI.
Ne perconteris fundus meus^ optime Quinti;
arvo pascat enim an bacis opiüentet olivae,
pomisne an pratis an amicta vitibus ulmo,
scribetur tibi forma loquaciter et situs agri.
5 continui montes, ni dissocientur opaca
valle; sed ut veniens dextrum latus aspiciat sol^
laevum decedens cumi fugiente vaporet.
temperiem laades, quid, si rubicunda benignae
coma vepres et pruna ferant? si quercus et ilex
10 muita fruge pecus, muita dominum iuvet umbra?
dicas adductum propius frondere Tarentum,
fons etiam rivo dare nomen idoneus; ut nec
frigidior Thracam nec purior ambiat Hebrus,
infirmo capiti fluit utilis, utilis alvo.
15 hae lat^brae dulces et, iam si credis, amoenae,
incolumem tibi me praestant septembribus horis.
tu recte vivis, si curas esse quod audis,
iactamus iam pridem omnis te Koma beatum:
7 decedens B. discedens und desrceadens.
Lrhbs, UorftUuii. ^^
242 a HOBATU FLACCI
sed vereor ne cui de te pius quam tibi eredas,
20 neve putes alium sapiente bonoque beatum,
neu, si te populus sanum reeteque valentem
dictitet; occultam febrem sub tempus edeadi
dissimules, donec manibus tremor ineidat unetis.
stultorum incurata pudor maius ulcera eelat
25 siquis bella tibi terra pugnata marique
dicat et his verbis vacuas permulceat auris,
'tene magis salvum populus velit an populum tu,
servet in ambiguo qui consulit et tibi et urbi
luppiter/ Augusti laudes agnoscere possis:
30 cur pateris sapiens emendatusque voeari?
respondesue tuo, dic sodes, nomine? 'nempe
vir bonus et prudens dici delector ego ae tu/
qui dedit hoo hodie, eras, si volet, auferet, ut si
detulerit faseis indigno, detrahet idem.
35 'pone, meum est' inquit: pono taeitusque reeedo.
idem si elamet furem, neget esse pudieum,
^coutendat laqueo eollum pressisse patemum;
üiordear opprobriis falsis mutemque eolores?
falsus honor iuvat et mendax infamia terret
40 quem nisi mendosum et medieaudum ? vir bonus est quis ?
'qui consulta patrum, qui leges iuraque servat,
quo multae magnaeque seoantur iudice Utes,
quo res sponsore et quo eausae teste tenentur/
sed videt hunc omnis domus et vicinia tota
45 introrsus turpem, speeiosum pelle deeora.
'nec furtum feei nec fugi' si mihi dicit
servus, 'habes pretium, loris nou ureris' aio.
*non hominem occidi/ non pasces in eruee corvos.
'surn bonus et frugi/ renuit negitatque Sabellus.'
50 eautus enim metuit foveam lupus accipiterque
suspeetos laqueos et opertum miluus hamum.
oderunt peceare boni virtutis amore.
tu nihil admittes in te formidine poenae:
30 cur. cum. 35 tristisque.
EPISTÜLARÜM LIB. L 16. 17. 243
sit spes fallendi; miscebis sacra profanis.
55 nam de mille fabae modiis cum surripis nnuni;
damnum est, non facinus, mihi pacto lenius iato.
vir bonus, omne forum quem spectat et omne tribunal^
quandocumque deos vel porco vel bove plaeat,
*Iane patei^ clare, clare cum dixit 'Apollo/
60 labra movet metuens audiri 'pulchra Laverna;
da miili fallere^ da iusto sanctoque videri,
noctem peccatis et fraudibus obice nubem.'
qui melior servo, qui liberior sit avarus,
in triviis fixum cum se demittit ob assem,
65 non video, nam qui cupiet, metuet quoque: porro
qui metuens vivet, liber mihi non erit umquam.
. perdidit anna, locum virtutis deseruit, qui
semper in augenda festinat et obruitur re.
vendere cum possis captivum, occidere noli:
70 serviet utiliter: sine pascat durus aretque,
naviget ae mediis biemet mercator in undis,
annouae prosit, portet frumenta penusque.
vir bonus et sapiens audebit dicere 'Pentheu,
reetor Thebarum, quid me perferre patique
75 indignum coges?* 'adimam bona/ 'nempe pecus, rem,
lectos, argentum. tõllas licet/ 'in manicis et
compedibus saevo te sub custode tenebo.*
Mpse deus, simul atque volam, me solvet." opinor
hoc sentit, 'moriar.' mors ultima linea renim est.
xvn.
Quamvis, Scaeva, satis per te tibi consulis, et seis
quo tandem pacto deceat maioribus uti,
disee, docendus adhuc quae censet amiculus, ut si
caecus iter monstrare velit: tamen aspice si quid
et nos quod cures proprium fecisse loquamur.
si te grata quies et primam somnus in horam
delectat; si te pulvis strepitusque rotarum,
16*
244 <au HORAin FLACCI
si laedit caaponm, Ferentinmii ire inbebo.
nmm neqae diritilMS eontmgunt gandim solia»
IM nec Tixit male qid natas marienMiae fefeUh.
si prodene tais panlloqne bemgnius ipsum
te tractare Toles. aeeedes neciis ad onetam.
'si pranderet olus patienter, r^bos ati
nollet Aristippiis.' 'si seiret itgibas uti,
\o fastidiret olus qiii me notat' utrios homm
Terba probes et &da doee, Td ionior andi
cur sit Aristippi potior sententia. namqae
mordaeem cjnicam sic eludebat, nt aiant.
'sciirror ego ipse mihi, popido ta: rectius hoc et
20 splendidios multo est. eqaos at me portet, alat rex,
officiam (ario: ta poeds TÜia renmi,
dante minor, qoamvis fers te nnlliiis ^entem/
omnis Aristippam deeuit color et stetus et res,
temptantem maiora, fere praesentibns aeqaom.
is contra, qaon daplid paane patientia relat
mirabory vitae via si conTersa decebit
alter purpuream non exspectalrit amietuni,
quidlibet indutns eelebemma per loea vadet
personamqae feret non infondnnos ntramqne:
3»i alter Müeti textam cane peins et angui
Wtabit chlamydem, morietnr frigore, si non
rettuleris pannonL refer et sine rirat ineptns.
res gerere^ et eaptos ostendere riribus hostis,
attingit solium loris et eaelea$tia temptat.
35 prineipibus placuisse viris non ultima laos est.
non caivis homini contingit adire Corinthom.
sedity qui timoit ne non succederet: esto.
quid? qoi peirenit fecitae Tiriliter? atqui
hie esty ant nuäquam, quod quaerimns. hie onns horrel,
40 ut panis animis et parro corpore maius:
hie subit et perfert aut rirtus nomen inane est^
aut decus et pretinm recte petit experiens vir.
coram n^ sua de paupertate tacentes
pius poscente ferent distat sumasne pudenter
k.
EPISTÜLAEUM LIB. L 17. 17'. 245
45 an rapias: atqui rerum caput hoc erat, hic fons.
'indotata mihi soror est^ paupercula mater,
et fundus nec vendibilis neo pascere firmas'
qui dicity damat Mctum date.' suecinit alter
'et mibi dividuo findetur munere quadra.'
50 sed tacitus pasci ai posset coryus, haberet
pius dapis et rixae multo minus invidiaeque.
Brundisium comes aut Surrentum ductus amoenom
qui queritur salebras et acerbum frigus et imbrisi
aut cistam effiractam et subducta viatica plorat,
55 nota refert meretricis aeumina, saepe catellam
saepe periscelidem raptam sibi flentiS; uti mox
nulla fides damnis verisque doloribus adsit.
nec semel inrisus triviis attollere curat
fracto crure planum. licet illi plurima manet
60 laerima, per sanctum iuratus dicat Osirim
'credite, non ludo: crudeles, tollite claudum:'
'quaere peregrinum' vieinia rauca reclamat
XVII\
1 Quamvis, Scaeva, satis per te tibi consulis et stas^
3 disce, docendus adbuc quae eenset amioulus, ut si
caecus iter monstrare velit: tamen adspice si quid
5 et nos quod cures proprium fecisse loquamur.
si te grata quies et primam somnus in boram
delectat, si te pulvis strepitusque rotarum,
si laedit caupona, Ferentinum ire jubebo:
nam neque divitibus contingunt gaudia soliSy
10 nec yixit male qui natus moriensque fefellit.
si prodesse tuis pauUoque benignius ipsum
te tractare voles, accedes siccus adunctum.
'si pranderet olus patienter, regibus uti
nollet Aristippus.' 'si seiret regibus uti^
15 fastidiret olus qui me notat/ utrius borum
1 et stas. et seis.
246 Q. HORATII FLAGOl
verba probes ot facte doce, vel iunior audi
cur sit Aristippi potior sententia. namque
niordacem cynicum sic eludcbat, ut aiunt^
'scurror ego ipse mihi, populo tu: rectius hoo et
20 splendidius raulto est. equus ut me portet; alat rex,
officium facio; tu poscis vilia renim,
dante rainor, quamvis fere te nuUius egentem/
omnis Aristippum decuit color et status et res,
tentantem maiora, fere praesentibus aeqaum;
25 contra quem duplici panno patientia velat,
mirabor vitae via si conversa decebit.
aher purpuream non exspectabit amictoni;
quidlibet indutus celeberriraa per loca vadet
personamque feret non inconcinnus utramque:
30 alter Mileti textam cane pejus et angui
vitabit chlaraydem, morietur frigore, si non
rettuleris pannum, refer et sine vivat ineptus.
36 non cuivis homini eontingit adire Corinthum.
XVIII.
Si bene te novi, metues, liberrinie Lolli,
scurrantis speciem praebere, professus amicum.
ut matrona meretrici dispar erit atque
discolor, infido scurrae dist^ibit amicus.
5 est huic diversum vitio vitium prope maius,
asperitas agrestis et inconeinna gravisque,
(luae se commendat tonsa cute, dentibus atris,
(luni volt libertas dici mera veraque virtus.
virtus est me<lium vitiomm et utrimque reductum.
10 alter in obsequium pius aequo pronus, et imi
derisor lecti, sic nutum divitis horret,
sic iterat voces et verba c^dentia toUit,
ut puerum saevo eredas dictata magistro
reddere vel partis mimum tractare secundas:
15 alter rixatur de lana saepe caprina;
I
EPISTULARÜM LIB. I. 17. 18. 247
propUgaat nugis armatus: 'scilicet nt non
sit mihi prima fides et vere quod placet nt non
acriter elatrem? pretium aetas altera sordet.'
ambigitur quid enim? Castor sciat an Dolichos pius;
20 Brundigium Minuci melius via ducat an Appi.
quem damnosa Veniis, quem praeceps alea nndat,
gloria quem supra viris et vestit et unguit;
quem tenet argenti sitis inportuna famesque,
(j[uem paupertatis pudor et fuga, dives amicuS;
25 saepe deeem vitiis instructior, odit et horret;
aut, gi non odit, regit ae veluti pia mater
pius quam se sapere et virtutibus esse priorem
volt et ait prope vera: 'meae (contendere noli)
stultitiam patiuntur opes: tibi parrola res est
30 arta decet sanum comitem toga: desine mecum
certare.' Eutrapelus cuicumque nocere volebat,
vestimenta dabat pretiosa: 'beatus enim iam
eum pulchris tunicis sumet nõva consilia et spes^
dormiet in lucem, scorto postponet honestum
35 officium, nummos alienos pascet, ad imum
Thraex erit aut olitoris aget mercede caballum/
72 non ancilla tuum ieeur uleeret ülla pueire
intra marmoreum venerandi limen amici,
ne dominus pueri pulchri grataeve puellae
munere te caro beet aut incommodus angat.
37 areanum neque tu scrutAberis illius umquam,
eommissumque teges et vino tortus et ira.
nec tua laudabis studia aut aliena reprendes,
40 nec, cum venari volet iile, poomata panges,
gratia sic fratrum geminorum, Amphionis atque
Zethi, dissiluit, donee suspecta severo
eonticuit lyra. fratemis cessisse putatur
moribus Amphion: tu cede potentis amici
45 lenibus imperiis, quotiensque educet in agros
Aetolis onerata plagis iumenta canesque.
4 grataeve. caraeve. 75 caro. grato.
248 ^ UORATn FLACa
surge et inhumanae senium depone eamenaei
eenee ut panter pulmenta laboribus ^npta:
Romanis soUemne viris opus, utile famae
50 vitaeque et m^nbris: praesertim cum valeas et
vel cursu superare eanem vel viribus aprum
possis. adde, virilia quod speciosius anna
non est qui tractet: seis quo damore coronae
proelia sustineas campestria; denique aaeyam
hb militam puer et Cantabrica bella tulidti
sub duce qui templis Parthorum signa refigit
nunc, et siquid abest Italis adiudicat armis,
ae ne te retrahas et inexcusabilis absis,
quamris nii extra numerum feeisse modumque
eo euras, interdum nugaris xure patemo :
partitur lintris exercitus, Actia pugna
te duce per pueros hostili more refertur,
adversarius est frater, laeus Hadria, donee
alterutrum velox viotoria fronde coronet
89 oderunt hilarem tristes tristemque iocosi,
sedatum celeres, agilem gnavumque remissi,
potores Lbibuli media de nocte Falerni
oderunt] porrecta n^antem pocula, quamvis
nocturnos iures te formidare tepores.
65 consentire suis studiis qui crediderit te,
fautor utroque tuum laudabit poUice ludum.
protinus ut moneam (siquid monitoris eges tu),
quid de quoque viro et cui dieas, saepe videto.
percontatorem fugito: nam garrulus idem est,
70 nec retinent patulae commissa fideliter aures,
et semel emissum volat inrevocabile verbum.
76 qualem commendes etiam atque etiam aspice, ne mox
incutiant aliena tibi peceata pudorem.
fallimur et quondam non dignum tradimus: ei^o
quem sua culpa premet, deceptus omitte tueri,
so ut penitus notum si temptent erimina, serves
91 [ j M. V. 72 - 75 sind versetzt nach oben hinter 36.
EPISTULARÜH LIB. 1. 18. 19. 249
tuterisque tuo fidentem praesidio: qui
dente Theonino cum cireumroditur, eoquid
ad te post paiülo ventura pericula sentig?
nam tua rea agitur, paries oum proximus ardet,
85 et neglecta solent incendia sumere viris.
dulcis inexpertig cnltura potentis amici:
expertuB metuit tu, dum tua navis in alio est,
hoc age, ne mutata retrorsum te ferat aura.
14 deme supercilio nub^n : plerumque modestuB
95 occupat obseuri speciem, tacitumus acerbi.
inter cuneta leges et perccmtabere doctos,
qua ratione queas traducere leniter aevum,
ne te semper inops agitet vexetque cupido,
ne pavor et rerum mediocriter utilium speB:
100 virtutem doctrina paret naturane doneti
quid minuat curaB, quid te tibi reddat amicuiD)
quid pure tranquillet, honos au dulce lucellum
an secretum iter et fallentis semita vitae.
me quotieng reficit gelidus Digentia rivuB,
105 quem Mandela bibit, rugosus frigore pagug^
quid Bentire putag, quid credis, amice, precari?
^sit mibi quod nunc est, etiam minus, et mihi vivam
quod superest aevi, siquid superesse Tolunt di:
sit bona librorum et provisae frugis in annum
110 copia, neu fluitem dubiae spe pendulus horae.
sed satis est orare lovem quae ponit et aufert:
det vitam, det opes: aequum mi animum ipse parabo.
XIX,
Prisco si eredisy Maecenas docte, Cratino,
nulla placere diu nec vivere carmina possunt,
quae scribuntur aquae potoribus. ut male siccos
ascripsit Liber satyris faunisque poetas:
V. S9~-93 sind versetzt oben nach V. 64. 3 skcos. sanos.
250 Q. HORATH FLACCI
5 ^ina lyrae dulces oluerunt mane eamenae:
laudibus arguitur vini vinosus HomeruB:
Enniiis ipse pater namquam nisi potus ad anna
prosiluit dieenda. 'forum Patealqne Libonis
mandabo sicciS; adimam cantare sereris/
10 hoc simul edixi et non eessavere poetae
nocturno certare mero, putere diurno.
quid? siquis voltu torvo fenis et pede nudo
exi^aeque togae simulet textore Catxineni;
virtutemne repraesentet moresque Catonis?
15 nipit larbitam Timagenis aemula lingua,
diini 8tudet urbanus tenditque disertus haberi.
decipit exemplar vitiis imitabile. quod »i
])allerem casii, biberent exsangue cuminum.
o imitatores, servum pecus, ut mihi saepe
20 bilem, saepe locum regtri movere tumultug!
libera per vaeuum posui vestigia princeps^
noil aliena meo pressi pede. qui sibi fidit,
dux regit examen. Parios ego primus iambos
ostendi Latio^ numeros animosque seentus
25 Arehiloclii, non res et agentia verba Lyeamben.
ae ne mc foliis ideo brevioribus ornes,
quod timui mutare modos et carminis artem,
temperat Archilochi musam pede mascula Sappho,
temperat Alcaeus, sed rebus et ordine dispar
30 nec socerum quaerit quem versibus oblinat atris,
nee sponsae laqueum famoso carmine neetit.
hunc ego non alii dictum prius ore Latino
volgavi fidicen. iuvat inmemorata ferentem
ingenuis oculisque legi manibusque teneri.
35 seire velis, mea cur ingratus opascula lector
laudet ametque domi, premat extra limen iniquus:
non ego ventosae plebis suflFragia venor
inpensis cenarum et tritae munere vestis;
5 lyrae. fere. 10 edixi et. edixi und edixit. 32 Ueberlieferung
hunc ego non alio dictum prius ore Lalinas u. Latinis.
EPISTÜLAKÜM. LIR L 19. 20. 251
non ego nobilimn scriptonun auditor et ultor
40 grammaticas ambire tribus et pulpita dignor. ^
hinc illae lacrimae. ^spissis indigna theatris
scripta pudet reeitare et nugis addere pondus'
si dixi; 'rides' ait *et lovis auribus ista
seiras: fidis enim manare poetica.meüa
45 te solum, tibi pulcher/ ad haec ego naribus uti
formido et, luctantis acuto ne secer ungui,
'displicet iste loeus' clamo, et diludia posco.
ludus enim genuit trepidum certamen et iram,
ira trueis inimicitias et funebre bellum.
XX.
Vertumnum lanumque, liber, spectare videris,
scilicet ut prostes Sosiorum pumice mundus.
odisti clavis et grata sigilla pudico,
paueis ostendi gemis et communia laudas,
5 non ita nutritus. fuge quo descendere gestis.
non erit emisso reditus tibi. 'quid miser egi?
quid yolui?' diees, ubi quid te laeserit; et seis
in breve te cogi, cum plenus languet amator.
quod si non odio peccantis desipit augur,
10 cariis eris Romae, donec te deseret aetas :
contrectatus ubi manibus sordescere volgi
coeperis, aut tineas pasces taeitumus inertis
aut fugies Uticam aut vinetus mitteris Ilerdam.
ridebit monitor non exauditus, ut iile
15 qui male parentem in nipis protrusit asellum
iratus: quis enim invitum servare laboret?
hoc quoque te manet, ut pueros elementa docentem
occupet extremis in vieis balba senectus.
cum tibi sol tepidus pluris admoverit auris,
20 me libertino natum patre, et in tenui re,
maiores pennas nido extendisse loqueris,
ut quantum generi demas, virtutibus addas;
2&2 a HOBATll FLAOCI KPISTÜLARnf LIB. L 20.
me primis urbiB belli plaeoine domiqne;
eorporiB eziguiy praecmmm, solibiig mptmn,
5 iiasei eelerem^ tunen nt placabilk estem.
forte memn aquis te peroontmbitnr mevmOi
me qoater imdenos ■euit inplevisse decembris,
eollegam Lepidnm qno daxit LoUitis anno.
Q. HORATII FLACCI
EPISTÜLARUM
LIBKR SECÜNDUS.
I.
Cum tot sustineas et tanta negotia solus,
res Italag armis tuteris; moribus ornes,
legibus emendes, in publica commoda peoceni;
si longo sermoue morer tua tempora, Caesar.
5 Romulus et Liber pater et cum Gastore PoUuX;
poBt ingentia facta deormn in templa reoepti,
dum terras hominmnque colunt genus, aspera bellm
conponunt; agros adsignant, õppida conduut,
ploravere suis non respondere favorem
10 speratum meritis. diram qui contudit hydram
notaque fatali portenta labore subegit,
conperit invidiam supremo fine domari.
urit enim fulgore suo, qui praegravat artis
infra se positas: extinctus amabitur idem.
15 praesenti tibi maturos largimur honores
iurandasque tuum per numen ponimus aras,
nii oriturum alias, uil ortum taie fatentes.
sed tuus hie populus, sapiens et iustus in uno
te nostris dueibus, te Grais anteferendo,
20 cetera nequaquam simili ratione modoque
aestimat, et nisi quae terris semota suisque
temporibus defuneta videt, fastidit et odit,
sic fautor veterum; ut tabulas peccare vetantis
quas bis quinque viri sanxerunt, foedera regum
25 vel Gabiis vel eum rigidis aequata SabiniS;
254 Q. HOBATII FLACCI
pontificain libros^ annosa voiumina vatuni
dictitet Albano musas iu monte locutas.
i$i, qiiia Graiomm dunt antiquissima quaeque
iscripta vel optima, Romani {lensantur eadem
M s4*npton?!» tnitina, nou est qiiod muita loqoamar:
uil intra e:^ olea^ uil extra eist in nuee duri,
veuimus ad ^«pininm fortonae, pingimos atque
pisallimuH et Itictamur AchiTis docthis unctia
«i m^liora dies, ut yiua, poemata reddit,
% sciri? velim, cIiartLs pretium quotiLS arruget annus,
scriptor ubtiiuc anu^>«» eentum qui decidit^ inter
pert'ect»»s veteres^iue referri debet an inter
vilis atque uovoe? excludat iurgia finiš.
*ost vetus atque probus, eentum qui pertieit annoB.^
-H) quid? qui deperiit minor uno menae vel anno,
inter ((uos referendus erit? veteresne ptietas^
an quos et praesens et ]>ostera respnat aetas?
Uste quidem veteres inter ponetur honeste,
qui vel mense brevi vel toto est innior anno/
4^ utor permisso; caudaeque pilos ut equinae
paullatim vello et demo unimiy demo et item unum^
dum cadat elusus ratione ruentis acervi
qui redit in fastos et virtutem aestimat annis
miraturque nihil nisi quod Libitina saeravit.
50 Ennius et sapiens et fortis et alter Homerus,
ut eritici dicunt, leviter curare videtur
quo promissa cadant et somnia Pythagorea?
Naevius in manibus non est et mentibus haeret
paene recens? adeo sanetum est vetus omne poema.
55 ambigitur quotiens, uter utro sit prior, aufert
Paeuvius docti famam senis, Accius alti:
M* quantus sit Dossennus edacibus in parasitis
dicitur, Afrani toga convenisse Menandro,
Plautus ad exemplar Siculi properare Epieharmi,
vineere Caecilius gravitate, Terentius arte.
56* steht gewöhnlich ais 173.
EPISTÜLARÜM LIB. JI. 1. 255
60 ho8 ediscit et hos arto stipata theatro
spectat Roma potens; habet hos numeratque poetas
ad nostrum tempus Livi scriptoris ab aevo.
interdum volgus rectum videt: est ubi peccat.
si veteres ita miratur laudatque poetaS;
t;5 ut nihil anteferat, nihil illis conparet, errat.
qni quaedam nimis antique, qui pleraque dure
dicere credit eos, ignave muita fatetur,
et sapit et mecum facit et love iudicat aequo.
non equidem insector delendave carmina Livi
70 esse reor, memini (juae plagosum mihi parve
Orbilium dictare: sed emendata videri
pulchraque et exactis minimum distantia miror.
inter quae verbum emicuit si forte decorum,
si versus paullo concinnior unus et alter,
75 iniuste totum ducit venditque poema.
indignor quiequam repreudi, nou (juia erasse
conpositum inlepideve putetur, sed quia nuper,
nec veiiiam antiquis, sed honorem et praemia posci.
recte necne crocum floresque perambulet Attae
bo fabula si dubitem, elament periisse pudorem
cuncti paene patres, ea cum reprendere coner
quae gravis Aesopus, quae doctus Koscius egit ;
vel quia nii rectum, nisi quod placuit sibi, ducunt,
vel quia turpe putant parere minoribus, et quae
85 inberbi didicere, senes perdenda fateri.
iam saliare Numae carmen qui laudat, et illud,
quod mecum ignorat, solus volt seire videri,
ingeniis non iile favet plauditque sepultis,
nostra sed inpugnat, nos nostraque lividus odit.
90 quod si tarn Graecis novitas invisa fuisset
quam nobis, quid nunc esset vetus? aut quid haberet
quod legeret tereretque viritim publicus usus?
ut primum positis nugari Graecia bellis
coepit et in lusum fortuna labier aequa.
66 qui-qui. si-si. 94 lusum. yitiuTn.
256 Q. HOBATll FLAGCI
05 nunc athletarum studüg; nunc arsit equorum,
marmoris aut eboris fabros aut aeris amavit,
suspendit picta voltum mentemque tabella,
nunc tibicinibuS; nunc est gavisa tragoedis;
sub nutrice puella velut si luderet infauB.
100 quod cupide petiit; mature plena reliquit.
quid placet aut odio est; quod non mutabile eredas?
hoc paces habuere bonae ventique secundi.
Bomae dulce diu fuit et soUemne reclusa
mane domo vi^are, clienti promere iura,
i(K) cautos nominibus reetis expendere nummos^
maiores audirC; minori dicere, per quae
crescere rea posset; minui damnosa libido.
mutavit meutem populus levis et calet uno
scribendi studio; pueri patresque severi
11 ) fronde comas vincti cenant et carmina dictant
ipse egO; qui nullos me adfirmo scribere versus,
invenior Parthis mendacior et prius orto
sõle vigil calamum et chartas et scrinia posco.
navem agere ignarus navis timet; abrotonum a^gro
115 non audet nisi qui didieit dare: quod medicorum est
promittunt medici, tractant fabrilia fabri:
scribimus indocti doctique poomata passim.
hic error tamen et levis haec insania quantas
virtutes babeat sic collige. vatis avarus
120 non temere est animus: versus amat, boc studet unum,
dctrimenta; fugas servorumy incendia ridet,
non fraudem socio puerove incogitat üllam
])upillO; Wvit siliquis et pane secundo;
militiae quamquam piger et malus; utilis urbi;
125 si das hoc, parvis quoque rebus magna iuvari.
os tenerum pueri balbumque poeta figurat,
torquet ab obscaenis iam nunc sermonibus aurem,
mox etiam peetus praeceptis format amicis,
asperitatis et invidiae corrector et irae,
130 recte facta refert, orientia tempora notis
iustruit exemplis; inopem solatur et aegrum.
EPISTÜLARUM LIB. II. l. 257
oastis cum pueris ignara puella mariti
disceret uude preces, vatem ni musa dedisset?
poscit opem chorus et praesentia numina sentit;
135 caelestifl inplorat aquas docta ])rece blandus;
avertit morbos, metuenda pericula pellit,
impetrat et paeem et loeupletem frugibus annum.
carmiue di superi placantur; canuine manes.
agricolae prisci, fortea parvoque beati,
140 condita post frumenta levantes tempore festo
corpus et ipsuDi animum spe finiš dura ferentem
cum soeiis operum pueris et coniuge fida,
Tellurem porco, Silvanuin laete piabant,
floribus et viuo Genium memorem brevis aevi.
145 Fescennina per hune iuveiita licentia morem
versibus alternis opprobria rustica fudit,
libertasque reciirrentis accepta per annos
lusit amabiliter, donec iam saevus apertam
in rabiem eoepit yerti ioeus et per honestas
150 ire domos inpune minax. doluere cruento
dente lacessiti, fuit intactis quoque cura
eondicione super eommuni, quin etiam lex
poenaque lata, malo quae nollet carmine quemquam
deseribi. vertere mõduni; formidine fustis
155 ad beue dieendum deleetandumque redaeti.
Graecia eapta ferum victorem cepit et artis
intulit agresti Latio. sic horridus iile
defluxit numerus Satumius et grave virus
munditiae pepulere: sed in longum tamen aevum
160 manserunt hodieque manent vestigia ruris.
serus enim Graeeis admovit aeumina ehartiS;
et post Punica bella quietus quaerere eoepit,
quid Sophocles et Thespis et Aeschylus utile ferrent.
temptavit quoque iam si digne vertere posset,
165 et plaeuit sibi natura sublimis et acer:
nam spirat tragieum satis et felieiter audet;
164 iam. rem.
Lrhrs, Hontioa. ^ *
258 Q- HORATII FLACCl
ged turpem putat inscite metiütque lituram.
creditur, ex medio qiiia res arcessit, haberc
sudoris minimuni; sed habet comoedia tanto
170 {)lus oneris, quanto veniae minus, aspice, Plautiis
qiio pacto partis tutetiir amantis ephebi,
ut patris attenti, lenonis ut insidiosi,
((uam non adstricto percurrat pulpita socco.
175 gestit enim nummiim in loculos demittere, post hoc
secunis cadat an recto stet fabula talo.
quem tiilit ad scaenam ventoso gloria cumi,
exanimat lentus spectator, sedulus inflat:
sic leve, sic parvum est, animum quod laudis avanim
ISO subniit aut reficit. valeat res ludicra, si me
paima negata macrum, donata redueit opimum.
saepe etiam audacem fugat hoc terretque poetam,
quod numero plures, virtute et honore minores,
indocti stolidique et dcpugnare parati
185 si discordet eques, media inter carmina poscimt
aut ursum aut pugiles : his nara plebecula gaudet.
verum equitis quoque iam migravit ab aure voluptas
omnis ad incertos oculos et gaudia vana.
quattuor aut pluris aulaea premuntur in horas,
190 dum fugiunt equitum turmae peditumque catervae;
mox trahitur manibus regum fortuna retortis,
esseda festinant, pilenta, petorrita, naves,
captivum portatur ebur, captiva Corinthus.
si foret in terris, rideret Democritus, seu
\% diversum confusa genus panthera camelo
sive elephas albus volgi converteret ora;
spectaret populum ludis attentius ipsis
ut sibi praebentem nimio spectacula plura;
scriptores autem narrare putaret asello
200 fabellam surdo. nam quae pervincere voees
evaluere sõnum, referunt quem nostra theatra?
173 quantus sitDossennus edacibus inparasilis ist oben nach \.hC>
gesetzt.
^
EPISTÜLARÜM LIB. II. l. 259
Garganum mugire putes nemus aut mare Tuscum,
tanto cum strepitu ludi spectantur et artes
divitiaeque peregrinae: qiiibus oblitus actor
205 cum stetit in scaena, concurrit dextera laevae.
dixit adhuc aliquid? nii sane. quid piacet ergo?
lana Tarentino violas imitata veneno.
ae ne forte putes me, quae facere ipse recusem,
cum recte tractent alii, laudare maligne;
216 iile per extentum funem mihi posse videtur
ire poeta, meum qui peetus inaniter angit,
inritat, mulcet, falsis terroribus inplet,
ut magus, et modo me Thebis, modo ponit Athenis.
verum age et his, qui se lectori credere malunt
215 quam spectatoris fastidia feiTe superbi,
curam redde brevem, si munus Apolline dignum
vis conplere libris et vatibus addere calcar,
ut studio maiore i)etant Helicona virentem.
muita quidem nobis facimus maia saepe poetae
220 (ut vineta egomet caedam mea), cum tibi libnim
sollicito damus aut fesso; cum laedimur, unum
siquis amicorum est ausus reprendere versum;
cum loca iam recitata revolvimus inrevocati;
cum lamentamur, non adparere labores
225 nostros et tenui deducta poemata filo;
cum speramus eo rem venturam ut, simul atque
carmina rescieris nos fingere, commodus ultro
arcessas et egere vetes et scribere cogas:
sed tamen est operae pretium cognoscere, qualis
230 aedituos habeat belli spectata doraique
virtus, indigno non committ^nda poetae.
gratus Alexandro regi magno fuit iile
Choerilus, incultis qui versibus et male natis
rettulit acceptos, regale nomisma, Philippos.
235 sed veluti tractata notam labemque remittunt
atramenta, fere scriptores carmine foedo
splendida facta linunt. idem rex iile, poema
qui tam ridiculum tam care prodigus emit,
260 Q HORATII FLACCI
edicto vetuit nequia se praeter Apellen
240 pingeret aut alius Lysippo duceret aera
fortis Alexandri voltum simulantia. quod si
iudicium subtile videndis artibus illud
ad libros et ad haec musaruni dona vocares,
Boeotum in crasso iurares aere natum.
215 at neque dedecorant tua de ae iudieia atque
munera, quae muita dantis cum laude tulenint;
dilecti tibi Vergilius Variusque poetae,
nec luagis expressi võitus per aenea signa,
<iuam i)er vatis opus mores animique virorum
250 clarorum adparent. nee sermones ego mallem
repentis ])er humum quam res conponere gestas^
terrarumque situs et flumina dieere et arcis
montibus inpositas et barbara regna, tuisque
auspieüs totum confecta duella per orbem,
255 claustraque custodem pacis cohibentia lanum,
et formidatam Partbis te principe Romam,
sl quantum cuperem, possem quoque: sed neque parvum
carmen inaiestas recipit tua^ nec meus audet
rem temptare pudor quam vires ferre recusent
260 sedulitas autem^ stulte quem diligit, urguet,
praecipue cum se numeris commendat et arte:
discit enim citius meminitque libentius illud
quod quis deridet quam quod probat et veneratur.
nii moror oflicium quod me gravat ; ae neque ficto
265 in peius voltu proponi cereus usquam,
nec prave factis decorari versibus opto,
ne rubeam pingui donatus munere et una
cum scriptore meo capsa porrectus operta
deferar in vicum vendentem tus et odores
270 et piper et quidquid chartis amicitur ineptis.
EPISTÜLARÜM LIB. II. 2. 261
IL
Flore, bono claroque fidelis amice Neroni,
siquis forte velit puerum tibi vendere natum
Tibure vel Gabiis et teeum sic agat, *hic et
eandidus et talos a vertice pulcher ad imos
5 fiet eritque tuus nummorum milibus octo,
verna ministeriis ad nutus aptus erilis,
litterulis Graecis imbutus: idoneus arti
cuilibet argilla quidvis imitabitur uda,
quin etiam canet indoctum sed dulce bibenti.
10 muita fidem promissa levant, ubi plenius aequo
laudat venalis qui volt extrudere mercis :
res urguet me nulla: meo surn pauper iu aere.
nemo hoo mangonum faceret tibi: non temere a me
quivis ferret idem. semel hic cessavit et, ut fit,
15 in scalis latuit metuens pendentis habenae/
15' gic si quod satis est sapienti dicat aperte,
des nummos, excepta nihil te si fuga laedit,
iile ferat pretium poenae securus, opinor.
pnidens emisti vitiosum; dicta tibi est lex:
insequeris tamen hune et üte moraris iniqua?
20 dixi me pigrum proficiscenti tibi, dixi
talibus offieiis prope mancum, ne mea saevus
iurgares ad te quod epistula nulla rediret.
quid tum profeci, mecum facientia iura
si tamen attemptas? quereris super hoo etiam, quod
25 exspectata tibi non mittam carmina mendax.
Luculli miles eollecta viatica multis
aerumnis, lassus dum noctu stertit, ad assem
perdiderat: post hoo vehemens lupus, et sibi et hosti
iratus pariter, ieiunis dentibus acer,
30 praesidium regale loco deiecit, ut aiunt,
summe munito et multanim divite rerum.
clarus ob id faetum donis omatur honestis,
15' Zusatz des Herausgebers.
262 Q. UORATIl FLACCI
siccii>it et bis deiia super sestertia nummum.
forte sub hoe tempus castellum evertere i)raetor
:^b ncseio quod cujüens hortari coepit eundein
verbis c^uae timido quoque jiosseut addere mentem:
M, bonc, quo ^-irtus tua te voeat, i pede fausto,
jntindia laturus meritorum praemia. quid stas?'
post baee iile eatus, quantumvis rusticus, 'ibit,
40 i])it eo quo vis qui zonaui perdidit' inquit.
Romae nutriri niihi contigit at(pie doeeri
iratus Grais quantum iiocuisset Aebilles.
adieeere bonae paullo pius artis Äthenae,
seilieet ut vellem eurvo dignoscere rectuin
4'. atque inter silvas Academi (piaerere verum.
dura sed emovere loco me tempora grato,
eivilisque rudem belli tulit aestus in anna
Caesaris Augusti non responsura laeertis.
unde simul primum me dimisere Philii)i)i,
5() decisis humilcm pennis ino])em(iue patemi
et laris et fundi, paupertas inpulit audax
ut versus facerem: sed quod non desit habentem
quae poterunt umquam satis expurgare cieutae,
ni nielius dormire putem quam scribere versus?
^5 singula de nobis anni praedantur euntes;
eripuere iocos, Venerem, con^ivia, ludum;
tendunt extorquere poemata: quid faeiam vis?
denique non omnes eadem mirantur amantquc.
eannine tu gaudes, hic deleetatur iambis,
€0 iile Bioneis semioiübus et sale nigro.
tres mihi convivae prope dissentire videntur,
poscentes vario multum diversa palato.
quid deni, quid non dem? rennis quod tu, iubet alt^r;
quod ])et{s, id sane est invisum acidumque duobus.
65 praetcr cetera me Romaene poemata censes
scribere posse inter tot euras totque labores?
hic sponsum voeat, hic auditum scripta relictis
omnibus offieüs: cubat hic in coUe Quirini,
hic extremo in Aventino, visendus uterque:
EPISTÜLARÜM LIB. II. 2. 263
70 intervalla vides haud sane commoda. verum
purae sunt plateae, nihil ut meditantibus obstet.
nempe instat calidus mulis gerulisque redemptor,
torquet nunc lapidem nunc ingens machina tignum,
tristia robustis luctantur fiinera plaustris,
75 liac rabiosa fugit eauis, hac lutulenta ruit sus:
i nunc et versus tecum meditare eanoros.
scriptorum chorus omnis amat nemus et fugit urbis,
rite eliens Bacchi somno gaudentis et umbra:
tu me inter strepitus nocturnos atque diurnos
80 vis canere et contracta sequi vestigia vatum?
ingenium, sibi quod vaeuas desumpsit Athenas
et studiis annos septem dedit insenuitque
libris et curis, statua taciturnius exit
plerumque et risu populum quatit: hic ego rerum
S5 fluetibus in mediis et tempestatibus urbis
verba lyrae motura sõnum coneetere digner?
frater erat Romae consulti rhetor, uterque
87^ alterius laudum sic admirator ut alter
alterius sermone meros audiret honoreS;
Crassus ut hic illi, foret huic ut Mucius iile.
90 qui minus argutos vexat furor iste poetas?
carmina conpono, hic elegos. mirabile visu
eaelatumque novem musis opus! aspice primum,
quanto cum fastU; quanto molimine circum
spectemus vacuam Romanis vatibus aedem:
95 mox etiam, si forte vaeaS; sequere et procul audi,
quid ferat et qua re sibi nectat uterque coronam.
caedimur et totidem plagis consumimus hostem
lento Samnites ad lumina prima duello.
discedo Alcaeus puncto illius; iile meo quis?
100 quis nisi Callimachus? si pius adposcere visuS;
fit Mimnermus et optivo cognomine crescit.
70 haud sane Froelich. humane. 72 nempe instat. Festinat.
87. 87' ergänzt von Mein. Ueberlieferung rhetor ut alter alterius
sermone. 89 Crassus B. Gracchus.
264 Q. HORATTI FLACCI
muita fero, ut plaocm genus inritabile vatuniy
ciim scribo et supplex populi siiffragia capto:
idem, finitis studiis et mente recepta,
105 obturem patiilas inpime legentibus auris.
ridentur maia qui conponunt carmina; verum
gaudent scribentes et se venerantur et ultro,
ai taceas, laudant quidquid acripsere beati.
at qui legitimum cnpiet fecisse poema,
110 cum tabulis animum c^nsoris sumet honesti;
audebit, quaecumcpie parum splendoris babebunt
et sine pondere erunt et bonore indigna ferentur,
verba movere loco, quamvis invita recedant
et versentur adbuc intra penetralia Vestae;
115 obscurata diu populo bonus eniet atque
proferet in lucem gpeciosa voeabula rerum,
quae priscis memorata Catonibus atque Cethegis
nunc situs informis premit et deserta vetustas;
adsciscet nõva quae genitor produxerit usus.
120 vemens et liquidus puroque simillimus amni
fundet opes Latiumque beabit liivito lingua.
luxuriantia conpescet, nimis aspera sano
levabit eultu, virtute carentia tollet,
ludentis speciem dabit et torciuebitur ut qui
125 nunc Satynim, nunc agrestem Cyclopa movetur.
praetulerim scriptor delinis inersque videri,
dum mea delectent maia me vel denique fallant^
quam sapere et ringi? fuit haud ignobilis Argis^
qui se credebat miros audire tragoedos
130 in vacuo laetus sessor plausorque theatro;
cetera qui vitae sorvaret munia recto
more, bonus sane vicinus, amabilis hospes,
comis in uxorem, posset qui ignoscere servis
et signo laeso non insanire lagoenae,
135 posset qui rupem et puteum vitare patentem.
hic ubi cognatorum opibus eurisque refectus
expulit elleboro morbum bilemque meraco,
et redit ad sese, ^pol me occidistis, amici,
EriSTüLARüM LIB. II. 2. 265
non servastis* ait, 'cui sic extorta voluptas
140 et demptus per virn mentis gratissimus error/
nimirum sapere est abiectis utile nugis,
et tempestivum pueris concedere ludum,
ae non verba sequi fidibus modulanda Latinis,
aed verae numerosque modosque ediscere vitae.
145 quocirca mecum loquor haec tacitusque reeordor:
si tibi nulla sitim finiret copia lymphae,
narrares mediciB: quod quanto plura parasti,
tanto plura cupis, nulline faterier audes?
si võinus tibi monstrata radice vel herba
150 non fieret levius, fugeres radice vel herba
proficiente nihil curarier: audieras, eui
rem di donarent, illi decedere pravam
stultitiam, et cum sis nihilo sapientior ex quo
plenior es, tamen uteris monitoribus isdem?
155 at si divitiae pnidentem reddere possent,
si cupidum timidumque minus te, nempe ruberes,
viveret in terris te siquis avarior uno.
si proprium est quod quis libra mercatus et aere est,
quaedam, si eredis consultis, mancipat usus;
160 qui te paseit ager, tuus est, et vilicus Orbi, *
cum segetes oceat tibi mox frumenta daturas,
te dominum sentit. das nummos, accipis uvam,
puUos, ova, cadum temeti. nempe modo usus
pauUatim mercaris agrum, fortasse trecentis
ifö aut etiam supra nummonim milibus emptum.
quid refcrt, vivas numerato nuper an olim?
emptor Arieini quondam Veientis et arvi
emptum eenat olus, quamvis aliter putat; emptis
sub noctem gelidam lignis calefactat aenum:
170 sed vocat usque suum qua populus adsita certis
limitibus vicina refigit iurgia tamquam
sit proprium quicquam, puncto quod mobilis horae
nunc preee nunc pretio, nunc vi, nunc morte suprema
ir>3 usus. isto.
266 Q. UORATIl FLACCI
permutet dominos et eedat in altera iura.
175 sic quia perpetiius nulli datur usus et heres
heredem alterius vclut unda supervenit undam^
quid vici prosunt aut horrea? quidve Calabris
saltibus adiecti Lucani^ si metit Oreus
prandia cum parvis non exorabilis auro?
180 gemmas, marmor, ebur, Tyrrliena sigrilla, tabellas,
argentum, vestis Gaetulo murice tinctas,
sunt qui non habeant, est qui non curat habere.
cur alter fratrum eessare et ludere et ungui
l)raeferat Herodis palmetis pinguibus, alter
185 dives et inportimus ad umbram lucis ab ortu
silvestrem flammis et ferro mitiget agrum,
scit Genius, natale comes qui temperat astrum,
naturae deus humanae mortalis, in unum
quodque caput voltu mutabilis, albus et ater.
190 utar et ex modico quantum res poseet acervo
tollam ego, nee metuam riuid de me iudieet heres,
quod non plura datis invenerit: et tamen idem
seire volam, quantum siroplox hilarisque nepoti
discrepet et quantum diseordet parcus araro.
195 distat enim, spargas tua prodigus an neque sumptum
invitus facias neque plura parare labores,
ae potius, puer ut festis quinquatribus olim,
exiguo gratoque fruaris tempore raptim.
pauperies inmunda proeul precor absit: ego utrum
200 nave ferar magna an parva, ferar imus et idem.
non agimur tumidis velis aquilone seeundo,
non tamen adversis aetatem dueimus austris,
viribus, ingenio, specie, virtute, loco, re
extremi primorum, extremis usque priores.
205 non es avarus: abi. quid? eetera iam simul isto
eum vitio fugere? caret tibi peetus inaiii
ambitione? caret mortis formidine et ira?
101 tollam ego nec. tollam nec. 199 precor B. domus u. auderes
(s. Coramentar).
EPISTULARÜM LIB. II. 2 267
soinnia, terrores magicoS; miracula, sägas,
nocturnos lemures portentaque Thessala rides?
210 natalis grate numeras? ignoscis amicis?
lenior et melior fis accedente senecta? —
quid te exempta levat spinis de pluribus una?
vivere si recte nescis, decede peritis.
lusisti satis; edisti satis atque bibisti:
215 tempus abire tibi est, ne potum largius aequo
rideat et pulset lasciva decentius aetas.
Q. HORATII FLACCI
DE ARTE POETICA
LIBER.
Humano eapiti cervicem pictor equinam
iungere si velit et vanas inducere formas,
undique coUatis membris ut turpiter atruin
desinat in piseem mulier formosa supernC;
5 gpectatum admissi risum teneatis amici?
credite, Pisones, isti tabulae fore librum
permisilem, cuius velut aegri somnia vanae
fingentur species, ut uec pes nec caput uni
reddatur formae. pictoribus atque poetis
10 quidlibet audendi semper fuit aequa potestas.
scimuS; et haue veniam petimusque damusque vicissim;
sed non ut plaeidis coeant inmitia, non ut
serpentes avibus geminentur, tigribus agni.
inceptis gravibus plenimque et magna professis
15 purpureus, läte qui splendeat, unus et alter
adsuitur pannus, cum lueus et ara Dianae
et properantis aquae per amoenos ambitus agros,
aut flumen Rhenuni; aut pluvius describitur arcus.
sed nune non erat his locus. et fortasse cupressum
20 seis simulare: quid hoe, si fractis enatat exspes
navibus, aere dato qui pingitur? amphora coepit
institui: eun-ente rota eur urceus exit?
denique sit quidvis, simplex dumtaxat et unum.
maxima pars vatum, pater et iuvenes patre digni^
25 decipimur specie recti: brevis esse laboro,
obseurus fio; sectantem levia nervi
2 formas B. plumas.
DE ARTE POETICA LIBER. 269
deficiunt animique: profesBus grandia turget;
serpit humi tutus nimium timidusque procellae;
qui rariare cupit rem prodigialiter unam,
30 delphinum süvis adpingit, fluctibus aprum.
in vitium ducit culpae fuga, si caret arte.
Aemilium circa ludum faber unus et unguis
exprimet et mollis imitabitur aere capillos,
33*
infelix operis summa; quia ponere totum
36 nesciet. hunc ego me, siquid conponere curem,
non magis esse velim quam naso vivere praro,
speetandum nigris oculis nigroque capillo.
136 nee sie incipies, ut scriptor cyclius olim,
'fortunam Priarai cantabo et nobile bellum/
quid dignum tanto feret hie promissor hiatu?
parturiunt montes, nascetur ridiculus mus.
140 quanto rectius hic qui nii molitur inepte,
'^dic mihi, musa, virum, captae post moenia Troiae
qui mores hominum multorum vidit et urbis.'
non fumum ex fulgore, sed ex fumo dare lucem
cogitat, ut speciosa dehinc miraeula promat,
145 Antiphaten Scyllamque et cum Cyclope Charybdin.
nec reditum Diomedis ab interitu Meleagri,
nee gemino bellum Troianum orditur ab ovo:
semper ad eventum festinat et in medias rea
non secus ae notas auditorem rapit, et quae
150 desperat tractata nitescere posse, relinquit,
atque ita mentitur, sie veris falsa remiscet,
primo ne medium, medio ne discrepet imum.
38 sumite materiam vestriS; qui seribitis, aequam
viribus, et Tersate diu, quid ferre recusent,
40 quid valeant umeri. cui leota potenter erit res,
nec facundia deseret hunc nec lucidus ordo.
ordinis haec virtus erit et venus, aut ego fallor,
ut iam nunc dicat iaro nune debentia dici,
33' etwa alter oder iile anfangend.
270 Q. JlORATll FLACCI
pleraquc difTerat et praeseiis in tempus omittat.
•15 in verbis etiam tenuis cautiigque serendis,
hoc ainet; hoo gpemat promissi carminis auetor.
dixeris egre«rie, notum si callida verbum
reddiderit iunctura novura. si forte neeesse est
indiciis monstrare recentibus abdita rerum,
50 fingere cinetutis non exaudita Cethegis
continget, «labiturque lieentia sumpta jmdentcr,
et nõva fictaciue nuper habebunt verba fidem, si
52'
firaeco fonte cadent, jiarce detorta. (|uid autem
Caecilio Plautoque dabit Romanus ademptum
55 Vergilio Vario([ue? ego cur, adquirere ])auca
si i)0S8um, invideor? cum lingiia Catonis et Enni
scimonem ])atriuni ditaverit et nõva renim
nomina i>rotulerit. lieuit semperque licebit
signatum praesente nota i)rocudere numnium.
60 ut silvac foliis privos mutantur in annos,
oo' ut nõva succrescunt novus et decor enitet illis,
prinia eadunt, ita verborum vetus interit aetas,
et iuvenum ritu florent modo nata vigentque.
debemur morti nos nostraque: sive receptus
terra Neptunus classis aciuilonibus arcet,
05 regis opus, sterilisve palus prius aptaque remis
vicinas urbis alit et gravo sentit aratrum,
seu cursuni mutavit iniciuum frugibus amnis
doctus iter melius: mortalia facta peribunt,
nedum sernionura stet honos et gratia vivax.
70 muita renaseentur quae iam eeeidere, oadentque
((uae nunc sunt in lionore voeabula, si volet usus,
quem penes arbitrium est et ius et norma loqucndi.
res gestae regumque ducumque et tristia bella
quo scribi i)ossent numero, monstravit Homerus.
75 versibus inpariter iunctis querimonia primum,
4H Hamraerstcin. 52' Der Schlnss etwa aut si. 50 nummum
Luisinus. nomen. 00 privos B. pronos. 60* Herausgeber. 65 palus
prius B. (liu palus.
DE ARTE rOETICA LIBER. 271
post etiam inclusa est võti sententia compos.
quis tamen exiguos elegos emiserit auctor,
grammatici certant, et adhiic sub iudice lis est.
Archilochum proprio rabies armavit iambo.
80 hunc socci cepere pedem graudesque cothurni,
altemis aptum sermonibus et popularis
vincenteni strepitus et natum rebus agendis.
musa dedit fidibus divos puerosque deorum
et pugilem victoreni et equum certamine primum
85 et iuvenum curas et libera vina referre.
diseriptas servare vices openimque colores
eur ego si nequeo igiioroque poeta salutor?
cur nescire pudens prave quam discelre malo?
versibus exponi ti^agicis res comica non volt:
90 indignatur item privatis ae prope socco
dignis camiinibus narrari eena Thyestae.
singiila quaeque loeum teneant sortita decentem.
interdum tamen et vocem comoedia tollit,
iratusque CUreraes tumido delitigat ore;
95 et tragicus plerumque dolet sermone pedestri
Telephus et Peleus, cum pauper et exul uterque
proicit ampullas et sesquipedalia verba,
si eurat cor spectantis tetigisse querella.
non satis est pulehra esse poemata: duleia sunto
too et quocuraque volent animum auditoris agunto.
ut ridentibus arrident, ita flentibus adflent
humani võitus, si vis me flere, dolendum est
primum ipsi tibi: tunc tua me infortunia laedent,
Teleplie vel Peleu: male si mandata loqueris,
105 aut dormitabo aut ridebo. tristia maestum
voltum verba decent, iratiim plena miuarum,
ludentem lasciva, severum seria dietu.
format enim natura prius nos intus ad omnem
fortunarum häbitum; iuvat aut inpellit ad iram,
110 aut ad liumum maerore gravi deducit et angit:
92 Ribbeck.
272 Q. HORATII FLACCI
post ofFert animi mõtus interprete lingua.
si dicentis erunt fortuiüs absoua dicta,
Romani tollent eqtütesque patresque cachinnum.
intererit multum diMisue loquatur au heroS;
115 miaturusue seuex an adhuc florente iuventa
fervidus, et matrona potens an sedula nutrix,
mercatome vagus cultorne virentis agelli,
Colchus an Assyrius, Thebis nutritus an Argis.
aut famam sequere aut sibi convenientia finge.
120 seriptor Homereum si forte reponis Aehillem;
inpiger, iraeundus, inexorabilis, acer
iura neget sibi nata^ nibil non arroget armis,
sit Medea ferox invictaque, flebilis Ino,
jierfidus Ixiou, lo vaga, tristis Orestes.
125 siquid inexpertum scaenae committis et audes
personam formare novam, servetur ad imum
qualis ab incepto processerit, et sibi coustet.
difficile est proprie communia dieere; tuque
rectius Iliacum carmen deducis in aetus,
130 quam si proferres ignota indictaque primus.
publica materies privati iuris erit, si
non circa vilem patulumque moraberis drbem,
nec verbum verbo curabis reddere fidus
interpres, .nec desilies imitator in artum,
135 unde pedem proferre pudor vetet aut operis lex.
153 tu quid ego et populus meeum desideret audi:
si plausoris eges aulaea manentis et usque
155 sessuri; donec cantor Vos plaudite' dicat,
aetatis cuiusque notandi sunt tibi mores,
mobilibusque decor maturis dandus et annis,
reddere qui voces iam scit puer et pede eerto
signat humum, gestit paribus coUudere et iram
160 eolligit ae ponit temere et mutatur in horas.
inberbus iuvenis, tandem eustode remoto,
113 equitesque patresque B. cquites peditesque. Die Verse 136 bis
152 siud obeu hingesetzt nach V. 37. Homereum B. honoratum.
DE ARTE POETICA LIBER. 273
gaudet equis canibusque et apriei gramine campi;
cereos in vitium flecti, monitoribus asper^
utilium tardus proyisor; prodigus aeriS;
165 sublimis cupidusque et amata relinquere pernix.
conversis studiis aetas anirausque virilis
quaerit opes et amieitiaS; inservit honori,
commisisse eavet quod mox mutare laboret.
muita senem eircumveniunt iucommoda; vel quod
170 quaerit et inventis miser abstinet ae tiinet uti^
vel quod res omnis timide gelideque ministrat,
dilator, spe lentus, iners pavidusque futuri;
diffieilis; queruluS; laudator temporis aeti
se puero, eastigator eensorque minorum.
175 muita ferunt anni venieutes commoda seeum^
muita reeedentes adimunt: ne forte seniles
mandentur iuveni partes pueroque virites.
semper in adiunetis aevoque niorabimur a])tis.
aut agitur res in scaenis aut actn refertur.
ISO segnius inritant animos demissa per aurem
quam quae sunt oculis subiecta fidelibus et quae
ipse sibi tradit spectator. non tamen intus
digna geri promes in scaenam, multaque tolles
ex oculis quae mox narret faeundia praesenS;
1S5 ne pueros coram populo Medea trueidet,
aut humana palam coquat exta nefarius Ätreus,
aut in avem Procne vertatur, Cadmus in anguem.
quodeumque ostendis mibi sic, incredulus odi.
neve minor neu sit quinto produetior aetu
100 fabula quae posei volt et speetata reponi.
nec deus intersit, nisi dignus vindice nodus
ineiderit: nec quarta loqui persena laboret.
actoris partis chorus officiumque tirile
defendat; neu quid medius intercinat aetus
195 quod non proposito conducat et haereat apte.
iile bonis faveatque et consilietur amic-e;
172 lentus. pavidus B. longus, avidus.
LsnM. Hontius. 1^
274 Q. HORATH FLACCI
et re^t iiatos, et amet pacare tmnent»,
iile dapes laadet mensae brerifl, iile salabrem
iogtitiam legesque et apertis otia portis.
200 iile tegat cmnmiiwa, deosque precetnr et oret
ut redeat miserig^ abeat fortnna snperbis.
tibia non nt nunc oriehaleo yincta tobaeqae
aemala, sed tentiiB simplexque foramine paaeo
adspirare et adesse choris erat atilis atque
205 nondum spissa nimis conplere sedilia flato:
quo 8ane populus numerabilis, utpote paima,
et frngi castusque verecundu8^|ue coibat.
postquam coepit agros extendere vietor et urbia
latior amplecti murus vinoque diurno
210 placari Genius festis inpune diebuS;
accessit numerisque modisque licentia maior.
indoetus quid enim saperet liberque laborum,
rusticus urbano confusuS; turpis bonesto?
sic priscae motumque et luxuriem addidit arti
215 tibicen traxitque vagus per pulpita vestern;
sic etiam fidibus voces crevere severis,
et tulit eloquium insolitum facundia praeceps,
utiliumque sagax rerum et divina futuri
sortilegis non discrepuit sententia Delpbis.
220 carmine qui tragico vilem eertavit ob hireum,
mox etiam agrestis satyros nudavit et asper
incoluroi gravitate iocum temptavit eo quod
iniecebris erat et grata novitate morandus
spectator functusque sacris et potus et exlex.
225 verum ita risoreS; ita commendare dicaeis
conveniet satyros, ita vertere seria ludo,
ne quicumque deus, quicumque adbibebitur beros,
regali conspectus in auro nuper et ostro>
migret in obseuras bumili sermone tabemas,
2:^0 aut, dum vitat bumum, nubis et inania eaptet
effutire levis indigna tragoedia versus,
212 und 213 Paldaraus.
DE ARTE rOETICA Ll^ER. 275
ut festis matrona moveri iussa diebus^
intererit satyris paullum pudibunda protervis:
non ego inornata et dominantia nomina solum
235 verbaque, Pisones, satyrorum scriptor amabo^
nec sic enitar tragico diflferre colori,
ut nihil intersit Davusne loquatur et audax
Pythias emuncto lucrata Simone talentum,
an custos famulusque dei Silenus alumni.
210 ex noto fictum carmen sequar^ ut sibi quivis
gperet idem, sudet multum frustraque laboret
ausus idem: tantum series iuncturaque poUet,
tantum de medio sumptis accedit honoris.
süvis deducti caveant, me iudice^ fauni
215 ne velut innati triviis ae paene forenses
aut nimium teneris iuvenentur versibus umquani;
aut inmunda crepent ignominiosaque dicta:
offenduntur enim quibus est equus et pater et res,
nec, siquid fricti ciceris probat et nucis emptor,
250 aequis accipiunt animis donantve corona.
syllaba lõnga brevi subiecta yocatur iambus^
pes eitus; unde etiam trimetris accrescere iussit
nomen iambeis, cum senos redderet ictus
primus ad extremum similis sibi: non ita pridem,
255 tardior ut paullo graViorque veniret ad auris^
spondeos stabilis in iura patema recepit
commodus et patiens, non ut de sede seeunda
cederet aut quarta socialiter. hic et in Acci
nobilibus trimetris apparet rarus, et Enni
260 in scaenam missos cum magno pondere versus
aut operae celeris nimium euraque carentis
aut ignoratae premit artis erimine turpi.
non quivis videt inmodulata poemata iudex;
et data Romanis venia est indigna poetis.
265 idcircone vager seribamque licenter? an omnis
yisuros pecoata putem mea? tutus et intra
spem veniae cautus vitavi denique culpam,
non laudem merui. vos exemplaria Graeca
18*
276 a HORATII FLACa
noctuma versate mann^ versate diama.
270 at vestri proavi Plautinos et numeros et
laudavere sales, nimium patienter utramque,
ne dicam stulte, mirati, si modo ego et vos
scimus inurbanum lepido seponere dieto,
legitimumque sonam digitis callemiig et aure.
275 ignotum tragicae genns invenisse eamenae
dicitur et plauBtris vexisse poemata Thespis
quae canerent agerentque perancti faeeibos onu
post hunc personae pallaeque repertor honestae
Aeschylus et modicis instravit pulpita tignis
280 et docuit magnumque loqui nitique cothumo.
successit vetus his comoedia, non sine muita
laude: sed in vitium libertas excidit et virn
dignam lege regi: lex est accepta, ehorusque
turpiter obticuit sublato iure nocendi.
2S5 nii intemptatum nostri liquere poetae^
nec minimum meruere decus vestigia Graeca
ausi deserere et eelebrare domestica facta,
yel qui praetextas vel qui docuere togatas.
nec virtute foret clarisve potentius armis
290 quam lingua Latium, si non offenderet unum
quemque poetarum limae labor et mõra. vos^ o
Pompilius sanguis, carmen reprendlt^ quod non
muita dies et muita litura coereuit atque
praesectum deciens non castigavit ad unguem.
2% ingenium misera quia fortunatius arte
eredit et excludit sanos Helicone poetas
Democritus, bona pars non unguis ponere curat|
non barbam; secreta petit loca, balnea vitat.
nanciscetur enim pretium nomenque poetae^
3^0 si tribus Anticyris caput insanabile numquam
tonsori Lieino commiserit. o ego laevus^
qui purgor bilem sub vemi temporis horam.
non alius faceret meliora poemata. verum
nii tanti est. ergo fungar vice cotis^ acutum
305 reddere quae ferrum valet, exsors ipsa secandi;
DE ARTE POETICA LIBER. 277
miinuB et officium, nii scribens ipse, docebo,^
unde parentur opes^ quid alat fonnetque poetam,
quid deceat, quid non, quo virtus, quo ferat error.
333 aut prodesse volunt, aut delectare poetae,
aut simul et iucunda et idonea dicere vitae.
335 quidquid praecipies, esto brevis, ut cito dicta
percipiant animi dociles teneantque fideles.
omne supervacuum pleno de pectore manat.
ficta voluptatis causa sint proxima veris,
ne quodcumque volet poscat sibi fabula credi,
340 neu pransae Lamiae vivum puerum extrahat alvo.
centuriae seniorum agitant expertia frugis,
celsi praetereunt austera poemata Ramnes:
omne tulit punctum qui miscuit utile dulci^
lectorem delectando pariterque monendo.
345 hic meret aera liber Sosiis, hic et mare transit
et longura noto scriptori prorogat aevum.
309 scribendi recte sapere est et principium et fons.
310 rem tibi Socraticae poterunt ostendere chartae;
verbaque provisam rem non invita sequentur.
qui didicit patriae quid debeat et quid amicis^
quo sit amore parens, quo frater amandus et hospes,
quod sit conscripti, quod iudicis officium, quae
315 partes in bellum missi ducis, iile profecto
reddere personae seit convenientia cuique.
respicere exemplar vitae morumque iubebo
doctum imitatorem et vivas hinc ducere voces.
interdum speciosa locis morataque recte
320 fabula nullius veneris, sine pondere et arte,
valdius oblectat populum meliusque moratur
quam versus inopes rerum nugaeque canorae.
Grais ingenium, Grais dedit ore rotundo
musa loqui, praeter laudem nullius avaris.
325 Romani pueri longis rationibus assem
discunt in partis centum diducere. 'dicat
filius Albini^ si de quineunce remota est
uncia, quid superat? poterat dixisse' 'triens:' 'eu.
27S a HORATH FLACCI
rem poteris gervare tuam. redit uncia, quid fit?'
.190 'flemis.' an, haec animos aerngo et cura peculi
cam semel imbuerit, speramus carmina fingi
po88e linenda cedro et levi seiranda cupresso?
347 gunt delicta tamen qoibus ignovisse velimus:
nam neque chorda sõnum reddit qnem volt manns et meiis,
poscentique gravem persaepe remittit acutum,
350 nec semper feriet quodcumque minabitur arcug.
verum ubi plura nitent in carmine, non ego paucis
offendar maculig^ quas aut incuria fudit,
aut humana parum cavit natura. quid ergo est?
ut scriptor si peecat idem librarius usque,
355 quamvis est mõnitus^ venia caret, ut citharoedus
ridetur, chorda qui semper oberrat eadem,
sic mihi, qui multum cessat, fit Choerilus iile,
quem bis terve bonum cum risu miror; et idem
indignor quandoque bonus dormitat Homerus.
3(;o verum operi longo fas est obrepere somnum,
ut pictura poesis: ent quae, si propius stes,
te capiat magis, et quaedam, si longius abstes;
haec amat obscurum, volet haec $\xh luce videri,
haec placuit semel, haec deciens repetita placebit,
365 iudicis argutum quae non formidat acumen;
0 maior iuvenum, quamvis et voce patema
fingeris ad rectum et per te sapis, hoc tibi dietum
tolle memor, certis medium et tolerabile rebus
recte concedi: consultus iuris et actor
370 causarum mediocris abest virtute diserti
Messallae, nec scit quantum Cascellius Aulus,
sed tamen in pretio est: mediocribus esse poetis
non homines, non di, non concessere columnae.
ut gratas inter mensas symphonia discors
375 et crassum unguentum et Sardo cum meile papaver
offendunt, poterat duci quia eena sine istis,
333—346 sind oben hingesetzt nach 308. 364. 365 sonst in nm-
gekehrter Ordnung.
DE ARTE POETICA LIBER. 279
sie animis natum inventumque poema iuvandiS;
ai pauUum sumino decessit, vergit ad imum.
ludere qui nescit, campestribus abstinet armiS;
:^ indoctusquc pilae discive trochive quiescit,
ne spissae risum tollant inpime coronae:
qui nescit versus, tamen audet fingere. quidni?
liber et ingenuus, praesertim ceusus equestrem
summam nummorum, vitioque remotus ab omni.
385 tu nihil invita diees faciesve Minerva:
id tibi iudicium est, ea mens. siquid tamen olim
seripseris, in Maeci deseendat iudicis auris
et patris et nostras, nouumque prematur in annuni;
membranis intus positis: delere lieebit
390 quod non edideris; nescit vox missa reverti.
silvestris homines saeer interpresque deorum
caedibus et victu foedo deterruit Orpheus,
dictus ob hoo lenire tigris rabidosque leones.
dictus et Amphion, Thebanae conditor arcis,
305 saxa movere sono testudinis et prece blanda
dueere quo vellet. fuit haec sapientia quondam,
publica privatis secernere, sacra profanis,
concubitu prohibere vago, dare iura raaritis,
õppida moliri, leges incidere ligno.
400 sie honor et nomen divinis vatibus atque
carminibus venit post hos insignis Homerus
Tyrtaeusque maris animos in Martia bella
versibus exacuit: dictae per carmina sortes,
et vitae monstrata via est, et gratia regum
40:> Pieriis temptata modis, ludusque repertus,
et longorum operura finiš ; ne forte pudori
sit tibi musa lyrae sollers et eantor Apollo,
natura fieret laudabile carmen an arte,
quaesitum est. ego nec studium sine divite vena,
410 nec rude quid possit video ingenium: alterius sie
altera poseit opem res et eoniurat amiee.
qui studet optatam eursu eontingere metam,
muita tulit feeitque puer; sudavit et alsit.
280 . Q. HORAXn FLAOCl
abstinuit Venere et nno; qui Pythia cantat
415 tibioen, didicit prius extimuitque magistrum.
nec satis est dixisse 'ego mira poemata pango:
occupet extremum scabies: mihi turpe relinqui,
et quod non didiei sane nescire fateri/
ut l)raeco, ad mercis turbani qui eogit emendas,
42» adsentatores iubet ad lucrum ire poeta
(lives agris; dives positis in fenore nummis.
si vero est,* unetum qui recte ponere possit,
et spondere levi pro paupere, et eripere artis
litibus implicitum ; mirabor, si sciet inter
425 noscere mendacem verumque beatus amicum.
tu seu donaris seu quid donare voles cui,
nolito ad versus tibi factos ducere plenum
laetitiae: clamabit enim 'pulchre, bene, recte/
pallescet super his, etiam stillabit amicis
430 ex oculis rorem, saliet, tundet pede terram.
ut qui conducti plorant in funere, dicunt
et faciunt prope plura dolentibus ex animO; sic
derisor vero pius laudatore movetur.
reges dicuntur multis urguere culuUis
435 et torquere mero quem perspexisse laborant,
an sit amicitia dignus : si carmina ooudes,
numquam te f ai lant animi sub volpe latentes.
Quintilio siquid recitares, 'corrige sodes
hoc aiebat ^et hoo/ melius te posse negares
440 bis terque expertum frustra, delcre iubebat
et male formatos incudi reddere versus.
si defendere dcHctum quam vertere malles,
uuUum ultra verbum aut operam insumebat inanem,
quin sine rivali teque et tua solus amares.
445 vir bonus et prudens vereus reprendet inertis,
culpabit duros, incomptis adlinet atrum
transverso ealamo signum, ambitiosa reeidet
ornamenta, parum claris lucem dare coget,
arguet ambigue dictum, mutanda notabit,
450 fiet Aristarchus: non dieet *^cur ego amicum
%
DE ARTE rOETICA LIBER. 281
oflFendam in nugis?* hae nugae seria ducent
in maia derisum semel exceptumque sinistre.
ut maia quem scabies aut morbus regius urguet
aut fanaticus error et iracunda Diamt,
455 vesanum tetigisse timent fugiuntque poetam
qui sapiunt : agitant pueri incautique sequuntdr.
hic dum sublimis versus ructatur et errat,
si veluti merulis intentus decidit auceps
in puteum foveamve, licet 'succumte' longum
460 clamet 'io cives/ non sit qui tollere curet.
si curet quis opem ferre et demittere funem,
'qui seis an prudens huc se proiecerit atque
servari nolitV' dicam, Siculique poetae
narrabo interitum. deus inmortalis haberi
465 dum cupit Empedocles, ardentem frigidus Aetnam
insiluit. sit ius lieeatque perire poetis.
invitum qui servat; idem facit occidenti.
nec semel hoo fecit, nee si retractus erit| iam
fiet homo et ponet famosae mortis amorem.
470 nec satis adparet cur versus factitet; utrum
minxerit in patrios cineres, an triste bidental
moverit incestus: certe furit, ae velut ursus,
obiectos caveae valuit si frangere clathros^
indoctum doctumque fugat recitator acerbus;
475 quem vero arripuit, tenet occiditque legendo,
non missura cutem, nisi plena eruoris, hirudo.
467 Ribbeck.
t
L
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Itpi-^ T r. J B. Him«H!sv-i '.- l.*;p:ij
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Dmck Ton J. B. HmtCHFKLn in Leipzif?
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